Zum Inhalt der Seite

Der Antiquitätenhändler

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

I. Paradies

Disclaimer für alle Kapitel:

Tom Riddle und alles aus dem Potterverse aufgegriffene ist alleiniges, geistiges Eigentum von Joanne K. Rowling.

Die Passagen der "Göttlichen Komödie" gehören zu Dante Aligheri.

Thomas Byrne, sowie John & seine Familie und der Plot gehören zu mir.
 

Da starb ich nicht und konnte auch nicht leben,

Bedenk für dich, wenn du ein Gran Verstand,

Was aus mir wurde ohne Tod und Leben.
 

Io non mori', e non rimasi vivo:

pensa oggimai per te, s'hai fior d'ingegno,

qual io divenni, d'uno e d'altro privo.
 

(Hölle XXXIV. Gesang - IX. Höllenkreis. Die Verräter. Judas.)
 


 

London, Piccadilly Street, 07. Juni 1946
 

Thomas röchelte, bekam keine Luft und starrte entsetzt auf die Blutlache, die sich auf dem schneeweißen Marmorboden ausbreitete.

Seine Hände drückten schmerzhaft auf die Wunde an seinem Hals, Krämpfe schüttelten ihn, während das Blut durch seine Finger über sein weißes Hemd, auf seine Hose und den Boden floß.
 

Thomas sah verschwommen, dass er sich bewegte.
 

Er.
 

Thomas Kräfte schwanden. Eine kalte Müdigkeit breitete sich in ihm aus und langsam kippte er zur Seite.

Er spürte etwas Warmes. Warm und feucht. Sein Blut.
 

Das Letzte, das Thomas sah, war das kalte, erfreute Lächeln seines Mörders, der mit dunkeln Augen zusah, wie Thomas an seinem eigenen Blut erstickte.
 

Teil I. Das Paradies
 

Kehrt um zum Strand, für den ihr seid geboren,

Und wagt euch nicht hinaus aufs hohe Meer!

Verliert ihr mich, seid ihr vielleicht verloren.
 

Tornate a riveder li vostri litri:

non vi mettet in pelago, ché, forse,

perdendo me, rimarreste smarriti.
 

(Himmel II. Gesang - I. Himmel: Die Seelen der Schwachen..)
 

London, Piccadilly Street, ein Tag vorher
 

Der Abend dämmerte bereits, als John leise an die Tür zu seinem Arbeitszimmer klopfte.
 

Thomas zuckte kurz zusammen und fluchte leise.

"Herein!"

Die schwere Holztür öffnete mit leisem Knarren.

John, der schon für Thomas Vater gearbeitet und gute Dienste geleistet hatte, betrat den Raum: "Sir? Hier ist ein Herr, der gerne mit Ihnen persönlich sprechen möchte."

"Er soll warten", erwiderte Thomas konzentriert.
 

Gerade war er dabei einen wertvollen Dolch, dessen Fertigung er auf die Zeit zwischen 900 und 1100 nach Christus schätzte, für eine seiner besten Kundinnen in aufwendiger Präzisionsarbeit zu restaurieren.

Ein wundervolles Objekt:

Eine silberne Klinge mit aufwendig eingearbeiteten Runen. Thomas lächelte über den naiven Glauben an Magie zur der Zeit, in der dieses wunderbare Stück Handwerkskunst gefertigt worden war.

Der Haltegriff war aus Leder, hochqualitativ, mit Stickereien, die dem Endstück das Aussehen eines Schlangenkopfes gaben.

Grüne Smaragde funkelten in den ledernen Augenhöhlen - ein wahres Wunder, dass die Originale noch immer in ihren Fassungen ruhten und darauf warteten, in neuem Glanz zu erstrahlen.
 

Natürlich konnte er die Arbeit an dem Objekt kurzzeitig unterbrechen, doch gerade war er daran die letzten Reste von Dreck, Blut und sonstigen Ansammlungen vom Schaft der Klinge zu entfernen.

Mit der Spitze eines Skalpells, das mit einer hauchdünnen Wachsschicht überzogen war, um das wertvolle Objekt nicht zu verletzen, kratzte er vorsichtig an dem Schaft.

Thomas fragte sich, wie viele Leben diese mittlerweile stumpfe Klinge wohl beendet haben mochte.
 

Zehn Minuten später öffnete Thomas die Tür zum Vorzimmer und sah in einem der barocken Sessel einen jungen Mann sitzen, der aufstand, als der Antiquitätenhändler das Zimmer betrat.
 

"Thomas Byrne", stellte er sich vor, ging auf den Fremden zu und streckte ihm die Hand entgegen.

Kurz schien es ihm, als würden die dunklen Augen seines Gegenübers, die Thomas eingehend musterten, zu wütend verengten Schlitzen.

"Tom Marvolo Riddle", stellte sich der Fremde vor und gab Thomas die Hand. Die Abscheu, die Thomas glaubte in den Augen gesehen zu haben, war verschwunden und er konnte keine Gefühlsregung mehr darin erkennen.
 

"Was kann ich für sie tun, Mister Riddle?", fragte Thomas und bedeutete seinem Gast, ihm in den angrenzenden, großen Raum zu folgen.
 

Drei große Bilder zierten die Wände des Arbeitszimmers, alle drei Szenen aus Dante Aligheris Göttlicher Komödie.
 

Der Dolch lag wieder wohlverwahrt im Tresor hinter einem Bildnis des Paradieses in den Mauern rechterhand des Schreibtisches.

Die Szene, die der Künstler hier ausgewählt hatte, war die der Tugendhaften, die singend und tanzend unter rötlichen, kreuzartigen Blitzen Christus priesen.
 

Sein Gast, Mister Riddle, besah sich aufmerksam die Bilder an den Wänden und setzte sich nach einem Wink des Hausherren in einen der beiden hochlehnigen Lederstühle vor den Schreibtisch.

Thomas stellte mit überraschtem Wohlgefallen fest, dass Mister Riddle ein ausgesprochen höfliches Verhalten an den Tag legte, in dessen Genuss man - gerade bei der Jugend - nur noch selten kam.

Mit seinen fünfunddreißig Jahren zählte Thomas selbst noch zur Jugend, zumindest laut seinen Kollegen, die alle weit über fünfzig waren, doch den jungen Mann vor sich schätzte er auf den ersten Blick auf Anfang zwanzig. Höchstens.

Das gepflegte Aussehen und der teure Stoff des Mantels verriet Thomas, dass Mister Riddle entweder aus gutem Hause stammte, oder bereits einen beachtlichen Erfolg in seinem Berufsleben vorweisen konnte.

Es wäre auch möglich, dass seine Frau aus gutem Hause stammte, schließlich musste nicht jeder, wie er selbst, zum Jungesellendasein verdammt sein. Und Mister Riddle hatte, Thomas Einschätzung nach, gute Chancen beim anderen Geschlecht.

Kurz beneidete Thomas Riddle um sein gutes, wenn auch hageres, Aussehen, doch rief er sich sofort in Erinnerung, dass er an seiner Einsamkeit selbst Schuld war: Sein Leben waren Antiquitäten, und keine Frau hatte es länger als ein paar Wochen mit ihm ausgehalten.

Oftmals folgte nach einer Verabredung keine zweite. Nicht, weil Thomas unhöflich oder aufdringlich geworden war, er hatte einfach nicht mehr die Zeit gefunden und nach ein paar Wochen hatten die Frauen an ihm und er an den Frauen das Interesse verloren.
 

Thomas räusperte sich verschämt, als er bemerkte, dass er sein Gegenüber während seiner Gedankengänge hatte warten lassen. Riddle sah ihn aufmerksam, mit einem seltsam wissenden Lächeln auf den schmalen Lippen, an. "Wie kann ich Ihnen helfen, Mister Riddle?"
 

"Ich komme von Borgin & Burkes", antwortete Riddle leise, "Mister Borgin und Mister Burke sind immer auf der Suche nach besonderen Gegenständen und alten Artefakten. Ich komme mit dem Gesuch, einen Blick auf Ihre Schätze werfen zu dürfen und Ihnen ein Angebot zu unterbreiten, sollte ich etwas finden, das Mister Borgin und Mister Burke interessieren könnte."
 

Der Name Borgin & Burkes kam Thomas vage bekannt vor und er erinnerte sich, dass sein Vater in den zwanziger Jahren manchmal Mister Burke zu Besuch hatte, der oftmals mit leeren Händen ging, doch manchmal Einzelstücke für angemessene - wenn nicht sogar ausgesprochen gute - Preise kaufte.

Thomas versuchte sich an das Gesicht von Mister Burke zu erinnern, doch die Erinnerungen waren verschwommen und kamen ihm seltsam fremd vor.

Er schüttelte den Kopf, als würde er seine Gedanken zurecht rücken wollen.

In den fünfzehn Jahren, in denen Thomas das Geschäft ohne seinen Vater führte, war Mister Burke noch nie an ihn heran getreten. Dennoch sollte ihn das nicht davon abhalten, zumindest den ersten Schritt auf eine, vielleicht lukrative, Geschäftsverbindung einzugehen.

"Sind Sie befugt, mir ein Angebot zu unterbreiten?", fragte Thomas und hoffte sein Gegenüber dadurch nicht zu kränken.

Riddle lächelte kalt: "Ich bin jung, Mister Byrnes, aber meine Urteilsfähigkeit in solchen Belangen genießt Mister Burkes vollstes Vertrauen."
 

Thomas nickte. "Morgen Abend habe ich ein bis zwei Stunden Zeit, um Ihnen einige Objekte, die für Sie interessant sein könnten, zu präsentieren."

"Gerne", lächelte Riddle, "Mister Burke wird erfreut sein, das zu hören."

"Werde ich mit Mister Burkes Anwesenheit rechnen können?", wollte Thomas wissen und hoffte mit einem der Geschäftsinhaber verhandeln zu können.

Zwar zweifelte er nicht an Riddles Urteilsfähigkeit, trotz seiner Jugend, doch er schien keine Leidenschaft für Antiquitäten zu haben.

Thomas glaubte, dass Mister Burke die Geschichte, die mit den verschiedenen Gegenständen in Verbindung stand, spüren konnte und diese dementsprechend entlohnen würde.
 

"Antiquitäten sind meine Leidenschaft", sagte Riddle, als könnte er Gedanken lesen, und lächelte Thomas entwaffnend an.
 

"Gut", erwiderte Thomas und versuchte ebenfalls zu lächeln - irgendetwas an Riddle irritierte ihn.
 

Die kalten, dunklen Augen, in deren braunem Irisring Thomas glaubte einen Stich ins rötliche zu sehen...
 

Riddle stand auf und streckte ihm lächelnd die Hand entgegen. "Vielen Dank für Ihre Zeit, Mister Byrne. Ich werde morgen pünktlich um sieben Uhr Abends bei Ihnen sein, wenn Ihnen das recht ist."

"Sicher", murmelte Thomas, erhob sich ebenfalls, ergriff kurz die ihm dargebotene Hand und wollte Riddle hinaus begleiten.

"Machen Sie sich keine Umstände, Mister Byrne, ich werde den Weg hinaus alleine finden. Sie haben sicherlich noch viel zu tun."

Thomas nickte und sah zu, wie der junge Mann sein Arbeitszimmer verließ.
 

Ihn fröstelte, obwohl der Kamin unter dem Bildnis der Hölle eine angenehme Wärme ausstrahlte.

Riddles Finger waren kalt gewesen und die Berührung erinnerte ihn an etwas, von dem er sich nicht entsinnen konnte, was es war.
 


 

Eigentlich wollte Thomas nicht mit Riddle allein sein, doch John hatte am folgenden Tag - wie jeden Mittwoch - den Nachmittag frei.

Er überlegte sich, ob er John bitten sollte, an diesem Abend zu bleiben, verwarf diesen Gedanken jedoch sofort wieder.

John hatte Familie, und Thomas forderte bereits mehr als genug Zeit von ihm.
 

Thomas drehte sich in Richtung des Tresors, um mit seiner Arbeit fortzufahren - und erstarrte.

Auf dem Schrank unter dem Bildnis des Pardieses stand ein Objekt aus Afrika, das einer seiner Kunden ihm als Geschenk von einer seiner Reisen mitgebracht hatte.
 

Schlagartig wurde Thomas bewusst, an was ihn die Berührung mit Riddles Fingern, mit seiner Haut, erinnert hatte.

Genau an dieses Objekt.
 

Im Schein des Feuers glitzerten ihm die roten Glasaugen der ausgestopften Schlange bösartig entgegen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2009-10-14T15:55:16+00:00 14.10.2009 17:55
Hallo!

Ich muss mich wohl bei dir entschuldigen, ich habe diese Story viel zu lange ungelesen in meiner Favoritenliste verstauben lassen und mir dabei wirkich etwas entgehen lassen, wie ich nun feststellen muss...

Den ersten Teil habe ich also gerade gelesen und ich muss gestehen, dass ich wirklich beeindruckt von deiner Schreibkunst bin!
Hier auf Animexx findet man selten solche Talente.

Ich freue mich schon, den zweiten Teil zu lesen, was ich, glaube ich auch sofort tun werde.
Entschuldige nochmal, dass ich es vorher nicht gelesen habe, normalerweise mache ich sowas nicht, weil ih mich selbst immer darüber aufrege.

Liebe Grüße,
deine LynniE.
Von: abgemeldet
2008-11-18T08:54:22+00:00 18.11.2008 09:54
oi oô
Hab gerade das erste Kapitel gelesen.. hast wirklich sehr schön geschrieben, mit viel Spannung und so, dass ich mir alles schön Bildlich vorstellen kann.
Ich finds wirklich toll un sehr gelungen^^
Hat mich gefesselt. Dennoch hab ich keine Zeit die nächsten 2 Kapitel zu lesen -.-
Nach der Arbeit^^
*favo mach* super! ^ö^b
lg Hufi~


Zurück