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Unter die Haut

KakuzuxHidan, Multichapter-Alternative Universe
von

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Drecksstadt

Mit hochgezogenen Schultern ging Hidan die Straße entlang, beide Hände fest in den Taschen. Die Straßenlaternen malten schummrige, orangefarbene Lichtflecken auf den Boden.

Am leicht bewölkten Himmel stand der Mond als blasse Sichel, vereinzelt blinkten Sterne. Es war kalt, die Luft roch nach Regen.

Es wurde Herbst, dass merkte man auch ohne bunte Blätter, die zu Boden fielen. Es gab kaum Bäume in dieser Stadt.
 

Fluchend schlug Hidan den Kragen seiner Lederjacke hoch und versuchte, sich irgendwie enger hineinzuwickeln, was ihm aber nicht gelang.

Er war definitiv nicht warm genug angezogen. Aber was sollte er machen, ohne Geld?

Seine abgewetzte Umhängetasche schlug ihm beim Laufen gegen die Beine.

An einer Ecke blieb er stehen. Eigentlich rauchte er nicht, jedenfalls nicht viel, aber jetzt brauchte er eine Zigarette. Er fummelte einen Glimmstängel aus der zerknautschten Packung in seiner Hosentasche, holte ein Feuerzeug hervor, steckte sich die Kippe zwischen die Lippen und zündete sie an, die Flamme mit einer Hand vor dem kühlen Wind schützend, der die Straße entlangpfiff.

Das Feuerzeug war fast leer, und es brauchte ein paar Versuche, bis die Zigarettenspitze endlich aufglühte.

Hastig sog er am Filter, damit sie nicht gleich wieder verlosch. Hidan ließ den Rauch tief in seine Lunge dringen, spürte das Brennen.

Er legte den Kopf in den Nacken und blies einen Dunststrahl in den kalten Abendhimmel, die Zigarette zwischen zwei Fingern seiner rechten Hand.

Es tat gut. Zum Glück war er nicht körperlich abhängig; Zigaretten waren teuer. Die Packung in seiner Hosentasche war schon einige Wochen alt und noch immer etwas mehr als halb voll.

Aber in den letzten Tagen hatte er öfter zur Zigarette gegriffen als sonst ; aus einem bestimmten Grund.

Bei dem Gedanken nahm er einen weiteren, tiefen Zug und stieß den Rauch zwischen zusammengebissenen Zähnen wieder aus.

Hidan schob die lästige Erinnerung zur Seite, obwohl es schwer war, nicht daran zu denken. Schließllich latschte er nur deswegen hier herum.
 

Er steckte die linke Hand zurück in die Tasche und bog um die Ecke in eine kleine Seitenstraße. Der Bürgersteig war schmal und übersäht mit Unrat.

Das hier war wahrlich nicht die beste Gegend. Mit den Augen suchte er die Gebäude um sich herum ab. Alles schäbige Wohnblöcke.

Er steuerte einen der Hausengänge an und sah die Namen am Klingelschild durch.

Nein...nein...auch nicht...doofer Name...nein...da! Na also.

Er schnippte den Zigarettenstummel auf den nassen Asphalt der Straße, wo er erst ein Stück kullerte, dann zum Liegen kam, noch kurz weiterbrannte und schließlich erlosch.

Dann wandte sich Hidan der Klingel zu. Er drückte. Nichts.

Nach zwanzig Sekunden betätigte er die Klingel noch einmal.

Wieder nichts.

Als er gerade ein drittes Mal läuten wollte, knackte die Sprechanlage unter dem Schild und eine misstrauische Stimme raunzte verzerrt:

"Wer ist da?"

Hidan zwang seine Stimme in eine fröhliche Tonlage.

"Ich bins, Hidan."

"Ach so. Du."

Die Stimme war kalt geworden bei diesen Worten.

"Ja."

"Was willst du?"

"Ich hab doch noch was gut bei dir, wegen der Sache im Supermarkt."

"Ja. Was ist?"

"Ich brauch ´n Platz zum Pennen. Nicht lange, nur für´n paar Nächte."

Stille. Dann erneutes Knacken, ein Rauschen, und dann, ganz leise:

"Na gut. Ich mach gleich auf. Warte ne Sekunde."

"Danke, Mann. Du bist meine Rettung."

Es klang unbegeistert.

"Jaja. Warte einfach kurz."
 

Hidan atmete auf. Wenigstens die nächsten Tage war ihm ein Dach über dem Kopf sicher. Aber ewig würde ihm das nicht helfen.

Irgendwann würden ihm die Leute ausgehen, die ihm einen Gefallen schuldeten. Außerdem konnte er bei denen immer nur zwei, drei Nächte bleiben.

Er mochte keinen von ihnen besonders, und keiner von ihnen mochte ihn wirklich. Es wurde Zeit, dass er sich was Festes suchte.

Aber er hatte kein Geld, und ohne Wohnug bekam er nirgends einen Job, was wiederrum kein Geld und somit keine Wohnung bedeutete.

Eigentlich hätte alles perfekt sein können, wenn nicht...

Wütend trat er gegen eine Mülltonne. Sie kippte um, schlug dann scheppernd auf dem Boden auf. Der Deckel sprang ab und ihr Inhalt verteilte sich auf dem Gehsteig. Missmutig starrte Hidan das Chaos an. Da ertönte hinter ihm ein scharfes Summen, und er öffnete hastig die Tür zum Treppenhaus.
 

Bevor er eintrat, blickte er noch einmal über die Schulter auf die Straße. "Drecksstadt.", murmelte er. "Verdammte Drecksstadt."

Dann trat er in das künstlich grell beleuchtete Haus und ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen.
 

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Kakuzus Hände schlossen sich fest um das Lenkrad. Obwohl er noch genug Zeit hatte, drückte er das Gaspedal weiter herunter. Die Straßen waren fast leer, was zu dieser späten Stunde auch nicht weiter verwunderlich war. Nur selten rauschte ein anderes Auto vorbei. Die Scheinwerfer tauchten vor ihm auf und er konnte sie im Rückspiegel wieder verschwinden sehen.

Er fuhr durch die stille Stadt, vorbei an wenig beleuchteten Wohnhäusern und geschlossenen Geschäften.

Kein Mensch war zu sehen. Er befand sich nicht gerade im Villenviertel, und hier traute man sich gegenseitg nicht über den Weg.

Vermutlich zu Recht.

Vor dem Wagen tauchte eine rote Ampel auf, und Kakuzu trat auf die Bremse.

Es war immer das Gleiche. Jeden Tag. Raus aus der Wohnung, rein ins Auto, zur Arbeit fahren, den Wagen parken, raus aus dem Auto.

Dann arbeiten ; und das Ganze rückwärts. Und nochmal von vorn. Und nochmal. Nur die Uhrzeiten variierten.
 

Eigentlich machte es Kakuzu nichts aus, er war froh über den geregelten Tagesablauf, dankbar dafür, dass er einen Job, ein Auto und eine Wohnung hatte, genug zu essen, ein Bett, keine Probleme.

Aber keine Probleme hieß auch keine Abwechslung. Auf die Dauer wurde der Alltag eintönig, die ewige Wiederholung langweilig.

Trotzdem war es besser so. Er wusste, warum er sich für dieses Leben entschieden hatte, für geordnete Bahnen, eine Existenz ohne den Stress, den zwischenmenschliche Beziehungen mit sich brachten. Er hielt sich fern von anderen, hatte keine Freunde, Familie sowieso nicht.

Nicht, weil er mit Menschen nicht klarkam, sondern weil er es so wollte. Freunde brachten nur Probleme; Anforderungen, Einschränkungen, Konflikte. Und Enttäuschungen.

Er konnte nichts davon gebrauchen.

Also lebte er so zurückgezogen wie möglich.
 

Hinter ihm hupte es. Er sah auf. Die Ampel war offenbar schon eine ganze Zeit wieder grün. Er löste die Handbremse, trat wieder aufs Gas und fuhr weiter.

Kurz darauf sah er im Rückspiegel, wie das Auto hinter ihm abbog.

Er war wieder allein auf der Straße. Allein in seinem Leben. Wie immer.

Aber es war seine Entscheidung gewesen. Und er bereute sie nicht; nicht wirklich zumindest.

Trotzdem wünschte er sich manchmal etwas Abwechslung, egal was. Diese Momente hielten nie lange, aber in letzter Zeit kamen sie öfter vor, warum, wusste er nicht.
 

Kakuzu konzentrierte sich wieder auf die Straße. Vor ihm kam jetzt das Hotel in Sicht, bei dem er als Sicherheitsmann arbeitete.

Gut, es war nicht der lukrativste Job, aber es reichte, um einigermaßen angenehm zu leben. Er war schon immer ein sparsamer Mensch gewesen. Außerdem gab es wegen der fragwürdigen Lage einen Gefahrenzuschuss, und wenn er jemanden schnappte, der schon wegen weiterer Delikte gesucht wurde, kassierte er manchmal eine Belohnung.
 

Vorsichtig manövrierte Kakuzu das alte, klapprige Auto in eine Parklücke des Angesteltenparkplatzes. Er stellte den Motor ab, schnappte sich seine Mütze vom Beifahrersitz und stieg aus dem Wagen.

Dieser Job hatte noch einen Vorteil: Er arbeitete ausschließlich abends und nachts, weshalb er sich keine Sorgen wegen seines ungewöhnlichen Aussehens machen musste.

Tagsüber zwangen ihn Narben am ganzen Körper und im Gesicht dazu, sogar im Sommer bedeckt, mit Kapuze und sogar Mundschutz herumzulaufen, wenn er nicht die ganze Zeit angestarrt werden wollte.

Und er wurde gar nicht gerne angestarrt; es machte ihn unheimlich aggressiv, und wenn ihn jemand aggressiv machte, neigte er zu Gewalttätigkeiten.
 

Er setzte die Mütze auf; Sie war fester Bestandteil seiner Uniform, wie das Walkie-Talkie, die Handschellen und der Schlagstock.

Kakuzu ging auf den Kundenparkplatz zu. Am Maschendrahtzaun, der den Platz umgab, lehnte eine Gestalt. Sie war groß, noch größer als Kakuzu, der schon beeindruckend schien, und muskulös.

Es war Kisame Hoshigaki, sein Kollege.

Offenbar war nichts los und er wartete schon auf ihn.

Kisame sah Kakuzu kommen und grinste ihn an. Mit einem unvergleichlichen Grinsen; Die Zähne des Mannes waren groß und spitz wie die eines Hais.

"Guten Abend, Kakuzu-san."

Eine tiefe, rauhe Stimme. Vollendet höflicher Ton.

Kakuzu erwiderte den Gruß. Er kannte den anderen Mann zwar nicht besonders gut, aber er schien umgänglich zu sein, nervte ihn nicht und war nie schlecht gelaunt.

Sie waren beide wegen ihres abschreckendem Äußeren vom Manager des Hotels eingestellt worden. Zwar konnte Mann Kisames Zähne nicht auf Anhieb sehen, aber der Mann hatte außerdem eine ungewöhnliche Hautfarbe - bläulich -, was, wie er versicherte, von einer Erbkrankheit herrührte, und kleine, bedrohlich wirkende, gelbe Raubtieraugen.

Er verabschiedete sich höflich von seinem Kollegen und verschwand, während Kakuzu seinen Platz am Zaun einnahm, um vor seiner Schicht noch etwas frische Luft zu bekommen, und den Blick über die Straßen streifen ließ. Irgendwo kläffte ein Hund. Zwei Betrunkene wankten die andere Straßenseite entlang.

Kakuzu rümpfte die Nase. "Drecksstadt:", murmelte er und spuckte aus.
 

[Ich weiß, irgendwie klingt das alles ein bisschen Emo, aber keine Sorge, das ändert sich noch. Für Fehler mit dem Auto entschuldige ich mich, ich bin erst 16 und hatte noch keine Gelegenheit, eins zu fahren. Sämtliche Details über das Rauchen sind bei Freunden von mir abgeschaut. Ich selbst rauche nicht und unterstütze das Rauchen in keinster Weise.]

Arschloch

Die Nacht war dunkel und feucht.

Abgase lagen in der Luft, vermischt mit dem leichten Duft nach Regen.

Dunkelgraue Wolken bedeckten den gesamten Himmel, versteckten das kalte Glitzern der Sterne unter einem dichten Teppich.

Am Stadtrand brannten nur wenige Lichter, die Straßen waren wie leergefegt. An einer Stelle durchbrach die Reklame eines Hotels das grau der umliegenden Häuser mit dezenter Nachtbeleuchtung.

Es war ein mehrstöckiger, viereckiger Bau mit eigener Zufahrt und zwei getrennten Parkplätzen an der Rückseite. Dort befand sich auch ein kleiner Anbau, der als Verwaltungsgebäude des Hotels fungierte.

Hier lagen unter anderem das Notstromaggregat, ein Materiallager und auch die Sicherheitszentrale. Dies war ein kleiner Raum, vollgestopft mit Monitoren, welche mit sämtlichen Innen- und Außenkameras des Hotels verbunden waren.

Der Raum war eng, eine kleine Schreibtischlampe stellte mit ihrem auf die Tischplatte gerichteten Strahl die einzige Lichtquelle dar. Auf dem Tisch und an der Wand darüber türmten sich die Monitore.

Ansonsten war der Raum bis auf einen Drehstuhl leer.
 

Die Sicherheitszentrale war der Ort, an dem Kakuzu den Großteil seiner Arbeitszeit verbrachte, damit beschäftigt, die Bildschirme im Auge zu behalten und auf Funksprüche aus seinem Funkgerät zu warten. Jeder Angestellte besaß eines, um im Notfall schnell Hilfe rufen zu können, was angesichts der Lage des Hotels eine nur vernünftige Maßnahme war. Von der Sicherheitszentrale gab es einen direkten Zugang zum Personalaufzug sowie der Personaltreppe, mit deren Hilfe man sich rasch zu jeder Etage des Hotels bewegen konnte.
 

Auch in dieser Nacht saß Kakuzu wieder auf dem Drehstuhl, die Beine übereinandergeschlagen auf dem Tisch, die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Es war eine lange, aber ruhige Nacht gewesen, und seine Schicht endete in 20 Minuten. Gedanklich war er schon wieder in seiner Wohnung, bei einer heißen Dusche und seinem warmen Bett. Ihm war bewusst, dass das nicht gerade professionell war, aber wer konnte es ihm übelnehmen, wenn er die ganze Nacht damit verbracht hatte, auf bewegungslose Monitore zu starren?
 

Während seiner Schicht hatte er bereits eine Thermoskanne Kaffee geleert und vermutlich hunderte Male auf seine Armbanduhr gesehen.

Kakuzu schüttelte den Kopf, um die Müdigkeit loszuwerden. Zumindest den Rest seiner Schicht musste er sich noch konzentrieren. Wenn irgendwas passierte und er es nicht bemerkte, konnte er seinen Job vergessen. Arbeitslos zu werden, war das Letzte, was Kakuzu gebrauchen konnte, also heftete er den Blick wieder auf die Wachbildschirme. Die Bilder waren dunkel und nicht besonders scharf, dafür konnte man sämtiche Bewegungen klar erkennen. Doch jetzt war rein gar nichts zu sehen. Das Innere des Hotels war wie ausgestorben. Nur im Foyer saß der blonde Nachtportier hinter der Rezeption, feilte sich die Nägel an der Tischkante und warf von Zeit zu Zeit einen Blick in die reflektierende Glastür des Hotels, um sein Spiegelbild zu bewundern. Eitel wie ein Pfau, der Kleine.

Kakuzu ließ den Blick auf die Außenaufnahmen wandern, welche den Kundenparkplatz aus verschiedenen Winkeln zeigten. Die Autos der betuchteren Hotelgäste gaben eine verlockende Beute ab. Aber auch hier regte sich nichts. Anscheinend würde seine Schicht heute ohne irgendwelche Zwischenfälle ablaufen.
 

Um sicher zu gehen, prüfte er noch einmal alles ab und wollte sich schon wieder entspannt zurücklehnen, als ihm etwas ins Auge fiel. Es war eine Bewegung, winzig nur, kaum sichtbar, doch vorhanden. Erst konnte der Wachmann nichts erkennen, aber dann wurde ihm klar, dass es Füße sein mussten. Hinter dem Auto schien jemand zu hocken, und nur die Füße waren zwischen dem Asphalt des Parkplatzes und der Unterseite des Autos zu sehen. Wie hatte da irgendwer hinkommen können? Er hatte die Monitore die ganze Zeit über beobachtet. Hastig überprüfte Kakuzu noch einmal das Innere des Hotels, um Gewissheit zu haben, dass alles ruhig war, dann griff er sich seine Mütze vom Tisch und eilte nach draußen. Der Parkplatz war nur spärlich beleuchtet, aber Kakuzu entdeckte das entsprechende Auto rasch. Er näherte sich so leise wie möglich von hinten, machte einen weiten Bogen und schnitt demjenigen, der da hockte, so den Fluchtweg zur Straße ab. Seine Gummisohlen verhinderten, dass ihn der Klang seiner Schritte verriet. Die parkenden Autos boten ihm Schutz, nahmen ihm aber auch größtenteils die Sicht. Erst, als er nur noch wenige Meter entfernt war, wurde die Gestalt sichtbar.

Vermutlich ein Mann, schlank, mit hellem Haar und schwarzer Lederjacke. Viel mehr war nicht auszumachen, doch das war auch nicht nötig. Kakuzu war sich sicher, dass er mit diesem Typen fertig wurde.

Er richtete sich hinter dem Auto, das er als Deckung benutzt hatte, auf und knurrte: "Werkzeug weg und Hände auf den Wagen!" Der Mann - jetzt wurde klar, dass es wirklich ein Mann war - wirbelte herum, sah ihn, ließ das Werkezeug fallen und rannte dann erstaunlich schnell in die entgegengesetzte Richtung. Kakuzu sprintete hinter ihm her.
 

Es gab nur einen Weg, den der Fliehende einschlagen konnte, und der führte in eine Sackgasse. Sie lag am hintersten Teil des Parkplatzes; Auf zwei Seiten war sie von Backsteinmauern eines angrenzenden Gebäudes umgeben, auf der dritten begrenzte sie der zum Parkplatz gehörende Zaun.

Dieser Teil war nicht für Kunden gedacht. Es war mehr ein Ort zum Abstellen von Müllcontainern, weshalb es günstig war, dass eine Ecke ihn vor den Augen eines unaufmerksamen Beobachters verbarg.

Aber der gescheiterte Dieb steuerte zielstrebig darauf zu. Er schlitterte auf dem rutschigen Boden um die Ecke, bemerkte aber rasch, dass er nicht schnell genug über den Zaun kommen würde.

In dem Moment, als Kakuzu um die Ecke gerannt kam, fuhr der junge Mann zu ihm herum, wobei er hektisch an seiner Brusttasche herumfummelte. Der Wachmann erkannte den Griff eines Springmessers und legte einen Zahn zu.

Bevor sein Gegenüber das Messer aufklappen konnte, hatte er ihn erreicht. Der Schwung vom Laufen, das Körpergewicht und die Kraft Kakuzus konzentrierte sich im Dreieck seiner Schulter, als er den Mann rammte und ihn heftig gegen eine der Backsteinmauern krachen ließ. Der Getroffene japste, als sämtliche Luft aus seinen Lungen gepresst wurde. Er griff sich an die Brust, taumelte einige Schritte vorwärts, konnte sich aber auf den Beinen halten. Kakuzu rammte ihn erneut gegen die Wand, dann drehte er ihm die Arme auf den Rücken, sodass er keine Möglichkeit zur Flucht hatte. "Name?", knurrte der Sicherheitsmann, während sein Gefangener sich gegen den Griff zu wehren versuchte.
 

"Elender Wichser..."

"Dein Name, nicht deine Berufsbezeichnung."

"Fick dich doch, du Arsch!"

"Sag mir jetzt deinen Namen."

Kakuzu wurde ungeduldig, was er zum Ausdruck brachte, indem er dem widerspenstigen Mann die Arme verdrehte.

"Ahh! Ist ja gut. Hidan...und jetzt lass mich los, Missgeburt!"

"Aber selbstverständlich."
 

Tatsächlich löste sich der Griff - Nun waren Hidans Hände allerdings mit Handschellen hinter den Rücken gefesselt. Augenblicklich fuhr er herum und funkelte den Wachmann wütend an. Dieser nahm sich die Zeit, sein Gegenüber zu mustern. Er war hochgewachsen, obwohl trotzdem kleiner als Kakuzu selbst, schlank, aber durchtrainiert.[1] Sein Gesicht wäre hübsch gewesen, hätte er es nicht zu einer aggressiven Fratze verzogen. Die violetten Augen schossen Todesblicke in Richtung des Wächters. Kakuzu hatte ihn noch nie auf einem der Fahndungsplakate gesehen, auch der Name kam ihm nicht bekannt vor - wenn es überhaupt der Richtige war. Für diesen Kerl würde er keine Belohnung bekommen. Dafür gab es dann nachher auf der Polizeiwache ein endlos langes Verhör und tonnenweise Papierkram. Seine Dusche konnte er erstmal vergessen. Was hatte dieses kleine Arschloch auch ausgerechnet jetzt auftauchen müssen? Eine halbe Stunde später, und Kisame hätte dich mit ihm herumschlagen können. Dieser ganze Aufriss für irgendeinen kleinen Fisch...Das lohnte sich nun wirklich nicht. Besonders viel Pflichtbewusstsein hatte Kakuzu nie gehabt, und so fasste er einen Entschluss. Hidan konnte gerade noch "Hey! Was soll das?" rufen, da wurde er auch schon gepackt. Zu seiner Überraschung war er im nächsten Moment wieder frei - und zwar tatsächlich frei, denn die Handschellen waren ihm abgenommen worden. Auch der Sicherheitsmann hinter ihm hielt ihn nicht fest, im Gegenteil. Er versetzte ihm einen groben Stoß und zischte: "Los, hau ab." Das ließ sich Hidan nicht zweimal sagen. Er hastete zum Zaun und war mit einem Satz auf einen der Müllcontainer gesprungen, die davor standen.

Er saß bereits oben auf dem Zaun, ein Bein auf der anderen Seite, die Finger in die Drahtmaschen gekrallt, als er noch einmal inne hielt und auf den Mann herunterblickte, der ihn gerade hatte laufen lassen.
 

"Warum hast du das gemacht? Bist du weich in der Birne?"

Trotz der Beleidigung klang unverhohlene Neugier in der Frage mit.

"Ganz einfach."

Kakuzu stand nach wie vor unbewegt in der Sackgasse und sah zu Hidan auf.

"Dich einzusperren bringt mir nur Ärger. Ich würde keinerlei Profit daraus schlagen. Jetzt verschwinde, Kleiner, bevor ich doch noch die Polizei rufe!"

Dabei trat er einige Schritte auf den Zaun zu. Aber Hidan zögerte noch immer.

"Ich mein ja nur...kriegst du nicht Ärger? Wenn du wusstest, dass ich auf dem Parkplatz bin, müssen hier Kameras sein. Falls also jemand die Aufzeichnungen durchguckt, bist du am Arsch. Und arbeitslos."

"Was geht dich das an? Hier hinten sind eh keine Kameras...Du warst eben einfach zu schnell und bist mir entwischt."
 

Das brachte Hidan zum Grinsen. Geschickt kletterte er auf der anderen Seite des Zauns herunter bis zum Boden. Bevor die Schatten der dahinterliegenden Gasse ihn verschluckten, drehte er sich noch einmal um.

Falls er verlegen war, überspielte er es perfekt mit einem breiten Grinsen und spöttischem Tonfall.
 

"Danke, Arschloch.
 

Dann war er verschwunden.

Einen Augenblick lang starrte Kakuzu in die Finsternis jenseits des Zaunes, bis die Schritte des Mannes verhallt waren. Was für ein seltsamer Vogel. Erst versuchte er, ein Auto zu klauen, dann lief er weg, wollte ihn abstechen, fluchte wie ein Hafenarbeiter und bestand auf seine Freilassung. Und kaum ließ man ihn frei, hatte er nichts Besseres zu tun, als sich um ihn - oder besser gesagt seinen Job - Gedanken zu machen?

Der war wohl als Kind zu oft verprügelt worden. [2]

Die Krönung des Ganzen war, dass er sich auch noch bedankt hatte. Für etwas, dass aus reinem Eigennutz passiert war.

Idiot.

Kakuzu sah sich um. Irgendwelche Trottel hatten die Mauern mit Graffitti vollgesprüht, sogar auf den Müllcontainern waren bunte Schriftzüge zu sehn. Der Boden glänzte feucht im Licht einer an die Wand montierten Lampe. Darunter lag Hidans Messer, dass er offenbar während der Aktion verloren hatte. Kakuzu ging hin und hob es auf. Er drehte den Griff zwischen den Fingern, betrachtete ihn eindringlich, dann ließ er die Klinge herausspringen. Sie funkelte gepflegt und scharf. Probeweise fuhr Kakuzu ein paar Mal damit durch die Luft. Es war ein gutes Messer. Der Besitzer schien sorgsam damit umzugehen. Mit einem metallischen Klicken schnappte die Klinge wieder ein. Kakuzu ließ das Messer in die Tasche seiner Uniform gleiten, dann ging er zurück zu seinem Posten. Ein Blick auf seine Armbanduhr verriet ihm, dass es nur noch fünf Minuten bis zum Schichtende waren. Dann hatte die ganze Sache doch was Gutes gehabt.

Während er seine Sachen zusammensuchte, fragte er sich noch, ob `Hidan´ tatsächlich der Name des Diebes war.

Wäre er so dumm, ihm seinen richtigen Namen zu sagen?

Es spielte eigentlich keine Rolle, schließlich war er ihm `entkommen´.

`Hidan´ würde ihm ganz sicher nie wieder über den Weg laufen.
 

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Ein paar Straßen weiter lehnte Hidan an einer Hauswand und dachte nach. Sein Plan, eine dieser Nobelkarren zu knacken, zu verticken und von dem Geld die Miete für eine kleine Wohnung zu zahlen, bis er einen Job gefunden hatte, war gründlich in die Hose gegangen. Was hatte dieser freakige Wachmann auch da rumrennen müssen? Und wieso hatte er Idiot die Kameras nicht bemerkt?

Andererseits war es sehr anständig von ihm gewesen, ihn laufen zu lassen. Auf Polizei hatte er nun wirklich keine Lust.

Aber das löste sein Wohnungsproblem nicht.

Es war inzwischen verdammt kalt draußen, und Hidan fröstelte in seiner dünnen Jacke.

Dieser Sicherheitstyp hatte es gut.

Ein Job, bestimmt eine Wohnung, vielleicht auch ein Haus. Inklusive reizender Frau und netten Kindern.

Zumindest den Job hatte er heute Nacht riskiert.

Wenn irgendjemand mitkriegte, dass er einen potenziellen Dieb absichtlich nicht gefasst hatte, würde...

Ein Rädchen klickte irgendwo in Hidans Kopf. Ihm war eine Idee gekommen. Breit grinsend stieß er sich von der wand ab und begann zu gehen. Mit ein bisschen Glück würden sich seine Probleme bald in Wohlgefallen auflösen.

Und der Wachmann durfte ihm dabei behilflich sein...
 


 


 

[1] Gute Güte, das klingt so Marty-Stue-mäßig...zum Kotzen.

[2] Oder zu wenig?
 

[So. Sollte eigentlich früher kommen, aber school´s a killer. Praktikumsbericht: Not so great, actually. Naja, Der Anfang des Kapitels wird nochmal überarbeitet, der is nicht so dolle. Aber ich wollts hochladen, damit ihr wisst wie es weitergeht. Wer ist der mysteriöse Portier? Was plant Hidan? Hmm...ein Fall für Galileo Mystery! (Son Scheiß. Ich hasse diese Sendung.) Und jetzt ein wenig Werbung: Alle volljährigen Zocker, Far Cry 2 ist ein Orgasmus mit Flammenwerfer! *_*

In dem Sinne, liebe Freelancer: Hoffe es hat gefallen, Meinungen erwünscht.]

Scheißtag

Schon als Kakuzu am nächsten Morgen wach wurde, wusste er, dass es ein beschissener Tag werden würde. Das aufdringliche, elektronische Piepsen seines Weckers hatte ihn aus einem unruhigen Schlaf gerissen und füllte den Raum mit Lärm. Aus den Augenwinkeln fixierte Kakuzu das kleine Gerät ärgerlich, dann brachte er es mit einem gezielten Schlag auf den Ausknopf zum Schweigen. Am liebsten wäre er noch liegengeblieben, aber heute war Donnerstag, der einzige Tag, an dem er Frühschicht im Hotel hatte. Also setzte er sich auf, rieb den Schlaf aus seinen Augen und schlurfte ins Badezimmer, um sich mit einer heißen Dusche richtig aufzuwecken.

Was allerdings nicht so recht funktionieren wollte, da in dem alten Gebäude offensichtlich mal wieder die Warmwasserversorgung zusammengebrochen war. Aber wenigsten machte das kalte Wasser richtig wach.
 

Kakuzu hob den Kopf und ließ den Strahl direkt auf sein Gesicht prasseln. Wasser lief seinen Körper herunter, ließ ihn jeden Zentimeter Haut spüren. Einzelne Tropfen blieben an dem Netz aus Narben hängen, dass ihn bedeckte. Langsam wurde sein Kopf klarer, die Müdigkeit zog sich zurück, während er gegen eine Gänsehaut ankämpfte.

Schließlich drehte Kakuzu das Wasser ab und stieg aus der Dusche. Der kalte Fliesenboden war rutschig unter seinen nassen Füßen, aber er schaffte es ohne Unfall zurück über den Flur und ins Wohnzimmer, in dem er auch schlief.

Wozu brauchte er auch mehr als eine Ein-Zimmer-Wohnung? Das wäre nur unnötiger Luxus und würde Geld verschwenden.

Kakuzu nahm einige Kleidungsstücke aus der Kommode. Die Uniform würde er später überziehen.
 

Nachdem er fertig angezogen war, ging er in die Küche, um Kaffee zu trinken. Das gehörte zu seiner morgendlichen Routine. Er verzichtete ungern darauf, aber das musste er auch nicht.

Eine kleine Abhängigkeit, die man sich erlauben konnte.

Während der Kaffee durch den Filter lief, saß Kakuzu am kleinen Küchentisch und starrte vor sich hin. Das gedämpfte Brummen der Kaffeemaschine und das Ticken der Küchenuhr, die über dem Türrahmen hing, waren die einzigen Geräusche.

Die Wohnung war still; sie war es immer. Kakuzu bekam keinen Besuch.

Obwohl er es ungern zugab, missfiel ihm die Stile. Nicht Stille an sich, er hatte gern seine Ruhe. Die ständige Stille war es, die ihn unruhig machte.

Allerdings war sie ihm gewöhnlich noch lieber als das Ticken der Uhr, ein ständiger Beweis für das Verstreichen von Zeit.
 

Ein leises Klicken verriet, das der Kaffee fertig war. Kakuzu goss ihn aus der altmodischen Kanne in einen goßen Becher.

Allerdings scheiterte der Versuch, den alten Filter wegzuwerfen, daran, das der Öffnungsmechanismus klemmte. Auch zwei sanfte Schläge konnten die Maschine nicht dazu bewegen, ihr Inneres zu offenbaren.

Ein ungeduldiger dritter Schlag, sehr viel weniger sanft als die beiden davor, beförderte das Gerät auf den Parkettboden, wo es mit einem scharfen Knacken in zwei Hälften zerbrach.

Großartig. Dem Drang widerstehend, sie mit voller Wucht gegen die nächste Wand zu treten, sammelte Kakuzu die Teile auf und warf sie in den Mülleimer. Wertstofftrennung konnte ihn mal.

Der Tag wurde immer mieser. Jetzt würde er auch noch eine neue Kaffeemaschine kaufen müssen.

Das, oder in Zukunft keinen Kaffee mehr trinken.

Er knirschte mit den Zähnen. Gut, dass er heute Frühschicht hatte, so blieb ihm genug Zeit, nach der Arbeit zum Elektronikladen um die Ecke zu fahren.
 

Noch schlechter gelaunt als vorher nahm Kakuzu den Becher von der Arbeitsfläche, auf der er gestanden hatte und setzte sich wieder an den Tisch. Während er trank, wanderte sein Blick im Raum herum. Es gab wenig zu sehen, nur grün-gelbe Wände und dunkles Parkett auf dem Boden.

Auch das Küchenfenster, das größte Fenster der Wohnung, offenbarte nur einen trüben, regnerischen Tag der Großstadt.

Kakuzu betrachtete den Becher auf dem Tisch. Nur ein großer, weißer Becher. Fast vollkommen bedeckt von seinen eigenen Händen.

Um seinen Unterarm schlang sich eine Narbe, wie ein Armreif oder ein Tattoo. Er spürte die Narben normalerweise nicht mehr, nur ganz selten juckte die eine oder andere. Ihre Geschichte war beendet, er hatte sie verarbeitet und die Konsequenzen daraus gezogen.

Alles war richtig, wie es war.

Dennoch...Vielleicht wäre ein bisschen Ablenkung, ein bisschen Abwechslung, ja nicht falsch.

`Du willst Ablenkung? Dann lenk dich mit Arbeit ab, Weichei!´, dachte Kakuzu.

Arbeit.

Genau das richtige Stichwort. Der Kaffeebecher war leer, und ein Blick auf die hartnäckig tickende Küchenuhr verriet Kakuzu, dass es Zeit wurde, seine Uniform anzuzuziehen und sich auf den Weg zur Arbeit zu machen.
 

Also erhob er sich vom Stuhl, stellte den Becher in die Spülmaschine und stieg wieder einmal in seine Alltagsroutine ein.
 

-
 

Einige Kilometer entfernt war Hidan schon vor Sonnenaufgang wach geworden. Erst wusste er nicht, wo er war - bis ihm dämmerte, dass er sich auf dem Sofa eines seiner Bekannten befand, bei dem er diese Nacht untergekommen war.

Nach einer Dusche, die gerade zum Sauberwerden gereicht hatte, war er aus der Wohnung geschlüpft. Es schien ihm besser, eine Konfrontation zu vermeiden.
 

Der Morgen war kalt und verregnet, nicht unbedingt die besten Vorraussetzungen, wenn man den Tag draußen verbringen musste.

Außerdem hatten die wenigen Menschen, die auf den Straßen unterwegs waren, es eilig, wieder ins Warme zu kommen. Das machte Taschendiebstahl ziemlich schwierig.

Bis zum Mittag war es Hidan gerade mal gelungen, einen Jungen aus einer Gruppe Teenager um sein Portemonnaie zu erleichtern, ein kindisches Ding in Froschform. Wenigstens war es anständig gefüllt.
 

Jetzt saß er in einem schäbigen Café, bezahlte ein Essen mit dem dem Geld aus der hässichen Geldbörse und verfluchte den beschissenen Tag.

In letzter Zeit schien sein Leben nur noch aus solchen Scheißtagen zu bestehen. Etwas musste sich ändern, und es war auch klar, was.

Er musste von der schiefen Bahn wegkommen. Er brauchte einen vorläufigen Wohnort, den er angeben konnte, bis er Arbeit gefunden hatte.

Dann könnte er sich irgendwann auch eine eigene Wohnung leisten.
 

Das Problem war nur, dass ihn niemand freiwillig aufnehmen würde.

Selbst wenn, würde es in ein beständiges, wütendes Anschweigen ausarten.
 

Aber in seinem Kopf war in der letzten Nacht ein Plan entstsanden.

Zugegeben, es war ein riskanter, wackliger Plan, aber viele Alternativen gab es nicht: Keine, um genau zu sein.

Die idee war ihm schon unmittelbar nach seiner Flucht vor dem Sicherheitsfutzi gekommen. Da allerdings schien ihm das Ganze noch eine Spur unkomplizierter: Dem Kerl am Ende seiner Schicht auflauern, ihn konfrontieren und damit drohen, seine edelmütige Aktion auffliegen zu lassen. Wenn Der Kerl dann Panik bekam, würde er ihm einen Ausweg anbieten: Du lässt mich bei dir wohnen, und das Ganze bleibt unser Geheimnis.
 

Jetzt, im grauen Licht des Tages, sah die Sache schon schwieriger aus. Was sollte er der Familie des Typens erzählen? Worauf konnte er seine Drohung stützen?

Hidan warf einen Blick auf die Uhr an der gegenüberliegenden Wand. Ungefähr ein Uhr mittags. Es waren gerade mal elf Stunden seit ihrer Begegnung vergangen.

Wie es aussah, würde es eine weitere lange Nacht werden, schließlich hatte er keine Ahnung, wann sein Opfer Schichtende hatte. Oder ob es heute überhaupt Dienst hatte. Oder vielleicht Tagschicht.

Es war also vermutlich das Beste, wenn er gleich nach dem Essen aufbrach und sich einen Beobachtungspunkt suchte.

Noch eine Nacht wie die letzte, noch mehr Tage wie die vorigen wollte er nun wirklich nicht mehr haben.

Dann lieber einem unschuldigen Mann, der ihm die Polizei erspart hatte, das Leben schwermachen.
 

Mit einem `Klick´ stellte eine mürrisch aussehende Kellnerin ihm einen Teller hin. Als sie Hidan genauer betrachtete, hellte sich ihr Blick ein wenig auf. Abwartend, ob er vielleicht ein Gespräch beginnen würde, stand sie da.

Hidan bemerkte sie kaum. Stattdessen griff er in sein T-shirt und holte eine Kette mit Anhänger hervor, die sich bei genauerem Hinsehen als eine Art Rosenkranz herausstellte. Er küsste den Anhänger und bewegte die Lippen in einem lautlosen Gebet.
 

Die Kellnerin drehte rasch ab - sowas war ihr definitiv nicht geheuer. Am Ende war der Junge Mann noch so ein religiöser Extremist, der sich in die Luft sprengen wollte! Panisch sah sie sich im Café um.

Zum Glück war der Mann der einzige Gast. Und Terroristen suchten sich doch immer belebte Plätze, richtig? Dann nahm er hier vielleicht seine Henkersmahlzeit zu sich!

Rasch eilte sie ins Hinterzimmer. Sie musste unbedingt ihrer Freundin aus der Bar ein paar Straßen weiter erzählen, dass sie einen waschechten Terroristen in ihrem Café sitzen hatte. Nein, was war das alles aufregend!
 

Währenddessen bekam Hidan rein gar nichts von der jetzt aufgeregt davontrippelnden Kellnerin und ihren Sorgen mit.

Er beendete sein Gebet und aß, was ihm vorgesetzt worden war. Dafür, wie es in diesem Schuppen aussah, schmeckte es gar nicht schlecht. Aber wenn alles lief wie geplant, würde er vielleicht bald bekocht werden...

Nur musste er sicherstellen, dass auch wirklich alles gut ging.

Hoffentlich hatte er noch genug Zeit, sich ein paar schlagfertige Argumente zu überlegen. Sonst würde er wohl einfach improvisieren müssen.
 

Wie sich herausstellte, bekam er genug Zeit.

Massig davon. Inzwischen war es fast zehn Uhr abends, und seit mehr als sieben Stunden hatte sich nichts Interessantes getan. Hidans Beine waren steif vom vielen Stehen, seine Laune war auf dem Tiefpunkt angekommen.

Zu lange sitzen war nicht drin gewesen bei den Temperaturen. Außerdem war es ihm unangenehm, wie ein Penner zu wirken. Möglicherweise hätte man ihn vertrieben.

Dafür hatte er Lösungen für die meisten Probleme gefunden, die sein Plan mit sich brachte.

In einem Punkt hatte sich die Warterei auf jeden Fall schon gelohnt: Vor zwei Stunden war ein Lastwagen mit dem Logo einer Sicherheitsfirma vorgefahren. Offensichtlich war er gekommen, um die Überwachungsbänder in ein Archiv zu bringen, denn die beiden Männer, die aus dem Wagen gestiegen und hinter dem Gebäude verschwunden waren, waren wenig später mit Kisten voller Videobänder wieder auf.
 

Jetzt waren die Beweise für sein Eindringen gesichert. Der Wachmann würde das Band nicht mehr zerstören und somit die Freilassaktion verleugnen können. Eine Sorge weniger.

Nur wäre es ganz nett, wenn der Kerl jetzt endlich mal hier antanzen würde. Hoffentlich hatte der überhaupt schon Schicht. Hidan hatte wenig Lust, die gesamte Nacht hier zu verbringen.
 

Als hinter ihm das Geräusch eines Motors erklang, drückte er sich weiter in den Schatten und wartete ab. Tatsächlich fuhr das Auto kurz darauf an ihm vorbei auf den ausgeschilderten Parkplatz für Angestellte. Jetzt kam es darauf an: Wenn sein Opfer ausstieg, hieß das, er hatte noch eine lange, lange Nacht vor sich. Wenn nicht, bestand die Chance, dass besagtes Opfer gleich Schichtende hatte.

Gebannt starrte Hidan auf die sich öffnende Tür des Wagens, der auf einem der Plätze zum Stehen gekommen war. Bei den Lichtverhältnissen war es schwer, Genaues zu erkennen: Eine breitschultrige Gestalt. Es passte, aber Sicherheitspersonal war auch eher selten schmächtig.

Abwarten.

Die Gestalt schien mit jemandem im Wageninneren zu sprechen. Schließlich warf der Unbekannte die Autotür ins Schloss und trat in das Licht einer Laterne. Hidan atmete erleichtert aus. Dieser Mann hatte viel blassere Haut - sie schien fast bläulich, aber das mochte am Licht liegen -, außerdem stand sein Haar widerspenstig vom Kopf ab.
 

Am Eingang des Parkplatzes bewegte sich Etwas. Ein zweiter Mann erschien, grüßte den ersten kurz. Und tatsächlich war der zweite Mann der, auf den Hidan gewartet hatte.
 

Scheiße. So wie es aussah, konnte er ihn nicht alleine abpassen. Egal. Die ganze Warterei sollte nicht umsonst gewesen sein. Sich von der Mauer, an der er gelehnt hatte, abstoßend, die Hände in den Taschen vergraben, machte der junge Mann sich bereit für die Konfrontation.
 

Der Verlauf des Tages hatte nicht wirklich dazu beigetragen, Kakuzus ohnehin schon miese Laune zu verbessern. Vielmehr war er immer weiter zum absoluten Scheißtag mutiert.

Irgendein bescheuerter Kunde hatte auf einem der Gänge geraucht und damit den Feueralarm sowie die Sprinkleranlage ausgelöst. Die Jungs vom Videoarchiv waren da gewesen, und scheinbar war er der Einzige, der Zeit hatte, ihnen die Bänder auszuhändigen und anschließend sämtliche Aufzeichnungsgeräte mit neuen zu versorgen.

Zu allem Überfluss war Deidara, dem jungen Portier, langweilig. Das hieß, dass Kakuzu sich ständig sein Gequatsche über das - nur für Dienstgespräche bestimmte - Funkgerät anhören musste. Der verrückte Kerl verdächtigte den Putzmann, ihn zu beobachten. Und er verkündete gern seine extrem philosophischen Erkenntnisse über Kunst.

Das Ganze wurde durch den nervigen Sprachfehler des Jungen noch unangenehm akzentuiert.
 

Am Ende seiner Schicht war der Wachmann so genervt, dass er vor Erleichtrerung fast aufgeseufzt hätte, als Kisames Wagen vorfuhr.

Oh Freude.

Jetzt nach Hause, umziehen, dann zum Elektroladen. Eine neue Kaffeemaschine besorgen und ab ins Bett. Diesen absolut beschissenen Tag beenden.

Rasch erhob sich Kakuzu aus seinem Drehstuhl und überquerte den Parkplatz. Kisame war schon aus dem Wagen gestiegen und unterhielt sich mit dem Fahrer.

Kakuzu konnte nichts erkennen, aber er vermutete, dass es Itachi war. Die wildesten Gerüchte kursierten darüber, warum die beiden ungliechen Männer sich eine Wohnung teilten. Deidara wusste es wahrscheinlich, die kleine Tratschtante.
 

Kakuzu war wenig am Privatleben seines Kollegen interessiert. Sollte der doch machen, was er wollte.

Er grüßte ihn kurz, dann ging er zu seinem Wagen. Bevor er die Tür öffnen konnte, legte sich ihm eine Hand auf die Schulter. Vermutlich Kisame. Kakuzu drehte sich um. Zu seinem Erstaunen war es keineswegs Kisame. Stattdessen sah er in das Gesicht des Möchtegern-Diebes der letzten Nacht. Perplex starrte Kakuzu ihn an. Im Licht der Laternen sah der Typ aus wie die Personifikation des Todes: Bleiche, durchscheinende Haut, dunkle Ringe unter seinen Augen, ein hinterhältiger Ausdruck darin. Der Mann sah müde und krank aus.

Seine Hand lag noch immer auf der Schulter seines Gegenübers. "Hey.", sagte er, ein selbstsicheres Grinsen, das nicht so recht passen wollte, im Gesicht.
 

Kakuzu musste wohl reichlich geschockt ausgesehen haben - was er ja auch war.

Anscheinend sah man ihm das an, denn plötzlich stand Kisame hinter dem Jungen.

"Kennst du den Typen, Kakuzu-san?", fragte Kisame, was gleichzeitig in etwa so viel wie `Wenn nicht, ist es mir eine Freude, ihn zusammenzuschlagen´ hieß.

Und so gern Kakuzu ihm den Gefallen getan hätte - jetzt eine Prügelei und einen Schwerverletzten konnte er nicht brauchen. Und wenn Kisame zuschlug, dann GAB es Schwerverletzte.

Er würde sich einfach anhören, was dieser kleine Trottel, der jetzt neugierig und unverhohlen Kisames blaue Haut anstarrte, zu sagen hatte. Eventuell wollte er ihn sogar belohnen.
 

"Ja, ich kenne ihn. Kein Grund zur Sorge, Kisame-san." Kakuzu blickte seinen Kollegen über den Kopf des Jungen hinweg an.

"Dann ist ja gut. Ich bin dann mal weg. Einen angenehmen Abend wünsche ich." Kisame grinste ein spitzzahniges Grinsen.

"Danke, dir auch."
 

Gerade fuhr der Wagen, in dem Kisame gekommen war, wieder auf die Straße. Als auch Kisame schließlich verschwunden war, wandte Kakuzu sich an den Mann vor ihm, der ihm nun schweigend gegenüberstand.

"Was zur Hölle machst du hier? Es ist eine verdammt beschissene Idee, dich blicken zu lassen, wo du gestern so viel Glück hattest, hier rauszukommen. Wenn du deinen Arsch nicht gleich wegbewegst, bring ich dich doch noch zur Polizei.", drohte er.
 

Der Kerl vor ihm wirkte keineswegs eingeschüchtert, fast als hätte er sowas erwartet.

"Das würde ich mir an deiner Stelle zweimal überlegen.", sagte er spöttisch.

Das verhieß nichts Gutes. Der Mistkerl hatte irgendwas vor.

Skeptisch fragte Kakuzu: "Und warum, wenn die Frage erlaubt ist?"

"Naja...", der Dieb steckte die Hände in die Taschen seiner Jacke, "...ich glaube nicht, dass dein Arbeitgeber so begeistert wäre, zu erfahren, dass du Verbrecher einfach so laufen lässt."

"Das würde er nicht erfahren."

"Doch. Weil ich es ihm sagen werde."

"Ach ja? Erstens könntest du ihm das gar nicht mitteilen - wie auch -, und zweitens würde dir niemand glauben."

"Ich hätte keinen Grund zu lügen. Und dann sind da noch diese äußerst aussagekräftigen Videobänder..."

"...Auf denen man nur sieht, wie ich dich um eine Ecke jage. Von der Freilass-Aktion ist nichts zu sehen."

"Und doch stehe ich hier, frei wie ein Vogel." Hidan grinste triumphierend. "Die Bullen sind ja nun nicht ganz blöd, mein Freund. Wenn du mich also heute hinbringst und sagst, ich hätte heute versucht, ein Auto zu klauen, und ich sage, dass das gestern war, dann gucken sie die Videos durch. Und dann erzähl ich denen die ganze reizende Geschichte von deinem Edelmut. Und die Bullen erzählen das dann wiederum deinem Boss."
 

Scheiße. ScheißeScheißeScheiße. Scheiße! Dieser kleine Bastard!

Das hatte man davon, wenn man Gnade vor Recht ergehen ließ. Gut, theoretisch hatte er den Typen freigelassen, um sich selbst Ärger zu ersparen, aber egal.

Kakuzu dachte nach.

"Und wenn ich einfach die Aufnahmen vernichte?"

Hidan lachte auf. "Das zieht nicht, Mann. Die Dinger sind längst im Archiv. Ich bezweifle stark, dass du da rankommst."

Es wurde immer schlimmer. Woher wusste der das? Und vor allem, was bezweckte er mit dem ganzen Scheiß, den er hier abzog? Warum war er hier?

Kakuzu musste sich zusammenreißen, um diesen arrogant grinsenden Idioten nicht zusammenzuschlagen.

"Was willst du von mir?", fragte er, ohne seine Aggression zu verbergen.

Offenbar war seinem Gegenüber diese Frage unangenehm. "...Ähm. Eh, ich würde sagen, das besprechen wir anderswo."

Bitte nicht. Was sollte das jetzt schon wieder?

"Und wo bitte?", schnaubte Kakuzu ungehalten.
 

Fast entschuldigend zuckte Hidan mit den Schultern.

"Hey Mann, ich weiß, du hast keinen Bock auf das hier. Ich auch nicht. Also schlage ich vor, du fährst einfach zu dir nach Hause und wir regeln das im Auto, okay?"

Damit stand eins fest - dieser Mann war eindeutig wahnsinnig. Alles in Kakuzu widerstrebte dem Gedanken, mit einem Kerl wie diesem in seinem Auto zu seiner Wohnung zu fahren -

aber dummerweise wäre es sehr, sehr schlecht für ihn, wenn er seinen Job verlieren würde. Wütend starrte er den Mann vor sich an.

"Gut.", sagte er zögernd. "Aber du hast keine Ahnung, wo ich wohne. Was willst du in einer Gegend, von der du keine Ahnung hast?"

Hidan schien plötzlich wieder selbstsicher."Das lass mal meine Sorge sein. Und jetzt komm, es ist arschkalt hier."
 

Wie auf Kommando kam ein kalter Windstoß und brachte ihn zum Zittern. Immer noch skeptisch drehte Kakuzu sich um und stieg in sein Auto. Er startete den Motor und schaltete die Wagenheizung ein - es war wirklich ziemlich kalt. Hidan kletterte auf den Beifahrersitz und zog die Tür mit einem Knallen hinter sich zu. Er machte sich nicht die Mühe, den Sicherheitsgurt zu schließen, sondern schlang vielmehr die Arme um sich, während Kakuzu rückwärts ausparkte, den Parkplatz verließ und auf die Straße fuhr.
 

Nach einigen Minuten stummen Fahrens wurde es endlich einigermaßen warm im Wagen. Die Stille zwischen den beiden Insassen wurde durch das Dröhnen des Motors noch untermalt.

Am liebsten wäre Hidan unruhig auf seinem Sitz herumgerutscht. Die ganze Situation war ihm unangenehm, aber er zwang sich, still sitzen zu bleiben.

Sein Plan kam ihm immer absurder, immer unausführbarer vor. Obwohl er den Mann neben sich in der Hand hatte, konnte er ihm nicht einfach ins Gesicht sagen, dass er von nun an bei ihm wohnen wollte.
 

Wie war er überhaupt darauf gekommen, diesen bescheuerten Plan durchzuführen?
 

Ach ja. Ihm war ja nichts Anderes übrig geblieben.

Er hielt sich davon ab, an irgendwas herumzufummeln und hielt stattdessen die Hände ruhig. Eine Taktik, er brauchte eine Taktik. Einen schlauen Gesprächsaufhänger.

Aber ihm war während sieben Stunden warten nichts eingefallen, woher sollte er jetzt noch einen Geistesblitz bekommen?

Der Wachmann neben ihm begann zu sprechen.

Sein Blick war immer noch fest auf die Straße gerichtet, als weigere er sich, Hidan noch mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.

"Wenn du jetzt wohl die Freundlichkeit besitzen würdest, mir zu sagen, was du eigentlich von mir willst..." Er klang gereizt.

Wie sagte man einem völlig Fremden, dass man bei ihm wohnen wollte? Hidan würde am Anfang beginnen müssen. Aber erst sollte diesem Kerl seine Position bewusst werden.
 

"Also,", begann Hidan."Nur, damit das klar ist: Ich habe es in der Hand, ob du deinen Job behältst oder verlierst. Wenn ich auspacke, bist du geliefert."

Das war deutlich.

"Komm zum Punkt.", knurrte Kakuzu.

"Wie du dir vielleicht denken kannst", fuhr Hidan mit dem Hauch eines Grinsens fort, "bin ich zurzeit ohne feste Arbeitsstelle und daher auch ziemlich knapp bei Kasse."

Der Wachmann warf ihm einen kurzen, aggressiven Blick zu, bevor er den Kopf wieder zur Straße wandte.

"Wenn du Geld willst, vergiss es. Ich habe nicht genug, um dir irgendwas abgeben zu können."

"Ich wil auch kein Geld von dir. Es ist so: Ich hab wirklich keinen Bock mehr auf Diebstahl und den ganzen Kram. Aber weil ich kein Geld hab, hab ich auch keine Wohnung. Und ohne Wohnsitz gibt mir niemand einen Job. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als zu klauen."

"Schonmal was von staatlicher Hilfe gehört? Obdachlosenheim? Armenküche? Klingelts da?"

"...Dafür bin ich zu stolz." Solche Einrichtungen in Anspruch zu nehmen wäre wie sich selbst einzugestehen, dass er es alleine nicht hinbekam. Und das würde er ganz bestimmt nicht tun.

"Ich bin nicht so der konventionelle Typ. Und bevor ich Vater Staat auf der Tasche liege, versuch ich lieber, anders klarzukommen.", wich Hidan aus.

"Hör endlich auf, um die Sache herumzureden und sag endlich, was das Ganze mit mir zu tun hat.", sagte Kakuzu.
 

Er wollte nicht mit diesem Punk, Penner, oder was er sonst war, reden. Er wollte ihn nur loswerden und in seine Wohnung zurück.
 

"Lass mich bei dir wohnen, bis ich Arbeit gefunden habe und mir selber eine Wohnung leisten kann."
 

Einen Moment lang war es still, und Kakuzu versuchte zu begreifen, was dieser Verrückte da gerade gesagt hatte.

"Bitte was?", presste er hervor.

"Lass mich bei dir wohnen, bis ich mir eine eigene Bleibe mieten kann. War das nicht deutlich genug für dich?"

"Du bist doch völlig wahnsinnig, Junge. Ganz abgesehen davon, dasss du bei einem Fremden, über den du nichts weißt, wohnen willst - ich würde dich nie auch nur in meine Wohnung hineinlassen."

Hidan sah ihn wütend an. Dieser Kerl behandelte ihn wie ein Kleinkind.

"Wenn du deinen Job behalten willst, wirst du mich lassen müssen. Wenn nicht, verpfeif ich dich.", zischte er.

"Tust du nicht." Kakuzus Ton war hart und spöttisch. "Die Polizei würde dich festnehmen. So blöd kannst du nicht sein."

Hidan stieß die Luft aus. "Oho, sie nehmen mich fest. U-Haft, Anklage wegen versuchten schweren Diebstahls. Dann bekomm ich ne Bewährungsstrafe und das wars dann. Selbst wenn sie mich einlochen: Hab ich zumindest ne Zeit lang alle Sorgen los. Verpflegung und ein Dach über dem Kopf - was will man mehr?" Er zuckte mit den Schultern, während Kakuzu immer mehr um Fassung rang.

Der Mann neben ihm schien komplett irre zu sein. Oder sehr, sehr verzweifelt. Der würde es glatt fertigbringen, sie beide ans Messer zu liefern.
 

Er musste versuchen, ihn irgendwie anders umzustimmen.

"Ich könnte ein gefährlicher Irrer sein. Ich könnte dich umbringen oder zusammenschlagen und einsperren.", warf er ein.

Dummerweise zog das offenbar nicht, denn Hidan grinste ihn nur verwegen an. "No risk, no fun.", sagte er.

Wie Kakuzu es sich gedacht hatte: komplett irre. Der würde nicht locker lassen, bis er ihn einziehen ließ. Dieser Gedanke behagte ihm gar nicht.

Ein aufmüpfiger Verbrecher, der bei ihm einzog - so weit kam es noch. Er war kein geselliger Mensch. Es würden nur Nachteile beiderseits entstehen. Allerdings war das dem kleinen Schmarotzer neben ihm offenbar nicht klar. Nun, dann würde er es ihm eben klar machen. Ein, zwei Tage und Nächte bei ihm in der Wohnung, und der Junge würde freiwillig die Biege machen. So lange musste er wohl oder übel mit ihm zurechtkommen - oder besser nicht zurechtkommen, dachte Kakuzu grimmig.
 

Er lenkte den Wagen auf den Parkplatz eines Hochhauskomplexes. Als das Geräusch des Motors verklungen war, breitete sich eine unangenehme Stille aus. Eine Weile starrte Kakuzu durch die Frontscheibe in die Dunkelheit. Hidan räusperte sich.

"Ich hoff ´ jetzt einfach mal, dass du hier wohnst und mich nicht hergebracht hast, um deine Drohung wahr zu machen. Also, was ist?" , sagte er, den Blick auf Kakuzu gerichtet.

Der drehte den Kopf und sah ihn missbilligend an. "Schätze, ich habe keine Wahl." Damit stieg er aus dem Auto. Hidan beeilte sich, ihm zu folgen.
 

Er musste sich verkneifen, erleichtert zu seufzen. Sein verrückter Plan hatte funktioniert. Tatsächlich funktioniert. Jetzt konnte er neu anfangen. Jetzt konnte er einen Job suchen. Jetzt würde er sein Leben wieder auf die Reihe kriegen.

Jetzt...folgte er einem völlig Fremden, der ihn aller Wahrscheinlichkeit nach hasste, in seine Wohnung. Ohne irgendeine Art von Absicherung. Ohne Waffe. Ohne Alternative.

Wenn er so darüber nachdachte, war es gar nicht mal so abwegeig, dass er in der Tat wahnsinnig war.

Kurz überlegt Hidan, einen Rückzieher zu machen. Da wurde ihm wieder die beißende Kälte der Herbstnacht und sein eklatanter Mangel an anderen Schlafplätzen bewusst.

Also trabte er eilig auf seinen neuen Mitbewohner zu, der bereits die Tür zum Treppenhaus aufschloss.
 

"Wohnst du weit oben?", fragte Hidan, als er hinter kakuzu die Treppe hinaufstieg.

"Ziemlich.", antwortete der.

"Warum nehmen wir dann nicht den Aufzug?"

"Der ist außer Betrieb. Und er stinkt nach Pisse."

"Oh."
 

Einen Treppenabsatz weiter fiel Hidan etwas ein.

"Ehm, ach ja...", begann er. "Wegen deiner Familie. Sag ihnen, ich bin der kleine Bruder von einem Schulfreund oder so. Und meine Wohnung ist abgebrannt. Und der Schulfreund konnte mich nicht aufnehmen, weil er fünf Kinder hat und keinen Platz mehr."

Kakuzu blieb vor einer Tür stehen und machte Anstalten, sie aufzuschließen.

"Das ist die dümmste Ausrede der Welt.", sagte er. "Gut, dass wir sie nicht benutzen müssen. Ich habe keine Familie, um die wir uns Gedanken machen müssten."

Er öffnete die Tür und trat in einen schmalen Flur.

"Zieh die Schuhe aus.", wies Kakuzu an. Brav leistete Hidan Folge. Dann führte Kakuzu ihn ins Wohnzimmer.

"Du kannst da auf der Couch schlafen. Weck mich nicht, fass nichts an ohne zu fragen und halt gefälligst die Klappe."

Gerade wollte Hidan zu einer bissigen Erwiderung ansetzen, da besann er sich eines besseren und nickte stattdessen. Er konnte dem Bastard nicht verdenken, dass er so verdammt unhöflich war.
 

Als Kakuzu, ohne ihn noch eines Blickes zu würdigen, zu seinem Bett ging und sich auszuziehen begann, tat Hidan es ihm nach. An seiner Kleidung und den Haaren klebte noch immer die Feuchtigkeit der Nacht.

Schließlich stand er in T-shirt und Boxershorts im Zimmer, während sich sein Mitbewohner noch der Uniform entledigte.

"Ich kann nicht zufällig eine Decke bekommen?", fragte Hidan. Er erntete einen bösen Blick. Dann zog Kakuzu einen Kasten unter dem Bett hervor, nahm eine Decke und ein Kissen heraus und warf beides Hidan zu. Der drapierte sie auf dem Sofa und kniete sich daneben.

Er faltete die Hände um seinen Rosenkranz, schloss die Augen und begann lautlos zu beten.

Kakuzu beäugte ihn misstrauisch. Ungewollt neugierig trat er neben das Sofa.

"Was machst du da?"
 

Ärgerlich öffnete Hidan die Augen. Er hasste es, unterbrochen zu werden.

"Ich bete, Mann. Ziemlich offensichtlich eigentlich."

"Nicht wirklich jetzt?" Das hatte gerade noch gefehlt. Erst ein Dieb und Erpresser, jetzt ein Religionsclown? Jedenfalls schien er merklich verstimmt.

"Was ist denn daran so abwegig?", fauchte er. "Hast du ein Problem damit?"

"Allerdings. Religion ist für schwache Idioten, die nicht alleine klarkommen.", spottete Kakuzu.

"Meine nicht.", erwiderte Hidan. Er war aufgestanden und starrte sein Gegenüber wütend an.

Kakuzu ließ sich davon nicht beeindrucken. "Da gibt es keine Ausnahmen. Glaube ist irrelevant."

"Sag das nochmal, wenn dich Lord Jashins Zorn am Tag der Rache trifft, eingebildeter Ungläubiger." Hidan wirkte ein wenig wie ein fanatischer Priester.

"Wer keine Angst vorm Teufel hat, braucht auch keinen Gott[1]. Und wenn es etwas wie deinen Lord Waschi-" "Jashin!", warf Hidan dazwischen, der immer wütender wurde.

" - oder einen `Tag der Rache´ tatsächlich gibt - was nicht der Fall ist - dann hab ich kein Problem damit, mir den Weg in den Himmel zu kaufen.

"ALS OB - " Hidan brach ab. Eine Diskussion mit diesem gottlosen Arsch hätte keinen Sinn. Er konnte ihn später bekehren.

Sich gleich am ersten Abend so mit ihm anzulegen, wäre vielleicht nicht das Klügste.
 

Also: abrupter Themenwechsel.
 

"Wie kommt es eigentlich, dass du hier alleine wohnst? Will deine Freundin nicht einziehen?"

Verwirrt über die 180°-Wende antwortete Kakuzu: "Ich habe keine Freundin.Was- "

"Aah, dann bist du geschieden. Hat sie die Kinder bekommen?"

"Kinder? Mein Privatleben- "

"Dann hatte sie es auf Geld abgesehen? Lass mich raten- "

" -geht dich einen feuchten Scheißdreck an!"

" -ihr hattet keinen Ehevertrag, sie hat dir die große Liebe vorgegaukelt und dich dann abegzockt."

Kakuzu kochte. Was fiel einem dämlichen Verbrecher wie dem ein, Vermutungen über sein Privatleben anzustellen?

"Hör mal zu, du beschissener kleiner..."

"Was, über meinen Glauben herziehen und dann bei ein paar harmlosen kleinen Fragen durchdrehen? Du Armer... Muss wohl ein tiefliegendes Trauma sein."
 

Kakuzu riss endgültig der Geduldsfaden.

Mit einer Hand packte er Hidan an der Vorderseite seines T-shirts, mit dem Zeigefinger der anderen deutete er auf die Narben in seinem Gesicht.

"Siehst du die hier?", zischte er.

"Übersehen kann man sie ja schlecht."

Das brachte Kakuzu kurz aus dem Konzept, aber er fasste sich schnell wieder.

"Die Dinger hab ich am ganzen Körper. Ich brauche keine verdammte Beziehung, ich war nie verheiratet und habe keine Kinder. Klar?"
 

"Klar. Jetzt lass mich los. Oder ist es mein Problem, dass du wegen den paar Kratzern Minderwertigkeitskomplexe hast?"
 

Kakuzu holte mit der Faust aus und wollte Hidan ins Gesicht schlagen. Der entriss sich seinem Griff und wich einen Schritt nach hinten, nur um gleich darauf Kakuzus Fuß im Bauch zu haben. Er ächzte, aber der Schmerz hielt sich in Grenzen. Da tacklete Kakuzu ihn um, er fiel zu Boden, konnte seinen Kontrahenten aber im Fall mit sich ziehen und erwischte ihn mit dem Knie am Kinn. Hidan rappelte sich auf, doch bevor er ganz stand, zog Kakuzu ihm die Beine weg. Seine Kniekehlen kollabierten mit der Seitenlehne des Sofas. Er knickte nach hinten weg und landete mit dem Rücken auf der Couch, nur die untere Hälfte der Beine und die Füße ragten über die Armlehne.
 

Kakuzu kam wieder auf die Beine. Er sah Hidan von oben herab an. Beide atmeten schwer.

Dann fing Hidan haltlos zu lachen an.

"Oh man...", presste er hervor. "Vielleicht bist du nicht so scheiße, wie wie ich am Anfang dachte."

Kakuzu starrte ihn an. Verwirrt und Frustriert drehte er sich schließlich um und ging zu seinem Bett.

"Schlaf jetzt.", sagte er, ohne Hidan anzusehen. "Wir regeln das morgen."

Er stieg ins Bett und beobachtete, wie Hidan auf dem Sofa herumrutschte. Schließlich konnte er gerade noch ein wenig silbriges Haar sehen, dass auf dem Kissen über der Armlehne ruhte.
 

Was hatte er sich da bloß eingebrockt?

Heute war vermutlich der beschissenste Tag in seinem ganzen Leben. Und er bezweifelte, dass es morgen rosiger aussehen würde. Trotzdem wollte er gerade einfach nur schlafen.

"Scheißtag.", dachte er noch.

"Verdammter Scheißtag."
 

-
 

A/N] Yay. Es ist lang. Für meine Maßstäbe. Und es kommt Kisame drin vor. Ich mag den :D
 

[1] Wer mir sagt, woher dieses Zitat stammt, darf sich einen von drei fantastischen Preisen aussuchen ;)
 

Kampfszenen-fail D:

Gibt mir jemand Tips?
 

Die Autorin möchte darauf hinweisen, dass die Äußerungen und Handlungen der Personen keinesfalls ihrer eigenen Meinung/Moralvorstellung entsprechen.

[ Soll heißen : Bitte meckert später nicht rum, ich hätte gesagt, rauchen/Verbrecher sein/ sich prügeln/die eigene Sicherheit vernachlässgen wäre in irgendeiner Art und Weise toll oder erstrebenswert oder Religion überflüssiger Scheiß für schwache Menschen. Das ist nicht meine Meinung und auch nicht meine Art und Weise, sich zu verhalten. *Wrestlingtussi-Stimme* Please, DON´T try this. ]

Ach, sie suchen Streit?

Hidan öffnete die Augen. Rings um ihn herrschte graues Dämmerlicht.

Er schloss die Augen wieder, um sich auf seine Umgebung zu konzentrieren. Im Zimmer war es warm, aber nicht stickig. Offenbar lag er unter einer Decke auf einem Sofa.

Von irgendwo her kam ein schwaches Ticken, vermutlich von einer Uhr.

Einen Moment lang glaubte Hidan, allein im Raum zu sein. Aber als er sich aufsetzte und über die Rückenlehne des Sofas blickte, sah er den breiten Rücken seines Mitbewohners, der noch zu schlafen schien.
 

Der Typ hatte einen ordentlichen Schlag drauf, daran erinnerte er sich von ihrer kleinen Meinungsverschiedenheit. Um den Namen wieder auf die Reihe zu bekommen, brauchte er etwas länger. Zwar hatte der Wachmann selbst ihn nicht erwähnt, aber der Blaue vom Parkplatz gestern hatte ihn Kakuzu genannt.

Kakuzu also. Er bezweifelte, dass der Mann sich noch an seinen Namen erinnern konnte. Er würde sich bei Gelegenheit angemessen vorstellen. Jetzt aber hatte er erst einmal Hunger. Seit gestern Mittag hatte er nichts mehr gegessen.
 

Er bemühte sich, leise zu sein, als er aufstand und einige frische Kleidungsstücke aus seiner Tasche zu holen, um sich anzuziehen. Dann verließ er den Raum auf leisen Sohlen.

Das gegenüberliegende Zimmer schien die Küche zu sein. Der Kühlschrank offenbarte nur gähnende Leere, aber zum Glück hatte Hidan ja noch das Froschportemonnaie des Jungen von gestern. Er würde einfach die nächstbeste Bäckerei aufsuchen und Frühstück kaufen.

Nachdem er sich vergewissert hatte, dass das Geld noch in seiner Hosentasche steckte, ging er zur Wohnungstür.

Sie war verschlossen, aber der Schlüssel hing gleich daneben an einem Schlüsselbrett, ebenso wie der Schlüssel zum Treppenhaus. Hidan schloss die Tür auf und steckte beide Schlüssel ein.
 

Auf dem Weg nach unten dachte er noch, dass er gerade eine der drei Grundregeln gebrochen hatte – nichts anfassen, ohne zu fragen.

Na, egal. Gut gelaunt verließ Hidan das Haus und ging über den Parkplatz zur Straße. Der Himmel war dicht bewölkt, aber es schien trocken zu bleiben. Die Autos brummten auf den vollen Straßen. Berufsverkehr, also konnte es noch nicht sehr spät sein. Fußgänger bevölkerten die Wege, und einer konnte Hidan den Weg zu einer Bäckerei weisen.
 

„Da vorne über die Ampel, links in die Straße einbiegen und dann einfach geradeaus, irgendwo auf der linken Straßenseite ist es. Die machen die besten Croissants der ganzen Stadt!“ , sagte der Mann mit einem freundlichen Lächeln.
 

Tatsächlich fand Hidan den Weg ohne Probleme. In der Bäckerei war es angenehm warm und es roch nach Kaffee. Der Laden war relativ leer und eine junge Verkäuferin strahlte Hidan an.

„Was darf es denn sein, der Herr?“

Hidan überlegte. Sollte er Kakuzu etwas mitbringen? Er entschied, dass er es verdient hätte. Immerhin verdankte Hidan ihm seine zweite Chance.

„Zwei Kaffee, schwarz. Und vier Croissants. Zum Mitnehmen, bitte.“

Die Verkäuferin lächelte ihn an und drückte ihm eine Tüte mit Croissants in die Hand.

„Ihr Kaffee kommt sofort.“
 

Abwartend sah sich Hidan im Laden um. Laut der Uhr an der Wand hinter dem Tresen war es kurz nach acht. Er schlief selten so lange. Und gut geschlafen hatte er auch.

Wenn dieser Kakuzu sich mit der Situation abgefunden hatte, könnte sich das ganze zu einer angenehmen Zweckgemeinschaft entwickeln. Gut, die besten Freunde würden sie wohl nicht werden, aber das musste nun wirklich nicht sein. Obwohl Kakuzu interessant schien. Ein wenig verbohrt vielleicht, aber mit einer unterschwelligen Aggressivität und einem Temperament, das Hidan neugierig machte.

Langeweile würde er mit diesem Hausherrn auf jeden Fall nicht befürchten müssen.
 

Die Verkäuferin stellte zwei mit Plastikdeckeln verschlossene Pappbecher auf dem Tresen ab. Hidan zahlte und ging. Er mochte den Laden. Aber hoffentlich kaufte dieser Kakuzu trotzdem bald mal ein. Wo war der Witz an einer Wohnung, wenn man ständig auswärts aß?
 

Als Hidan die Stufen des Treppenhauses hochstieg, keimte eine leise Unruhe in ihm auf. Sollte er hoffen, das Kakuzu noch schlief, oder das er wach war? Möglicherweise war es doch nicht das Klügste gewesen, gleich am ersten Tag so eigenmächtig zu handeln.

Blieb nur zu hoffen, dass der Anblick von frischem Kaffee und Croissants ihm größere Konsequenzen ersparen würde. Der Mistkerl sollte sich nicht so anstellen, wenn er ihm schon was mitbrachte – schließlich machte er das hier nicht aus Spaß an der Freude.
 

Ein leises Geräusch ließ Kakuzu aus dem Schlaf schrecken. Noch leicht benommen sah er sich im Raum um, konnte aber nichts entdecken, was das Geräusch verursacht haben konnte.

Sein Blick streifte das Sofa.Und plötzlich fluteten die Erinnerungen der letzten Nacht in sein Gehirn zurück.

Scheiße.

Irgendein krimineller Penner schlief auf seinem Sofa.

Kakuzu stand auf. Er wollte herausfinden, ob eventuell der Mann auf dem Sofa das Geräusch gemacht hatte. Also ging er hin und warf einen Blich über die Rückenlehne.

Nur eine leere, verkrumpelte Decke. Das Kissen lag auf dem Boden. Vielleicht war er im Bad. Das Geräusch könnte die Badezimmertür gewesen sein. Normalerweise wäre das Geräusch zu leise, um jemanden zu wecken, aber Kakuzus an die Stille gewöhnte Ohren waren empfindlich.
 

Kakuzu beschloss, abzuwarten. Er zog sich erstmal an und machte sein Bett.

Als auch dann nichts von seinem Mitbewohner zu sehen war, ging er nachsehen. Aus dem Bad drang kein Laut. Auch nach Klopfen und Rufen kam keine Antwort.

Kakuzu öffnete die Tür. Der Raum war leer. Wo steckte der verdammte Kerl?

Mit einer dunklen Vorahnung eilte Kakuzu zur Haustür. Der Schlüssel für die Tür und für das Treppenhaus hingen nicht mehr an ihrem Platz. Was war er auch für ein Idiot, dass er die Schlüssel nicht sicher weggepackt hatte? Wütend trat er gegen die Wand.
 

Es half nicht. Kochend vor Wut stampfte er ins Wohnzimmer. Was fiel diesem dreckigen kleinen Dieb ein? Er hatte seine Schlüssel geklaut! Was stellte er damit an? Würde er zurückkommen?

Um sich davon abzuhalten, durch die Gegend zu tigern, setzte er sich mit fest verschränkten Armen auf das Bett und lehnte den Kopf gegen die Wand. Die Augen hielt er geschlossen, bereits spürend, wie er Kopfschmerzen bekam.
 

Er wusste, es war ein Fehler gewesen. Natürlich machte so jemand Ärger. Was immer der Dieb mit den Schlüssen vorhatte, es war garantiert nichts Gutes.

Allerdings verstand Kakuzu das Motiv hinter der ganzen Sache nicht. Dem Mann musste doch klar sein, dass er es sich jetzt endgültig verscherzt hatte. Warum machte er den Aufstand, sich bei ihm einzunisten und ihn zu erpressen, nur, um ihm die Schlüssel zu klauen? Sie nachmachen lassen und einbrechen?

Hier gab es nichts zu holen, das müsste er doch gemerkt haben. Es ergab keinen Sinn: Dieser Typ ergab keinen Sinn. Allein sein Verhalten vom Vorhaben war voller Widersprüche gewesen. Ein religiöser Dieb ohne Manieren mit großer Klappe.

Und fast schon beunruhigend direkt. Kakuzu erinnerte sich daran, wie er ihn zum schweigen bringen wollte. Er hatte ihn auf seine Entstelltheit angesprochen – das ließ normalerweise jeden verstummen.
 

Aber diese kleine Ratte hatte sich nicht einschüchtern lassen. Vielmehr hatte sie es gewagt, ihm Minderwertigkeitskomplexe zu unterstellen.

Diese unverschämte Art machte Kakuzu wütend. Und aus der gleichen Wut heraus hatte er dann auch zugeschlagen – und hier war der nächste Widerspruch.

Erst prügelte der Mann sich todernst mit ihm, dann bekam er einen Lachanfall und machte ihm so was wie ein Kompliment.
 

Nur würde sich den Kopf zerbrechen auch nichts bringen. Trotzdem beschäftigte ihn der Dieb gegen seinen Willen. Hah, er wusste noch nicht mal seinen Namen. Nur den Falschen, den er ihm bei ihrer ersten Begegnung abgerungen hatte. Hidan.

Und er hatte schon gedacht, ihn nie mehr wiedersehen zu müssen.

Da kam aus dem Flur plötzlich ein wohlbekanntes Geräusch: Das Klicken des Schlüssels. Sofort sprang Kakuzu auf und lief in den Flur. Gerade war sein Mitbewohner durch die Tür getreten und hängte die Schlüssel an das Brett zurück.
 

„Du!“, stieß Kakuzu hervor. Hidan drehte den Kopf.

„Oh, hey. Du bist wach.“

„Allerdings.“

„Ähm...Ich hab Frühstück geholt.“

„Was?“
 

Hidan hielt dem Hausherren seine Einkäufe hin.
 

„Dein Kühlschrank war leer, da dachte ich, ich hol Frühstück für uns. Hoffentlich magst du Croissants.“
 

Perplex nahm Kakuzu die Sachen entgegen. Was sollte das jetzt schon wieder? Hatte er sich all seine Sorgen umsonst gemacht?

Der ganze Aufriss für Frühstück. Das verdammt gut roch. Offenbar war das Kaffee in den Bechern. Apropos Kaffee: Er hatte ja noch gar keine neue Maschine gekauft.

Kakuzu ging ins Wohnzimmer und stellte das essen auf dem Couchtisch ab. Dann öffnete er die Tür

zu seinem winzigen Balkon, der eher den Weg zur Feuertreppe darstellte.

Aber jetzt brauchte Kakuzu frische Luft, um seinen Kopf frei zu kriegen. Scheinbar bekam er langsam Paranoia.
 

Natürlich war die Aktion ganz harmlos gewesen. Alles Andere hätte für den Dieb einen Schuss ins eigene Bein bedeutet.

Nachdenklich holte sich Kakuzu seinen Kaffee und ein Croissant und stellte sich auf den Balkon. Es schien, als würde das Wetter aufklaren. In der Wolkendecke klafften schon einige Löcher, durch die das Blau des Himmels schimmerte. Ein leichter Wind wehte.

Kakuzu trat an das Geländer. Hinter ihm kam Hidan auf den Balkon, ebenfalls sein Frühstück in den Händen..
 

„Was dagegen, wenn ich mich dazustelle?“, fragte er.

Kakuzu antwortete nicht. Hidan stellte sich neben ihn.

„Ich hab´ mich gar nicht richtig vorgestellt. Mein Name ist Hidan.“

Er streckte ihm die Hand entgegen. Kakuzu nahm sie nicht.

„Glaubst du, ich bin ein Idiot? Das ist der gleiche falsche Name, den du mir beim ersten Mal gesagt hast.“

Hidan ließ die Hand sinken.

„So heiße ich. Es ist kein falscher Name. War es nie.“

Belustigt warf ihm Kakuzu einen Blick zu.

„Dann bist du dümmer als ich gedacht hatte.“

„...Hidan.“, fügte er nach kurzem Zögern hinzu.

„Dumm? Ich bin grundehrlich.“, sagte derselbige mit Unschuldsmiene.
 

Er setzte sich auf das hüfthohe Tor, das den Zugang zur Feuertreppe versperrte, und trank einen Schluck. Kakuzu fragte sich, woher der Mann die Unbeschwertheit zum Scherzen nahm. Hungrig wie er war, hatte Hidan seine Croissants im Handumdrehen verschlungen. Noch an seinem Kaffee nippend fragte er:
 

„Stört es dich, wenn ich rauche?“

„Solange es nicht Kette ist, nein.“

„Kette kann ich mir gar nicht leisten.“
 

Auch wieder wahr. Während sich Hidan seine Zigarette ansteckte, überlegte Kakuzu, wo wohl das Geld für das Frühstück her war. Da der Dieb wohl kaum über ein gut gefülltes Bankkonto verfügte, war es vermutlich gestohlen. Kakuzu aß sein Croissant auf .

Es war Zeit, diesem Hidan zu zeigen, mit wem er sich angelegt hatte. Der sollte bloß nicht glauben, dass er ihm für ein Frühstück alles vergaß.
 

„Bist du eigentlich bescheuert, dass du so lebst?

Hidan sah überrascht auf.

„Was meinst du?“, fragte er stirnrunzelnd.

„Das hier.“ Kakuzu hielt ihm seinen Kaffeebecher unter die Nase.

„Was musst du für ein Idiot sein, dass du in so eine Situation geraten bist? Von Tag zu Tag leben, ohne Geld, ohne Sicherheit...“

„Eben das ändere ich ja gerade.“, unterbrach ihn Hidan ärgerlich.

Kakuzu sah ihn herablassend an.

„Dumm, dass du es überhaupt soweit kommen lassen hast.“

„Ich bin also dumm? Na, das beruhigt mich. Wenigstens bin ich kein frustrierter, langweiliger Spießer, der unzufrieden mit seinem Leben ist, aber zu feige, um was dran zu ändern.“
 

Du bist viel zu offensichtlich, Großer, dachte Hidan. Das Gerede sollte klar eine Provokation darstellen. Aber dieses Spiel konnte man auch zu zweit spielen.

Während sich Kakuzu drohend vor ihm aufbaute, fuhr Hidan grinsend fort:
 

„Wohl einfach zu lange nicht mehr gefickt, wie?“
 

Das war scheinbar eine Stichelei zu viel. Mit einem wütenden „Was erlaubst du dir?“ versetzte Kakuzu Hidan einen Stoß.

Dummerweise saß der immer noch auf dem Gitter zur Feuertreppe. In der linken Hand hatte er seinen Becher, in der anderen die Zigarette, weshalb er sich nicht rechtzeitig festhalten konnte.

So kippte er mit erschrockenem Gesichtsausdruck rücklings vom Tor, kam mit einem lauten Krachen auf den Stufen auf und überschlug sich.

Becher und Kippe flogen ihm aus der Hand, während er lautstark die Treppe herunter polterte. Zu seinem Glück war die Treppe in Absätze unterteilt, sodass er schließlich mit dem Rücken gegen das Geländer prallte und auf einem Absatz liegen blieb.
 

Nach dem Lärm wog die plötzliche Stille doppelt schwer.

Erstarrt blickte Kakuzu nach unten. Scheiße. Hoffentlich hatte er ihn nicht umgebracht. Eine Leiche im Keller – beziehungsweise auf der Feuertreppe – fehlte ihm gerade noch.

Da vernahm er ein leises Stöhnen. Unsicher, ob er erleichtert oder enttäuscht sein sollte, stieg Kakuzu über das Tor und ging auf den sich jetzt langsam regenden Mann zu. Zwei Stufen über dem Absatz blieb er stehen und sah mit einer Mischung aus Faszination und Abscheu auf das Bild hinab, das sich ihm bot.
 

Hidan hatte es geschafft, sich aufzurichten und den Rücken gegen das Geländer zu lehnen.. Mit dem linken Arm hielt er sich die Brust, mit der rechten Hand war er gerade dabei, etwas unter seinem Shirt hervorzuholen. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen hatte er Schmerzen, aber er hörte nicht auf, bis er es schließlich schaffte, seine Kette herauszuziehen. Sofort entspannte er sich, führte den Anhänger zum Mund, küsste ihn und lächelte dann selig. Seine Lippen formten Worte, die Kakuzu nicht hören konnte.
 

Er stand nur still und starrte. Was tat der Verrückte da?

Für sein letztes Gebet sah er zu lebendig aus. Dankte er seinem Gott, dass er überlebt hatte?
 

Schließlich schien Hidan ihn zu bemerken. Seine Miene verfinsterte sich.

„Du Affe. Das war jetzt wirklich nicht nötig, Arschloch.“

Der Bann war gebrochen. Kakuzu stieg die letzten Stufen hinunter und kniete sich neben den Verletzten.

Der sah ihn misstrauisch an.

„Komm mir nicht zu nahe. Wenn du so was nochmal bringst, verklag ich dich.“
 

Für jemanden, der gerade brutal eine Treppe heruntergeschubst worden war und offensichtlich Schmerzen hatte, klang er reichlich unbeeindruckt. Und definitiv zu versöhnlich der Person gegenüber, die ihm das angetan hatte.

Vielleicht hatte er sich den Kopf angestoßen.

Auf jeden Fall musste er Hidan erstmal wegbringen, bevor ihn irgendwer hier liegen sah.
 

„Wo hast du Schmerzen?“, fragte Kakuzu sicherheitshalber.

„Überall.“

„Wo genau, du Schwachkopf.“

„Ich glaube, du solltest etwas netter zu mir sein, wo du mich gerade fast umgebracht hast.“

„Und ich glaube, du solltest mir sagen, wo du Schmerzen hast, weil ich dich sonst hier verrecken lasse.“

Innerlich schüttelte Kakuzu den Kopf. Musste der Typ ständig Widerworte geben? Zumindest schien er es jetzt einzusehen.

„Wirklich weh tut nur meine rechte Hand und die rechte Seite meiner Brust. Oh, und mein Schädel brummt.“

„Sonst nichts? Keine Schmerzen im Bauch? Spannungsgefühl? Schwindel?“

„...Nein.“

Kakuzu nickte zufrieden. Gut.

„Dann können wir nur hoffen, dass du keine inneren Blutungen hast.“

Das machte es ungefährlicher, den Verletzten zu bewegen. Wenn auch später keine Symptome auftraten, blieb ihnen vielleicht auch ein Besuch im Krankenhaus erspart.

„Kannst du aufstehen?“

„Meine Beine sind in Ordnung. Aber du müsstest mir aufhelfen.“
 

Hidan wunderte sich über die ruhige Professionalität, mit der Kakuzu an die Sache heran ging, obwohl er die Verletzungen verursacht hatte. Keine Spur von Unsicherheit, keine Panik, keine übereilten Schritte. Als wäre er ständig in solchen Situationen. Auch wie er ihn jetzt stützte und ihm die Treppe hoch half wirkte wie tausendmal geübt.

Am Tor zum Balkon zögerte Kakuzu. Das Tor war nach wie vor verschlossen. Zwar könnte er es mit dem Schlüssel zum Treppenhaus öffnen, aber dazu müsste er Hidan, der immer noch reichlich wackelig auf den Beinen war, hier stehen lassen.

Kurzerhand stieg er auf die andere Seite, murmelte „Festhalten.“ und im nächsten Moment hatte er Hidan hoch- und über das Tor gehoben, darauf bedacht, nicht an seine verletzte Seite zu kommen.

Er stellte den überraschten Verletzten rasch wieder ab und half ihm ins Wohnzimmer und auf die Couch.

Mit einem „Rühr´ dich nicht von der Stelle“ verschwand er durch den Flur im Bad.
 

Dort spritzte er sich erstmal etwas kaltes Wasser ins Gesicht und atmete tief durch.

Körper und Gehirn schalteten auf Autopilot, drängten seinen Ärger zurück.

Es wurde gleichgültig, wer der Verletzte war und dass er selbst ihn verletzt hatte. Kakuzu war ganz professionelle Effizienz. Er nahm den Erste-Hilfe-Kasten aus dem Schrank an der Wand und ging zurück ins Wohnzimmer.
 

Hidan saß still da. Er rührte sich auch nicht, als sein Shirt hochgeschoben wurde und Kakuzu seinen Oberkörper betastete. Er bewegte sein Handgelenk nach Kakuzu´s Anweisungen und ließ sich einen Verband mit Armschlinge anlegen.

Erst als Kakuzu ihm mitteilte, er habe sich wohl zwei Rippen geprellt, das Handgelenk verstaucht und eine leichte Gehirnerschütterung, platzte es aus ihm heraus:
 

„Woher weißt du das? Jeder kann so was vermuten, aber du klingst, als ob du es wüsstest! Erst bringst du mich halb um und dann das? Woher kannst du diesen ganzen Kram?“

Er sah so entgeistert aus, dass Kakuzu fast gelacht hätte.

„Man glaubt es kaum, aber Nachtwächter in einem Hotel war nicht immer mein Traumjob. Ich war mal Notarzt.“

„Warum der Berufswechsel?“ Hidan lehnte sich neugierig vor. Kakuzu stand etwas unschlüssig vor der Couch. Eigentlich wollte er nichts erzählen. Andererseits würde Hidan ihn dann wahrscheinlich solange nerven, bis er doch aufgab.

„Der Job war weder so gut bezahlt noch so sicher wie ich dachte.“ Er zuckte mit den Achseln.

„Und so was wie Leidenschaft für deinen Beruf hat dich nicht vom Wechseln abgehalten?“

„Ein Job ist ein Job. Ich bin nicht Arzt geworden um `Menschen zu helfen´ oder irgend so eine rührselige Kacke. Ich konnte Medizin, also hab ich´s studiert und bin Arzt geworden. Das Helfen ist mehr so ein Reflex – du weißt, was du tun musst, also machst du es. Wie wenn was umfällt und du es aufhebst.“

„Ich bin also umgefallen und du hast mich wieder aufgehoben? Na danke.“, sagte Hidan gespielt beleidigt. Er hatte nicht erwartet, dass Kakuzu ihm aus Sympathie geholfen hatte. Spielerisch boxte er ihm vor´s Bein.

„Und wie lange dauert es, bis ich armes umgefallenes Ding wieder ganz heile bin?“

„Genau kann ich das auch nicht sagen. Deine Rippen kommen schon wieder klar, wenn du nicht zu viel rumzappelst. Das Handgelenk könnte länger dauern.“

„Na geil. Wie soll ich da arbeiten?“

Oh Scheiße. Großartig, dachte Kakuzu. Da hatte er sich wirklich selbst ans Bein gepisst. Das er sein Temperament aber auch so verdammt schlecht unter Kontrolle hatte...

Hidan sah ihn verlegen an.

„Dann hast du mich wohl länger an der Backe als ich dachte. Aber hey, meine Schuld ist es nicht.“
 

Die nächsten Stunden verbrachte Hidan damit, die Stellenangebote aller auffindbaren Zeitungen nach Jobs in der Nähe zu durchsuchen. Als er gegen frühen Nachmittag immer noch nicht fündig geworden war, gab er entnervt auf. Wenn man seinem Magen Glauben schenkte, war es längst Essenszeit.

Da der Kühlschrank leer war, hieß das: höchste Zeit, einkaufen zu gehen. Hidan ging in die Küche, um Kakuzu, der sich schon vor einiger Zeit dorthin zurückgezogen hatte, seinen Vorschlag zu unterbreiten. Er fand ihn am Küchentisch sitzend, wie er auf einen Punkt auf der Arbeitsfläche starrte.

Um sich bemerkbar zu machen, klopfte Hidan gegen den Türrahmen. Kakuzu fragte ohne aufzusehen:
 

„Was willst du?“

„Wir sollten einkaufen gehen. Fahren, falls der Supermarkt weit weg ist.“

„Und warum?“

„Erstens ist dein Kühlschrank leer und zweitens will ich mehr Zeitungen kaufen. Wegen der Stellenangebote.“

„Warum sollte ich dich mitnehmen?“

„Willst du mich lieber ganz allein in deiner Wohnung lassen?“ Hidan lächelte zuckersüß.

„Na gut.“
 

Unwillig erhob sich Kakuzu und ging an Hidan vorbei ins Wohnzimmer, während sich Hidan an der Haustür postierte. Als Kakuzu zurück kam, trug er ein Kapuzenshirt. Aber er hätte genau so gut eine Skimaske tragen können, denn an der Kapuze war ein Mundschutz angebracht, der beinahe das gesamte Gesicht verdeckte.
 

„Mann, du siehst aus wie Kenny von South Park.“, begrüßte ihn Hidan. Er legte den Kopf schief. „Oder wie ein Bankräuber.“

Kakuzu ging wortlos zur Tür.
 

Wenig später standen die Beiden vor einem Supermarkt. An einem Freitagnachmittag lief der Laden natürlich fast über mit Menschen, die ihre Wochenendeinkäufe erledigten. Dementsprechend voll war es, als die Männer den Laden betraten. Menschenmengen gehörten nicht zu Kakuzus Lieblingsphänomenen, und er verfluchte Hidan dafür, ihn hergeschleppt zu haben. Allein hätte er es vielleicht geschafft, unterzutauchen und schnell das Nötigste zu besorgen. Aber mit Hidan an seiner Seite...

Nicht nur, dass er einen auffälligen Verband trug, er schien auch keine Gelegenheit auszulassen, Leute anzurempeln oder sie zu beschimpfen, wenn sie ihn anrempelten.

Bald folgten ihnen zahlreiche Blicke durch das Geschäft.
 

In Kakuzu kochte es schon wieder. Hidan, das Gedränge, das Gestarre, alles machte ihn furchtbar aggressiv. Als Hidan schon wieder jemanden anpöbelte, packte er ihn am Kragen und zog ihn in einen weniger belebten Gang. Offenbar den für Nudelgerichte, wie Hidan feststellte, als er grob gegen ein Pastaregal geschubst wurde.
 

„Hey!“, beschwerte er sich, „Ich bin schon Invalide! Wenn du dich prügeln willst, warte wenigstens, bis ich wieder gesund bin!“

Unwillig ließ Kakuzu ihn los.

„Dann hör auf, den ganzen Laden auf uns aufmerksam zu machen. Falls du es nicht bemerkt hast: Die Hälfte der Leute starrt uns an!“

Hidan blieb unbeeindruckt.

„Na und? Außerdem liegt das weniger an mir als daran, dass du aussiehst, als würdest du gleich die Kasse leer räumen. Nimm endlich die dämliche Kapuze ab.“

„Und du glaubst, ohne Kapuze starren die weniger?“
 

Ungläubig sah Hidan ihn an. Er schüttelte den Kopf.

„Du bist ja schlimmer als die Schwulen und die Schwarzen zusammen.“

Seine Stimme klang, als wüsste er nicht, ob er lachen oder weinen sollte.

„Was meinst du damit?“

„Weil Schwule und Schwarze früher diskriminiert werden, denken, sie sie wären heute immer noch benachteiligt. Darum veranstalten sie Black- beziehungsweise Gay-Proud-Paraden und diesen ganzen Mist. Damit, dass sie ständig Angst vor Diskriminierung haben, diskriminieren sie sich selber.“

„Inwiefern hat das mit mir zu tun?“, fragte Kakuzu, der keine Lust hatte, sich von einem Dieb belehren zu lassen.

„Du trägst eine Kapuze, weil du erwartest, dass du schief angeguckt wirst. Dabei ist das dein Problem. Wenn dein Gesicht den Leuten nicht passt, dann haben sie Pech gehabt. Oder bist du so ne kleine Pussy, die losheult, wenn sie schief angeguckt wird?!
 

Hidan klang fast wütend, auch wenn Kakuzu keine Ahnung hatte, warum.

Im Moment fiel ihm auch keine schlagfertige Erwiderung ein.
 

„Die Kapuze bleibt auf. Und jetzt beeil´ dich, ich will vor meiner Schicht heute Abend noch ein paar Stunden pennen.“
 

Auf dem Rückweg zu Kakuzus Wohnung schwiegen die Beiden. Kakuzu hielt zwischendurch noch beim Elektronikladen um eine Kaffeemaschine zu kaufen, ansonsten verlief die Fahrt ereignislos. Zurück in der Wohnung schlug der Hausherr Hidans Angebot aus, beim Verstauen der Einkäufe zu helfen und verbannte den Verletzten zu Ruhe auf dem Sofa.

Er selbst aß noch eine Kleinigkeit, dann stellte er sich den Wecker und legte sich schlafen.
 

Als tiefe, gleichmäßige Atemzüge zu vernehmen waren, verzog Hidan sich in die Küche.

Was für ein Tag.

Seine Verletzungen schmerzten noch immer unverändert, aber er war längst nicht so wütend, wie man hätte erwarten können.

Schließlich hatte er die Schmerzen weihen können – so eine Gelegenheit ergab sich nicht alle Tage. Sich selber ernste Verletzungen zuzufügen, ohne sich dabei umzubringen, war kein Kinderspiel. Und für seinen Lord zu leiden war ihm Pflicht wie Vergnügen.

Vermutlich wäre Kakuzu sehr ungehalten, wenn er erführe, dass er ihm half, seinem Gott zu dienen. Oder es wäre ihm vollkommen egal. Ziemlich undurchschaubar, der Mann.
 

Aber zumindest schien Hidan den Grund für Kakuzus nicht ganz so unterdrückten Aggressionen herausgefunden zu haben. Offenbar hatte Kakuzu sich so auf seine Andersartigkeit fixiert, dass er irgendwann nicht mehr zur Gesellschaft gehörte. Oder vielleicht hatte er nie dazugehört und nahm die Narben als Vorwand, um sich noch weiter abzukapseln. Schade drum. Es interessierte Hidan, bei was für einem Menschen er eigentlich lebte. Und es ärgerte ihn, dass er es nicht erfahren würde, weil der Typ sich nicht in die freie Wildbahn begeben wollte.

Sollte das Wochenende über kein Kumpel, Freund oder Bekannter anrufen, würde er seinen Mitbewohner wohl resozialisieren müssen.

Ein Verbrecher, der einen braven Bürger wieder in die Gesellschaft eingliederte...

Das nannte sich dann wohl Ironie des Schicksals.

Aber das hatte Zeit. Jetzt würde er sich erstmal seinen knurrenden Magen füllen.
 

Als Kakuzu einige Stunden später im Sicherheitsbüro auf seinem Drehstuhl saß, schwirrte ihm der Kopf. Obwohl es Schwachsinn war, sich über Hidans Gerede Gedanken zu machen, ging es ihm nicht mehr aus dem Kopf. „Feiger Spießer“ „Laange nicht gefickt“ „Langweilige Pussy“, alles nur unsinnige Beleidigungen. Er versteckte sich nicht wegen seiner Narben. Er war nicht frustriert. Weder sexuell noch sonst wie. Er hatte einfach beschlossen, dass er all das nicht brauchte. Andere Menschen brachten nur Probleme mit ihrer Irrationalität.

Hidan selbst war das beste Beispiel.

Er kapselte sich ab, weil er es so wollte, nicht, weil er zu feige war sich mit den Menschen auseinander zu setzen. Oder?

Verdammt, was sollten die Zweifel? Er hatte seinen Weg im Leben gefunden. Er wollte keine Veränderung, keine Zweifel.
 

Kakuzu zwang sich, seine Konzentration den leuchtenden Monitoren zuzuwenden und in seinem Kopf die Bilder der Fahndungsplakate mit den dazugehörigen Namen und der Belohnung für die Ergreifung durchzugehen. So schaffte er es, den Kopf frei zu kriegen, bis seine Schicht endete.
 

Zurück in seiner Wohnung schien etwas anders zu sein. Erst konnte er den Grund nicht ausmachen.

Beim Betreten des Wohnzimmers fiel sein Blick auf das Sofa, auf dem Hidan schlief. Er lag auf dem Rücken, wohl um seine Verletzungen zu schonen. Die Decke raschelte, als der Schlafende mit der gesunden Hand darüber fuhr. Er atmete leise.

Da wurde Kakuzu bewusst, was sich verändert hatte: Es war nicht mehr still. Zum ersten Mal seit Jahren grüßte ihn etwas Anderes als vollkommene Stille in seiner Wohnung. Es war ungewohnt. Es war seltsam. Es war nicht unangenehm.

Unschlüssig stand Kakuzu im Raum. Schließlich ging er zu seinem Bett, zog sich aus und legte sich hin. Er würde Hidan schon beweisen, dass er kein frustrierter Spießer war. Das er mit Menschen umgehen konnte, wenn er wollte.

Durch sein Vorhaben endlich beruhigt schlief er bald darauf ein.



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Kommentare zu dieser Fanfic (44)
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Von: abgemeldet
2010-08-23T18:57:41+00:00 23.08.2010 20:57
Wow ich finds schon mal ganz klasse das du weiter geschrieben hast *.*

Auch wenn mein Kommi reichlich spät kommt, ich hatte jetzt erst wieder Zeit die ganze Geschichte voon vorne zu lesen, denn ich muss sagen so ganz das dritte Kapitel zu lesen und nicht mehr zu wissen was genau passiert war wollte ich dann doch nicht.

Aber bei deinem Schreibstil macht es auch einfach doppelt so viel Spaß zu lesen, erstens weil ich die Idee einfach nur ausgefallen toll finde, sondern eben auch dein Schreibstil, der super passt.
Mir gefällt wirklich alles an deiner Geschichte.

Ich bin so gespannt wie es weiter geht, weil es einfach nur klasse ist :D
Ich musste miich öfters auch mal schrott lachen, wenn ich mir das alles vorstelle bildlich, wie Kakuzu morgens KAffe macht und wie das Ding dann da schrott geht und der das auf den Boden knallt XD Echt, ich konnt nicht mehr^^
Achja, ich kann Hidan gut verstehen XD
Naja ist zwar nicht real, aber Ausbildungsstress und so.. >.< das kenn ich im Moment nur zu gut XD
Stellen suchen.. bäääh..

Aber ganz so enden wie er will ich dann doch nicht XD

Okay, ich labber hier schon wieder so viel Müll, alle anderen Kommi Schreiber schreiben so viel, da wollte ich jetzt nicht so aus der Reihe tanzen und so wenig schreiben >.<

wirklich super, Hoffe es geht schnell weiter *o*
Ich fieber mit!!! °3°

LG Shira
Von:  cocabulaire
2010-08-21T12:16:59+00:00 21.08.2010 14:16
ganz ehrlich - ich hatte nicht mehr damit gerechnet, dass ein neues kapitel kommt :D aber ich freue mich natürlich! musste zwar die anderen nochmals lesen, da ich etwa die hälfte vergessen hatte - aber ich hab die geschichte auch ein zweites mal gerne gelesen xD (soll nicht heissen, dass du dir schon wieder so lange zeit lassen sollst, damit ich sie noch ein drittes mal lesen muss ;DDD)
kommen wir zum kapitel: ich mag deinen schreibstil und deine art, geschichten zu erzählen, sehr. ausserdem steh ich im normalfall eher weniger auf kitsch, und bei hidan und kakuzu passt das noch weniger, finde ich. du stellst es ziemlich realistisch (soweit man das von einer ff behaupten kann) dar, und das mag ich. =)
mir sagen auch die dialoge und der aufbau der geschichte zu, ich will nun wirklich wissen, wie es weiter geht. ich will mehr über kakuzu's vergangenheit und seinen charakter erfahren, ebenso, wie sich hidan als mitbewohner macht und welche veränderungen sich bei kakuzus einstellung zeigen.
darum wäre es nett, wenn du mich (uns) nicht mehr ganz so lange warten lässt, ja? *liebguck* xD
kritik oder verbesserungsvorschläge habe ich erstmal keine, da mit der rechtschreibung alles in ordnung war, mit der logik ebenfalls, glaube ich. (xD) vielleicht war ich auch zu verpeilt, um etwas zu bemerken, da ich unbedingt weiterlesen wollte ;D

liebe grüsse~
Von: abgemeldet
2010-08-16T08:24:02+00:00 16.08.2010 10:24
yaaaay, neues Kaaap!! :D :D
obwohl: Ich glaube, ich hab das Kap schon bei fanfiktion.de gelesen, bin da aber nicht angemeldet...
Naja, jetzt kann ich dir auch so schreiben, was ich von deinem Kapitel halte:
Ich finde überhaupt die Story-Idee sehr gut durchdacht und du ziehst sie immer noch durch:
Ein einsamer Hotelwächter, der sich von allem und jedem zurückzieht und es sich nicht eingestehen will
Ein Verbrecher, der wieder halbwegs "normal" leben will und bei diesem "einsamen" komischen Kerl landet

Mir haben die Dialoge ziemlich gut gefallen, die Spannung der beiden baut sich ja ziemlich rapide auf ^^ irgendwann gibts da nie größere Explosion als da bei der Feuertreppe *raawr* ;)
Es wird jedoch schwer für Kakuzu und Hidan werden, einander irgendwie zu vertrauen, wobei das auf Hidans Seite halbwegs einfach ist:
Was hat er denn zu verlieren? Bis auf einen Wohnplatz?
Momentan ist Kakuzu auf der sicheren Seite, was heißen soll, dass sich Hidan wohl eher auf längere Sicht hin benehmen sollte ^^ tut er aber nicht, ich hab mich herrlich amüsiert, als ich mir die beiden Streithähne so angesehen habe - Hidan hat nicht ein einziges Schimpfwort zweimal benutzt ;)

Jetzt muss Hidan wohl Hausfrau spielen, bis er wieder voll funktionstüchtig ist - wobei ich mir keinen wirklich passenden Job für unseren geliebten Masochisten vorstellen kann... braver, an der Kasse sitzender Supermarktsfutzi? Da wird er wegen seiner "freundlichen und extrovertierten Art" sofort gefeuert xD
Ich fänds lustig, ihn im schimpfen im Kindergarten zu sehen, wo ihn keiner ein böses WOrt übel nimmt und ihn alle toll finden *gg*
und er darf saubermachen ^^ wobei mir ein gefühl sagt, dass er nur zu Kakuzu so..."nett" ist xD
Wird irgendwann noch erzählt, wie Kakuzu zu den Narben gekommen ist und wie Hidan auf die Straße kam?
Wird emotional und dr-dr-drrramatisch! :D

Insgesamt finde ich das Kapitel wirklich gut gelungen, man hat gemerkt, dass du dir ziemliche Mühe gegeben und Gedanken gemacht hast
Ich freu mich auch ziemlich aufs neue Kapitel - bitte lass nicht schon wieder ein halbes Jahr verstreichen, ich will wissen, wie's weiter geht!! D:
Falls du keine Ideen hast, kann ich dir ja ein paar Denkanstöße geben ;)
und Kekse!

gggggggggggggglg,
Crea
Von:  _EustassKid_
2010-08-16T05:40:44+00:00 16.08.2010 07:40
Uiii^^
Na so freut man sich doch aufzustehen!
*grins*
Wenn man gleich mal so ein tolles Kapi zu lesen bekommt!
*freu*

Also mir hat es sehr gut gefallen^^
Ich fands toll wie sich Kakuzu Gedanken über das machte, was Hidan gesagt hatte~
*grins*
Bin ja gespannt wie Hidan von hat ihn wieder zu resozialisieren!
Auf die Idee muss man erst kommen!
*lach*
Ja Hidan hat ja echt nur Vorteile, kann er schön bei Kakuzu wohnen UND gleichzeitig seinem Gott diesen, weil Kakuzu ihn die Treppe runterstösst!xD
Die Geschichte wird ja immer besser!

Ich freu mich drauf wenns weiter geht
*knuff*
War n tolles Kapitel!

LG SAMAKA
Von:  cork-tip
2009-09-29T18:33:03+00:00 29.09.2009 20:33
'N Abend!

Eigentlich hab ich die Story schon gestern Abend gelesen, aber da war ich ein bisschen zu faul, um noch einen Kommentar zu schreiben. Weil sie aber so gut und flüssig zu lesen ist, wird das heute nachgeholt:
"Scheißtag" ist wohl eine treffende Bezeichnung. Ich kann Kakuzu den Schmerz gut nachfühlen, den eine kaputte Kaffeemaschine verursacht. Und dann muss er auch noch einen dahergelaufenen Kleinkriminellen bei sich aufnehmen. Autsch. Zumal Hidans bloße Existenz ein Frevel an all dem ist, an das Kakuzu glaubt.^^ Ihn rauszuekeln wird wohl auch nicht klappen...
Deidara an der Rezeption ist auch cool. Ich kann mir gut vorstellen, dass er einem mit seinem ständigen Gelaber über Kunst ganz schön auf die Nerven gehen kann.^^

Ich freu' mich schon auf's nächste Kapitel! LG
A_o_S
Von:  cocabulaire
2009-08-18T21:22:10+00:00 18.08.2009 23:22
die story is ja der hammer!
hab sie gerade jetzt gefunden *stolzsei* und ich bin froh drüber, hehe.

also erstmal hast du talent, dinge auszudrücken. deinen schreibstil find ich unglaublich toll. und zweitens hast du mit deiner charakterbeschreibung nen treffer ins schwarze gelandet *_* ich bin hin und weg!

ach ja und gomen, dass ich erst jetzt schreibe, ich MUSSTE erst zuende lesen ~_^
hoffentlich kommt das nächste kapitel demnächst, ich freu mich drauf!

glg cocabulaire
Von:  Kris18
2009-07-17T10:33:50+00:00 17.07.2009 12:33
Kaku hat ja immer mal wieder
seltene nette augenblicke XD
Hidan is zu blöd nen auto zu klaun
hat dafür aber sicher ne gute idee
Von:  Kris18
2009-07-17T10:05:59+00:00 17.07.2009 12:05
hach ja
die beiden scheinen es echt nicht leicht zu haben
is sicher ne großstadt wie berlin
Von: abgemeldet
2009-05-30T18:18:04+00:00 30.05.2009 20:18
ah es geht weiter!
und das auch noch an meinem geburtstag. tolles geschenk^^
is supi geworden!!
jetzt wirds lustig!!
das kann was werden, i-wie tut mir kuzu jetzt schon leid.
da war er einmal nett und dann das!

ich freu mich schon wenns weiter geht!

glg kibamausi
Von:  Cicero
2009-05-25T14:26:55+00:00 25.05.2009 16:26
das kap is klasse xDD
vor allem die thesen hidans über das privatleben von kakuzu xDD
aber warum lacht er am schluss??
nja... doofe frage... masochist eben, ne? xD
mach weiter so^^
LG
cic


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