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Can't breathe easy

harry x draco <33
von

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Tränen vor Mitternacht

In diesem Jahr schienen die Streitigkeiten zwischen Harry und Draco ihren Höhepunkt erreicht zu haben. Mit lang trainierter Raffinesse beleidigten sich die beiden bis sie kurz davor waren, sich gegenseitig an die Gurgel zu springen. „Harry, du kannst dich wirklich nicht so von ihm provozieren lassen, das nimmt ein böses Ende, glaub es mir!“, warnte ihn Hermine mit besorgter Stimme. „Aber was soll ich denn machen?!“, rief Harry wutentbrannt, während er im Gemeinschaftsraum vor dem Kamin auf und ab marschierte. „Ignorier ihn einfach, man…“, murmelte Ron. „Er ist es nicht wert~“ „Das weiß ich doch! Aber ich kann einfach nicht zulassen, dass er euch und meine Eltern so beleidigt, da verliere ich einfach irgendwann die Kontrolle!“
 

Vor lauter Wut trat Harry mit aller Kraft gegen den Tisch, was zur Folge hatte, dass er kurz darauf vor Schmerzen jaulend auf einem Bein durch den ganzen Raum hopste, bis Hermine es schaffte, ihn erfolgreich mit einem Schmerzlinderungszauber zu belegen. „Ich hab dir gesagt, dass es ein böses Ende nimmt…“, seufzte sie mit verschränkten Armen. „Das war gerade erst der Anfang!“, murrte Harry zornig, während er sich in einen Sessel fallen ließ. „Ich glaube ihn mehr zu hassen als ich es mittlerweile tue ist einfach nur noch unmöglich!“
 


 

Als sie am nächsten Morgen das Klassenzimmer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste betraten, saß Professor Devine an seinem Schreibtisch mit einer Tasse Kaffe vor sich und las den Tagespropheten. Die Schüler trudelten langsam ein, setzten sich in ihre Bänke und flüsterten leise untereinander, doch er blickte nicht auf. Endlich, als wirklich alles mucksmäuschenstill war und er sich dennoch nicht rührte, räusperte Hermine sich vorsichtig. „Erm… Professor?“ Schlagartig legte er den Tagespropheten auf den Tisch und lächelte sie an. „Miss Granger, eine Freude sie zu sehen! Verzeihen sie mir…“, sagte er, nun an die ganze Klasse gewandt. „… aber ich konnte mich einfach nicht von diesem faszinierenden Artikel in der heutigen Morgenausgabe des Tagespropheten losreißen. Hatten sie vielleicht schon Gelegenheit, einen Blick hineinzuwerfen, heute beim Frühstück vielleicht?“ Ausnahmslos alle schüttelten den Kopf. Die Schüler, die den Tagespropheten abonniert hatten, wählten meist die Spätausgabe, da sie mehr Informationen enthielt.
 

Der Lehrer nahm die Zeitung in die Hand, stand auf und ging breit grinsend auf Hermine zu, die unruhig in ihrem Stuhl zurückrutschte. „Bitte, Miss Granger, wären sie wohl so freundlich uns diesen Artikel hier vorzulesen? Er ist gleich auf der zweiten Seite, genau da. Ich glaube er wird uns alle brennend interessieren, da wir dieses Thema bald anfangen wollten…“ Verwundert und neugierig, aber auch irgendwie beunruhigt schlug Hermine die Zeitung auf und begann, laut vorzulesen:
 

„Am gestrigen Abend wurde in den Wäldern nahe des Dorfes Hogsmeade ein toter Hund gefunden. Es ist nun schon das dritte Tier, das in dieser Woche am Waldrand tot aufgefunden wird. Alle drei hatten charakteristische Einstiche in der Halsgegend, ihre leblosen Körper waren von einer Blutlache umgeben.“
 

Sie schluckte. Professor Devines Grinsen verschwand, er wurde ernst, dennoch flüsterte er ermutigend: „Bitte, Miss Granger, fahren sie fort.“ Neugierige, schockierte und verwirrte Blicke hafteten an Hermine als sie weiter las, allerdings klang ihre Stimme viel leiser und Harry bemerkte, dass die dünnen Blätter in ihren Händen leicht zitterten.
 

„Der Hund war am Morgen des selben Tages dem Besitzer entlaufen. Nun brummt das ganze Dorf nur noch von dem Gerücht über den Mörder der Tiere. Es ist recht ersichtlich, wer, oder besser gesagt was über die wehrlosen Lebewesen hergefallen ist. Dennoch verweigern Experten die Aussage und sind nicht bereit, den Tod der drei Tiere durch…“
 

Hermine presste die Lippen zusammen. Ihre Stimme war abrupt abgebrochen. Professor Devine fixierte sie und nickte.
 

„… Vampirbiss zu bestätigen. Doch was bringt es schon, eine Tatsache zu leugnen? Einige Zeugen, die anonym zu verbleiben wünschen, haben bestätigt, eine geheimnisvolle Gestalt im Wald gesichtet zu haben. Ist Hogsmeade und auch die nahegelegene Hogwarts Schule für Hexerei und Zauberei vor dem schrecklichen, blutrünstigen Monster sicher? Meine Wenigkeit wird es für sie herausfinden und sie über den Hogsmeade-Vampir auf dem Laufenden halten.“
 

Das Mädchen warf die Zeitung auf den Tisch, als ob sie etwas heißes in den Fingern gehalten hätte und kurz davor war, sich daran zu verbrennen. Sie sah den Lehrer, der an der Ecke ihrer Bank saß, fassungslos an. „Ein Vampir? Hier, in Hogsmeade?“ Der junge Mann seufzte und stand auf. „Ja, Miss Granger… hatten sie nicht gesagt, dass… es hier keine Vampire gibt?“ Er drehte sich wieder zu ihr um, und auch Harry blickte sie an, um mit Entsetzen festzustellen, dass kleine Tränen in ihren großen, braunen Augen schimmerten. Der Lehrer lächelte milde, ging neben ihrem Stuhl in die Hocke und nahm eine ihrer zitternden Hände. „Miss Granger, ich mache ihnen doch keinen Vorwurf! Ich… - er senkte nachdenklich den Blick - … hatte auch nicht damit gerechnet, oder… eher darauf gehofft, dass wir hier nie einen vorfinden würden, aber… unter diesen Umständen… müssen wir uns wohl beide unseren Irrtum eingestehen, nicht wahr?“
 

Er lächelte sie etwas unbeholfen von unten an, und Hermine nickte heftig, wobei die Tränen sich aus ihren Augen lösten und auf das gelbliche Zeitungspapier tropften. Dann stand Professor Devine auf und ging langsamen Schrittes durch die Klasse, während er mit lauter und fester Stimme sprach. „Angesichts dieser Umstände ist es auch für jeden von euch wichtig, euch nachts unbedingt im Schloss aufzuhalten, habt ihr verstanden? Das ist mein Ernst. Mein voller Ernst. Etwas anderes zu tun wäre einfach nur eine Dummheit und wird von mir bestraft werden! Des Weiteren werden wir das Kapitel Vampire vorziehen. Ich werde heute den Stoff zu den Locklichtern vorzeitig beenden, wir werden ihn später nochmal aufgreifen und ergänzen und ich erwarte von euch höchste Konzentration und Mitarbeit. Wenn ihr auch nur ein Wort, das ich sage, vergesst, bekommt ihr von mir ebenfalls eine Strafarbeit, verstanden?!“ Alle sahen ihn verständnislos an, Hermine jedoch kramte schnell ein frisches Stück Pergament aus ihrer Tasche und begann mit ihrer Feder begleitet von einem kratzenden Geräusch eifrig kleine, unleserliche Buchstaben aneinander zu setzen.
 


 

„Sag mal ist es jetzt mit ihm durchgegangen oder was?!“, regte sich Ron auf, der seine Nacharbeit vor seinem inneren Auge schon auf sich zukommen sah. Harry hörte ihm jedoch nur halb zu, er machte sich eher Sorgen um Hermine. „Hey, Minchen… mach doch nicht so ein Gesicht!“ Er legte behutsam einen Arm um sie und hörte, wie sie leise schluchzte. „Mine, es ist doch wirklich nicht so schlimm, dass du mal Unrecht hattest…“, meinte Ron, nun ruhiger und ebenfalls hörbar besorgt. Doch ihre Freundin schüttelte den braunen Lockenkopf. „Nein, ihr versteht nicht…!“
 

Das taten sie wirklich nicht. Also blickten sie sie fragend an und warteten ungeduldig, bis sie sich ihre Tränen abgewischt hatte und bereit war, sie aufzuklären. „Ein Vampir hier in der Nähe, das ist total gefährlich. Ich… ich hab so viel über Vampire gelesen und damit ist wirklich nicht zu spaßen…“ „Ach Mine, also wirklich!“, unterbrach Ron sie fassungslos. „Ein toter Hund und der macht gleich so ein Theater, ich glaube du schätzt diesen Komiker zu hoch ein.“ Harry mischte sich schnell ein, bevor Hermine wütend etwas darauf antworten konnte, um Professor Devine zu verteidigen.
 

„Ich finde Ron hat wirklich Recht Mine, i~ich meine… ’Meine Wenigkeit’?! Kommt dir das nicht irgendwie bekannt vor? Mir nur allzu gut, das hört sich nämlich ziemlich nach…“ „Nach Rita Kimmkorn an, ich weiß!“, unterbrach ihn Hermine ungeduldig. „Ich habe gesehen, dass sie den Artikel geschrieben hat. Vielleicht existieren diese ’Zeugen’ auch wirklich nicht, aber den toten Hund wird sie sich nicht aus den Fingern gesogen haben, es war ein Foto dabei, ich habe es gesehen, immerhin hatte ich den Artikel in den Händen!“ „Okay, selbst wenn es dort draußen irgendwo einen Vampir gibt, was soll er uns hier schon antun? Ich meine, ich habe zwar noch keine Ahnung über Vampire, aber wenn wir nachts im Schloss bleiben so wie Professor Devine gesagt hat kann uns doch nichts passieren, oder?“
 

Hermine schien sich langsam wieder eingekriegt zu haben. „Ja, du hast Recht… wir sind in Sicherheit.“ „Wahrscheinlich ist an der Sache auch gar nichts dran, ich würde dieser widerlichen Type sogar zutrauen, dass sie die Tiere so abgeschlachtet hat, nur damit sie wieder ne dicke Story rausziehen kann.“, knurrte Ron. Allerdings schien Hermine dieses Argument nicht mal ansatzweise zu überzeugen.
 


 

Am Abend hatten alle den Artikel genauestens studiert und Professor Devines Ansehen war drastisch gesunken. „So eine Panik zu schieben wegen einem dummen Hund und einer noch dümmeren Kimmkorn, also wirklich!“, konnte man an jeder Ecke des Schlosses Schüler klagen hören. „Ich finde er hat Recht…“, murmelte Hermine kleinlaut, als die drei zum Abendessen gingen. „Vorsicht ist besser als Nachsicht.“ „Hat er dir das nicht auch mal gesagt, Minchen?“, fragte Ron, um die Atmosphäre wieder ein bisschen aufzulockern, doch sein Versuch ging mächtig nach Hinten los. Hermines Augen schienen wieder gefährlich glasig zu werden.
 

„Aber mal im Ernst, Hermine: was ist denn so gefährlich an diesen Vampiren?“ Die drei setzten sich an den Tisch. „Sie sind sehr gefährlich, Harry! Sie zählen zu den tödlichsten Kreaturen! Bereits in Lurch Scamanders ’Sagentiere und wo sie zu finden sind’ stand schon, dass-“ Doch sie wurde unterbrochen, denn ein ohrenbetäubendes Heulen beendete das friedliche Gemurmel in der Großen Halle. „Oh nein…“, murrte Ron mit einer angeekelten Grimasse und Harry wandte sein Gesicht zu Tür. Draco war gerade hereingekommen und ging auf die drei zu. „Oh nein, ich habe mich geirrt, Professor, bitte verzeihen sie mir, bestrafen sie mich für meine Dummheit Professor, bitte~!“, säuselte Draco mit einer übertrieben verheulten, hohen Stimme und wischte sich immer wieder über die trockenen Augen.
 

Harry spürte, wie sich seine Hände von selbst zu Fäusten ballten. „Halts Maul, du hässliche Ratte!“, grollte Ron, doch Malfoy lachte nur widerlich. „Wie schade, dass ich es nicht nötig habe, diesen langweiligen Unterricht zu besuchen, diesmal habe ich anscheinend wirklich was verpasst!“ Er grinste Hermine dreckig an, und Harry sah, dass ihre zusammengepressten Lippen zitterten. Ihre Wangen glühten in einem intensiven Rosa. „Nicht weinen, kleines Schlammblut, jeder hier weiß doch auch so, dass du nur ein elender neunmalklug bist und in Wirklichkeit keine Ahnung hast, was du laberst…“, flüsterte er gespielt mitleidig und streckte eine Hand nach ihrer Wange aus, um ihr die nicht vorhandenen Tränen abzuwischen.
 

Doch mit einem Sprung stand Harry neben ihm und packte ihn hart am Handgelenk. „Lass deine dreckigen Finger von ihr, du Frettchen!“ Draco biss die Zähne zusammen und versuchte, Harry von sich zu stoßen. „Oder was?“ „Oder du wirst es bereuen!“, fauchte Harry, ließ ihn los und legte die Hand an seinen Zauberstab. Doch Draco blickte ihn nur überheblich kühl an. „Wie oft hast du mir das nun schon angedroht? Große Klappe nichts dahinter, du traust dich ja doch nicht~ bis jetzt habe ich noch nichts bereut von alledem, was ich schon hätte bereuen sollen, deiner Meinung nach…“ „Achja? Na, dann wird es ja höchste Zeit!“
 

Aber zu viele Blicke waren bereits auf die beiden gerichtet. Malfoy lächelte nur zufrieden und flüsterte, so, dass nur Harry es hören konnte: „Wenn du genug Mut hast, dann zeig mir doch heute Nacht, dass du dich traust, mir eins auszuwischen. Am Eulereiturm um Mitternacht, Harry Angsthase-Potter. Es sei denn ein toter Hund und ein verrückt gewordener Ire haben dir schon genug Angst eingejagt.“ Dann drehte er sich um und ging ruhigen Schrittes zu seinem Tisch hinüber. Harry setzte sich wieder auf seinen Platz. „Was hat er da gesagt, Harry?“, fragte Hermine beunruhigt, während sie sich zu den beiden über den Tisch lehnte. „Nichts…“ murrte Harry und begann zu essen, was aber nicht lange dauerte, da ihm die widerliche Szene mit Draco völlig den Appetit verdorben hatte.
 


 

„Nein Harry, auf GAR KEINEN FALL! Ich wusste, dass dieses ’nichts’ nur das Gegenteil bedeuten kann, aber ich kann es einfach nicht glauben, dass du dich von ihm zu einer solchen Dummheit verleiten lässt!“ Hermine sah in ihrem rosanen Frotté-Bademantel und mit ihren plüschigen Hausschuhen ungeahnt bedrohlich aus, wie sie sich so mit verschränkten Armen und einem noch strengeren Blick als dem von Professor McGonagall persönlich vor ihm aufgebaut hatte. „Hermine, was soll schon passieren? Schlimmstenfalls kriege ich einen harmlosen kleinen Fluch ab, was kann der mir schon antun…“
 

„Hast du schon vergessen, dass dir noch etwas anderes etwas viel schlimmeres antun kann? Da draußen läuft ein Vampir frei herum verdammt noch mal, Harry! Wieso begreifst du nicht, dass du diese Situation einfach nicht einschätzen kannst?! Hör gefälligst auf mich!“
 

„Na und, was kann mir schon passieren? Selbst wenn da irgendwo ein Vampir ist, er ist in Hogsmeade, so nah ist das nun auch nicht und außerdem-“
 

„Nein, kein außerdem, du gehst jetzt sofort wieder schnurstracks ab ins Bett, oder ich hole Professor McGonagall, das mache ich wirklich!“
 

„Oh nein, fang bitte nicht damit an, sind wir wirklich wieder in der ersten Klasse?“
 

„Harry, du fragst mich was dir da passieren kann? Ich sag’s dir, du kannst sterben, das kann dir passieren! Einen der qualvollsten Tode, und wenn du nicht stirbst, wirst du ein noch qualvolleres Leben führen müssen! Warum begreifst du das nicht?!“
 

„Wovon redest du da, zitierst du etwa deinen lieben Freund Lurch Scamander? Das macht doch keinen Sinn Hermine, außerdem ist da draußen kein Vampir, seit wann glaubst du, was Rita Kimmkorn sich zusammenphantasiert hat??“
 

„Ich glaube einem Lehrer, und seit wann bist du so unvorsichtig? Du kannst dich doch nicht von Malfoy so sehr provozieren lassen, dass dein Verstand sich völlig verabschiedet!“
 

Nun war es um Harrys Geduld geschehen. „Meinem Verstand geht es prächtig, und jetzt lass mich endlich in Ruhe! Ich werde dieser widerlichen Kakerlake ein für alle Mal zeigen-“
 

„Harry, du benimmst dich so kindisch!“
 

„Ach, tue ich das? Dann soll mir das recht sein! Und weißt du was? Wenn ich diesem Vampir begegnen sollte, lasse ich mich von ihm beißen!“ Und er stolzierte aus dem Gemeinschaftsraum und ließ eine Hermine mit offen stehendem Mund und wässrigen Augen allein vor dem Kamin stehen.
 


 

Mitternacht war schon nahe. Die Nacht war kühl und finster, dichte Wolken hatten die Sterne versteckt und der Mond schimmerte nur blass durch sie hindurch. „So ein Unsinn, als ob es hier wirklich einen Vampir gäbe… Und selbst wenn, es gibt bestimmt viele Heilmittel gegen Vampirbisse…“, flüsterte Harry sich vor, während er sich durch die Stille auf den Weg zum Eulereiturm machte. Aber dennoch konnte er das Schuldgefühl nicht loswerden, Hermine so angeschrien und so etwas gesagt zu haben. Natürlich würde er sich nicht freiwillig von einem Vampir beißen lassen, das heißt sollte es hier wirklich irgendwo einen geben, aber es war doch selbstverständlich, dass er so etwas nie tun würde. Und Hermine wusste das auch. Aber irgendwie schaffte er es trotzdem nicht, das Bild des toten Hundes, das er sich in Gedanken gezeichnet hatte, da er den Artikel nicht in die Finger bekommen hatte, wieder aus seinem Kopf zu verbannen.
 

„Sie… hat sich doch nur Sorgen gemacht…“, seufzte er, und das Schuldgefühl lastete schwer auf seinem Herzen. ’Und das nicht ganz unberechtigt…’, dachte er sich dabei heimlich. Doch dann hörte er etwas hinter sich rascheln. Er wirbelte herum und war überzeugt, Malfoys herausfordernd grinsendes Gesicht zu erblicken. Stattdessen jedoch stand eine schwarze, schmale, vermummte Gestalt bedrohlich wenige Meter von ihm entfernt und schritt langsam auf ihn zu. Harry konnte eine undefinierbare, raue, tonlose Stimme etwas unverständliches röcheln hören.
 

Und da war es wieder – dieses Gefühl. Diese Starre. Und er wusste, er würde sich nicht von der Stelle rühren können, ehe er diese Worte verstanden hatte. Er war paralysiert vor Angst, und für einen Sekundenbruchteil dachte er an Hermines tränengefüllte Augen, als sie den Artikel gelesen hatte. Die Figur war nur noch zwei oder drei Schritte entfernt, und langsam drangen die Worte in Harrys Ohren. Nein, es war nur ein markdurchfahrendes, erschütternd trocken, tödlich geröcheltes Wort: „Bluuu~t!“ „Scheiße!“, rief Harry, stolperte rückwärts und wollte gerade anfangen, um sein Leben zu rennen, als er ein entsetzlich kaltes, berechnendes Lachen hinter sich hörte. Er blieb wie angewurzelt stehen und drehte sich nicht um.
 

Aber das brauchte er auch nicht. Wenn es ein Vampir gewesen wäre, wäre er sowieso nicht mehr entkommen. Aber es war nicht der Vampir. Es war Draco Malfoy, der ihm gerade den Schrecken seines Lebens versetzt hatte und nun seinen Erfolg in vollen Zügen genoss. Und Harry wollte diesen Triumph in Dracos Gesicht einfach nicht sehen. Es war schlimm genug, dass dieses peinigende Lachen durch die Stille der Nacht wie Peitschenhiebe auf ihn einschlug.
 

Doch je länger er lauschte, umso deutlicher nahm er auch noch ein anderes Geräusch war. Es war ein Schleifen, als ob etwas auf sie zugleiten würde und dabei mit dem Gras raschelte. Und dann ein Röcheln, ganz leise, aber viel tiefer und realistischer als Malfoys. Seine Augen weiteten sich während er sich umdrehte und sich gleichzeitig kaum traute, zu sehen, was hinter ihm war, denn das Schleifen hatte plötzlich aufgehört.
 

Draco hatte seine Kapuze abgesetzt, die Hände auf den Bauch gepresst und Tränen standen ihm schon in den Augen. Er lachte noch immer. Aber sein Lachen bildete einen so schmerzhaften Kontrast mit der Situation, in der die beiden sich gerade befanden, dass Harry davon schlecht wurde und er die in ihm aufsteigende Panik nicht mehr kontrollieren konnte. Und er verstand plötzlich mit einem Schlag, was Hermine gemeint hatte, als sie sagte: ’Wieso begreifst du nicht, dass du diese Situation einfach nicht einschätzen kannst?!’. Jetzt hatte er begriffen. Jetzt wusste er ganz genau, wie gefährlich die Situation wirklich war, auch wenn er immer noch keine Ahnung von Vampiren hatte.
 

Aber dieses große Wesen mit langem, silbrig glänzendem Haar, leichenblasser, aschefarbener Haut und den pupillenlosen, dunklen, unheilvoll schimmernden Augen war zweifellos ein Vampir, obgleich Harry in seinem Leben noch nie zuvor einen gesehen hatte. Seine Augen weiteten sich noch mehr, als das Wesen langsam den Kopf in den Nacken legte und die fülligen, bläulich eingefärbten Lippen öffnete. Der Mond hatte sich gerade in diesem Moment durch die Wolken hindurchgedrängt, um die darin verborgen gehaltenen, schneeweißen, spitzen Eckzähne in helles Licht zu tauchen. Dracos Lachen verstummte.
 

’Warum habe ich mich nur von ihm provozieren lassen? Das wird ein böses Ende nehmen hat Mine gesagt. Wie Recht sie doch hatte!’, schoss es Harry durch den Kopf. „Oh man, du hättest dein Gesicht sehen sollen, Potter! Was bist du nur für ein Angsthase?!“, grölte Malfoy höhnisch. Doch Harrys Augen fixierten die ganze Zeit den scheinbar erstarrten Vampir. Er spürte, wie sein ganzer Körper zu zittern begann. Das Wesen hatte den Mund nun weit offen und glich beinahe einer riesigen, silbernen Schlange, die kurz davor war, zuzuschnappen und ihrem Opfer den tödlichen Schlag zu versetzen. „Du hättest dir doch fast in die-“
 

„Draco, pass auf!“, rief Harry mit heiserer Stimme, als er die Augen des Vampirs zucken sah. Er hörte Malfoys verwundertes und zugleich erschrockenes „Was?!“ nur wie aus weiter Ferne, während er reflexartig zum Zauberstab griff und laut „Stupor!“ schrie, wobei er auf den Vampir deutete. Dieser wurde einige Meter weggeschleudert und zu Boden geworfen. Im selben Augenblick zerriss ein entsetzliches Kreischen die tödliche Stille. Der Zauber schien den Vampir nicht mal ansatzweise außer Gefecht gesetzt zu haben, stattdessen hatte er ihn aber sichtlich verärgert, denn er rappelte sich wieder auf und warf wild röchelnd den Kopf hin und her.
 

Dann erblickte er Draco, der mit weit offenen Mund und Augen dastand. Starr vor Angst. Nicht in der Lage, sich zu bewegen. Der Vampir rauschte auf ihn zu und in Harrys Kopf überschlugen sich die Dinge, er wusste nicht mehr was er tat, er wollte weglaufen, aber er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, keine Befehle an seinen eigenen Körper abgeben. Er hörte sich nur rufen: „Draco, lauf doch! Lauf!!!“, und dann wieder „Stupor!“. Draco warf sich zu Boden und der Zauber traf wieder den Vampir, der wütend aufheulend diesmal sofort auf Harry losging. Und Harry lief.
 

Er wusste nicht wohin, er wusste nicht einmal mehr wie er es machte, dass ihn seine Beine fort trugen so schnell sie konnten, aber es war ihm auch vollkommen egal, das einzige, was jetzt zählte, war zu entkommen, wegzukommen, ganz weit, möglichst weit weg von diesem Ding, das bedrohlich röchelnd über das Gras hinter ihm herglitt. Er hörte Draco laut schreiend in Richtung des Schlosses rennen. Seine Schreie wurden leiser und verstummten schließlich, je weiter Harry in die entgegengesetzte Richtung lief. Aber direkt vor ihm lag ein Abhang, der zum See führte. ’Eine Sackgasse. Es sei denn, ich laufe danach in den Wald. Aber dort werden sie nichtmal mehr meine Leiche finden.’ Der Gedanke erschreckte ihn.
 

Das Röcheln kam näher, das Rauschen wurde lauter. „Nein!“, schrie Harry verzweifelt, als ob es irgendetwas bringen könnte. „Lass mich in Ruhe!“, kreischte er panisch, obwohl er sowieso kaum mehr genug Luft bekam, um weiterzulaufen. Er stolperte den unregelmäßigen Abhang hinunter. Er hörte seinen eigenen, unregelmäßigen Atem. In harten, kurzen Stößen wich die Luft immer mehr aus seinen Lungen. Sein Hals war trocken. Seine Augen brannten von der Dunkelheit, in der er nicht sehen konnte, was unter seinen Füßen war und wo er hinrannte.
 

Seine Beine begannen zu schmerzen. Er klammerte seine Finger fest um seinen Zauberstab, er durfte ihn jetzt nicht verlieren. Seine Hand zitterte. Seine Beine zitterten. Sein ganzer Körper, jeder einzelne Muskel, jede Faser seines Körpers zitterte. Er rannte den steilen Abhang hinab, das Röcheln immer dichter hinter ihm. Und dann knackste er um. Sein Fuß tat entsetzlich weh, aber er rannte weiter. Und stolperte. Er fiel, rollte den Abhang hinab. Hart schlug er unten auf dem ebenen Boden auf. Mit Mühe rappelte er sich wieder hoch und lief weiter. Er war langsamer geworden. Er musste sich etwas am Knöchel getan haben. Aber das verlor an Wichtigkeit, im Angesicht des Todes, der direkt hinter ihm herschwebte.
 

Und dann schlug er mit dem Fuß gegen einen Stein. Und fiel. Und der Vampir holte ihn ein. Er versuchte sich aufzurappeln, war zum Kampf bereit - und war es doch nicht. Sein Kopf war leer. Kein Zauberspruch da. Obwohl er bei jeder Stunde Verteidigung gegen die Dunklen Künste so gut aufgepasst hatte, konnte er sich nun doch nicht schützen. Aber wenigstens hatte er… jemand anderen retten können. War das der höchste Preis, den er jetzt zahlen musste? Aber wofür? Er hob den Zauberstab und murmelte verzweifelt das erste, was ihm einfiel.
 

Expecto patronum…“ Aber da war kein glücklicher Gedanke in seinem Kopf. Nur die Angst. Nur der Gedanke: ’Ich werde sterben.’ Der silbrige Nebel, der aus Harrys Zauberstab schoss, umflutete den sich über ihn beugenden Vampir und zerfloss wieder im Mondlicht. „Nein, ich werde nicht sterben!“, rief Harry heiser, obwohl er immer noch kaum Luft bekam. Er rappelte sich auf, stolperte aber wieder rückwärts über den Stein, rief im Sturz noch einmal „Expecto patronum!“ und schlug dann mit dem Hinterkopf auf einem anderen, großen Stein auf. Er sah nur noch das silbrig-blaue Licht vor sich, dann wurde alles dunkel…



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2009-10-07T20:12:52+00:00 07.10.2009 22:12
Richtig spannend.^^
Ich kann nur Illuna zustimmen =)
Einfach geiles Kapitel
macht Lust auf mehr =)
Lg
Aki ;)
Von:  ReinaDoreen
2008-10-27T20:18:19+00:00 27.10.2008 21:18
Das Prof. Devin die Vampire so ernst nimmt, könnte doch bedeuten das er Erfahrung mit diesen Wesen hat und weiß wie gefährlich sie sind.
Hoffentlich muss Harry seinen Leichtsinn nicht teuer bezahlen, er hat Draco zwar gerettet, aber wie hoch ist der Preis dafür für ihn?
Reni
Von:  Illuna
2008-10-26T12:31:02+00:00 26.10.2008 13:31
Hallu! :D

Du hast es ja schön spannend gemacht am Schluss! >.< So spannend, dass ich mich zwingen musste, jeden Satz zu lesen und nicht nur jeden zweiten, damit ich schneller weiß, wie das Kap endet! XD
War wirklich klasse und mit Freuden erwarte ich das nächste Kapitel, das hoffentlich nich lange auf sich warten lässt! ^^~

Dieser Prof. Devine.. Also, irgendwie kann ich ihn noch nich einschätzen - wäre er mein Lehrer, hätte ich ihn am Anfang wohl auch ganz lustig gefunden (seine Ansprache war genial! *grins*), aber auf die Dauer wäre er mir wohl auf den Nerv gefallen! ^.-

Mal schaun, was da alles noch passiert!!
Bin mächtig aufgeregt, also lass mich ja net lange warten!

Liebe Grüße, deine Luna


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