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Auge des Wolfs

von

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Prolog

Prolog
 

Die Glocken läuteten laut und ein aufgeregtes Raunen durchfuhr die Menschenmenge. Es war ein wichtiges Ereignis, das sich vor ihren Augen abspielte. Nach sechs Jahren Studium waren die jungen Magier endlich fertig ausgebildet und erhielten als Zeichen, für ihre Fähigkeiten, ein Amulett, einen Stab und ein leeres Buch. Nacheinander wurden die Jungen aufgerufen und als Magier ausgezeichnet. Shin war einer der letzten in der Reihe und wartete gespannt darauf, endlich aufgerufen zu werden. Die letzten sechs Jahre hatte er auf diesen Augenblick hingefiebert und nun war es endlich soweit. Er war ein richtiger Magier! „Shin “ Als er seinen Namen hörte, ging er stolz zu Meister Valenstar und nahm die drei Zeichen entgegen. „Höre Shin, das Amulett bist du, der Stab ist deine Kraft und das Buch deine Weisheit.“ Mit diesen Worten hängte Meister Valenstar ihm das Amulett um den Hals und drückte ihm das Buch und den Stab in die Hände. „Wenn du dich änderst, ändert sich auch das Amulett. Wenn du stärker wirst, wird auch dein Stab stärker und mit jeder neuen Weißheit wird sich das Buch immer mehr füllen. Alle drei Zeichen spiegeln dein Wesen wieder. An ihnen erkennst du dein wahres Selbst.“ Leicht verwirrt, von diesen Worten, stellte sich Shin zu den anderen Absolventen und dachte über die Worte seines Meisters nach, doch nicht für lange, denn das anschließende Festessen brachte ihn auf andere Gedanken. Er saß zusammen mit seinen Freunden an einem Tisch und redete mit ihnen über ihre Zukunft.

„Hey Shin, weißt du schon, was du jetzt machen willst?“ Kanaro, sein bester Freund saß neben ihm und musterte Shin. „Ich selbst habe ja keinen blassen Schimmer.“ Er griff nach einer Schüssel mit Hühnerbeinen und nahm sich eines heraus. „Ich werde Magier meines Dorfes“ ,beantworte Shin Kanaros Frage, „wir haben nämlich noch keinen“, „Mann, hast du ein Glück.“ Sein Freund sah neidisch aus. „In unserem Dorf gibt es schon zwei. Da habe ich noch nicht einmal die Möglichkeit, ein Assistent zu werden. Wahrscheinlich ende ich als Wandermagier...“ Die Vorstellung, dass Kanaro wandern müsste, war so absurd, dass Shin lauthals zu lachen anfing. „Du ein Wanderer! Ahahahaha ich glaub, dass gibt es nicht. Dir waren ja schon die Ausflüge zu den Höhlen zu anstrengend, wie willst du da wandern?!“ „Wenn mir nichts anderes übrigbleibt, wandere ich auch.“ Kanaro war entrüstet und riss ein großes Stück Fleisch vom Knochen. „Ich habe es zwar lieber bequem, aber ich kann auch arbeiten.“ „Das habe ich ja auch nicht in Frage gestellt.“ Mühsam versuchte Shin, die Fassung wiederzugewinnen. „Es ist nur so, dass ich dich jetzt schon sechs Jahre kenne und du dich nie freiwillig angestrengt hast.“ „Ist ja gut. Vielleicht kommt ja alles doch ganz anders.“ Das Fest dauerte den gesamten Tag an und endete erst spät abends. Shin alberte noch lange mit seinen Freunden rum, bis die große Turmuhr elfmal schlug. „Mist ich muss ja morgen früh weg!“ Schnell stand Shin auf. „Es ist ein weiter Weg zu meinem Dorf und ich habe noch nicht einmal meine Sachen zusammengesucht.“ Zügig verabschiedete er sich und ging zu den Wohnräumen. „Hey, Shin! Warte mal!“ Kanaro war ihm gefolgt. „Wenn du Magier in deinem Dorf bist, komm ich dich mal besuchen. Dann wirst du ja sehen, ob ich wandern kann.“ Er hielt Shin seine Hand hin und sein Freund schlug ein: „In Ordnung, aber dann darf ich dich auch auf die Probe stellen.“ „Wie willst du das anstellen?“ „Ganz einfach“, Shin lächelte verschmitzt. „Wir werden gemeinsam einen Ausflug machen und ich werde schon dafür sorgen, dass er lang genug sein wird.“ „Abgemacht. Aber jetzt muss ich gehen. Ich muss nämlich auch morgen los.“ Kanaro verschwand im Gang und Shin ging in sein Zimmer. Als er dort stand, wurde ihm erst richtig bewusst, dass er diesen Raum, der für ihn all die Jahre sein Zuhause gewesen war, nun für immer verlassen musste. „Eigentlich ziemlich traurig“, dachte Shin. „Es ist das selbe Gefühl wie damals, als ich mein Dorf verlassen habe, um hier ein Magier zu werden.“ Er schüttelte den Kopf, um diesen Gedanken loszuwerden. „Reiß dich zusammen Shin.“, schalt er sich in Gedanken. „Du bist jetzt siebzehn, da denkt man nicht mehr an so was!“ Schnell suchte er sein Zeug zusammen und packte alles in eine Tasche. Als er dann auch noch das Buch, das er bekommen hatte, einpacken wollte, zögerte er. Irgendetwas hielt ihn davon ab. Von einem Gefühl geleitet, schlug er die erste Seite auf und sah verwundert, dass das eigentlich leere Buch plötzlich vollgeschrieben war. Beim Lesen bemerkte Shin, dass alles, was er in den sechs Jahren gelernt hatte in dem Buch stand. Er erinnerte sich an die Worte seines Meisters und lachte auf. „Das Buch ist deine Weisheit. Das es so wörtlich gemeint war, ist eigentlich typisch für den Meister.“ Er nahm das Buch, steckte es in die Tasche und sah sich in dem leeren Raum um. „Jetzt ist mein Leben hier Vergangenheit. Jetzt heißt es, nach vorne sehen und an die Zukunft denken.“ Ohne sich noch einmal herumzudrehen ging er aus dem Zimmer. Er verabschiedete sich noch einmal von Kanaro und den anderen und machte sich dann auf den Weg nach Hause. Es war ein langer Weg und Shin rechnete damit, erst in einer Woche zuhause sein zu können.

Wolfsbiss

Wolfsbiss
 

Shin genoss die nächtliche Stille, während er über die leeren Straßen schritt. Die letzten Jahre hatte es so etwas nie gegeben. In der Akademie war es immer irgendwo laut gewesen und Shin hatte anfangs nicht gut schlafen können, bis er sich an den Lärm gewöhnte. Er war erst elf Jahre alt gewesen, als er sein Dorf und seine Familie verlassen hatte. Shin erinnerte sich gut daran, dass er im ersten Jahr fürchterliches Heimweh gehabt hatte und das er jetzt nach Hause gehen konnte, war für ihn ein wunderbarer Gedanke. Er freute sich sehr darauf, endlich sein Dorf wiedersehen zu können, obwohl er wusste, dass sein Vater und seine Mutter nicht mehr am Leben waren. Seine Eltern waren schon ziemlich krank gewesen, als er von Zuhause fortging und vor zwei Jahren hatte ihm Meister Valenstar mitgeteilt, dass beide gestorben waren. Jetzt wollte er unbedingt zurück, um wenigstens ihre Gräber zu sehen.
 

Er war schon drei Tage unterwegs, als er eines Nachts von einem Rudel Wölfe angegriffen wurde. Die Tiere hatten sich im Schutz der Dunkelheit an ihn herangeschlichen und griffen lautlos an. Shin wehrte sich verzweifelt gegen die wilde Horde und schaffte es, sie zu verjagen. Er konnte die pure Mordlust in ihren Augen erkennen, als die Wölfe sich zurückzogen und beschloss, in dieser Nacht nicht zu schlafen, für den Fall, dass das Rudel zurück kommen könnte. Im Geist ging er alle Zauber durch, die er erfolgreich gegen die Wölfe einsetzten konnte, damit er sie bereit hatte, falls sie ihn nochmals angreifen würden. Nach zwei Stunden begannen die Wölfe zu heulen und sofort konzentrierte Shin sich auf die Richtung, aus der das Heulen kam. Schon bald darauf konnte er die Tiere sehen, die sich angriffsbereit näherten. Sie hatten die Leftzen hochgezogen und entblößten ihre Gebisse, so als ob sie ihn auslachen wollten. Shin wusste, dass er höllisch aufpassen musste, da Wölfe im Rudel schreckliche Gegner waren und ließ die Meute nicht aus den Augen. Dabei achtete er nicht auf das Geschehen hinter ihm, doch zwei Wölfe hatten sich von der Meute abgesondert, um ihm von hinten aufzulauern. In dem Moment, in dem Shin den Wölfen den ersten Zauber entgegenschleudern wollte, sprang ihn einer der beiden Wölfe an und biss ihn in den Arm. Vor Schmerzen benutzte er den Zauber, den er eigentlich gegen die gesamte Meute verwenden wollte, gegen diesen einzelnen an und verursachte dadurch eine gewaltige Explosion. Der Wolf, der ihn angefallen hatte, jaulte jämmerlich auf, als ihn der Zauber erfasste und wurde von der Druckwelle zerfetzt. Die restlichen Wölfe rannten um ihr Leben und ließen den blutenden Jungen zurück. „Scheiße, ich habe nicht aufgepasst.“ Shin fluchte. Sein Arm blutete sehr stark und sein gesamter Ärmel war blutgetränkt. „Geschieht mir recht. Ich hätte wissen müssen, dass sie sich aufteilen. Semilis.“ Seine Heilmagie wirkte sofort. Der Schmerz ließ nach und die Wunde hörte auf zu bluten. „Zum Glück beherrsche ich das Heilen sehr gut. Ich habe es im Gefühl, dass ich es noch öfter gebrauchen kann.“

Zum Glück verlief der Rest der Reise friedlich und nach zwei Tagen konnte er die Häuser seines Dorfes sehen. Voll Vorfreude steigerte er sein Tempo und war bald von Kindern umringt, die ihm entgegengelaufen waren. Shin stellte fest, dass sich vieles verändert hatte, aber nicht so viel, als dass er nichts mehr erkennen konnte. Die Kirche, die Schänke und der Marktplatz waren noch genauso, wie er sie in Erinnerung hatte. Sofort ging er zum Friedhof um die Gräber seiner Eltern zu sehen und ihnen die letzte Ehre zu erweisen.

Natürlich erregte er viel Aufsehen. Es passierte schließlich nicht häufig, dass ein junger Wanderer ins Dorf kam, um sich die Gräber anzusehen. Vor allem kein Wanderer, der wie Shin einen weißen Stab und eine große Tasche mit sich trug. Die Leute umringten und musterten ihn, als er danach zum Dorfplatz ging, um den Dorfältesten zu begrüßen, der ihn erst nach wenigen Augenblicken erkannte: „Shin! Bist du es etwa? Hast du deine Ausbildung beendet?“ „Ja, Ältester. Jetzt bin ich ein richtiger Magier.“ Ein Wispern durchfuhr die Menge. Die meisten der Dorfbewohner kannten Shin nur als den kleinen elfjährigen Bengel, der er gewesen war, bevor sein Studium begonnen hatte. Ihn jetzt als erwachsenen Mann zu sehen, war für viele ein Wunder. „Ich wusste, der Tag würde kommen, an dem du zurückkommst, um unser Magier zu werden.“ Der Dorfälteste klang glücklich. „Nun müssen wir nicht immer darauf vertrauen ,dass ein Wandermagier kommt, wenn wir einen brauchen. Die letzten haben uns immer ausgenommen und viel zu viel für ihre Dienste verlangt.“ Viele Männer und Frauen stimmten ihm zu. „Einer wollte die Hälfte der Monatlichen Steuer als Bezahlung!“, rief eine Frau empört. „So etwas ist Wucher!“ Shin verstand den Standpunkt der Leute, aber er wusste auch, wie schwer es die meisten Wandermagier hatten. Trotzdem war ihm bewusst, dass er nichts an der Meinung der Dorfbewohner ändern konnte. „Jetzt ist es damit aber vorbei“, beschwichtigte er die Menge. „Jetzt bin ich ja wieder da und werde euer Magier sein.“ „Dann kannst du dein Können gleich unter Beweis stellen.“ Ein alter Mann direkt neben dem Dorfältesten hatte gesprochen. „Meine Frau ist sehr krank und wir können uns keine Medizin leisten. Wenn du sie wieder gesund machen kannst, glaube ich dir, dass du ein echter Magier bist.“ „In Ordnung.“ Shin folgte dem Alten, der ihn zu einer kleinen windschiefen Hütte führte. Im Innern lag die Frau des Mannes auf einem Bett. Shin ging zu ihr und legte ihr seine Hand auf die Stirn. „Sie hat hohes Fieber. Das wird nicht leicht. Wäre ich ein paar Tage früher gekommen, wäre es einfacher.“ „Du kannst ihr also nicht helfen? Ich wusste, dass du kein richtiger Magier bist!“ Der Alte sah die anderen Dorfbewohner, die ihnen gefolgt waren, triumphierend an. „Moment.“ Shin kramte in seiner Tasche.  „Ich habe nicht gesagt, dass ich es nicht kann. Ich habe nur gesagt, dass es nicht einfach ist.“ Er holte eine kleine Metallbüchse heraus und entnahm ihr einige Kräuter. „Lerem.“ Die Kräuter begannen zu leuchten und entfalteten einen angenehmen Geruch. Shin legte der alten Frau wieder seine Hand auf die Stirn und das Leuchten der Blätter ging auf die Frau über. Einen Moment lang geschah nichts, doch dann schlug die Alte ihre Augen auf. „Sie ist wieder gesund.“ Shin nahm seine Hand zurück und sah den Alten an. „Ich sagte doch, dass ich ein richtiger Magier bin.“ Nachdem der Mann sich von der Gesundheit seiner Frau überzeugt hatte, beugte er beschämt seinen Kopf. „Ihr hattet Recht. Verzeiht, dass ich an euch gezweifelt habe.“ „Es ist schon in Ordnung. Schließlich kann man nie wissen ob jemand wirklich ehrlich ist.“ Als ihn der Mann dann bezahlen wollte, lehnte Shin ab. „Ich bin Magier geworden, um den Menschen zu helfen. Da kann ich schlecht Geld annehmen.“ Diese Worte überzeugten den Dorfbewohner entgültig, dass Shin der richtige Magier für ihr Dorf war. Mit Freuden gaben sie ihm das Haus seiner Eltern, in dem er leben konnte.

Fast ein Monat verging und die Dorfbewohner schlossen Shin immer mehr in ihre Gemeinschaft ein. Die Leute hatten Respekt vor ihm und stellten ihn mit dem Dorfältesten auf eine Stufe. Diese Stellung war für Shin ziemlich ungewohnt, aber zugleich gefiel ihm sein neues Leben sehr. Er verschwendete keinen einzigen Gedanken daran, dass sich das alles vielleicht einmal ändern konnte. Shin half den Menschen, wo er nur konnte: Heilte Kranke, schützte das Dorf vor wilden Tieren, sorgte für eine gute Ernte und unterhielt die Kinder mit kleinen Zaubertricks. Alles in allem genoss er das ruhige Leben im Dorf aus vollen Zügen.

Doch es änderte sich alles ziemlich schnell. Eines Nachts, bei Vollmond, wachte Shin vor Schmerzen auf. Ihm war, als würde er innerlich verbrennen. Ein Blick auf sein Amulett, welches er ständig um den Hals trug, bestätigte seine Befürchtung. Der Mensch, der darauf abgebildet war, war verschwunden. Stattdessen erschien das Abbild eines Wolfes. „Das muss von dem Biss damals kommen“, dachte Shin fiebernd. „Dagegen hilft meine Magie nicht.“ Er schrie auf, als seine Knochen sich krachend umformten und er zu einem Wolf wurde. Vor lauter Schmerzen biss er sich selbst, verwüstete den Raum, brach die Tür auf und rannte wie wahnsinnig auf allen vier Pfoten aus dem Haus. Die Dorfbewohner wurden von dem Krach angelockt und sahen mit Grauen die Bestie, die inmitten ihres Dorfes wütete. Frauen fingen an zu kreischen und Kinder weinten. Viele Männer waren wie erstarrt, andere versuchten ihre Familien in Sicherheit zu bringen. „Hol doch einer den Magier!“ Wer das geschrieen hatte, war unklar, doch Leute, die vorher vor Schreck erstarrt waren, fassten sich und rannten zu Shins Haus. Die Aufgebrochene Tür erschreckte sie und als sie das verwüstete Zimmer und das Blut sahen, war für sie alles klar. „Das Ungeheuer hat den Magier getötet!“ Der Schrei übertönte das gesamte Geschehen. Alle Dorfbewohner hielten still und auch die Bestie, die eigentlich Shin war, verstummte. Eine lähmende Stille senkte sich über das Dorf. Niemand gab auch nur einen Mucks von sich.

Plötzlich ging ein Ruck durch den Wolfskörper und das Monster sprang über die Menschen hinweg, stürmte in Shins Hütte, schnappte sich das Buch und den Stab, sprang aus dem Fenster und verschwand in der Dunkelheit. Der Dorfälteste versuchte die Menschen wieder zu beruhigen, aber die Tatsache, dass ihr Magier von einem Wolfsungeheuer getötet worden war, hatte tiefe Narben in ihren Gemütern hinterlassen.
 

Am nächsten Morgen begannen die Männer des Dorfes mit den Reparatur arbeiten. Der Wolf hatte vieles beschädigt. Vor allem das Haus des Magiers war betroffen. Von der eigentlich sehr schönen Hütte war fast nur noch Kleinholz übriggeblieben. Alle trauerten um Shin, den sie erst so lange nicht mehr gesehen hatten und der schon nach so kurzer Zeit wieder von ihnen gehen musste.

So bemerkten sie den Wanderer, der in ihr Dorf kam, erst spät. Kanaro war gekommen um, wie er es Shin versprochen hatte, seinen Freund zu besuchen. Er wollte ihm beweisen, dass er sehr wohl dazu fähig war, seinen Lebensunterhalt als Wandermagier zu bestreiten. Im Dorf fiel ihm sofort die bedrückte Stimmung und die Schäden an den Häusern auf. Alles wies daraufhin, dass dieses Dorf angegriffen wurde. „Seltsam.“, grübelte Kanaro. „Shin war doch im Kampf und im Heilen immer der Beste in der Klasse gewesen. Wie kann es sein, dass das Dorf so zerstört wurde?“ Er erkundigte sich sogleich bei einem Arbeiter nach Geschehnissen der letzten Nacht und erfuhr von ihm die schreckliche Wahrheit. „Unser Dorf wurde von einem Monsterwolf so zugerichtet. Er hatte sich ins Dorf geschlichen und unseren Magier angegriffen. Den Spuren nach zu urteilen muss es ein sehr heftiger Kampf gewesen sein, in dem unser Magier leider unterlag.“ Kanaro unterbrach ihn heftig: „Was?! Shin wurde im Kampf besiegt? Wie kann das sein? Er war doch immer so stark.“ Mit seinem Ausbruch hatte er weitere Arbeiter auf sich aufmerksam gemacht. „Woher kennst du den Namen unseres Magiers?“ Die Mienen der Männer verrieten Skepsis. „Ich war ein Freund von Shin aus der Akademie“ , beantwortete Kanaro ihre Frage. „Ich kam her, um ihn zu besuchen und nun erfahre ich, er sei besiegt worden. Ich kann es kaum glauben, dass es so gekommen ist. Könnt ihr mich zu seinem Haus führen? Ich möchte mit eigenen Augen sehen, dass er nicht hier ist.“ Die Männer nickten und brachten Kanaro zu Shins Haus. Schon als er eintrat, konnte er die starke Energie fühlen. Etwas Ähnliches hatte er noch nie gefühlt, doch er wusste, dass jener Wolf kein normales Ungeheuer gewesen war. „Die Bestie, gegen die Shin gekämpft haben muss, muss eine magische gewesen sein. Ich kann noch immer ihre Energie spüren. Ich verstehe, dass Shin gegen sie verloren hat. Sie hatte ernorme Kraft.“ Kanaro sah sich suchend um: „Wo kann es sein?“ „Was sucht ihr?“, der Dorfälteste trat in den Raum. „Ich suche Shins Buch und seinen Stab. Ich könnte damit herausfinden, um welches Wesen es sich handelte. Wenn ein Magier einen Kampf bestreitet, erhält er Informationen über seinen Gegner. Diese Informationen lassen sich dann in seinem Buch finden. In einem Stab ist die Kraft des Magiers enthalten und auch die Kraft des Gegners.“ Bedauernd schüttelte der Dorfälteste seinen Kopf. „Leider ist das Monster kurz bevor es verschwunden ist, wieder in diese Hütte und hat sich das Buch und den Stab geschnappt und ist damit abgehauen.“

Kanaro wurde bleich. Ungläubig starrte er den alten Mann an. „Dann weiß ich, was es gewesen ist. Diese Bestie wurde von einem Magier erschaffen, um andere Magier zu besiegen und deren Kräfte zu stehlen. Gegen ein solches Wesen zu kämpfen, ist wie ein Kampf zwischen Magiern. Es ist keine Schande, gegen so etwas zu verlieren, denn um ein solches Wesen erschaffen zu können, muss man schon große Macht besitzen.“

Kanaro machte eine Pause und überlegte. „Doch ich frage mich, warum Shin angegriffen wurde. Er war doch erst frisch aus der Akademie draußen und verfügte noch nicht über sonderlich viele Kräfte.“ „Shin war aber ein starker Magier“, der alte Mann, dessen Frau Shin geheilt hatte, ging zu Kanaro. „Er war ein ausgezeichneter Heiler. Alle Verletzungen und Krankheiten konnte er heilen. Sei es nun ein Schnitt oder ein Knochenbruch, Fieber oder eine Vergiftung gewesen. Wen er heilte, wurde binnen eines Tages wieder ganz gesund.“ „Da könntet ihr Recht haben.“ Kanaro wandte sich wieder zu dem Dorfältesten. „Shin verfügte über besondere Heilkräfte. Nicht viele Magier können gut heilen und schon gar nicht so schnell.“ Mit einem Mal begann eine Frau zu jammern. „Was sollen wir jetzt bloß tun? Wir haben unseren Magier verloren und können leicht angegriffen werden.“ Der Dorfälteste überlegte: „Kanaro, ich habe eine Bitte. Würdest du unser neuer Magier werden?“ Es wurde still. Alle sahen gespannt und hoffnungsvoll auf Kanaro und warteten auf seine Antwort. „Nun gut. Ich werde versuchen, Shin so gut wie möglich zu ersetzen. Ich weiß, dass meine Fähigkeiten nicht an die seinen heranreichen, aber ich werde mein Bestes geben.“ Die Dorfbewohner seufzten erleichtert auf. Sie hatten wieder Einen Magier.
 

Shin aber war nicht tot. Er war, nachdem er aus dem Fenster gesprungen war, ziellos durch die Gegend gelaufen. Er wusste, dass er nie mehr zu seinem Dorf zurückkehren konnte. Alle hielten ihn für tot und selbst wenn es nicht so wäre, würde er dennoch nicht zurück gehen. Seit dem Biss war er ein Ungeheuer. Es könnte jederzeit wieder geschehen, dass er sich plötzlich verwandelte und großen Schaden anrichten würde. Die Schmerzen während der Verwandlung hatten ihn fast wahnsinnig gemacht, doch hinterher war er wieder zu Bewusstsein gekommen und hatte diese Entscheidung getroffen. Die gesamte Nacht lief er immer weiter von seinem Dorf weg, um die Dorfbewohner vor sich selbst zu schützen, sein Buch und seinen Stab im Maul. Shin wusste nicht, wie lange er ein Wolf bleiben würde und ob er jemals wieder normal werden würde, doch als die Sonne über den Bäumen des Waldes aufging, breitete sich Kälte in ihm aus. Sein Körper zog sich zusammen und er ließ das Buch und den Stab fallen.

Während ihm vorher so gewesen war, als müsste er innerlich verbrennen, so war ihm jetzt, als würde er erfrieren. Schmerzhaft zog sich das Fell in seinen Körper zurück und die Knochen wuchsen in ihre normale Form. Keuchend krümmte sich Shin am Boden und krallte seine Finger in die Erde. Ein letztes Zittern durchfuhr ihn und dann blieb er, jetzt wieder als Mensch, kraftlos mit einer Hand auf dem Buch, die andere auf dem Stab liegen. Erschöpft fielen ihm die Augen zu und er schlief ein.
 

Als Shin wieder aufwachte, musste er sich neu orientieren. Er lag nicht mehr im Wald auf dem Boden, sondern in einem Haus und auf einem Bett. Verwirrt setzte er sich auf. Eine Stimme ließ ihn herumfahren: „Endlich aufgewacht?“ Der Sprecher war ein noch sehr junger Mann, den Shin ungefähr auf sechzehn oder siebzehn schätzte. „Wo bin ich?“ „Bei mir, würde ich sagen.“, antwortete der Fremde. „Ich heiße Idromeel und wohne hier.“ Shin sah sich genauer um. Das Haus in dem er lag war relativ klein. Es gab einen einzigen Raum, in dem nur ein Tisch, ein Stuhl, ein Bett und ein kleines Regal Platz hatten. Durch das Fenster über dem Tisch konnte Shin viele Baumwipfel, die sich leicht im Wind wiegten, erkennen. „Warum hast du mich hier her gebracht?“ „Nun ja...“ Idromeel sah sich auch genau im Raum um, doch sein Blick blieb letztendlich an Shin hängen. „Man sollte nicht alleine draußen im Wald schlafen. Da kann einen eine ganze Menge passieren. Du bist zwar ein Magier, aber selbst die können sich nicht im Schlaf gegen Wölfe und andere wilden Tiere verteidigen. Ich dachte einfach, hier wäre es am sichersten für dich.“ Seine Worte brachten Shin ins Stutzen: „Woher weißt du, dass ich ein Magier bin?“ Idromeel war überrascht von seiner Frage. „Das war sehr einfach zu erraten. Erstens hast du das Buch eines Magiers, zweitens hast du den Stab eines Magiers und drittens hast du noch dazu ein Magieramulett um den Hals.“ Er zeigte auf Shins Amulett, auf dem wieder ein Mensch zu sehen war. Allerdings waren die Augen des Menschen, die eines Wolfes geblieben. „Und viertens bin ich selber ein Magier“, Idromeel zog sein Amulett unter seinem Hemd hervor. Shin erstarrte. Auch auf diesem Amulett war ein Mensch mit Wolfsaugen zu sehen. „Du... du... du bist auch ein...“, stammelte er. „Ich weiß, dass ich auch ein Magier bin“, beendete Idromeel Shins Satz. „Das meinte ich nicht.“ Shin zeigte auf Idromeels Amulett. „Deine Augen sind die eines Wolfes.“ Dieses Mal war es an Idromeel zu erstarren. „Du... du weißt, was diese... diese Augen bedeuten?“ „Ja“, sagte Shin bedauernd, „leider weiß ich es.“ Er nahm sein Amulett und zeigte es Idromeel genauer. „Ich habe sie schließlich auch.“ Idromeel betrachtete das Amulett staunend: „Das ist mir gar nicht aufgefallen.“ „Als du mich gefunden hast, hatte ich gerade meine erste Verwandlung hinter mir. Ich bin als Wolf aus meinem Dorf geflohen und durch die Wälder gerannt. Beim Sonnenaufgang habe ich mich dann zurückverwandelt. Allerdings hatte ich dann keine Kraft mehr, da ich die gesamte Nacht wach gewesen war.“ Idromeel schwieg und auch Shin redete nichts, bis Idromeel das Schweigen brach. „Ich hätte nie gedacht, dass es noch einen zweiten wie mich geben könnte. Bis vor einem Jahr war ich auch Magier eines Dorfes, doch es wurde von Wölfen angegriffen. Ich habe es zwar verteidigt, aber sie bissen mich und seitdem bin ich so. Als ich mich zum ersten Mal verwandelte, wurde ich gesehen und aus meinem Dorf verjagt. Ich habe mich in diesem Wald versteckt und wenn ich nicht meine Magie genutzt hätte, hätte ich nicht überlebt. Ich habe mir dann diese Hütte gebaut und nun lebe ich im Wald.“ Idromeel stoppte. „Was für Magie nutzt du?“, fragte Shin interessiert. „Ich bin ziemlich gut in Heil- und Kampfmagie.“ „Ich bin nicht wirklich gut im Heilen“, gab Idromeel zu. „Elementmagie ist das einzige, was ich richtig kann, aber dafür ich bin darin umso besser. Ich kann alle Elemente optimal nutzen, um mich zu verteidigen, zu jagen oder mein Haus zu verstecken.“ Shin nickte anerkennend: „Das ist sehr nützlich. Ich kann damit fast gar nicht umgehen. Nebel ist die einzige Verteidigung, die ich durch Elementmagie zustande bringe. Deswegen weiß ich noch nicht, was ich tun soll. Als Wandermagier muss man die Elemente beherrschen, um alle Reisen unbeschadet überstehen zu können. Wenn man das nicht kann, wird es ziemlich schwer.“ Idromeel nickte: „Ich wollte auch mal Wandermagier werden, aber meine Kräfte sind auch nicht wirklich dafür geeignet. Die Reisen selbst sind für mich nicht schwer, aber meine Kräfte nützen den verschiedenen Dörfern nicht viel. Die brauchen meistens einen Heiler oder einen Krieger, der ihr Dorf vor Feinden oder sonst etwas schützt. Um auf ein Dorf zu treffen, das Elementmagie benötigt, braucht man schon mehr als Glück. Alles müsste man können, um als Wandermagier zu bestehen.“ Beide versanken in Schweigen, bis Shin plötzlich ein zündender Gedanke kam: „ich habe da so eine Idee. Vielleicht hältst du sie ja für völlig schwachsinnig, aber es ist immer noch eine Idee: Wir könnten gemeinsam reisen! Unsere Kräfte ergänzen sich großartig. Ich bin ein Heiler und ein Krieger und du bist ein Meister der Elementmagie. Da wir beide Wolfswesen sind, wäre es das Beste, wenn wir uns zusammenschließen. Schließlich sind Wölfe Rudeltiere, die alleine auch nicht wirklich gut zurechtkommen.“ „Warum sollte ich die Idee für schwachsinnig halten? Es ist eine total gute Idee Shin. Wölfe sind Wölfe und jetzt sind wir Wölfe und Wölfe müssen ein Rudel bilden, um zu überleben.“ Die beiden Magier sahen sich an. Zwei Wölfe würden eine Reise beginnen, die sie alleine niemals bestehen könnten.

Erinnerung

Erinnerung
 

Shin und Idromeel nutzten den Rest des Tages, um ihre Reise vollends zu planen und um sich auszuruhen. Die Verwandlung hatte Shin mehr Kraft gekostet, als er eigentlich zugeben wollte und auch Idromeel war noch etwas erschöpft, obwohl er es schon öfter durchgemacht hatte. „Ich glaube, ich werde mich nie daran gewöhnen können, egal wie oft es noch passiert.“ Er blätterte in seinem Buch. „Nach jeder Verwandlung steht hier etwas neues drin, aber ich habe es noch nie ausprobiert. Ich habe es im Gefühl, dass wenn ich es tue, ich nie wieder ein normaler Mensch werden kann.“ Entschlossen klappte er das Buch zu. „Außerdem will ich durch eigene Kraft neue Magie erlernen und nicht durch einen Wolfsbiss.“ „Kann ich verstehen“ Shin griff nach seinem eigenen Buch, „aber was ist, wenn wir diese Kräfte brauchen, wenn wir Wölfe sind?“ Er schlug es auf und begann zu lesen. Idromeel sah ihn nachdenklich an: „Da könntest du recht haben. Ich habe gemerkt, dass wenn ich ein Wolf bin, ich meine Kräfte viel schlechter einsetzten kann und sie manchmal sogar einfach nicht wirken.“ Er öffnete sein Buch wieder und las sich die neuen Seiten durch: „...Verwandlung durch den eigenen Willen... . Das wusste ich noch gar nicht!“ Erstaunt ließ er das Buch sinken. „Wir können uns auch verwandeln, wenn kein Vollmond ist. Die Rückverwandlung können wir dann auch selber einleiten. Das ist praktisch, oder Shin?“ Doch Shin hörte ihm nicht zu. Er war mitten im Buch versunken und verschlang alle Informationen, die er über seine Verwandlung bekommen konnte. „Hallo? Shin? Lebst du noch?“ Idromeel wedelte mit seiner Hand vor Shins Gesicht rum. Shin reagierte aber nicht darauf, sondern griff nach seinen Stab. Langsam fuhr er mit der Hand über das weiße Holz: „Ich kann sie spüren, die Kraft des Wolfes, die jetzt in mir ist. Man spürt sie, wenn man den Stab berührt. Sie ist stark, stärker als ich. Ich muss stärker werden, wenn ich sie kontrollieren will.“ Idromeel war leicht verwirt. „Wie meinst du das Shin? Wie willst du sie kontrollieren?“ Shin sah auf: „Ich habe es gerade gelesen. Wenn man selbst stärker als der Wolf ist, bleibt man bei Bewusstsein, während der Verwandlung. Mann kann es sogar schaffen, dass man den Wolf so sehr unter Kontrolle hat, so dass man sich gar nicht mehr verwandeln muss.“ „WAS?!“ Idromeel blieb vor Staunen der Mund offen stehen. „Das geht? Dann sind der Wolf nicht wirklich ein Fluch, so wie ich es immer gedacht habe. Es bringt einem sogar noch einige Vorteile.“ „Genau. Man muss nur stärker sein und den inneren Wolf kontrollieren können.“ Die Beiden sahen sich gegenseitig an. Sie konnten sehen, dass der andere das selbe dachte wie sie: „Jede Reise macht einen stärker.“
 

Der Boden war noch nass, als sie früh am nächsten Morgen losgingen. Beide hatten ihre Stäbe in der Hand und schritten stark aus. Sie wussten nicht, wo sie am Abend sein würden, aber diese Tatsache war ihnen egal. Zusammen würden sie alles schaffen, was auch immer sie erwarten möge.

Erst nach einer Stunde ließen sie endlich den Wald hinter sich. Shin sah sich um. Alles sah völlig anders aus, als er es gewöhnt war. Schroffe Felsen erhoben sich aus dem Boden und hohes Gras wucherte neben dem Weg. „Wo sind wir hier?“, fragte er seinen Freund, aber Idromeel antwortete nicht, sondern starrte auf einen der Felsen. „Sieh mal!“ Er streckte seine Hand aus und Shin folgte mit den Augen seinem ausgestrecktem Finger. „Na und? Was soll ich sehen? Da ist doch nur ein Felsen, mehr nicht.“ „Du sollst ja auch den Felsen sehen. Ich kenne diesen Felsen. Ich bin hier vorbeigekommen, als ich auf der Flucht war. Hinter diesem Stein dort,“ er zeigte auf einen kleineren Felsbrocken, „habe ich mich versteckt.“ „Was?“ Shin war erstaunt: „Das heißt ja, wir sind sehr nah an deinem alten Dorf!“ „Genau.” Shin sah Idromeel an und bemerkte, dass sein Freund nur zu gerne wüsste, wie es den Leuten in seinem Dorf jetzt geht. Er würde ja selbst auch gern wissen, wie es mit seinem Dorf weitergehen sollte.

„Hey Idromeel, sollen wir mal in deinem Dorf vorbei sehn? Wir müssen ja nicht sagen, dass du ihr ehemaliger Magier bist.“ „Das geht leider nicht. Ich bin noch nicht lange genug weg, als dass sie mich vergessen haben könnten. Zumindest einige werden sich noch an mich erinnern.“ Idromeel sah sehr traurig aus. „Vielleicht würde es in ein paar Jahren funktionieren, aber jetzt noch nicht.“ Shin schwieg betroffen. Sie beide waren Ausgestoßene. Er konnte nicht zurück, weil ihn alle für tot hielten und Idromeel konnte es nicht, weil alle Angst vor ihm hatten. Nachdem er einige Minuten stumm neben seinem Gefährten gestanden hatte, kam ihm eine Idee: „Idromeel, wie währe es, wenn nur ich ins Dorf gehen würde? Mich kennen sie nicht und ich kann dir später sagen, wie es allen geht.“ Idromeel sah auf. „Ehrlich? Das würdest du tun? Das währe großartig.“ „Dann ist es also abgemacht. Ich gehe ins Dorf.“ Shin hielt Idromeel seine Hand hin. „Du musst mir nur sagen, in welcher Richtung das Dorf liegt.“
 

Mühsam kletterte Shin einen Felsen herauf. Idromeel hatte gemeint, dass es über den Felsen schneller ginge, aber Shin war sich da nicht so sicher. „Mann, ist das anstrengend. Bevor ich im Dorf angekommen bin, sterbe ich ja vor Erschöpfung! Wie soll es da schneller gehen?“ Er wischte sich mit einer Hand über die Stirn und sah den Berg hinunter. „Aber zum Umkehren ist es jetzt zu spät. Ich muss weiter. Glücklicher Weise ist es nicht mehr so weit. Ich habe mindestens über die Hälfte geschafft.“ Shin begann weiter zu Klettern. Nach etwa fünfzehn Minuten war er endlich oben. „Du meine Güte, hat man eine Aussicht von hier oben. Man kann ja Meilenweit sehn.“ Staunend bewunderte er die Aussicht, bis sein Blick stockte. „Oha! Jetzt weiß ich, warum Idromeel gesagt hat, dass es über den Felsen am Schnellsten gehen würde. Der Weg macht ja nen riesigen Umweg.“ Shin sah auf das kleine Dorf am Fuße das Felsens. „Hm. Von hier oben sieht es aus, als ob alles in Ordnung währe. Na dann wollen wir mal.“ Er machte sich an den Abstieg. Runter ging es auf jeden Fall leichter als hoch und nach nur zehn Minuten war er unten. Shin setzte eine wissende Miene auf, um nicht als Anfänger betrachtet zu werden und ging ins Dorf. Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete er alles um sich herum. „Wie es aussieht, scheint es nur ein einfaches Dorf zu sein.“, dachte er, als er zum Dorfplatz ging. „Es geht ihnen nicht schlecht, sie kommen wohl auch ohne Magier zurecht.

„Willkommen in unserem Dorf, Wandermagier.“ Der Mann , der gesprochen hatte, schien das Dorfoberhaupt zu sein. Er war nicht der älteste unter den Männern, schien aber ein hohes Ansehen bei den Leuten zu genießen. „Ihr kommt gerade recht. Wir brauchen einen Heiler. Gestern ist ein Vorratsschuppen zusammengebrochen und hat einige Leute unter sich begraben. Wir konnten sie zwar bergen, aber sie haben Quetschungen und Knochenbrüche.“ Der Mann sah Shin ins Gesicht. „Ich helfe gerne. Wo sind die Verletzten?“ „Sie sind in meinem Haus. Ich zeige ihnen den Weg.“ Shin folgte dem Oberhaupt zu einer prächtigen Hütte. Sie war groß und hatte ein zweites Stockwerk. Es fiel ihm nicht schwer zu erraten, weshalb der Mann das Dorfoberhaupt wurde. In der Hütte lagen vier Männer, zwei Frauen und ein Kind auf Matratzen. Shin sah sofort, dass sie alle dringend eine Behandlung brauchten. Zielstrebig ging er auf das Kind zu und legte ihm die Hand auf die Stirn. „Innere Blutungen, zwei gebrochene Rippen und ein Riss in der Lunge.“, stellte er fest. „Ein Wunder, dass es bisher überlegt hat.“ Shin griff in seine Tasche und zog einen großen Beutel heraus. Er wühlte etwas darin herum, bis er eine Salbe in der Hand hatte. Schnell nahm er sie und strich sie dem Jungen auf die Brust. „Visoler nehebrem.“ Die Salbe verschwand und man konnte ein Knacken aus dem Brustkorb des Jungen vernehmen. Wenig später begann der Junge ruhiger zu Atmen. Shin wandte sich von ihm ab und ging zu der ersten Frau. Um festzustellen, was ihr fehlte, brauchte Shin nicht einmal seine Magie einzusetzen. Auf den ersten Blick sah er, dass sie eine fürchterliche Fleischwunde und eine Quetschung hatte. Er seufzte erleichtert auf. Um das zu Heilen, brauchte er keine Hilfsmittel. Er beugte sich zu ihr runter und murmelte: „Semilis.“ Vor den Augen der Dorfbewohner setzte sich das offene Fleisch der Frau wieder zusammen und die Wunde heilte, auch die Quetschung verschwand völlig und die Frau konnte sofort aufstehen. „Das muss ein Wunder sein.“, bemerkte sie staunend. Aufgeregtes Gemurmel begleitete Shin, als er zu der nächsten Frau ging. Auch sie war nicht sonderlich schwer verletzt und er konnte sie schnell heilen. Wesentlich komplizierter war es bei den Männern. Er vermutete, dass sie sehr viele schwere Knochenbrüche haben mussten. Einem von ihnen hingen die Arme in einem eigentlich unmöglichen Winkel vom Körper ab und Shin kümmerte sich als nächstes um ihn. Er rückte die Knochen zurecht und schmierte die Salbe auf die Bruchstellen. „Visoler.“ Der Bruch heilte in Sekundenschnelle und bald waren alle versorgt.

„Habt vielen Dank, großer Heiler. Sie hätten nicht überlebt, wenn ihr ihnen nicht geholfen hättet. Wir stehen in eurer Schuld.“ Der Dorfoberste verbeugte sich tief vor Shin und auch die Dorfbewohner zollten ihm Respekt. Shin winkte ab. „Ihr braucht mir nicht zu danken, schließlich ist es die Pflicht eines jeden Magiers, den Menschen zu helfen.“ „Das mag stimmen, aber wir wollen euch trotzdem danken und euch für eure Dienste bezahlen.“ „Wenn das so ist, kann ich es euch nicht abschlagen, aber ich bitte euch darum, dass ihr mir nichts gebt, was euer Dorf dringender braucht.“ Der Dorfoberste schmunzelte. „Macht euch deswegen keine Sorgen. Wir sind kein armes Dorf und können eure Hilfe angemessen bezahlen.“ Shin nahm den braunen Lederbeutel entgegen und sah rein und staunte nicht schlecht. Der Beutel enthielt acht Goldmünzen, sechs Silbermünzen und einige Kupferstücke. Das war fast so viel wie das Jahreseinkommen seines Dorfes. „Aber wenn ihr mich so gut bezahlen könnt, könntet ihr euch doch auch einen eigenen Magier leisten. Ich frage mich, warum ihr keinen habt.“ Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, veränderten sich die Gesichtsausdrücke der Dorfbewohner. Hatten sie eben noch gelächelt, so sahen sie jetzt finster und grimmig drein.

Wir hatten einen Magier.“, antwortete der Dorfoberste nach einigem Schweigen. „Aber er war ein Magier der Schwarzen Magie. Anfangs wussten wir es nicht, aber dann wurde unser Dorf, bei Vollmond, von Wölfen angegriffen. Sie waren größer als normale Tiere und auch gewalttätiger und stärker. Sie kamen als Rudel von etwa fünfzehn Tieren und fielen über uns her. Unser Magier täuschte vor, gegen sie zu Kämpfen, doch dann...“ Er stoppte. Shin wusste, was dann passiert sein müsste. Idromeel wurde gebissen und verwandelte sich in einen Wolf, der mit den anderen Wölfen weiter im Dorf wütete, aber er äußerte seine Vermutung nicht, sondern wartete darauf, dass der Dorfoberste weiter sprach. „ ... er wurde selbst zum Wolf und griff uns an. Er tötete den Dorfältesten, meinen Vater und zerstörte unser Dorf weitgehend. Als dann der Tag anbrach, verwandelte er sich wieder zurück. Er war noch geschwächt von der Verwandlung und es gelang uns, ihn zu vertreiben!“ Shin schwieg betroffen. Er hatte zwar gewusst, dass Idromeel verjagt worden war, aber nicht warum. Das er als Wolf jemanden getötet hatte, war eine schockierende Nachricht. Aber er wusste auch, dass Idromeel nichts dafür konnte, da man während der Verwandlung erst die Kontrolle über sich und dann das Bewusstsein verliert. „Ich verstehe. Das muss ein harter Schlag für euch gewesen sein, als sich euer eigener Magier gegen euch gewendet hat.“ „Genau!“ ,begann einer der Dorfleute „Wir Vertrauen Magiern deswegen nicht mehr, abgesehen von Magiern wie euch, die ohne zu zögern ihre Hilfe anbieten.“ Shin dachte daran, dass er genau wie Idromeel den Geist eines Wolfes in sich hatte und musste fast über die Naivität der Dorfleute lachen. Man sollte ihm besser nicht vertrauen, nur weil er seine Hilfe angeboten hatte. Er war genauso gefährlich wie Idromeel, aber man sah ihm die Gefahr nicht an, die tief in seinem Körper lauerte.

„Danke für euer Vertrauen. Ich konnte euch nur helfen, weil ihr mir vertraut habt. Aber nun muss ich weiter. Andere Dörfer benötigen meine Hilfe genauso wie ihr sie benötigt habt.“ Shin drehte sich um und wollte gehen, doch der Dorfoberste hielt ihn auf. „Bleibt doch die Nacht noch bei uns. Es wird bald dunkel.“ „Ich weiß euer Angebot zu schätzen, aber ich muss weiter.“ ,entschuldigte sich Shin bei den Leuten „Mein Reisegefährte wartet auf mich und ich möchte ihn nicht die Nacht alleine lassen.“ „Warum ist er nicht mit in unser Dorf gekommen? Wir hätten genug Platz für euch beide.“, fragte der Dorfoberste. Shin musste sich schnell eine Ausrede überlegen, die er den Dorfleuten präsentieren könnte. Schließlich konnte er nicht sagen, das seine Reisegefährte der Magier der schwarzen Magie war, der zum Wolf wurde und ihren Dorfältesten getötet hatte. „ Er konnte nicht.“, erklärte er ihnen. „Auf ihm liegt ein Zauber, der es ihm nicht ermöglicht das Dorf zu betreten. Auf unserer Reise suchen wir nach dem Gegenzauber oder der Kraft, die es uns ermöglicht, diesen Zauber zu brechen oder zumindest abzuschwächen.“ Shin schmunzelte innerlich. Er hatte nicht gelogen, was Idromeel und den Grund ihrer Reise anging. „Ah, das verstehen wir. Dann lebt wohl.“ Der Dorfoberste verbeugte sich nochmals vor Shin und die Dorfbewohner taten es ihm gleich. Shin hob seine Hand zum Abschied, drehte sich um und ging aus dem Dorf. Dieses Mal wählte er den langen Weg und machte einen Bogen um den Berg, da er vermutete, die Dorfbewohner würden ihm nachsehen und er nicht wusste, ob außer ihnen und Idromeel jemand etwas über die Abkürzung über den Berg wusste.

Es war schon Nacht, als er bei Idromeel ankam. Shin erkannte sofort, dass sein Freund ziemlich aufgewühlt war und er konnte es ihm nicht verübeln, schließlich kam er gerade aus dessen altem Heimatdorf. „Und? Wie geht es ihnen?“, fragte Idromeel, kaum das Shin bei ihm war. „Es geht ihnen ziemlich gut, abgesehen davon, dass ein Vorratsschuppen zusammengebrochen war und ich einige Leute heilen musste.“ „Was?! Das nennst du gut?“ „Es waren keine schlimmen Verletzungen,“ beschwichtigte Shin seinen Freund. „Ich konnte sie sehr leicht Heilen. Außerdem ist es ein sehr reiches Dorf, was man von den meisten anderen Dörfern nicht behaupten kann.“ Idromeel atmete erleichtert aus „Sie haben mir auch deine Geschichte erzählt.“ ,fuhr Shin fort „Sie glauben, dass du ein Schwarzmagier bist, der die Wölfe gerufen hat.“ „Das stimmt absolut nicht!“ verteidigte sich Idromeel „Die Wölfe kamen von selbst!“ „Ich weiß. Ich weiß auch, dass du nichts dafür kannst, dass du den Dorfältesten als Wolf getötet hast.“ „Ich wollte niemanden verletzen. Vor allem nicht meinen eigenen Vater, aber ich habe mich nicht kontrollieren können...“ Idromeel machte eine Pause und Shin starrte ihn fassungslos an. „Der... der Dorfälteste war dein Vater?“ „Ja.“ Idromeel sah zu Boden und eine lange Zeit sagte keiner von Beiden etwas.
 

Die Dunkelheit umfing die Reisenden, als Idromeel Shin von seiner Vergangenheit erzählte. Über ihnen blinkten Millionen von Sternen und der abnehmende Mond verschwand mit der Zeit hinter den Bergen im Osten.

„Als ich noch klein war, war meine Familie noch sehr arm und unbedeutend. Mein Vater und mein Bruder haben alles dafür getan, um einen besseren Stand in der Gemeinschaft zu erreichen. Alle beide arbeiteten sehr hart, um mir ein angenehmes Leben zu sichern, denn schon als ich gerade zwei Jahre alt war, zeigten sich meine magischen Kräfte. Ich half meinem Bruder im Garten und ließ die Samen die er gerade eingepflanzt hatte wachsen. Eigentlich hatte ich mir nur gewünscht, dass sie möglichst schnell wachsen würden und muss unterbewusst meine Kraft eingesetzt haben. Ich war plötzlich zu etwas Besonderem geworden, der Prinz des Dorfes und mein Vater begann mich zu verwöhnen. Mir hat dieses Leben als verwöhnter Bengel nie gefallen, aber ich merkte, wie wichtig es ihm war und ließ ihm den Gefallen. Trotzdem habe ich ständig meinen Bruder beneidet, weil er im Garten arbeiten durfte und ich nicht. Mir wurde erst später klar, dass er mich genauso beneidet hatte.“ Er machte eine Pause und dachte kurz nach. Shin hatte das Gefühl, jetzt nicht sagen zu sollen und wartete geduldig darauf, dass sein Freund weiter erzählen würde. In der Stille der Nacht hörte man nur die Grillen zirpen und ab und zu raschelte das Gras, weil eine Maus oder ein ähnliches kleines Tier durch die Dunkelheit huschte. „Das Ansehen meines Vaters stieg rasch, weil er in seiner Arbeit immer größere Erfolge erzielte, aber ich hätte es lieber gehabt, wenn er nicht so viel Zeit mit seiner Arbeit, sondern mehr Zeit mit mir verbracht hätte. Seit meine Kräfte erwacht waren, sah ich ihn immer weniger. Ich glaube, er dachte, dass er mir dadurch nur helfen kann, aber ich hatte das Gefühl, er würde mich vernachlässigen. Mein Bruder hat auch nicht mehr mit mir gespielt. Er wollte immer nur, dass ich möglichst viel lerne und ein guter Magier werde, der das Dorf gut versorgt. In den sechs Jahren in denen ich auf der Akademie war, hatte sich das Dorf so stark verändert, dass ich es fast nicht mehr wiedererkannt habe. Mein Vater war Dorfältester geworden, meinem Bruder gehörte die größte Hütte im Dorf und das Dorf an sich war reicher und reicher geworden. Es war so, als wäre ich vor sechs Jahren aus meinem Heimatdorf gezogen und kehrte in ein völlig fremdes Dorf heim. Alle waren Fremde für mich. Mein Vater, mein Bruder, die anderen Dorfbewohner, selbst die Pflanzen und Bäume waren mir völlig Fremd. Aber nicht sie waren die Fremden, sondern ich war der Fremde, der neu in dieses Dorf kam. Das wurde mir im laufe meiner Arbeit als Dorfmagier klar.

Jetzt weiß ich genau, dass ich dort nicht mehr hingehöre. Ich gehöre nirgendwo mehr hin. Ich bin ein streunender Wolf.“

Als Idromeel seinen Bericht beendete, ging gerade die Sonne auf. Beide hatten sie kein Auge zugemacht in dieser Nacht, trotzdem spürten sie keinerlei Müdigkeit. Eine Zeitlang schwiegen sie, um das Gefühl der Verbundenheit, welches sich in den letzten Stunden zwischen ihnen entfaltet hatte, noch weiter zu vertiefen.

„Danke, dass du mir das alles erzählt hast. Ich glaube ich kann dich jetzt besser verstehen.“ Shin stand auf und sah in die aufgehende Sonne. „Es wird Zeit, dass wir weiter gehen.“ Er griff nach seiner Tasche und seinem Stab, sah Idromeel an und lächelte. „Wir haben noch einen weiten Weg vor uns.“

Illusion

Illusion
 

Drei Wochen waren seit der Begegnung der beiden Magier vergangen und inzwischen kannten sie sich ziemlich gut. Shin war froh, Idromeel an seiner Seite zu haben, denn um das ein und andere Mal waren dessen Elementkräfte ziemlich nützlich. So hatte Idromeel einmal eine Brücke über einen Fluss wachsen lassen oder einen Schutz vor wilden Tieren errichtet. Shin hatte Recht gehabt, als er sagte, dass er alleine niemals eine solche Reise hätte antreten können. Doch auch Shin trug zu der Gemeinschaft bei, in dem er in den kleinen Dörfern und Höfen mit seiner Heilmagie Geld verdiente.
 

Sie waren gerade von einem kleinen Gehöft aufgebrochen, in dem sie ein krankes Schwein behandelt und einen neuen Brunnen errichtet hatten, als sie plötzlich lautes Gebrüll hörten. Neugierig gingen sie dem Geräusch nach und fanden, als sie um eine Ecke bogen einen Trupp Männer, die einen kleinen Jungen umzingelt hatten. Shin und Idromeel waren nicht nahe genug dran, um zu verstehen, was dort gesprochen wurde, aber von dem Verhalten, das die Männer an den Tag legten schlossen sie, dass es sich um Räuber handeln müsste. „Der Junge hat doch alleine keine Chance gegen sie.“ ,raunte Idromeel zu Shin „Ich bin der Meinung, wir sollten ihm helfen.“ Shin nickte. „Ich stimme dir zu... Räuber wie diese, die einen kleinen Jungen überfallen, haben es nicht verdient, von uns verschont zu werden. Ich habe sowieso was gegen Räuber.“ Vorsichtig schlichen die Gefährten näher, doch auf einmal stoppten sie. Was sie dort sahen erstaunte sie. Die Räuber begannen zu schreien und rannten sich gegenseitig über den Haufen, als sie versuchten, von dem Jungen weg zu kommen. Verwirrt sahen Shin und Idromeel sich an. „Was ist denn mit denen los?“ Idromeel zuckte als Antwort nur mit den Schultern und legte seine Stirn in Falten. Nachdem er kurz nachgedacht hatte begann er zu Grinsen. „Ich glaube, der Kleine da ist Magier. Aber ich frage mich, was er hier alleine macht und wo er herkommt. Von dem Hof jedenfalls nicht.“ „Stimmt. Fragen wir ihn doch einfach. Ich glaube nämlich nicht, dass er gefährlich ist. Und wenn, sind wir immer noch zu zweit.“ Shin stand auf und ging offen auf den Jungen zu. Idromeel folgte ihm. „Hey Kleiner! Was war denn mit den Räubern los?“ Der Junge drehte sich zu ihnen um. „Die waren nur ein bisschen verwirrt und außerdem bin ich kein Kleiner. Ich bin schon zwölf Jahre alt und einen Namen habe ich auch.“ „Ist ja schon gut. Wir haben deinen Namen nur nicht gekannt und tun es auch jetzt noch nicht.“ bemerkte Idromeel. „Und ich werde ihn nicht auch nicht sagen. Denkt ihr etwa, ich bin Blöd?“ „Natürlich denken wir das nicht,“ beschwichtigte Shin den aufgebrachten Jungen „aber du hast gesagt, du hättest einen Namen und da du anscheinend nicht Kleiner genannt werden möchtest, währe es nur logisch anzunehmen, du würdest ihn uns verraten, damit wir dich nicht mehr Kleiner nennen müssen.“ „Äh, so wie du das jetzt formuliert hast eigentlich ja“ stotterte der Junge „Also ich heiße Mirodin. Aber jetzt währe es höflich, wenn ihr mir auch eure Namen nennen würdet.“ „Oho!“ ,lachte Shin „Du bist wohl einer der genauen. Also ich heiße Shin und bin siebzehn Jahre alt, falls du das auch wissen willst, da du uns dein Alter genannt hast.“ „Und mein Name ist Idromeel und ich bin achtzehn Jahre alt.“ „Freut mich euch kennen gelernt zu haben. Darf ich fragen, was ihr hier tut? Es ist sehr ungewöhnlich in dieser Gegend Reisende anzutreffen.“ „Genau das selbe wollten wir dich fragen,“ bemerkte Idromeel „Aber da du uns zu erst gefragt hast, werden wir dir auch zuerst Antworten. Also wir sind zwei Wandermagier auf einer Reise durch das Land, um den Leuten unsere Hilfe anzubieten und um stärker zu werden.“ „Aha. Dann seid ihr ja genau wie ich Magier. Ich bin jedenfalls auf dem Weg zur Magierakademie um dort eine Ausbildung zu beginnen.“ „Ein Anfänger also. Aber warum bist du nicht schon mit elf Jahren zur Akademie gegangen?“ fragte Shin Mirodin. „Ganz einfach. Als ich elf war, hatte ich meine Kräfte noch nicht. Illusionsmagie zeigt sich immer erst später.“ antwortete der Junge. „Ich habe mir schon gedacht, dass du über Illusionskräfte verfügen musst,“ meinte Idromeel wissend „Was hätte die Räuber denn sonst so verwirrt. Was hast du ihnen eigentlich gezeigt?“ „Na ja, es gibt Gerüchte, dass es in dieser Gegend einen Minozier geben soll. Also habe ich ihnen einen der Viecher vorgegaukelt. Ihre Reaktion war äußerst witzig.“ „Einen Minozier? Woher wusstest du denn, wie einer aussieht?“ Shin schüttelte den Kopf. „Als ich in deinem Alter war, wusste ich noch nichts von denen. In der Akademie haben wir das erst später gelernt.“ Mirodin grinste. „Mein Großvater hat mal einen gesehen, als er noch jung war. Immer wenn er am Kamin saß, hat er mir von dieser Begegnung erzählt. >Mirodin< hat er gesagt, >nie werde ich den Moment vergessen, als mir der Minozier begegnet ist. Ich war ganz alleine auf dem Weg in die nächste Stadt, als mir mitten auf dem Weg diese riesige Katze mit den zwei Köpfen entgegenkam. Die Köpfe waren rot wie Kupfer und der Körper schwarz wie die Nacht. Er hatte alle beide Augenpaare auf mich gerichtet und schien mich mit seinem Blick zu durchbohren. Du musst wissen, Mirodin, dass Minoziere die Fähigkeit haben, Menschen und Tiere mit ihrem Blick zu lähmen und dass ihr Schrei einem das Bewusstsein raubt. Also habe ich die Augen zu gemacht und mir die Ohren zugehalten. Plötzlich spürte ich, wie der Minozier näher kam und schließlich an mir vorbeiging. Ich blieb noch lang mit geschlossenen Augen und zugehaltenen Ohren stehen und wartete. Als ich die Augen wieder aufmachte, war ich alleine.< Die Geschichte kann ich längst auswendig.“ „Dein Großvater war sehr klug,“ stellte Idromeel fest „Nur die wenigsten Menschen wissen, das Minoziere das Interesse verlieren, wenn sie ihr Opfer nicht mit dem Blick oder ihrem Schrei belegen können.“ „Stimmt,“ fügte Shin hinzu „Zwar wären sie stark genug, um einen auch mit den Tatzen oder den Zähnen zu töten, aber das machen sie nicht, es sei denn, jemand ist so dumm und fängt an zu schreien.“ „Klar war mein Großvater klug. Er war schließlich auch ein Illusionsmagier.“ „Dann ist es ja klar.“ ,Shin lächelte Mirodin zu „Aber jetzt müssen wir weiter. Sonst kommen wir nämlich nicht rechtzeitig an, wo auch immer wir ankommen werden.“ „Genau.“ ,stimmte Idromeel ihm zu „Es hat Spaß gemacht mit dir zu reden.“

Die beiden setzten sich in Bewegung und waren schon ein gutes Stück weiter, als Mirodin ihnen hinterher rief: „Wartet! Könnt Ihr mich mitnehmen? Ich weiß nämlich nicht genau, wo die Magierakademie liegt!“ Shin und Idromeel blieben stehen und sahen sich besorgt an. Beide schienen das selbe zu denken schließlich zuckte Shin mit den Schultern und drehte sich um. Mirodin war ihnen inzwischen nachgekommen und Shin sagte zu ihm: „Es tut mir Leid, aber dass ist keine so gute Idee. Idromeel und ich sind nämlich ziemlich gefährlich.“ Mirodin sah erst ihn und dann Idromeel mit hochgezogenen Brauen an. „Wieso gefährlich? Ihr seht nicht gerade gefährlich aus. Außerdem bin ich doch auch ein Magier.“ „Ja schon, da hast du Recht.“ Idromeel überlegte, wie er Mirodin die Sache mit dem Wolf am Besten erklären sollte, ohne ihm zu große Angst ein zujagen. „Wir beide,“ , er zeigte auf sich und Shin „sind verflucht. Jeden Vollmond verwandeln wir uns und werden zu überaus gefährlichen Wölfen, die alles und jeden angreifen.“ Shin nickte, doch Mirodin schien diese Nachricht keinesfalls zu ängstigen. „Das macht doch nichts. Wölfe sind doch nur etwas zu groß geratene, nicht erzogene Hunde und mit denen bin ich zu Hause auch fertig geworden. Also mir macht das nichts aus.“ Es entstand eine Pause, in der sich Shin und Idromeel wieder ansahen. Nach einiger Zeit stummer Überlegung, beendete Idromeel das Schweigen. „ Wenn es dir wirklich nichts ausmacht, kannst du mit und kommen. Allerdings musst du uns versprechen, dich bei Vollmond zu verstecken. Ich möchte nämlich auf keinen Fall, dass einer von uns dir etwas als Wolf antut und wir dann am Morgen feststellen müssen, dass wir dich verletzt haben.“ „Okay, kein Problem. Ich bin gut im Verstecken.“ Mirodin sah erwartungsvoll von einem zum anderen. „Dann darfst du mit uns kommen. Wir müssen schließlich auch zur Akademie.“ „Warum denn das? Ich denke ihr seit schon fertig ausgebildet.“ „Ja schon,“ ,antwortete Idromeel auf seine Frage „aber wir wissen noch nicht alles und wir hoffen, dass Meister Valenstar uns bei unserem kleinen Wolfsproblem helfen kann.“ „Ach so. Dann sollten wir aber auch los, damit wir nicht zu spät dahin kommen, wo immer wir auch hin wollen.“ Frech grinste Mirodin die beiden Magier an. „Du hast es erfasst.“ Shin lachte und er, Idromeel und ihr neuer Reisegefährte Mirodin gingen los.

Am Abend suchten sie nach einem Ort, an dem sie übernachten könnten, allerdings stimmte das mit dem Gerücht über den Minozier und es gab weit und breit kein Haus geschweige denn ein Dorf. So waren die drei gewissermaßen gezwungen, im Freien zu übernachten. „Ist doch kein Problem,“ meinte Idromeel aufmunternd „Ich kann uns doch einfach einen Unterschlupf wachsen lassen.“ „Genau!“ ,stimmte Mirodin zu „Und ich lass den dann einfach wie ein Felsbrocken aussehen.“ „Kannst du das denn?“ , fragte Shin leicht zweifelt „Ich meine, du hast deine Kräfte doch noch nicht so lange. Kannst du da eine Illusion die ganze Nacht aufrecht erhalten?“ „Ach, kein Problem!“ Mirodin winkte ab „Seit ich sie bekommen habe, habe ich meine Kräfte ständig unter der Anleitung meines Großvaters trainiert. Es ist sehr praktisch, Illusionen hervorrufen zu können, vor allem, wenn man sich selbst damit vorgaukeln kann, dass man alles hat, was man will.“ „Er ist eben ein schlaues Kerlchen“ ,meinte Idromeel Schulter zuckend „Ich habe die Elementmagie auch fast sofort beherrscht. Kallmoren.“ Der Boden bebte nachdem Idromeel seinen Zauber ausgesprochen hatte. Kleine Erdhügel entstanden, brachen auf und dichtes Buschgestrüpp wucherte aus dem Boden und formte eine Höhle. „Wahnsinn! So was kann man auch mit Magie machen?“ Mirodin hatte die Augen und den Mund vor Staunen weit aufgerissen. „Klar.“ ,erklärte ihm Shin, während er die Taschen in die Höhle brachte. „Es gibt viele verschiedene Arten von Magie. Die Elementmagie, die Illusionsmagie, die Heilmagie, die Kampfmagie, die Tiermagie und die Trankmagie. Die Elementmagie nutzt die fünf Elemente Wasser, Holz, Feuer, Erde und Metall, um die Umgebung zu verändern. Zum Beispiel um Nebel herzustellen, Pflanzen wachsen zu lassen, Feuer zu kontrollieren, Erdwälle aufzuschichten und Metall zu verbiegen oder ähnliches. Illusionsmagie, das weißt du ja schon selber, ruft Bilder und Geräusche in den Köpfen der Menschen und Tieren hervor. Man kann aber auch den Verstand eines Gegners angreifen und ihn Wahnsinnig werden lassen oder Gedanken manipulieren. Heilmagie heilt alle Verletzungen, Knochenbrüche oder Krankheiten. Manchmal ohne Hilfsmittel wie Kräuter oder Salben und manchmal mit. Kampfmagie nutzt man in Kämpfen. Sie setzt Energie frei, die den Gegner erfasst oder einen wie ein Schild umgibt und so vor gegnerischer Energie zu schützen. Meistens wird die Energie sichtbar, aber Magier, welche die Kampfmagie wirklich gut beherrschen, schaffen es auch, sie unsichtbar anzuwenden. Tiermagie ermöglicht einen Tiere zu beherrschen, zum Beispiel kann man durch sie wilde Wölfe zu zahmen Schoßhunden werden lassen oder Schnecken befehlen das Gemüse von irgendjemanden zu fressen. Das beste daran ist, dass man als Tiermedium, wie man die Magier nennt, die Tiermagie einsetzten können, mit den Tieren reden kann. Als Trankmeister kann man die geheimen Kräfte aller materiellen Dinge nutzen, aber jeder Zauber benötigt eine lange Vorbereitungszeit. Schließlich kann man nicht einfach einen Stein nehmen und dessen Kräfte benutzen, sondern muss den Stein mit anderen Sachen zum Beispiel Pflanzen oder Vogelfedern aufkochen, um an die Kraft zu kommen. Wie du siehst hat jede Art von Magie ihre Vorteile, aber ein Magier kann sich meistens nur auf ein oder zwei Kräfte spezialisieren. Ich zum Beispiel beherrsche die Kampf- und die Heilmagie, bin aber in den anderen Magiearten eher schlecht. Idromeel ist ein Elementmagier und kann die restliche Magie nicht so gut. Du bist ein Illusionsmagier und hast noch nicht einmal wirklich etwas von anderen Magiearten gewusst. Es gibt aber auch Magier, die in keiner von diesen Magiearten besonders gut sind. Ein Freund von mir zum Beispiel, beherrscht alle Arten von Magie gleich gut, aber dafür hat er in jeder Magie nur die durchschnittliche Kraft.“ Mirodin hatte die gesamte Zeit Shins Erklärungen zugehört. „Ah ja. Es macht dir aber nichts aus, wenn ich nur die Hälfte verstanden habe? Zumindest weiß ich jetzt, was für unterschiedliche Magie es gibt.“ Idromeel begann zu lachen. „Ist ja in Ordnung. Shin hat gerade alles, was wir in den sechs Jahren an der Akademie über die Magie und deren verschiedenen Arten gelernt haben zusammengefasst. Kein Wunder, wenn du da etwas nicht verstehst. Jetzt sollten wir aber langsam schlafen.“ „Dann ist ja gut.“ Mirodin schloss die Augen und Shin befürchtete schon, dass er Idromeel wörtlich nehmen und auf der Stelle einschlafen würde, aber dann begann sich das Gestrüpp zu verändern. Es verlor an Farbe, wurde grau, veränderte die Form und sah schließlich wie ein großer Stein aus. „So fertig. Das dürft die ganze Nacht halten.“ Mirodin machte die Augen wieder auf und sah seine großen Freunde an. „Da geht es rein.“ Er zeigte auf eine Stelle auf dem glatten Stein und ging darauf zu. Plötzlich verschwand er mitten im Gestein. „Na dann mal los.“ Idromeel ging Mirodin nach und war kurz darauf auch verschwunden. Shin trat auf den grauen Brocken zu und streckte seine Hand aus, die glatt durch den Stein hindurch ging. Dann ging auch er mitten in die Illusion hinein.
 

Am nächsten Morgen stieg die Sonne langsam wie ein roter Feuerball hinter dem Horizont auf und tauchte die Gesamte Umgebung in rot-oranges Licht. Ein großer Felsbrocken, der mitten in dem karg bewachsenen Gebiet prangte, verlor langsam seine Form und wurde grün. Nach etwa einer Viertelstunde war er ganz verschwunden und an seiner Stelle ragte ein seltsam gewachsenes Gebüsch aus dem trockenen Boden. Noch rührte sich nichts doch schon kurz darauf begannen die Glätter des Strauches an zu rascheln und aus einer kleinen Öffnung wurde ein Kopf hinausgestreckt. „Aufgewacht ihr beiden! Die Sonne ist längst aufgegangen und wir sollten bald aufbrechen.“ „Sei still Shin.“ Idromeel stimme klang dumpf aus dem Strauch. „Ich konnte nicht gut schlafen. Mirodin hat halb auf mir gelegen.“ Shin war jetzt vollends aus dem Gebüsch gekrochen und streckte sich. „Du hättest es halt wie ich machen und ihn weg drücken sollen, wenn er dir auf die Pelle gerückt ist.“ „Wollte ich eigentlich auch.“ Idromeel kam auch aus dem Gebüsch raus und stellte sich neben Shin. „Aber er hat sich nicht wegdrücken lassen.“ Er drehte sich um. „Reshto“ Das Gebüsch wuchs in die Erde zurück, gerade so, als hätte man auf eine Rückspultaste gedrückt. Mirodin lag quer auf dem freigelegten Boden und schnarchte laut. „Siehst du, er ist immer noch am Schlafen. Ich sag dir, es wird eine schwere Reise.“ Idromeel schüttelte den Kopf. „Auch wenn er noch so erwachsen tut, er ist immer noch ein Kind.“ „Du hast ja recht.“ Shin seufzte auf „Aber er muss in die Magierakademie und wir wollen da eh hin. Außerdem will ich nicht, dass er alleine unterwegs ist. Auch wenn er ein Magier ist, ist er, wie du gesagt hast, immer noch ein Kind.“ „Stimmt auch wieder.“ „Ja. Ich weiß noch, wie es war, als ich alleine zur Akademie gegangen bin. Ich war zwar ein Jahr jünger als Mirodin jetzt ist, aber es war sehr sehr schwer. Erst der lange Weg, dann die Einsamkeit und dann noch die kalten und dunklen Nächte im Freien. Brrr. Selbst wenn ich nur daran denke, läuft es mir kalt über den Rücken.“ Shin schüttelte sich, aber Idromeel zog die Augenbrauen hoch. „Warum bist du allein gegangen? Mich hat mein Vater und mein Bruder begleitet und ich fand die Reise eigentlich ziemlich spannend.“ „Du warst auch nicht allein. Ich musste alleine gehen, weil doch nur die Familie der Schüler mit zur Akademie dürfen. Meine Eltern waren zu krank um mitzukommen. Später sind sie auch an dieser Krankheit gestorben.“ „Oh, tut mir leid, das wusste ich nicht.“ Idromeel sah seinen Freund betroffen an. „Ich verstehe, warum du dich so in seine Lage versetzt.“ „Na ja, ich möchte halt nicht, dass es ihm genauso geht wie mir. Ich frage mich nur...“ Shin wandte seine Kopf zu dem schlafenden Jungen und legte seine Stirn in Falten, dachte kurz nach und winkte dann ab. „Ach vergiss es, ist nicht so wichtig.“ Er ging zu Mirodin hin und rüttelte ihn leicht an der Schulter. „Hey aufwachen! Wir müssen weiter, damit wir rechtzeitig zur Akademie kommen.“ „hmm... nunofünwinuden...“ „Was soll denn das bitte schön heißen?“ Idromeel schüttelte den Kopf. „Ist das vielleicht eine andere Sprache?“ „So könnte man sagen.“ Shin musste sich das Lachen verbeißen. „Es ist Schlafisch und bedeutet übersetzt: Nur noch fünf Minuten.“ „Ahh! Klar, jetzt versteh ich. Schlafisch hat auch mein Vater gesprochen. Bei ihm hat das dann ungefähr so geklungen: maichspäder“ „Genau. So klingt das.“ Die beiden Zauberer sahen sich an und fingen beide gleichzeitig an zu lachen. So sehr sie es noch versuchten zu unterdrücken, es gelang ihnen einfach nicht, bis sie plötzlich unterbrochen wurden: „Was lacht ihr denn so? Da kann man ja gar nicht schlafen!“ Mirodin war aufgewacht und sah die beiden vorwurfsvoll an. Shin holte tief Luft, um das Lachen zu ersticken und antwortete ihm: „Du sollst auch nicht mehr schlafen. Die Sonne ist schon vor einiger Zeit aufgegangen und wir haben noch einen weiten Weg vor uns.“ „Na und? Brauchen wir eben einen Tag länger, oder auch zwei.“ „Tut mir leid Mirodin.“ Idromeel hatte nun auch die Kontrolle über sein Lachen wieder erlangt und mischte sich in das Gespräch ein. „Wir können es uns nicht leisten ein oder zwei Tage zu verlieren. Du musst schließlich rechtzeitig zur Akademie, um deine Ausbildung zu beginnen. Wenn ich mich recht erinnere, bleiben dir noch sechs Tage und wir brauchen genau diese sechs Tage um dort hinzukommen. Außerdem können wir beide,“ ,er zeigte auf sich und Shin, „auch nicht länger brauchen, da der Zeitpunkt für unser kleines Problem immer näher rückt.“ „Oh.“ Mirodin stand auf. „Dann sollten wir uns wirklich beeilen.“ Shin stand ebenfalls auf und griff nach seiner Tasche und Idromeel tat es ihm nach. „Du hast es begriffen. Also los.“ Shin ging los, hielt aber inne und drehte sich noch mal zu dem Jungen um. „Warum bist du eigentlich alleine unterwegs? Das geht mir schon seit gestern im Kopf rum.“ „Na ja...“ Mirodin zögerte. „ ... mein Großvater kann mich nicht begleiten, weil er zu alt ist.“ „Und was ist mit deinen Eltern?“ ,fragte nun auch Idromeel. „Meine Eltern ... habe ich nie gekannt.“ ,gab Mirodin zu. „Mein Großvater sagte, meine Mutter sei bei meiner Geburt gestorben und meinen Vater hätte das so schwer getroffen, dass er sich erhängt hat. ... das ist auch der Grund, warum die Leute aus meinem Dorf sagen, ich wäre verflucht,“ fügte er leise hinzu. „Na das passt doch ganz gut.“ ,meinte Shin locker. „Da bist du ja nicht mehr alleine, weil Idromeel und ich doch auch verflucht sind.“ „Stimmt haargenau. Es war bestimmt kein Zufall, dass wir uns getroffen haben,“ stimmte Idromeel zu und lächelte Mirodin an. Dieser grinste erleichtert und hängte sich seine Tasche um. „Na dann los. Wir kommen noch zu spät.“

Rana

Rana
 

Es war ein seltsames Trio, welches die Tore von Terê-Sale passierte. Die Stadtwachen beobachteten die drei aus den Augenwinkeln. In letzter Zeit hatten es viele Taschendiebe auf die reiche Bevölkerung der Stadt abgesehen, und der Herzog dieser Stadt hatte allen Wachen eingeschärft, Fremde mit Argwohn zu betrachten und sie zu beschatten, bis sich ihre Ungefährlichkeit herausstellte. Einer der Wachen nickte seinen Kameraden unauffällig zu und verfolgte die kleine Gruppe von Reisenden ohne, wie er dachte, von ihnen bemerkt zu werden.

„Hey Shin. Hast du es auch bemerkt?“ Idromeel raunte seinem Freund aus dem Mundwinkel diese Worte zu. „Wir werden verfolgt.“ „Ich weiß. Der Kerl folgt uns schon, seit wir in diese Stadt gekommen sind.“ ,gab Shin zurück. „Die Leute hier trauen Fremden wohl nicht wirklich.“ Idromeel nickte und schwieg. Mirodin hatte von ihrem Gespräch nichts mitbekommen und sah sich staunend in den Straßen um. „Wahnsinn! In so einer großen Stadt war ich noch nie. Sind alle Städte so?“ Er drehte sich zu seinen Freunden um. Shin schüttelte lächelnd den Kopf. „Nein. Das hier ist eine sehr reiche Stadt. Es gibt aber auch kleinere und ärmere Städte.“ „Dann dürfte es für uns doch nicht allzu schwer sein, Arbeit zu finden.“ Mirodin war begeistert. „So eine große Stadt ist bestimmt eine gute Einnahmequelle.“ „So ist das leider nicht,“ belehrte Idromeel den Jungen. „Reiche und große Städte haben meistens Ärzte, eine Armee, reichlich Arbeiter und ein oder zwei eigene Magier. Für uns bleibt da nicht viel zu tun.“ „Hm. Schade.“ Mirodin ließ den Kopf hängen, allerdings nicht für lange und kurz darauf betrachtete er wieder interessiert die Häuser und Straßen.

Der Mann, der sie verfolgte wunderte sich ein wenig über diese drei Reisende. Die beiden Männer waren noch sehr jung, er schätzte sie auf um die zwanzig, und der kleine Junge, den sie bei sich hatten, schien weder mit dem einen, noch mit dem anderen verwand zu sein. Sein Gefühl sagte ihm, dass von den Männern eine Gefahr ausging, allerdings konnte er nicht genau sagen, was das für eine Gefahr sein könnte. Es war in etwa so, als würde er etwas riechen, den Geruch aber nicht zuordnen können. „Ich sollte die drei auf jeden Fall im Auge behalten. Ich bin mir sicher, dass sie keine Diebe sind, aber einfache Reisende sind sie auch nicht.“ Er hielt diesen Gedanken im Kopf fest, als die kleine Gruppe in einen Gasthof verschwand.
 

„Du, Mirodin. Ist dir irgendetwas in dieser Stadt aufgefallen? Ich meine, außer, dass sie so groß ist.“ Idromeel und Mirodin waren allein im Zimmer, weil Shin sich in der Stadt noch etwas umsehen wollte. Idromeel nutzte die Zeit, um den Inhalt seiner Tasche zu ordnen. „Nein, eigentlich nicht“ Mirodin saß auf seinem Bett und sah Idromeel bei seiner Arbeit zu „nur der Typ der uns verfolgt hat, war irgendwie seltsam.“ „Ah, du hast ihn auch bemerkt.“ „Klar habe ich das. Jemanden, der seine Gedanken so wenig verbirgt, bemerke ich sofort.“ „Du kannst Gedanken lesen?“ Idromeel war überrascht. „Davon hast du nie etwas gesagt.“ „Na ja,“ Mirodin versuchte, die richtigen Worte zu finden. „Es ist nicht so, dass ich sie lese oder höre. Es ist mehr so ein Gefühl, eine Stimmung oder eine Melodie und keine Worte.“ Idromeel sah den Jungen an, der nachdenklich auf dem harten Bett saß. „Ich finde. Dass ist eine tolle Magie. Mit etwas Übung kannst du bald auch Wörter hören.“ „Vielleicht, aber eigentlich will ich das gar nicht. Ich will die Leute nicht ausspionieren“ „Ich bin froh, dass du deine Fähigkeit nicht ausnutzen möchtest, aber sie kann auch mal sehr nützlich sein.“ Idromeel nahm seine Arbeit wieder auf und sortierte weiter.
 

Shin war inzwischen auf dem Marktplatz der Stadt angekommen und suchte an einem Stand frische Kräuter aus.

Hallo, Wolf

Shin sah hoch, doch es war weit und breit niemand zu sehen, der ihn angesprochen haben könnte.

du kannst mich nicht sehen und ich sehe auch dich nicht, doch ich spüre deine Nähe.

Jetzt wurde Shin klar, dass die Stimme nicht von außen kam, sondern direkt in seinem Kopf wiederhallte. „Wer bist du?“ Er dachte diese Frage so intensiv er konnte. Ein Kichern war die Antwort.

Du brauchst nicht so laut zu sein, ich höre dich auch so gut genug. Um deine Frage zu beantworten, ich bin Rana, ein Tiermedium.

Shin begann wieder Kräuter auszusuchen. „Ein Tiermedium, also. Jetzt verstehe ich. Kein Wunder, dass du telepatisch mit mir in Verbindung treten kannst, schließlich bin ich zur Hälfte ein Tier.“

Zur Hälfte?

Die Stimme klang erschreckt

Dann musst du ein Magier sein, der von diesen Über-Wölfen gebissen wurde.

Shin bezahlte die Kräuter und packte sie in seine Tasche „Du kennst diese Wölfe?“

Ja

Das Wort hallte lange in seinem Kopf nach

Es gibt dieses Rudel sein zwei Jahren. Du bist aber der Einzige, der den Biss überlebt hat.

„Ich bin nicht der einzige. Ich bin mit einem weiteren Halbwolf unterwegs.“ Zuerst antwortete die Stimme nicht, doch dann sprach sie weiter:

Dann müsst ihr aber einen starken Geist haben, denn sonst hätten der Wolf in euch, euch bei eurer ersten Verwandlung umgebracht. Das ihr noch lebt, bedeutet, dass weder ihr, noch der Wolf, stärker als der andere seit.

„Woher weißt du das alles?“ Shin schlenderte weiter über den Markt „Ich meine, weil außer uns noch keiner den Biss überlebt hat.“

Ich spreche mit den Tieren und erfahre daher eine ganze Menge. Ich habe auch mit dem Wolfsrudel selbst gesprochen.

Shin schwieg. Er musste jetzt das Gehörte erst einmal verdauen. Gedanken versunken ging er weiter, bis ihm sein Verfolger auffiel. „Du, Rana. Weißt du, warum ich verfolgt werde?“

Du wirst verfolgt?

„Ja, schon die ganze Zeit, seit wir in dieser Stadt sind.“ Rana überlegte:

Dann ist es wahrscheinlich, weil ihr Fremde seit.

Plötzlich fiel ihr etwas ein:

Lasst euch bloß nicht anmerken, dass ihr Magier seit! Der Magier dieser Stadt duldet keine Konkurrenz und lässt jeden einsperren, der gegen ihn arbeitet. Ihr solltet am Besten so schnell wie es nur geht aus der Stadt verschwinden, bevor er die Anwesenheit anderer Magier spürt!

„Was?! Danke Rana. Ich muss sofort Idromeel und Mirodin bescheid sagen.“ Shin beschleunigte seine Schritte und machte sich sofort auf den Weg ins Gasthaus. Ranas Stimme begleitete ihn.

Idromeel und Mirodin? Ich dachte ihr seit nur zu zweit?

„Nein, wir sind zu dritt, aber nur zwei Halbwölfe. Mirodin ist noch ein Kind. Wir haben ihn Unterwegs getroffen und ihn mitgenommen, da selbst ein Magier in diesem Alter nicht alleine Reisen sollte. Vor allem nicht, wenn er den Weg zu seinem Ziel nicht kennt.“

Ach so. Ihr habt ihm aber vor eurer anderen Hälfte gewarnt?

„Ja, haben wir, aber es macht ihm nichts aus. Was ich mich aber frage, Rana: Wenn der Magier dieser Stadt keine anderen Magier duldet, warum kannst du dann hier leben?“

Na ja

Ranas Stimme seufzte

Ich bin eine Frau und Frauen zählen für ihn nicht als Magier und außerdem bin ich stumm, was mich für ihn noch abwertender macht.

„Was hat das bitte schön mit deinen Fähigkeiten als Magierin zu tun?“ Shin war empört „Frauen können doch genauso gut wie Männer Magie ausüben und das du stumm bist, kommt deiner Fähigkeit, telepatisch mit Tieren in Kontakt zu treten, doch sehr zugunsten.“

Da hast du ja Recht, aber er ist eben noch ein Magier der alten Schule. Schließlich wurden Frauen erst vor fünfzehn Jahren als Magier akzeptiert

Rana klang belustigt

aber mir soll es recht sein. Schließlich kann ich auf diese Weise hier in Ruhe leben.

Shin musste innerlich lächeln. Rana hatte recht. Sie wusste eben, wie sie die Marotten des Magiers zu ihrem Vorteil ausnutzen konnte.

Endlich kam der Gasthof in sicht. Fast bedauerte Shin, dass er schon angekommen war, aber er wusste, dass er Idromeel und Mirodin so schnell wie möglich warnen musste, bevor sie irgendetwas unüberlegtes taten.
 

„Mir ist langweilig!“ Mirodin saß auf dem Boden und starrte die Holzdecke an. „Jetzt habe ich alle siebenunddreißig Holzbretter samt ihren Astlöchern gezählt und Shin ist immer noch nicht zurück.“ „Ach ja? Wie viele Astlöcher sind es denn?“ Idromeel saß ihm gegenüber und starrte ebenfalls die Decke an. „Ich habe einundfünfzig gezählt, und du?“ Mirodin sah jetzt nicht mehr an die Decke , sondern auf Idromeel, der sein Gesicht verzog „Ich bin bei achtundsiebzig und mir sicher, dass ich mich total verzählt habe. Diese Dinger sehen einfach zu gleich aus. Aber du hast recht, Shin sollte wirklich langsam zurück kommen. Vielleicht ist ihm etwas auf dem Markt passiert.“ „Das glaubst du doch wohl selber nicht!“ Mirodin begann zu lachen und setzte sich auf „Ich kenne Shin zwar noch nicht so lange wie du ihn kennst aber immerhin lange genug um zu wissen, dass er gut auf sich selber aufpassen kann.“ „Vielleicht,“ Idromeel setzte sich ebenfalls hin „aber du vergisst, dass wir verfolgt wurden, seit wir in dieser Stadt angekommen sind. Woher willst du da wissen, dass da nichts passiert ist? Wir wissen ja noch nicht einmal, warum wir verfolgt wurden.“ „Stimmt“, gab Mirodin kleinlaut zu „Dann sollten wir doch besser nach Shin suchen“ Er stand auf und reichte Idromeel seine Hand um ihm aufzuhelfen „Hey! Ich bin doch kein alter Opa! Aufstehen kann ich auch ganz gut alleine“ „Na gut“ Mirodin ließ Idromeel mitten in der Luft los und prompt fiel dieser wieder auf seinen Hintern. „anscheinend kannst du doch nicht alleine Aufstehen“, meinte Mirodin kichernd „Kann ich wohl!“ Idromeel stand beleidigt auf „Siehst du?“ „ja, ja alter Opa. Ich seh´s. Du kannst prima aufstehen“ „Ich bin kein alter Opa! Ich bin erst siebzehn Jahre alt. Nur fünf Jahre älter als du!“ „Sagte ich doch: Alter Opa“ murmelte Mirodin leise. Idromeel wollte wütend etwas erwidern, wurde aber unterbrochen, als Shin die Tür aufriss und in den Raum stürmte.

„Ein Glück, dass ihr noch hier seit“, keuchte er außer Atem „Ich hatte schon befürchtet, ihr wärt mich suchen gegangen“ „Das wollten wir eigentlich auch“, sagte Idromeel verdutzt. Seinen Ärger auf Mirodin hatte er vergessen „ Wir wollten gerade los, als du ins Zimmer gekommen bist.“ „Dann habe ich ja Glück gehabt“ Shin lächelte erleichtert „ Wir dürfen nämlich nicht leichtfertig den Gasthof verlassen und schon gar nicht zu erkennen geben, dass wir Magier sind. „Warum dass denn?“ Idromeel war jetzt vollkommen verwirrt. „Ist irgendwas in der Stadt passiert?“ „ Das kann man schon sagen“ Shin seufzte. „Ich habe da was erfahren, was uns ziemliche Schwierigkeiten bereiten könnte.“ „Was hast du denn erfahren?“, fragte Idromeel, doch bevor Shin ihm antworten konnte, fiel ihm Mirodin ins Wort: „Wir werden belauscht!“ „Was?“ Idromeel fuhr zu ihm herum. „Wie werden wir denn belauscht?” „Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll” Mirodin überlegte kurz „ Ich spüre eine magische Kraft, die sich in Shins Gedanken eingenistet hat. Er wird zwar nicht von ihr kontrolliert, aber sie hört uns zu“ „Ach, das ist Rana“, versuchte Shin seine Freunde zu beruhigen „Sie ist ein Tiermedium. Sie hat mich vor dem Magier dieser Stadt gewarnt“ „Ein Tiermedium? Wie kannst du dann in Gedanken mit ihr sprechen? Du bist doch ein Mensch“ Mirodin sah Shin verwirrt an „Ich dachte Tiermedien können, wie ihr Name schon sagt, nur mit Tieren telepatisch in Kontakt treten“ „Können sie auch nur, aber du vergisst, dass ich zur Hälfte ein Wolf bin“, antwortete Shin lächelnd „So gesehen, hat es auch einige Vorteile, diesen »Fluch« zu tragen“ „Wenn sie mit dir reden kann, dann müsste ich es doch eigentlich auch können“, mischte sich Idromeel wieder in das Gespräch ein „Kannst du doch auch. Du musst es nur versuchen. Aber was ich euch eigentlich sagen wollte: Wir müssen so schnell wie möglich wieder aus dieser Stadt verschwinden. Der Großmagier von Terê-Sale lässt alle Magier die in diese Stadt kommen einsperren und töten. Er kontrolliert und regiert Terê-Sale und beseitigt jeden, der ihm seine Position streitig machen könnte.“ „Was? Dann sollten wir am besten sofort von hier verschwinden“, schlug Idromeel vor „Je mehr Zeit wie hier verbringen, desto größer wird die Gefahr, dass herauskommt, dass wir Magier sind“ „Das mag schon stimmen“ ,überlegte Mirodin „aber wenn wir sofort gehen, machen wir unnötig auf uns aufmerksam. Überlegt doch mal: Wir sind Heute hier angekommen, haben auf dem Markt Vorräte gekauft und haben uns ein Zimmer in einem Gasthof gemietet. Ist es da nicht ein wenig seltsam, wenn wir nicht einmal eine Nacht bleiben? Vor allen Dingen, da es jetzt anfängt dunkel zu werden“ „Außerdem werden gleich die Stadttore geschlossen, da kommen wir sowieso nicht mehr raus“, fügte Shin noch hinzu. „Du hast ja recht“, gab Idromeel zu „Bleiben wir eben noch eine Nacht in Terê-Sale, aber Morgenfrüh verschwinden wir sofort, sobald die Stadttore wieder offen sind.“

Idromeel nahm von Schin die Tasche mit den Kräutern entgegen und sah sie durch: „Der Markt hat ja ein schlechtes Sortiment. Du hast fast nichts brauchbares bekommen.“ „Da hast du leider recht. Wahrscheinlich liegt es daran, dass in der Stadt keine anderen Magier erlaubt sind.“, überlegte Shin „Nur Magier benötigen diese bestimmten Kräuter und normale Menschen können mit ihnen nichts anfangen. Ist doch eigentlich klar, dass sie nicht verkauft werden. Höchstwahrscheinlich ist es sogar Verboten“ „Das kann gut sein“, stimmte ihm Idromeel zu „Dann müssen wir eben unterwegs welche Sammeln oder sie von fahrenden Händlern kaufen“ „Genau. Es kostet zwar Zeit, aber ich brauche unbedingt frische Haleris. Ich habe in deinem Dorf fast alle aufgebraucht“ „Das glaube ich dir.“ Idromeel sah nochmals in den Beutel „Reintes Evanil habe ich auch keine mehr“ „Wofür brauchst du die denn?“ Mirodin sah Idromeel fragend von der Seite an „Willst du irgendwas in die Luft jagen?“ „Wie kommst du denn auf die Idee?“ Idromeel war belustigt „Ich brauche sie um Feuer zumachen wenn es zum Beispiel Regnet. Du willst doch wahrscheinlich dann auch ein wärmendes Feuer oder?“ „Ja, eigentlich schon... aber bekommst du das nicht auch ohne die Reintes Evanil hin?“ „Manchmal ja. Es ist zwar nicht so, dass ich schlecht im Feuermachen wäre, ganz im Gegenteil, aber bei nassem Holz wäre zuerst noch ein Zauber zum trocknen des Holzes vonnöten und der ist ziemlich kompliziert und umständlich. Außerdem wird das Holz bei Regen ja immer wieder nass.“ „Hmm...“ Mirodin überlegte „Aber das Holz wird ja auch nass, wenn du die Kräuter benutzt“ „Eben nicht. Reintes Evanil brennt so stark und so lang, dass alles Wasser, was in die Nähe des Feuers kommt, sofort verdampft. Fast so, als wäre es das reine Erdfeuer“ „Ist das aber nicht sehr gefährlich? Das Erdfeuer kann man ja auch nicht mehr löschen“ „Man sollte halt nicht zu nah rangehen, sonst wird einem das Wasser entzogen, aber die Hitze hält einen sowieso auf Abstand. Außerdem sagte ich, dass es fast wie Erdfeuer ist. Reintes Evanil kann man sehr wohl löschen. Zwar nicht mit Wasser, allerdings aber mit Magie. Noch dazu hört es nach einem halben Jahr auch alleine auf zu brennen.“ „Es brennt ein halbes Jahr?! Was passiert, wenn normale Menschen es aus versehen anzünden?“ „Das kann gar nicht passieren. Reintes Evanil lässt sich nämlich nur durch Magie anzünden. Für normale Menschen ist es nutzlos“

Shin hatte die gesamte Zeit nur zugerhört. Jetzt meldete sich wieder Rana zu Wort:

Shin, Idromeel, ihr müsst aufpassen. Die Gasthäuser werden gleich von den Soldaten kontrolliert. Versteckt alles, was euch als Magier verraten könnte. Benutzt aber dafür keine Magie. Atwern, der Magier dieser Stadt könnte es spüren.
 

Sofort sprang Shin auf und Idromeel unterbrach seine Diskussion über Reintes Evanil mit Mirodin, um schnell alles zu verstecken. „Was ist denn mit euch auf einmal los?“ Mirodin sah verwirrt auf die beiden, die wie wild durchs Zimmer liefen und Sachen versteckten „Seid ihr verrückt geworden?“ „Nein, sind wir nicht“, antwortete Shin ihm „gleich kommen Soldaten, die das Gasthaus kontrollieren“ „Woher wisst ihr das denn jetzt?“ Mirodin verstand gar nichts mehr „Es wurde uns doch gesagt, hast du nichts gehört?“ Idromeel blieb stehen und sah Mirodin an „Äh nein? Hätte ich etwas hören sollen?“ „Klar konntest du nichts hören!“ Shin schlug sich gegen die Stirn, als ihm das klar wurde „Du bist doch kein Tier! Du kannst Rana ja gar nicht hören“ „Stimmt“ Idromeel begann zu lachen „Ich habe das ganz vergessen“ „Dann hat also Rana euch bescheid gesagt?“ „Ja“ Shin legte sein Magierbuch unter seine Kräuter in seiner Tasche „anscheinend machen sie das hier jeden Abend“ „Man muss das nervig sein“, murmelte Mirodin vor sich hin während auch er anfing, seine Sachen zu verstecken.

Kurz darauf konnte man von draußen die Stimmen der Soldaten hören, die sich mit dem Gastwirt unterhielten: „Ja, hier sind die Fremden unter gekommen. Einer von ihnen war auf dem Markt, die anderen blieben auf ihrem Zimmer“ „Haben sie sich irgendwie auffällig verhalten?“ „nicht wirklich... warte, doch: Der, der auf dem Markt war, kam ganz aufgeregt zurück. Ich glaube, er hat etwas interessantes auf dem Markt gehört, aber das passiert öfters“ „Vielen Dank. Wir werden uns mal kurz mit den Fremden unterhalten“ Die Soldaten kamen die Treppe hoch und öffneten die Tür zu ihrem Zimmer. Shin, Idromeel und Mirodin saßen auf ihren Betten und sahen hoch, als die Soldaten hereinkamen.

„Was wollen sie hier?“, fragte Shin, obwohl er die Antwort schon wusste. „Wir wollen uns ein wenig mit ihnen unterhalten. Warum sind sie heute nach Terê-Sale gekommen?“ „Wir sind Wanderer und wollten auf dem Markt unsere Vorräte aufstocken und die Nacht in einem Gasthof übernachten“, antwortete Shin. „Wann wollen sie die Stadt wieder verlassen?“ „Gleich Morgenfrüh, wenn die Stadttore wieder geöffnet werden. Wir haben noch einen weiten Weg vor uns“, antwortete diesmal Idromeel. „uns wurde berichtet, dass einer von euch auf dem Markt war und mit Neuigkeiten zurück kam. Was waren das für Neuigkeiten?“ Bevor Shin oder Idromeel antworten konnten, antwortete Mirodin den Soldaten: „ Auf der Straße zwischen Terê-Sale und Banglad wurden mehrere Reisegruppen von Räubern überfallen. Da wir vorhaben nach Banglad zu reisen, war diese Information sehr wichtig für uns“ „In Ordnung Wir sehen uns dann morgen früh an den Stadttoren“ die Soldaten drehten sich um und verließen den Gasthof wieder. Shin und Idromeel sahen Mirodin erstaunt an. „Woher wusstest du das mit den Räubern? Anscheinend hat es ja gestimmt“, fragte Idromeel stirnrunzelnd. „Das war eigentlich ganz einfach“, lächelte Mirodin „als der Soldat uns nach der Neuigkeit gefragt hat, sind ihm einige durch den Kopf geschossen. Da habe ich mir einfach eine ausgesucht“ „Du hast doch gesagt, dass keine Wörter hörst, sondern nur etwas ähnliches wie Gefühle wahrnimmst“, meinte Shin „Das ist normalerweise auch so, aber bei den Soldaten war es anders... fast so, als hätten sie alle Barrieren, die ihre Gedanken schützen verloren.“ Mirodin stockte kurz „Ich musste noch nicht mal Magie ein setzten. Die Gedanken sind mir einfach so zugeflogen. Das war sonst noch nie!“ „Glaubst du, dass Atwern was damit zu tun hat?“ Idromeel sah zu Shin „Wer ist bitteschön Atwern?“, warf Mirodin dazwischen. „Atwern ist der Magier von Terê-Sale und ja, ich glaube, dass er etwas damit zu tun hat. Wahrscheinlich hat er ihnen ihre Barrieren genommen, um leichter an Informationen über Fremde zu gelangen.“, antwortete Schin beiden „Aber wir sollten uns keine allzu großen Gedanken darüber machen. Am Besten schlafen wir jetzt und verschwinden Morgenfrüh aus dieser Stadt.“

Vollmond

(Mein erster Kommentar vorweg^^

Ich habe leider keine Ahnung, wie man hier kursiv schreiben kann, sonst würde ich Ranas Gedankenstimme und die der anderen so machen. Jetzt markiere ich die ja mit // und \\, aber ich finde das sieht blöd aus...

Wenn jemand von euch weiß wie kursiv schreiben geht, sagt mir bitte bescheid und ich änder das nocht so, danke.

Jetzt viel Spaß mit meinem Geschreibsel^^)
 

(Beachtet meinen Kommentar oben einfach nicht, ich weiß jetzt wie es geht)
 

Vollmond
 

Langsam begann die Sonne zu steigen und die grauen Mauern der Häuser wurden in orangefarbendes Licht getaucht. Die ersten Vögel begannen zu zwitschern und die Tore Terê-Sales wurden langsam geöffnet. Shin Idromeel und Mirodin waren schon etwas länger wach, da keiner von ihnen richtig schlafen konnte. Zu neu waren die Informationen des Vortags und zu groß die Angst entdeckt zu werden.

Shin sah seufzend in seinen Beutel. „Allzu viel konnten wir ja nicht auffüllen“ Er ging zur Tür „aber ich hoffe, wir haben im nächsten Dorf mehr Glück“ „Das hoffe ich auch“ Idromeel hatte auch seine Sachen fertig gepackt und war zum Gehen bereit „Sonst können wir es nämlich vergessen, rechtzeitig die Akademie zu erreichen“ „Ja, genau!“ Mirodin hüpfte auf seinem Bett rauf und runter „Und wir wollen ja nicht zu spät kommen“ Er sprang runter und quetschte sich an Shin vorbei zur Tür hinaus. „Um das zu spät kommen mache ich mir keine Sorgen.“, murmelte Shin leise vor sich hin „Eher über das, was mit uns in nächster Zeit passiert“
 

Die Straßen waren noch menschenleer und die drei kamen schnell voran. Sie konnten schon die Tore sehen, als Mirodin plötzlich stehen blieb, als er ein diffuses Gefühl auffing. Er erkannte Hunger, Angst und Gier, konnte aber keinen entdecken, der so gefühlt haben könnte.

Shin und Idromeel waren ihm schon etwas voraus und er beeilte sich, um sie einzuholen. „Hey, ihr beiden! Könnt ihr nicht etwas langsamer gehen? Ich habe leider nicht so schnelle Beine“ Shin drehte sich zu ihm um: „Wir laufen langsam genug, du hättest halt nicht so trödeln sollen“

In dem Moment rannte ein Mann an ihm vorbei und entriss Shin seine Tasche. Mirodin erkannte die Gedankenstimme des Mannes und aus Reflex schleuderte er ihm die Illusion einer Mauer entgegen. Verwirrt blieb der Taschendieb stehen und ließ die Tasche fallen. Shin hob sie auf und zog Mirodin, der sich noch über seine eigene Tat wunderte, am Arm hinter sich her. „Spinnst du eigentlich?! Rana hat uns doch davor gewarnt Magie einzusetzen!“ „Und deine Energie war deutlich zu spüren“, stimmte Idromeel Shin zu. „Jetzt weiß Atwern ganz bestimmt über uns bescheid“ „Tut mir leid“ Mirodin sah Shin und Idromeel kleinlaut an „Es war ja keine Absicht. Aber als ich ihn sah habe ich einfach automatisch...“ „Ist ja schon gut“ Shin ließ Mirodins Arm los. „Du musst es uns jetzt nicht erklären, das kannst du dir für später aufheben. Jetzt müssen wir erst mal so schnell wie möglich aus dieser Stadt raus“

Die drei rannten weiter, bis Rana sie plötzlich kontaktierte:

Shin, Idromeel! Ihr dürft nicht durch das Stadttor. Atwern hat dort seine Soldaten positioniert, damit sie euch abfangen. Und eure Magie nützt euch gegen sie absolut nichts, da alle seine Soldaten von ihm magisch geschützt werden.

Aber wo sollen wir denn sonst aus der Stadt raus?

keine Angst, ich kenne einen Weg, den Atwern nicht kennt. Ich werde euch hinführen.

„War das gerade Rana?“, fragte Mirodin nach ihrer Warnung „Ich glaube, ich habe sie eben nämlich auch gehört“ „Hä?“ Idromeel und Shin sahen Mirodin synchron verdutzt an „Du bist doch ein Mensch, wie kannst du sie dann hören?“ „Keine Ahnung, woher soll ich das denn wissen? Ich weiß nur, dass da eben eine leise Stimme war.“ „Hmm...“ Shin überlegte „vielleicht ist es wegen deinen Kräften, ich meine, du bist ein Illusionsmagier und kannst Gedanken fühlen.“ „Ja, genau!“, stimmte Idromeel seinem Freund zu „ du musst Ranas Gedanken gelesen haben.“ „Ich kann keine Gedanken lesen!“ fuhr Mirodin ihn an „Ich spüre höchstens Gefühle, Musik oder Gerüche, aber keine Gedanken!“ „Tut mir leid,“, entschuldigte sich Idromeel „Es hat sich nur in meinem Kopf so festgefahren, dass Illusionsmagier Gedanken lesen können.“ „Dann versuch es wieder zu vergessen. Selbst mein Großvater konnte Gedanken höchstens hören.", stellte mirodin richtig "Lesen kann sie keiner“ „Um wieder darauf zurück zu kommen, wie du Rana hören konntest,“ , mischte Shin sich wieder ein „Ich vermute mal, dass du einfach Ranas Gedanken aufgefangen hast, als sie mit uns geredet hat.“ „Wie denn das?“, fragte Mirodin unsicher „Sie ist doch ein Tiermedium und keine Illusionsmagierin und mein Großvater hat mir beigebracht, dass nur Illusionsmagier sich telepatisch unterhalten können.“ „Da hatte dein Großvater auch völlig recht“, antwortete Idromeel der begriffen hatte, worauf Shin hinaus wollte „aber ein Tiermedium unterhält sich doch auch auf eine gewisse Weise telepatisch mit Tieren“

Würdet ihr mal bitte aufhören zu quatschen und wieder loslaufen?

Tönte Ranas Stimme in ihren Köpfen

Atwerns Soldaten sind euch auf den Versen uns haben euch fast eingeholt!

Die drei Magier sahen sich erschrocken an und liefen wieder los. Mirodin lauschte in seinen Kopf herein und bemerkte, dass Rana wirklich recht hatte. Atwerns Männer waren siegessicher und den Bildern nach, die ab und an in seinem Kopf auftauchten, schon ziemlich nah an ihnen dran

Ihr müsst jetzt nach links abbiegen und dann in die schmale Gasse zwischen den beiden großen Häusern.

Die drei folgten Ranas Anweisungen und landeten in einem Labyrinth aus Gassen, kleinen Straßen und Kellern in dem sie sich hoffnungslos verirrt hätten, wenn Rana sie nicht führen würde.
 

Jetzt öffnet die Tür von dem kleinen, heruntergekommenen Haus und geht dort die Treppe runter und in den Gang hinter der roten Tür. Der Tunnel führt aus der Stadt heraus in ein kleines Wäldchen. Ihr müsst euch dort verstecken bis ich zu euch komme.

Warum hilfst du uns eigentlich?

Idromeel sich die Frage nicht verkneifen während sie geduckt durch den dunklen Gang liefen

Ich meine du kennst uns doch nicht mal und ich glaube Atwern wird herausfinden, dass du uns geholfen hast. Und wenn nicht, dass wird er sowieso dir die Schuld für unser Entkommen geben.

Rana kicherte

Das ist mir egal. Ich wollte Atwern schon immer eins auswischen seitdem er meinen Vater umgebracht hat weil er ein Magier war. Außerdem wollte ich schon lange aus dieser Stadt raus, aber da ich stumm bin hat mich niemand mitgenommen und alleine war es für mich zu gefährlich.

Im Klartext heißt das also: du hilfst uns und im Gegenzug dafür sollen wir dich mit uns mitnehmen, oder?

Du sagst es. Und? Nehmt ihr mich mit?

Shin, Idromeel und Mirodin sahen sich an. Schließlich nickte Shin, bis ihm einfiel, dass Rana ihn ja garnicht sehen konnte.

In Ordnung, wir nehmen dich mit, aber du musst dich beeilen, weil wir möglichst schnell möglichst weit von dieser Stadt entfernt sein möchten.

Das ist verständlich. Geht jetzt nach rechts und dann schiebt den Stein zur Seite und schon seit ihr draußen.

Danke Rana. Ohne dich hätten wir es nie geschafft.
 

Genau wie Rana es ihnen gesagt hatte, endete der Tunnel in einem kleinen Wäldchen in der Nähe der Stadt. Die drei Magier konnten aus der Entfernung sehen, wie die Soldaten Atwerns hektisch nach ihnen suchten. „Oh Man!“, entfuhr es Idromeel „Das wir da rausgekommen sind grenzt an ein Wunder“ „Da hast du vollkommen recht“, stimmte ihm Shin zu. „Ja, ja alles schön und gut“, platzte Mirodin heraus „aber jetzt erklärt mir mal, warum ich Rana auch hören kann!“

Das möchte ich auch gerne wissen

Mirodin, Idromeel und Shin fuhren herum. Hinter ihnen stand ein etwa sechzehn Jahre altes Mädchen mit, zu einem Zopf geflochtenen, langen schwarzen Haaren und einem rot-braunen Kleid, welches von einem weißen Gürtel zusammengehalten wurde.

„Rana?“, fragte Shin unsicher und das Mädchen nickte.

Ja, ich bin Rana und genau wie Mirodin möchte ich gerne wissen, warum er mich hören kann und ich ihn auch.

„Nun ja,“, begann Shin „Du redest mit mir und Idromeel durch Telepathie, also durch Gedanken-Übermittlung. Das kannst du aber nur, weil wir den Geist eines Wolfes besitzen.“ „Da wir aber trotz allem Menschen sind, werden unsere und deine Gedanken in der menschlichen Sprache übermittelt“, fuhr Idromeel fort. „Genau“, machte Shin wieder weiter „und du Mirodin, fängst ihre Gedanken auf, weil Rana sie gezielt an uns sendet und du in unserer Nähe bist.“ „Soll das heißen ich kann Rana nur hören wenn ihr in der Nähe seit und sie auch hört?“ Mirodin verzog das Gesicht „das ist ja blöd, dann kann sie mir ja nichts persönlich sagen“

Das erklärt aber immer noch nicht, wie ich Mirodins Gedanken hören kann

„Ja, stimmt! Habt ihr dafür auch einen Grund?“ Der Junge sah seine beiden Freunde an. Shin schüttelte den Kopf. „Ich habe leider noch nicht mal eine Vermutung warum das so sein könnte.“ „Schade... aber eigentlich ist das ja auch egal. Rana kann mich hören und damit Schluss. Wir kommen bestimmt noch später auf eine Idee.“

Mirodin hat recht. Aber jetzt sollten wir weiter. Bald wird Atwern bemerkt haben, dass ihr nicht mehr in Terê-Sale seit und die Umgebung absuchen lassen. Am besten folgt ihr mir, denn ich kenne mich hier ziemlich gut aus.

Rana ging los und verschwand im Schatten der Bäume. Schnell gingen Shin, Idromeel und Mirodin ihr hinterher, um sie nicht aus den Augen zu verlieren.
 

Plötzlich blieb Rana stehen und drehte sich zu ihnen um

In welche Richtung wollt ihr eigentlich?

Mirodin fing an zu Lachen „Das ist ja gut! Gehst einfach los ohne zu wissen wohin.“

Tut mir leid.

Man konnte hören, dass es ihr ein wenig peinlich war.

Ich habe vor Eile vergessen euch zu fragen...

„Ist ja nicht so schlimm. Wir sind ja noch nicht so weit gegangen“ Shin versuchte sein Lachen zu unterdrücken „Stell dir mal vor, es wär dir erst in einer Stunde eingefallen. Außerdem bist du eh in die richtige Richtung gegangen. Wir müssen nämlich nach Banglad“ „Hä? Wieso Banglad?“ Idromeel zog die Augenbrauen hoch „Ich dachte wir müssen zur Akademie?“ „Du hast da zwar Recht, aber wir müssen unsere Vorräte aufstocken und Banglad ist die größte Handelstadt in Azad-Kaan und ich weiß genau, dass wir dort alles finden werden, was wir brauchen. Außerdem liegt es auf dem Weg“ „Dann ist ja alles klar“, meinte Mirodin gut gelaunt „Auf nach Banglad“
 

Die Sonne begann langsam hinter dem Horizont unterzugehen als Mirodin plötzlich stehen blieb. „Hey ihr drei! Können wir nicht mal eine Pause machen? Ich fühl mich, als müsste ich jeden Moment umfallen“

Gute Idee, meine Beine fühlen sich auch schon völlig taub an.

Rana blieb ebenfalls stehen und setzte sich auf einen Stein am Wegrand. „Wenn ihr meint, dass wir weit genug von Terê-Sale entfernt sind, meinetwegen“ Idromeel sah zu Shin der sich nun ebenfalls hinsetzte. „Ich hätte zwar noch weiterlaufen können, aber ich sehe ein, dass Mirodin und Rana solche Strecken nicht gewöhnt sind.“ „Genau“ Shin kramte in seiner Tasche „Außerdem haben wir seit dem Morgen nichts mehr gegessen.“ Er beförderte einen halben Laib Brot und eine Wasserflasche aus seiner Tasche, die er den anderen hinhielt. „Bedient euch“ Mirodin ließ sich das nicht zweimal sagen und schnappte ihm das Brot aus der Hand und begann gierig zu essen. Rana nahm die Flasche etwas zierlicher entgegen.

Ist es denn in Ordnung, wenn ich euch eure Vorräte wegesse?

Shin winkte ab. „Du gehörst doch jetzt zu unserer Gruppe. Da ist es doch völlig normal, dass wir unser Essen miteinander teilen“

Na ja, ich bin es nicht gewohnt, dass man mir etwas umsonst gibt. In Terê-Sale musste ich immer für alles bezahlen oder arbeiten.

„Wirklich? Gab es niemanden, der dir mal was umsonst gegeben hat?“ Idromeel sah Rana ungläubig an „In meinem Dorf hat man Leuten die nichts hatten immer etwas umsonst gegeben. Es war zwar nie von bester Qualität, aber immerhin etwas zu essen.“ „Mein Großvater hat auch immer Leuten die nichts hatten was gegeben, wenn sie ihn darum gebeten hatten“, sagte Mirodin mit vollem Mund „Er sagte immer: Egal wie schlecht es dir geht, es gibt immer einen, dem es schlechter geht als dir und du musst versuchen ihm zu helfen, damit Leute, denen es besser geht als dir, dir auch helfen.“ „Dein Großvater war ein kluger Mann“ Shin lachte und zerteilte ein Stück Trockenfleisch in vier Stücke und hielt sie seinen Freunden hin.

Danke, ihr seid alle so nett zu mir. Ich weiß gar nicht, wie ich mich bedanken soll.

„Du brauchst dich nicht zu bedanken“ Idromeel nahm sich ein stück Fleisch und biss hinein „Du hast uns aus Terê-Sale herausgelotst. Dafür müssen wir uns bedanken.“

Rana lächelte und nahm sich jetzt auch ein Stück Fleisch.
 

Als sie mit dem Essen fertig waren, war die Sonne ganz verschwunden und die Nacht legte sich über den Wald. Mirodin begann zu Gähnen. „Man, bin ich müde. Ich bewege mich heute keinen Meter weiter. Können wir unser Lager bitte hier aufschlagen?“ Idromeel besah sich die Gegend „Ich weiß nicht, ab es wirklich ein guter Platz ist.“ „Warum denn nicht? Wir haben hier doch auch gegessen.“ „Ich weiß, aber da war es ja auch noch nicht dunkel.“ „Genau,“ ,stimmte Shin seinem Freund zu „Wenn es dunkel ist kommen die ganzen nachtaktiven Tiere raus und einige von ihnen können uns gefährlich werden.“ „aber wir sind doch Magier, da können diese Tiere uns doch egal sein“ „Das stimmt leider nicht ganz. Es gibt einige Tiere, die gegen deine Illusionsmagie immun sind oder auch gegen Kampfmagie“, erklärte Shin Mirodin. „darum sollte man möglichst nicht in einem Wald übernachten.“

Seid mal still, ich versuche zu hören, ob solche Tiere in unserer Nähe sind.

Rana hatte die Augen geschlossen und verharrte bewegungslos. Ein bis zwei Minuten verstrichen, bis sie ihre Augen wieder öffnete.

Seltsam... es sind zwar einige Tiere in der Nähe, aber sie flüchten vor uns. Gerade so als ob sie eine große Gefahr wittern würden und Angst hätten...

Die vier sahen sich ratlos gegenseitig an. „Was könnte sie an uns nur so erschreckt haben?“, fragte Mirodin grübelnd. „Das frage ich mich auch“ Shin dachte angestrengt nach „Wir sind zwar Magier, aber dass können Tiere doch nicht wittern.“

Genau! Sie könnten nur riechen, dass wir Menschen sind, aber das wäre für sie kein Grund um zu flüchten. Das würden sie nur bei... oh nein!

„Was ist Rana? Ist dir eine Idee gekommen?“ plötzlich dämmerte es Idromeel. „Bitte nicht!“ Er zog sein Amulett unter seinem Hemd hervor und sah drauf. Shin starrte ihn an, zog dann hastig sein eigenes raus und erstarrte.

„Was ist denn mit euch los?“ Mirodin sah seine Freunde an, die beide völlig bleich geworden waren „Geht es euch nicht mehr gut?“ „Mirodin!“ Mühsam brachte Shin die Wörter heraus „Du und Rana müsst verschwinden! Versteckt euch, schnell!“ „Hä? Warum denn das auf einmal?“ „Frag nicht so blöd“, fuhr Idromeel ihn an „Mach dass du weg kommst, hau ab!“ „Ihr beiden spinnt doch! Könnt ihr mir denn nicht wenigstens sagen was los ist?“ „dafür... ist ... jetzt ... keine ... Zeit!“, keuchte Shin mit schmerzverzerrtem Gesicht, als ihn eine Hitzewelle überkam. „Bitte... bring dich in Sicherheit!“ Auch Idromeel krümmte sich vor Schmerzen. Mirodin sah verwirrt von dem einen zum anderen, bis Rana ihn an der Hand nahm und ihn mit sich fortriss.

Komm Mirodin, das ist wirklich ernst. Shin und Idromeel sind bald nicht mehr sie selbst!

„Wie meinst du das?“ Mirodin versuchte mit Rana Schritt zu halten, doch er stolperte im Dunkeln immer wieder über Steine und Wurzeln.

Die Beiden sind verflucht, das müsstest du doch eigentlich wissen.

Hinter ihnen ertönte ein fürchterliches Knacken, gefolgt von einem Schauerlichen Schmerzensschrei. „w...was war... das?“ Mirodin zitterte ängstlich.

Das war entweder Shin oder Idromeel. Wir müssen uns beeilen. Jetzt sind wir richtig in Gefahr!

„Warum? W...was ist d...denn passiert?“ Mirodin sah hinter sich, konnte aber im Dunkel des Waldes nichts erkennen.

Sie haben sich in Wölfe verwandelt, die sie aber nicht kontrollieren können.

„W...warum passiert das mit ihnen?“

Sie wurden beide von verfluchten Wölfen gebissen, deren Geist dadurch von ihnen Besitz ergriffen hat. Hör aber bitte jetzt auf mich auszufragen und versuch schneller zu laufen.

„Ich... kann nicht, ich bin zu müde“

Versuch gegen die Müdigkeit anzukämpfen Mirodin! Wir müssen aus diesem Wald rauskommen!

„Ich versuche es ja Rana, ich versuche es ja“ Mirodin zwang seine Beine sich schneller zu bewegen, übersah dadurch aber eine Wurzel die aus dem Boden ragte. Sein rechter Fuß blieb in ihr hängen und Mirodin schlug der Länge nach auf den Boden. Einen kurzen Moment blieb er betäubt auf dem Boden liegen, versuchte aber dann sich aufzurappeln. „Au!“ ein stechender Schmerz durchfuhr sein Bein, als er es belastete. „Mist“ Mirodin ließ sich wieder auf den Boden sinken. „Rana, Hilf mir! Ich bin hingefallen und kann nicht mehr aufstehen“ Er wartete, doch er hörte keine Antwort. Um ihn herum waren nur die nächtlichen Geräusche des Waldes. „Rana? Wo bist du? Hilf mir!“ Schaudernd wurde ihm bewusst, dass er alleine war „RANA!!!“
 

Rana rannte durch den Wald, Zweige schlugen ihr ins Gesicht und Dornen zerkratzten ihre Arme und Beine, doch sie konnte den Rand des Waldes schon sehen.

Halte durch, Mirodin. Wir haben es bald geschafft. Es ist nur noch ein kleines Stück

Als sie keine Antwort erhielt, blieb sie stehen und drehte sich um.

Mirodin? Wo bist du?

Sie schloss ihre Augen und lauschte in den Wald hinein. Sie versuchte das Gewisper der Tiere auszublenden und konzentrierte sich auf den Klang von Mirodins Stimme. Als sie seinen entfernten Schrei hörte, fuhr sie zusammen.

Bitte nicht!
 

Die Dunkelheit machte ihnen nichts aus. Durch das Licht des Mondes, welches vereinzelt durch das dichte Blätterdach fiel, konnten sie ihre Umgebung genauso gut sehen, als wäre es Tag. Aufgeregt stießen sie sich mit ihren Köpfen gegenseitig an. Der Wald war voller interessanter Gerüche, so dass sie nicht wussten wohin sie gehen sollten. Sie wollten jagen und es gab viel lebendiges, was man jagen konnte.

Plötzlich stieg ihnen ein Geruch in die Nase, ein bekannter Geruch. Die Fährte führte tiefer in den Wald und sie folgten ihr. Das Jagdfieber schüttelte sie, je näher sie ihrer Beute kamen. Alle anderen Gerüche wurden nebensächlich. Niemand konnte ihnen entkommen!

Mirodin versuchte sich an einem Baum hoch zuziehen. Sein Bein schmerzte, so dass ihm die Tränen übers Gesicht liefen, aber er biss die Zähne zusammen und bemühte sich weiter. Mit einem Ast als Stütze humpelte er ein paar Schritte, doch seine Kräfte verließen ihn. Verzweifelt rief er nochmals nach Rana.

Rana hörte seinen Schrei und steigerte ihr Tempo. Sie wusste, dass Shin und Idromeel ebenfalls auf dem Weg zu Mirodin waren. Sie konnte ihre Jagdlust spüren. Gedankenfetzen stürzten auf sie ein, aber sie versuchte sie zu ignorieren.
 

Die beiden Wölfe rannten durchs Unterholz. Der kleinere von ihnen kam besser voran. Er wusste, dass seine Beute nicht mehr weit entfernt von ihm war. Er durchbrach ein Gebüsch und stürzte sich auf den zitternden Jungen.
 

Mirodin stieß einen schrillen Schrei aus, als der Wolf mit gefletschten Zähnen und einem wahnsinnigen Blick in den Augen auf ihn zu sprang. Aus Reflex hob er den Ast in seiner Hand und versuchte sich zu schützen, doch es half nichts. Der Wolf zerbiss den Ast gerade so, als wäre es ein dünner Zweig. Mirodin verlor das Gleichgewicht und stürzte. Sofort war der Wolf über ihn.
 

Rana rannte. Sie hörte Mirodins Schreie und das wahnsinnige Gekläffe des Wolfes. Sie war zu spät, sie hatte Mirodin nicht helfen können! Trotzdem rannte sie weiter

Als sie endlich am Ort des Geschehens ankam, brach sie zusammen. Vor ihr bot sich ein schreckliches Bild. Mirodin lag regungslos auf dem blutdurchtränkten Boden. Die Knochen seines Beines waren zersplittert und ragten aus dem Fleisch. Sein Brustkorb war aufgerissen und der Wolf war drauf und dran ihm die Kehle zu zerbeißen, als ein zweiter Wolf das Dickicht durchbrach und ebenfalls auf Mirodin stürzte. Doch der erste Wolf ließ von dem Jungen ab und ging auf seinen Artgenossen los, wohl, wie Rana vermutete, um seine Beute zu verteidigen.

Dies alles geschah innerhalb von Sekunden und als sich Ranas Starre löste, stieß sie einen stummen Schrei aus, der, wenn sie eine Stimme gehabt hätte, einem sicherlich das Trommelfell zerrissen hätte. So aber, brachte sie keinen einzigen Ton heraus. Trotzdem schienen die Wölfe sie gehört zu haben, denn sie hörten Augenblicklich auf zu Kämpfen, kniffen den Schweif ein und begannen zu winseln.

Verwirrt aber gleichfalls erleichtert rappelte sich Rana auf und rannte zu Mirodin. Erleichtert stellte sie fest, dass der Junge zwar noch lebte, dem Tod aber ziemlich nahe war. Panisch dachte sie nach: Mirodin lag im Sterben, aber sie konnte ihm nicht helfen, da sie keine Heilmagie einsetzten konnte. Der einzige, der ihm hätte helfen können war zur Zeit ein Wolf und hatte ihn möglicherweise so zugerichtet. Die Nacht war noch jung, was bedeutete, dass Shin und Idromeel noch einige Zeit Wölfe bleiben müssten. Allerdings glaubte sie kaum, dass Mirodin noch leben würde, wenn der Tag angebrochen war. Shin musste sich jetzt zurückverwandeln!

Shin, hörst du mich?

Die Wölfe hörten auf zu winseln und sahen sie an. Noch war die Telepatische Verbindung nicht aufgebaut, aber der Wolfsgeist schien schwächer zu werden.

Bitte Shin, du musst gegen den Wolf in dir ankämpfen! Mirodin braucht dich!

Der Blutverschmierte Wolf schüttelte sich und schwang heftig mit dem Kopf hin und her. Der andere Wolf sah ihn dabei verwirrt von der Seite an.

Komm schon Shin. Ich weiß, dass du es schaffen kannst.

Rana, bist du das?

Shin!

Vor Erleichterung stiegen Rana die Tränen in die Augen.

Ich bin so froh, dass du zu dir gekommen bist! Du musst unbedingt Mirodin helfen!

Was ist denn passiert?

Der Wolf drehte seinen Kopf und sah Mirodin an.

W...war ich... das?

Seine Stimme klang entsetzt und er trottete langsam auf den Jungen zu

Ja, du warst das, aber das ist jetzt egal, du musst ihm helfen!

Ich versuche es, aber ich weiß nicht, ob ich als Wolf meine Kräfte im Griff habe...

Egal! Hilf ihm!
 

Bis zum Morgen arbeitete Shin mit seiner Magie. Rana saß still hinter ihm, einen Arm um den schlafenden Idromeel gelegt, und kraulte ihm das Fell. Erschöpft legte Shin sich auf die Seite.

Es geht ihm wieder gut, aber er wird noch ungefähr einen halben Tag schlafen. Und ich muss jetzt auch...

Er dachte nicht mehr weiter sondern schlief auf der Stelle ein. Rana seufzte erleichtert auf und wollte auch dem Schlaf nachgeben, als die Sonne durch die Bäume brach.

Entscheidung

Hi ^^

ich wollte eigentlich nur Bescheid sagen, dass ich gerade ein kleines Krea-Tief habe und deswegen nicht mit der Geschichte weiterkomme -.-'

Aber keine Sorge, ich mache auf jeden Fall weiter, es dauert nur ein Weilchen...
 


 

Entscheidung
 

Die Rückverwandlung von Shin und Idromeel war ein Anblick, den Rana wohl nie wieder in ihrem Leben vergessen würde. Zu sehen, wie sich das Fell in den Körper zurückzog, die Knochen brachen und sich umformten, hätte vielen den Verstand gekostet, doch Rana war viel zu erschöpft um sich dessen bewusst zu werden. Seufzend schlief sie neben den drei anderen auf dem Waldboden ein.

Atwern schäumte vor Wut. Die drei Magier, die sich ohne sein Wissen in Terê-Sale eingeschlichen hatten, waren verschwunden und mit ihnen Rana, die stumme Verräterin. Der Soldat aus dessen Gedanken der alte Magier diese Information erhalten hatte, sank tot zu Boden. Die restlichen fünf wichen erschrocken zurück und versuchten so viel Abstand wie nur möglich zwischen sich und ihren Herrscher zu bringen, doch erfolglos. Mit nur einem Blick löschte Atwern auch ihr Leben aus.

„Räumt diese nutzlosen Trottel hier weg“, orderte Atwern ungeduldig zwei seiner Dienern an „und lasst die übrigen Soldaten die gesamte Umgebung absuchen. Wenn es sein muss Tagelang, bis ihr sie gefunden habt!“

Auf einem großen, mit dunkelgrünem Moos überdeckten Stein saß Shin regungslos und dachte nach. Sein und Idromeels Bündel neben ihm auf der Erde. Gedankenversunken schweifte sein Blick über seine schlafenden Kameraden hinweg. Er seufzte. Egal wie er es auch drehte und wendete, er hatte Rana in große Gefahr gebracht und Mirodin sogar fast getötet. Und das schlimmste war, dass er dabei sogar noch Freude daran gehabt hatte. Schaudernd erinnerte sich Shin an das Gefühl, von dem er als Wolf völlig ausgefüllt gewesen war. Der Geruch der Angst seiner Beute hatte ihn alles vergessen lassen, was er als Mensch gewusst und gefühlt hatte.

Die Erinnerung daran wie es war, als er Mirodin fand und sein Blut kostete, lösten nun in ihm einen Brechreiz aus. Würgend übergab er sich.

„Ist mit dir alles in Ordnung?“ Idromeel war aufgewacht und stand nun hinter ihm. „Klar, alles bestens.“ Shin wischte sich mit der Hand über den Mund, richtete sich wieder auf und versuchte seinen Freund anzulächeln, was ihm allerdings kläglich misslang „Mir geht es glänzend“ „Red keinen Unsinn! Dir geht es scheußlich und du fühlst dich miserabel!“ ,fuhr Idromeel ihn aufgebracht an „du musst gar nicht versuchen mir das zu verheimlichen! Ich weiß schließlich wie das ist, wenn man als Wolf die Kontrolle verliert und...“ Idromeel brach ab und sah zur Seite. Betroffen sah Shin ihn an. Genau, fuhr es ihm durch den Kopf, Idromeel hat ja als Wolf seinen eigenen Vater getötet.

Eine Weile standen sie schweigend beieinander und betrachteten Rana und Mirodin, bis Shin das Schweigen brach: „Ich habe lange nachgedacht und bin zu einem Schluss gekommen, der mir nicht leicht fällt, aber es ist die einzige Möglichkeit um die beiden zu beschützen“ Idromeel nickte zustimmend „Ich glaube ich weiß was du machen willst und ehrlich gesagt, ich bin dafür. Wir sind einfach zu gefährlich.“

Als Rana erwachte, war es bereits später Nachmittag. Mirodin lief unruhig auf der Lichtung hin und her, von den anderen war nichts zu sehn. Verwirrt setzte Rana sich auf.

Wo sind Shin und Idromeel?

Der Junge blieb für einen Moment stehen und sah sie an. „Weg“, brachte er tonlos hervor. Mit einem Schlag war Rana hellwach.

Wie, weg?

Mirodin hielt ihr einen Zettel hin. Ungeduldig entriss sie ihm ihn und entzifferte die Nachricht, die Shin und Idromeel in einer verschnörkelten Schrift hinterlassen hatten.

An Rana und Mirodin

Durch unsere Schuld seid ihr in große Gefahr geraten, daher haben wir beschlossen, euch zu beschützen, indem wir euch verlassen. Weiterhin mit uns zu reisen wäre zu gefährlich für euch. Wir werden unabhängig von euch zur Magierakademie gehen um ein Mittel gegen unseren Fluch zu finden. Wir hoffen, dass ihr wohlbehalten euren Weg fortsetzten könnt.

Shin & Idromeel

Fassungslos starrte Rana auf das Stück Papier in ihrer Hand. Sie konnte nicht glauben, was sie soeben gelesen hatte. Endlich, nach vielen quälenden Jahren der Einsamkeit hatte sie Menschen gefunden, die sie akzeptierten wie sie war und mit denen sie sogar reden konnte und nun hatten diese sie wieder verlassen. Tränen liefen ihr in Strömen übers Gesicht, als sie Mirodin wieder ansah.

Sie sind tatsächlich weg und dabei... dabei hatte ich mir so gewünscht...

Weinend brach sie zusammen und Mirodin kniete sich neben ihr hin, um ihr Trost zu spenden. Unbeholfen strich er Rana über den Rücken, als ihre lautlosen Schluchzer ihren Körper schüttelten.

„Habt ihr endlich die Suchtrupps zusammen?“ Ungeduldig trommelte Atwern mit seinen beringten Fingern auf der Armlehne seines Sessels herum. Seine Diener drückten sich scheu hinter ihm gegen die mit Teppichen behängte Wand und sahen auf den Hauptmann der Wache, den Atwern hatte rufen lassen. „Ja Herr. Die Hälfte der Soldaten der Stadt sind startbereit und warten nur noch auf ihren Befehl.“ Der Mann versuchte, seine Stimme fest klingen zu lassen. „Die Hälfte? Warum nicht alle?“, fragte ihn Atwern Stirnrunzelnd „Meines Wissens nach würden alle Soldaten die vier doppelt so schnell finden, wie nur die Hälfte.“ „Das stimmt zwar Herr, aber was ist dann mit der Verteidigung der Stadt?“ Unwirsch winkte der alte Magier ab „Die Stadt ist mir egal! Findet die drei Magier und die Verräterin!“ „Jawohl, Herr! Wie ihr befehlt!“ Mit hastigen Schritten verließ der Hauptmann den Raum. Atwern sah ihm missmutig nach. „Wenn diese Suche auch keinen Erfolg hat, wirst du dafür bezahlen müssen.“, murmelte er leise vor sich hin. Laut rief er. „bringt mir Wein! Ich habe durst!“ Sofort lief einer der Diener los um diesem Befehl nachzukommen.

„Glaubst du wirklich, wir haben das richtige getan?“ Unsicher sah Idromeel auf den Wald hinter sich zurück. „Hey! Vorhin hast du mir noch zugestimmt. Wir sind einfach zu gefährlich für die beiden, dass ist eine Tatsache!“ „Ich weiß, aber... einfach weg zu gehen ohne irgendwas zu sagen...?“ „Es musste sein!“ Shin versuchte sein ungutes Gefühl zu ignorieren. „hätten wir gewartet bis Rana und Mirodin aufgewacht wären, hätten die beiden uns bestimmt überredet bei ihnen zu bleiben!“ „Ja, aber einfach so...?“ „Wir haben doch einen Brief geschrieben und jetzt bitte, hör auf davon zu reden, sonst entscheide ich das noch mal anders und gehe zu den beiden zurück!“

Einige Minuten lang sagte keiner von ihnen ein Wort und die beiden Magier gingen stumm immer weiter weg von ihren Freunden. Shin kämpfte gegen den Drang wieder umzukehren und redete sich verzweifelt ein, das Richtige getan zu haben. Idromeel ging es nicht anders. Immer wieder sah er zurück. „Sie tun mir Leid“, murmelte er leise vor sich hin, als er wieder nach vorne sah. „glaubst du, dass sie den Weg zur Akademie finden können?“ „Ich denke mal schon“, antwortete Shin seinem Freund. Ich hoffe es zumindest, fügte er in Gedanken hin zu.

Abermals senkte sich Schweigen wie Blei auf die beiden Freunde.

„Könnten wir nicht...“, fing Idromeel wieder an, wurde von Shin allerdings schroff unterbrochen: „Nein, können wir nicht! Wir sind Monster, hast du das vergessen!? Ich habe Mirodin fast umgebracht und es hat mir sogar Spaß gemacht! Es war mir egal wen ich da zerfleische, ich wollte töten! Vielleicht wäre das nächste Mal Rana an der Reihe oder sonst irgendjemand, der sich unglücklicher weise in meiner Nähe befände. Glaubst du ich will das? Würdest du das wollen? Nein!“

Erschüttert sah Idromeel in das Gesicht seines Freundes „Aber du hast Mirodin nicht getötet, du hast ihn doch wieder geheilt!“ „Vielleicht,“ Shin sah zur Seite „aber das war nicht mein Verdienst. Rana hat mich davon abgehalten, ich selber war einfach zu schwach. Ich konnte den Wolf nicht beherrschen. Im Gegenteil, der Wolf hat mich beherrscht.“ Shin lachte bitter „Dabei war ich immer so stolz auf meine Kräfte. In der Akademie war ich in jedem Theoriefach der Klassenbeste und in der Praxis in meinen zwei Talentmagien auch. Im Kampf habe ich jeden besiegt, selbst die meisten Lehrer. Ich habe immer gedacht ich wäre stark und jetzt, in nur einer Nacht, merke ich, wie schwach ich in Wirklichkeit bin. Ein kleines Nichts, das von einem Wolf kontrolliert wird, das seine Freunde nicht beschützen kann.“ „Shin...“ Sanft legte Idromeel seinem Freund eine Hand auf die Schulter. „Du bist nicht schwach. Ich kenne dich jetzt schon eine ganze Weile und ich weiß, dass du stark bist, immerhin hast du den Biss und die Verwandlung überlebt und Rana sagte, dass hätte außer uns noch keiner. Außerdem hast du, als wir uns kennen lernten, mir wieder Mut gemacht, mir gezeigt, dass man auch mit diesem Fluch leben kann.” Nachdem Idromeel aufgehört hatte zu sprechen, sah Shin ihn langsam an: „Das war Früher, als ich noch nicht wusste wie es ist, mit diesem Fluch zu leben, wie es ist, Menschen zu verletzen. Ich muss den Wolf unter Kontrolle bekommen. Erst dann kann ich Mirodin wieder in die Augen sehen und mich dabei nicht wie ein Monster fühlen.“

Die Sonne schien durch das dichte Blätterdach des Waldes und warf ihr Licht auf die Gruppe Soldaten, die auf Atwerns Befehl hin die Umgebung absuchten. Die sechs Männer arbeiteten sehr gründlich, da sie alle Atwerns Zorn fürchteten, sollten sie versagen.

„Kommt mal her, ich glaube, ich habe eine Spur“ Einer der Soldaten hatte einen Stofffetzen an einem Zweig entdeckt. „sie müssen vor kurzem hier vorbei gekommen sein.“ Er hielt den Fetzten hoch, damit seine Kameraden ihn ebenfalls begutachten konnten. „Der stammt doch von Ranas Kleid.“ „Genau“, einer der anderen Soldaten nahm ihn den Fetzten ab und sah sich um „Sie muss vor irgendetwas geflohen und dabei hängen geblieben sein.“ „Wie kommst du denn darauf?“ Der Mann, der das Stück Stoff entdeckt hatte, sah den anderen fragend an. „Na ganz einfach“, erklärte ihm dieser „hier sind überall frisch abgebrochene Zweige und sie hat sich losgerissen als sie mit ihrem Kleid hängen geblieben ist, anstatt stehen zu bleiben und sich los zu machen. Das heißt Rana muss es ganz schön eilig gehabt haben.“ Die anderen Soldaten murmelten zustimmend. „Das klingt logisch, aber wovor sollte sie geflüchtet sein?“ „Vielleicht vor Atwern? Immerhin hat sie ihn hintergangen“ „Könnte sein. Oder vor diesen drei Magiern.“ „Warum hätte sie das tun sollen? Sie hat ihnen doch zur Flucht verholfen.“ „Was aber, wenn sie gezwungen worden ist ihnen zu helfen?“ „Hmm... das wäre natürlich auch eine Möglichkeit...“ Die Diskussion endete abrupt, als der Soldat der den Stofffetzen entdeckt hatte, plötzlich dazwischen ging: „Es ist doch egal warum oder wovor sie geflüchtet ist! Unser Auftrag lautet sie oder die Magier zu finden und zu Atwern zu bringen! Also sollten wir unsere Zeit nicht sinnlos vergeuden und ihren Spuren nachgehen!“

Etwa zwei Stunden gingen die Soldaten wachsam, um auch ja nichts zu übersehen, Ranas Spur nach. „Sie ist stehen geblieben und dann wieder in fast dieselbe Richtung zurück gerannt“, stellte der erste Soldat fest „da muss doch irgendwas passiert sein.“ „Das erfahren wir schon noch, wenn wir sie gefangen genommen haben“ entgegnete ihm ein anderer „los weiter, sonst entwischt sie uns noch“

„Scht, seid mal still!“ Einer der Soldaten hob warnend seine Hand und lauschte. Sofort verstummten seine Kameraden und sahen ihn erwartungsvoll an. Nun hörten auch sie das leise Geräusch und grinsten einander an. Jetzt haben wir sie! Schien jeder von ihnen zu denken. Mit wenigen Blicken verständigten sie sich und bewegten sich leise und vorsichtig auf das Geräusch zu. Der Gruppenführer schob geräuschlos die Blätter eines Busches auseinander und starrte durch die dadurch entstandene Lücke, um kurz darauf die anderen Soldaten näher zu winken. Als alle in Position warnen, hob er eine Hand und gab das Angriffssignal.

Mirodin schrak zusammen, als plötzlich die Soldaten aus den Büschen sprangen und ihn und Rana umzingelten. Aus Reflex legte er ihr seinen Arm schützend um die Schulter und starrte seine Gegner feindselig an. Fieberhaft suchte er in seinem Kopf nach einem Zauber um sich und Rana zu verteidigen, doch sein Verstand war wie leergefegt. Rana hatte aufgehört zu Weinen und hob ihren Kopf um die Soldaten anzusehen. Verwirrt sahen die Männer die beiden an. Das Gesicht des Mädchens war vom Weinen gerötet und auch der Junge sah aus, als müsste er sich die Tränen verkneifen. Erst jetzt bemerkten sie das halb getrocknete Blut an Mirodins und Ranas zerrissenen Kleidern und auf dem Boden.

„Was ist hier passiert?“, blaffte der Gruppenführer sie an, doch die beiden antworteten nicht. Rana, weil sie es sowieso nicht konnte und Mirodin nicht, weil er zu überrascht war. „Na gut“, sagte der Soldat schließlich. „wenn ihr nicht antworten wollt, wird Atwern sich eben persönlich um euere Vernehmung kümmern. Los, nehmt sie fest!“ Seine letzten Worte waren an die anderen Soldaten gerichtet, die sogleich Rana und Mirodin packten und ihnen die Arme und Hände hinter dem Rücken fesselten. „Vorwärts!“ um seine Worte zu unterstreichen, stieß der Gruppenführer Mirodin hart in den Rücken und zwang ihn so sich zu bewegen. Mirodin und Rana stolperten vorwärts und die Soldaten folgten ihnen. Nur der Gruppenführer sah noch einmal auf den blutigen Platz zurück. Was war hier bloß geschehen?
 

„Das habt ihr ja halbwegs gut gemacht“, gab Atwern zu, als der Gruppenführer und die beiden Gefangenen vor ihm standen „aber wo sind die anderen zwei?“ „Es tut mir leid“ der Gruppenführer sank auf die Knie „Wir konnten nur den Jungen und das Mädchen finden. Von den beiden anderen Magiern fehlte jede Spur“ „Komm her!“ Atwerns Befehl klang kalt und Mirodin erschauderte, doch der Soldat stand auf und trat näher an seinen Herrscher heran. Der alte Magier hob eine Hand und legte sie dem Mann auf den Kopf. Mirodin konnte fühlen, wie Atwern Magie einsetzte um die Erinnerungen des Mannes zu durchforsten. Aus Neugierde heraus, suchte auch er nach den Gedanken das Soldaten und fand sie zu seiner Überraschung frei vor sich liegen. Sofort zog er sich aus den Gedanken des Mannes zurück. Das Atwern so leicht in die Gedanken anderer Menschen eindringen konnte, erschreckte ihn zutiefst.

„Das ist ja amüsant!“ Der alte Magier lächelte boshaft „scheint ja fast so, als hätte sich mein kleines Problem von selbst erledigt“ „wie meinen sie das Herr?“ Der Soldat sah Atwern verwirrt an. „Das erfährst du später, erst einmal will ich die beiden aushorchen. Bring mir zuerst das Mädchen!“ „Jawohl!“ der Soldat salutierte und ging zu Rana, pachte sie am Arm und zerrte sie vor Atwern, der ihr ebenfalls seine Hand auf den Kopf legte. Wieder spürte Mirodin das magische Kribbeln.

Wo Sind Die beiden Magier?

Mirodin erschrak. Wieso konnte er Atwerns Gedanken hören?

Weg...die Wölfe...sie haben uns angegriffen und...

Ein Bild von einem Wolf, der einen am Boden liegenden Körper zerfleischte, blitzte in seinen Gedanken auf. Jetzt verstand Mirodin. Rana wollte das Atwern glaubte, Shin und Idromeel wären von Wölfen getötet worden; und teilte ihm ihre Gedanken mit, damit er mitspielen konnte. Mirodin unterdrückte ein Lächeln. Rana war eine einzigartige Frau. Obgleich Shin und Idromeel sie alleingelassen hatten, versuchte sie die beiden zu schützen

„Okay“ Atwern ließ Rana los und stieß sie weg. „Jetzt den Jungen“ Sofort war der Soldat bei ihm und pachte ihn an der Schulter. Mirodin wusste, dass Atwern bei ihm nicht so vorsichtig vorgehen würde, wie bei dem Soldaten und baute eine geistige Barriere auf. Er war froh, dass sein Großvater ihm so etwas schonbeigebracht hatte. So würde er Atwern nur das sehen lassen, was er wollte, was er sah. Er starrte dem alten Magier trotzig in die Augen, Atwern sah es und grinste ihn hämisch an. „Dein Trotz wird dir schon noch vergehen, wenn ich mit dir fertig bin!“ Wieder spürte er Atwerns Magie und kurz darauf einen fremden Geist in seinem Kopf. Mirodin musste all seine Kraft aufwenden, um seine wahren Gedanken vor dem alten Magier zu verbergen, aber er hielt durch. Was Rana konnte, musste er doch auch können.

Endlich zog sich Atwerns Geist aus dem seinen zurück und Mirodin atmete unwillkürlich auf. Atwern schob ihn beiseite und ging zu dem einzigen Fenster, das dieser Raum hatte. „Mein Verdacht hat sich bestätigt“ teilte er dem Soldaten mit „Die anderen beiden Magier sind tot, von Wölfen getötet“ Atwern drehte sich wieder um. „Sperr die beiden hier ein“ er zeigte auf Mirodin und Rana „Morgen werde ich sie in aller Öffentlichkeit hinrichten lassen, weil sie sich mir wiedersetzt haben!“ „Jawohl, Herr.“ Der Soldat packte Mirodin und Rana am Arm und führte sie aus dem Raum. Atwern drehte sich wieder zum Fenster. „Niemand kann mir entkommen!“

Rana und Mirodin wurden einen langen, dunklen Gang entlang geführt, der alle dreißig Schritte von einer kleinen Fackel erleuchtet wurde. Mirodin versuchte zu zählen, an wie vielen Türen sie vorbeigingen, doch nach etwa der vierzigsten verlor er den Überblick.

Nach einer Weile, die den beiden Gefangenen endlos erschien, blieben die Soldaten endlich an einer Tür stehen. Einer von ihnen trat vor und schloss mit einem großen, unförmigen Schlüssel, die mit Eisen verstärkte Holztür auf. „Rein da!“ Unsanft wurden Rana und Mirodin in die dunkle Zelle gestoßen und die Tür fiel hinter ihnen krachend ins Schloss. Sie hörten noch, wie der Schlüssel wieder im Schloss herumgedreht wurde und sich die Schritte der Soldaten entfernten. Dann wurde es still.

“Rana?“ Mirodin starrte in die Finsternis

Ja?

”Warum haben Shin und Idromeel uns im Stich gelassen?“ Rana seufzte.

Ich glaube ihrer Meinung nach haben sie uns nicht ´´im Stich gelassen``, sondern uns beschützt.

“Beschützt? Wo vor denn bitte? Vor Atwern haben sie uns so auf jeden Fall nicht beschützt!“

Es war auch nicht Atwern, vor dem sie uns beschützen wollten, sondern sie selbst. Außerdem dachten sie wahrscheinlich, dass wir vor Atwern sicher gewesen wären.

“Aber warum sollten sie uns vor sich selbst beschützen?“ Obwohl Mirodin sie in der Dunkelheit nicht sehen konnte, verzog Rana ihr Gesicht

Shin hat dich fast umgebracht, schon vergessen?

„Aber er hat mich doch auch geheilt, nachdem du ihn wieder zur Besinnung gebracht hast!“, entgegnete Mirodin trotzig „Außerdem passiert das doch eh nur einmal im Monat und du kannst ihnen doch helfen die Oberhand zu behalten.“

Das denke ich doch auch, aber Shin und Idromeel sehen diese Möglichkeit wohl nicht.

„Hmm...“ Stille legte sich über die beiden, als jeder seinen eigenen Gedanken nachging. Mirodin hatte in der Dunkelheit ein Holzbrett ertasten und sich drauf gesetzt. Rana saß in einem Strohhaufen in der Ecke der Zelle. Ab und zu raschelte es, als sie sich anders hinsetzte oder Mäuse sich in dem Stroh bewegten. Mirodin war sich sicher, dass Rana sich mit ihnen unterhielt. „Du, Rana?“

Was ist, Mirodin?

„Was denkst du, wird Atwern morgen mit uns machen?“

Du hast es doch gehört. Er will uns auf dem Marktplatz verbrennen.

„Glaubst du, wir haben eine Chance zu fliehen?“ Es dauerte eine Weile bis Rana ihm antwortete:

Nein. Wir werden zu gut bewacht und ein zweites Mal wird Atwern uns bestimmt nicht entkommen lassen.

„Dann ist das hier also unsere letzte Nacht?“

Ja...
 

„Ich weiß nicht, ich hab ein ungutes Gefühl.“ Idromeel blieb stehen und drehte sich um. Shin blieb ebenfalls stehen und sah wie Idromeel in die Richtung in der Terê-Sale lag. „Dir geht es auch so? Ich dachte das wäre nur mein Gewissen, aber wenn du es auch fühlst...“ er sah seinen Freund an. „Na ja, es kommt mir seit etwa zwei Stunden so vor, als müsste ich gegen etwas anlaufen“, erwiderte Idromeel „gerade so, als würde ich gegen die Strömung einen Fluss hinauf laufen“ „Mir geht es genauso. Alles in mir sträubt sich dagegen, noch weiter von Terê-Sale fort zu gehen.“ Sie sahen sich wieder an. „Lass uns umkehren!/gehen wir zurück!“, platzten beide gleichzeitig heraus und begannen zu lachen. „Das wollte ich schon vor einer Stunde sagen,“, sagte Shin, als er versuchte, wieder zu Luft zu kommen „aber da ich so darauf bestanden habe uns von Mirodin und Rana zu trennen, habe ich mich nicht getraut.“ „Dann ist ja gut, dass du jetzt damit rausgerückt bist“ Idromeel japste ebenfalls nach Luft „Es war eine blöde Idee, Rana und Mirodin so nah bei Atwern alleine zu lassen. Ich dachte zwar, Atwern würde aufgeben, aber ich fürchte der alte Sack hat eine ziemliche Ausdauer, wenn es um Feindesvernichtung geht.“ Shin nickte besorgt „Da stimme ich dir zu. Vielleicht hatten wir deshalb dieses ungute Gefühl“ Plötzlich traf ihn die Erkenntnis wie ein Blitz und sein Gesicht erstarrte zu einer Maske„Wir müssen sofort zurück!“ „Was?!“, fragte Idromeel sichtlich erschreckt über den Gesichtsausdruck seines Freundes „Wieso jetzt sofort?“ „Sei mal ganz still und konzentrier dich auf Terê-Sale, dann weißt du warum!“ Idromeel zog eine Augenbraue in die Höhe, schloss aber seine Augen und tat, was Shin ihm gesagt hatte. Erst hörte er nichts, doch dann:
 

Was denkst du, wird Atwern morgen mit uns machen?

Du hast es doch gehört. Er will uns auf dem Marktplatz verbrennen.

Glaubst du, wir haben eine Chance zu fliehen?

Nein. Wir werden zu gut bewacht und ein zweites Mal wird Atwern uns bestimmt nicht entkommen lassen.

Dann ist das hier also unsere letzte Nacht?

Ja...
 

Entsetzt riss der Magier die Augen auf. „Er will Mirodin und Rana verbrennen lassen!“ „Genau!“ Shin knurrte und er klang fast so wie der Wolf, der er in der letzten Nacht gewesen war.

Rettung

Rettung

Shin und Idromeel rannten, wie sie noch nie in ihrem Leben gerannt waren. In nur einer Nacht mussten sie eine Strecke zurücklegen, für die sie 1 ½ Tage gebraucht hatten. Rastlos eilten sie durch die mondhelle Nacht, vorbei an den Plätzen, an denen sie Tagsüber Rast gemacht hatten. Sie rannten, bis ihre Kleidung ihnen am Körper klebte und der Schweiß in Strömen an ihnen herunter lief. Ihre Lungen brannten, ihr Puls raste und ihre Beine drohten zu ermüden, doch sie blieben nicht stehen und rannten immer weiter. Beide kämpften gegen die Müdigkeit an, die sie zu befallen drohte. Sie wussten, dass das Leben ihrer Freunde davon abhing, dass sie nicht langsamer wurden und rechtzeitig ankamen.

„Wenn...wir jetzt...Wölfe wären,... würden wir...schneller sein...“, keuchte Idromeel atemlos. „Sag...so was... nicht. ...Spar...dir lieber...deinen...Atem.“ erwiderte Shin nach Luft ringend. Aber auch, wenn ihm der Gedanke ein Wolf zu sein nicht gefiel, musste er seinem Freund im Stillen recht geben. Als Wölfe wären sie schneller...
 

Mirodin wachte davon auf, dass der Schlüssel im Schloss herumgedreht wurde. Stöhnend setzte er sich auf. Seine Knochen und Muskeln schmerzten wegen dem harten Brett, auf dem er geschlafen hatte. In der Ecke raschelte es. Auch Rana war aufgewacht. Die Tür wurde geöffnet und ein Lichtschein fiel durch den immer größer werdenden Spalt. Geblendet kniff Mirodin die Augen zu und hob die Hände vor sein Gesicht.

„Los, Raus da!“, befahl eine tiefe Männerstimme und raue Hände packten Mirodin an den Schultern. Grob wurde er aus der Zelle gestoßen. Er versuchte die Augen zu öffnen und blinzelte. Sofort verwarf er den Gedanken an Flucht, als er sah, wie viele Männer Atwern zu ihrer Bewachung abgestellt hatte. Auch Rana wurde aus der Zelle gezerrt. In ihren Haaren hing wirres Stroh und sie hatte den Blick gesenkt. Noch bevor sie Gelegenheit hatten mit einander zu reden, wurde Mirodin von zwei Männern gepackt und weggeführt. Zwei andere Soldaten nahmen Rana in ihre Mitte. Die restlichen vier Männer bildeten die Vor- und Nachhut. Sie wurden wieder durch den langen Gang bis nach draußen geführt; dort wartete Atwern auf sie. Er lächelte boshaft, als er sie sah und machte eine ausschweifende Geste um ihnen den Scheiterhaufen, in dem zwei Pfähle steckten, zu zeigen. „Willkommen, meine Gefangenen“, sagte er laut, damit auch die versammelten Bürger, die der Hinrichtung beiwohnen sollten, ihn verstehen konnten. „Es freut mich, dass sie heute an dieser Feierlichkeit teilnehmen können.“ Er gab den Soldaten einen Wink und Rana und Mirodin wurden an die Pfähle gefesselt. Rana ließ ihren Blick über die versammelte Menge gleiten. Sie erkannte viele Gesichter, doch die Menschen dieser Stadt waren ihr egal. sie verabschiedete sich nur von den Tieren, die so viele Jahre ihre Freunde gewesen waren. Sie zwang sich, nicht zu weinen, denn diesen Gefallen wollte sie Atwern nicht machen, sondern schluckte ihre Tränen runter und sah starr geradeaus und Mirodin verhielt sich ebenso. Als Atwern sah, dass keiner von ihnen Anstalten machte zu fliehen oder um Gnade zu betteln, nahm er die Fackel, die einer seiner Soldaten bereithielt, und trat an den Scheiterhaufen. „Habt ihr noch einen letzten Wunsch? Ich werde ihn euch zwar sowieso nicht erfüllen, aber fragen sollte man halt schon.“ Er sah erst Rana und dann Mirodin lange ins Gesicht, doch beide gaben sich alle Mühe ihn zu ignorieren. „Na gut, dann eben nicht!“ Damit die Bürger gut sehen konnten, wie Rana und Mirodin verbannten, trat er einen Schritt zurück und warf die Fackel ihnen zu Füßen. Sofort fing das Stroh knisternd Feuer und die Flammen breiteten sich aus. Rana spürte, wie die Hitze ihr entgegenschlug und die Flammen an ihren Kleidern leckten.

Das war es dann Wohl. Wenigstens sind Shin und Idromeel entkommen.

Sie drehte ihren Kopf und sah Mirodin lächelnd an.

Lebwohl, Mirodin. Ich hätte gerne noch mehr Zeit mit dir verbracht, aber das Schicksal wollte es nicht so.

„Rana...“ Mirodins Stimme war rau vom Rauch, der ihm in Mund und Nase zog. „ich bin froh, Seite an Seite mit jemanden so mutigem zu sterben.“ Die Flammen wurden größer, als auch die dicken Holzscheite Feuer fingen. Rana lächelte Mirodin noch einmal an und schloss dann ihre Augen. Sie war bereit zum Sterben.
 

Endlich kam das Stadttor in sicht. Sie waren ohne Pause gerannt, doch wie es aussah, kamen sie trotzdem zu spät. Schwarzer Rauch stieg hinter den Stadtmauern empor und verdunkelte die Morgensonne. Shin steigerte nochmals sein Tempo und Idromeel tat es ihm nach. Die Angst um ihre Freunde ließ sie ihre Erschöpfung vergessen. Mit einem Schrei schleuderte Shin eine Energiewelle auf das Stadttor, welches daraufhin mit einem lauten Knall zerbarst.
 

Rana riss erschreckt ihre Augen auf und vergaß die Flammen um sich herum für einen Moment. Alle hatten sich zu den Trümmern des massiven Tores umgewand, das halb von einer Staubwolke verdeckt wurde. Atwern, der sich als erster wieder gefasst hatte, gab einer Gruppe Soldaten einen Befehl. „Ihr da! Seht nach was passiert ist!“

Vorsichtig gingen die Männer auf das Tor zu, doch bevor sie es erreichen konnten, wurden sie von einer starken Windböe erfasst und zu Boden geschleudert. Atwern trat einen Schritt zurück. „Nein...das kann nicht sein...Sie sind doch tot! Die Wölfe, ich habe es doch in ihren Gedanken gesehen“.

Das glaube ich jetzt nicht...Mirodin, sieh doch!

Rana drehte ihren Kopf, um Mirodin durch die Flammen hindurch anzusehen, doch der Junge antwortete nicht. Sein Kopf hing schlaff herunter und das Feuer hatte schon seine Kleider erfasst. Entsetzt starrte Rana ihn an, dann wandte sie sich wieder dem Tor zu und legte all ihre verbliebene Kraft in einen lautlosen Schrei:

SHIN! IDROMEEL! HELFT UNS ENDLICH, WENN IHR SCHON MAL DA SEID!

Kurz bevor auch sie das Bewusstsein verlor, sah sie noch, wie zwei Leute über die Trümmern stürmten und auf sie zurannten. Dann wurde es schwarz um sie herum.
 

„Hast du das gehört? Sie leben noch“ Shin rannte schnaufend weiter auf das zerborstene Tor zu. „Ja, aber wie es sich angehört hat, nicht mehr lange, wenn wir nichts unternehmen!“ Eigentlich hatten die beiden Magier vorgehabt, die Mauern von Terê-Sale zu zerstören, doch jetzt, da sie wussten, dass Rana und Mirodin noch am Leben waren, wenn auch knapp, waren sie fest entschlossen sie zu retten Sie stürmten weiter vorwärts und ließen die Trümmern des mächtigen Stadttores hinter sich. Kaum, dass sie innerhalb der Stadt waren, stellten sich ihnen Atwerns Soldaten entgegen, doch Idromeel ließ eine weitere Windböe auf sie los, die sie allesamt von den Füßen riss oder gegen Hauswände schleuderte. Dann sahen sie Atwern, der sie mit hasserfüllten Blick anstarrte. „Ich dachte, ihr wurdet von Wölfen gefressen!“, schrie er ihnen entgegen, als er einen Zauber vorbereitete, der sie aufhalten sollte. „Wie kommt es, dass ihr noch lebt!?“ Der alte Magier beendete seinen Zauber und eine gräulich schimmernde Barriere erhob sich mitten auf der Straße. „Atwern!“, knurrte Shin und Hitze stieg in ihm auf. Es war die selbe Hitze, die ihn auch bei der Verwandlung überkam, doch dieses Mal war sie nicht schmerzhaft, sondern angenehm. Sie erfüllte ihn mit neuer Kraft und Energie und ließ alle Erschöpfung von ihm abfallen. Ohne über einen Zauber nachzudenken hob er seine rechte Hand schoss einen Energiestrahl ab. Gleißendes Licht ging von diesem Strahl aus und als er die Barriere erreichte, flog er glatt durch sie hindurch, als wäre sie nicht vorhanden, und traf Atwern mitten auf die Brust. Der alte Magier hatte die Augen vor Schreck weit aufgerissen. Er starrte ungläubig auf die Stelle an der er getroffen wurde. Blut tropfte aus seinem Mund auf die Straße und sein Umhang verfärbte sich an einer Stalle. Atwern taumelte ein paar Schritte zurück, sah Shin und Idromeel ein letztes Mal anklagend an und brach zusammen. In diesem Moment wurde es totenstill. Niemand wage es auch nur laut zu atmen. Nur das Knistern der Flammen war zu hören. Shin und Idromeel ignorierten die sprachlose Menschenmenge und rannten auf das Feuer zu. Unfähig sich zu bewegen, ließen die Soldaten sie passieren und die beiden Magier sprangen auf den Scheiterhaufen. Idromeel erstickte die Flammen indem er ihnen den Sauerstoff nahm und Shin zerschnitt die Stricke, die Rana und Mirodin hielten. Ihre Leblosen Körper fielen ihnen in die Arme und Shin konnte sehen, dass beide schlimme Verbrennungen erlitten hatten. Noch immer war die Hitze in seinem Körper und ermöglichte ihm, ihnen einen Teil ihrer Kraft zurück zu geben, so dass Rana und Mirodin nicht mehr in Lebensgefahr schwebten. Um ihre Verbrennungen würde Shin sich später kümmern. Erst mussten er und Idromeel sie aus Terê-Sale bringen. Vorsichtig stiegen die beiden Magier von den erloschenen Holzresten, Rana und Mirodin ihn ihren Armen. Die Soldaten wollten sie nun aufhalten, doch als sie Shin in die Augen sahen, wichen sie verängstigt zurück. Idromeel ging voran. Vor den Überesten des Stadttores blieb er stehen. Mit Mirodin ihn seinen Armen konnte er nicht über die Bruchstücke steigen. Er zögerte einen Moment, doch als Shin neben ihm angekommen war und ihn ansah, lächelte Idromeel. Shin konnte spüren, dass auch in seinem Freund die heilende Hitze aufstieg und er bemerkte, wie Idromeel sich veränderte. Seine grünen Augen veränderten ihre Farbe und wurden golden. Sie wurden zu den Augen eines Wolfs.

Idromeel sah die Trümmer an und das tote Holz wurde lebendig. Frische, helle Triebe wanden sich aus dem dunklen, mit Eisen beschlagenen Holz und formten sich zu einer Brücke.

Noch immer schwiegen die Bürger und Soldaten und sahen mit angsterfülltem Blick zu, wie die beiden Magier aus Terê-Sale verschwanden. Nur langsam kam wieder Leben in sie und die mutigsten von ihnen näherten sich vorsichtig dem am Boden liegenden Atwern. Um ihren Herrscher herum hatte sich eine große Blutlache gebildet, doch noch war noch Leben in ihm, auch wenn ihm kaum noch etwas davon geblieben war.
 

„Ich glaube, wir sind jetzt weit genug von Terê-Sale entfernt“ Idromeel blieb stehen und legte Mirodin auf den Boden. „Meinst du wirklich?“ Shin legte Rana ebenfalls ab, sah aber skeptisch zurück „Vergiss nicht, was letztes Mal passiert ist, als wir dachten wir wären in Sicherheit.“ „Ich weiß, aber Rana und Mirodin müssen geheilt werden, sonst wäre die ganze Rettungsaktion umsonst gewesen. Außerdem glaube ich kaum, dass Atwern uns in seinem jetzigen Zustand verfolg.“ „Du hast ja Recht.“ Shin kniete sich neben Mirodin und sah sich seine Brandwunden an. Er musste schlucken, als er sah, wie wenig nur noch gefehlt hätte, bis Mirodin gestorben wäre und beeilte sich mit der Heilung. Er arbeitete konzentriert und kämpfte gegen die Erschöpfung an, die ihn wieder befiehl, als die Hitze in seinem Körper nachließ. Als er sich Rana zuwandte war Idromeel schon vor Erschöpfung eingeschlafen, doch Shin zwang sich wach zu bleiben, bis er auch Rana fertig behandelt hatte. Doch bevor er sich zum Schlafen hinlegte, zog Shin noch einen Bannkreis um sich und seine Freunde. Erst dann erlaubte er sich der Müdigkeit nachzugeben.
 

Die besten Ärzte Terê-Sales hatten sich um Atwerns Bett versammelt und versuchten mit ihrem Wissen ihren Herrscher am Leben zu erhalten. Drei Tage lang schwebte der alte Magier zwischen Leben und Tod, doch auch wenn er am leben geblieben war, so hatte Shins Zauber ihn doch schwer gezeichnet.

„Ich will ihn tot sehen! Los verfolgt sie und bringt diesen Magier auf der Stelle um!“ Atwern hatte den Hauptmann seiner Soldaten zu sich gerufen um ihm diesen Befehl ausführen zu lassen „Es tut mir Leid Herr, aber wir können ihnen nicht mehr folgen. Sie haben inzwischen drei Tage Vorsprung und...“ „DAS INTERESSIERT MICH NICHT!!“ vor Wut schmiss der Herrscher Terê-Sales eine mit Wein gefüllte Karaffe knapp neben dem Hauptmann vorbei an die Wand. Sofort eilte ein Diener herbei um die Scherben aufzusammeln und den Wein aufzuwischen „Siehst du denn nicht, was er mir angetan hat?“ Mit einer ausschweifenden Geste zeigte er auf sich selbst „Ich bin ein Krüppel!!“ Verbittert schlug der Alte mit den Fäusten auf seine nutzlosgewordenen Beine „Selbst das spüre ich nicht einmal mehr. Ich will seinen Kopf, koste es was es wolle!“ „Dann“, setzte der Hauptmann zaghaft an „wäre es wohl klug, eine Belohnung auf seinen Kopf auf zu setzten und Boten mit Steckbriefen an alle größeren Städte zu schicken. Ich bin mir sicher, dass diese Magier eine dieser Städten als Ziel haben.“ „dann macht da, nur sorgt dafür, dass die Leiche dieses verfluchten Magiers so bald wie möglich vor mit liegt!!!“ „Ja wohl“ Der Hauptmann verbeugte sich, trat aus dem Zimmer und schloss die Türe hinter sich. Er konnte hören, wie drinnen etwas weiteres zu Bruch ging. Seufzend machte er sich auf dem Weg zum Schatzmeister um mit ihm die Belohnung für die Steckbriefe zu besprechen.
 

Shin lag wach neben seinen Freunden und starrte in den abnehmenden Mond, der ab und zu durch die Wolken blitzte, die der Wind gnadenlos über den Himmel trieb. Jetzt waren schon drei Tage vergangen, seit er diese merkwürdige Kraft in sich gespürt hatte und er verstand noch immer nicht, was mit ihm in Terê-Sale passiert war, auch wenn er schon jede freie Minute darüber nachgedacht hatte. Shin seufzte. Der Mond verschwand wieder hinter einer Wolke und die nächtliche Umgebung wurde Schwarz. Wodurch war diese Kraft in ihm geweckt worden? War sie durch seine Erschöpfung hervorgerufen worden? Hatte Idromeel sie auch gespürt? Fragen über Fragen. Resigniert drehte er sich auf die Seite und betrachtete Idromeel. Das Gesicht seines Freundes lag im Schatten und Shin fragte sich, ob er es sich vielleicht nur eingebildet hatte, dass sich Idromeels Augen verfärbt hatten.

Wolfsaugen.

Der Mond kam wieder hinter der Wolke hervor und in dessen Licht erkannte Shin, dass Idromeel ebenfalls wach lag. „Denkst du auch darüber nach?“ sein Freund nickte. „Es hat sich so seltsam angefühlt. Es war fremd, aber gleichzeitig so vertraut... Ich kann es nicht wirklich beschreiben.“ „Ja, da geht es mir genauso“ Shin seufzte wieder, drehte sich auf den Rücken und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf „Erst dachte ich, diese Kraft wäre ein magisches Aufbäumen, aber dafür hat es viel zu lange angehalten und diese Wärme...“ „...Genau wie bei der Verwandlung.“, führte Idromeel den Satz seines Freundes fort „Es tat allerdings nicht weh und... glaubst du, die Wölfe haben uns geholfen?“ Wieder verschwand der Mond hinter einer Wolkenschicht und es wurde dunkel. Erst als das bleiche Mondlicht wieder die Dunkelheit vertrieb, antwortete Shin: „Die Wölfe... ich glaube schon. Immerhin wurden deine Augen zu Wolfsaugen, aber nicht zu grauen, wie auf dem Amulett, sondern zu goldenen.“ Meine Augen... wurden zu Wolfsaugen? Ich dachte, das wäre nur bei dir passiert.“ „Wie, bei mir?“ Shin schien verwirrt. „Na als du Atwern angestarrt hast. Erst hattest du ein goldenes Glimmen in den Augen und dann Wolfsaugen.“ „Ach so...“ Shin stockte; gerade war ihm ein Gedanke gekommen. „Idromeel, die Bücher! Wir haben nicht in den Büchern nachgesehen!“ Der junge Magier fuhr hoch. „Wie konnten wir nur so blöd sein?“ „Psst!“ auch Idromeel setzte sich auf, hatte aber warnend den Finger auf die Lippen gelegt und zeigte auf Rana und Mirodin. „Weck die beiden nicht auf.“ „Ja, ja“ ,flüsterte Shin zurück und kramte in seiner Tasche, bis er das große Buch mit den Eisenbeschlägen in der Hand hatte. „Mach mal Licht“, murmelte er, während er die Seiten durchblätterte. Idromeel rupfte ein paar Grashalme aus und entzündete sie, indem er sie an hauchte. Ein sanftes, gelbes Licht wie von einer Kerze, erhellte sein Gesicht, dann hielt Idromeel seine Hand mit der kleinen Flamme zu Shin und begann gemeinsam mit ihm zu lesen:

"'Wenn man dringend Kraft benötigt, wird der Wolfsgeist einem die benötigte Kraft leihen. Aktiviert wird dieser Vorgang durch ein magisches Aufbäumen'"

„Also hattest du eigentlich doch recht“, stellte Idromeel fest, doch Shin beachtete ihn nicht. Er las weiter:

"'In diesem Zustand gibt es fast keine äußerlichen Veränderungen (Nur die Augen des Magiers werden zu Augen des Wolfs) anfangs kann man das Auftreten dieses Phänomens nicht vorhersagen, doch durch Training kann der betroffene den Zustand selbst hervorrufen und kontrollieren. Zudem steigt die Kraft des Magiers jedes Mal, wenn die Kraft des Wolfes auf Eigenveranlassung hervorgerufen wird.'"

„Wow, dass ist also die positive Seite des Fluchs“ Idromeel grinste „wurde ja auch mal langsam Zeit.“ „Ja“, stimmte Shin seinem freund zu „Ich bin darüber richtig erleichtert“ Er nahm sein Amulett in die Hand und sah es sich im sanfte Feuerschein nochmals genau an. Zuerst konnte er keine Veränderung feststellen, doch dann erkannte er, dass sich doch etwas verändert hatte. „Sieh mal“ Er stieß Idromeel leicht in die Seite und hielt ihm sein Amulett unter die Nase „Was soll ich denn sehen?... Ah ja, ich seh´s“ Die Augen auf Shins Amulett waren nicht mehr länger grau, sondern golden geworden. Idromeel zog nun auch sein eigenes Amulett unter seinem Hemd hervor und verglich es mit dem seines Freundes. „Bei mir ist es auch so. Das ist wohl ein Zeichen dafür, dass wir immer mehr Kontrolle über die Wölfe haben“ „ Ich weiß nicht“ Shin blickte skeptisch zwischen den beiden Amuletten hin und her „Ich glaube eher, es bedeutet, dass der Wolf nicht mehr voll und ganz ein Fluch ist.“

Idromeel war kurz darauf wieder in tiefen Schlaf gefallen. Shin hingegen lag weiterhin wach und starrte zum Mond hinauf. Je länger er darüber nachdachte, desto mehr missfiel ihm der Gedanke daran, sich nur auf den Wolf zu verlassen. Er wollte stärker werden und seine Kraft dazu benutzen um die Menschen, die ihm etwas bedeuteten, zu beschützen, doch er wollte das aus eigener Kraft erreichen. Aus diesem Grund war er auch in die Akademie gegangen um Magier zu werden. Nicht weil ihn die Macht gereizt hätte, wie es bei Idromeels Vater der Fall gewesen war, sondern weil er seinen Eltern hatte helfen wollen; zwar waren diese gestorben, bevor er seine Ausbildung hatte beenden können, doch war ihm im laufe der weiteren Jahre in der Akademie bewusst geworden, dass er auch anderen Menschen mit seiner Magie würde helfen können.

Amüsiert schmunzelte Shin, als er sich an die Zeit zurückerinnerte, als er als vierzehnjähriger Junge davon überzeugt gewesen war, alle Menschen des Landes heilen und retten zu können. Dann seufzte er tief. Inzwischen hatte er genug Erfahrung gesammelt um zu wissen, dass dies leider nicht zu verwirklichen war. Für viele Krankheiten gab es noch keine Heilung, das galt vor allem für Krankheiten aus magischer Natur.

Er unterbrach seinen Gedankengang, als er merkte, dass er schon lange nicht mehr über das nachdachte, über das er eigentlich hatte nachdenken wollen. Um den Kopf frei zu bekommen stand er auf und beschloss einen kleinen Spaziergang zu machen. Bevor er das Lager verließ überprüfte er noch den Bannkreis, der ihn und seine Gefährten im schlaf vor möglichen Gefahren wie Atwerns Männern oder hungrigen Tieren auf der Jagd zu schützen. Dann verschwand er in einem angrenzenden Waldstück.

Lange lief er ziellos durch die Gegend, bis ihm einfiel, dass er die Zeit eigentlich für etwas sinnvolleres als einen Spaziergang nutzen könnte. Ihm wurde bewusst, dass er, seit dem er die Akademie verlassen hatte, kein einziges Mal trainiert hatte. „Wie blöd kann man denn sein?! So werde ich doch auf keinen Fall stärker!“ Fassungslos über seine eigene Dummheit begann er zu lachen: „Da rege ich mich darüber auf, dass ich nur durch den Wolf stärker werde und tue nicht mal etwas um was daran zu ändern!“
 

Als die ersten Sonnenstrahlen über den Himmel krochen und die ersten Vögel zu Singen begannen, wachte Mirodin auf, sah sich schlaftrunken um und weckte dann panisch Idromeel auf. „Du, wach auf! Shin ist verschwunden!“ „Was?“ Der junge Magier setzte sich verwirrt und verschlafen auf „Wie, Shin ist verschwunden?“ “Na verschwunden halt. Ich bin aufgewacht und er war nicht da.“ Mirodin zeigte auf Shins verlassene Schlafstelle „Und es sieht nicht so aus, als wäre er erst seit kurzem weg.“ Idromeel ließ seinen Blick über Shins Tasche und seinem Stab gleiten. „Ich frage mich, warum du dich so aufregst.“ Er lächelte über Mirodins fragenden Gesichtsausdruck „guck dich doch mal genauer um: Seine Tasche ist da und somit auch sein Buch. Außerdem auch sein Stab und sein Mantel. Daraus schlussfolgere ich, dass er bald zurück kommen wird.“ „Wirklich?“ Mirodin sah Idromeel zwar weiterhin zweifelnd an, aber da Idromeel nicht beunruhigt schien, ließ er es darauf beruhen.

Shin kommt gerade zurück

Rana setzte sich auf und lächelte Mirodin und Idromeel an

Er hat trainiert

„Woher weißt du das?“ Mirodin war verwirrt

Er hat es mir gesagt

„Wie, er hat es dir gesagt, er ist doch gar nicht da“

Wie soll er es mir schon gesagt haben?

Rana tippte sich mit einem Finger gegen den Kopf

Als du Idromeel geweckt hast, bin ich auch aufgewacht, aber anstatt sinnlos in Panik zu fallen, habe ich mein Hirn eingeschaltet und ihn einfach gefragt wo er ist.

Sekundenlang starrten Idromeel und Mirodin Rana verwirrt an, doch dann dämmerte es Idromeel und sein Gesicht hellte sich auf. „Klar, stimmt ja, du redest durch Telepathie mit uns. Das funktioniert auch über etwas größere Entfernungen.“

Genau, endlich hast du es kapiert. Hat ja lange genug gedauert

„Ja, ja, mach dich ruhig lustig über mich“, knurret Idromeel und stand auf „aber warum will dieser Trottel trainieren?“ „bist du so blöd oder tust du nur so?“, warf jetzt Mirodin ein „Warum trainiert man wohl? Um stärker zu werden natürlich! Würde dir bestimmt auch nicht schaden.“, fügte er noch frech hinzu.

Ich glaube eher, er trainiert um nicht aus der Übung zu kommen.
 

„Ihr habt beide recht „

Idromeel fuhr herum, als er plötzlich Shins Stimme hinter sich hörte. „Ich will nicht aus der Übung kommen und ich möchte stärker werden. Du solltest das eigentlich auch wollen Idromeel, vor allem nach dem, was wir gestern herausgefunden haben.“ Shin ließ sich im Schneidersitz im Gras nieder und schloss die Augen. „Man, bin ich fertig!“ „Das wäre ich allerdings auch, wenn ich die ganze nacht nicht schlafen, sondern grübeln und trainieren würde“ Idromeel warf seinem Freund einen Wasserbeutel zu „ Du hast jetzt allerdings auch keine Zeit zum Schlafen. Wir müssen weiter.“ „Ach komm“ Shin zog den Stopfen aus dem Beutel und trank einen Schluck „sieh es doch mal so: Wir haben noch fast einen ganzen Monat um zur Akademie zu kommen. Da können wir doch ruhig einen Tag verlieren.“ „Pah“ Idromeel wandte sich ab „Das sagst du so leicht, aber vielleicht könnte es dir in den Sinn kommen, dass das Wetter auch umschlagen kann. Wir haben Spätsommer. Nicht mehr lange und die Herbststürme kommen.“

Da hat Idromeel nicht ganz Unrecht Shin.

, gab Rana zu

Ich bin auch der Meinung, dass wir lieber keine Zeit verschwenden sollten.

„Genau! Hoch mit dir!“ Mirodin trat Shin, der sich wieder hingelegt hatte, leicht in die Seite und der junge Magier stöhnte auf „Ihr seid so gemein. Lasst mich doch wenigstens eine Stunde schlafen!“ „Nichts da!“ Mirodin genoss es sichtlich Shin so zu zusetzen „du bist selbst an deiner Müdigkeit schuld, also hoch, hoch, hoch, hoch!“ Bei jedem „hoch“ verpasste er Shin grinsend einen Tritt in die Seite, bis dieser ihn plötzlich am Bein packte, von den Füßen riss und gefährlich: „Lass mich gefälligst eine Stunde Schlafen!!!“ knurrte.

Idromeel und Rana brachen in lautes Gelächter aus ,eher gesagt Idromeel war laut, Rana lachte ja lautlos, als sie Mirodins erschrockenes Gesicht sahen. „Das geschieht dir recht kleiner. Halte niemals einen übermüdeten Magier vom Schlafen ab.“

Vor allem nicht, wenn besagter Magier so ein Temperament hat wie Shin

, fügte Rana grinsend hinzu.

„Ist ja gut“ Mirodin rappelte sich auf „Ich mache das auf keinen Fall noch mal!“
 

Als Shin eine Stunde später erbarmungslos von Idromeel geweckt wurde und die Gruppe wieder unterwegs war, hielt Mirodin einen respektvollen Abstand zu Shin und lief zur Sicherheit ein Stück voraus. Die anderen drei waren in ein Gespräch über die Wölfe vertieft, als er atemlos zurück gelaufen kam: „Shin! Idromeel! Rana! Kommt schnell mit, ich muss euch etwas wichtiges zeigen!“

Gesucht

Hey^^ ich habe schon länger nichts mehr von mir hören lassen daher dachte ich, es wäre mal wieder an der Zeit, etwas daran zu ändern. Jetzt aber viel Spaß mt dem neuen Kapitel
 

~~~~~~~~~
 

„Steckbriefe?!“ „Ja, wenn ich es euch doch sage“ Aufgeregt zog Mirodin Idromeel hinter sich her. Shin und Rana folgten. „Ich habe sie nur zufällig entdeckt und wäre beinahe daran vorbei gelaufen. Guck, da!“ Der Junge zeigte auf einen Baum am Wegrand. Erst sah Shin gar nichts, doch dann entdeckte er die kleinen Zettel, die an die faltige Rinde genagelt waren. Neugierig traten er, Idromeel und Rana näher und besahen sich die vier Blätter. „Das kommt also raus, wenn man sich mit einem geisteskranken Monarchen anlegt, der zu viel Geld zu haben scheint“ Idromeel strich geistesabwesend über die Zeichnung von seinem Gesicht „Aber eines muss man ihm lassen: Atwerns Phantomzeichner sind wirklich gut.“ „Stimmt“ Shin hatte sein eigenes Bild vorsichtig von der Rinde gelöst, faltete es zusammen und steckte es in seine Tasche „So ein schönes Portrait von mir habe ich noch nie besessen.“ „Willst du das etwa mitnehmen?“ Mirodin sah Shin, der zufrieden lächelte, entgeistert an. „Klar, warum nicht? Ich finde die Zeichnung richtig gut. Normalerweise muss man für so ein Portrait ziemlich viel Geld bezahlen und jetzt bekomme ich eines kostenlos. Außerdem ist es auch sicherer für mich, wenn ich es mitnehme.“

Warum denn sicherer?

„Ach weißt du Rana, wenn die Leute mein Bild sehen, suchen manche doch nach mir, weil sie die Belohnung haben wollen und...“ er warf einen kurzen Blick auf den Text unter seinem Bild „...300 Goldstücke scheinen mir eine Summe zu sein, die jeder gerne haben würde, oder? Wenn ich nun aber mein Bild mit mir nehme, kann ich sicher sein, dass es nicht so viele sehen, als wenn ich es hier hängen lassen würde.“

Klingt logisch, aber bist du wirklich 300 Goldstücke wert?

Mann konnte ihren Zweifel selbst in ihrer gedanklichen Stimme hören

Das erscheint mir nämlich ein bisschen zu viel Geld für einen einfachen Magier zu sein.

„Also wirklich,“ Shin tat tief gekränkt „Du scheinst mich zu unterschätzen. Ich glaubte, ich hätte meine Gefährlichkeit genug unter Beweiß gestellt doch nun sagt du, ich wäre ein einfacher Magier...“ Sein leidender Tonfall stand im drastischen Gegensatz zu seinem Grinsen im Gesicht und auch Rana und Mirodin konnten nicht ernst bleiben. „Mir hast du deine ‚Gefährlichkeit’ schon genug bewiesen.“ Mirodin schielte auf seinen Arm, auf dem eine blasse, längliche Narbe zu sehen war „Ich verstehe vollkommen, warum Atwern dir so eine hohe Summe verpasst hat.“ Schlagartig verschwand das Grinsen aus Shins Gesicht und er blickte betroffen zu Boden. Als Mirodin merkte, was er mit seinen Worten bewirkt hatte, versuchte er Shin zu trösten: „Ach komm schon, es war ja nicht wirklich deine Schuld. Hätte ich mich sofort versteckt, als ihr es mir gesagt habt, wäre es erst gar nicht so weit gekommen. Aber ich musste ja erst noch dumm rumfragen und hab nicht vorwärts gemacht.“ Jetzt musste Shin auch wieder lächeln. „Danke Mirodin, ich danke dir wirklich dafür, dass du mir diesen ‚Vorfall’ nicht übel nimmst.“ „Hey,“ der Junge grinste breit zurück „ich bin erst zwölf! In dem Alter vergisst man so was sehr schnell.“ „Ach echt?“ Shin zog die Augenbrauen hoch „Du solltest es allerdings lieber nicht vergessen, immerhin bin und bleibe ich gefährlich“ „“Na und?“ Mirodin klopfte dem älteren auf die Schulter, wofür er sich allerdings auf die Zehenspitzen stellen musste „Dann musst du einfach stärker werden und lernen den Wolf zu kontrollieren. Und im Ernstfall haben wir ja auch noch Rana, stimmt´s?“ Den letzten Teil richtete er an das Mädchen, doch die hatte ihm gar nicht zugehört.

Ist alles in Ordnung mit dir Idromeel? Du siehst blass aus.

„Stimmt, jetzt wo sie´s sagt...“ Shin nahm das Gesicht seines Freundes in die Hände und sah ihm in die Augen „Du wirst uns doch nicht etwa Krank?“ „Wenn doch konntest du ihn doch sicherlich heilen, oder Shin?“ Mirodin streckte sich und befühlte Idromeels Stirn. „Fieber hat er jedenfalls keins“ „Hört auf mit dem Quatsch!“ ärgerlich schob Idromeel Mirodins Hand weg „Mir fehlt nichts, ich hab nur...“ er stockte und drehte seinen Kopf weg. Mirodin, Shin und Rana sahen sich ratlos an. Schließlich fasste sich Rana und fragte nach:

Du hast nur was?

Als Idromeel noch weiterhin schwieg, stellte sie sich direkt vor ihn und zwang Idromeel dazu, ihr in die Augen zu sehen.

Jetzt komm, ich dachte wir sind Freunde? Du kannst uns doch alles sagen. Wir lachen dich auch nicht aus.

Bei ihren letzten Worten warf sie Shin und Mirodin einen strengen Seitenblick zu.

„Es ist nur...“, begann Idromeel nun wieder „... Die Leute aus meinem Dorf. Sie halten mich doch schon sowieso für einen Magier der Schwarzen Magie und jetzt werde ich auch noch Steckbrieflich gesucht...da fühlen sie sich bestimmt in ihrem Denken bestätigt...“

Ohne zu zögern umarmte Rana Idromeel. Mirodin klammerte sich ebenfalls an ihn und Shin legte seinem Freund tröstend die Hand auch die Schulter. „Ich bin mir sicher, dein Bruder weiß in seinem Inneren, dass du kein Devolon# Magier sein kannst. Er wird sicher alles verstehen, wenn du es ihm erklären würdest.“ „Wie kannst du nur da so sicher sein?“ Idromeel löste sich vorsichtig aus Ranas Umarmung und setzte sich auf eine Wurzel, die aus der Erde ragte. „Er wird nichts verstehen, er hat mich schließlich noch nie verstanden“ Er barg sein Gesicht in den Händen „Ich werde nie in mein Dorf zurück kehren können, nie!“ „Glaubst du etwa nicht, dass ich auch gerne in mein Dorf zurück gehen würde?“ Shin sah leicht wütend auf Idromeel hinab „Doch dass kann ich genauso wenig wie du. Immerhin halten mich alle für tot! Tu nicht so, als wärst du der einzige, der unter dem Wolf leidet!“ „Was denkst du eigentlich wer du bist, dass du so mit mir redest!“ Idromeel war aufgesprungen und starrte Shin aufgebracht an. „ Mir wäre es tausendmal lieber, wenn mein Bruder mich für tot halten würde, aber stattdessen denkt er, ich wäre ein Devolon Magier!“ „Na und? Du bist nur zu feige um ihm die Wahrheit zu erklären. Wenn ich du gewesen wäre, hätte ich es ihm gleich gesagt, anstatt mich ein Jahr lang in Wald zu verstecken! Wenn ich nicht gekommen wäre, würdest du wahrscheinlich immer noch in deiner Hütte sitzen und leidend vor dir hin vegetieren!“

Mirodin und Rana standen stumm neben dem Weg und beobachteten, wie Shin und Idromeel immer wütender aufeinander wurden. Keiner von ihnen traute sich zwischen die beiden Magier zu gehen und sie vom Streiten abzuhalten.

„Spiel dich jetzt bloß nicht als großen Retter auf! Wer hat dich denn gerettet, als du ohnmächtig im Wald lagst? Das war ja wohl ich!“ „Na und? Ich wäre auch sicherlich alleine zurecht gekommen! Du warst mir sowieso immer nur eine Last!“ Shin taumelte zurück, als er von Idromeels Faust mitten ins Gesicht getroffen wurde. Er tastete nach seiner Nase und spürte, wie ihm Blut über das Kinn lief. Funkelnd sah er zu Idromeel, wischte sich mit dem Handrücken das Blut ab und stürzte sich auf ihn. Rana und Mirodin wichen hastig ein paar Schritte zurück und starrten entsetzt auf die beiden, die sich mittlerweile Ringend über das Graß rollten. Shin schrie auf, als Idromeel ihm ins Ohr biss, rammte ihm aber dafür im Gegenzug sein Knie in den Magen. Idromeel krümmte sich vor Schmerzen zusammen, schaffte es aber Shin eine Faust unter das Kinn zu schmettern. Bald bluteten beide aus Nase und Mund, hatten zerrissene Kleider und starrten vor Dreck, hörten aber nicht auf, sich gegenseitig zu verprügeln.

Irgendwann wurde es Rana zu bunt. Blitzschnell trat sie zu den beiden Magiern und packte beide am Nacken, so wie man junge Welpen am Nacken packt, und schüttelte sie.

Jetzt hört endlich mit diesem Verdammten Scheiß auf! Was ist bloß in euch gefahren? Ihr benehmt euch ja wie kleine Kinder!

Shin und Idromeel jaulten erschrocken auf und ließen sofort von einander ab. Rana sah noch einmal böse von einem zum anderen, dann ließ sie die Magier los.

Sagt mir jetzt sofort, warum ihr euch prügeln musstet! Ihr macht dem kleinen Mirodin noch Angst!

„Äh, Rana?“ Mirodin kam vorsichtig näher „Wenn ich ehrlich bin, machst du mir gerade mehr Angst als Shin und Idromeel eben...“

Was?

Die beiden malträtierten Magier sahen erst Rana und dann sich gegenseitig an und brachen über Ranas entgleißten Gesichtsausdruck in Gelächter aus.

Was ist denn jetzt mit euch los?

Idromeel versuchte zu antworten, bekam aber vor lauter Lachen keine Luft. Shin klopfte ihm auf den Rücken, wurde aber selber von Lachkrämpfen geschüttelt und konnte nicht antworten.

Ihr spinnt!

Rana verpasste beiden eine Kopfnuss und setzte sich ins Graß.

Ich warte jetzt solange, bis ihr mir sagt, was los ist.

„Ich glaube, da kannst du lange warten.“, sagte Mirodin nach einem Blick auf Idromeel und Shin, die sich vor Lachen auf dem Boden kugelten. „Aber ich glaube, sie wissen selber nicht so wirklich, was los ist.“ „Ja, irgendwie schon.“ Idromeel versuchte die Fassung wieder zu gewinnen, konzentrierte sich auf seine Atmung und vermeidete es, Shin anzusehen, damit er nicht schon wieder anfing zu lachen. „Jedenfalls hat es gut getan. Ich hab mich schon lange nicht mehr geprügelt und hatte fast vergessen, wie viel Spaß das eigentlich macht.“ „Geht mir genauso.“ Shin hatte sich jetzt auch wieder unter Kontrolle. „Ich vermute ja mal, dass wir einfach den Stress der letzten Tage los werden mussten.“ Er stand auf und klopfte sich den Staub von den arg mitgenommenen Kleidern. „Weißt du was?“ Idromeel sah vom Boden zu ihm empor „Du siehst richtig schlimm aus: Die Kleider zerrissen und total dreckig, das Gesicht blutig und geschwollen, und so langsam bekommst du ein blaues Auge.“ „Wessen Schuld ist das wohl?“ Shin hielt seinem Freund eine Hand hin und half ihm auf die Füße „Aber keine Sorge, du siehst nicht viel anders aus.“ Idromeel sah kritisch an sich herunter „Also ich weiß nicht. Ich kann mein Gesicht zwar nicht sehen, aber meine Kleider sind viel sauberer als deine.“

Dafür aber viel zerfetzter und dein Gesicht sieht mindestens genauso schlimm aus, wie das von Shin.

Rana stand jetzt auch wieder auf

Ich hoffe ja nur, dass ihr das nicht zu oft macht, sonst muss ich es mir noch mal überlegen, ob ich wirklich mit euch Reisen will!

Sie trat an den Baumstamm mit den Steckbriefen und löste ihr Bild von der Rinde.

Shin hat übrigens Recht, wenn er sagt, dass es für uns sicherer ist, wenn wir die Bilder mitnehmen. Wir sind nämlich wirklich viel Geld wert. Ich zwar nur 50 Goldstücke, aber das ist mehr, als ein durchschnittliches Jahreseinkommen eines Dorfes.

„Wie viel bin ich eigentlich wert?“ Mirodin nahm seinen Steckbrief in die Hand, gab ihn aber kurz darauf an Idromeel weiter „Lies mal vor“ „Warum das denn?“ Idromeel nahm den Zettel und sah den Jungen fragend an „Kannst du dass denn nicht selber?“ „Nee“ Mirodin zuckte mit den Schultern „Ich kann nur meinen Namen lesen und sonst nichts“ „Na dann“ Idromeel begann zu lesen: „Gesucht Mirodin, junger Magier, ca. 12 Jahre, Belohnung 100 Goldstücke“ „Warum bin ich denn mehr wert als Rana?“

Weil ich eine Frau bin und Atwern ein Idiot.

„Hä? Was hat denn das eine mit dem anderen zu tun?“ „Ganz einfach, Kleiner“ Shin versuchte es Mirodin zu erklären „Atwern gehört noch zu der Generation Magier, die Frauen nicht als vollwertig ansehen. Deswegen ist Rana für ihn nur halb so viel Goldstücke wert wie du, aber genau aus diesem Grund ist er ein Idiot, weil Rana eigentlich gefährlicher ist als er denkt.“ „Oh, ja“, murmelte der Junge leise „Davon konnte ich mich eben allerdings überzeugen!“

Was hast du gesagt?

Rana sah ihn scharf an. „Ich? Ich habe gar nichts gesagt“, verteidigte sich Mirodin schnell und Idromeel und Shin begannen wieder zu lachen.

„Ich glaube, wir sollten uns so langsam wieder auf den Weg machen, sonst ist der Tag vorbei und wir sind kaum weitergekommen“ Idromeel hatte sein Portrait jetzt ebenfalls gefaltet und in seine Tasche gesteckt. „Wenn das so wäre, dann wär ich echt wütend. Dann hätte ich nämlich doch noch weiter schlafen können“ Shin verzog sein Gesicht und Idromeel und Mirodin mussten lachen. Auch Ranas stummes Lachen hallte in ihren Köpfen wieder.

Dann hoffen wir mal, dass wir heute noch weiter kommen, denn jetzt wissen wir ja, was passiert, wenn du wütend bist.

„Aber bevor wir weiter gehen, sollten wir uns lieber verkleiden oder so was.“, fiel Idromeel ein „Wer weiß, wie viele Leute schon unsere Steckbriefe gesehen haben. Außerdem glaube ich kaum, dass die Dinger nur hier rum hängen“ „Da hast du Recht“, stimmte Shin dem anderen Magier zu „Nur wie sollen wir das anstellen? Ich mein, wir können uns ja schlecht mal eben ein neues Gesicht verpassen.“ „Könnten wir schon“, warf Mirodin ein „Eher gesagt, ich könnte uns allen ein neues Gesicht verpassen. Ich könnte aus Rana sogar einen Mann und mich ein paar Zentimeter größer machen.“ Sprachlos starrten die drei anderen ihn mit offenen Mündern an. „Kannst du das denn wirklich?“ Idromeel konnte es nicht glauben „Ich kann eine Illusion noch nicht mal länger als drei Minuten aufrecht erhalten, wie willst du dann uns alle vier den ganzen Tag anders aussehen lassen?“

Ich glaube, wir müssen Mirodin einfach vertrauen, schließlich ist er der Illusionsmagier und nicht du. Also Mirodin, kannst du mich dann jetzt ‚verkleiden’?

„Klar!“ Der Junge grinste „Wie willst du denn aussehen? Blond? Schwarz? Oder doch lieber braune Haare? Groß oder klein? Dick oder Dünn? Sag mir was du willst und du bekommst es!“

Hm... wie wäre es mit einem ca. 35 Jahre alten, rotblonden, sonnegebräunten Kerl. Etwa so groß wie Shin jetzt ist. Am besten kupferbraune, einfache Kleidung.

Shin schüttelte den Kopf „Du stellst ja ganz schöne Ansprüche“

Er hat selbst gesagt, dass ich so aussehen kann, wie ich möchte.

„Ja schon, aber du musst doch nicht so genau sein.“ „Lass sie doch“ Mirodin hatte die Augen geschlossen und hob seine Hände vor Ranas Gesicht „Das ist ein gutes Training. Seit dem Minozier habe ich keine so genaue Illusion gemacht. Außerdem macht es mir Spaß Illusionen nach Anweisung zu machen.“ Ranas Gestalt verschwamm und veränderte sich und kurz darauf stand nicht mehr sie, sondern ein rotblonder Mann in unauffälliger brauner Kleidung neben Mirodin.

Und wie sehe ich aus?

Shin legte den Kopf schief „Wenn ich ehrlich bin, fand ich dich vorher hübscher“

Trottel, du sollst mich ja jetzt auch nicht hübsch finden, sondern sagen, dass die Illusion überzeugend wirkt!

„Sie wirkt überzeugend, zufrieden?“

Du bist blöd. Dafür bist du jetzt an der Reihe. Los Mirodin, mach ihn hässlich!

„Kein Problem“ Der Junge krempelte seine Ärmel hoch und trat drohend einen Schritt auf Shin zu, der abwehrend die Arme hob. „Moment!, Wenn ich schon hässlich werde, dann möchte ich auch selbst aussuchen, wie hässlich ich werde, in Ordnung?“ „Von mir aus“ Mirodin sah Shin auffordernd an „Also, ich höre?“ „Okay, ich möchte alt sein, so etwa 70 bis 80 Jahre. Ich will eine schiefe Nase, mindestens einmal gebrochen, eine Narbe über dem linken Auge, lange, schmutziggraue, fettige Haare und einen langen verfilzten Bart. Ich trage fahlbeige Lumpen und eine schäbigen Tasche. Und am Besten machst du aus meinem Stab eine Krücke.“ Während Shins Beschreibung hatte Mirodin die Augenbrauen hochgezogen und ungläubig das Gesicht verzogen. „Wenn du wirklich so aussehen willst, bitte.“ Er schloss wieder die Augen und Shins Gestalt verschwamm. „Mecker aber hinterher bitte nicht, dass du dir zu hässlich bist“ Er ließ die Hände wieder sinken und Idromeel brach in lautes Gelächter aus, als sich das neue Äußere seines Freundes manifestierte. Shin sah an sich runter. „Wenn ich jetzt noch ein wenig hinke und anfange zu sabbern, nimmt mir jeder den schwächlichen, verkalkten Alten ab und niemand wird auf die Idee kommen, dass ich gesucht sein könnte.“ Shins Stimme war kratzig und ein wenig heiser. „Selbst die Stimme passt perfekt, du hast wirklich Talent für so was“ „Na ja,“ Mirodin wurde verlegen „Du hast mir ja ziemlich genau gesagt, wie du aussehen willst und die Stimme ist die von meinem Großvater...“ „Ist doch egal, ich könnte so was überhaupt nicht.“ Idromeel beruhigte sich wieder „Jetzt bin ich dran. Am Besten wäre es, wenn du mich Rana ziemlich ähnlich sähen ließest, damit wir als Brüder durchgehen, die ihren Alten Vater begleiten.“ „Hast du keine besonderen Wünsche, was dein Aussehen betrifft? Ich mein ja nur, weil du ja so rumlaufen musst.“ „Nein, mach es einfach so, wie es dir in den Sinn kommt.“ „Na gut“ Der Junge machte sich sofort an die Arbeit und kurz darauf stand ein weiterer rotblonder Mann in kupferbraunen, Kleidung mit einem Schlagstock neben den senilen Alten, der Shin war, und Rana, die sich immer noch über Shins Äußeres amüsierte. „jetzt bin nur noch ich übrig und ich weiß schon genau, wie ich aussehen möchte.“ „Ach wie denn?“, fragte Shin interessiert, doch Mirodin antwortete nicht, sondern begann sofort seine Gestalt zu verändern,. Er wurde kleiner und stand schließlich auf allen vieren.

„Ein Hund! Musste das sein?“ Idromeel ging in die Hocke und hielt Mirodin eine Hand vor die Schnauze „Gib Pfötchen“ „Lass den Quatsch, sonst beiß ich dich noch“ Der Hund Mirodin zog die Lefzen hoch und knurrte. „Nanu,“ Idromeel zog überrascht die Augenbrauen hoch „du kannst ja noch reden, auch wenn du ein Hund bist“ „Klar du Depp! Ich sehe nur wie ein Hund aus, bin aber noch ein Mensch.“ „Ist doch auch eigentlich logisch“, belehrte Shin seinen Freund „Illusionen verändern nicht die Person selbst, sondern nur die Erscheinung der Person, eher gesagt die Wahrnehmung der Menschen im Umfeld dieser Person. Hast du im Illusionsunterricht nicht aufgepasst?“ „Nein habe ich nicht, und das weißt du!“ Der junge Mann sah den alten Opa böse an „Nur weil du ein totaler Streber in der Akademie gewesen bist, heißt das nicht dass andere genauso gewesen sein müssen. Ich hatte meine Elementmagie und fertig.“ Shin verdrehte die Augen, was bei seinem neuen Äußeren einfach lächerlich aussah „Leider waren nicht alle so wie ich, sonst würden nicht so viele magische Unfälle passieren und wir Magier wären ein nerviges Vorurteil los.“

Was denn für ein Vorurteil?

„Was? Das weißt du nicht?“ Der Alte tat bestürzt und zeigte auf Mirodin „Ich wette, sogar mein Hund weiß, welche Vorurteile über Magier im Umlauf sind“ „Nenn mich noch einmal Hund und du spürst meine Zähne in deinen dürren, faltigen Beinchen.“ „Tut mir leid, aber für mich siehst du aus wie ein Hund. Für euch doch auch, oder?“ „Ja“ Idromeel versuchte sich das grinsen zu verkneifen „Deine Illusion ist einfach zu gut.“

Du wirst dich daran gewöhnen müssen Mirodin, schließlich wissen nur wir vier, dass du eigentlich ein Mensch bist. Alle anderen sehen dich auch als Hund. Und du hast dir diese Gestalt selbst gewählt. Jetzt will ich aber wissen, was für Vorurteile es über Magier gibt.

Shin kratzte sich am Kopf „Nun ja, schmeichelhaft sind die nicht gerade. Es heißt Magier sind Raffgierig und verlangen immer zu viel Geld; denken immer nur an sich und andere Magier und nie an die normalen Menschen; sind experimentierfreudig und bringen dafür immer wieder unschuldige Leute in Gefahr; interessieren sich nur für ihren eigenen Kram. Alles in allem denken viele, dass wir Magier habgierige, extravagante, egozentrische Schleimscheißer sind.“

Klingt ja nicht so nett...

„Eben. Und darum finde ich es schade, dass manche...“ er schielte zu Idromeel „...Magier sich keinerlei Mühe geben, etwas an diesen Vorurteilen zu ändern.“ „Ach lass das doch jetzt.“ Mirodin schüttelte sich, was bei ihm als Hund völlig natürlich aussah. „Wir sollten uns lieber neue Namen geben. Wär doch blöd, wenn ich uns extra ein neues Aussehen verpasst habe, nur damit man uns verhaftet, weil wir noch unsere normalen Namen benutzen, die blöderweise auf den Steckbriefen standen.“ „Was ist denn mit dir heute los?“, fragte Idromeel erstaunt „Du warst doch sonst nie so ein helles Köpfchen.“ „Na einer muss es ja sein und du erfüllst diese Voraussetzung leider überhaupt nicht.“

Äh ja.

Rana räusperte sich

Wie nennen wir uns jetzt?

Es dauerte eine Weile, bis sie sich auf ihre neuen Namen geeinigt hatten, da Mirodin sich weigerte ‚Waldi’ oder ‚Fido’ genannt zu werden. Auch Rana konnte sich mit keinem Männernamen anfreunden, den Shin und Idromeel ihr vorschlugen.

Brones, wer heißt bitte schön so? Ich kenne keinen Brones und werde wahrscheinlich auch nie jemanden kennen lernen, der so heißt.

„Wie willst du denn sonst heißen?“ Shin war fast dabei die Geduld zu verlieren. „Du hast bisher jeden Namen abgelehnt. Ich meine, selbst Mirodin hat sich mit ‚Ankor’ zufrieden gegeben.“

Ankor hört sich ja auch besser an als Narob, Foner, Dwess oder Brones. Ihr habt ja auch bessere Namen.

„Also bitte! Ich finde ‚Feaon auch nicht gerade berauschend“, warf Idromeel ein „und Hellbar klingt einfach lächerlich.“

Bei Shin war das ja auch Absicht. Er wollte ja einen lächerlichen Namen.

„Also wirklich!“ Shin tat entrüstet „Hellbar ist ein altertümlicher Name, der zu der Zeit als ich geboren wurde höchst beliebt war.“ Idromeel runzelte die Stirn „Ich darf dich daran erinnern, dass du gerade mal 17 Jahre alt bist.“ „Falsch!“ der Alte wackelte mit einem runzeligen Finger vor der Nase des rotblonden jungen Mannes herum „Shin ist 17 Jahre alt, aber Hellbar ist 78 und ab jetzt bin ich Hellbar.“ Als Beweiß ließ er die Schultern hängen, krümmte seinen Rücken, stützte sich auf seiner Krücke ab und begann zu zittern. „Hellbar hat recht.“ Mirodin, jetzt Ankor, gähnte und streckte sich „Wir sind jetzt nicht mehr ‚Wir’ sondern Hellbar, Feaon, Ankor und...“ Er stockte und sah zu Rana, die ergeben seufzte.

Narob. Ab jetzt bin ich Narob, aber wehe ihr lacht darüber

„Fällt mir im Traum nicht ein“ Feaon hielt Narob eine Hand hin „Brüder müssen zusammenhalten“ Narob schlug ein und grinste seinen neuen Bruder an.

Auf eine gute Brüderschaft.

„Hach, meine Jungs“ Hellbar hob seine Arme und klopfte den beiden auf die Schultern. „Ihr wisst je gar nicht, wie froh ihr einen alten Mann macht, wenn ihr euch so gut vertragt.“
 

Auf dem Weg nach Banglad gewöhnten sich alle an diese neue Situation und sprachen sich nur noch mit ihren neuen Namen an. Rana hatte am längsten gebraucht, um nicht mehr wie eine Frau zu wirken, doch jetzt konnten Hellbar und Feaon sich sicher sein, dass niemand stutzig werden würde, wenn er sie sah. Um Ankor hatten sie sich von Anfang an keine Sorgen machen müssen und der Shin in Hellbar vermutete, dass Mirodin wohl schon öfter einen Hund gespielt haben musste.

So betraten sie unauffällig die große Handelsstadt.



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Kommentare zu dieser Fanfic (5)

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Von:  ScReW_Jin
2008-02-24T21:06:26+00:00 24.02.2008 22:06
jo was kann ich schon dazu sagen??
Wie immer einfach hammer ich muss noch die nächsten kapitel lesen bin einfach zu faul^^*
Ich hab einen Fehler endeckt^^ im 4. Kapitel in der 3 letzten zeile hast du shin mit c also Schin geschreiben^^ wollte ich dir nur mal sage^^
also schreib fleißig weiter^^

Von:  between_black_pages
2008-02-22T19:06:13+00:00 22.02.2008 20:06
Oha, der Kleene wird denen noch den letzten Nerv rauben! xD *kleinen 8-jährigen Bruder hat* Aber ich mag ihn irgendwie...
Eine schöne Geschichte! Nur mir fällt im Moment nicht mehr wirklich viel dazu ein....^^""
Nja, wie auch immer. Einfach schnell weiterschreiben! xD
Auf dass mein Laptop sich keinen Virus einfängt und das hier noch hochlädt! -.-"""

glg
Rou
Von:  between_black_pages
2008-02-22T18:51:09+00:00 22.02.2008 19:51
Hi du!
es tut mir echt wahnsinnig Leid, dass ich jetzt doch erst so rabiat spät schreibe, aber mein Laptop, bzw, die I-Net-Verbindung hat mich nie länger als 10 Minuten drinnen gelassen und das Posten von irgendwelchen Kommis ging nich... *drop* *Bildschirm tret*

Jetzt aber wirklich zum Kappi!
Ich find es sehr gut, dass du die Geschichte der Charas so aufbaust! Das macht die Story interessanter und irgendwie spannender!^^
Idromeel tut mir so Leid... aber ich denke, dass es vielleicht garnicht so schlecht war, dass er nicht mitkommen konnte. Wenn er seinen Bruder so über ihn hätte reden hörn...aua! ><
Ich bin mal gespannt, wie du die Storyline weiterführst!^^

Glg
Rou

Vielleicht klappt es ja heute auf anhieb mit nem zweiten Kommentar...?!
Von:  between_black_pages
2008-02-13T18:14:27+00:00 13.02.2008 19:14
Hi du!^^
jetz is es doch einen Tag später geworden... Ich hab Wlan und komm nicht immer ins Internet! *drop* Gestern hat es nicht funktioniert.

Ich finde deine Ideen echt klasse! Aber ich würde das Tempo ein wenig herunterschrauben! Beschreib mehr! Zum Beispiel Shins Biss, das war ja eigentlich eine Schlüsselstelle, die die ganze Geschichte prägt. Das hast du aber leider nur ganz nebenbei erwähnt.
Ansonsten kann ich nur wieder sagen: man findet einfach keine Rechtschreibfehler! xD Du bis echt schlimm! *lol*
Ich persönlich finde Wölfe total schön. Ich liebe sie wirklich! ^-^ Aber an dieses "tolle" Klischee hab ich mich längst gewöhnt. Vielleicht lernen die Beiden das Gefühl ein Wolf zu sein, ja doch noch lieben?! xD Ich fäns klasse! Könnt nur in ner Stadt oder so etwas schlecht werden...

Mach weiter so!^^ Ich hoff, dass ich dir gleich einen Kommentar beim dritten Kappi dalassen kann, aber ich muss eigentlich schon froh sein, wenn dieser hier abgeschickt wird...
Also auf dass es klappt! xD

Glg
Rouana
Von:  between_black_pages
2008-02-11T19:26:39+00:00 11.02.2008 20:26
he, das hört sich interessant an!^^
Du hast einen sehr angenehmen Stil und machst auch keine Rechtschreibfehler, dass einem schlecht werden könnte! xD
ich finde es schade, dass Fanfics, die nicht zu irgendeiner bestimmten Serie gehören, keine oder kaum Kommentare bekommen...

ich werde auf jeden Fall noch weiterlesen!^^ Allerdings schreib ich morgen ne Arbeit....ich muss noch lernen!^^""" Sprich: spätestens morgen abend kannst du den nächsten Kommentar erwarten!

Glg
Rouana


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