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Junk

Ich bin doch nur Abfall
von

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Allein

Kapitel 11 - Allein
 

Michael's PoV
 

Ich hatte ihn gar nicht mehr losgelassen. Dann könnte er mich nicht mehr alleine lassen. Nur darin lag doch meine wahre Angst. Allein gelassen werden. So wie es früher immer war. Niemand hatte sich um mich gekümmert. Mein Vater war irgendwann abgehauen, als ich noch kleiner war, und meine Mutter trieb sich immer nur mit irgendwelchen Kerlen rum. Fast jede Woche war es ein anderer. Wenn sie von denen Geld bekommen hätte, dann wäre sie gut und gerne als Hure durchgegangen. Eine solche, die ich jetzt war.
 

Was hatte ich doch in den letzten sechs Jahren alles mit mir machen lassen? Jede Art von Spielchen, die diesen Typen eingefallen war. Immer wieder kam einem eine neue Idee. Etwas, was für ihn vielleicht lustiger sein könnte und was er nur unbedingt mit mir machen wollte. Eigentlich könnte einem daran auch ganz gern einmal der Spaß am Sex vergehen.
 

Obwohl? Es war doch im Grunde schon so. Die Lust war mir schon längst vergangen. Hatte ich es denn in den letzten Wochen nicht ohnehin nur fürs Geld getan? Da war es doch immer wieder schön gewesen, dass ein paar Freier zumindest auf den Doggy-Style standen. So musste ich mir zu meinem Glück nicht auch noch die Visage dieser Freaks reinziehen.
 

Ich drückte mich enger an Benjamin. Ob ich wohl wirklich hier bleiben dürfte. Dafür müsste ich aber meine Sachen aus meiner Wohnung holen. Und da wollte ich gar nicht mehr hin. Mich packte schon die Angst, wenn ich nur daran dachte, dass Patrick dort auf mich warten könnte. Er würde es sicher wieder versuchen.
 

Behutsam strich der Blonde über mein Haar. "Du solltest endlich einmal schlafen!", meinte er vorwurfsvoll. Zaghaft sah ich zu ihm auf. "Ich kann nicht", flüsterte ich. Ob er mir wohl dafür ein paar Schlaftabletten geben würde? Würde ich nett finden. Ich könnte jede Art von Beruhigung brauchen. Solange sie mich von hier weg brachte. Weit weg.
 

"Denk' gar nicht daran, dass ich dir irgendetwas dafür gebe, dass du schlafen kannst." Das war doch klar, dass er es wusste auf was ich hinaus wollte. "Weiß ich", erwiderte ich nur knapp und schmiegte mich noch etwas enger an ihn. Mein Körper ächzte gerade zu nach dem seinen. Physisch war das aber bei mir fast immer so, wenn ich einmal länger in der direkten Nähe von jemand war. Kuscheln war dann immer drin.
 

"Ich will mich ja nicht beschweren, aber du erdrückst mich fast", keuchte Benjamin auf einmal und ich ließ sofort etwas lockerer.
 

Doch lange hielt ich das nicht aus. Meine Umarmung wurde wieder enger. Nur dieses Mal gab Benjamin keinen Mucks von sich. Er war wohl oder übel eingeschlafen.
 

Ich drückte mich leicht hoch um meinen Kopf auf die Brust des Blonden zu legen. So konnte ich mich sogar richtig wohl fühlen. Passierte normalerweise nicht oft. Eigentlich nur, wenn ich jemanden vertraute. Und wieso sollte ich das schon bei jemand tun? So häufig, wie ich schon verletzt worden war.
 

Benjamin streichelte mir über den Nacken. Ganz behutsam. Schlief er wohl doch noch nicht. Hätte mich aber auch irgendwie gewundert. Es schien nämlich so, als ob er sich um mich Sorgen machen würde. Da könnte ich nicht schlafen. Obwohl ich es mir nicht wirklich vorstellen konnte, wie es war, wenn man sich um jemanden sorgte.
 

Wann hatte ich das auch bis jetzt schon einmal gemusst? Nie traf es wohl am besten. Außenseiter mussten sich um niemanden kümmern. Die brauchten auch niemanden. Und Freunde gab es doch in der Stricher-Szene auch nicht. Wir waren alle Konkurrenten. Wenn sich einer einmal den Goldenen Schuss setzte, dann war nur einer wieder weg, der einem die Freier wegnehmen könnte. Also eigentlich immer etwas Gutes.
 

"Mit dir werde ich wohl auch nicht zur Ruhe kommen", murmelte Benjamin und setzte sich auf. Schob mich dadurch auf seinen Schoss. Vorsichtig sticht er mir über die Wange. Ganz kurz jagte es mir einen Schauer durch den Körper. Das war doch schon irgendwie zu viel Zärtlichkeit für mich. Leicht kniff ich die Augen zusammen. Wieso konnte er denn nicht einfach machen? Meine Freier konnten das doch auch immer so leicht. Da ließ sich keiner einfach einmal auf ein richtig langes Vorspiel ein. Da ging es dann eben nur um den Sex.
 

Wenn er doch jetzt schon so vorsichtig war, könnte er dann nicht den Schritt weiter auch gehen? War doch egal, wie gut wir uns jetzt kannten. Ein kleiner One-Night-Stand wäre doch lustig, auch wenn wir uns dann eben jeden Tag sehen würden. Könnte man vielleicht auch einfach irgendwann wiederholen.
 

Ich schlang die Arme um den Blonden und zog mich so zu ihm hoch. Drückte dann einfach meinen Kopf gegen seine Brust. Leise drang sein Herzschlag an mein Ohr. Immer wieder. Dadurch wurde ich ansatzweise schläfrig. Das, was ich doch eigentlich wollte. Schlafen. Einfach schlafen.
 

Benjamin löste vorsichtig meine Umarmung um sich und ich sank freiwillig zurück in die Kissen. Rollte mich dann auch langsam mehr und mehr zusammen. Ich hatte mir das einmal angewöhnt, als ich früher alleine zu Hause war. Nur, weil meine Mutter oft mit Kerlen heim kam, die es nicht so mit Kindern hatten. Aus dem Haus geprügelt hatten sie mich manchmal regelrecht. Und ich durfte dann nachts in der Kälte sitzen und darauf warten, dass ich vielleicht wieder reingelassen wurde, bevor ich mir fast etwas abfror.
 

Und wenn hatte das damals am wenigsten interessiert? Meine werte Mutter! Ich war ihr immer so egal. Eigentlich hielt sie mich nur für ein sinnloses Anhängsel, weswegen sie keinen neuen Mann wirklich abbekam. Einmal hatte sie mir das sogar ins Gesicht gesagt. Da war ich vierzehn. Und wie das einen Vierzehnjährigen fertig macht konnte man sich doch irgendwie denken.
 

Die Sache mit den Drogen war da aber auch schon längst mit dabei. Ein paar Typen hatten es mir auf einer Party angeboten, zu der ich nur eingeladen wurde, damit man mich restlos verarschen konnte. So wie sie es immer getan hatten.
 

An dem Abend hatte ich mich dann einfach in eines der Zimmer im oberen Stockwerk verzogen. Nur durch Zufall waren da schon drei andere Jungen. Keine die ich wirklich kannte. Angeblich gingen sie aber auch auf meine Schule. Nur hatte ich sie dort eben noch nie gesehen.
 

Als wir so in ein kleines Gespräch versunken waren hatte mir einer dann ein Plastiktütchen in die Hand gedrückt. Ich sollte es nur einmal kurz halten. Verwirrt hatte ich das weiße Pulver, das darin war betrachtet und dann schließlich etwas irritiert in die Runde geschaut.
 

"Mann, Kai! Muss das jetzt sein?", fragte ein Schwarzhaariger denjenigen, der mir das Tütchen gegeben hatte. "Lange halt ich es hier ohne nicht mehr aus", erwiderte der aber nur. Der Dunkelhaarige schüttelte darauf nur den Kopf, als ich Kai sein Eigentum schon wieder zurückgegeben hatte.
 

Gebannt sah ich ihm dabei zu, wie der das Pulver in einem Löffel über der Flamme eines Feuerzeuges langsam zum Schmelzen brachte. Bevor er es in eine Spritze zog, sah er nochmal zu mir und warf mir schon im nächsten Moment das Tütchen zu. "Kannst dir schon einen Zug nehmen", meinte er und setzte schon die Nadel an.
 

Die anderen beiden hatten sich etwas entfernter von uns hingesetzt und sahen ihm genauso zu, wie ich. "Wenn du nicht willst, kannst du's auch mir geben", rief mir der Blonde zu, der bis dato dem Schauspiel nur stumm zugesehen hatte. Da kippte ich mir aber schon etwas von dem weißen Zeug auf den Handrücken, bevor ich ihm dann das restliche Tütchen zuwarf.
 

Etwas misstrauisch betrachtete ich zuerst das Pulver. Es würde wohl schon nicht so schlimm sein. Ohne weiter nachzudenken zog ich des durch die Nase. Im ersten Moment wurde es mir etwas schwummrig, doch dann packte mich der Würgreiz. Wenn das Fenster wohl nicht offen gewesen wäre, hätte ich wohl oder übel auf den Boden gekotzt und wäre am nächsten Tag von dem Kerl, der hier wohnte, verprügelt worden.
 

"Beim ersten Mal ist das immer so." Der Blonde hatte mir einen Arm um die Schultern gelegt und irgendwie komisch gegrinst.
 

"Schläfst du jetzt?", fragte Benjamin und riss mich dadurch regelrecht wieder aus meinen Gedanken. Leicht hob ich den Kopf. Er hatte sich auf die Bettkante gesetzt und seufzte schon fast Herz zerreißend.
 

Ich schlang die Arme um seine Taille und schmiegte mich etwas an ihn. Zog ihn ganz leicht zurück. "So geht's besser", murmelte ich und legte meinen Kopf auf seinen Schoss.
 

Und dennoch schlief ich nicht ein. Eine ganze Weile lag ich noch auf ihm wach und er sank gar nicht mehr zurück. Schob mich nur irgendwann von sich herunter, nur um mich in die Kissen zu drücken. Wie die Löwin in diesem Film aus meiner Kindheit - Wie hieß der nur? Der König der Löwen? - blieb ich auf dem Rücken liegen und sah zu ihm auf, wie er sich über mich beugte.
 

"Du siehst irgendwie fertig aus", murmelte Benjamin und sank neben mich auf den Bauch. Ein weiteres Seufzen verließ seine Kehle. Ich rollte mich zu ihm und schlang die Arme um seinen Hals. Genüsslich kuschelte ich mich an ihn, egal ob er mich weg drücken wollte oder nicht. Es war mir so ziemlich egal.
 

"Ich brauch ein bisschen Nähe", flüsterte ich. Das, was mir sonst nur mein Stoff gab. Anders war ich einsam. Und jetzt genauso. Allein fühlte ich mich, obwohl Benjamin hier war. Aber wenn ich mich etwas an ihn kuscheln konnte, war es nicht ganz so schlimm, wie sonst. So hatte ich zumindest irgendjemanden neben mir.
 

Nur dachte der gute Blonde da wohl anders darüber. Er schob mich einfach von sich weg. "Tut mir leid, aber das halte ich nicht aus", flüsterte er und raffte sich hoch. Wollte er mich wieder allein lassen?
 

Dieses Mal blieb ich liegen und ließ ihn gehen. Jetzt war es mir auch egal, was er tat. Dann war ich eben hier ganz für mich. Niemand interessierte sich doch für mich. Das hatte es noch nie. Ewige Einsamkeit für mich. War doch egal. Eigentlich war ich es doch gewohnt, dass keiner bei mir war. Nur dachte ich, dass das endlich einmal enden könnte. Tat es wohl nur nicht.
 

Wer wollte aber auch wirklich einen kleinen Stricher wie mich haben? Ich war nichts wert. Nicht einmal einen Pfifferling.
 

Da hörte ich aber auf einmal wieder die Zimmertür. Verschreckt kauerte ich mich zusammen. "Dich kann man doch wirklich nicht einfach alleine lassen", hörte ich Benjamin sagen. War er denn wirklich nochmal gekommen? Irgendwie konnte ich das nicht glauben.



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Kommentare zu diesem Kapitel (8)

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Von: abgemeldet
2009-03-06T00:31:19+00:00 06.03.2009 01:31
Oooh wie traurig...*schnief*...bin nur froh, dass Benjamin wieder zurück ins Zimmer gekommen ist...armer Michael...
GlG
Von:  Xai
2009-03-05T22:39:51+00:00 05.03.2009 23:39
doooch^^ er kommt wieder
ich hoffe es geht ganz schnell mit irgendeinem kapitel weiter ^^
LG und ich bin nciht fähig vernünftige kommentare zu manchen.. tut mir leid.. :(
Von:  midoriyuki
2009-03-05T20:22:46+00:00 05.03.2009 21:22
Unglaublich schönes Kapitel:)
Und ich bin immer wieder überrascht wie schnell und nachhaltig du deinen Schreibstil verbesserst*nick*
Aber der Kleine tut einem auch wirklich leid...Da will man am liebsten Benjamin ans Bett ketten damit er nimmer weggeht^^"

Naja, freu mich schon auf das nächste Kapitel:)

Liebe Grüße
Yuki
Von:  Flippi
2009-03-05T19:38:08+00:00 05.03.2009 20:38
Oh, das war wieder mal ein Kapi!
Da hatte es wieder mal sooo eine böse Mutter....
Also wirklich, so was sollte man ja nicht machen.. =.=
Aber was solls...
Das bekomt wohl wieder mal niemand mit....
Aber er sollte jetzt dann ja seine nähe mal bekommen,
also wird es da vielleicht schon bald bisschen besser gehen....
Aber mal gucken wie es da wohl mit den zwei weiter geht!

jedenfalls hat das kapi mir wieder sooo gut gefallen!
War wieder super toll geschrieben!
Freue mich jetzt wirklich schon sooos ehr auf das neue!
Lg

Flippi
Von: abgemeldet
2009-03-05T18:59:39+00:00 05.03.2009 19:59
Michael ist echt süß!
Aber dass er Nähe braucht, verstehe ich...
Seine Mutter war ja auch echt scheiße...
Freue mich schon aufs nächste Kapi!^^
Laa
Von:  SinTheFox
2009-03-05T17:39:46+00:00 05.03.2009 18:39
Es geht weiter!!
Der arme, arme Michael. Ab liebsten würde ich ihn knuddeln...
Benjamin ist aber auch dumm. Michael will doch nur kuscheln... *grins*

Bin ja schon auf's nächste Kappi gespannt.
Du schreibst deine Geschichten wirklich toll, man fühlt richtig mit.
Mach weiter so
LG Jallara
Von:  Endstation
2009-03-05T17:39:29+00:00 05.03.2009 18:39
ich verstehe michael das er nähe will...
aber auch benjamin, das er das nich so abkann....
das ist so gemein T///T
ich hoffe im nächsten kapitel kommen sie sich FREUNDSCHAFTLICH näher (ich bezweifle das benjamin auf michael eingehen würde....zumindest jetzt schon *grins*)
bis zum nchsten kapi!!

bye <33
Von: abgemeldet
2009-03-05T15:31:19+00:00 05.03.2009 16:31
ohhhh der kleine tut mir immer soooooo leid wenn ich das lese.
*heul*
Ich glaub den würd ich knuddeln und schmussen bis keine Ahnung.
Ich liebe wie du deine storys schreibst
>/////////<
danke
für die tollen Geschichten.
Mach weiter so


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