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Angel Stories

Engel gibt es - und sie haben auch Gefühle
von

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Engelskinder

Wieder ein neuer Planet. Mein neuer Lebensort. Eine weitere Station auf meiner Ewigen Reise ohne ein Zuhause in das ich zurückkehren kann. Nur Welten die existieren, bis sie irgendwann zerstört werden – ob nun durch Menschen oder durch Arkoni.

Meine Mutter ist ein Arkoni, mein Vater war ein Yaschirk. Auf diesem Planeten würde man ihn als Cyborg bezeichenen. Ein aus einem Menschen erschaffener Roboter. Ich erinnere mich kaum an ihn. Es ist lange her, dass er mitsamt meinem Geburtsplaneten explodierte. Nur ich durfte damals gehen, gemeinsam mit den drei verbannten Arkoni, die dort zu jenem Zeitpunkt lebten. Und das nur wegen meinem Engelsblut.

Dieser neue Planet, der im arkonischen jallrgjon – gelobtes Land genannt wird, scheint mit einem sanften blauen Licht. Eine gesunde Ballance zwischen Wasser und Land. Die Bewohner nennen ihn schlicht und einfach Erde. Ich finde diesen Namen passender. Ich weiß nicht, was an diesem Zwergenplaneten irgendwo in einem Sonnensystem am Rande einer kleinen Galaxie gelobt sein soll. Die Menschen hier sind auch nicht anders als auf anderen Planeten. Genauso dumm und naiv, chaotisch und unbeständig, herrschsüchtig und kriegerisch wie jeder andere ihrer Art im Universum. Die Länder spielen gut Freund miteinander und schielen in Wirklichkeit doch nur auf die Ressourcen der anderen. Starke unterdrücken Schwächere während sie so tun als würden sie helfen. Alles nur eine riesengroße Farce. Es ist immer und überall das gleiche. Die Menschen, egal wo, werden sich nie ändern. Ich liebe diese kritischen Karikaturen aus den Zeitungen. Sie sind so selbstheuchlerisch. Man stellt andere schlecht dar um selbst besser dazustehen ohne sein Gesicht zeigen zu müssen und bekommt dafür auch noch Geld. Großartig.

Ich bin erst seit einem Monat hier und kann jetzt schon sagen, dass diese Welt genauso untergehen wird wie jede andere die ich auf meiner Reise bereits gesehen habe: Zerstört und ausgebeutet durch die Menschen. Vielleicht sogar von ihnen in die Luft gesprengt. So wie sie sich hier mit Massenvernichtungswaffen gegenseitig in Schach halten sieht es ganz danach aus.

Ich bin kein Mensch. Ich bin es nie gewesen. Ich mache keinen Hehl daraus, dass mich die Menschen nerven. Ich habe mein Leben lang fast nur negative Erfahrungen mit ihnen gemacht. Und das sind verdammt viele Erfahrungen.

„'tschuldigung, hamse mal nen Euro?“ Ein Obdachloser. Eindeutig an der Kleidung erkennbar. Auch hier gibt es dieses versoffene Pack. Überall ist es das selbe.

„Wozu? Damit du dir das nächste Bier anstelle einer Flasche Wasser oder Saft holst? Fastfood und Süßes anstelle von Gemüse und Brot?“ Mein Gegenüber ist ein junger Mann, etwa fünfundzwanzig Jahre alt. Lange, filzige Haare, abgetragene und kaputte Klamotten. Typisch.

„Nee, ich spar grad auf nen neues Paar Schuhe. Der Winter sieht aus, als wenn er kalt würde.“ Er macht nicht den Eindruck, als wenn er Lügen würde.

„Ich habe selbst kein Geld.“ Ich warte immernoch darauf, dass meine Mutter auftaucht und mir Erdengeld gibt. Frei nach arkonischem Gesetz. Existenzen wie meine sind ein Unglück für jeden Arkoni. Denn Kinder zwischen Menschen oder menschenähnlichen Individuen und Arkoni müssen solange von ihrem arkonischen Elternteil versorgt werden, bis diese sterben. Dabei bin ich ein Sonderfall. Meine DNA macht mich durch den Einfluss der Cyborgexistenz meines Vaters unsterblich. In jeder Hinsicht. Denn selbst wenn ich in Stücke gerissen werde ist mein Körper in der Lage sich zu regenerieren. Ein ewiger Teufelskreis.

„Trägst interessante Klamotten.“ Der Fremde scheint nicht locker lassen zu wollen. Anscheinend versucht er es mit der Lobtaktik. Menschen. Meine Kleidung ist eine Eigenkreation. Kleider aus meiner vorherigen Heimat, so abgeändert, dass sie den irdischen ähneln. Es macht mir insgeheim Spaß Kleider zu ändern. Aber das ist ein Geheimnis.

„Was willst du?“

„Och, ich dachte nur, wir könnten vielleicht ein wenig gemeinsam abhängen.“ Diese Sprache die sich Deutsch nennt ist wirklich schwierig.

„Ich habe nicht vor mich aufzuhängen.“ Zu meiner Überraschung lacht mein Gegenüber.

„Bist wohl nicht aus diesem Land, was?“ Etwas freundliches liegt in seinen Augen.

„Nein.“ Warum fasziniert mich sein Blick so?

„Woher?“

„Weit weit weg...“

„Na, ich frag nicht weiter.“ Feinfühlig ist er auch noch.

„Sehr freundlich.“ Warum klingt meine Stimme so gequält?

„Ich bin Adrian – Vagabund aus Überzeugung.“ Er hält mir die Hand hin.

„Zireka.“ Ohne Nachzudenken greife ich seine Hand. „Zum sechsundvierzigsten Mal in einer Neuen Heimat.

„Wow, und dass in deinem Alter.“ Adrian pfeift bewundernd. „Wie alt biste? Fünfzehn?“

„Schließ nicht von meinem Aussehen auf mein Alter.“

„Na, trotzdem, so alt kannst du noch nicht sein.“

„Ich habe vor langer langer Zeit aufgehört mein Alter zu zählen.“ Die Ewigkeit muss nicht mit Jahren benannt werden. Außerdem hat ja eh jeder Planet seine eigene Zeitrechnung. Wie soll jemand wie ich da nicht den Sinn für sein Alter verlieren?

„Bist du ein Engel?“ Wie kommt er jetzt dadrauf? Ist das ein Scherz?

„Nur ein halber.“ Wieso zum Teufel Antworte ich ihm?

„Dann bist du genau wie ich.“ Schweigen. Wir haben uns nichts mehr zu sagen. Wir verstehen uns auch ohne Worte. Einen Leidensgenossen zu treffen ist so gut wie unmöglich. Das Universum ist zu groß. Und doch, nun ist es geschehen.

Ich tue was ich bisher vermieden habe, ich sehe ihm in die Augen. Engelsaugen. Eine farbige Fläche ohne Pupille. Braun sind die Seinen. Sie strahlen Wärme und Lebensfreude aus. Ein Zeichen, dass er noch jung ist. Selbst Arkoni die jeder für sich eine Aufgabe und einen Ort an den sie gehören haben, verlieren ihren Elan wenn sie zu lange am Stück leben. Doch mit jeder Wiedergeburt kehrt er zurück. Wie gerne würde ich doch sterben und neu beginnen können.

„Ich bin seit zwei Jahren auf der Erde.“ Adrian wirkt munter. Wir sprechen Arkonisch. Eine Sprache die uns im Blut liegt. Wir müssen sie nicht lernen, wir können sie sobald wir in der Lage sind zu sprechen. Die anderen Menschen verstehen sie nur, wenn wir das wollen. Ich habe sie bisher nur bei den seltenen Begegnungen mit meiner dauerbeschäftigten Mutter gesprochen. Mit anderen Worten jedesmal dann, wenn ich auf einen Neuen Planeten umziehe.

„Ein Monat...“

„Mein Vater war ein mächtiger Arkoni, wurde aber inzwischen verstoßen.“

„Name?“

„Jyagos.“

„Typisch. Er konnte seine Finger nie von Menschenfrauen lassen.

„Du kanntest ihn?“

„Noch bevor er zum Arkoni wurde.“

„Dann bist du wirklich sehr alt.“ Eine Bemerkung die meinem kalten und monotonen Herzen einen Stich versetzt. Was ist nur los mit mir? Ich beschließe, darauf besser nicht zu antworten. Adrian fuhr munter fort.

„Na ja, meine Mutter war eine Shidjgodshar.“ Eine Nutte also, wie vermutet. Jyagos war nicht gerade für leidentschaftliche Beziehungen bekannt. Es hieß sogar, dass er gar nicht in der Lage war zu lieben. Er wechselte die Frauen wie andere Leute seine Unterwäsche. Es ist beschämend, dass auch ich vor langer langer Zeit eine seiner Matratzen gewesen war. Dieses Schwein. Schon so oft habe ich mich gefragt, was ihn in den Augen der Herrin zum Arkoni qualifizierte. Aber Ihre Wege sind nun einmal unergründlich.

„Hast du nichts zu erzählen?“ Adrian scheint seinen Redefluss beendet zu haben.

„Ich habe dich nicht gebeten zu erzählen.“ Es stimmte ja. Kaum hatte er verstanden, dass wir ähnlich sind, da hat er angefangen zu labern. Echt vertrauensselig, der Gute.

„Ich dachte, ich hätt endlich wen gefunden, der mich versteht.“

„Wir sind zu weit auseinander, um einander zu verstehen.“

„Woher willst du das wissen?“

„Du bist noch sehr jung. Ich sehe es dir an. Vermutlich der Jüngste unserer Art. Ich dagegen war die Allererste.“

„Bist du dir sicher?“ Diesen ungläubige Unterton konnte ich ihm nicht verübeln.

„Meine Mutter ist die ach so tolle Herrin Sorria höchstselbst. Sie wird es ja wohl wissen.“ Trotz der Ewigkeit die ich schon lebe schwang der Groll auf meine Mutter die sich nicht um mich kümmerte in meiner Stimme mit.

„Dann bist du etwas besonderes?“

„In jeder Hinsicht.“

„Wie meinst du das?“

„Ich bin wahrlich und wahrhaftig unsterblich. Du nicht.“

„Das weiß ich auch so. Meine Seele wird irgendwann keine Energie mehr haben und ich werde sterben.“ Dieser Fakt scheint ihn nicht sonderlich zu interessieren. Ein kluger Junge. „Aber wieso bist du unsterblich?“

„Weil mein todverdammter Vater der mit seinem Planeten in die Luft geflogen ist eine dämliche Kampfmaschiene war.“ Die Erinnerung reizt mich immer wieder aufs Neue. Ich hatte meinen Vater geliebt. Warum konnte er nicht mit mir zusammen von Mutter gerettet werden? „Und obendrein bin ich noch Platz Sechs der Rangliste der Mächtigkeit unter den Arkoni.“

„Das ist abgefahren!“ Adrian scheint begeistert zu sein. „Und wieso biste dann ein Wanderer?“

„Weil diese eingebildeten Drecksköpfe mich nicht akzeptieren!“ Ich halte mir den Mund zu. Ich habe geschrien. Mein Frust hat mich eingeholt und sich Luft gemacht. Peinlich.

„Klingt hart.“ Ist es auch. „Und einsam.“ Volltreffer. „Ich bin auch einsam.“ Wer ist das nicht? „Einsam und einsam ergibt gemeinsam.“ Was für einen Schwachsinn redet der da? „Hast du nicht Lust, mit mir gemeinsam den Rest meines Lebens zu verbringen?“

„Und dir nachtrauern, wenn du stirbst und die Last auch noch tragen? Kein Interesse.“

„Du bist gemein.“

„Und du naiv.“

„Vielleicht bin ich auch einfach nur verliebt?“ Er sieht mich nicht an, doch ich sehe deutlich, dass die Röte in seine Wangen steigt.

„Und wenn ich verlernt habe zu lieben?“ Diese Worte kommen mir bekannt vor. Wie der Vater, so der Sohn, oder wie war das?

„Dann werde ich es dir wieder beibringen.“ Er kommt näher an mich ran.

„Du bist wirklich naiv.“ Ich muss mich zusammen reißen.

„Und du bist wunderschön.“ Es war vorbei. Seine Stimme bringt mir zum ersten Mal nach langer Zeit dieses warme Gefühl der Liebe und Geborgenheit zurück. Ich kann mich nicht wehren. Mein Bewusstsein hat sich dem Wunsch geliebt zu werden ergeben.



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