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Die Insel der tausend schaurigen Masken

von

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Wie weiter?

Als sie sich in sicherer Entfernung wägten, sackten alle erst mal erschöpft zu Boden, während Kenny und Tyson herumwuselten und die Verletzten versorgten. Bryan saß an den Mast gelehnt da. Lyco war ebenfalls nicht gerade davon begeistert, ein Gespräch anzufangen.

Kenny zückte die brennende Flüssigkeit, die er immer nutzte, um die Wunden zu desinfizieren. Karin hasste das Zeug, weniger aber wegen seiner Wirkung, eher wegen dem Geruch. Doch das half ihr alles nichts, denn manche Verwundungen waren nicht zu unterschätzen, denn ihre natürlichen Regenerationsfähigkeiten würden nicht dafür ausreichen. Grummelnd schaute sie ihm misstrauisch zu bei dem, was er tat und besonders, wo er das Zeug auftat.

„Und was machen wir jetzt?“, fragte Ian in die Runde, während er seinen Verband um den Oberarm richtete. „Ich will Jack’s Mantel!“, meldete sich Karin gleich zu Wort. „Wir tun das, was Jack’s letzter Befehl war.“, ignorierte Kai seine Schwester, was ihm verwirrte Blicke von allen einbrachte. „Wir finden deinen Bruder, Lee.“ „Seid ihr sicher? Ich meine, wir haben doch schon beim ersten Mal gegen sie verloren und ihn nicht gefunden. Noch dazu habt ihr euren Captain verloren. Wollt ihr wirklich immer noch einem Fremden helfen?“ „Ja.“ „Ich weis nicht, wie ich euch danken soll.“ „Hey, Streify!“ Kai drehte sich zu der Wölfin um, die aufgestanden war und jetzt auf ihn zukam. „Wer hat dich eigentlich zum Kapitän ernannt? Jack ist grade mal ne halbe Stunde tot und du gibst schon Befehle, als wärst du hier der große Macker!“ „Ich bekomm den tollen Mantel!“, hüpfte Karin schon wieder munter durch die Gegend. „Hör mal zu, Töle! Ich bin Vize gewesen. Das bedeutet, dass ich Kapitän bin, solange der eigentliche Captain nicht da ist! Und da Jack wohl nie wieder kommen wird, bin ich der neue Captain! Hast du das jetzt verstanden?“ „Aber ich war ihre beste Freundin, sie hätte sich gewünscht, dass ich ihren Posten übernehmen!“ „Das glaubst auch nur du! Jack hätte bestimmt keiner kindischen Töle die Verantwortung über solch ein Schiff samt dazugehöriger Mannschaft überlassen! Zudem hat sie dich gehasst.“ „O du schöner Mantel, oh du wunderbarer Mantel, du…“, summte Karin vor sich hin. Lyco war wütend, ihre Augen blitzen gefährlich auf: „Das ist ja wohl die Lüge des Jahrhunderts! Jack mochte jeden hier an Bord, sogar dich.“ „Sicher doch, deswegen hat sie ihm auch immer wieder seine möglichen Tode vorgezeigt, oder wie versteh ich das?“, grummelte Bryan in sich hinein, doch Lyco hatte es durchaus verstanden. Ihre Ohren zuckten gefährlich in seine Richtung. „Sie hatte nun mal ihre eigene Art, ihre Zuneigung auszudrücken. Und seid doch mal ehrlich: Keinem von euch ist es wirklich schlecht ergangen, seit ihr hier an Bord seid!“ Die Mannschaft versank in Schweigen, was Lyco durchaus als Bestätigung auffassen konnte. „Na also, seht ihr?“ „Wegen ihr hab ich mir damals dieses seltsame Inselfieber eingefangen.“, erklärte Ian mit Wehmut, wenn er an diese zwei Wochen zurückdachte. „Und du lebst wieder. Jack hat alles daran gesetzt, dass du nicht den Haien als Leichenimbs vorgesetzt werden musst!“
 

* * * flashback
 

„Verfluchte Schieße, aber auch noch mal!“, drang Gefluche aus der Kabine. „Jack, können wir irgendwas tun?“ „Bringt mir eine Karte und frisches Wasser!“ Sofort war Bewegung vor der Tür, denn jeder wuselte umher, um Befohlenes auszuführen.

Keine zwei Minuten später trat Spencer ein und brachte Verlangtes. „Hier, wechsel ihm die Umschläge, ich bin gleich wieder zurück.“ Der Blonde nickte, während Jack sich die Karte schnappte und mit dieser in den Flur trat. „Kai, Bryan, mitkommen.“ Beide folgten ihr ohne Widerworte. Auf Deck breitete sie die Karte auf, zeigte auf verschiedene Inseln und erfragte den momentanen Standort. „Ungefähr hier.“, zeigte Bryan ihr einen Punkt mitten im weiten Ozean. „Schlecht, sehr schlecht… Kai, die nächste Insel. Die hier? Was kannst du mir darüber sagen?“ Dieser betrachtete die Karte und den gezeigten braunen Fleck näher. „Ist unbewohnt. Außer Strand, Bäumen, Sträuchern und ein paar Tieren nichts Nennenswertes. Bisher auch noch von niemandem gehört, dass sich dort Menschen aufhalten sollen.“ „Wald… Wie lang brauchen wir bis dorthin?“ „Bei diesen Bedingungen? Zirka zwei Stunden.“ „Das dauert zu lange.“ Kai zog die Brauen hoch. „Sieht’s denn so schlecht um ihn aus?“ Jack sagte nichts, was aber als Antwort ausreichte. Bryan schüttelte den Kopf: „Diese Strömung da. Die müsste uns schneller voranbringen.“ „Gut gemacht, Bryan. Kai, ans Steuer! Ich will, dass wir in einer Stunde dort sind, hast du verstanden?“ Sie wartete erst gar keine Antwort mehr ab, sondern ging wieder unter Deck. „Du bist ein Idiot, Bryan, das wird nie im Leben klappen. Siehst du das Riff hier? Wir werden zerschellen wie… was weis ich denn!“, fuchtelte er Gestreifte wild mit den Armen. „Kai, es geht hier um einen Freund.“ Ergeben seufzte Kai auf. „Sie weis um unsere Fähigkeiten als Steuermann Bescheid.“, klopfte Bryan ihm auf die Schulter und rollte die Karte wieder zusammen.
 

* * * flashback finish
 

„Und dann haben sie’s doch noch geschafft, Kenny hat dir ne Medizin gebraut und nach vier Tagen warst du wieder fit wie ein Turnschuh.“ „Stimmt schon… Hey, du warst damals doch noch gar nicht an Bord!“ „Ja und? Denkst du, meine Ohren sind nur zur Dekoration gedacht? Ich kann auch zuhören.“, wehrte sich die dunkle Wölfin vehement und wackelte zur Untermauerung ihrer Worte auch mit den Ohren, „Und jeder hier von euch hat Jack was zu verdanken und sei es nur, dass er jetzt eine Familie gefunden hat, in der er sich wohl fühlt.“ Mit ihren Blicken giftete sie Kai an.
 

* * * flashback
 

Langsam schlurfte er weiter. Er sah einfach keinen Sinn mehr in seinem Dasein. Schon sein Äußeres wirkte abschreckend auf die Menschen. Verständlich, denn es war ja alles anderer als normal, wenn man einen buschigen Wolfsschwanz und dazugehörige Ohren besaß. ‚Und jetzt, du großer Held? Was wird aus dir werden? Ein kleiner Obdachloser, der durch die Straßen zieht und die reichen Schnösel um Geld anbetteln muss, um jeden Tag aufs Neue zu erkennen, wie sinnlos es doch ist.’ Ohne es zu bemerken hatten ihn seine Schritte zum Hafen gebracht. Es roch nach Fisch, Müll und Salzwasser.

„Hey, Kleiner. Brauchst du Arbeit?“ Hinter ihm trat ein Mann, ziemlich rundlich und mit teuren Kleidern bestückt. Ein Zylinder setzte dem ganzen die Krönung auf. Sein Äußeres schien ihn nicht gerade abzuschrecken. „Nein, brauch ich nicht.“ Er wandte sich wieder ab und schlurfte weiter, obwohl er immer noch nicht wusste, wo er eigentlich hin wollte oder sollte. „Kleiner, bleib stehen!“ Er drehte sich wieder um und schaute nun in das Gesicht des Dicken. Es war gekennzeichnet von Alter, Wetter und Niederschlägen des Lebens. Aber er erkannte noch etwas, was er aber bis dahin noch nie gesehen hatte. Aber was auch immer es war, es verbreitet nicht gerade Wohlbefinden. „So wie du aussiehst, brauchst du Geld.“ Er blickte an sich hinunter. Seine Kleidung war verrissen, dreckig und unansehnlich. Wenn er sich sein Gegenüber so anschaute, hatte das bestimmt mehr als genug Geld, um ihm gleich mit einer ganzen Wagenladung Kleidung zu versorgen. Er nickte. „Dann komm mit, Kleiner. Ich wird dir Geld geben, wenn du etwas für mich getan hast.“, fasste er ihn am Ärmel und zerrte ihn mit sich. Er lies sich mitziehen, doch ihm war immer noch recht unwohl in seiner Haut. Dieses Gefühl wurde auch nicht grade von der kleinen dunklen Gasse bekräftigt, in der er gezerrt wurde, ebenfalls die umherstehenden Mülltonnen, leere Kartons und Kisten verbreiteten nicht gerade ein Empfinden von Heimeligkeit oder Geborgenheit. „Und was soll ich machen? Kisten räumen?“, fragte er nüchtern, jetzt schon sichtlich gelangweilt vom bloßen Anblick der Kisten. „Entspannt dich erst mal. Hier, leg dich hin.“ Mit etwas Gewalt brachte er den Jungen dazu, sich auf eine der Kisten zu setzen. „Hinlegen? Für was halten Sie mich eigentlich? Außerdem…“ „Nicht reden, hinlegen!“, befahl der runde Mann in recht schroffen Ton, was ihn zusammenzucken lies und sein ungutes Gefühl nur noch mehr bestärkte. Doch er wehrte sich, als er ihn auf den Boden drückte und das sowieso schon geflickte Shirt zerriss. „Hey!“ Seine Wehrhaftigkeit schien ihm aber wenig zu nützen, sondern seinen Peiniger nur noch mehr anzuspornen.

„Hey, Schweinchen.“ Er zuckte zusammen und lies von dem Jungen ab, als er die Stimme erkannte. Das schien seine Chance zu sein, zu verschwinden, doch er war zu geschockt und vielleicht auch etwas zu neugierig, um sich zu rühren. Er wollte wissen, wem diese Stimme gehörte, die eiskalt und zugleich zuckersüß durch die Nacht hallte. „Was willst du?!“, schrie er der Stimme entgegen. „Meinen Anteil.“ „Deinen Anteil? Den hast du schon bekommen.“ „Denkst du wirklich, dass jemand wie ich sich mit dem Stück Brot zufrieden geben würde?“ Von Dach des Hauses am Ende der Sackgasse sprang jemand herunter, vollkommen verhüllt von einem schwarzen Mantel. Der Junge wunderte sich, wie es die Person schaffte, dass der Mantel nicht nach oben flatterte, was aufgrund des Gegenwindes eine natürliche Reaktion gewesen wäre. „Was willst du jetzt tun? Zur Polizei eilen und dich beschweren? Die würden dich gleich auf den Scheiterhaufen stellen und brennen lassen!“ „Nur blöd, dass das nicht der Fall sein wird. Aber vielleicht machen wir ja hier ein kleines Feuerchen und verbrennen dafür dein stinkendes, fetttriefendes Fleisch hier auf der Stelle?“ Unter dem Mantel erhob sich eine Hand, in der etwas aufleuchtete. Doch es war kein Feuer, zumindest kein normales: Es leuchtete nicht rot, blau oder in sonst einer Farbe, die für Feuer normal wäre, es leuchtete irgendwie in einem dunklen grau. „Du willst hier ein Feuer machen? Das wäre töricht von dir.“ „So? Was hindert mich daran?“ „Ich könnte dich dann nicht mehr bezahlen. Außerdem wäre die ganze Umgebung auf den Beinen und würde dich verfolgen.“ Die Gestalt lachte auf: „Sie haben mich bei der Erfüllung meines Auftrages nicht erwischt, warum also jetzt hier?“

Dem Dicken lief der Schweiß, weil er keine Ausrede mehr parat hatte. „Wen hast du dir da eigentlich wieder gesucht? Hast du mal wieder keine billige Hure an Land ziehen können und musst dich jetzt an Straßenjungen vergehen?“, wandte sich die Öffnung das Mantels sich an den Jungen. Jetzt pochte eine Zornesader unter dem Rand des Zylinders heftig. „Mag sein, aber jetzt bist du ja da.“ Die Flamme flackerte höher auf und ihre Farbe wurde immer dunkler, doch sie strahlte immer noch eine gefährliche Wärme aus. „Ich glaub, es hat keinen Sinn mehr, mit dir zu diskutieren. Werden sich eben die Ratten an deinem Fleisch ergötzen. Ist ja genug davon da.“ Noch bevor der Wohlhabende reagieren konnte, war die Gestalt bei ihm und rammte ihm die Flamme mit voller Wucht in den Bauch. Bei der Berührung schrie er von Schmerz gepeinigt auf, fiel rücklings um und zappelte, als würde ihn jemand durchkitzeln. An der Stelle, an der die Flamme mit seiner Haut in Berührung gekommen war, war diese verkohlt und Blut trat aus. Der Junge saß nur da, hielt sein zerrissenes Shirt um sich und blickte zu der verhüllten Gestalt. Ihm war es egal, was jetzt aus ihm wurde. Selbst wenn er jetzt und hier umgebracht wurden, wen würde es stören? Die Gestalt wühlte in den Taschen des Dicken herum, wohl auf der Suche nach Wertvollem. „Mist. Was soll ich mit dem bisschen Gold machen? Das reicht nie im Leben aus!“ Die Person nahm ein kleines Säckchen an sich, lies es untern dem Mantel verschwinden und ging dann mit gemütlichem Schritt aus der Gasse hinaus.

Den Jungen lies sie unbeachtet. Dieser warf noch einen Blick zu seinem Beinah-Vergewaltiger, wie dieser immer noch auf dem Rücken lag, aufgehört hatte, zu zappeln nur noch schwach atmete und ihm kontinuierlich Blut aus dem Bauchbereich lief. „Hey, warte!“ Er rappelte sich auf und folgte dem Mantel-Träger. Dieser blieb jedoch nicht stehen, sondern ging unbehelligt weiter. „Hey, du da! Was hast du mit ihm gemacht?“ „Nichts, er lebt schließlich noch.“ Er konnte erahnen, dass unter dem Mantel die Schultern hochgezogen wurden. „Aber du hast ihn ausgeraubt.“ Diesmal drehte sich die Person vollkommen zu ihm um: „Sag mal, was willst du eigentlich von mir?!“ Ja, was wollte er eigentlich von dieser Person, die seinem sinnlosen Leben kein Ende gesetzt hatte, sondern es nur verlängerte, und die er überhaupt nicht kannte? „Kleiner, hör zu: Mag sein, dass der Kerl was Schlimmes mit dir vorhatte. Aber jetzt ist es vorbei, der wird so schnell niemanden mehr anfassen, wenn er denn die Nacht überhaupt überlebt. Und jetzt lass mich in Ruhe. Ich hab zu tun.“ „Ich könnte zur Polizei gehen und dich melden.“, meinte er, obwohl er immer noch nicht wusste, was er sich denn davon erhoffte, wenn diese Gestalt sich jetzt auf ein Gespräch einließ. Diese schüttelte jedoch nur den Kopf: „Was willst du denen sagen? Dass du eine verhüllte Gestalt dabei beobachtet hast, wie sie nem rundlichen Arschloch, das dich beinahe vergewaltig hätte, ne Flamme, die aus ihrer Hand aufstieg, in den dicken Schwabbelbauch gerammt hat und dann verschwunden ist, nachdem sie ihm ausgeraubt hatte? Klasse, damit können die auch wirklich was anfangen.“ Sie lachte und ging einfach weiter. „Hey, warte doch. Vielleicht… vielleicht könnte ich dir ja helfen.“ Jetzt blieb sie wieder stehen. „Wobei?“ „Der Kerl und du, ihr habt euch doch über nen Auftrag unterhalten. Vielleicht könnte ich dir mit deinen Aufträgen helfen.“ „Wer bin ich, Mutter Theresa, die alle mal so nebenbei aufnimmt? Ich hab schon genug damit zu tun, mich durchzuschlagen, also brauch ich keinen zusätzlichen Klotz am Bein!“ Mit einem Satz war die Gestalt wieder verschwunden und der Junge wieder allein.

Doch jetzt bekam sein Leben wieder einen Sinn: Er musste herausfinden, wer diese Gestalt war und was sie machte.
 

Damit verbrachte er das ganze nächste Jahr und wenn er nicht gerade damit beschäftigt war, sich Geld und Lebensmittel zu erbetteln oder zu klauen, sammelte er Informationen über seinen Retter. Er hatte schon einiges gesammelt, was ihn langsam aber sicher ins Auge der Polizei und später sogar der Regierung gebracht hatte. Schließlich lagen solche Informationen nicht immer auf der Straße herum, sondern wohl sortiert in den Polizeirevieren oder Regierungsbüros.
 

An einem ruhigen Abend war wieder ein Mordversuch geschehen, allerdings misslang dieser, weil das Opfer informiert war. Es hatte seinen Angreifer – eine in einen Mantel gehüllte Person – erwartet und schwer verletzt, sodass dieser Angreifer unverrichteter Dinge wieder verschwinden musste.

Der Junge, durch das Leben auf der Straße gereift, clever und ehrgeizig genug, seine selbst auferlegte Aufgabe zu vollenden, traf kurz nach der Polizei am Tatort ein und fand auch gleich, was er gesucht hatte: Eine dünne Blutspur führte vom Gebäude weg in Richtung Hafen. Diese verfolgte er auch und kam tatsächlich im Hafen an. Seit diesem Vorfall hatte sich nichts verändert hier, nur die Schiffe, die ein- und ausliefen. Die Spur führte ihn vor die verdreckten Fenster einer zwielichten Spelunke, die gut besucht schien. Allerdings endete hier auch die Spur. Es wies nichts darauf hin, dass die gesuchte Person eingetreten war. „Was jetzt?“, murmelte er und sein Blick ging nach oben, wo ein Fenster weit geöffnet war. ‚Jackpot!’, jubelte er in Gedanken, betrat die Kneipe und erkundigte sich beim Wirt, ob er denn noch ein freies Zimmer hätte. Natürlich sah er immer noch nicht so aus, als ob er viel Geld haben würde, doch dem Wirt schien es zu reichen, dass er ihm drei Taler auf den Tresen legte. Eine Magd führte ihn dann hinauf zu den Zimmern und wies ihm seines. Er bedankte sich und verriegelte hinter sich die Tür, bevor er das Fenster aufriss und sich vergewisserte, dass sich sein Zimmer direkt neben dem mit dem offenen Fenster lag.

Da es schon langsam dämmerte, stieg er auf die Fensterbank und hangelte sich in das Nachbarzimmer hinüber, wo er erst einmal auf der Fensterbank verweilte. Er konnte nur hoffen, dass ihn niemand von der Straße aus sehen würde. Drüben angekommen, stockte ihm erst einmal der Atem: Vor sich fand er ein wahres Meer aus Blut vor, das dazugehörige Opfer jedoch nicht. Eigentlich hatte er erwartet, dass bei der Menge an Blut, die er schon unterwegs gefunden hatte, sein Zielobjekt längst hinter der nächsten Biegung liegen würde und dort langsam verbluten würde. Die Blutspur endete aber genau hier unter dem Fensterbrett. Konnte es sein, dass seine gesuchte Person schon verblutet war und der Wirt sie schon wegschaffen lies? Nein, das konnte er sich nicht denken. Das missglückte Attentat war erst vor einer guten halben Stunde passiert, so schnell konnte das niemand bemerkt haben. Nachdenklich sah er sich im Raum um: Nichts, was auf einen Gast hinwies, kein Koffer, keine umherfliegende Kleidungsstücke, keine Essensrest, wirklich nichts. Doch dann hörte er das Rauschen von Wasser. Nach einem Rundblick im Zimmer erkannte er eine Tür, hinter welcher wohl das Badezimmer lag. Der Mantel-Träger würde sich da drin befinden, ohne Mantel. Und er würde endlich erfahren, wer ihm damals seinen kleinen Hintern gerettet hatte.

Er hatte oft überlegt, wie es für ihn weitergegangen wäre, wenn diese Person nicht aufgetaucht wäre. Irgendwann kam er dann zu dem Entschluss, dass er sich das Leben genommen hätte. Vielleicht mit einem Stein um die Füße von einer Brücke runter ins kühle Nass. Aber so nutzlos wie er sich gefühlt hatte, so erbittert hatte er auch dem Tag entgegengefiebert, an dem er seinen Retter endlich kennen lernen würde. Gut, eine ‚Konversation’ hatte es zwischen ihnen schon gegeben, aber damit gab er sich nicht zufrieden. Er kannte schließlich nicht mal das Gesicht. Geduldig wartete er nun auf der Fensterbank sitzend, dass sich die Tür zum Badezimmer öffnen sollte. Er wollte nicht einfach hineinstürmen, schließlich hatte er keinen Grund zur Eile, er hatte das letzte Jahr damit verbracht, diesen Moment abzuwarten und hätte wahrscheinlich auch noch das nächste und das übernächste Jahr damit verbracht. Da kam es auf die paar Minuten auch nicht mehr an.

Und dann, als er sich noch wunderte, wie schnell Blut in so einen Teppich eintrocknet, ging die Tür langsam auf. Aus der Tür kam ein Mädchen, kaum merklich älter als er selbst. Ihre Haare waren noch in einem Handtuch, der Rest in verstaubten schwarzen Klamotten. Das Shirt hatte eine eingerissene Stelle, er vermutete, dass dort das Opfer zugestochen hatte. Bei seinem Anblick zuckte sie weder zusammen noch machte irgendwelche anderen Bewegungen, die nicht auch im normalen Ablauf eingeplant gewesen wären. Sie schenkte ihm einfach keine Beachtung. Er hingegen betrachtete sie genau und beinahe wäre er von der Fensterbank runter auf die Straße gefallen: Aus ihrer Hose ragte ein schwarzer Schwanz, beweglich wie bei einer Katze, der leicht hin- und herschwang. Er schien endlich jemanden gefunden zu haben, der ebenso abnormal war wie er selbst, es sei denn, das wäre eine Verkleidung.

„Hast du jetzt endlich genug gespannt?“, fragte sie, während das Handtuch langsam vom Kopf rutschte. Er brachte nichts heraus, aber er erkannte die Stimme sofort wieder. Sie setzte sich auf das Bett und schaute amüsiert zu ihm. „Hätte nie gedacht, dass du mich so schnell finden würdest. Gute Arbeit.“ Er war geschockt. Sie wusste, dass er die ganze Zeit auf der Suche nach ihr war? „Du bist…“ Sie legte den Kopf schief, worauf das Handtuch gänzlich herunterrutschte und auf dem Boden landete. „Du…“ Sie schüttelte den Kopf, sodass sich die nassen Haare neu ordneten und der Junge nun etwas völlig neues erkannte: Ohren. Katzenohren. Zumindest eines. Das andere war irgendwie verstümmelt. „Was… bist du?“ „Missgeburt.“, zuckte sie unbehelligt die Schultern, „Schön, dass du noch lebst.“ Jetzt wurde er von ihrem Äußern abgelenkt: „Hm? Wie meinst du das?“ „Ich hab dich damals doch einfach auf der Straße gelassen. Dachte eigentlich, dass du schon längst das Zeitliche gesegnet hast.“ „Tze, das hättest du wohl gern.“ „Wie dem auch sein, ich muss weg.“ „Hey, warte doch! Ich hab dich jetzt endlich gefunden. Jetzt weis ich, wie du aussiehst. Jetzt könnte ich zur Polizei gehen und denen sagen, wer die ganzen Morde begangen hat.“ „Ich habe nie jemanden umgebracht.“, meinte sie nüchtern. „Aber…“ „Die sind alle an den Folgen ihrer Verletzungen gestorben.“, grinste sie sichtlich amüsiert über das Unwissen ihres Gegenübers. „Wer bist du überhaupt?“ „Tja, mein Kleiner, das ist und bleibt wohl geheim.“ Er stieg von der Fensterbank herunter und kam auf sie zu, wohl darauf bedacht, nicht in die Blutlache zu treten. „Du bist verletzt. Schau dir das mal an.“, er wies auf das eingetrocknete Blut, „Du wirst wohl kaum in der Lage sein, allein irgendwohin zu gehen. Und wenn die Bullen auch nur einen Funken Grips in ihrem Oberstübchen haben, werden sie deiner Blutspur hierhin folgen, genau wie ich. Dann haben sie dich.“

Das alles schien sie aber nicht wirklich zu beunruhigen. „So, ich bin also verletzt? Höchstens in meinem Stolz, weil dieser Arsch nicht wusste, dass sein vermaledeiter Sohn was mit der Tochter des Opfers hatte. Ist natürlich gleich hingerannt und hat alles großmäulig ausgeplaudert!“ Er blickte sie fragend an: „Aber das ganze Blut. Das kommt ja wohl nicht von einem Opfertier. Oder zelebrierst du hier schwarze Messen?“ Sie lachte auf: „Junge, du bist witzig. Schwarze Messen sind nur was für Schwächlinge, die sich zu feige sind, ihre eigene Stärke herauszufordern und für Vorhaben Unterstützung von irgendwelchen Geistern benötigen. Nein,…", wank sie ab, während sie einen Blick aus dem Fenster warf, "…ist schon richtig, dass die Schweinerei da von mir ist. Aber die Wunde ist wieder zu.“ „Hör auf, mich verarschen zu wollen Ich kann mir kaum vorstellen, dass eine Verletzung, die so was hinterlässt, einfach so in ner halben Stunden abheilt.“ „So, tust du nicht? Dann muss ich dich wohl vom Gegenteil überzeugen.“ Sie zog ihr Shirt höher, sodass man die Stelle sehen konnte, an dem laut dem Loch im Shirt eigentlich eine triefende Wunde sein müsste. Doch da war nichts, noch nicht mal eine Narbe oder ähnliches, was darauf hinweisen konnte, dass ihr überhaupt je etwas widerfahren sein sollte. „Das ist… das is einfach unmöglich!“, rief er aus. „Psst! Nicht so laut.“, ermahnte sie ihn. Er schüttelte immer noch ungläubig den Kopf. „Du bist doch selbst ein Dämon, also weist du ja wohl, was es mit den Regenerationskräften auf sich hat, oder?" er nickte kaum merklich. Auch wenn er solche Kräfte hatte, er brauchte schon für einen kleinen Schnitt über zehn Minuten, um es wieder heilen zu lassen. „Hör zu, du hast dir also das ganze Jahr über die Mühe gemacht, um mich zu finden, richtig?“ Er nickte. „Gut, damals hast du nämlich gesagt, dass du mir bei meinen Aufträgen helfen willst. Das kannst du jetzt tun. Dieses Schwein muss nämlich dafür zahlen, dass es so unvorsichtig war. Du wirst noch lernen, dass Rache eines der schönsten Gefühle ist.“ Wieder nickte er, auch wenn er nicht genau wusste, auf was er sich einließ.
 

* * * flashback finish
 

„Trotzdem wäre Jack nie so verantwortungslos gewesen und hätte dir das Kommando übertragen.“, schnaubte Kai aus. „Dann lass uns darum kämpfen, Indianer! Wer von uns das Kommando hier übernehmen wird.“ „Nichts hier!“ „Hast wohl Angst, zu verlieren.“, stichelte Lyco nach. „Ich…“ „Hört jetzt endlich auf!“ Bryan und Kenny standen ihnen gegenüber. „Ihr seid wie kleine Kinder, das ist mehr als nur unwürdig für Jack’s Nachfolge!“ „Ich kann nicht zulassen, dass ihr euch schlagt! Ihr seid beide viel zu angeschlagen.“, wimmerte Kenny. Kai grummelte und verschwand mit wehendem Schal unter Deck. Tyson folgte ihm mit einem ganzen Stapel Mullbinden und ähnlichem Verbandszeug. „Und so was will Kapitän sein. Hmpf.“, schnaubte Lyco aus und lies sich an Ort und Stelle auf den Boden fallen. Kenny trat zu ihr und versorgte ihren Oberschenkel. „Und was jetzt? Ich meine, wir können ja nicht wieder kehrt machen und einfach wieder angreifen. Wir würden diesmal völlig niedergemäht werden.“ Bryan nickte Ian zu: „Schon richtig. Aber Kai sagte, wir würden Jack’s Befehl zu Ende bringen. Folglich müssen wir irgendwann zur Dark Shark zurück.“ „Aber wir haben doch alles durchsucht. Und das einzige, was wir gefunden haben, waren zwei verrückte Kunfuhüpfer, die wie die Irren auf uns losgegangen sind. Sie werden ihn wohl schon ge…“, weiter konnte Lee nicht sprechen, er konnte seinen Gedanken nicht in Worte fassen, schließlich war es schon schlimm genug, daran zu denken. Spencer klopfte ihm auf die Schulter: „Wir werden ihn finden, glaub mir.“ „Ich und mein Mantel, wir sind beste Freunde, lala la~ala…“, sang Karin immer noch und tanzte nun dabei auch noch auf Deck herum.
 

~* ~* ~*
 

Yeah, und wieder is eins da ^^

Ich glaub, ich hab bei Kai's Vergangenheit arg übertrieben, aber was soll's?

Ich auf meinem Müll gewachsen, wenn wundert's also? ^^°



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Schnaut
2008-08-07T18:01:22+00:00 07.08.2008 20:01
das kapi war cool *.*
Vorallem Karin.
Karin: ich krieg nen mantel, mantel, mantel! *w*

Kais vergangenheit war intressant.
ich frag mich nur ob du echt tot bist...*grübel*
hoffsmal net! °_°
Kai soll net käpten werden! *kai angrummel*


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