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Honey

von

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Kapitel 1 - "Hey moon, please forget to fall down ..."


 

Fandome: Cinema Bizarre

Rating: P16 / Slash

Pairing: Kiro x Luminor, Kiro x Strify

Genre: Drama, Shônen Ai

Disclaimer / Claimer: Cinema Bizarre gehören leider nicht mir, ich möchte ihnen mit dieser Story nicht schaden und verdiene auch kein Geld mit der Geschichte. Die Geschichte ist frei erfunden, die Idee und der Stil gehören mir und ich bitte, von Kopie o.ä. abzusehen. Viel Spaß nun!

Inhalt: Es geht – grob gesagt – um Luminor und Kiro. Luminor ist stets für Kiro da, wenn es diesem schlecht geht und er eine Schulter zum Anlehnen braucht. Seit Jahren geht das schon und es scheint jedes Mal zu funktionieren. Doch was, wenn plötzlich ...

Kapitel 1

„Hey moon, please forget to fall down ...“
 

Wortlos hielt ich deinen zitternden Körper fest, strich sanft mit meiner freien Hand über deinen Rücken. Immer wieder entrang sich deiner Kehle ein Schluchzen, mein Oberteil war von unzähligen deiner Tränen durchnässt.

Schon immer war ich der Einzige, dem du deine Tränen geschenkt hast. Schon immer war ich der Einzige, bei dem du Schutz und Hilfe suchtest, wenn irgendetwas passiert war. Und seit jeher hatte ich dich stets festgehalten, deine Tränen getrocknet, war für dich da gewesen. Ich allein wusste von deiner Vergangenheit, nur mir hattest du bisher das Vertrauen entgegen gebracht, dich ganz zu öffnen. Oder war es in den vergangenen Jahren einfach zur Gewohnheit geworden?
 

Langsam richtetest du dich auf und fuhrst dir mit dem Ärmel deines Hemdes über die Augen. Schwarze und silberne Striemen blieben auf dem weißen Stoff zurück, doch du ignoriertest sie, sahst mir nur einen Moment lang in die Augen.

„Danke ...“

„Du weißt, dass ich da bin.“

Du nicktest nur, dein Blick wanderte wieder auf die Bettdecke unter uns. „ ... nicht langsam?“, konnte ich nur noch aufschnappen, du hattest viel zu leise geredet, ich sah genau, dass du mit aller Kraft neue Tränen unterdrücktest.

Ich setzte einen fragenden Blick auf, hob vorsichtig deinen Kopf, indem ich meinen Zeigefinger unter dein Kinn legte. „Wie bitte?“

„Nervt es dich nicht langsam?“, wiederholtest du unsicher deine Worte und entlocktest mir damit ein leichtes Lächeln. „Nein, niemals.“ Ich zog dich wieder an mich und legte meinen Kopf auf deinen. „Mach dir darum keine Gedanken.“

Ich spürte dein Nicken, dann hieltest du dich wieder an mir fest. Eine Weile noch zuckten deine Schultern, zitterten deine Finger, die sich an meinem Rücken verkrampft hatten. Dann warst du erschöpft in meinen Armen eingeschlafen.

Behutsam löste ich mich von dir, legte dich richtig in mein Bett und breitete meine Decke über dir aus. Einen Augenblick noch beobachtete ich dich, wie du mit geröteten Augen und verlaufener Schminke wie so oft vor mir lagst, dann löste ich meinen Blick von dir und ging zu meinem Schreibtisch. Dort lagen wie immer mein altes Notizbuch und ein paar Bleistifte – ich schrieb nicht gern mit Kugelschreibern, lieber noch mit Federhaltern. Mich dir zugewandt auf meinem bequemen Stuhl niederlassend, schlug ich das in schwarzes Leder gefasste Buch auf und blätterte auf die letzte beschriebene Seite. Wie immer flossen die Worte wie von selbst aus dem Stift, den meine Hand so sicher führte, auf das wertvolle Papier.
 

Die Sprache hatte mir schon immer gelegen. Viele meinten, man könne sich durch Zeichnen und Malerei am besten ausdrücken. Doch das stimmte nicht. Ich konnte noch nie besonders gut zeichnen – eigentlich konnte ich es gar nicht – und ich hatte auch kein Interesse daran. Einzig durch die Poesie konnte ich das ausdrücken, wofür ich sonst keine Worte fand. Das, was meine Lippen nie verlassen wurde, wenngleich jede Zelle meines Körpers mit diesen Empfindungen fast bis zum Bersten gefüllt war. Manchmal, vor allem in Situationen wie diesen, dachte ich, gleich müsste ich platzen und all diese Gefühle würden sich ihren eigenen Weg nach draußen bahnen.

Doch nie passierte es. Stets rettete mich deine Erschöpfung, die dich in einen tiefen Schlaf sinken ließ, bevor ein falsches Wort meine Lippen verlassen konnte.

Und dann schrieb ich. All die mich überschwemmenden Gefühle flossen aufs Papier, wurden aufgesogen und verweilten in den geschwungenen Linien, in die ich sie gebannt hatte. Für den Augenblick. Für diesen unendlich kurzen Augenblick.
 

Mit einem leisen Murren drehtest du dich irgendwann auf den Rücken, saßest kurz darauf schon verschlafen auf meinem Bett und riebst dir über die Augen.

„Tut mir Leid, ich bin schon wieder eingeschlafen ...“, murmeltest du, schlugst die Bettdecke zurück und standest langsam auf. Kamst auf mich zu.

„Ist doch nicht schlimm, du warst erschöpft.“ Mein warmes Lächeln empfing dich, ich erhob mich von meinem Stuhl und ging einen Schritt in deine Richtung. Meine Hand an deiner Wange schaute ich dir tief in die Augen. „Geht es dir ein wenig besser?“

Du nicktest leicht, erwidertest meinen Blick. Noch immer wirktest du unheimlich fertig.

„Danke, dass du immer für mich da bist ... ich wüsste einfach nicht, was ich ohne dich machen sollte“, sagtest du leise, nachdem dein Blick wieder zum Boden gewandert war.

„Ich werde immer da sein. So wie früher. So wie jetzt“, versicherte ich dir und umarmte dich noch einmal. Wieder nicktest du zaghaft. „Ich brauch dich“ – ein Flüstern so leise, dass du dir bestimmt sicher warst, ich hätte es nicht gehört.
 

Du löstest dich wieder von mir, sahst mich mit deinen grünen Augen, die noch immer von den verschmierten Resten deines Kajals und Lidschattens verunziert waren, ein wenig unsicher an. „Ich geh eben schnell ins Bad und ... versuch das hier zu retten“ – du deutetest zögerlich auf deine verwischte Schminke – „und dann mach ich uns was zu essen. Magst du was Bestimmtes?“

Ich schüttelte nur leicht den Kopf, schenkte dir ein erneutes Lächeln.

„Ok, ich ruf dann“, meintest du noch, dann warst du auch schon verschwunden.
 

Ich ließ mich auf mein Bett fallen und strich gedankenverloren über die Bettdecke. Noch immer waren deine Wärme und deine Tränen mit ihr verwoben.

„Ich brauch dich auch“, sagte ich leise in die Stille des Raumes und schloss die Augen.
 

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[Musik: Panic! at the Disco – Nothern Downpour]
 

Kapitel 2 - "When all you got is hurt"

AN: Danke für die 6 lieben Reviews! :) Ich hoffe, ich habe das zweite Kapitel in etwa auf dem selben Niveau geschrieben. Eigentlich wollte ich noch ein zwei Szenen dran hängen, aber das wär mir jetzt zu lang geworden .. außerdem bin ich heute nach dem 12 Stunden Arbeitstag unheimlich müde ... Und das nun, obwohl ich gerade die nächsten beiden Szenen schon so lang im Kopf hab .....

Nun ja ...
 

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Kapitel 2

„When all you got is hurt“
 

Wenige Augenblicke später stecktest du deinen Kopf wieder ins Zimmer. Du hattest dich abgeschminkt, von den vorangegangenen Stunden war nur der traurige Ausdruck in deinen Augen geblieben, über den auch dein leichtes Lächeln nicht hinweg täuschen konnte.

„Ich mach dann Essen“, verkündetest du, wolltest die Tür schon wieder schließen, als ich mich mit einem „Ich helfe dir“ vom Bett erhob und dir nachging.

Du hattest dich für etwas Einfaches entschieden – Hähnchenpfanne mit Gemüse. Warum nicht. Während ich das Fleisch aus dem Kühlschrank nahm, abtrocknete und dann zerlegte, widmetest du dich dem Zerkleinern der Paprika. Immer wieder warf ich einen verstohlenen Blick zu dir hinüber, wirktest du doch die ganze Zeit über noch ein wenig unkonzentriert. Verhalten atmete ich auf, als du mit dem Zerschneiden fertig warst und Butter in eine der Pfannen gabst.
 

Kurze Zeit später setzten wir uns im Wohnzimmer auf dem Sofa, die Teller und je ein Glas Cola auf dem niedrigen Couchtisch vor uns abstellend. Ich schaltete die Musikanlage ein, leise fluteten die ersten Töne den Raum, als ich dir einen „Guten Appetit“ wünschte.
 

„Sagst du mir, was heute passiert ist?“, fragte ich vorsichtig, als wir beide mit dem Essen fertig waren und die leeren Teller in die Küche zurückgebracht hatten.

„Hm“, machtest du und zogst diesen undefinierbaren Laut ein wenig in die Länge. Ich setzte mich neben dich, als du dich wieder auf dem Sofa niederließest, wartete auf deine Reaktion. Als du dich leicht an mich lehntest, legte ich einen Arm um die Schultern und hielt dich einfach eine Weile fest.

„Ich habe es ihm gesagt ...“, flüstertest du nach einer Weile. Ich musste dich nicht ansehen, um zu wissen, dass neue Tränen über deine Wangen flossen – deine Stimme war brüchig und ließ die nächste Frage eigentlich vollkommen überflüssig werden. Dennoch gab ich ein leises „Und wie hat er reagiert?“ zurück.

„Er ... er hat ... es nur für einen Scherz gehalten und es einfach abgetan. Als ich beteuert hab, dass es mein voller Ernst war, hat er mich mit seinem typischen ‚Das glaubst du doch wohl selbst nicht’-Blick angeschaut und gesagt: ‚Kiroooo, lass den Quatsch! Man verarscht seine Freunde nicht!’ ... und dann hat er mich einfach stehen lassen ...“

Ich zog dich näher an mich, sodass ich beide Arme um deinen Körper schlingen konnte. Beruhigend strich ich dir über dein kurzes, blondes Haar, dann über die dunkleren Haare darunter bis in deinen Nacken.

„Er ist einfach gegangen?“, fragte ich mit einem verständnislosen Unterton. Ich hatte mir schon oft genug ausgemalt, wie das Ganze ablaufen würde, doch dass er einfach ging und deine Worte als bloßen Spaß abgetan hatte – nein, damit hatte ich nicht wirklich gerechnet. Eher noch mit einem hysterischen Aufschrei oder völligem Unglauben. Aber einfach so seiner Wege zu gehen, als wäre nichts passiert ... Hatte ich mich wirklich so sehr in dem Anderen getäuscht?

„Ja“, kam es leise von dir, langsam hattest du dich wieder beruhigt. „Sehe ich etwa aus, als würde ich mit so etwas Scherze machen?“ Du hattest dich aufgerichtet, schautest mir nun aufgebracht in die Augen. Ich hätte dich ewig ansehen können genau in diesem Moment ... und doch – es würde mir verwehrt bleiben, dafür würde ich selbst Sorge tragen.

„Nein, du siehst überhaupt nicht aus, als würdest du jemals wieder Scherze machen wollen“, erwiderte ich ruhig und strich dir über die Wange.

„Es hat weh getan ...“, murmeltest du bedrückt und starrtest auf die hellen Polster unter uns. Ein schwaches Seufzen stahl sich über deine Lippen, dann herrschte Stille. Aus den Lautsprechern hallte nur noch ein leises „Too late ... tonight ...“
 

Eine Weile schwiegen wir einfach. Die Musik war längst verklungen, als ich deine Hand in meine legte und dir einen aufmunternden Blick schenkte, als du den Kopf hobst.

„Lass uns rausgehen. Irgendwohin. Aber hier fällt uns die Decke auf den Kopf ...“ Leicht lächelte ich, als du mich unentschlossen ansahst.

„Was meinst du? Vielleicht einfach noch eine Stunde in den kleinen Club, ein paar Straßen weiter?“ – Noch immer sahst du skeptisch drein. „Wenn du möchtest, kannst du die Nacht hier verbringen, dann musst du nicht mehr so spät noch nach Hause fahren.“

„Hm“, machtest du wieder, diesmal klang es allerdings etwas mehr nach Zustimmung als noch vor ein paar Minuten.

Vorsichtig zog ich dich hoch und schloss dich erneut in meine Arme.

„Lass uns doch erstmal schauen. Wenn du nicht mehr möchtest, gehen wir wieder zurück.“ Ich drückte dich wieder ein kleines Stück weg, um dir in die Augen sehen zu können. „In Ordnung?“

Ein leichtes Nicken deinerseits war mir Bestätigung genug, sodass ich dich sanft in Richtung Bad schob, damit du dich fertig machen konntest.

Kaum hattest du die Tür hinter dir geschlossen, verschwand ich in meinem Schlafzimmer, um mir etwas Passendes anzuziehen und noch einmal Schminke und Frisur zu überprüfen.

Ein paar Minuten später saß ich bereits im Wohnzimmer und schnürte meine Zwanziglocher – normalerweise ließ ich sie halb offen und band die Schnürsenken nur um den Schaft, doch heute war mir danach, mir die Mühe des kompletten Zuschnürens zu machen. Selbst wenn es nur für ein paar Minuten im Club sein sollte.
 

„Fertig?“ Du stecktest schüchtern deinen Kopf durch den Türrahmen und sahst zu mir rüber.

Ich nickte, stand auf und schaute dich von Kopf bis Fuß an, während ich auf dich zu in den Flur ging.

„Du siehst wunderbar aus“, bemerkte ich, als du dir deine schwarz-weiß gestreifte Stoffjacke überzogst.

„D-danke, du auch“, brachtest du gerade noch heraus. „Kommst du jetzt, oder willst du mir Löcher in den Bauch starren?“, fragtest du gleich darauf, ergriffst meine Hand und zogst mich nach draußen.

Deine leicht geröteten Wangen ließen mich schmunzeln und ich hatte absolut nichts dagegen, dass deine Hand so selbstverständlich nach meiner gegriffen hatte und sie nun festhielt, als hättest du Angst, mich unterwegs zu verlieren.
 

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[Musik: R.E.M., The Corrs, U2 – One (Live)]

Kapitel 3 - "I hear the laughter, I taste the tears"

AN: ganz lieben Dank für diese durchweg positiven Rückmeldungen! Ihr macht mich sehr glücklich ........ deshalb wohl hier schon wieder Nachschub ^^ Wie immer gerade getippt und ungebetat ^^

Viel ... äh .. Spaß? ^^ *g*
 

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Kapitel 3

„I hear the laughter, I taste the tears“
 

Kaum im Club angekommen, steuerten wir direkt auf die Bar zu und bestellten uns etwas zu trinken. Du natürlich ein Bier, ich konnte mich eher für einen Rotwein begeistern.

Eine Weile standen wir nur schweigend nebeneinander, musterten die Menschen, die sich tanzend oder sich unterhaltend an uns vorbei bewegten, dann schlug ich vor, uns eine gemütliche Sitzecke zu suchen und so nicht die ganze Zeit, die wir hier sein würden, im Stehen zu verbringen. Du ließest dich ohne Protest von mir mitnehmen, als ich auf eine Sitzgruppe an einer der dunkel gestrichenen Wände zuging und mich anschließend in die Polster der kleinen Couch fallen ließ. Du nahmst neben mir Platz und nipptest an deiner Bierflasche, dein Blick schweifte über die Tanzfläche, die Bar und die anderen Tische in unserer Nähe.

Suchtest du jemanden?

Glaubtest du vielleicht, er würde auch hier sein?

Ich wusste zwar, dass er nicht allzu weit entfernt von diesem Club wohnte, doch nicht häufig hierher ging. Warum sollte er es gerade an diesem Abend tun?
 

Nach einiger Zeit, in der wir beide ein wenig getrunken und noch weniger geredet hatten, erhobst du dich plötzlich.

„Bin gleich wieder da“, verkündetest du und verschwandest über die Tanzfläche in Richtung Herrentoilette.

Auch ich erhob mich daraufhin und schlenderte mit meinem leeren Glas und deiner gerade ausgetrunkenen Flasche zur Bar hinüber. Ich kannte den einen der beiden Barkeeper und unterhielt mich ein bisschen mit ihm über dies und das, während er dafür sorgte, dass ich meine Bestellung bekam. Dass du noch immer nicht zurückgekehrt warst, fiel mir erst nach ein paar Minuten auf.

Ein unbehagliches Gefühl breitete sich von meiner Magengegend ausgehend in meinem ganzen Körper aus. Was machtest du so lange?

Unruhig ließ ich meinen Blick durch den Club schweifen, doch keine Spur von deinem blond-schwarzen Haarschopf. Eilig ließ ich einen verdutzten Barkeeper und die Bestellung stehen und ging ein paar Schritte in Richtung der Tanzfläche, um einen besseren Überblick zu bekommen. Nichts. Du bliebst verschwunden. Ob du noch immer ...? – Halt, da! Hinter der extra eingezogenen Trennwand, die den Clubbereich von den Sanitäranlagen abschirmte, blitzte eine schwarz-weiß gestreifte Jacke auf.

Sofort lief ich los und konnte schon wenig später den Grund für dein langes Wegbleiben erkennen: ein paar Halbstarke hatten dich eingekreist und schienen dich zu verspotten – zumindest glaubte ich, dies in ihren Gesichtern lesen zu können.

„Lasst mich endlich in Ruhe!“, konnte ich gerade so aus deinem Mund erahnen, ich war einfach noch zu weit weg und die Musik war auch hier noch zu laut, um wirklich etwas verstehen zu können. Du wolltest dich an ihnen vorbeidrängen, doch einer verstellte dir den Weg. Er war gut einen Kopf größer als du, sodass du gezwungen warst, deinen Kopf ein Stück in den Nacken zu legen, als du ihm einen trotzigen Blick entgegen warfst. Du würdest dich nicht unterkriegen lassen, davon war ich überzeugt.

Ich konnte nicht hören, was er zu dir sagte, konnte es auch nicht erahnen, da er mit dem Rücken zu mir stand, doch plötzlich veränderte sich dein Blick und deine Augen bekamen einen glasigen Schimmer. Keine Zeit zum Nachdenken.

Schon trat ich neben dich, einen Arm um deine Hüfte schlingend, mit der freien Hand bedeckte ich vorsichtig deine Augen und zog dich an mich.

„Ihr habt ihn gehört, lasst ihn in Ruhe!“, sagte ich fest und sah die – wie ich erst jetzt feststellte – vier Kerle entschlossen an. „Macht, dass ihr wegkommt.“

„Sonst was, Gruftschlampe?“, höhnte einer, doch den anderen schien der Spaß an ihrem Opfer angesichts dessen, dass es nun nicht mehr allein und schutzlos war, vergangen zu sein.

Ich riss mich zusammen und erwiderte nichts, schenkte nur dem, der eben gesprochen hatte, einen Blick, der seine Wirkung augenscheinlich nicht verfehlte. Ich sah ihm direkt an, wie ihm das Blut in den Adern gefror.

Irgendeine Drohung murmelnd verzogen sich die vier und ich konnte endlich dir meine volle Aufmerksamkeit widmen. Dass eine Träne meine Hand, die noch immer über deinen Augen ruhte, benetzt hatte, war mir nicht entgangen und hätte ich auch nur ein bisschen weniger Selbstbeherrschung und Disziplin, dann wäre von diesen Halbstarken nicht mehr allzu viel übrig. Niemand – niemand! – durfte dich zum Weinen bringen.

Dein Körper zitterte leicht, als ich meine Hand ein Stück tiefer sinken ließ, um dich mit beiden Armen festzuhalten. Sanft hauchte ich dir einen Kuss aufs Haar, dann beugte ich mich ein wenig weiter hinab und sagte leise: „Lass uns gehen.“

Du nicktest zaghaft, wischtest dir schnell über die Augen – dass keine verräterischen Spuren zurückblieben, überraschte mich doch ziemlich – und ließest deine Hand in meine sinken. Nur ein paar Sekunden später traten wir beide hinaus in die kühle Nachtluft und schlugen den Weg zu mir nach Hause ein.
 

Den ganzen Weg über hatten wir geschwiegen. Ich wusste, dass ich dich nicht darauf ansprechen durfte, was dieser Kerl zu dir gesagt hatte – nicht, solange wir nicht vollkommen allein waren. Ich wusste, dass es dir erneut die Tränen in die Augen treiben würde und dass du unter keinen Umständen an irgendeinem öffentlichen Platz auch nur daran denken würdest, zu weinen.

Seit Jahren – seit ich dich getroffen hatte – gehörten deine Tränen mir allein. Nichts würde ich daran ändern.

Meine Wohnung lag im Dunkeln, als ich die Tür aufgeschlossen und lautlos aufgeschoben hatte. Als ich den Lichtschalter betätigte, kniffst du kurz die Augen zusammen, dann streiftest du dir deine Jacke ab und verschwandest, nachdem du dich auch deiner Schuhe entledigt hattest, im Bad.

Ich ließ mich im Wohnzimmer nieder und machte mich daran, meine Stiefel wieder aufzuschnüren. Kaum hatte ich auch den zweiten entnervt von mir geworfen – so schnell würde ich sie nicht mehr bis oben zuschnüren – erschien deine zierliche Gestalt im Türrahmen. Du hattest dich abgeschminkt, trugst nur noch Shorts und ein weites T-Shirt, das du dir von mir immer ausliehst, wenn du bei mir übernachtetest.

„Kommst du?“, fragtest du leise, ich hörte deutlich, dass du nicht nur unheimlich müde warst. In deiner Stimme schwang eine tiefe Unsicherheit mit. Fast glaubte ich, du wärst völlig haltlos, hättest du dich in diesem Moment nicht am Türrahmen festgehalten.

Ich nickte knapp, worauf du in mein Schlafzimmer verschwandest und dort die kleine Nachttischlampe anschaltetest. Nach einem kurzen Umweg ins Bad, folgte ich dir und zog mich schnell um, bevor ich mich dir vorsichtig näherte. Du lagst mit dem Rücken zu mir, hattest dich zusammengerollt und die Augen schon geschlossen, doch ich wusste, dass du noch wach warst.

Behutsam ließ ich mich neben dir nieder, glitt ebenfalls unter die schon ein wenig angewärmte Bettdecke.

„Gute Nacht“, flüsterte ich, knipste im selben Moment die kleine Lampe aus. Sofort drücktest du dich näher an mich, wodurch ich mich für kurze Zeit stark darauf konzentrieren musste, dass nicht nur mein Geist, sondern auch mein Körper sich beherrschte, dann schlang ich meine Arme um dich.

„Das einzige, was man mit so ’nem Weib wie mir anfangen könnte, wär ordentlich durchnehmen, hat er gesagt ... Wozu ich mich sonst schminken und so weibisch anziehen würde ...“, durchbrach deine brüchige Stimme kurz darauf die Stille.

Ein heftiger Stich fuhr mir durchs Herz, als ich diese Worte vernahm. Mit kaum etwas anderem hätte man dich mehr verletzen können. Beruhigend zog ich dich an mich, strich dir sanft durchs Haar, als du ein Schluchzen nicht unterdrücken konntest.

„Sshh ... diese Zeit ist vorbei, Kiro“, sagte ich leise und drehte ihn behutsam zu mir um. Sofort krallten sich seine Hände in meinem Shirt fest, das ich zum Schlafen übergezogen hatte, sein Kopf ruhte an meiner Brust.

„Warum? Warum immer ich ...? Und warum so viel auf einmal?!“, riefst du verzweifelt und deine Finger verkrampften sich im Stoff meines Oberteils. Ich hatte keine Antworten auf diese Fragen.
 

Nach unendlichen Minuten warst du endlich erschöpft eingeschlafen. Nasse Spuren waren auf meinem Oberteil zurückgeblieben, noch immer klammertest du dich schutzsuchend an mich. Ich hingegen lag wach, bis sich am Horizont die ersten hellen Strahlen zeigten, gab Acht auf dich und schaute dich an, wie du so kraftlos in meinen Armen lagst.

Du hattest das alles einfach nicht verdient. Diese Schmerzen, diese Erinnerungen, diese Zurückweisung.

Doch was bliebe mir anderes von dir, als wenn du, nachdem dir erneut tiefe Wunden zugefügt worden waren, Schutz in meinen Armen suchtest? Was bliebe mir von dir, wärest du glücklich?
 


 

[Musik: Richard Marx – Right here waiting for you]

Kapitel 4 - „And now I’m sitting here again“

Unglaublich, aber ich habe nach über einem Monat mal wieder weitergeschrieben ...
 

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Kapitel 4

„And now I’m sitting here again“


 

Der neue Morgen kam viel zu bald.

Als ich die Augen aufschlug, lagst du längst nicht mehr neben mir, deine Seite des Bettes war kalt.

Schwerfällig erhob ich mich – schließlich hatte ich die halbe Nacht kein Auge zugetan – und machte mich auf die Suche nach dir. Zufällig blieb mein Blick an meinem Wecker hängen, der mir ein nüchternes halb elf entgegen warf.

In der Küche wurde ich schließlich fündig. Du saßest am Küchentisch, vor dir eine dampfende Tasse Kaffee, von deinen etwas strubbeligen Haaren löste sich gerade ein kleiner Wassertropfen, der kurz darauf auf der Tischplatte aufschlug.

„Morgen“, lächeltest du mir entgegen und ich erwiderte den Gruß.

„Ich hab ein wenig nachgedacht“, begannst du, während ich mir auch einen Kaffee nahm und mich zu dir setzte. „Ich werde gleich noch einmal zu ihm gehen und ihm ... das Ganze noch einmal sagen.“

Ich nickte nur und nahm einen Schluck aus meiner Tasse.

„Ich bekomme ihn sowieso nicht aus meinem Kopf ... und so – so will ich das nicht stehen lassen zwischen uns“, setztest du fort und ich sah die alte Entschlossenheit in deinen Augen glimmen.

Wieder nickte ich nur. Was sollte ich auch erwidern? Es war gut, dass du nicht aufgabst. Es war gut, dass du ihm erneut deine Gefühle zeigen wolltest. Es war gut, denn so merkte er vielleicht doch, dass es dir ernst war mit dem Gesagten.

Du erhobst dich, trankst den letzten Schluck Kaffee aus und stelltest die Tasse in die Spüle. Dann verließest du meine Küche und ich hörte dich bald darauf im Bad klappern.

Es war gut.
 

Nach ein paar Minuten stecktest du deinen Kopf in die Küche – du hattest dich natürlich perfekt gestylt und auch deine Kleidung hattest du sorgsam gewählt, soweit ich das im Türspalt erkennen konnte.

„Bis später, ja?“

„Ja, bis dann. Meld dich“, erwiderte ich monoton, lächelte aber, bis die Wohnungstür nach deinem „Natürlich!“ hinter dir ins Schloss gefallen war.
 

Ich entschloss mich, die Zeit, in der du nicht da warst, mit Schreiben zu verbringen. So begab ich mich, diesmal mit einer Tasse Tee bewaffnet, in mein Schlafzimmer zurück und setzte mich an den großen Schreibtisch, auf dem noch immer alles so lag, wie ich es am Vortag verlassen hatte. Alles war bereit dafür, wie immer meine Gefühle in sich aufzunehmen. Gefühle, die niemals den Weg über meine Lippen, meine Fingerspitzen, meine Augen oder ein ähnlich verräterisches Körperteil finden würden. Nicht in deiner Gegenwart.
 

Früher als ich gedacht hatte, klingelte mein Handy. Ich legte meine Schreibutensilien zur Seite und stand auf, um das Mobiltelefon vom Boden neben Nachttisch aufzuheben.

Warst es wirklich du, der da mit plötzlich unterdrückter Nummer anrief? Doch wer sollte es sonst sein? Leicht verwirrt hob ich ab.

„Ja?“

„Luminor?“

Etwas in deiner Stimme alarmierte mich. Sie klang brüchig.

„Kannst du ... mich abholen?“

„Wo bist du?“

„In einer Telefonzelle in der ...“ – du schienst dich umzusehen, denn du machtest eine kurze Pause – „weiß ich nicht, nicht weit von dir. Wenn du in die Richtung des Clubs von gestern gehst, siehst du sie.“

Telefonzelle?! Wieso riefst du nicht von deinem Handy aus an? Ich erwiderte allerdings nur ein „Ok, ich werd das schon finden“ und war schon dabei, meinen Mantel überzuwerfen.

Gerade wollte ich auflegen, um in meine Stiefel schlüpfen zu können, als ich noch einmal deine leise Stimme an meinem Ohr vernahm: „Und kannst du ... meine Kapuzenjacke mitbringen? Sie liegt im Schlafzimmer.“

Etwas perplex bejahte ich auch diese Frage und legte nach einem „Bis gleich“ auf. Wozu brauchtest du deine Jacke mit der weiten Kapuze jetzt? Ein Blick aus dem Schlafzimmerfenster bestätigte mir, dass es in den nächsten Stunden wohl nicht mal ansatzweise regnen würde, ziemlich warm war es außerdem.

Ohne weiter darüber nachzugrübeln, nahm ich die Jacke mit in den Flur, zog meine Stiefel an, griff Jacke, Schlüssel und Handy und machte mich auf den Weg zu dir.
 

Die Telefonzelle sah ich schon von weitem. Ich beschleunigte etwas meinen Schritt, bis ich endlich neben dem gelben, mit unzähligen Schmierereien übersäten Kasten ankam. Du schienst dich nach unserem Telefonat nicht von der Stelle gerührt zu haben, denn du standest ziemlich zusammengekauert in einer Ecke und hattest die Arme um deinen Oberkörper geschlungen, den Kopf gesenkt.

Vorsichtig zog ich die zerkratzte Tür auf und fragte leise: „Kiro?“

Du hobst den Kopf und fast wäre mir das Herz stehen geblieben. Dein linkes Auge war blutunterlaufen, die ganze Gesichtshälfte unschön geschwollen, deine Schminke an mehreren Stellen unrettbar. Ein paar Schrammen zogen sich über deine Stirn und aufgrund deiner gekrümmten Körperhaltung konnte ich mir ausmalen, dass es unter deiner – wie mir erst jetzt auffiel – verschmutzten Kleidung nicht besser aussah.

„Kiro, wer ...?“, begann ich, doch mehr brachte ich angesichts deines zerschundenen Körpers vorerst nicht zustande.

„Die Typen ... von gestern ... die vom Club. Sie sind mir zufällig über den Weg gelaufen und haben mich dann in eine ... Seitenstraße gedrängt, um ... um das nachzuholen, was sie gestern nicht tun konnten.“ Deine Stimme zitterte ein wenig, doch du hattest dich ansonsten gut im Griff. „So ... so kann ich doch unmöglich ...“, fingst du nach ein paar Sekunden erneut an und sahst in die Richtung, in die dich dein Weg eigentlich hätte führen sollen.

„Sshh, zieh dir erstmal die hier an“, gab ich zurück, als du erneut ansetzen wolltest und hielt dir die Kapuzenjacke hin. Umständlich schältest du dich aus der schmutzigen und an einer Stelle sogar eingerissenen Jacke, die du gerade trugst und zogst dann die bequeme schwarze an, die ich dir mitgebracht hatte.

„Danke.“
 

Kaum waren wir durch die Wohnungstür getreten und hatten uns unserer Schuhe entledigt, verschwandest du sofort in mein Schlafzimmer.

Ich folgte dir nach ein paar Augenblicken und fand dich auf meinem Bett liegend, das Gesicht in ein Kissen gedrückt.

„Kiro? Soll ich einen Arzt rufen?“, fragte ich vorsichtig, ließ mich dann neben dir auf die Bettkante sinken.

„Nein“, nuscheltest du, hobst deinen Kopf dabei nicht einmal. „Es geht schon.“

„Dann lass mich wenigstens deine Verletzungen anschauen.“

Widerwillig drehtest du dich nach einer Weile um und setztest dich auf. Ich reichte dir meine Hand und zog dich behutsam auf die Beine, als du deine Hand in meine legtest. Dann gingen wir ins Bad, wo ich nach Verbandszeug, Desinfektionsmittel und Heilsalbe suchte, während du dich deiner Jacke und deines Shirts entledigtest. Mit einem missmutigen Gesicht setztest du dich auf den Badewannenrand und sahst mich mit einer Mischung aus Ärger, Trauer und Gleichgültigkeit an, als ich endlich alles gefunden und neben uns abgelegt hatte.

An deinen Rippen hatte sich ein großer Bluterguss gebildet, einige Schrammen und Wunden verunzierten deine helle, weiche Haut. Zum Glück sah nichts gebrochen aus, auch wenn du immer wieder scharf die Luft einzogst, als ich die Verletzungen desinfizierte.
 

Wenig später hatte ich das Gröbste versorgt und du hattest dich sofort auf direktem Wege in mein Schlafzimmer zurückbegeben. Nachdem ich alles wieder verstaut hatte, ging ich dir nach, und fand dich in genau derselben Position auf meinem Bett wieder, in der du dich vorhin schon befunden hattest.

Erneut ließ ich mich auf die Bettkante sinken und strich dir liebevoll über deinen leicht zerzausten Haarschopf.

„Wenn ... wenn das so weitergeht ... wird das nie was ...“, wispertest du, sodass ich Mühe hatte, dich zu verstehen. „Ich glaube, es soll einfach nicht sein. Ich darf nicht glücklich werden ...“

Sanft strich ich noch immer über dein Haar, gab nur ein leises „Das glaube ich nicht“ zurück.

Zaghaft schütteltest du den Kopf, fast unhörbar drang deine Stimme durch das Kissen: „Lass mich jetzt bitte kurz allein ...“
 

Ich schloss leise die Tür hinter mir, ließ mich dann kurz darauf etwas verwundert und verunsichert zugleich auf mein Sofa im Wohnzimmer fallen und atmete tief aus und ein. Es kam sehr selten vor, dass du mich wegschicktest. Meistens war gerade ich es, an den du dich in solchen Situationen, bei diesen Gedanken klammertest. Es musste dich wirklich schwer mitnehmen, was gerade geschehen und nichts als ein dummer, ein wirklich dummer Zufall gewesen war. Doch ich wusste, wie leicht dich so etwas aus der Bahn werfen und verzweifeln lassen konnte.

In diesem Moment bemerkte ich dein Handy, das vor mir auf dem niedrigen Couchtisch lag. Deswegen hattest du dich aus der Telefonzelle gemeldet. Wahrscheinlich war es ganz gut gewesen, dass du es hier vergessen hattest, wer weiß, ob diese Typen es nicht gestohlen hätten.

Je länger ich das Handy anstarrte und mir immer wieder deinen verletzten Körper, dein trauriges Gesicht vor Augen führte, desto mehr reifte eine Idee in meinem Kopf.

Wie von selbst flogen meine Finger über die Tasten, ich wühlte mich durch dein Telefonbuch, bis ich die richtige Nummer gefunden hatte. Entschlossen drückte ich auf Wählen und lauschte auf das Tuten am anderen Ende.

„Ja, bitte?“ – „Strify?“ – „Kiro?!“ – „Nein, aber ein Freund von ihm. Du musst hierher kommen. Kiro muss mit dir reden.“

Am anderen Ende der Leitung herrschte komplette Funkstille, während ich ihm meine Adresse durchgab und kurz erwähnte, dass Kiro zwar schon auf dem Weg zu ihm gewesen war, es jedoch einen Zwischenfall gegeben hätte, weswegen er nun wieder in meiner Wohnung war. Mehr sagte ich nicht, schließlich sollten die beiden selbst reden.

„Kiro wird dich so ... sicher nicht sehen wollen, doch du musst herkommen und mit ihm reden. Bis gleich, ja?“

Ich konnte förmlich sehen, wie Strify am anderen Ende abgehackt nickte, bevor er ein „Ok“ von sich gab und dann auflegte.
 

Während ich darauf wartete, dass es an der Tür klingelte, nahm ich mein eigenes Telefon zur Hand und wählte die Nummer der Polizei, um eine Anzeige wegen Körperverletzung und eine dazugehörige Personenbeschreibung aufzugeben.
 

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[Musik: Cinema Bizarre – How does it feel]

Kapitel 5 - "Don't you slip away from me"

Hallo ihr Lieben!

Nachdem ich gestern schon PAIN weiter geschrieben habe, kann ich euch heute auch noch mit einem neuen Kapitel von Honey beglücken :)

Unglaublich!

Aber bei dieser Geschichte muss es einfach klick machen, ich muss sofort ein Lied im Kopf haben, zu dem ich schreiben kann und dann schreibe ich einfach.

Danke an meine Reviewer, was wäre ich ohne euch! *alle knuddel und oreos schenk*

Viel Spaß nun mit dem neuen Kapitel ..... ich hoffe, ihr mögt es ein bisschen ... *net so zufrieden bin*
 

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Kapitel 5

„Don’t you slip away from me“
 

Während ich darauf wartete, dass es an der Tür läuten würde, tigerte ich in die Küche, machte allerdings einen kleinen Umweg und lauschte angespannt vor der Schlafzimmertür. Nichts. Kein Laut drang nach draußen. Entweder warst du eingeschlafen oder dachtest einfach schweigend nach.

Ich ging beruhigt weiter – schließlich weintest du wenigstens nicht – und setzte wenig später Wasser für eine Kanne Tee auf. Ich suchte Teebeutel, drei Tassen und ein Tablett zusammen und wartete, bis der brodelnde Wasserkocher ein leises „Klack!“ von sich gab, dann goss ich das heiße Wasser über die in der Kanne hängenden Teebeutel und beobachtete den Dampf, der aus dem dunklen Gefäß aufstieg.

Als es an der Tür klingelte, ließ ich gerade die Teebeutel im Mülleimer verschwinden – Strify hatte augenscheinlich den Weg zu uns gefunden. Ich eilte zur Gegensprechanlage, nahm den Hörer ab und betätigte den Türöffner, als ich die Stimme von deinem Auserwählten vernahm. Wenig später stand er mit einem zutiefst verwirrten Gesichtsausdruck in meinem Türrahmen.

„Komm rein“, begrüßte ich ihn, ließ ihn eintreten. „Ich bin Luminor, verzeih, dass ich mich vorhin nicht vorgestellt habe.“ – „Strify“, sagte er und reichte mir die Hand, nachdem er seine Schuhe abgestreift und ordentlich vor meine Garderobe gestellt und auch seine Jacke an einen freien Haken gehängt hatte. „Was ... was gibt es denn so Dringendes?“ Er machte ein fragendes Gesicht, sah mich aus großen, blauen Augen an.

„Kiro wollte vorhin zu dir, um dir etwas Wichtiges zu sagen. Allerdings ... gab es da einen kleinen Zwischenfall. Geh zu ihm, ihr müsst das klären. Kiro liegt mir sehr am Herzen, deswegen kann ich mir das nicht länger anschauen“, antwortete ich und bedeutete ihm, mir in die Küche zu folgen. Während ich Tee in die drei Tassen füllte, fuhr ich fort: „Nimm das bitte mit. Er ist im Schlafzimmer, zweite Tür links. Bitte sprecht euch aus. Ach ja, und ... nicht erschrecken ...“ Ich gab dem überrascht und verwirrt dreinblickenden Blonden das Tablett mit der Kanne und den zwei vollen Tassen und begleitete ihn mit meinem eigenen Tee in der Hand bis in den Flur. „Falls irgendetwas ist, ich bin im Wohnzimmer. Hier.“ Ich deutete in den angrenzenden Raum.

Strify nickte mechanisch, er schien wirklich überhaupt nicht zu verstehen, was hier gerade vonstatten ging, dennoch setzte er sich wenig später in Bewegung. Ich ging voraus, öffnete die Schlafzimmertür einen Spalt, da Strify ja die Hände voll hatte, und rief leise in den abgedunkelten Raum: „Kiro? Besuch für dich. Redet miteinander.“

Dann ließ ich den Blonden eintreten und schloss kurzerhand die Tür hinter ihm, blieb aber noch davor stehen. Schließlich kannte ich dich, wenn ich auch Strify überhaupt nicht einschätzen konnte.

Ein spitzer Aufschrei erklang von innen, ich wusste im ersten Moment nicht, von wem er gekommen war. Als ich jedoch danach ein panisches „Strify!“ vernahm, wusste ich, dass dein Auserwählter wohl zuerst über dein Aussehen erschrocken war. Etwas klapperte, dann konnte ich nur noch ein aufgeregtes Stimmengewirr hören.

Ich wusste genau, dass du es hasstest, wenn man dich verletzt oder verzweifelt sah, dass du nie jemanden – außer mir – in deine Nähe ließest, wenn es dir nicht gut ging. Aber wenn der Berg nicht zum Propheten kommen will ...

Gedämpft durch die geschlossene Tür vernahm ich nur noch ein „Was ist denn nur passiert?“ von Strify, doch deine Antwort war zu leise, als dass ich sie verstehen konnte.

Als ich mir nach ein paar Augenblicken sicher war, dass du nicht flüchten würdest und Strify sich wohl wieder vollständig gefangen hatte, sodass ihr wirklich reden konntet, begab ich mich ins Wohnzimmer und ließ mich auf die Couch fallen.

Manchmal war es wirklich besser für dich, dich einfach ins eiskalte Wasser zu werfen. Ich war immer sehr vorsichtig im Umgang mit deinen Gefühlen, immer nahm ich Rücksicht auf dich und gab dir für alles die Zeit, die du brauchtest. Ich hatte Verständnis für die meisten deiner Taten, zeigte mich geduldig und ruhig, schenkte dir Wärme und Geborgenheit, wenn du sie brauchtest. Doch manchmal, wenn du allzu sehr in deinen düsteren Gedanken, in deiner Lethargie zu versinken drohtest, gab es nur eines: Dich aufzuwecken und dir mit einem gezielten Schwung wieder ans Licht zu verhelfen. Dieser Moment war vorhin gekommen. Ich konnte dich nicht in diesen nachtschwarzen Gedanken versinken lassen, dich nicht. Die Verzweiflung stand dir nicht.

Nein ... nur mir.
 

In der Zwischenzeit hatte sich der Himmel verdunkelt, tiefgraue Wolken waren vom Horizont aufgezogen und nun fielen die ersten kleinen Tropfen. Aus dem leichten Schauer entwickelte sich binnen Sekunden ein wahrer Wolkenbruch. Ein paar Atemzüge lang schaute ich nur aus dem Fenster und beobachtete die unzähligen Regentropfen, die vom Himmel fielen, dann stellte ich die halbleere Teetasse ab, erhob mich und ging zum Fenster. Ich öffnete es weit und atmete tief den Duft des warmen Frühlingsregens ein. Eine Weile beobachtete ich, wie die Tropfen auf dem Gehweg und dem Asphalt Blasen schlugen, lauschte dem monotonen Rauschen und schloss schließlich die Augen und genoss einfach nur die Geräusche und den Geruch des Gusses.
 

Lange stand ich dort am Fenster, dachte einfach an nichts, versuchte mir nicht auszumalen, was ihr gerade bespracht und ob du wirklich das wiederholen würdest, was du ihm gestern schon gesagt hattest.

Natürlich würdest du das. Nur ... würde er dem nun Glauben schenken, endlich Glauben schenken? Würde er ...? – Ich unterbrach mich selbst und öffnete meine Augen wieder. Kurz musste ich blinzeln ob der plötzlichen Helligkeit, doch ich gewöhnte mich schnell daran und sah hinauf in den Himmel. Die Wolken waren ein wenig heller geworden, der Wolkenbruch war zu einem normalen Regenschauer zusammengeschmolzen, an den Straßenrändern standen große Pfützen, in denen der Regen noch immer kleine Blasen schlug. Wie gern würde ich jetzt schreiben ...

Plötzlich vernahm ich hinter mir ein leises Klacken, dann Schritte im Flur. Ich drehte mich um, blickte genau in Strifys Augen, der etwas verloren im Türrahmen zu meinem Wohnzimmer stand.

„Ähm, Luminor?“, fragte er leise, „Wo kann ich denn hier ...?“ – „Das Bad ist gleich nebenan“, antwortete ich freundlich, noch bevor er zu Ende gesprochen hatte. Er bedankte sich und verschwand in besagtem Raum.

Ich ging wieder zum Sofa zurück, griff meine Tasse und trank den mittlerweile eiskalten Tee aus. Ich beschloss, in der Küche eine zu rauchen und mir bei dieser Gelegenheit noch etwas anderes zu trinken zu besorgen. Gesagt, getan, machte ich mich auf den Weg, konnte allerdings nicht verhindern, dass ich kurz vorm Schlafzimmer stehen blieb und durch den Spalt der nur angelehnten Tür schielte. Ich konnte dich nicht sehen, nur den unteren Rand des Bettes, doch nun vernahm ich ein leises Schluchzen von dir. Ich wollte schon die Tür aufstoßen und zu dir laufen, doch in diesem Moment rief sich Strify wieder bei mir in Erinnerung, indem er die Spülung betätigte und nach kurzem Wasserrauschen die Badtür wieder öffnete. Er schenkte mir einen undefinierbaren Blick, als er mich so vor dem Schlafzimmer stehen sah, den ich absolut nicht deuten konnte. Ich nickte ihm nur zu, die beiden würden schon wissen, was sie taten, riss mich zusammen und stakste in die Küche. Es widerstrebte mir so sehr, jetzt nicht zu dir zu gehen, gar nicht zu dir zu können, obwohl ich eindeutig gehört hatte, dass du weintest. Doch augenscheinlich wart ihr beiden noch nicht fertig.

Als Strify wieder zu dir zurückkehrte, verstummte das Schluchzen augenblicklich. Er sollte dich wohl nicht weinen sehen. Ohne mein Zutun schlich sich ein leichtes Lächeln auf meine Lippen – deine Tränen gehörten nur mir. Seit Jahren war dies nicht anders gewesen und auch nun, trotzdem du ihn liebtest, zeigtest du sie niemand anderem.

In der Küche öffnete ich das große Fenster, schloss die Tür, da es durch das offene Fenster im Wohnzimmer einen unangenehmen Durchzug gab, und zündete mir schließlich eine Zigarette an. Eine Weile stand ich reglos und gedankenlos am Fenster, beobachtete nur die kleinen Tropfen bei ihrem Fall in Richtung Erde und zog ab und an an meiner Zigarette. Das Rauschen war viel leiser geworden, schwoll immer mehr ab. Bald verebbte es ganz, doch die Wolken blieben.

Dadurch, dass meine Küche an mein Schlafzimmer angrenzte, konnte ich leise Stimmen vernehmen, doch es war mir unmöglich, die Worte zu verstehen. Immerhin jedoch schient ihr wirklich miteinander zu reden. Und dass Strify noch nicht wieder gegangen war, bewies mir, dass er dich dieses Mal ernst nahm.
 

Nach einer weiteren Stunde, die ich unruhig immer wieder hin und her getigert war, immer auf dem Weg zwischen Küche und Wohnzimmer mit einem kleinen Umweg, um zu hören, ob alles in Ordnung war bei euch, ließ ich mich schließlich aufs Sofa fallen und schloss die Augen. Ich hatte schon übermäßig viel Cola light in mich hineingeschüttet, wusste nichts mit mir anzufangen. Diese Warterei machte mich noch wahnsinnig. Zumal ich nicht einmal schreiben und so meinen angestauten Gefühlen Luft machen konnte. Nein, meine Schreibutensilien lagen natürlich wie immer auf meinem Schreibtisch im Schlafzimmer. Und stören wollte ich euch auf keinen Fall. Schließlich ging mich das Ganze n... – wieder ein Klacken, Schritte!

Meine Couch stand so, dass ich mit dem Rücken zur Tür saß und mich umdrehen musste, um zu sehen, wer diesmal aus dem Zimmer gekommen war. Ich erhob mich also und blickte zur Tür.

Da standet ihr nun beide im Rahmen, saht verlegen zu mir herüber. Dass eure Finger ineinander verschlungen waren, sah ich sofort und bevor ich etwas dagegen tun konnte, zog sich mein Herz zusammen. Natürlich hatte ich damit gerechnet, weshalb auch sonst hatte ich Strify hierher beordert?! Natürlich solltest du dein Glück endlich finden und dein Lächeln zurückgewinnen. Und doch ... euch beide nun so zu sehen, dieses Glück nun bestätigt zu wissen, war etwas anderes, als nur eine Vorstellung, ein bloßer Gedanke, dass es irgendwie vielleicht so sein könnte. Mit einem Schlag war diese Möglichkeit real geworden.

Als wir alle drei auch nach ein paar Sekunden noch nichts gesagt und uns nur stumm angeschaut hatten, räusperte ich mich und ergriff das Wort. „Und, konntet ihr reden?“

Du nicktest zaghaft, mir entging nicht, dass du fester Strifys Hand drücktest. „Ja“, schobst du fast lautlos nach, ein leichtes, kaum sichtbares Lächeln schlich sich auf deine Lippen. „Erst hatte ich Angst ... doch jetzt ... also ... danke, Lu“, sagtest du leise und schautest mir dankbar in die Augen.

Ich nickte nur und versuchte, meine nächste Frage neutral klingen zu lassen. „Habt ihr euch zusammengerauft?“

Diesmal war es Strify, der nickte, daraufhin dir einen liebevollen Blick schenkte. „Ja, wir wollen es miteinander versuchen ... Ich war zwar erst ganz schön überrumpelt, vor allem weil ... was er wegen mir durchmachen musste ...“ Er sah kurz zu dir hinüber, Mitgefühl und Trauer spiegelten sich in seinen Augen, er spielte auf die Kerle an, die dich auf dem Weg zu ihm abgefangen hatten. Es war dir sichtlich unangenehm, doch du zeigtest keine Schwäche mehr wie am Vormittag, als ich deine Wunden verarztet hatte. „Aber ich bin mir nun ebenfalls sicher, dass ich mehr von Kiro möchte.“ Du lächeltest verlegen, wurdest sogar ein bisschen rot und schautest zu Boden.

„Das freut mich für euch“, erwiderte ich mit einem Lächeln auf den Lippen. Und es war ein ehrliches Lächeln, denn ich freute mich wirklich für dich. Wirklich. „Siehst du, Kiro ... ich sagte doch, du findest dein Glück.“ Auch wenn es mein Unglück endgültig besiegelt.

Du nicktest leicht und hobst wieder den Blick. „Danke, dass du Strify angerufen hast ... was würde ich nur ohne dich machen ... ich hatte es schon aufgegeben“, gabst du leise von dir und ich erwiderte nur: „Mach dir keine Gedanken.“

Strify zog dich plötzlich an sich und hauchte dir einen flüchtigen Kuss auf die Lippen. „Ich liebe dich, mein kleiner Engel“, lächelte er und schenkte dir einen verliebten Blick. Am liebsten wäre ich aus dem Zimmer gerannt. Doch vor dem einzigen Ausweg standen eure beiden Gestalten und tauschten einen weiteren Kuss aus. Dein zärtliches „Ich liebe dich auch“ verursachte mir einen solch körperlichen Schmerz, dass ich ein Aufkeuchen nicht unterdrücken konnte, es aber mit einem Husten wenigstens kaschierte. Ich murmelte nur etwas von trockenem Hals und etwas zu trinken, was ihr beide mit einem verständnisvollen Nicken kommentiertet, dann war ich auch schon in der Küche verschwunden. Das Fenster stand noch offen, so dass ich erst einmal tief Luft holte und dann nach der angefangenen Cola light Flasche auf dem Tisch griff und ein paar Schlucke nahm.

Es wurde nicht besser.

Noch ein paar Mal holte ich tief Luft, doch bevor ich irgendeinen weiteren Versuch unternehmen konnte, mich zu beruhigen, hörte ich deine Stimme fast neben mir.

„Strify und ich ... wir gehen noch ein wenig raus, ja?“ Strify war im Flur schon damit beschäftigt, seine Jacke anzuziehen. „Und ich ... übernachte heute bei ihm.“

Ich nickte nur mechanisch, schaffte es irgendwie ein „In Ordnung“ von mir zu geben, vermied es aber, dich direkt anzusehen. Gerade fiel es mir unendlich schwer, alles zu unterdrücken und ein halbwegs nettes Gesicht zu machen. Natürlich fiel mir auf, dass du dich frisch geschminkt hattest, deine Verletzung sah man nur, wenn man wusste, dass sie da war. Und ja, ich freute mich wirklich so sehr für dich, es war eine ehrliche Freude und ich hätte mir nichts sehnlicher für dich gewünscht, als dass der, den du nun schon so lange aus der Ferne liebtest, endlich an deiner Seite war und deine Gefühle erwiderte. Aber es tat weh. Verdammt weh. Viel mehr, als ich eigentlich erwartet hatte. Oder lag es daran, dass ich in den letzten Stunden einfach keine Möglichkeit gehabt hatte, meine Gefühle unter Kontrolle zu bekommen, indem ich einfach schrieb, schrieb wie ein Wahnsinniger, um nicht von all den Empfindungen erdrückt zu werden?

Plötzlich fühlte ich, wie sich deine Arme um meine Mitte schlangen und du mich sanft umarmtest. „Danke ... für alles“, hörte ich dich flüstern, schlang, nachdem ich aus meiner Starre erwacht war, ebenfalls meine Arme um dich. „Du weißt, dass ich alles für dich tue“, antwortete ich und konzentrierte mich darauf, meinen Herzschlag und vor allem das Verlangen, dich niemals wieder loszulassen, unter Kontrolle zu bekommen.

Viel zu schnell löstest du dich wieder von mir und sahst mich dankbar mit deinen großen grünen Augen an.

„Passt auf euch auf“, flüsterte ich nur, hielt deinem Blick stand, auch wenn es mich fast alle noch verbliebene Kraft kostete.

„Machen wir“, erwidertest du und verschwandest im Flur, als Strify plötzlich an der Küchentür erschien und uns fragend ansah.

„Bis später“, hörte ich kurz darauf, konnte gerade noch ein „Bis dann“ erwidern, dann hatte sich schon meine Wohnungstür hinter euch geschlossen und mich allein zurückgelassen.

Ein paar Minuten lang stand ich noch unschlüssig in der Küche herum, starrte konzentriert den Boden an, während mein Herz in meiner Brust trommelte, als wollte es meine Rippen durchbrechen.

Dann erwachte ich aus meiner Starre, lief ins Schlafzimmer, in dem noch immer euer beider Geruch hing, hastete auf meinen Schreibtisch zu und bevor ich auch nur richtig erfasst hatte, was ich tat, fuhr ich mit einer unwirschen Bewegung über die Tischplatte und warf so alles zu Boden, was bis eben noch unberührt darauf gelegen hatte. Seiten raschelten, Bücher fielen klappernd herunter, meine Tischlampe landete mit einem unschönen metallischen Geräusch auf dem Teppich. Wo mein Notizbuch und die Bleistifte zu liegen kamen, sah ich nicht, wollte es gar nicht wissen.

Schwer ließ ich mich auf meinen Stuhl sinken, legte die Arme auf den nun leeren Tisch und vergrub mein Gesicht darin. Heiße Tränen flossen aus meinen Augen, versickerten im Stoff meines schwarzen Hemdes, doch ich schenkte ihnen kaum Beachtung. Meine Brust schmerzte höllisch, als würde ein alles verzehrendes Feuer darin wüten und mich von innen heraus verbrennen.

Es tat weh, verdammt weh! Und mit jedem Schlag, den sich mein Herz abquälte in diesem Augenblick wurde mir bewusst und bewusster: Nun ... hatte ich dich verloren. Endgültig verloren.

Nichts blieb mir mehr von dir, nichts. Nun ... warst du glücklich. Und ich war es, der weinend in seinem Zimmer kauerte und sich nach einer Umarmung sehnte, nach deiner Umarmung.

Doch selbst als die Sonne versunken war und nach einer gefühlten Ewigkeit den Horizont wieder erklomm, kamst du nicht zurück.

Ich hatte dich verloren.
 


 

[Musik: Apocalyptica feat. Linda – Faraway Vol. 2 (Extended Version)]

Kapitel 6 - "I don't know where your days are spent"

Hallo meine Lieben ... frisch aus dem Urlaub wieder da, hab ich euch ein neues Honey-Kapitel mitgebracht ... ich hoffe, ihr mögt es ... wer Fehler findet, darf mich drauf hinweisen, das erleichtert die Nachkorrektur ...

Danke an meine Leser, natürlich besonders an die, die auch reviewen :)

Viel Spaß mit Kapitel 6 (Kapitel 7 ist auch schon in Arbeit, ich hoffe, es dauert diesmal nicht so lange mit dem Weiterschreiben *seufz*)
 

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Kapitel 6

„I don't know where your days are spent“
 

Zwei Wochen lang sah und hörte ich nichts von dir. Zwei lange Wochen.

Noch nie zuvor in meinem Leben hatte ich so viel geschrieben. Noch nie zuvor in meinem Leben hatte ich solch eine Leere gespürt. Niemals bisher war mir in den Sinn gekommen, es könnte irgendwann einmal anders sein. Dass du plötzlich nicht mehr bei mir sein würdest, dass ich verdammt dazu war, ohne deine Nähe, ohne deine Tränen zu leben.

Draußen hatte es vor Stunden zu regnen begonnen und noch immer hämmerten die Tropfen an meine geschlossenen Fenster. Wie so oft in den letzten Tagen saß ich in meinem Schlafzimmer und schrieb, schrieb wie ein Wahnsinniger, dessen letzte Rettung einzig und allein das Aufschreiben seiner Gefühle und Gedanken war, die einzige Möglichkeit, ihn vor dem Bersten, vor dem Vergehen zu bewahren.

Wer weiß, vielleicht war es auch so.

Ich schrieb und schrieb, blätterte um, schrieb weiter, immer schneller flog der Federhalter über das teure Papier, immer mehr Worte bannte ich in die leblosen Seiten, füllte sie an mit den Tränen, die ich schon seit ein paar Tagen nicht mehr imstande war, zu weinen.

Ich erwachte erst aus meiner Trance, als ich plötzlich die letzte Seite meines Notizbuches erreichte. Abrupt hielt ich inne, starrte ungläubig mein Buch an. Nein, das konnte nicht sein!

Ich füllte das letzte Blatt bis zum Rand mit meinen Gedanken, doch es reichte nicht, reichte noch lange nicht, so viel noch tobte in meinem Inneren, so unendlich schmerzhaft viel!

Fahrig durchwühlte ich die Sachen auf meinem Schreibtisch, zog Schubladen auf, durchwühlte auch diese, doch vergebens – das war mein letztes Notizbuch gewesen. In den letzten Tagen hatte ich ganze zwei Bücher voll geschrieben und nun war mein Vorrat an leeren Seiten vollkommen erschöpft.

Aber nein, das konnte nicht sein, das durfte nicht sein!

Ich erhob mich ruckartig, tigerte im Raum umher, dann stoppte ich und warf einen Blick aus dem Fenster.

Ich zögerte nicht lang, stürmte aus dem Zimmer, warf mir im Flur meinen Mantel über, schlüpfte in meine Stiefel, griff nach Geld und Schlüssel und war schon die Treppen hinunter gerannt, bevor meine Wohnungstür überhaupt richtig ins Schloss gefallen war.
 

Ich lief über die regennassen Straßen, schon nach wenigen Minuten klebten meine langen Haare strähnig und vollkommen durchgeweicht an meinem Nacken, eine unangenehme Feuchtigkeit schlich sich durch meinen Mantel in meinen Körper. Doch das war mir egal. Schnellen Schrittes überquerte ich ein paar Straßen, hastete über die menschenleeren Bürgersteige, bis ich mein Ziel erreicht hatte: ein altes Schreibwarengeschäft.

Völlig durchnässt und schwer atmend drückte ich die Tür auf, ein leises Klingeln ertönte, ließ den älteren Mann hinter der Theke aufblicken.

„Guten Abend“, sagte er freundlich, störte sich nicht an meiner Erscheinung, sondern legte sogar ein Lächeln auf.

„Guten Abend“, erwiderte ich, trat an die alte Eichenholztheke heran. „Haben Sie noch eines ... nein, besser gleich zwei der Notizbücher, die ich sonst immer kaufe?“

Der Alte schien einen Moment nachzudenken, dann nickte er. „Ja, ich denke schon.“ Damit erhob er sich und verschwand hinter einem großen Regal, kam kurz darauf mit zwei wunderschön in altes, verziertes Leder eingefassten Büchern zurück. Er schlug eines auf, als er hinter die Theke zurückgekehrt war, man sah auf den ersten Blick, dass das Papier eine hohe Qualität besaß.

„Diese hier?“, fragte er freundlich, ich nickte nur. „Genau diese.“

Er wollte sie umständlich einpacken, wie er es sonst immer zu tun pflegte, doch ich hielt ihn mit einem „Ich nehme sie gleich so, danke“ zurück. Er zuckte nur wortlos die Schultern, ließ die beiden Bücher in eine Plastiktüte gleiten und reichte sie mir schließlich. Ich bedankte mich abermals, bezahlte und verabschiedete mich. Gerade so vernahm ich noch, wie er mir einen Schirm anbot, doch da war ich schon wieder hinaus in den Regen gelaufen und die Ladentür schlug klingelnd hinter mir zu.

Aufs Neue eilte ich über die nassen Bürgersteige, lief vorbei an hell erleuchteten Geschäften und Cafés, die trotz des schlechten Wetters – oder gerade deswegen – ganz gut besucht waren. Flüchtig schaute ich im Vorbeigehen durch die Scheiben und doch sah ich nichts als eine graue, wogende Masse, über die sich der strähnige Schleier des Regens gelegt hatte. Doch dies alles drang kaum zu mir durch, viel zu sehr waren meine Gedanken schon auf die nächsten Stunden fixiert, in denen ich endlich schreiben konnte, schreiben und immer weiter schreiben, bis alles aus mir heraus geflossen war, bis mein Herz endlich wieder schlagen konnte, ohne dass es mir jedes Mal die Brust dabei zerriss.

„Luminor!“

Abrupt hielt ich inne, drehte mich nicht um. Ich regte mich nicht, nur meine Hände begannen zu zittern.

„Luminor, warte!“

Kein Zweifel. Mein Herz hämmerte gegen meine Rippen, ich hörte mein Blut in den Ohren rauschen, es übertönte sogar das unbarmherzig anschwellende Rauschen des Regengusses. Langsam, ganz langsam, als würde es dadurch auch nur ein bisschen weniger wehtun, wandte ich mich um, während immer mehr Regentropfen von meinen langen schwarzen Haaren perlten und dann in ihren Tod stürzten. Ich wollte, ich wäre an ihrer Stelle gewesen.

Da standest du. Ohne Jacke, ohne Schirm. Sahst mich an, als wäre ich ein Geist, eine seltsame Erscheinung. Nicht mehr.

„Was machst du denn bei dem Regen hier draußen?! Du bist ja völlig durchnässt! Los, komm schnell rein!“

Erst jetzt bemerkte ich, dass du genau vor einem Café standest, sogar die Tür aufhieltest. Mein Herz, mein Blut, meine aufgewühlte Seele schrieen mich an, ich sollte es lassen, auf der Stelle losrennen, weiter rennen und mich, zu Hause angekommen, sofort ins Schreiben stürzen. Doch ich war bereits neben dir, ließ mich widerstandslos von dir durch das Lokal schieben. Mir kam überhaupt nicht in den Sinn zu fragen, was du denn hier machtest, bis ich plötzlich genau vor Strify stand, der an einem ansonsten leeren Vierertisch saß und mich überrascht musterte.

„Strify und ich wollten gerade einen Kaffee trinken, da hab ich dich draußen am Fenster vorbeilaufen seh’n, ganz ohne Schirm. Du hast reingeschaut“ – hab ich? – „und ich hab dir gewunken“ – hast du? – „aber du schienst das gar nicht mitzubekommen“, plappertest du los und stelltest dich dicht neben Strify, der nach einem an mich gerichteten „Hey“ fragend in deine Richtung sah.

„Tut mir Leid“, gab ich leise von mir, ein Tropfen glitt wie eine Träne über eine Strähne meines langen Haares und stürzte kurz darauf in die Tiefe. „Ich ... war in Gedanken.“ Was tat ich hier überhaupt?

„Engel, wollen wir nicht zu Hause einen Kaffee trinken und Lu mitnehmen? Dann kann er sich aufwärmen bis der Regen vorbei ist. Er hat ja noch einen ziemlichen Weg vor sich und du wohnst doch gleich um die Ecke!“

Wie bitte?! Nein, das konnte nicht sein, ich musste mich verhört haben. Das konntest du unmöglich ernst meinen. Wieder tat mein Herz ein paar schmerzhafte Schläge, ein Aufkeuchen konnte ich im letzten Moment unterdrücken.

Ich wollte gerade höflich ablehnen und mich wieder auf den Weg machen, weg von dir, weg von euch, als Strify sich erhob und zustimmend nickte.

„Wegen mir.“ – „Super!“, freutest du dich, hattest schon meinen Arm ergriffen und drücktest mich, ein ehrliches Lächeln zierte dein Gesicht. Für dich hatte es diese zwei Wochen seelische Folter eben nicht gegeben, für dich hatte sich nichts geändert, außer dass du nun endlich glücklich sein durftest.

Während Strify sich erhob, seine Jacke anzog und eure Schirme holte, schlüpftest auch du in deine weiße Lieblingsjacke und zogst mich, vor Nässe triefend wie ich war, zur Tür. Draußen schien der Regen beschlossen zu haben, heute gar nicht mehr aufzuhören, sondern, im Gegenteil, noch stärker zu werden. Mittlerweile war er zu einem wahrhaftigen Wolkenbruch angeschwollen.

Ich starrte hinaus in die dunkelgrauen Wolken, versuchte mit aller Kraft den Impuls zu unterdrücken, einfach nach draußen zu stürzen, fortzurennen, weit, unendlich weit fort von dir, dir und deinem Glück, deinem Lächeln, deiner unbedachten Berührung, deiner ...

„...minor!!“ Ich zuckte heftig zusammen, als du mich am Arm rütteltest, mich so ziemlich unsanft aus meinen Gedanken rissest, und mir einen Schirm direkt vor die Nase hieltest. Um ein Haar wäre ich gerade vor Schreck wirklich davongerannt.

Fahrig griff ich nach dem Schirm, ich musste doch weg, musste schreiben, bevor ich drohte, überzuquellen, nun noch mehr als zuvor, musste nach Hause und deine Zweisamkeit ausschließen, meine Gedanken endlich ordnen, meine Gefühle endlich in den Griff bekommen, weg, einfach zurück in meine verzweifelte Einsamkeit. Doch du stießt einfach die Tür auf und schon schlugen wir uns durch das Unwetter – du an Strify geschmiegt unter einem riesigen Sonnenblumenschirm, ich wie ein braver Hund ein paar Schritte daneben unter einem etwas kleineren schwarzen Schirm mit einem einzelnen weißen Ornament.

Dir schien es sogar Spaß zu machen, zusammen mit uns ... mit ihm ... durch den Regen zu laufen, denn du lachtest die ganze Zeit und erzähltest von irgendetwas Lustigem, das ihr beide neulich erlebt hattet. Erst als wir vor Strifys Haustür standen und dieser nach seinem Schlüssel suchte, fiel mir auf, dass ich dir zum ersten Mal nicht zugehört hatte.
 

Als wir die wenigen Stufen zu Strifys Wohnung erklommen und uns kurz darauf an der Garderobe unserer Jacken und Schuhe entledigt hatten – ich hängte meinen Mantel lieber ins Bad, weil er unaufhörlich tropfte – verschwandest du schnurstracks in der Küche, um etwas Warmes zu trinken zu kochen. Strify bog in ein anderes Zimmer ab, sodass ich allein im Flur zurückblieb und mich ein wenig unschlüssig umsah. Hässlich erschien mir diese Wohnung wirklich nicht, zumindest demnach, was ich bisher davon gesehen hatte. Strify schien einer der wenigen Menschen mit Stil zu sein, was Farben und Einrichtung anbelangte.

„Luminor!“

Ich folgte dem Ruf, stand kurz darauf in einem gemütlich und doch stilbewusst eingerichteten Wohnzimmer, in dem Strify gerade ein paar Sachen vom Sofa und dem Tisch wegräumte. Als ich den Raum betrat, sah er auf. „Willst du duschen?“

Ich versuchte, ein dankbares Gesicht zu machen, schüttelte jedoch den Kopf – ich wollte keinen Moment zu lange hier bleiben. Eigentlich wollte ich gar nicht hier bleiben.

„Na gut“, erwiderte er und zeigte aufs Sofa. „Setz dich ruhig, ich beiße nicht.“

Kaum war ich seiner Aufforderung nachgekommen und hatte mich neben ihm niedergelassen, breitete sich eine unangenehm drückende Stille aus. Nur ein paar Mal wurde sie von leisem Klappern oder Gluckern aus der Küche unterbrochen. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, also starrte ich nur vor mich hin. Es war ein seltsames Gefühl, mit dem Jungen, der dich nun an meiner Statt glücklich machen sollte, allein zu sein.

„Wie stehst du eigentlich zu Kiro?“

Die Frage kam unerwartet, sie zerriss plötzlich die nun schon minutenlang andauernde Stille. Ich antwortete nicht sofort.

„Wir kennen uns seit wir kleine Kinder gewesen sind. Ich ...“ – ... passe seitdem auf ihn auf?! ... habe mich in ihn verliebt?! – „... sehe ihn wie einen kleinen Bruder.“

„Aha“, machte Strify nur, dann schwieg auch er wieder eine Weile.

„Warum benimmst du dich dann eigentlich so?“

Verwirrt wischte ich einen verirrten Regentropfen fort, der von meiner Stirn fast in mein Auge getropft war. Ich benahm mich „so“? Wann hatte ich mich in Strifys Gegenwart „so“ benommen? Und ...

„Wie meinst du das?“

„Du siehst ihn nicht an wie einen kleinen Bruder. Und du verhältst dich nicht wie einem kleinen Bruder gegenüber“, gab er ausdruckslos zurück, wandte dann aber den Kopf und sah mir in die Augen. Meine Kehle schnürte sich bei diesem Blick zu, ich hielt unbemerkt die Luft an. „Eher, als hättest du Angst vor ihm. Oder ...“ Er sprach nicht weiter, ließ dieses eine Wort im Raum hängen, bis es mich fast erdrückte.

„Oder?“

„... wie eine Löwin, die ihr Junges nicht teilen will.“

Volltreffer.

Damit hatte er mich eiskalt erwischt.

War es so offensichtlich? Hatte mich dies alles so aus der Bahn geworfen, dass ich die Kunst, meine Gefühle vollkommen zu verschleiern, eingebüßt hatte? Und das gerade Strify gegenüber? Ausgerechnet ...

Doch wenn es schon einem Außenstehenden auffiel, den ich bisher zweimal in meinem Leben gesehen hatte, hattest du es dann nicht auch schon längst bemerkt? Dass ich Angst hatte – nicht vor dir, aber um dich? Dass ich dich eigentlich nicht, niemals teilen wollte? Das durfte nicht sein ...

Ich musste ihn wohl ziemlich entgeistert angestarrt haben, denn plötzlich legte er ein leichtes überlegenes Lächeln auf. „Hab ich Recht?“

Mechanisch schüttelte ich den Kopf. „Nein, es ... es ist nur so ...“ – Ja, wie war es denn dann? Natürlich hatte er Recht! – „Ich freue mich, dass Kiro nun wohl glücklich ist, er hatte es nicht leicht in der Vergangenheit. Nur ... er liegt mir eben sehr am Herzen, ich mache mir einfach Sorgen um ihn ...“

„Nicht nötig“, fuhr er mir sofort dazwischen, ich konnte in seinem Blick eindeutig Eifersucht und Ablehnung aufflammen sehen. „Ich bin ja an seiner Seite und passe auf ihn auf.“ Dieser Satz klang nicht einmal halb so zärtlich, wie sein „Ich liebe dich, mein kleiner Engel“ vor zwei Wochen in meiner Wohnung. Eher wie eine Kampfansage.

Aber warum? Du liebtest ihn, er war der Mann an deiner Seite, ich war es, den du völlig in den Schatten gerückt und nur heute zufällig wieder für ein paar Minuten ins Licht geholt hattest. Und war ich es nicht gewesen, der dich zu ihm geführt hatte? Verblasste seine Dankbarkeit so schnell?

Er bedachte mich weiterhin mit diesem Blick und je länger er mich anstarrte, desto weniger wollte ich ihm glauben, dass er dich wirklich beschützen konnte. Dass du ihm jemals deine Tränen schenken würdest.

„Also, Luminor“, sagte er plötzlich und wandte sich wieder ab, ließ sich lässig tiefer ins Sofa sinken und legte ein betont unbeteiligtes Gesicht auf. „Kiro gehört mir. Ich bin der Mann an seiner Seite, ich bin es, mit dem er zusammen ist. Er ist nicht mehr dein kleiner Bruder, er ist kein Teil deiner Welt mehr. Ich bin seine Welt. Und ich will nicht, dass du ihn siehst, dass du ihn noch einmal so ansiehst, so eindeutig zweideutig. Mir ist egal, was in der Vergangenheit passiert ist. Für mich zählt nur das Jetzt. Und jetzt gehört er mir.“

Was?!

Ich war vollkommen verblüfft und erschrocken zugleich, konnte nicht einmal einen klaren Gedanken fassen, geschweige denn ein Wort über die Lippen bringen. Das erste, was mir nach unendlichen Sekunden in den Sinn kam, war nur Nein! Das konnte er unmöglich ernst meinen!

Doch er hatte sich mir wieder zugewandt und sein Gesicht, seine ganze Haltung verrieten mir, dass dies alles kein schlechter Scherz gewesen sein konnte.

Geschockt saß ich einfach nur neben ihm, nicht fähig, irgendetwas auf diese Worte zu erwidern.

Und genau in diesem Moment kamst du ins Zimmer, ein breites Lächeln auf den Lippen und ein Tablett mit dampfenden Teetassen in den Händen. Du wolltest gerade etwas sagen, hattest den Mund schon geöffnet, doch du kamst nicht mehr dazu. Ich sprang auf, versuchte nicht zu zittern, während ich mich mit einem gemurmelten „Ich muss gehen“ an dir vorbei schob. Keinen Augenblick länger konnte ich es ertragen, nicht eine Sekunde hielt ich es mehr aus. Nicht mit Strify, der noch immer mit diesem Gesicht auf dem Sofa saß, und nicht mit dir, den ich nun verwirrt und ahnungslos mitten im Zimmer stehen ließ.

„H-hey, Lu, warte mal!“, riefst du mir hinterher, ich hatte jedoch schon meine Stiefel übergestreift, meinen Beutel gegriffen und war auf dem Weg zur Tür. Ich hörte Schritte hinter mir, kaum eine Sekunde später erschienst du im Flur, deine Augen waren groß und dunkel vor Sorge und Unverständnis. Ein letzter Blick zurück zu dir, als ich im Türrahmen stand, ein leises „Verzeih mir“, dann schlug die Tür hinter mir zu und ich rannte die ersten Stufen nach unten.

„Lu!“ Mein Name hallte im Treppenhaus wider, ich hörte, wie du Anstalten machtest, mir hinterher zu laufen, doch Strify war schneller. Ich war eine Etage unter seiner Wohnung stehen geblieben, hatte mich dort an eine Wand gelehnt, sah euch nicht, doch ich hörte euch und konnte mir vorstellen, was passierte.

„Lass ihn, Engel“, sagte er mit sanfter Stimme, sicherlich zog er dich gerade an sich, um zu verhindern, dass du mir nacheiltest.

„Aber ... aber was ist denn passiert? Habt ihr euch gestritten?“, fragtest du, ich konnte hören, dass dich mein Davonlaufen zutiefst verwirrt und sogar ein wenig verletzt hatte.

Strify erwiderte leise irgendetwas, das ich nicht verstehen konnte, auch deine Antwort, die deutlich aufgeregter klang als deine Frage zuvor, drang nicht mehr zu mir herunter, da Strify dich wieder mit in die Wohnung gezogen und die Tür geschlossen hatte.

Sekunden später hüllte mich der Regen aufs Neue ein. Ich bemerkte gar nicht, dass ich meinen Mantel vergessen hatte. Und auch die Tränen, die der Regen sofort von meinen Wangen spülte, blieben von mir unbemerkt.
 

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[Musik: Tanita Tikaram – And I think of you | Camouflage – I can’t feel you]

Kapitel 7 - "Du siehst mich nicht - du kennst mich nicht"

Kapitel 7

„Du siehst mich nicht - du kennst mich nicht“
 

Als ich die Augen aufschlug, war alles grellweiß.

Sofort presste ich wieder die Lider aufeinander und sperrte das ungewohnte Licht aus.

Mir war heiß, unendlich heiß und meine Lungen brannten, mein Hals brannte, in mir schien alles nur aus einem schmerzhaften, alles verzehrenden Feuer zu bestehen. Mein Kopf schmerzte und mein Körper schien Tonnen zu wiegen, ich glaubte fast, mich überhaupt nicht bewegen zu können. Und dann dieses grelle Weiß um mich herum, das sich erneut durch meine Augenlider kämpfte, während ich noch etwas anderes als meinen bleischweren, brennenden Körper wahrnahm. Ein unbekannter, seltsamer Geruch. Nein, nicht völlig unbekannt. Irgendwo dazwischen, ganz schwach, nahm ich einen vertrauten, lang vermissten Duft wahr.

Ich zwang mich dazu, langsam wieder die Augen zu öffnen, blinzelte ein paar Mal, bis ich mich allmählich an das Licht gewöhnt hatte.

Verschwommen konnte ich etwas erkennen. Da stand eine Gestalt am Fenster, ein wenig entfernt von mir, und sah stur hinaus. War es nur eine Gestalt?

Je länger ich meinen Blick auf sie heftete, desto klarer wurden ihre Konturen, desto vertrauter die Erscheinung. Da standest du, allein, in einem mir fremden Zimmer und sahst aus dem geschlossenen Fenster in die Ferne. Neben dir auf einem Plastikstuhl lag etwas Schwarzes, Zusammengeknülltes, das sich mit einiger Anstrengung meiner Augen als mein Mantel herausstellte.

Aber wie ...?

„Kiro?“ Hätte ich nicht gewusst, dass ich dieses Wort gerade ausgesprochen hatte, ich hätte niemals geglaubt, dass diese Stimme mir gehörte. Obwohl man dieses raue, kratzige Flüstern wohl kaum mehr als Stimme bezeichnen konnte.

Anscheinend hattest du mich aber verstanden, denn du drehtest den Kopf in meine Richtung, kamst langsam auf mich zu. Waren das Tränenspuren auf deinen Wangen?

„Du bist wieder wach“, bemerktest du, ließest dich neben dem Bett, in dem ich wie ein Stein lag, auf einem weiteren Plastikstuhl nieder.

„Wie ...?“, setzte ich an, doch weiter kam ich nicht, da mich plötzlich ein heftiges Husten schüttelte. Verdammt, hustete ich mir da gerade meine Seele aus dem Leib? Mein Hals brannte mit jeder Sekunde schlimmer.

„Wie du hierher kommst?“, sprachst du meine Frage aus, als ich mich wieder beruhigt und einen Schluck Wasser getrunken hatte. Ich nickte, wollte nicht wieder einen Hustenanfall riskieren. „Du erinnerst dich nicht?“

Kopfschütteln.

Ich wusste nur noch, dass ich vor Strify und dir geflüchtet war. Ich hatte mich durch das Unwetter geschlagen, war erneut triefnass geworden und hatte mich, als ich endlich zu Hause angekommen war, sofort ins Schreiben gestürzt, völlig egal, ob ich bis auf die Knochen durchnässt und frierend in meinem Schlafzimmer gesessen hatte, alles völlig egal. Die ganze Nacht hindurch hatte ich geschrieben, hatte erst am nächsten Morgen gemerkt, dass ich zitterte. Vor Angst um dich, vor all den mich erdrückenden Gedanken, doch viel mehr noch vor Kälte. Ich hatte überall in der Wohnung die Heizungen aufgedreht, doch natürlich war nichts passiert – wer heizte schon im Frühsommer? Doch anstatt mich hinzulegen und in eine warme Decke einzuwickeln, war ich ohne zu überlegen an meinen Schreibtisch zurückgekehrt und hatte bis zum Mittag geschrieben. Je länger mein Federhalter über das Papier geflogen war, desto schwieriger war es für mich geworden, die Buchstaben zu erkennen, desto unleserlicher war meine Handschrift geworden und desto schwerer war es mir gefallen, mich zu konzentrieren. Mittlerweile war mir heiß gewesen, obschon ich noch immer nur ein einfaches schwarzes Hemd und keine Hose von besonders dickem Stoff getragen hatte. Immer wieder waren die Zeilen vor meinem Blick verschwommen, sodass ich schließlich aufgegeben und meinen Zustand auf meine völlige Übermüdung und Überreizung geschoben hatte.

Ein Klingeln an der Tür hatte mich aus meinen Gedanken gerissen. Ich hatte mich erhoben, war auf dem Weg in den Flur gewesen, als sich plötzlich meine Einrichtung zu drehen begonnen hatte. Bevor ich mich irgendwo hatte festhalten können, umfing mich völlige Schwärze.

Danach wusste ich nichts mehr.

„Ich bin gestern zu dir gegangen, um dir deinen Mantel wiederzugeben. Du hattest ihn bei uns vergessen, als du abgehauen bist.“ Du sagtest wirklich „abgehauen“, deine Stimme hatte einen kühlen Klang, als würdest du einem Fremden den Weg erklären. „Ich hab geklingelt und als du nicht aufgemacht hast, dachte ich, du wärst nicht zu Hause und wollte ihn dir ins Wohnzimmer legen.“

Ich hatte dir vor längerer Zeit einen Zweitschlüssel zu meiner Wohnung gegeben, falls du einen Zufluchtsort suchtest und ich noch nicht zu Hause sein sollte. Obwohl mir dein Tonfall und das Fehlen der gewohnten Wärme in deiner Stimme Angst machten, hörte ich dir aufmerksam zu.

„Als ich oben ankam und die Tür aufmachte, hast du im Flur gelegen ... kreidebleich und bewusstlos. Du hattest Fieber, ich hab versucht, dich aufzuwecken, aber es hat nichts gebracht.“ Bei diesen Worten schlich sich doch ein leiser, angstvoller Unterton in deine Stimme, doch dann sprachst du unbeirrt weiter. „Also hab ich den Notarzt gerufen und der hat dich direkt ins Krankenhaus gebracht. Ich hab mir Sorgen gemacht, also bin ich hinterher gefahren. Der Arzt meinte zu mir, du hättest dir eine Lungenentzündung eingefangen und sollst ein paar Tage hier bleiben.“

Lungenentzündung?! Ein paar Tage hier bleiben?!

Ich machte große Augen, doch du machtest keine Anstalten, noch etwas zu sagen.

„Danke“, flüsterte ich also nur und schenkte dir einen liebevollen Blick. Ein Glück, dass du vorbei gekommen warst und mir geholfen hattest. Wenn du nicht gewesen wärst, ...

„Sag mal, du musst doch völlig bescheuert sein!“, fuhrst du mich urplötzlich an. Ich zuckte erschrocken zusammen, in all den Jahren hattest du mich noch nie angeschrieen, vor allem nicht so. „Erst rennst du bei dem Wetter ohne Schirm ewig in Regen und Wind rum und dann haust du einfach ab ohne ein Wort, wenn man dir helfen will! Außerdem habe ich mich wegen dir mit Strify gestritten, weil ich dich auch noch in Schutz nehmen wollte nach dieser ganzen Aktion! Ich wollte dir sogar gegen seinen Willen deinen Mantel bringen und dann finde ich dich, wie du in deiner eigenen Wohnung umgekippt bist! Eigentlich geschieht es dir ja Recht! Was bist du auch so stur und unvernünftig?!“

Selbst wenn ich gewollt hätte, ich konnte gar nichts darauf sagen. Ich war vollkommen perplex und deine Worte trafen mich hart. Meine Kehle war wie zugeschnürt, während mich deine sonst so sanften Augen wütend anfunkelten.

„Kannst du mir das Ganze vielleicht mal erklären!? Warum du bei dem Wetter draußen so rum rennst, warum du Strify solche Sachen an den Kopf wirfst und dann auch noch einfach feige abhaust?! So kenn ich dich nicht, Luminor, was hast du plötzlich?!“ Deine Stimme zitterte leicht, dein Blick bohrte sich in meinen, du wirktest unglaublich wütend und hilflos zugleich.

Auch wenn ich dir eine Erklärung hätte geben können für all das, meine schmerzenden Lungen und mein Hals, der nur noch aus grobem Sandpapier zu bestehen schien, machten mir einen Strich durch die Rechnung. Was hätte ich dir auch sagen sollen? Ich habe Angst um dich, weil ich dich liebe und weil Strify meint, du würdest nun ihm gehören?

Doch was hattest du gesagt? Warum ich Strify solche Sachen an den Kopf geworfen hätte? Ich dachte kurz nach, doch ich konnte mich nicht erinnern, irgendetwas Böses oder in anderer Weise Verletzendes zu ihm gesagt zu haben. Worauf wolltest du hinaus?

„Kiro, was ... was soll ich denn zu ihm gesagt haben?“, mühte ich mir über die Lippen, mir schwante Übles, als sich deine Miene noch weiter verdunkelte und du sogar aufsprangst.

„Tu doch nicht so! Du hast ihm gesagt, er wär nichts für mich, ich würde dir gehören und du würdest mich niemals hergeben, auch wenn du uns scheinbar zusammengeführt hättest! Du hast gesagt, du würdest ihn eigentlich nicht ausstehen können und hättest es nur getan, damit ich dir weiterhin dankbar und treu bin!“

Das ... konnte unmöglich wahr sein. Nein ... ein Traum. Nur ein Alptraum. Ich war eingeschlafen an meinem Schreibtisch, wenn ich mich dazu zwang, konnte ich aufwachen und alles wäre ... nur ... ein ... Alptraum ...

Meine Hände auf der Bettdecke begannen leicht zu zittern, doch ich verbarg es, so gut ich konnte.

„Kiro, nein, ich ...“ – konnte dir doch unmöglich sagen, dass nicht ich, sondern Strify diese Worte gesprochen hatte. Dass nicht ich es war, der dich für sich allein wollte, sondern er.

„Ich dachte, du hättest mich gern!“, brülltest du, drehtest dich abrupt von mir weg, als dir Tränen in die Augen stiegen. Am liebsten wäre ich aufgesprungen und hätte dich sofort umarmt und festgehalten, doch ich war wie gelähmt. Selbst meine Gedanken waren gelähmt, ich konnte dich nur wortlos anstarren.

„Wieso hast du damals Strify angerufen?! Wolltest du mich glücklich machen, nur um mir dieses Glück nun wieder zu entreißen, damit ich mich wieder an dich klammere?! Warum machst du das?“ Du warst völlig aufgelöst, hattest mir immer noch den Rücken zugewandt, doch ich hörte deutlich, dass du bei dem Versuch, die Tränen zu unterdrücken, gescheitert warst. Es tat weh, dich so zu sehen. Doch noch viel mehr schmerzte es mich, dass du mir nicht glaubtest, sondern ihm, dass du nicht mir vertrautest, sondern sofort seinen Worten Glauben schenktest. Wann hatte ich dir jemals Anlass dazu gegeben, an meiner Aufrichtigkeit und meinem Wunsch, dich glücklich zu machen, zu zweifeln? Ich konnte das doch unmöglich nun so stehen lassen ... Es brannte zwar unglaublich, doch ich unterdrückte den Schmerz und begann zu reden: „Kiro, bitte ... lass mich erklären. Es war nicht so wie Strify gesagt hat ...“ – „Wieso sollte er mich anlügen?!“, fuhrst du mir dazwischen, wirbeltest herum und starrtest mich an.

Warum sollte ich dich anlügen?, wollte ich sagen, doch du schnapptest schon deine Tasche, die neben dem Stuhl gestanden hatte und wischtest dir unwirsch über die Augen.

„Was ...?“, weiter kam ich nicht, denn du liefst zur Tür, drehtest dich kurz davor noch einmal zu mir um. „Ich hätte nie geglaubt, dass ich dir so wenig bedeute ... und dass du mir mein Glück nicht gönnen würdest, nachdem meine Vergangenheit so schwarz gewesen ist. Ich dachte, du wärst mein Freund, Luminor. Aber da habe ich mich wohl gründlich getäuscht.“

„Kiro, aber ich ...“, begann ich verzweifelt, das konnte doch alles nicht wahr sein. Nein ...

„Deinen Mantel hast du ja nun wieder. Dann gibt es keinen Grund, warum du noch einmal zu Strify und mir kommen müsstest.“ Du drücktest die Türklinke runter, nein, das konnte nicht sein, das konntest du nicht ernst meinen, nein, „Nein! Kiro, warte!“

Die Tür schlug zu. Der dumpfe Knall jedoch konnte nicht das vielstimmige Splittern übertönen, mit dem mein Herz zerbrach, als deine letzten Worte unbarmherzig im Zimmer hallten.

„Ich hasse dich.“
 


 

[Musik: Lacrimosa – Der Morgen danach]

Kapitel 8 - "A strange kind of feeling"

Sorry, hab vergessen, hier zu posten ... es gibt 9 Kapitel ^^**** also hier erstmal Kapitel 8, nächste Woche kommt dann Kapitel 9 ^^*
 

Kapitel 8

„A strange kind of feeling“
 

Nichts.

Alles, was in mir zurückgeblieben war, war einfach nichts. Nichts, gar nichts.

Ich hatte ein paar Mal noch versucht, dich zu erreichen. Wollte dir alles erklären, konnte das Ganze nicht einfach so stehen lassen.

Die ersten Male hattest du mich einfach weggedrückt. Dennoch hatte ich es weiterprobiert, gleich, ob immer mehr Tränen meine Wangen benetzt hatten, je öfter ich das monotone Tuten im Hörer vernommen hatte.

Irgendwann warst du doch ans Telefon gegangen, hattest dir schweigend angehört, wie ich mit heiserer Stimme versuchte, dir glaubhaft zu machen, dass ich nie, niemals so etwas gesagt hätte, du würdest mir viel zu sehr am Herzen liegen, als dass ich dir dein Glück nicht gegönnt hätte und so weiter und so fort. Worte, so viele Worte, die du einfach schweigend hingenommen hattest, bis ich nichts mehr zu sagen vermocht hatte. Das einzige, was du darauf erwidert hattest, war „War’s das?“ gewesen, ich hatte nicht gewusst, was ich darauf hätte antworten sollen, also hatte ich mich auf ein tonloses „Ja“ beschränkt. Gleichmäßiges Tuten.

Einige wenige Male hatte ich es in den folgenden Stunden und Tagen noch probiert, doch irgendwann hattest du dein Handy ganz ausgestellt.

Seitdem ... nichts.

Schwarze Leere in mir und um mich.

Ich musste noch eine ganze Zeit lang im Krankenhaus bleiben, der Arzt wollte und konnte einfach nicht verantworten, mich nach Hause zu schicken.

Mir war es egal.

Egal, dass meine Lungenentzündung zunächst eher schlimmer als besser wurde.

Egal, dass ich Nahrung und Tabletten verweigerte und bald darauf zur Aufnahme von beidem gezwungen werden musste.

Egal, dass sich mein behandelnder Arzt aufgrund meiner seelischen und körperlichen Verfassung solche Sorgen um mich machte, dass mich jeden Tag ein Psychologe besuchte, um herauszufinden, warum ich nichts sagte, nichts aß, niemanden sehen wollte, ja, fast apathisch tagsüber in meinem Bett saß oder lag und nachts so lange den Schlaf herauszögerte, bis mein Körper vor Erschöpfung nicht mehr konnte und doch für ein paar Minuten, manchmal auch Stunden einschlief.

Ich wollte nicht schlafen. Ich wusste, ich würde von dir träumen. Ich wusste, es würde wehtun, auch wenn sich mein Innerstes wie kalter, lebloser Stein anfühlte, obwohl das Feuer, das die Lungenentzündung in mir entfacht hatte, noch immer alles in meinem Körper so schmerzhaft verzehrte. Und jede Nacht, in der meine Schwäche ihren Tribut forderte, behielt ich Recht und schreckte kaum später mit schweißverklebten Sachen und zitterndem Körper wieder auf.
 

Irgendwann jedoch ließ das Brennen nach, zwei Tage später war es fast gänzlich verschwunden, genau wie der fiebrig-glasige Schleier auf meinen Augen und die heißen Schweißperlen, die ab und an über meinen Körper geronnen waren.

Sofort bestand ich darauf, entlassen zu werden, keine Sekunde länger wollte ich mich diesen Blicken, diesen Fragen, diesen Behandlungen, dem Psychologen mit dem freundlichen und doch so mitleidsvollen Gesicht aussetzen.

Natürlich wollte der Arzt mich nicht gehen lassen, er könnte nicht verantworten, mich in meinem Zustand aus dem Krankenhaus zu entlassen, ich wäre psychisch instabil und auch körperlich noch nicht wieder vollständig genesen.

Nachdem ich ein Papier, das ihm versicherte, dass dies alles auf meine eigene Verantwortung geschah, unterschrieben hatte, ließ er mich allerdings gehen, gab mir nur noch Rezepte für irgendwelche Schmerz- und Beruhigungsmittel mit, die ich noch bevor ich das Krankenhaus verließ zerriss und in den Papierkorb warf.
 

Zuhause angekommen warf ich den Mantel an die Garderobe und verschwand im Schlafzimmer. Es interessierte mich nicht, ob ich irgendetwas Essbares im Haus hatte, es interessierte mich nicht, dass es in der Wohnung aussah wie Dresden 45, es interessierte mich nicht einmal, dass das Fenster im Schlafzimmer seit Tagen sperrangelweit offenstand und so fast wie eine Einladung auf sämtliche Diebe der Umgebung gewirkt haben musste. Das einzige, was ich nun wollte, war schreiben.

Sofort ließ ich mich an meinem Schreibtisch nieder, das Buch war auf der letzten beschriebenen Seite noch aufgeschlagen. Unleserlich, halbverschmiert und eindeutig mit zitternder Hand geschrieben starrten mich diese Zeilen an, kaum konnte ich die letzten drei Worte entziffern, hätte ich nicht genau gewusst, was sie bedeuteten.

Ich schlug die Seite um, wollte diese Worte nicht sehen, neu beginnen, nicht erinnert werden. Der Federhalter lag noch immer dort, wo ich ihn zurückgelassen hatte, als ich mich vor mehreren Tagen zum letzten Mal von diesem Stuhl erhoben hatte. Meine Finger griffen ganz automatisch nach ihm, zogen die Hülle ab, setzten an und ...

Nichts.

Schwarze Leere. Sonst nichts.

Ich wartete, doch kein Wort wollte mir einfallen, kein Gefühl, das ich beschreiben konnte, keine Gedanken, die ich aufs Papier bannen musste. Nichts ... nichts – gar nichts!

Ungläubig starrte ich meine Hand an, dann die leere Seite, den Federhalter, wieder meine Hand.

Schreiben hatte ich immer gekonnt, in jeder Situation, immer und immer hatte es mich begleitet, hatte mich erleichtert und meine Tränen und Gefühle aufgenommen, die ich hatte verstecken müssen, aus welchen Gründen auch immer.

Und auch diesmal wartete es geduldig. Doch in mir ... wartete nur schwarzer, kalter Stein. Umgeben von einem farblosen Nichts, das immerstet gegen ihn brandete.
 

Sollte dies alles sein, was mir blieb – dort, wohin du mich gestoßen hattest?
 


 

[Musik: Chamber, l’orchestre de chambre noir – Strange kind of love]



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Kommentare zu dieser Fanfic (37)
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Von:  Skaldin
2008-11-22T16:04:20+00:00 22.11.2008 17:04
Wow,tolle FF...Lumi tut mir echt Leid...Bin gespannt wie es weiter geht^^
Von: abgemeldet
2008-10-10T11:38:39+00:00 10.10.2008 13:38
Hmmm *nachdenk*

Kenne ich das nicht von ff.de ?

:D

Ich kanns nur widerholen, ich finds klasse ;)
Von: abgemeldet
2008-10-10T08:37:51+00:00 10.10.2008 10:37
Luminooooooooor, =( *Sturzbäche wein* *Tastatur vollheul*

Das ist so traurig =(

Aber diese letzte Satz, das war die Krönung ..." Ich hasse dich. "

Wow, bitte schreib bald weiter ;)
Von: abgemeldet
2008-10-10T08:35:41+00:00 10.10.2008 10:35
Also jetzt muss ich mal was loswerden :

Srify ist in dieser FF ein riesen großes Arschloch ! ^^

Immer bekommts Luminor so arg ab, echt schlimm :/

Diese FF ist dir wieder mal total gelungen :)
Von: abgemeldet
2008-10-10T08:33:27+00:00 10.10.2008 10:33
Warum muss Luminor immer so leiden ? ^^ FInd ich nciht gut.....Ok, doch, so wie du ihn leiden läst liest es sich echt gut ;)

Oh Gott, schäm ich mich das gesagt zu haben =(

Ein bisschen jedenfalls =P
Von: abgemeldet
2008-10-10T08:31:54+00:00 10.10.2008 10:31
Das ist so...*schnief* ...so traurig......*Tränen aus den Augen wisch *....
Einfach klasse, aber traurig =(
Von: abgemeldet
2008-10-10T08:28:29+00:00 10.10.2008 10:28
Och mein süßer Kiro , ich finde er passt sehr gut zu Luminor, auf irgendeine art und wWeise find ichs echt gut ;)
Von: abgemeldet
2008-10-10T08:24:24+00:00 10.10.2008 10:24
Bei deinen geschichten kann man sich immer so gut in die Charaktere hinein versetzen, das ist echt toll ;)

Ich habe gerade irgendwie das Bedürfnis in deine FF zu springen und den Jungs mal ganz doll in die Backe zu kneifen :D
Von: abgemeldet
2008-10-10T08:18:24+00:00 10.10.2008 10:18
So, nun mache ich hier weiter ;)

Ich habe honey schon vor einiger Zeit auf meine Favo-Liste gesetzt, aber ganz bewusst aufgehoben =P


Jetzt kann ich noch ein bisschen weiterschmachten, *.*

Von: abgemeldet
2008-09-08T16:43:14+00:00 08.09.2008 18:43
Armer Luminor! Warum glaubt Kiro jemanden, den er erst so kurz kennt?
Das Kapitel war wieder einmal spitzenklasse lieb die ff.
lg Dark_providence


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