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Alabasta no Suna Oasis

アラバスタの砂·オアシス
von

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Getrocknetes Blut

Sand wirbelte auf.

Seite an Seite ritten die beiden Vertreter Alabastas durch die widerspenstige Wüste. Ein Sandsturm schlug ihnen entgegen. Sie zogen sich die Kragen der Umhänge vor den Mund. Obwohl er sich vor ihrem Aufbruch umgezogen hatte und damit auch wieder die Sonnenbrille trug, merkte Prinzessin Vivi ihrem Freund an, was er von der Begleitung durch sie hielt. Und als der Sturm sich gelegt hatte, bestätigte er bald ihren Verdacht: „Warum folgst du mir?“

„Weil Onkel Toto in Gefahr ist!“, rief sie brüsk zurück, als wäre es vollkommen selbstverständlich.

„Das ist meine Sache!“, blockte er strikt ab.

„Ist es nicht! Ich kenne ihn fast genauso gut wie du, und deshalb geht es auch mich etwas an!“

Corsa schnaubte nahezu verächtlich, dann gab er seinem Pferd die Anweisung, das Tempo zu erhöhen.

Angesäuert sah Vivi ihm hinterher. „Er versucht, uns abzuhängen! Karuh, lauf schneller!“

Die Rennente krächzte bestätigend und beschleunigte auf eine Stundenkilometerzahl, die den Rappen weit hinter sich ließ.

„Angeberin…“ Dieses Mal war es der ehemalige Rebellenanführer, der dumm aus der Wäsche schaute. Anders als die Prinzessin konnte er seinem Tier nicht befehlen, sich durch den Sand zu mähen wie eine Sandora-Echse. Zu seiner Erleichterung zügelte Vivi Karuh, sodass sie wieder nebeneinander liefen.

„Du wirst mich nicht los, Sturkopf!“, stellte sie ihm unmissverständlich klar.

„Du hättest in Arbana bleiben sollen!“

„Weil du dann keine Angst um mich haben musst oder weil du dich dann richtig austoben kannst?“, forderte sie ihn heraus.

Pure Entschlossenheit entgegnete ihm aus ihren auberginengrauen Augen und ließ ihn schweigen, ohne dass sich seine Bedenken damit erledigt hatten. Falls sein Vater entführt worden war, wie Kebi vermutet hatte, dann steckte bestimmt dieser Kerl dahinter, der in Yuba schon länger sein Unwesen trieb. Dass sie jenen Verbrecher nie erwischten, schadete nicht nur der sich noch regenerierenden Wirtschaft der Oase, sondern auch Corsas Stolz. Ein zukünftiger Ritter und Heeresführer, der sich von einem dreisten Räuber auf der Nase herumtanzen ließ?

Vielleicht war es auch die Befürchtung, dass Vivi genau das herausfinden könnte, die hartnäckig verhindern wollte, dass er die Begleitung durch sie akzeptierte. Was würde sie von ihm denken?

„Dein Starrsinn wird dir noch zum Verhängnis.“

Er schaute sie an.

„Wenn du Vater… wenigstens Peruh um Hilfe gebeten hättest, hätte er schon mal vorausfliegen können. Bis wir Yuba erreichen, kann sich alles Mögliche abgespielt haben! Aber statt vernünftig zu sein und den Stolz zumindest deines Vaters wegen zu vergessen, löst du lieber alles ganz auf eigene Faust, ist es nicht so?“

„Vivi“, knurrte er. Musste sie ausgerechnet jetzt mit einer Standpauke ankommen? Natürlich wäre Peruh, der Falke, viel schneller in Yuba gewesen, aber hätte es ihnen etwas genützt? Peruh wusste zu wenig über den Feind, über Yuba, und hatte gewiss eigene Pflichten im Palast am Hals.

„Wir sind doch Freunde“, flüsterte sie enttäuscht. Sah er in ihr wirklich nur die schutzbedürftige Prinzessin, die hinter alabasterweiße Wände eingesperrt gehörte? Das Bild, welches er von ihr zu haben schien, ärgerte sie nicht nur – es verletzte sie auch. Dass sie sich während ihrer langen Abwesenheit sehr verändert hatte, dass sie unzähligen Gefahren getrotzt und zeitweise das Leben einer echten Piratin geführt hatte, beeindruckte ihn offenbar nicht. Bei den Piraten war das anders gewesen: Unter ihnen hatte sie nie das Gefühl gehabt, eine Prinzessin zu sein. Keine affektierte Höflichkeit, keine erzwungene Scheu. Im Gegenteil: Die Strohhüte waren ihr gegenüber manchmal richtig respektlos gewesen – aber stets auf eine liebevolle Weise: Kissenschlachten, die ehrliche Kritik an ihren illusionären Hoffnungen… Und Namis flinke Kopfnüsse würde sie auch nicht vergessen. "Glaubst du im Ernst, es ist fair, uns vorzutäuschen, dass es dir gut geht?! Freunde merken das, wenn du lügst!"

Corsa würde das nie tun. Er würde es niemals wagen, sie zu hauen oder ihr ins Gesicht zu sagen, was ihm an ihr nicht passte. Sie stellte jedes Mal fest, wie der Rebell, der einst selbst vor ihrem Vater kein Blatt vor den Mund genommen hatte, Mauern um sich her aufstellte, sobald sie sich bloß begegneten. Seit geraumer Zeit kam er oft in die Hauptstadt, und dennoch hatten sie nie ein Gespräch geführt, das mehr als ein paar Silben umfasste, als würde er sich plötzlich nicht mehr als würdig erachten, nach den Gedanken und Gefühlen einer Prinzessin zu fragen, die ihn als Anführer bezeichnete.

Wann hatte sie ihn das letzte Mal lachen sehen?
 

Der Abend schüttete seine tieforangene Farbe über Himmel und Erde, und die Sonne balancierte schläfrig auf der unebenen Linie des Horizonts, im Begriff, ihr Auge bald zu schließen, als sie nach einem pausenlosen Ritt in Yuba ankamen, wo man den Sohn des Bürgermeisters erwartungsvoll und die Prinzessin ziemlich erstaunt empfing.

Corsa sprang von seinem Pferd und wandte sich an Okame, die gleich auf ihn zugesteuert war. Wie Kebi war auch sie nicht nur Rebellin, sondern auch eines der Wüstenkids, Mitglied des Suna Suna Clans gewesen.

„Wo ist Kebi?“, wollte die junge Frau mit ihrem stets resoluten Blick direkt wissen.

„Er erholt sich in Arbana. Wie ist die Lage?“

„Wir haben keinen Schimmer, wo sich die Ratte verkrochen hat. Vielleicht irgendwo in der Umgebung, aber bestimmt nicht hier in Yuba. Was, meinst du, hat der mit deinem Vater vor?“

„Er wird ihn wahrscheinlich als Druckmittel verwenden wollen, um ganz ohne einen krummen Finger an unsere Ernte zu gelangen. Aber dieses Mal kriege ich ihn, und dann gnade ihm jede Seekatze.“ Er schaute zu Vivi, die den erschöpften Karuh mit Streicheleinheiten versöhnte. Auch sein Hengst wirkte kraftlos. „Wir benötigen Pferde. Dann sehen wir uns mal um.“

„Vivi auch?“, fragte Okame mit einer Spur skeptischer Verwunderung. „Ich wusste gar nicht, dass ihr noch Kontakt habt!“

„Vivi auch“, wiederholte er tonlos, ohne auf den zweiten Teil von dem, was sie gesagt hatte, einzugehen.

Sie bohrte auch nicht nach und winkte einen Mann herbei, der einen Schecken an den Zügeln führte. Viele der Pferde und Kamele waren bereits im Einsatz, denn der herzensgute Toto war sämtlichen Bewohnern der Siedlung ein stilles Idol – für jene, die keinen mehr hatten, sogar eine Vaterfigur. Ohne ihn – da waren sich alle einig – wäre Yuba nicht förmlich aus dem Sand gesprossen, und ganz gewiss hätten sie ohne ihn, der er als Einziger nie an dem König oder der Oase gezweifelt hatte, niemals hierher zurückkehren können.

„Nehmt dieses.“ Okame übergab ihm die Zügel. „Findet den verfluchten Typen und jagt ihn zur Hölle!“

Corsa nickte. Dann drehte er sich um. Vivi war bereits aufgestanden und beäugte ihn erwartend. „Steig auf, Vivi, wenn du unbedingt mitwillst. Karuh kann sich hier ausruhen; hier ist es sicher.“

Er stieg auf den Sattel und hielt ihr hinter seinem Rücken eine Hand entgegen, an der sie sich auf den hohen Rumpf des Tieres ziehen konnte.

„Halt dich fest“, warnte er sie. „Ein Pferd zu reiten ist etwas anderes als auf dem Rücken einer Rennente zu sitzen, die dich auch noch gut kennt.“

„Ist gut“, bestätigte sie und legte die Arme um ihn.

Die durcheinanderlaufenden Menschen machten nun Platz, als sie Richtung Wüste ritten, und einige sahen ihnen nach, was Okame gar nicht gern hatte: „Nicht trödeln, Leute! Sucht weiter! Jede Sekunde zählt, kapiert?“
 

Nachdem die höchsten Türme der Siedlung vom Horizont verschluckt worden waren, bat Vivi Corsa, anzuhalten. „Hast du überhaupt ein Ziel?“

Er verneinte widerwillig.

„Wohin willst du dann?“, fragte sie ihn verstimmt und sprang hinunter.

Verschattete Brillengläser waren auf sie gerichtet. „Ich muss meinen Vater finden!“

„Das weiß ich ja!“ Was die Prinzessin nicht wusste, war, ob sie gerade sauer auf ihn sein oder Mitleid empfinden sollte. „Aber wie willst du das schaffen, wenn du gar keinen Anhaltspunkt hast? Willst du die ganze Wüste durchforsten?“

„Soll ich über Landkarten brüten, während mein Vater in Gefahr ist?“, erwiderte er heftig.

„Nein!“, rief sie zurück. „Aber mal kurz nachdenken!“

„Ich brauche nicht zu stehen, um nachzudenken!“

„Dann denk laut!“

„Warum?“

„Weil ich wissen will, was du denkst!“

„Es tut doch nichts zur Sache, was ich denke!“

Sie ballte die Fäuste. „Oh doch! Denn als du das letzte Mal nachgedacht hast, haben kurz darauf zwei Millionen Menschen Arbana überfallen!“

Schlagartig veränderte sich die gereizte Atmosphäre. Die Energie, die zwischen ihnen hin und her geworfen wurde, fülliger und fülliger werdend wie ein Ballon, der bald platzen wird, verdampfte jäh an der erkaltenden Hülle des damaligen Rebellenchefs, und Vivi, die schon Atem für den nächsten verbalen Gegenangriff geholt hatte, ließ ihn mangels Zündstoff wieder frei. Erst da begriff sie, was sie soeben gesagt hatte.

„Lass uns hier suchen“, ordnete Corsa knapp an.

Sie nickte wie eine Marionette, die von den Fäden einer unbeteiligten Vernunft regiert wurde.

Die beiden trennten sich und suchten entfernt voneinander nach Hinweisen auf Totos höchstwahrscheinlich unfreiwilligen Aufenthaltsort. Die Augen starr auf ihre Füße richtend, als erwartete sie, in eine Falltür zu tappen, versuchte Vivi zu verdrängen, was vorher laut geworden war. Es hatte ihren Mund nicht als Anklage verlassen, aber Corsas Gehör als eine erreicht. Just wurde ihr klar, dass die Schäden der Rebellion zwar in den Städten und Dörfern beseitigt werden konnten, nicht jedoch in den Seelen ihrer Bewohner. Wenn Blut auf der Haut verkrustet, weil niemand es abgetupft hat, dann wäscht auch ein Regen es nicht mehr fort. Sie wollte sich entschuldigen.

„Lead…!“ Plötzlich stolperte sie. Der weiche Sand fing ihren Sturz ab, sodass sie unversehrt hätte aufstehen können, wenn nicht etwas anderes sie davon abgehalten hätte. Stattdessen ließ sie sich also sinken, bis ihre Wange den feinkörnigen Grund berührte, welcher sich heiß an ihre Haut schmiegte, und wartete.

Ihr Anführer hatte ihren Fall nicht zur Notiz genommen. Konzentriert suchte er die nichts verratende Umgebung ab, doch sie merkte, dass er tief in Gedanken versunken war. Beim Beobachten seiner langen, für sie um 90 Prozent verkehrt stehenden Gestalt wurde ihr bewusst, wie wichtig es war, seinen letzten Verwandten gesund zu finden.

Sie zog scharf die Luft ein, als endlich das geschah, worauf sie gehofft hatte. Mit aufgeregten Fingern fegte sie über den Sand, änderte dessen Gefüge und entdeckte doch nichts Ungewöhnliches. Trotzdem war sie sich ganz sicher. So sicher, dass es genügte, um Corsa aus seiner Grübelei zu reißen: „Leader, komm schnell!“

Besagter blickte sich nach ihr um, schrak auf, da er sie regungslos liegend ausmachte, und verlor keine Zeit, zu ihr zu stoßen. „Vivi! Bist du verletzt?“ Er kniete sich zu ihr.

„Nein“, entgegnete sie beschäftigt. „Aber ich habe vielleicht etwas gefunden.“

Natürlich verstand er nicht gleich: Eine Prinzessin, die auf dem Boden lag, weit und breit nichts zu sehen…

Entschieden platzierte sie ihm eine Hand auf das Haar und drückte seinen Kopf neben den ihren, sodass sie dicht beieinander lagen. „Hör doch mal“, signalisierte sie ihm, ehe es still zwischen ihnen wurde. Mausoleumsstill. Keine Brise pfiff, keine Düne rauschte. Corsa, der aktuell keine Zeit für irgendwelche Spiele aufbringen konnte, wollte sich schon erheben und erkundigen, was das eigentlich sollte, doch auf einmal war es nicht mehr nur die Hand auf seinem Hinterkopf, die sein Vorhaben verhinderte.

„Merkst du’s?“, fragte Vivi ihn, und er bestätigte mit einem Nicken. Also hatte sie es sich nicht eingebildet: Da waren tatsächlich Rufe zu hören, wie aus den Tiefen der Wüste. Als würde der Sand selbst leise klagen.

Ihr Freund schwang sich auf und blickte, nach einem Einverständnis haschend, auf sie hinunter. Sie folgte ihm. Mit nichts als den Händen begannen die beiden, an Ort und Stelle zu graben. Erst flach, wurde die Mulde rasch konkaver, und je länger sie arbeiteten, desto lauter wurde die Stimme aus dem Untergrund.

„Ich glaub’, ich hab’ etwas!“, stieß Vivi freudestrahlend aus und beschleunigte ihre Bewegung. Das Graben fiel ihr plötzlich ganz leicht. Corsa wollte sie noch warnen, doch da war es bereits zu spät: Der Boden unter der sich vorneigenden Thronerbin gab unvermittelt nach, rutschte mit ihr und ihrem erschrockenen Aufschrei in den sich öffnenden Schlund; und obwohl Corsa versuchte, sie noch zu greifen, landete sie schließlich mit einem dumpfen Geräusch auf dem Grund des Erdinneren.

Die letzten Sonnenstrahlen ermöglichten es ihm gerade noch, ihren blauen Schopf zu erkennen. Sie stand auf, klopfte sich den Umhang sauber und drehte sich orientierend um die eigene Achse. Dann erstarrte sie. Da sie nicht selten unter den hohen Dünen Alabastas verborgen lagen, war Corsa gleich auf die Idee gekommen, dass es sich bei dem da unten vermutlich um eine antike Ruine handelte. Aber worauf starrte Vivi so fassungslos?

Als die Rufe wieder ertönten – nun ganz klar und deutlich – warf er die Ungewissheit und die Sorge von sich wie einen schweren Mantel und sprang ohne weiteres Zögern hinab. „Vater!“, rief er, im Schatten des unterirdischen Raumes einen bejahrten Mann, an Händen und Füßen mit Hanfseilen fest verschnürt, ausmachend.

Der Gefangene war sichtlich erleichtert. „Corsa, mein Junge! Ich bin ja so froh!“

Während sich die beiden um seine Fesseln kümmerten, fiel Corsa auf, dass die Augen seines Vaters verdächtig schimmerten. Er musste Angst durchgestanden haben, schreckliche Angst, wohingegen er, der doch für Yuba und dessen Bürger verantwortlich war, in Arbana herumgehangen hatte. Er hätte niemals gehen dürfen…

„Wer war das?“, hörte er Vivi aufgebracht fragen. „Wer hat dich entführt, Onkel Toto?“

Es schien dem Alten jede Menge Überwindung zu kosten, mit der Antwort herauszurücken, so als würde er einen Freund verraten, der aus verzweifeltem Hunger einen Apfel vom Baum des Nachbarn gestohlen hat. In der Tat sollte die Aufklärung sie entsetzen. Selbst Corsa entglitten die Züge, als sie nach gefühlten Minuten endlich ausgesprochen wurde: „Vorher… möchte ich euch bitten, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen“, gab Toto ihnen ernst und noch etwas heiser zu verstehen. „Ich kann es ja selbst nicht fassen. Es war… Nun – Kebi hat mich hierher verschleppt. Es tut mir Leid, Corsa.“

In Vivis Kopf ratterte es, ohne dass sie zu irgendeinem Ergebnis kam. Sie kannte Kebi und wusste, dass er ein guter Freund des Ex-Rebellenchefs war – eines der ersten Mitglieder des Suna Suna Clans. „Leader…“

Er reagierte nicht auf sie. Sein Kiefer zitterte leicht – ob vor Enttäuschung oder Wut, sie konnte es nicht sagen. „Kebi“, wiederholte er rau. „Das kann nicht sein… Warum sollte er… warum sollte Kebi meinen Vater entführen?“



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