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Soundless Fire of Heaven

~2. Platz beim Wettbewerb~
von

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Kampf um alles Part 2

Lange, starke Ranken hatten Derrek nach oben gehoben und somit in seiner Attacke gestoppt. Wütend schlug und trat er um sich, in der Hoffnung, sich befreien zu können. Mein Blick folgten den Ranken, die von niemand anderen als Syne ausgingen.

Es dauerte einige Sekunden, bis ich das wirklich wahr nahm. Warum half Syne mir? Er war doch einer von Gregors Leuten! Wahrscheinlich war das nur ein hinterhältiger Plan Gregors, um mich in Sicherheit zu wiegen, damit er dann zuschlagen konnte.
 

So sah ich dann zu Gregor, auch, wenn meine Schmerzen mich kaum bewegen ließen. Ich musste hinsehen. Aber statt grinsend fand ich ihn knurrend vor. Ein wütender Ausdruck gab sein ganzer Körper her. Er fletschte seine Zähne und presste zwischen diesen hervor: „Was fällt dir eigentlich ein! Das du es dich wagst, dem Zwerg zu helfen, ist ein Verrat, Syne. Ich hoffe, du weißt, wo du dich nun hinein begeben hast!“
 

„Ja, das weiß ich nun!“, gab Syne bissig zurück. Seine Stimme bebte vor Anspannung und dann fügte er noch an: „Ich weiß nun endlich, dass Tare Recht hatte, was dich anbelangt!“ Ja, Syne war einer der Dorfbewohner, denen ich das gesagt hatte. Ihm hatte ich es gesagt, nachdem ein Freund von ihm, ein Lorblatt, verschwunden war.

Gregors Augen weiteten sich vor Schock. „Du!“, knurrte er. Dann hörte ich Derrek ausrufen: „Lass mich runter, du grünes Blattgestell!“
 

Wäre ich nicht in einer so miesen Lage gewesen, hätte das bestimmt selbst mich zum lachen gebracht. Aber hier und jetzt konnte sich noch nicht einmal ein Schmunzeln den Weg auf mein Gesicht finden.

„Wie du willst“, erwiderte Syne und im nächsten Moment sah ich auch schon Derrek auf Gregor zu fliegen. Seit wann konnte Derrek fliegen? Das hier musste alles nur ein seltsamer Traum sein. Nur ein Traum. Wie sollte man sich das sonst erklären? Ja, ein Traum, aus dem ich wieder erwachen würde.
 

„Ein Traum, nur ein Traum“, murmelte ich dann leicht lächelnd, als Derrek Gregor traf. Dieser, bekam ich noch mit, jaulte unter Schmerzen auf.

Langsam schloss ich meine Augen. „Lass mich aufwachen, lass mich. Bitte“, meine Stimme zitterte und wirkte kaum real für mich. Wie ein seichter Hauch aus einem fremden Land, fern ab. Meine Gedanken spielten verrückt und alles begann so irreal zu wirken, wie noch nie zuvor etwas für mich gewirkt hatte. Langsam verlor sich der Schmerz in dieser Irrealität und ich hörte auf diesen zu spüren.
 

Ein entspanntes, glückliches Lächeln wanderte auf mein Gesicht, als ich murmelte: „Ein Traum. Die Schmerzen, einfach weg. Lass mich gehen, bitte. Aufwachen...“ Plötzlich verstummt ich und schlug meine Augen auf. Schmerzen durchzogen meinen Körper, als mir bewusst wurde, dass das kein Traum war. Nein, es war keiner.

Mit aller Kraft versuchte ich mich aufzurichten. Förmlich konnte ich sie spüren, die erstaunten Blicke der anderen. Wieder einmal tat ich etwas, womit sie nicht gerechnet hatten.
 

Ich zitterte, schwankte und schnaubte. Spüren konnte ich es, ja der Silberne Himmel. Er kam näher, immer näher. Wo blieben Malika und Elli nur. „Bitte kommt“, keuchte ich dann, nur für mich hörbar. Mein Blick erhob sich vom Boden und ich erblickte Gregor, der mich mit einer Verachtung ansah, die noch nie so sehr in seinen Augen zu sehen gewesen war.

Derrek und Syne hatten in ihrem Kampf inne gehalten. Eine von Synes Ranken umfasste Derreks Körper, während dieser die andere mit seinen Krallen gepackt hatte.
 

„Oh, sieh mal einer an“, lachte Gregor dann spöttisch, „Da möchte wohl einer sein Ende früher haben! Aber sag mal, Zwerg, warum tust du das noch? Es ist doch eh schon zu spät, die Kugel könnt ihr nicht mehr zerstören.“ Es klang so, als ob er nichts von der zweiten Möglichkeit wusste. Wusste er es wirklich nicht, oder wollte er mich reinlegen?

„Der Tempel des Kores hat viele Geheimnisse und somit auch verschiedene Wege. Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist“, meine Antwort war mehr ein Flüstern, ein seichter Hauch.
 

Fuoco, die sich immer noch, wie mir auffiel, als sie neben mich trat, den Magen hielt, sagte dann: „Es gibt immer einen anderen Weg, Gregor. Zeit scheint still zu stehen, wenn Tod ist nah. Träume werden wahr, wenn das Unmögliche durchstanden-“ „Und Reue sich zeigen, wenn Tod umgangen“, beendete eine Stimme für Fuoco. Es war Malika, die endlich eingetroffen war.

Erleichterung überkam mich. Endlich. Langsam fielen meine Augen erneut zu, mich in wohltuende Dunkelheit hüllend.
 

„Was meint ihr damit?“, hörte ich Gregor verwundert, aber auch gleichzeitig wütend fragen. Ihn musste es schier auf die Nerven gehen, dass sein Plan wahrscheinlich nicht aufgehen würde. Malika lachte leicht: „Das wirst du dann schon merken!“

Dann öffnete ich meine Augen wieder. Erschwerlich und träge nur gingen sie wieder auf. Ich wollte nicht, sie wollten nicht. Wozu strengte ich mich dann überhaupt so an?
 

„Tare?“, oh ja, genau. Um Elli, Malika und Ray nicht zu enttäuschen. Insbesondere Elli nicht, so sehr ich diese Tatsache auch hasste. „Tare?“, erneut hörte ich die Stimme fragen. Es war Elli. Ich konnte hören, sie stand genau vor mir, doch konnte ich sie nicht sehen, meine Augen waren geöffnet, es war hell. Doch trotzdem war alles verschwommen und die Schemen der Pokémon, hier beim Vulkan, waren nur schwer zu erkennen.
 

Ich weinte, schon wieder. Das Feuer auf mir gab seinen letzten Funken und dann war es aus. Das erste Mal seit ich denken konnte. Ich schnaubte verächtlich über mich selber. Wieso war ich nur so schwach, dass nun nach all den Jahren meine Flamme erlosch?

Noch stand ich, also gab es keinen Grund für sie zu vergehen. Wut, Wut über mich selber breitete sich in mir aus und entfachte meine Flamme wieder. Ich blinzelte einige Male, dann konnte ich wieder normal sehen.
 

Vor mir stand Elli. Tränen aus ihren Augen laufen, schluchzend und mit gesenktem Kopf. „Tare?“, erklang ihre Stimme erneut und sie hob ihren Kopf wieder. Ich sah sie nicht an, sah an ihr vorbei, hin zu Syne und Derrek, die noch immer in der vorherigen Position verweilten.

Wahrscheinlich warteten sie auf ein Zeichen, welches das auch immer sein mochte. Meine Wut gab mir wieder Kraft und ohne auch nur ein Wort zu sagen lief ich los, hin zu Derrek und Syne. Meine eine Klaue begann abermals zu leuchten und irgendwie kam mir endlich der Name der Attacke in den Kopf; Zermalmklaue.
 

Syne grinste mich an, schon seitdem ich den ersten Schritt in deren Richtung getan hatte. Geradewegs lief ich auf Derrek zu, der sein Gesicht einfach von mir abwandte. Dieses schien Syne bemerkt zu haben und, kurz bevor ich bei den beiden war, zog er seine eine Ranke, die von Derrek festgehalten wurde, ruckartig zurück, nur, um diese dann gegen Derreks Kopf schnellen zu lassen und ebenso seinen Kopf mir zu zuwenden.

Dann sprang ich mit aller Kraft ab und stürzte auf Derrek nieder, meine Klaue quer über sein Gesicht ziehend.
 

Ich landete etwas unsicher, sah Derrek an und sah Blut von seinem Gesicht laufen. „Stirb!“, rief er dann aus, lief auf mich zu und packte mich im Nacken. Über seine Schulter und dann wieder nach vorne weggeworfen. Ich kniff meine Augen zusammen, doch der Aufprall kam nie. „Es reicht.“

Es war Malika, ihre Stimme erbost. Zögerlich öffnete ich meine Augen, nur, um mich dann schwebend, umgeben von einer blauen Schicht, wieder fand. Malika setzte Konfusion ein.
 

Dann ließ sie mich auf den Boden nieder, bevor sie sprach: „Lasst mich das regeln.“ Dabei blickte sie zwischen Fuoco, Syne und mir hin und her. „Ihr seit geschwächt, du und Fuoco“, sagte sie zu mir. Nein, wirklich? Darauf wäre ich nie gekommen. Bitte, die paar Wunden! Fuoco ging es doch bestimmt bestens mit einer tiefen, blutenden Wunde im Magen!

Ich schüttelte meinen Kopf, dann sagte ich, etwas belustigt von ihrer Fürsorge: „Als ob das noch etwas nützen würde. Der Tod steht uns beiden eh in der Tür, grüßend und einen sehr willkommen heißend. Wieso ihn nicht eintreten lassen?“
 

Auf dieses hin lagen so einige geschockte und ungläubige Blicke auf mir. Die von Syne, Malika und Elli. Gregor und Derrek grinsten sich nur gegenseitig an und ich bemerkte augenblicklich wieso. Dort, hinter ihnen im Wald, kamen einige andere Pokémon. Zwei oder drei. Das konnte man in dem Moment noch nicht sagen, dafür waren sie zu weit weg.

„Tare?“, Ellis Stimmt lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf die etwas näheren Umstände.
 

Kurz blickte ich sie an und ihr Augen leuchteten freudig auf, da ich endliche eine Reaktion gezeigt hatte. Diese Freude verlor sich allerdings schnell, als ich sie nur stumm anstarrte, dann meinen Blick abwandte und wieder auf Derrek und Gregor starrte. „Du bist wirklich unmöglich“, sagte Malika dann mit bitterem Unterton, „Wohl wahr, dass für dich in deiner Postion der Tod als Ziel dieser ganzen Misere hier steht, doch wer weiß, wie es enden wird. Niemand, oder?“
 

„Er ist da und wird nicht gehen, bis ich komme. Ob durch Kampf oder einfach durch Aufgeben. Er kommt und nimmt mich und Fuoco mit sich“, gab ich trocken zurück und in meinen Augenwinkeln konnte ich Elli zusammen zucken sehen. „Sag so etwas doch nicht!“, schrie sich mich dann an, „Wieso bist du nur so pessimistisch?“

„Lass ihn, Elli“, erwiderte Malika traurig, „Wäre er pessimistisch, würde er schon lange nicht mehr stehen.“ Für mich klang das wie eine Frage, also nickte ich, nur, um ihr zu zeigen, dass sie recht hatte.
 

Noch immer haftete mein Blick auf dem Rizeros und Hundemon, deren Grinsen noch nicht verschwunden war. „He, Zwerg!“, rief Gregor dann aus, „Wieso hat deine kleine Freundin denn die Kugel geholt?“ Es klang spöttisch, so spöttisch. Ich zog die Luft scharf ein und dabei entstand ein seltsames, schneidenes Geräusch.

Verächtlich schnaufte ich und ging einige Schritte auf die beiden zu: „Wie gesagt, man weiß nie!“ „Wie du meinst, Tare.“ Das war eines der wenigen Male, bei denen er mich bei meinem Namen nannte.
 

Mich überkam ein ungutes Gefühl. Jedes Mal, wenn er mich bei meinem Namen genannt hatte, war danach etwas Schreckliches geschehen. Nicht immer war es so schlimm gewesen, meist noch nicht einmal für mich, aber dennoch. Es machte ihm Spaß, mich wissen zu lassen, dass er wieder jemanden von den Inseln verschwinden lassen würde, sprich, ihn umbrachte oder besser gesagt umbringen ließ.

Ja, welch ein Leben man doch hier leben konnte, wenn man als Anführer der Bewohner jener Inseln gesehen wurde.
 

Ruhm gebührte ihm und niemand würde je einem für verrückt Erklärten glauben. Das Ganze war ein unaufhaltsamer Kreis. Teuflisch, tückisch.

Ich presste meine Zähne zusammen und mir fielen auch wieder die Schatten von vorher ein. Mein Blick schnellte in die Richtung, wo ich sie zuletzt gesehen hatten und nun waren sie dichter. Viel dichter. Drei waren es, soviel stand fest. Das eine sehr groß, die anderen kleiner, deutlich kleiner. Wenn mich nicht alles täuschte waren das ein Stahlos, ein Ampharos und ein Tyracroc.
 

„He, he, Tare! Schau lieber auf mich“, gab Derrek von sich, der schon dabei war, auf mich zu zulaufen. Bevor ich auch nur ansatzweise reagieren konnte, war Elli vor mich geflogen und hatte eine weißbläulich leuchtende Kugel um uns erschaffen, während ihr Körper in derselben weißbläulichen Art leuchtete.

Das war Bodyguard. Damit hätte ich nicht gerechnet gehabt, dass sie diese Attacke konnte. Wer wusste, was in Elli noch für Attacken schlummerten!
 

„Nicht mit mir in der Nähe!“, rief Elli nun wütend aus, „Du wirst noch bereuen, überhaupt auch nur eine deiner Klauen auf ihm gehabt zu haben!“ Dann brach sie den Bodyguard und holte tief Luft. Gebannt beobachtete ich das Geschehen. Was würde nun passieren?

Elli öffnete ihren Schnabel und aus diesem schoss ein gewaltiger, grüngelber Strahl, direkt auf Derrek zu. Feuerodem? War die Attacke nicht eine mächtige Attacke? Wieso konnte Elli diese?
 

Feuerodem traf das Rizeros genau im Magen und schleuderte es zurück, hin zu Gregor, der begonnen hatte zu Knurren. „Nicht schlecht“, sprach Malika anerkennend zu Elli. Dann rutschte mir eine Frage heraus, und ich wusste noch nicht einmal wieso: „Wo ist eigentlich Ray?“

Malika und Elli warfen mir einen bitteren Blick zu, der mich erschaudern ließ. Vielleicht hätte ich dieses Frage nicht stellen dürfen. Es war nur einfach unerklärlich für mich, warum er nicht auch kam, um zu helfen. Ich wollte es nicht verstehen.
 

Leider konnte ich mich nicht länger meinen Gedanken widmen, denn nun waren die drei Pokémon eingetroffen. Und tatsächlich waren es ein Stahlos, ein Ampharos und ein Tyracroc. Allesamt hatten sie eine Narbe über dem linken Auge, was sie unverkennbar zu einem von Gregors Leuten machte.

Wenn mich nicht alles täuschte, war das Ampharos weiblich und die beiden anderen männlich.

„Wenn ich euch vorstellen darf“, grinst Gregor dann, „Das Ampharos hier ist Flap, eine sehr treue Seele, die mich nicht enttäuschen mag.“
 

Darauf erhielt er als Erwiderung ein triumphales Grinsen von Flap, dann fuhr er fort: „Und dieses Stahlos hier ist Recoil. Vielleicht nicht der Hellste, dafür aber stark. Und zuletzt noch Lave, das Tyracroc. Er wird es sich zur persönlichen Aufgabe machen, dich, Tare, zu besiegen und seinen Freund zu rächen!“ Meine Augen fixierten sich auf dem Tyracroc, Lave.

Ein Wasserpokémon, konnte es noch besser kommen? Irgendwas musste doch noch kommen, also wirklich! Nun war ich aber enttäuscht von Gregor.
 

„Wenn du glaubst, Typvorteil allein wird hier reichen, Gregor“, keuchte Fuoco, „Nein, der wird dir nicht reichen. Du spielst ab jetzt in einer anderen Liga, der Liga des Tempels. Eine Wächterin ist hier, vielleicht auch zwei. Sicher kann ich mir nicht sein, aber vielleicht, nur vielleicht.“

Ich bemerkte, wie Gregors Gesichtsausdruck sich rasch von triumphal zu entsetzt veränderte. Fuocos Gerede machte für mich keinen Sinn, nein, wirklich nicht. Malika war eine Wächterin, ja, das wusste ich. Die Wächterin der Kugel, aber sonst war hier keiner. Oder?
 

„Oh, Fuoco. Ich würde doch nie glauben, dass das alleine ausreichen würde. Aber wie du sehen kannst, ist Lave nicht alleine“, gab Gregor dann von sich und deutete mit einer Kopfbewegung den Pokémon neben sich an, anzugreifen.

Das Ampharos und das Stahlos griffen auch gleich sofort an. Recoil stürzte sich auf Syne mit einer Eisenschweif-Attacke, die Syne noch im letzten Moment mit einem Rankenhieb blockierte. Flaps eine Faust leuchtete Gelb und Funken sprühten aus dieser. Er wollte Donnerschlag einsetzten, aber gegen wen?
 

Er lief auf mich zu, aber wieso? Erst als ich Elli an mit vorbei fliegen sah, begriff ich, dass das Ampharos Elli angreifen wollte. Ellis Flügel leuchteten weiß und sie nahm immer mehr an Geschwindigkeit zu. Ich musste ihren Kampffähigkeiten jetzt vertrauen, denn ich bezweifelte, dass Lave Rücksicht nehmen würde.

Mein Blick wanderte zu besagtem Tyracroc, dass sich noch nicht einen Zentimeter, so schien es, bewegt hatte. War hatte Lave nur vor?
 

Aus den Augenwinkeln konnte ich noch sehen, wie Derrek sich auf Fuoco stürzte, die völlig überrascht war. Es war ein spitzer Schrei, den man von ihr vernehmen konnte. Voller Schmerz. Keiner mochte sich in diesem Moment umdrehen, und doch tat ich es. Derrek hatte sich auf Fuoco geschmissen, Bodycheck eingesetzt.

Mit seinem ganzen, enorm großen Gewicht hatte er sie zwischen sich und dem steinigen Boden eingeklemmt.
 

„Naiv“, hörte ich plötzlich jemanden hinter mir sagen und ich bereute augenblicklich, dass ich mich abgewandt hatte. Mir blieb keine Zeit, mich umzudrehen. Ich spürte nur noch, wie die Krallen einer Klaue Laves sich in meinen Rücken drückten und er seine Klaue einmal quer über meinen Rücken zog.

Ich schrie laut auf, schmerzerfüllt, wie der von Fuoco zuvor. Meine Augen waren weit aufgerissen und ich zog die Luft um mich scharf ein.
 

Meine Zähne bohrten sich in meine Unterlippe, um mich vom weiteren Schreien aufzuhalten. Schnell drehte ich mich um. Der Boden war mit Blut überströmt. Blutete ich so stark?

Nein, tat ich nicht. So tief hatte er seine Krallen nicht in meinen Rücken gerammt. Wahrscheinlich, um mich mehr leiden zu lassen. Aber wo kam dann das ganze Blut her? Verwirrt sah ich mich um, bis ich die wunde in Laves Gesicht bemerkt. Sein Blick haftete auf Malika, die den Rücken uns zugewandt hatte.
 

Bei ihrer einen Pfote war Blut auf dem Boden, sie hatte das getan. „Fuoco hat recht“, sagte sie dann, während sie sich umdrehte, „Hier ist noch ein Wächter unter uns. Derjenige weiß es nicht, nein. Es ist auch irrelevant zu wissen. Was ich weiß ist, dass alles anders enden wird, als wir dachten.“

Dann lief sie los, zwischen Lave und mir durch und geradewegs auf Derrek zu. Auf einmal schwebte Derrek in der Luft, sie setzte mal wieder Konfusion ein.
 

„Hier bin ich, Tare“, zischte Lave gefährlich und mein Blick fixierte ihn erneut. Was meinte Malika nur? Wenn ich sie doch nur verstehen würde.

Ich lief los, auf ihn zu und ehe er reagieren konnte, biss ich auch schon in seinen rechten Arm. Er begann in zu schütteln, um mich loszuwerden, aber das ließ mich nur noch fester zu beißen. Immer fester und fester. Als er nachließ zu schütteln, ließ auch ich los. Wütend sah er mich an, Verachtung in seinen Augen wie in Gregors.
 

Lachend schüttelte das Tyracroc seinen Kopf: „Du willst es nicht anders.“ Langsam hatte ich begonnen, mich von ihm zu entfernen. Sicher war nun einmal sicher. Ich knurrte, machte mich auf alles gefasst. Noch nicht einmal ahnen konnte ich, was passieren würde. Er stand einfach nur da und sah mich erst wütend, dann ausdruckslos an.

Es verwirrte mich, von Sekunde zu Sekunde immer mehr. Was sollte ich nur machen? Ein seufzten entfuhr mir.
 

Wieso befand ich mich noch einmal hier? Ach genau, weil ich einmal in meinem Leben etwas Sinnvolles tun wollte. Ich opferte mich, damit Malika ihre Aufgabe erfüllen konnte. Zwar wusste ich den Sinn ihrer Aufgabe nicht, doch sah ich Sinn in dem, was ich tat.

Es war schon eine gewisse Erfahrung, die ich bekam, an nur einem einzigen Tag. Das hier würde sich nie wiederholen, nie mehr ein Kampf. Nein, nicht für mich. Für Malika und Elli bestimmt, aber weder für mich, noch für Fuoco.
 

Mein Blick härtete sich und dann reichte es mir. Meine Flammen wuchsen vor Wut über meine Verwirrung. Wieso war ich nur so wütend? Ich verstand mich nicht und das machte mich nur noch wütender. Immer mehr und mehr und dann ließ ich einen Flammenwurf frei, wie noch nie zuvor.

Lave schien darauf gewartet zu haben, denn er konterte mit einem enormen Wasserstrahl, wahrscheinlich Hydropumpe. Zu stark war der Strahl doch für eine Aquaknarre. Jetzt durfte ich nicht nachlassen.
 

Immer mehr Feuer entwich meinem Maul, während immer mehr Wasser das Maul des Tyracrocs verließ. Mit jeder Sekunde, in der das Wasser und das Feuer aufeinander trafen, entstand Wasserdampf. Mehr und mehr, bis es wie eine Welle von Nebel über uns hing, versperrte uns schlussendlich die Sicht. „Verdammt, Lave!“, hörte ich Gregor fluchen, „Du hattest einen Befehl. Das ist sicherlich nicht dein Befehl!“ Seine Stimme bebte vor Wut. Bestimmt konnte er auch nicht mehr sehen durch den dichten Nebel.
 

„Tut mir Leid“, entgegnete das Tyracroc ihm dann, „Ich werde trotzdem nicht versagen, so, wie Blue!“ „Das hoffe ich“, war das letzte, was Gregor noch sagte, dann war es ruhig. Die anderen schienen auch ihren Kampf unterbrochen zu haben, weil sie nichts sehen konnten.

Irgendwie hatte der Nebel etwas Beruhigendes. Man konnte zwar nichts sehen, aber man wusste, dass es den anderen nicht anders erging. Auch sie würden Schwierigkeiten haben.
 

Es könnte nun für einige Minuten so friedlich sein, aber mich plagte eine einzige Frage: Wie sollte ich mich gegen ein Tyracroc beweisen, das auch noch Hydropumpe konnte? Ewig könnte ich das Abwehrspiel mit meinem Flammenwurf nicht durchhalten, dafür war ich nicht geschaffen worden. Was würden anderen tun? Man sagte ja, Angriff wäre die beste Verteidigung, aber stimmte das in diesem Fall?

Ich musste, und würde, es versuchen. Viel mehr blieb mir eh nicht mehr übrig.
 

Wo war eigentlich mein ganzer Schmerz hin? Waren die Schmerzen wirklich schon so unerträglich und dauerhaft gewesen, dass sie einfach verschwanden? Es war wirklich ein Rätsel, das sich mir doch noch auftat.

Plötzlich musste ich husten, ein kratzendes und krächzendes Geräusch kam aus meinem Mund, gefolgt von einer Flüssigkeit. Ich sah nach unten auf den Boden, um herauszufinden, was ich ausgespuckt hatte, und entdeckte Blut.
 

So langsam ging es wirklich mit mir dem Ende zu. Nicht nur spürte ich meinen Wunden nicht mehr, sondern spuckte ich auch noch Blut. Vielleicht war das das Resultat von Blues Kreuzschere auf meinem Brustkorb. Man konnte nur vermuten.

Dann hörte ich Elli ausrufen: „Mir reicht es!“ Und auf einmal wurde der Nebel weggeblasen. Schnell riskierte ich einen Blick in Richtung Elli, und sah sie, wie sie mit ihren Flügeln schlug und somit den Nebel beseitigte.
 

Einerseits konnte man nun endlich wieder sehen, andererseits musste ich nun auch wieder kämpfen. Mir wäre es lieber gewesen, zu warten, bis er sich auf natürliche Weise aufgelöst hätte, das hätte so einige Zeit gedauert. Wieso mochte ich dieses Altaria eigentlich noch einmal? Wahrscheinlich gab es dafür noch nicht einmal Gründe, es war einfach so. Nervig.

Schnell wand ich mich Lave wieder zu, der auch schon wieder grinste. Irgendwie schien dieses Grinsen unter Gregors Leuten sehr verbreitet.
 

Vielleicht gab es ja einen Kurs, eine Art Ausbildung, wo sie das Grinsen richtig lernten! Absurd, oder? Aber die Idee war doch was wert! Vielleicht ließ sich Gregor ja von mir beraten. Sicherlich.

Plötzlich konnte man ein spitzes Kreischen vernehmen, dass ruckartig auftauchte. Wie eine Druckwelle traf es mich und schob mich ein wenig von Lave weg. Meine Ohren waren angelegt und meine Augen zusammengekniffen, in der Hoffnung, den Kreideschrei Laves ignorieren zu können. Vergebens.
 

Er hörte einfach nicht auf, ihn einzusetzen und ging sogar noch einen Ton höher. Ich biss mir erneut auf die Lippen. So fest, dass sie begannen zu bluten. Es war doch zum verrückt werden! Ich durfte mich nicht so unterkriegen lassen, nein!

Endlich hörte er auf und ich sah ihn an. Ich lief los, wieder einmal Zermalmklaue einsetzend. Meine leuchtende Klaue erhoben, sprang ich ab, auf Lave zu, und presste meine Klaue gegen seinen Magen.
 

Meine Klaue rutschte jedoch ab und somit zog ich eine Wunde quer über seinen Bauch. Sie war nicht wirklich tief, aber dafür schien es ihm große, sehr große Schmerzen zu bereiten, denn er brach zusammen. Da lag er dann, auf dem Boden liegend und den Magen unter Schmerzen haltend. Ausdruckslos sah ich auf ihn hinab. Das hatte ich getan, mal wieder. Wenn das hier alles vorbei war, niemals müsste ich wieder kämpfen.
 

Mein Atem ging unregelmäßig und mein Kopf senkte und hob sich immer stärker mit jedem Atemzug. Ich begann zu zittern, als der Wind zunahm und eine eiskalte Brise über uns hinweg blies. Der Himmel begann sich zu verdunkeln und alle hielten in ihrem Kampf inne. „Nur noch ein wenig“, sagte Malika dann, mehr an mich gewandt, „Nicht mehr lange. Gebt jetzt nicht auf!“ Und damit stürzte sie auf Gregor zu, der das überhaupt nicht hatte kommen sehen.
 

Sie setzte Konfusion auf ihn ein und rief dann aus: „Noch einmal entkommst du der uralten Attacke nicht. Man entkommt nur einmal meiner Psyklage, glaube mir, Gregor!“ Die Augen des Hundemon weiteten sich geschockt und in ihnen spiegelte sich pure Angst wieder. Dennoch änderte er seine Haltung nicht. Noch immer knurrte er, nun mehr, um seine Angst zu überspielen.

Ich konnte nur vermuten, dass diese Psyklage, die Attacke war, die Malika einmal zuvor eingesetzt hatte.
 

Mein Blick wanderte zu Lave, der keuchend am Boden lag. „Und so etwas gehört zu Gregors Leuten“, gab ich dann abwertend von mir, „Selbst Blue war stärker.“ Dann drehte ich mich um und lief, lief schnell hinter einen der umstehenden Bäume. Ich deutete Fuoco, Elli und Syne an, es mir gleich zu tun. Ich wusste nicht, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass die Druckwelle dieses Mal stärker sein würde.
 

Lave raffte sich auf und lief auch hinter einen der Bäume. Das Gleiche tat Flap, Recoil jedoch rief nur aus: „Schwächlinge! Als ob eine Attacke, die nicht gegen uns gerichtet ist, uns schaden könnte! Verräter seid ihr! Den Meister einer Attacke auszusetzen!“

Während er das gesagt hatte, hatten Malikas Augen begonnen zu leuchten, ebenso ihr Stein. Kurz bevor sie diesen Strahl abfeuerte, schmiss sich Recoil zwischen Gregor und Malika und wurde von der Attacke getroffen.
 

Was dann geschah, konnte ich nur ahnen. Schnell hatte ich meinen Kopf wieder hinter den Baum gezogen, und tatsächlich, die Äste der Bäume knirschten unter der Kraft der Druckwelle und die Bäume wankten leicht.

Man konnte Recoil unter Schmerzen aufschreien hören, ebenso Gregor. Vermutlich war Recoil von der Kraft der Attacke auf Gregor geflogen. Dann hörten die Bäume auf, sich zu bewegen und ich begab mich wieder hinter dem Baum hervor.
 

Dort lag das Stahlos, auf dem Boden und Blut lief aus seinem Maul, das offen stand. Seine Augen waren nur noch einen Spalt weit geöffnet und er keuchte schwer. „Tut mir Leid, Meister“, war das letzte, was er sagte, bevor seine Augen sich schlossen, seine Atmung stoppte und seine Glieder sich entspannten. Er war tot.

Malika fauchte wütend. Ihr war das Ganze scheinbar zu wider. „Sinnloses Opfer!“, presste sie hervor, „Lebend lasse ich dich nicht diesen Ort verlassen, glaube mir, Gregor!“
 

Ihre Augen hatten nicht aufgehört zu leuchten, ihre Ohren waren stark angelegt und ihr Nackenfell sträubte sich. Gregor wich einige Schritte von ihr zurück, seine Ohren ebenfalls angelegt, Horror in seinen Augen erkennbar. „Mache nie einen Wächter wütend“, sprach Fuoco dann, die zusammen mit den anderen neben mich getreten war.

Überraschender Weise griffen Gregors Leute uns nicht einmal an, sondern sahen nur zu Boden. Dann fragte Flap: „Wieso ist das so?“
 

„Man sagt sich, Wächter haben die Fähigkeit, zwei uralte Attacke zu benutzen. Eine erfahren sie mit der Erfahrung der Zeit“, antwortete Fuoco schwer atmend, „Doch die andere kann nur durch starke Emotionen und Druck, so sagte man, freigesetzt werden. Unwissentlich werden die Wächter sie einsetzten und diese zweite Attacke soll, so heißt es ebenfalls, unberechenbar sein. Eine Attacke-“ „-die die Kraft hat, die Zeit zu stoppen, den Tod zu umgehen. Aber auch die Kraft hat, den Tod zu senden, selbst zu den Legendären. Unabwendbar für jeden, gegen die sie gerichtet ist“, beendete Derrek leicht keuchend.
 

Viel half mir das nicht. Was meinten sie damit? Unabwendbar? Es war einfach unverständlich für mich. Ein Einzelgänger, der sich nie mit Legenden und Sagen beschäftigt hat. Wie sollte ich auch es verstehen können. Legendäre Pokémon den Tod senden? Das klag für meine Ohren so unendlich falsch. Absurd.

„Ray meinte, dass sei eine Lüge. Er selbst habe trotz all der Zeit nicht eine Attacke erfahren“, gab Elli dann etwas enttäuscht von sich, „Aber vielleicht ist mit der Erfahrung der Zeit etwas anderes gemeint, als man vermuten würde.“
 

„Ja“, nickte Fuoco dann, bevor sie sich Gregors Leuten zu wandte, „Warum greift ihr uns nicht mehr an? Furcht vor Malika oder Einsicht? Und wagt es nicht, zu lügen!“ Die drei Angesprochenen sahen sich an. Dann trat Lave hervor und sagte: „Was mit den beiden ist, weiß ich nicht, aber ich habe etwas eingesehen.“ „Und das wäre?“, fragte ich leicht ungläubig. „Das es keine Rolle spielt, auf welcher Seite ich nun bin“, gab er zurück, „Dann bin ich lieber auf der, die nur ihre Aufgabe erfüllen wollen, als auf der, die nur ihren Spaß am Kämpfen und Morden haben.“
 

Das Funkeln in seinen Augen reichte mir, um ihm zu glauben. Ich nickte ihm zu, bevor Flap dann sagte: „Tz, natürlich habe ich es eingesehen, dass es falsch war, euch zu bekämpfen!“ Ihre Stimme klang nicht so, als ob sie das gerne aussprach und in Fuocos Augen leuchtete Wut auf. „Du wagst es, mich anzulügen!“, rief Fuoco erbost auf, und das nächste, was sie tat, war einen Feuersturm auf das ahnungslose Ampharos zu feuern.

Flap schrie auf und als die Flammen erloschen, lag sie auf dem Boden, jammernd.
 

Derrek schüttelte nur den Kopf: „Ich verweigere mich dazu zu äußern. Du weißt, wie ich hierzu stehe.“ Dann wandte er sich ab und beobachtete weiter das Geschehen zwischen Malika und Gregor. „Komm, Malika, wir wollen doch nichts unüberlegtes tun“, versuchte Gregor Besagte zu beruhigen, was aber das Gegenteil zu bewirken schien.

Um Malika entstand eine violett leuchtende Aura, die selbst auf mich weit weg von Malika beängstigend wirkte.
 

Gestein begann sich aus dem Boden zu lösen und schwebte um Malika. „Nein“, keuchte Fuoco, „Wir müssen sie aufhalten! Die Attacke wird unser nicht verschonen!“ Ihre Stimme war angsterfüllt und panisch blickte sie uns an. Aber wie sollten wir das tun? Uns vor sie stürzen? Wohl eher nicht. Also tat ich das, was ich für am besten hielt, und rief Malika zu: „Malika, nicht! Ist es das wert?“ Und tatsächlich schien ich zu ihr durchzudringen, denn für einen Moment löste sich die Aura auf und die Steine fielen zu Boden.
 

„I-ich weiß es nicht“, stammelte sie dann verwirrt, „Es ist nur- er. Ach, was weiß ich!“ Damit drehte sie sich zu uns um und sah uns fragend an. Sie wusste wirklich nicht, was sie tun sollte. Aber nun hatte sie erst einmal das Schlimmste abgewendet. Zum Glück und unser aller Erleichterung.

Auf einmal war ein lautes, ohrenbetäubendes Grollen aus den Wolken zu vernehmen. Der Himmel verdunkelte sich mit Mal immer mehr und grelle, weiße Blitze jagten einander im Himmel, immer gefolgt von einem tiefen Donner.
 

Der Wind nahm stark zu und es war ein unangenehmer, kalter Wind, der einem das Blut in den Adern gefrieren lassen konnte. Die Blätter der mächtigen Bäume wurden aus ihrem Halt gerissen und flogen wild umher. Sand wurde aufgewirbelt und selbst einige kleine Steine lösten sich von der Erde.

Irgendwie breitete sich ein mehr als ungutes Gefühl in mir aus und mein Blick wanderte zu Malika, deren Gesichtsausdruck versteinert schien.
 

Schier unendlicher Horror spiegelte sich auf ihrem Gesicht wider und er schien nicht weichen zu wollen. Elli war neben Malika zu Boden gegangen und sah sie fragen an. „Malika, ist es das?“, rief sie dann gegen den Wind an und erhielt als Antwort nur ein Nicken Malikas.

Dann schlug ein Blitz in einen der Bäume ein und dieser begann augenblicklich zu brennen. Lichterloh brannte er in wenigen Minuten nieder, aber das Feuer schlug nicht über. Nun zeichnete auch Fuocos und Derreks Horror und Angst vor dem Kommenden.
 

„Könntet ihr mir bitte sagen, was hier geschieht!“, rief ich dann wütend aus. Mir reichte es, dass langsam alle Angst bekamen und ich noch nicht einmal wusste, was um mich herum geschah. Selbst Flap, die sich von Fuocos Feuersturm nur schwer erholt hatte, und auch Lave schienen zu wissen, was hier geschah, nur mir sagte man es einfach nicht. Das machte mich wütend.

„Genau, so ungern ich dem Zwerg Recht gebe! Ich will ebenso wissen, was hier geschieht!“, knurrte Gregor.
 

Er wusste auch nicht, was geschah? Das hielt ich für unwahrscheinlich. Aber andererseits würde er mir niemals Recht geben, wenn er es wüsste. „Du weißt es, Tare!“, rief Malika mir dann, endlich aus ihrer Starre erwacht, zu, „Du weißt es, glaube mir. Denk nach, warum wir die Kugel geholt haben!“ In ihrer Stimme schwelgte ein bitterer Unterton mit, der mir nicht entging. Ebenso wenig entging mir Ellis trauriger Blick und endlich traf eine Idee meinen Kopf.
 

Mein Blick wanderte gen Himmel, wo die Blitze immer greller ihre Spuren zogen und somit die dunkle Wolkendecke erhellten. Ich atmete tief ein. Gleich würde ich dem selbst erschaffen Leid entgegentreten müssen, dem Silbernen Himmel und dieses Pokémon würde sicher keine Gnade walten lassen.

Komischer Weise verspürte ich keine Angst vor dem nahenden Tode, der mir baldig gegenüber stehen würde.
 

Im Gegenteil. Große Erleichterung über kam mich, sogar ein wenig Frohsinn. Bald sollte das hier alles ein Ende nehmen. Ein Ende, das mich endlich erlösen würde von der Insel, fort von hier. Zwar auf einem anderen Wege als ich es zuvor wollte, doch ich konnte hier fort. Und so fand ein Lächeln seinen Weg, langsam und zögerlich, auf meine Lippen und mein Gesichtsausdruck wurde deutlich weicher.

Nicht länger wirkten die Blitze so unangenehm grell. Sie waren mehr warme Lichtstrahlen für mich, immer mehr meine Erlösung ankündigend.
 

Und auch der Donner, das laute, angsteinflößende Grollen, hörte sich mehr wie eine Melodie an, die mir die Freude selbst ankündigte. Nur am Rande nahm ich Malika war, die versuchte, mich zurück aus meinem Traum zu holen. Sie rief meinen Namen, ebenso tat es Elli, doch das wirkte viel einladender.

„Verdammt, Tare!“, hörte ich Fuoco furios ausrufen und dann spürte ich einen Schlag im Nacken. Sofort verschwand das Lächeln von meinen Lippen und zurück blieb ein finsterer Blick des Missgefallen.
 

„Was?“, knurrte ich völlig unbewusst und sofort sah ich die anderen erschrocken und gleichzeitig reuevoll an. Ich sah auf den Boden und murmelte dann: „Tut mir Leid. Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist.“ Die Schmerzen hatten mich gepackt, als Fuoco zugeschlagen hatte. Das hatte sie wahrscheinlich nicht beabsichtigt, nur, mich zurück zu holen.

„Mir auch Tare“, keuchte Fuoco dann, während sie begann stark zu schwanken, „Ich musste nur noch den letzten Dienst erweisen, dich hier in der Realität zu erhalten, damit ich endlich gehen kann.“
 

Dann fiel sie zu Boden und regte sich nicht mehr. Kein einziger Atemzug mehr war sichtbar und ich wandte meinen Blick ab, nachdem ich noch zu ihrem leblosen Körper sagte: „Danke.“ Auf einmal erleuchtete der ganze Himmel in einem hellen, gleißenden Licht, der einen dazu zwang, die Augen zu schließen.

Schnell wand ich mein Gesicht dem Boden zu, in der Hoffnung, nicht all zu sehr geblendet zu werden.
 

Ein hoher Laut erfüllte die Gegend. Ein warmer, einhüllender Laut, der einem das Herz hätte aufgehen lassen können, wenn man nicht wusste, von wem dieser Laut stammen musste. Schweren Herzens öffnete ich dann, als das Licht meines Empfinden nach nicht mehr so grell war, meine Augen wieder und erblickte, hoch oben am Himmel noch, ein Dragonir, dass majestätischer nicht seien konnte.
 

Ein langes, großes, weißes Horn saß auf dem Kopf des Dragonirs. Die flügelähnlichen, ausgefransten Federohren waren lang und erschienen in einer rosigen Farbe, während die Kugel an der Kehle in einem dunklen blaugrauen, leicht violetten, Ton leuchtete.

Das, was normal, soweit ich das wusste, bei einem Dragonir blau war, war bei diesem in einem hellen gräulichen Blau.
 

„Silver“, hörte ich Malika neben mir keuchen, „Es ist also wahr, was man über dich sagt.“ Es war mehr ein Flüstern und dennoch schien des Dragonir, dass scheinbar Silver hieß, sie zu hören und flog direkt auf sie zu, nur, um dann direkt vor ihr zum Stehen zu kommen.

„An Gerüchten ist immer etwas Wahres, Wächterin“, entgegnete das Dragonir in einer warmen, ruhigen Stimme. Silver war eindeutig weiblich und auch ihre blauen Augen waren sehr feminin, das hätte ich aber vorher nicht der Entfernung wegen erkennen können.
 

„Ich weiß“, seufzte Malika darauf hin, „Doch ich hätte gewünscht, es wäre nicht du. Nun wird das Ganze hier schwieriger, als es sein müsste.“ Dann deutete Malika zu Elli, um deren Hals die Kugel hing und schlagartig wurden Silvers warme Gesichtszüge eiskalt und hart.

Ich verstand nicht, von was die beiden dort redeten. Es blieb mir ein Rätsel, ebenso, ob dieses Dragonir der so genannte Silberne Himmel war. Und wahrscheinlich würde man es mir noch nicht einmal von alleine erzählen.
 

„Malika“, sagte das Dragonir dann ernst, „Niemals. Das letzte Andenken kann nicht auch noch zerstört werden! Denkt denn keiner an mich, was ich durchmachte zu jener Zeit, dass mich dazu trieb, seinen Platz einzunehmen? Nichts hat man mir gelassen, noch nicht einmal das, was uns als Familie hätte auch ohne ihn weiter leben lassen!“

Ihre Stimme bebte und gegen Ende schrie sie. „Beruhige dich, Silver“, sprach Malika auf sie ein, „Was geschehen muss, muss geschehen. Und du weißt, es wird geschehen.“
 

Für einen Moment herrschte Ruhe und Malika sah in den Himmel, dessen Wolkendecke sich aufgelöst hatte. Zurück war leicht rotorangener Abendhimmel geblieben. Es dämmerte also tatsächlich schon. Dann sprach Malika auf einmal weiter: „Man kann den Lauf der Dinge nicht ändern. Alles was geschieht, geschieht, weil es geschehen muss. So war es auch damals, Silver. Alles hier hat seine Gründe und kein Opfer soll umsonst gebracht sein. Verstehst du?“
 

Bedrückt blickte Angesprochene Malika an und nickte dann zögernd: „Ja, ich verstehe, was du meinst, aber bedenke, Wächter können mit dem Geschehen spielen, es ändern.“

Ihr Blick wanderte zu mir und ich zuckte zusammen. Nicht, weil ich mich vor ihrem Blick fürchtete oder vor dem, was sie mit mir tun würde, wohl eher mehr wegen des Ausdruckes in ihren Augen. Diese Reue, dieses Bedauern, dass sich in ihnen widerspiegelte. Es ergriff sogar meine Seele. Sie sah so verletzt und reuevoll aus. Aber wie konnte man verletzt und doch reuevoll sein?
 

Was hatte dieses Pokémon so verletzt, dass es das mit nur einem Blick übermitteln konnte.

Ihr Blick veränderte sich wieder, wurde erneut weicher und dann schließlich sagte sie: „Du hättest das nicht tun sollen. Nicht du. Du warst für mehr bestimmt und dennoch hast du dich mit dem Lauf der Zeit angelegt und es so kommen lassen, wie es nun ist. Du stehst dort, keine Angst in deinen Augen. Du wartest nur noch auf die Erlösung durch den Himmel, doch so einfach geht das nicht.“
 

Das verwirrte mich zu sehr. Was meinte sie nun damit schon wieder? Konnte man sich nicht einmal klar ausdrücken, wenn man zu mir sprach? Es war doch immer wieder schön, nicht zu wissen, was diejenigen meinten, wenn sie mit einem sprachen! Wirklich.

Silver seufzte: „Du hast den Silbernen Himmel gerufen, doch er kam nicht, denn dafür musst du Angst haben, den Himmel fürchten. Doch so, wie du hier stehst, wird er nicht kommen können, ewig eingeschlossen bleiben und somit kann auch die Kugel nicht zerstört werden.“
 

„Jetzt hör mir mal zu, du aufgeblasenes Dragonir! Sag dem Silbernen Himmel, er soll hierher kommen, damit ich mal ein Wörtchen mit ihm reden kann!“, rief Elli erbost aus, die neben Malika am toben war. „Elli, sei lieber ruhig und rede nicht so mit Silver!“, redete Malika vergebens auf sie ein, ohne Erfolg.

Ich sah, wie Silver ebenfalls wütend zu Elli sah und die beiden sich tödliche Blick zuwarfen. Und ich dachte, Silver wäre vernünftig. Falsch.
 

„Sei ruhig!“, schrie Silver dann und ihre Augen begannen zu leuchten, „Niemand spricht in diesem Ton mit mir. Niemand! Das du es wagst!“ Langsam stieg sie in die Luft und sah auf Elli hinab, bis sie dann fort fuhr: „Noch nicht einmal das Recht dazu hat jemand! Du bist eine Schande für Drachenpokémon, du verdienst es nicht eines zu sein!“

Nun hatte auch ihre Kugel begonnen zu leuchten und Silver stieß einen hohen Schrei aus, der einen durchbohrte.
 

„Wie konntest du es wagen, so mit mir zu sprechen?“, fragte Silver nun irritiert, „Mit mir? Du weißt noch nicht einmal, wem du gegenüber stehst!“ Sie flog unruhig im Himmel umher, immer schnellere Kreise ziehend, wahrscheinlich in der Hoffnung sich zu beruhigen.

Und dann leuchteten meine Augen für den Bruchteil einer Sekunde in einem hellen grün, als ich eine Vermutung bekam, wer sie war. „Bist du es? Bist du die Erlösung? Muss ich dich fürchten unter allen Drachen? Bist du der-“,ich stockte bei meinem Ausruf, „Bist du der Silberne Himmel?“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  hundefrau
2009-01-05T14:13:13+00:00 05.01.2009 15:13
Das Kappi war so ergreifend ;.;
Dein Schreibstil ist so unendlich geil *anherz*
Ohje...
Silver ist böse und dreht grade ein bisschen durch xD
Und was ist der silberne Himmel?


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