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Hoffnung zu Asche

Schatten und Licht, Band 2
von

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Ein klärendes Gespräch

Hitomi hielt ihre Arme über den Oberkörper verschränkt. Wie vor drei Jahren badete man sie in einem riesigen Zimmer, in das durch große Fenster die Sonne schien. Die einzigen Möbel waren ein Tisch, ein Hocker und die Wanne, in der sie lag. Eine der drei Dienerinnen goss sacht heißes Wasser nach, jedoch scheute sich Hitomi ihr dabei in die Augen zu sehen. Die restlichen zwei standen an der verhangenen Tür und erwarteten ihren Einsatz. Eine hielt ein Handtuch, die andere einen Bademantel.

Die erste Dienerin stellte das Wasser ab und griff nach der Seife. Ohne ein Widerwort ließ Hitomi das Waschen über sich ergehen. Ihr Körper spannte sich hin und wieder unter dem Druck der professionellen Hände auf ihrer Haut. Was die Frauen wohl alles an ihrem Körper auszusetzen hatten? Sie hoffte, Van würde nie darauf bestehen, dass sich Diener um die Pflege ihres Körpers kümmern. Über kurz oder lang würde sie diesen totalen Verlust der Privatsphäre nicht verkraften.

Nachdem der letzte Rest Seife von ihrer Haut gespült worden war, stieg sie aus der Wanne und streckte die Arme aus. Die zweite Dienerin trocknete sie gründlich ab und ließ dabei keine Hautfläche unberührt. Hitomi hatte gute Lust im Boden zu versinken. Zuletzt streifte die dritte Dienerin ihr den Mantel über, den sie eng an sich presste und sorgfältig zu knotete. Wenn alles so wie letztes Mal ablaufen sollte, würde man sie jetzt in die angrenzende Kleiderkammer führen, doch nichts dergleichen geschah. Stattdessen verabschiedeten sich die Frauen respektvoll und verschwanden hinter den gelben Vorhang.

An ihrer statt betrat zu Hitomis Leidwesen ein Mann das Badezimmer. Sie hatte ihn nicht oft gesehen, aber oft genug um ihn wieder zu erkennen. König Aston! Verunsichert presste Hitomi ihren Mantel enger an sich und trat zurück. Er hingegen blieb bei der Tür stehen um verbeugte sich.

„Bitte verzeiht mein forsches Erscheinen, Fräulein Hitomi, aber dies war die einzige Gelegenheit allein mit euch zu sein.“

Die junge Frau besann sich auf die wenigen Lektionen, die ihr Merle kurz vor der Reise noch geben konnte. Demnach war die Etikette nicht nur ein Stein, über den man stolpern konnte. Man konnte sich auch hinter ihm verstecken. Wenn man vor Verunsicherung nicht mehr weiter wusste, musste man sich einfach nur an die Regeln halten und man hatte einen Weg durch jede Konfrontation hindurch. Hitomi erwiderte die Geste mit einem Knicks.

„Ihr habt mich überrascht, euer Majestät.“, sagte sie diplomatisch. „Aber ihr habt recht. Wir müssen reden.“ Aston trat einen Schritt vor, woraufhin Hitomi die Hand hob. „Das ist nah genug. Noch näher und ich fürchte, meine Zurückhaltung wird zerreißen.“

„Wie ihr wollt.“, meinte er und zeigte ihr für einen Augenblick seine leeren Hände. „Ich bin nicht hier um euch zu schaden. Das war nie meine Absicht.“

„Was war denn eure Absicht?“, sprudelte es aus ihr heraus, ehe sie sich wieder unter Kontrolle hatte. Zu spät erkannte sie, dass der Schaden bereits angerichtet war. „Wie viele Male habt ihr versucht mich zu entführen?“, erkundigte sie sich etwas vorsichtiger.

„Wenn ihr die gescheiterte Verhaftung über Farnelia mit zählt, zwei Mal.“, antwortete er ohne Umschweife. „Als ihr mich vor drei Jahren das erste Mal angesprochen habt, geschah das ohne jeden Respekt. Ihr wart fremdes Mädchen mit kurzem Haar, schmalen Augen, dunkler Haut und seltsamen Sitten. Das faszinierte mich. Noch dazu hatte meine Tochter euch offensichtlich für würdig befunden, wie ich später von der Dienerschaft erfuhr.“ Hitomi lauschte Aufmerksam seiner Rechtfertigung. „Ich wollte euch kennen lernen, allerdings nicht nur als flüchtige Bekanntschaft, was alles gewesen wäre, was König Van und Ritter Allen zugelassen hätten. Außerdem wollte ich euch vor der Gefahr bewahren, die der Umgang mit diesen beiden Männern zwangsläufig bringt, also ließ ich euch entführen. Leider war das Verlangen seiner Majestät König Van euch zu besitzen schon damals sehr ausgeprägt und der Plan scheiterte. Es traf genau das ein, was ich fürchtete. Ihr wurdet in den Krieg mit hinein gezogen.“

„Das soll ich euch glauben?“, zweifelte Hitomi unverblümt. „Ihr wolltet mich also nur beschützen.“

„Wie ich schon sagte, hatte ich auch ein persönliches Interesse daran, euch kennen zu lernen.“, gab Aston offen zu. „Aber als Draiden sich weigerte euch auszuliefern, geschah das tatsächlich auf meinen Wunsch hin.“

„Was soll dann dieser Haftbefehl?“

„Gegen euch liegt tatsächlich eine Anklage vor. Ich werde euch gern einen Anwalt schicken, der euch die Einzelheiten erklärt. Ich bin mir jedoch sicher, dass wir gemeinsam alle Vorwürfe entkräften können.“

„Ich soll mich dabei auf euch verlassen?“, hakte Hitomi nach.

„Das wäre mir eine Ehre.“, antwortete der König selbstsicher. „Allerdings kann ich euch nicht offen unterstützen, da man die Beziehung unserer Länder nach den neusten Zwischenfällen als kühl bezeichnen muss. Oder habt ihr Kunde, die den Dialog wieder in Gang bringen könnten?“

„Ich fürchte nicht.“, antwortete Hitomi. „Ich kann nur hoffen, dass eure Motive so selbstlos sind, wie ihr behauptet. Ich werde König Van heiraten.“

„Ist das wahr?“, versicherte sich Aston. Er war sichtlich betroffen, auch wenn dies mehr oder weniger den Voraussagen seines Beraters entsprach.

„Die Hochzeit ist in paar Wochen. Ich habe euch und eurer Tochter Einladungen mitgebracht.“, bestätigte Hitomi.

„Ich bitte euch, es sich noch einmal zu überlegen.“, versuchte Aston es ein weiteres Mal. „Eure Verbindung mit Van wird keine Probleme lösen, sondern eher welche schaffen.“ Hitomi beschloss ihn nicht zu unterbrechen. Schließlich würde sie sich die folgenden Argumente sich sicherlich noch oft anhören müssen. Es war besser, sie gewöhnte sich gleich daran. „Prinzessin Sophia ist ledig und er wäre der richtige Herrscher um Chuzario zu alter Größe zu führen.“

„Und wo bleib ich?“, fragte Hitomi und kam sich dabei ziemlich egoistisch vor. „Soll ich einfach so zusehen, wie die Liebe meines Lebens verschwindet?“

„Es gibt mehr als nur einen Mann, der euch liebt.“, antwortete Aston schlicht. Hitomi schwieg verdattert. „Nachdem meine Frau bei der Geburt von Milerna gestorben war, hatte ich auch nicht geglaubt, dieses Gefühl noch einmal spüren zu können.“

„Wenn man den Gerüchten trauen kann, die sich um schwangere Dienerinnen im Palast ranken, habt ihr dieses Gefühl danach sehr oft gespürt.“, warf sie ihm vor.

„Ich habe keine von ihnen je im Stich gelassen. Sie alle besitzen eine Wohnung und genug Geld, um das Kind zu ernähren und es zur Schule zu schicken.“, verteidigte sich Aston. „Die letzte verließ den Palast erst vor einen Monat. Es ist euch also noch möglich Astoria einen Prinzen zu schenken.“

Hitomi unterdrückte einen Schauder.

„Was ist mit Draiden?“

„Er ist gegangen, noch bevor er ein Kind gezeugt hat. Bei so wenig Pflichtgefühl seinem Volk gegenüber, würde ich es bevorzugen, dass er nicht mein Nachfolger wird. Leider rennt mir die Zeit davon. Ich kann seine Krönung nur verhindern, indem ich einen legitimen Erbe zeuge.“

„Warum ich?“, fragte sie ungläubig. „Es gibt mit Sicherheit viele adlige Frauen, die eurem Anliegen mit Freuden nachkommen würden.“

„Ihr seid wie roher Diamant.“, begründete Aston. „Zwar ungeschliffen, als einzige jedoch hart genug, um die Rechte eures Sohnes zu verteidigen, wenn ich nicht mehr lebe und er noch zu jung dazu ist. Ich habe es in euren Augen gesehen, als ihr das erste Mal mit gesprochen habt. In eurer Pracht und eurem Wert, Fräulein Hitomi, kann euch keine Frau dieser Welt das Wasser reichen.“ Er machte mit einer Hand eine ausschweifende Bewegung. „All die anderen adligen Weiber sind nicht dazu erzogen, ihren Vätern und deren Freunden die Stirn zu bieten. Sie werden vor den Männern auf die Knie gehen, so wie man ihnen es beigebracht hat, und die Rechte des Königs auf Silbertabletten verschenken.“

„Wie ich sehe, seid ihr schonungslos ehrlich mit mir.“, sagte Hitomi pikiert. „Dann will ich es auch sein. Ich werde euch nicht heiraten, unter gar keinen Umständen.“

„Das tut mir Leid.“, meinte Aston. „Ihr könntet den Menschen hier so viel geben.“

„Das werde ich auch. Wir beide können den Menschen in Astoria und Farnelia so viel geben, wenn wir nicht zu lassen, dass ein so unglückliches Missverständnis einen Graben zwischen unseren Völker aushebt.“

„Und was schlagt ihr vor?“, fragte Aston überrascht. „Soll ich zusehen, wie der König eines kleinen Bauernstaates mir meine Liebe nimmt.“

„Dieser kleine Bauernstaat könnte für stabile Lebensmittelpreise in Astoria und Zaibach sorgen.“ sagte Hitomi offen heraus. „Ihr werdet es ertragen müssen, als mein Freund und für euer Volk. Nur in einer konstruktiven und versöhnlichen Atmosphäre werden werden wir zu konstruktiven Ergebnissen kommen.“

„Ich verlangt viel.“, murrte der König.

„Meine Freundschaft ist auch viel wert.“, erwiderte Hitomi keck. Aston lächelte. Es war ein breites, ehrliches Lächeln, wie sie es bei ihm noch nie gesehen hatte. Sie selbst würde zwar auch über ihren Schatten springen müssen, aber vielleicht, nur vielleicht könnte es sich sogar lohnen.

„Ich weiß schon, warum ich euch zu meiner Königin ausgewählt habe.“, brummte er heiter. „Nun gut, ich lasse euch in ein paar Stunden rufen. Bringt die Einladungen mit. Ich habe dann vielleicht auch schon eine Antwort.“

Er verbeugte sich förmlich vor ihr, sie führte noch etwas unbeholfen einen Knicks aus. Dann war er durch die Tür verschwunden und eine Dienerin trat ungebeten herein. Hitomi seufzte angesichts der ihr bevorstehenden Anprobe gefühlter hundert Kleider. Wenn wenigstens Merle oder Milerna dabei wären oder Van sie in dem neuen Kleid sehen könnte...



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