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Filth

[Fortsetzung zu "Wie früher..."]
von

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..Let's see a movie, holding hands like I promised you

Saying farewell in this evening before the apples and strawberries go rotten

The dream stretches forth, while we're kissing like I promised you

Saying farewell to you let's enjoy the Last Supper...

[Dir en Grey: Filth]
 

'Nach Wochen der Ungewissheit für tausende von Fans, ließ das Management der Rock-Band Dir en Grey am Vortag verlauten, dass Sänger Kyo und Gitarrist Die nach dem Überfall durch einen Fan beide wohlauf sind. Noch immer gibt es nur Spekulationen darüber was genau an diesem besagten Tag geschehen ist, doch klar ist, dass die Band vorerst eine Pause machen wird...'
 

Die aufgeschlagene Tageszeitung liegt vor mir auf dem kalten, weißen Tisch. Fünf Wochen sind seit dem Tag vergangen. Fünf Wochen ohne dich, fünf Wochen der endlosen Gespräche, der anklagenden Blicke, der Verständnislosigkeit. Wie sollten sie auch verstehen, was nichtmal ich selbst begreifen kann?
 

Bereits nach einer Woche wurde ich als unzurechnungsfähig erklärt. Nun sitze ich hier, tagein tagaus, starre an die Wand, denke nur an dich und muss so tun, als würde mich das Gerede der Psychiater in irgendeiner Weise interessieren. Ohnehin bin ich so betäubt von den Beruhigungsmitteln und anderen Medikamenten, dass es mich wundert, dass ich mich überhaupt noch an etwas erinnern kann. Manchmal, nachts, wenn ich einmal nicht an dich denke, Kyo, dann wünsche ich mir, ich könnte wieder Gitarre spielen und mit euch allen auf der Bühne stehen. Jetzt kommen mir die Erinnerungen daran vor wie ein Traum, lange vergangen und unerreichbar.
 

... wenn ich so lange nicht spiele, verlerne ich noch alles... wie soll das nur weitergehen, wenn wir endlich wieder zusammen spielen? Das werden wir doch bald, oder, Kyo? Und wenn ich nicht mehr gut genug spiele, wird Kao wütend...
 

Kaoru. Ihn habe ich auch schon lange nicht mehr gesehen. Auch die anderen sind bisher nie gekommen, um mich zu besuchen. Warum wohl? Wenn ich versuche über den Grund nachzudenken, wird mir schwindelig und schwarz vor Augen, also lasse ich es lieber. Das ist eine Sache, die ich bereits gelernt habe. Ob sie dich wohl besuchen, Kyo? Das tun sie sicher, sie werden kaum von deiner Seite weichen, obwohl du das bestimmt garnicht willst. Du willst lieber allein sein, wolltest du schon immer, du magst keine Menschen. Wir sind doch meistens die einzigen, die du an dich heranlässt, nicht?
 

... aber mich wolltest du nie an dich heranlassen... aber es war mir egal... warum hab ich dir so weh getan, Kyo? Warum?... bitte, koi... halt mich fest... lass mich nicht allein...
 

Die Tür schwingt auf und herein kommt eine der Schwestern in weißem Kittel, mit breiten Lächeln auf dem pausbäckigen Gesicht, die mich langsam aus meinen Gedanken aufwachen lässt. Sie sind wir Albträume, diese Gedanken, aber all diese Pillen, diese Pillen die sie mich jeden Tag zwingen zu schlucken, sie machen es unmöglich aus den Albträumen aufzuwachen. Sind denn diese Pillen das einzige, was einen Verrückten wie mich noch unter Kontrolle halten kann?
 

„So, Daisuke-kun, wie geht es Ihnen denn heute?“ Die Art wie sie meinen Namen ausspricht erinnert mich an etwas... an dich, Kyo, als du mich damals so warnend damit angesprochen hast, als ich deinen Arm berührt habe. Du hast geweint, damals. Ich wusste nicht warum, aber vielleicht kann ich es mir heute doch irgendwie vorstellen. Es war vielleicht das gleiche Gefühl, wie wenn sie mir beim Essen zusehen... sie tun es immer, seit ich hier bin... und jedes mal steigt die Übelkeit in mir auf dabei. Sie schauen, als wäre ich irgendeine exotische Tierart, oder als ob... als ob... ich weiß auch nicht.
 

Ich antworte ihr nicht. Meine Antwort interessiert hier ohnehin niemanden, da ich unzurechnungsfähig bin und verrückt und entgegen der offiziellen Erklärung des Managements bin ich auch noch ein Mörder. Oder wäre es fast geworden. Wie auch immer...
 

„Sie haben Besuch, Daisuke-kun!“ wieder strahlt sie vor sich hin, während sie an dem Stuhl in dem ich sitze vorbeirauscht und das Fenster weit aufreißt. Die Fenster hier sind vergittert, obwohl mein Zimmer ganz oben ist. Wahrscheinlich haben sie Angst, dass man sich von hier oben umbringen könnte. Was ein Witz. Aber was hat sie da gesagt? Besuch?
 

Verwirrt sehe ich sie an und es dauert etwas bis meine Lippen eine Antwort formen wollen. „Wer...“ Das Sprechen fällt mir schwer. Mein ganzer Körper ist von einer betäubenden Müdigkeit besessen, die mich ein bisschen an die Montagvormittage erinnern, als ich noch zu Schule ging. Verkatert und seit Freitags kaum geschlafen, der Zigaretten- und Schweißgestank aus den Clubs noch in Haaren und Kleidern.
 

... du mochtest die Schule nie, Kyo... du hast das Lernen immer gehasst... und hast nichtmal die Schule beendet... aber trotz- oder gerade deswegen bist du schlauer als die meisten Leute, die ich je kennengelernt habe...
 

Schule war für mich immer nur eine Entschuldigung nicht Zuhause zu sein. Ich hatte nie Probleme mit meinen Eltern, sie haben mich nie geschlagen und mir jeden materiellen Wunsch erfüllt. Aber für mich haben sie sich nie interessiert. Um dieser Tatsache aus dem Weg zu gehen, ging ich freiwillig zur Schule... mehr oder weniger, zumindest manchmal.
 

„Hayashi-san. Er wartet im Besucherraum!“ Ihr Strahlen wird noch eine Spur breiter – sofern das überhaupt möglich ist – und ehrlicher. Sie kennt ihn. Natürlich, wer kennt Yoshiki nicht? Aber was will gerade er hier? Mir Vorwürfe machen? Mir Schuldgefühle einreden, warum ich die Band zerstört habe, nachdem er so viel Arbeit hinein gesteckt hat? Aber nein... das ist nicht seine Art, nie gewesen. Und woher sollte er wissen, dass ich es war, der Kyo angeschossen hat, wo doch der Öffentlichkeit glaubhaft gemacht wird, es sei ein Fan gewesen?
 

Während ich noch darüber nachsinne, führt sie mich langsam an der Hand aus dem Zimmer. Als ob ich nicht selbst laufen könnte, oder uralt wäre. Es ist mir peinlich, das alles hier ist eine einzige Tortur, aber wahrscheinlich habe ich es verdient. Alles hier ist so anders, so fremd, so... distanziert, obwohl man vorgegaukelt bekommt, alle hier wären eine einzige große Familie. Wer wohl Schuld daran ist, dass ich in diese Nobelanstalt gesteckt wurde anstatt in eine ganz normale staatliche Psychiatrie?
 

Yoshiki nach Monaten wieder zu sehen ist auf gewisse Weise tröstend. Überhaupt ein bekanntes, vertrautes Gesicht zu sehen lässt mir ganz warm ums Herz werden, etwas, dass ich nie wieder zu glauben gehofft habe. Wir haben uns von Anfang an gut verstanden, trotzdem dachte ich nie, dass wir mehr für ihn wären als Geschäftspartner. Heute werde ich wohl eines besseren belehrt, warum sollte er sonst hier sein, wenn er sich nicht auf irgendeine Weise um mich sorgt? Wahrscheinlich bin ich wieder viel zu optimistisch, aber was bleibt denn schon, wenn man die Hoffnung verliert?
 

Er hat sich nicht verändert. Elegant und freundlich wie eh und je sitzt er da in Jeans und Jacket, lächelt zurückhaltend, als er mich sieht. Warum lächelt er? Ich bin schäbig, meines Lebens unwürdig; wäre ich doch nur an jenem Tag gestorben, ich müsste diese Scham nicht spüren, wie seine Blicke über meinen abgemagerten Körper streifen. Ja, er ekelt mich an, dieser Körper... hat es immer, schon bevor es mir von allen Seiten bestätigt wurde.
 

Die Schwester geht wieder raus und lässt mich mitten im Raum stehen. Erst jetzt spüre ich wie schwach ich dank der vielen Medikamente bin, meine Knie sind weich, meine Muskeln fühlen sich wie nach einem Marathon – nicht, dass ich schonmal einen gelaufen wäre. Langsam gehe ich auf den Tisch zu an dem Yoshiki in einem Sessel nahe dem Fenster sitzt. Ich setzte mich etwas entfernt von ihm in einen anderen, überschlage die Beine und verschrenke die Arme vor der Brust. Körperliche Nähe wäre jetzt das schlimmste, was mir passieren könnte, ich kann jemanden wie ihn, jemanden so reines und unschuldiges nicht zu nahe an mich lassen. Es würde ihn nur zerstören, oder? Dich hat es zerstört... Kyo...
 

Ein leises Seufzen entkommt meinen Lippen, bevor ich es überhaupt bemerke. Ich kann seinen Blick auf mir ruhen spüren, aber finde nicht die Kraft ihn zu erwidern. Was würde mir begegnen, wenn ich es täte?

„Die-kun?“ Seine Stimme ist sanft und freundlich wie immer, warm; stahlt ein Gefühl der Vertrautheit aus. „Wie geht es dir?“
 

Ich kann nicht hinsehen. Aber eine Antwort muss ich ihm geben, er hat es nicht verdient ignoriert zu werden. „Jeden Tag stirbt ein Stückchen mehr in meinem Innern... so geht es mir.“

Nun ist es an ihm zu seufzen, aus dem Augenwinkel sehe ich, wie er sich vorbeugt, die Ellbogen auf die Knie stützt, das Kinn auf die gefalteten Hände. „Was ist passiert, Die-kun?“

„Als ob Kao dir das nicht längst erzählt hat!“ Wütend funkle ich ihn an, kann die Aufgebrachtheit in meiner Stimme nicht verstecken. Natürlich ist es unfair; ich bin der letzte der das Recht hat auf irgendjemanden wütend zu sein.

„Das hat er, aber ich möchte es gerne von dir hören.“ Er ist so ruhig, scheint meinen Ton garnicht zu beachten.
 

Um Fassung ringend, die Augen geschlossen um die aufsteigenden Tränen zurückzuhalten, starre ich zu Boden. Er wird nicht eher aufgeben, als bis er gehört hat, was er hören will. Was macht es für einen Unterschied, jetzt, da mein Leben ohnehin so gut wie vorbei ist. Wie lange es wohl dauern wird, bis die Welt Dir en grey vergessen hat? Ein Monat, zwei, dann werden die Berichte in der Presse aufhören, die meisten Fans werden sich bald darauf schon eine neue Lieblingsband suchen... es hat sie nie wirklich interessiert, wer wir wirklich sind, was uns ausmacht, was wir aussagen wollen. Sie sahen schon immer nur fünf mehr – in meinem Fall wohl eher weniger – attraktive, junge Männer, aber was dahinter liegt ist für sie irrelevant.
 

„Ich liebe ihn...“, bringe ich nur kaum hörbar heraus. Es ist das einzige, das ich sicher weiß.

„Kyo?“

Ein schwaches Nicken. „Aber natürlich konnte er mich nicht lieben... keiner kann mich lieben...“

„Wie kommst du auf so einen Unsinn?“, hakt er nach. Trotz der harschen Worte, bleibt seine Stimme sanft und freundlich.
 

„Sieh mich doch nur an...“ Meine Stimme versagt mir völlig. Der Ekel vor meinem eigenen Körper übernimmt die Oberhand und irgendwie kann ich dich verstehen; am liebsten würde ich jetzt selbst irgendetwas tun, um ihn zu zerstören. Genau wie du es seit Jahren tust.

„Wenn ich dich ansehe, Die, sehe ich einen sehr gut aussehenden Mann.“, erklärt er und es hört sich so ehrlich an, dass ich es am liebsten glauben würde. „Was siehst du?“
 

Minuten vergehen, es wird unendlich anstrengend meine Gedanken zu ordnen, geschweige denn eine passende Antwort zu finden. Nur eines schwirrt mir die ganze Zeit im Kopf herum. „Willst du mich jetzt auch noch psychoanalysiern?“ Warum kann ich nicht einfach ein einziges Mal akzeptieren, wenn mir jemand helfen will?
 

Yoshiki nickt bedächtig. „Wenn du jetzt nicht reden willst, ist das okay, Die-kun. Ich bin da, wenn du mich brauchst. Ich komm dich wieder besuchen, wenn du möchtest. Wenn du irgendwann reden möchtest, dann tu das und wenn nicht, ist es auch nicht schlimm.“
 

Er redet mit mir wie mit einem Kind, aber wahrscheinlich bin ich das momentan auch, wenn man mein Verhalten betrachtet. Unbewusst ziehe ich die Knie zum Körper und mache mich so klein es nur geht, möchte am liebsten einfach verschwinden. Ich schließe die Augen, wippe immer wieder vor und zurück, vor und zurück...



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  KyOs_DiE
2008-06-28T18:23:23+00:00 28.06.2008 20:23
Da is die Fortsetzung iúnd ich freu mich auf sie...und anscheinend is sie aus Dies sicht geschrieben das is schön xD
*lachz*
*weiterles*
Von: abgemeldet
2007-12-07T19:47:03+00:00 07.12.2007 20:47
Ich bin froh das es weiter geht ^^
Armer Daidai T^T

glg
psy
Von:  -aftermath-
2007-12-01T07:39:40+00:00 01.12.2007 08:39
*__*
endlich geht weiter <3~
armer dai..
hoffe es geht dann bald weiter *__*
*mich schon aufs nächste kapi freu*
Von:  myamemo
2007-11-30T16:19:12+00:00 30.11.2007 17:19
Ich finds toll, mach bitte schnell weiter ^^

Lg
Mya


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