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Porzellan

Nicht nur Glück ist zerbrechlich...
von

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Kapitel 12

War ein ziemlicher Krampf das hier zu schreiben...hoffentlich merkt man dem Kapitel das nicht an :D
 

Er hatte es in all den Jahren perfektioniert, sein Umfeld auszublenden. Alles, was nervte, zu laut war oder schlichtweg überforderte, wurde gnadenlos ignoriert. So kam es, dass Farin den drei Männern in seinem Wohnzimmer den Rücken zugekehrt hatte, abseits von ihnen an einem Tisch saß und die Zeit damit totschlug, mit seinen Fingern immer und immer wieder ein Dach zu bilden.

Die Zeit totschlagen...

Für einen kurzen Moment ließ er sich diese bedeutungslose Floskel durch den Kopf gehen, dann hob er den Blick und betrachtete die Uhr, die über dem Türrahmen hing. Sah zu, wie der Sekundenzeiger stetig vorantrieb, immer und immer wieder die große 12 überrundete und mit einem Mal nahm Farin das leise Ticken wahr...das leise Ticken, das mit jeder weiteren Minute lauter wurde und gegen seinen schmerzenden Schädel hämmerte...das leise Ticken, das Farin sich fragen ließ, wer hier eigentlich wen totschlug...

„Jan.“

Eine schneidende Stimme zerriss die Luft und holte Farin zurück ins Diesseits. Er musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass es Axel war. Genauso wusste er, dass Rod wie besessen auf seinen Laptop eintippte und dass Bela...ja, Bela...

Nein. Wenn er ehrlich zu sich war, hatte er keine Ahnung, was Bela in diesem Moment tat. Allein diese Tatsache jedoch war verlockend genug, um nur einen kurzen Blick über seine Schulter zu werfen.

„Wärst du bitte so nett, dich hier mal einzubringen?“

Bevor er reagieren konnte, antwortete den gereizten Worten ein leises Nuscheln hinter seinem Rücken. Zu leise, zu undeutlich, um es zu verstehen. Axel jedoch konnte anscheinend etwas mit dem Wortschwall anfangen.

„Was? Du spielst hier doch auch nicht das arme, unschuldige Opfer“, grummelte es nur zurück. Seufzend schloss Farin die Augen und schüttelte schwach den Kopf – dann drehte er sich zu den Männern um. Drei Blicke flackerten für den Bruchteil einer Sekunde auf und blieben auf ihm ruhen. Der von Rod, der wie erwartet vor seinem Laptop saß und sich diesem nach einem Moment auch wieder widmete. Der von Axel, der ihn strafend musterte und Farin nicht den Gefallen tat, ihn wieder abzuwenden....und schließlich der von Bela.

Der Schlagzeuger stand in der Mitte des Raumes, schien die ganze Zeit über rastlos durch die Gegend gestreift zu sein. Sie sahen sich an und bevor Bela ihm schwach zulächeln konnte, brach der Blickkontakt ab – schnell glitt Farins Blick auf den Boden, die dünnen Lippen dabei fest aufeinander gepresst. Es war das gleiche Verhaltensmuster wie schon seit Beginn dieses Tages. Er mied den Blick des Schlagzeugers, mied Berührungen und tat sich damit wahrscheinlich mehr weh als Bela.

„Verklagen“, hörte er Rod plötzlich murmeln, während sich Bela stumm auf das Sofa sinken ließ, und zog mit diesem einfachen Wort die komplette Aufmerksamkeit des Managers auf sich, „ich mein...geht das?“

Langsam verschränkte Axel seine Finger miteinander und starrte abwesend auf seine Handrücken hinunter, „ich glaub kaum, das wir damit durchkommen. Und vor allem...was würde uns das bringen? Diese...diese Fotos sind ja schon überall im Internet... in den Köpfen der Fans“

Unfreiwillig zuckten Farins Mundwinkel für einen Augenblick nach oben. Im letzten Satz schwang ein Widerwille mit, der ihn nur dunkel erahnen ließ, wie sehr Axel sich über diesen Vorfall ärgerte – und zwar weniger der Artikel, als schlicht und einfach die Tatsache, dass er und Bela sich in aller Öffentlichkeit so aufgeführt hatten.

„Alles, was uns übrig bleibt, ist Schadensbegrenzung“, hörte er Axel leise vor sich hin sagen und bekräftigte damit Farin nur noch in seinem Denken, dass der Manager etwas gegen diese Beziehung hatte...wenn man es überhaupt Beziehung nennen konnte...

„Wenn wir es ignorieren, wird es uns weiter verfolgen. Jedes Interview wird in Zukunft darauf hinauslaufen, jede Frage der Fans...“

„Du meinst, entweder dementieren oder bestätigen? Mit Pressekonferenz und allem?“

Schweigen. Rods Frage hallte unbeantwortet von den nackten, weißen Wänden des Wohnzimmers wider. Gedankenverloren leckte sich Farin über seine spröden Lippen und sah aus den Augenwinkeln mit an, wie Axel nervös seine Finger in der jeweils anderen Hand knetete

„Dementieren“, antwortete er schließlich mit rauer Stimme.

Noch bevor Farin reagieren konnte – wenn er überhaupt reagieren hätte wollen – sprang Bela wieder vom Sofa auf und deutete mit vor Wut zitterndem Zeigefinger auf den Manager.

„Bist du jetzt vollkommen bescheuert? Du kannst doch nicht...Das geht nicht! Wie kannst du es...überhaupt wagen...so über...-“

Die Worte des Schlagzeugers bebten vor Entrüstung, verloren sich aber, als Bela hektisch nach Luft schnappte. Anscheinend war er zu aufgebracht, um seine Empörung in Worte zu fassen. Für einen kurzen Moment schloss Farin seine Augen und unterbrach Belas Stottern schließlich.

„Die Presse geht also davon aus, dass wir beide...in irgendeiner Weise...ein Paar sind-“

„Nicht nur die Presse“, hakte Rod ein und betrachtete Farin mit seinen ruhigen, dunkelbraunen Augen. Kurz presste Farin seine Lippen aufeinander, dann fuhr er mit bemüht nüchterner Stimme fort:

„Schön und gut, nicht nur die Presse. Aber...“ - Ein tiefer Atemzug und ein Moment, in dem er dachte, dass er es nicht überleben würde, die nächsten Worte über seine Lippen zu bringen - „...aber wieso sollten wir etwas dementieren, wenn es überhaupt nichts zu dementieren gibt?“

Langsam schlug Farin seine Augen nieder und wartete, bis der Satz seine volle Wirkung entfaltete.

„Heißt das, zwischen euch...ihr...“, begann Axel nach einem leisen Räuspern leise und blickte hoffnungsvoll zwischen Farin und Bela hin und her. Für einen Augenblick biss Farin einfach nur schwach auf seiner Unterlippe, dann fuhr er sich durch seinen wirren Haarschopf und zuckte mit den Schultern.

„Da ist nichts und da war auch nichts. Wir waren bei unserem Abschied beide ein wenig übermütig...und...außerdem wurde das Ganze auch ziemlich unglücklich fotografiert.“

Ein kurzer Moment der Stille entstand, doch bevor ihn irgendjemand unterbrechen konnte, fuhr der Gitarrist schnell fort.

„Und ganz ehrlich wär' es mir lieb, wenn ihr jetzt alle gehen würdet...ich wollte eigentlich noch joggen gehen“

Es war offensichtlich, dass Farin seine Besucher nur möglichst schnell loswerden wollte. Doch zumindest Axel kam dieser Rauswurf ziemlich gelegen – kaum hatte Farin diese Bitte geäußert, sprang er auf und verließ mit einem schlichten „Wir telefonieren.“ den Raum. Kurz darauf erhob sich auch Rod aus seinem Sessel, schien jedoch nicht halb so glücklich über Farins Richtigstellung zu sein wie Axel es war. Der Blick aus braunen Augen legte sich vorwurfsvoll auf seine Haut, durchleuchtete ihn und ließ keinen Zweifel daran, dass Rod genau wusste, was zwischen Bela und Farin war.

„Dann noch viel Spaß beim Joggen...bei dem Wetter“, murmelte er leise und deutete mit einer Handbewegung auf die Terrassentür, hinter der der Himmel tiefgrau erschien und unerbittlichen Schneeregen auf den ohnehin matschigen Boden regnen ließ. Farin schluckte kurz, dann verschwand Rod aus Farins Blickfeld, was damit zu erklären war, dass der Bassist auf Bela zugegangen war. Ein Murmeln war zu vernehmen, kurz darauf waren Bela und er die einzigen Verbliebenen im Raum.

Stille.

Für einen Moment hoffte Farin einfach nur stumm, dass Bela es den Beiden nachtun und einfach gehen würde, doch es war von vornherein klar, dass dieser Wunsch vergebens war.

„Jan“, hörte er den Schlagzeuger leise flüstern und allein der Klang dieser Stimme reichte, um ein Bündel aus Schuldgefühlen in seinem Bauch wachsen zu lassen, „Jan, sieh mich an“

Widerwillig blinzelnd hob Farin den Kopf und bereute diese Bewegung sofort.. Der Anblick traf ihn wie ein Schlag – die sonst so vor Freude sprühenden grünen Augen wussten nicht, ob sie hoffnungsvoll oder verzweifelt dreinblicken sollten und der Mund Belas war zu einem unglücklichen Lächeln verzerrt.

„Das...das hast du doch eben nur gesagt, um Axel fürs Erste ruhig zu stellen, oder? Ich meine...du weißt schon...dass wir beide...dass da nichts ist...“

Langsam kehrte Farin Bela den Rücken und ging auf die Terrassentür zu. Der Schnee war nicht halb so schön wie der, der am anderen Ende der Welt lag. Er dachte an die massive Schneedecke zurück, die kleine Hütte...an die Dinge, die in dieser Hütte passiert waren....die Dinge, die sie gesagt hatten...die er gesagt hatte...

Wir sind halt wir...Jan und Dirk. Das reicht, finde ich. Wir sind...zu speziell, um uns in irgendwelche Kategorien einordnen zu lassen.

„Jan, sag was“

Schiere Verzweiflung schlug Farin entgegen - so überwältigend, dass er am liebsten auf Bela zugegangen wäre, um ihn in den Arm zu nehmen und zu sagen, dass er natürlich nur gelogen hatte....dass alles gut wäre. Stattdessen verschränkte Farin seine Arme fest vor seiner Brust und schüttelte schwach den Kopf.

Schritte hinter ihm ertönten, doch bevor Bela Farin erreichen konnte, hatte sich der Gitarrist schon umgedreht und Bela mit festem Blick angesehen. Er war dieses Gespräch in den letzten Tagen immer und immer wieder in Gedanken durchgegangen und immer und immer wieder tat es aufs neue weh, immer und immer wieder hatte er gehofft, dass es nicht dazu kommen würde...Doch anscheinend blieb ihm nun nichts anderes mehr übrig, so sehr ich sein Inneres auch dagegen sträubte.

„Das, was in Kanada passiert ist, war ein Traum. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes“, begann Farin langsam und spürte, wie sich seine Fingernägel unbewusst in seine Handflächen gruben, „so was kann hier, im echten Leben, nicht funktionieren. Und das weißt du ganz genauso wie ich...diese Geschichte mit der Bild hat uns das nur noch einmal bewiesen“

Diese unterkühlte Stimme gehörte nicht ihm...diese hartherzigen Worte...sie konnten ihm einfach nicht gehören. Ausdruckslos sah er zu, wie Bela mit offenem Mund nach einer Antwort suchte und ihn schließlich vergebens wieder schloss. Einzig und allein ein leises „Nein“ glitt ihm über die Lippen.

„Dieses...dieses 'Techtelmechtel'...-“

„Ich bitte dich, Jan“, brach es nun doch aus Bela heraus. Fassungslos sah er den Gitarristen an und schüttelte wie ein trotziges Kind seinen Kopf.

„Das ist doch mehr als ein Techtelmechtel...ich meine, das zwischen uns, das ist...“

„Für dich vielleicht“, antwortete Farin nur leise, „für mich ganz sicher nicht.“

Für einen Moment hielt er die Luft an in der kindischen Hoffnung, dass das seinen Schmerz dämpfen würde. Es klappte nicht. Wenn er es nicht besser wüsste, würde er sagen, dass es alles nur noch schlimmer machte.

„Ich hab eben gelogen, ja. Und zwar als ich gesagt hab, dass da nichts war...aber ich hab nicht gelogen, als ich gesagt habe, dass da nichts zwischen uns ist. Nicht mehr.“

Mit diesen Worten endete er und sah zu, wie jegliche Hoffnung aus den grünen Augen wich...sah zu, wie er Belas Herz brach und gleichzeitig sein eigenes. Für einen Moment betrachtete Bela den Gitarristen einfach nur, dann wankte er stumm einige Schritte zurück und verließ den Raum. Als das dumpfe Geräusch der Haustür, die ins Schloss glitt, ertönte, wusste Farin, dass es vorbei war.

Langsam schlang er seine Arme um seinen Brustkorb, schlug seine Fingernägel so fest in sein Hemd, bis sie den Stoff durchdrangen und sich in seine Haut vergruben...und wartete.

Wartete eine Sekunde.

Zwei Sekunden.

Eine Minute.

Es nützte nichts. Stumm verfluchte er die nichtsnutzige Person, die einmal behauptet hatte, dass man Schmerz mit Schmerz betäuben könne - in diesem Moment spürte er rein gar nichts davon.

Dann warf Farin einen kurzen Blick über seine Schulter, hinaus in das Schneegestöber hinter der Terrassentür und lächelte bitter.

Der Schnee in Kanada war wirklich schöner.



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Big-Pasach
2009-06-10T19:03:53+00:00 10.06.2009 21:03
Q___________Q
so herzzerreissend~
zum mitzerreissen Q/////Q
Von:  Zofenluder
2009-06-06T12:03:12+00:00 06.06.2009 14:03
Also am Liebsten würde ich zuerst Farin mit dem matschigen Schnee einsuhlen und dann dich. XD
Ich muss sagen, dass das wirklich herzzerreißend ist. Mah. Aber so wunderwunderschön.
*seufz*
Wirklich klasse geschrieben!
Mehr. Ich will mehr!! O_O

L&V
Jasmin
Von:  Jimmey
2009-06-02T18:51:45+00:00 02.06.2009 20:51
Grandios.
Von: abgemeldet
2009-06-01T11:49:16+00:00 01.06.2009 13:49
T.T
Soll ich sauer sein auf dich oder auf FU? Ich bins mal auf FU, diesen Idioten! Wie kann der belas herz brechen (und sein eigenes?) >.<
Bei dem satz hatte ich übrigens gänsehaut ^^'

Axel ist schuld! Und Fu natürlich *grummel*
Aber das ganze klingt wie mefa schon gesagt hat, sehr realitätsnah - respekt! So könnte das ja wirklich aussehen xDD

EIn wunderbares kapi, ich freu mich schon auf mehr ^^
Lg
Vanitas
Von:  Toozmar
2009-06-01T09:49:12+00:00 01.06.2009 11:49
boah.. Farin die Nuss... *auch nen Proteskplakat mal*
aber ein sehr tolles Kapitel. Wunderbar geschrieben. Will mehr davon!
Von:  Kelandria13
2009-05-31T20:43:48+00:00 31.05.2009 22:43
Ich habs doch gewusst! Ich habs eben noch geschrieben (letztes Kapitel)!
Mannooooooo *mit dem Fuß aufstamp*
*seufz*
Es ist wiedermal wunderbar, was soll ich sonst noch sagen? du weißt wie sehr ich dich für den Talent zu schreiben bewundere...
nur eins noch:
MEEEEEEEEHR!!! >.<

love and peace oder so
Kela
Von:  Mebell
2009-05-31T19:59:14+00:00 31.05.2009 21:59
Gott, ich bin beim Lesen gestorben in Gedanken...
Das geht doch nicht! FU, diese Nulpe.. Der soll jetzt sofort zu Bela und den küssen *Arme verschränk* *Protestplakat mal*
[Wow. Das aus meinem Mund] Finde super, wie realitätsnah das wieder ist. Mit allem drum und dran halt, wie es in echt auch wäre.
Und zum Schreibstil brauch ich nix mehr zu sagen. Du hast das alles einfach im Blut und wie immer meinen vollsten Neid :D

Liebe aus vollstem Herzen & Viel Neid
Von deiner Mefa


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