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Kristallherz

... *Autor hüllt sich in geheimnisvolles (?) Schweigen* XD
von

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Chapter 9

Die Augenblicke dehnten sich zu Ewigkeiten und eigentlich war Jeanne schon fast sicher, dass sie viel zu langsam war und das Kristallherz schon längst von den unheiligen Händen der Dämonen entweiht worden war, bis sie es erreichte. Doch anscheinend taten die vielfach verzweigten Gänge der Katakomben, die jeden in die Irre führten, der sich hier nicht auskannte, ihren Dienst, denn als sie das Herz des Dorfes erreichte, war sie noch immer allein und kein Dämon weit und breit zu sehen.

Die riesige Höhle, deren Ausmaße allen Regeln der Logik zum Trotz gewaltig waren, war leer. Unter der Decke, die so hoch war, dass man sie nicht mehr erkennen konnte, schwebten keine geflügelten Bestien und auch der graue steinerne Boden war noch jungfräulich und nicht von Blut oder unheiligem Leben entweiht.

Die junge Frau stand vollkommen allein in der riesigen, leeren Höhle, die von einem sanften Licht erhellt wurde, welches im Rhythmus eines entspannten Herzens zu pulsieren schien. Die Magie hatte sich hier von einem reißenden Strom zu einem ruhigen Ozean gewandelt und unwillkürlich wurde Jeanne etwas ruhiger.

Ihr rasender Puls beruhigte sich ein wenig. Ihre Hektik schwand, als sie einen vorsichtigen Schritt in die riesige Höhle tat. Das Geräusch ihrer Sohlen auf dem harten Steinboden hallte durch die ganze Halle.

Ein weiterer Schritt folgte. Dann wurde Jeannes Blick wie magisch von dem angezogen, wofür die Dämonen wüteten, das Dorf lebte und so viele schon ihr Leben gegeben hatten. Das, das zu schützen sie geschworen hatte. Herz und Leben des Dorfes. Quell der Magie und des Lebens. Ursprung der Magie und des sanften Lichts in der Höhle.

Exakt in der Mitte des riesigen unterirdischen Hohlraums schwebte ein nahezu mannshoher Kristall etwa auf Brusthöhe in der Luft. Er schien in jeder Farbe der Welt zugleich zu leuchten, doch der vorherrschende Ton war ein sanftes, ruhiges Rosa.

Jeanne näherte sich dem Kristallherzen noch weiter.

Tiefe innere Ruhe und eine unbeschreibliche Ehrfurcht ergriffen von ihr Besitz. Die Sorge um Azrael war wie weggewischt, die Existenz ihres geflügelten Freundes vollkommen vergessen.

Ein winziger Teil der jungen Frau fragte sich, was hier gerade vor sich ging. Sie war dem gewaltigen Kristall, dessen Form in der Tat ein wenig an ein Herz erinnerte, bereits des öfteren gegenübergestanden, doch es war das erste Mal, dass so etwas mit ihr passierte. Doch dieser ängstliche, fast schon panische Teil ihres Bewusstseins wurde einfach von dem sanften Wogen der Magie und diesem unglaublichen inneren Frieden hinweggespült.

Langsam und gemessenen Schrittes, ohne sich dieser Bewegung überhaupt bewusst zu sein, den Blick ständig auf das sanft leuchtende Kristallherz gerichtet, näherte sie sich der Quelle der Magie.

Und je näher sie dem wundervollen Gebilde kam, desto mehr verlor alles an Bedeutung. Sie vergaß ihre Sorge um Azrael. Sie vergaß das Schlachten in den Gängen und im oberirdischen Bereich der Siedlung. Sie vergaß das Schicksal des Bogenschützen. Sie vergaß den Anblick des dahingeschlachteten Antoines.

Stattdessen wurde sie von einem inneren Frieden und dem sanften Wogen der Magie ausgefüllt. Ohne dass sie es selbst bemerkte, passte sich ihr Herzschlag dem sanften Pulsieren des Kristallherzens an.

Schließlich stand Jeanne direkt vor dem gewaltigen Edelstein, der sich ruhig um seine eigene Achse drehte, während er in der Luft schwebte. Sie hätte nur noch ihren Arm ausstrecken müssen, um die glatte Oberfläche des Steins zu berühren.

Vielleicht hätte sie es auch getan, doch da beendete eine herablassende Stimme hinter ihr jäh den Bann, der auf ihr gelegen hatte. Sie fuhr auf der Stelle herum. Der innere Frieden war wie weggeblasen und ihre Zweifel und die Bilder ihrer Erinnerung kehrten mit grauenvoller Heftigkeit zurück. Ihr Puls hämmerte hinter ihren Schläfen. Sie war bereit sich – und das Kristallherz – zu verteidigen, gegen alles und jeden, was dort hinter ihr sein mochte.

Sie zuckte für einen Moment zusammen, als sie erkannte, wer sich unbemerkt von hinten genähert hatte. Einen schicksalhaften Moment lang war Jeanne sicher, dass es Azrael war, der hierher gekommen war, doch sie erkannte ihren Irrtum sehr schnell.

Zwar ragten auch diesem Fremden zwei gewaltige Schwingen aus dem Rücken, doch damit endeten auch schon alle Ähnlichkeiten, die ihn mit ihrem seraphischen Mitbewohner verbanden.

„Ich kam um einen Dämon zu vernichten und finde seine Hure“, lachte der Fremde laut.

Dieses Wesen sah fast aus wie die Engelsdarstellungen in der Kirche. Etwas längere blonde Haare, die ein helles Gesicht umrahmten. Eine silbrig schimmernde Rüstung schützte seinen Körper und er hielt ein langes Schwert mit einer fast schon weißen Klinge in der Rechten. Zwei weiße Schwingen ragten aus seinem Rücken und zwei strahlend blaue Augen sahen sie an. – Nur fehlte ihm die Güte der Engelsdarstellungen. Statt Erbarmen und Sanftheit standen Arroganz, Stolz und Hass in seinen Zügen.

Unwillkürlich wollte Jeanne einen Schritt zurückweichen, doch das Kristallherz versperrte ihr den Weg.

„Wer bist du? Was willst du?“, rief sie dem Fremden entgegen.

Ohne dass sie es hätte verhindern könne, zitterte ihre Stimme und Angst sprach aus ihr. Das veranlasste den Engel zu einem weiteren Lachen, das wie eine eiskalte Klinge in ihre Eingeweide schnitt.

„Hast du etwa Angst, du kleine Schlampe? – Willst du nicht deine Hexenkräfte gegen mich schleudern?“

Er trat einen Schritt nach vorne und griff nach ihr. Die junge Frau taumelte zurück und jagte dem Angreifer einen verzweifelten magischen Blitz entgegen. Die Magie traf ihn direkt in die Brust, doch er taumelte nicht einmal. Stattdessen grinste er nur, was ihr einen kalten Schauer über den Rücken jagte.

Da berührte die behandschuhte Hand sie auch schon und Jeanne quietschte gepeinigt auf. Sie hatte Angst. Unglaubliche Angst. Und es war dem Engel deutlich anzusehen, wie sehr er es genoss.

„Lass sie auf der Stelle los!“

Die fordernde Stimme, die schärfer und kälter wohl kaum hätte sein können, traf den Blonden in den Rücken und ließ ihn herumfahren. Jeanne ließ er einfach los, sodass die junge Frau unsanft auf dem Boden landete und sich schnell einige Schritte in Sicherheit brachte.

„Lange nicht mehr gesehen, alter Freund“, höhnte der Engel daraufhin.

Alter Freund?, dachte Jeanne irritiert, da erst erkannte sie, wer es nun auch in die Halle geschafft hatte.

„Azrael!“, rief sie erleichtert.

Doch ihr geflügelter Freund beachtete sie kaum. Er überzeugte sich mit einem kurzen Blick, ob sie in Ordnung war, dann wandte er sich grimmig an den Fremden.

„Leider nicht lange genug“, knurrte Azrael kalt, „was willst du hier, Michael?“

„Freust du dich nicht deinen alten Freund zu sehen?“, wollte der blonde Engel mit gespieltem Erstaunen wissen.

„Wir waren nie Freunde und werden es niemals sein“, kam die abschmetternde Antwort ihres Mitbewohners.

Die junge Frau verfolgte die Bewegungen der beiden Engel erstaunt und war gebannt von dem, was sich vor ihren Augen abspielte.

Doch nicht etwa DER Michael..., dachte sie ängstlich.

„Stimmt“, erwiderte da der Weißgeflügelte auch schon.

Diesmal klang seine Stimme hart, kalt und schneidend.

„Wer sollte auch schon etwas mit einem Verräter zu tun haben wollen?“, zischte er und lachte dann kalt auf.

Kaum merklich zuckte Azrael unter diesen Worten zusammen und warf einen kurzen, fast schon ängstlichen Blick in Jeannes Richtung.

„Was soll das? – Azrael hat nie etwas getan! Er ist kein Verräter!“, rief die junge Magierin dem Engel empört entgegen.

Sie war mittlerweile wieder auf den Beinen.

Was bitte sollten die Worte Michaels? – Wahrscheinlich wollte er sie nur gegen ihren Freund aufhetzen! Azrael und jemanden verraten? Niemals!

Natürlich entging dem Engel der Blick des Schwarzgeflügelten nicht und bei Jeannes Worten sah er kurz zu der Frau und lachte daraufhin auf, bevor er sich wieder dem anderen Seraphen zuwandte.

„Du hast es ihr niemals erzählt, was?“, fragte er ihren geflügelten Freund amüsiert, der daraufhin seinem Blick auswich und sich beharrlich ausschwieg.

„Nein, natürlich hast du das nicht“, beantwortete sich Michael seine Frage gleich selbst, bevor er sich noch einmal zu der jungen Magierin umwandte, diesmal komplett.

Irgendetwas in seinen Zügen ließ ihr Angst und Bange werden und mit einem Mal fürchtete sie sich vor den Worten, die er ihr gleich entgegenbringen würde.

„Weißt du, Kleine, dein ach so toller Engelsfreund ist eigentlich ein elendiger Verräter, den man dafür aus dem Himmel gestoßen hat“, meinte er mit einem befriedigten, sadistischen Lächeln auf den Zügen.

„Das stimmt nicht! Du lügst!“, rief die junge Frau verzweifelt.

„Er hat sich mit den Dämonen verbündet und ein ganzes Heer von ihnen gegen den Himmlischen geführt“, fuhr Michael unbeeindruckt fort und das Grinsen auf seinen Zügen wurde sogar noch breiter.

Ihm machte das alles sichtlich Spaß.

„Nein! – Azrael würde so etwas niemals tun!“, erwiderte Jeanne, doch ihre Stimme klang nicht mehr ganz so selbstsicher.

„Tja... Da kennst du deinen Freund wohl ziemlich schlecht, nicht wahr, Azrael?“, lachte der Engel, doch ihr Mitbewohner schwieg weiterhin.

War es Schuldbewusstsein, das ihn zum Schweigen bewegte? – Nein, das konnte, das durfte einfach nicht sein.

„Er würde so etwas niemals tun“, widersprach die junge Frau ihm erneut, doch sie klang nicht einmal mehr halb so überzeugt, wie sie es sich gewünscht hätte.

Was wenn doch...?, dachte sie ängstlich und konnte sich dieser Gedanken nicht erwehren.

„Dabei kommt das Beste erst noch“, führte Michael seine Rede vergnügt weiter, „obwohl er seine Strafe bekommen hat, konnte er es wohl einfach nicht lassen. Verräter bleibt wohl doch Verräter...“

„Was soll das bedeuten?“

Ihr Einwurf sollte scharf und schneidend klingen, doch er hörte sich eher ängstlich an. Mehr ein verzweifeltes Quietschen als ein entschlossenes Donnern.

„Was das bedeuten soll?“ Der Engel musterte sie mit gespieltem Erstaunen, bevor er ein dreckiges und sadistisches Lächeln an den Tag legte, „was glaubst du wohl, wer für diesen Dämonenangriff verantwortlich ist...?“

Jeanne verschlug es bei dieser ungeheuren Anschuldigung die Sprache und sie blickte den blonden Engel geschockt an. Doch es war nicht die bloße Unfassbarkeit dieser Anklage – das kann nicht sein, Azrael würde so etwas niemals tun – die sie verstummen ließ. Ein kleiner Teil ihres Bewusstseins fürchtete sich davor, dass die Worte Michaels mehr als nur eine schamlose Lüge waren. Dass Azrael tatsächlich dafür verantwortlich war.

„Du glaubst mir nicht, wie?“, meinte der gerüstete Engel, dem das Ganze ungeheuer viel Spaß zu machen schien, „dann überzeuge dich doch selbst. Sieh ihn dir doch einmal genau an. – Oder seit wann ist Dämonenblut rot?“

Er lachte, während Jeanne ganz automatisch der Aufforderung nachkam und Azrael noch einmal genauer untersuchte, wobei sie schreckliche Angst vor dem hatte, was sie womöglich sehen würde.



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