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Fesseln der Liebe (?)

von

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Kapitel 15

Gemeinsam verließen die Praxis und gingen Richtung Wohnzimmer, in dem Shinri bereits auf sie wartete. Doch bevor sie die Tür erreichte, blieb sie stehen. Eine Hand, die sich auf ihre Schulter legte, veranlasste sie zum stoppen. Verwirrt wand sie sich um. Hinter ihr stand Lucio und er hatte sich sehr nach an sie herunter gebeugt. Fragend blieb sie stehen und betrachtete ihn abwartend. Was wollte er?

Sanft fuhr seine Hand durch ich Haar. Ein charmantes Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus. Sofort wurde Aya bewusst, wie nah er ihr wirklich war. Sie wäre mit einen Schritt aus dieser peinlichen und zweideutigen Nähe verschwunden, läge nicht eine seiner Hände auf ihrem Rücken. Die Flucht war chancenlos.

“Sollte Shinri dich nicht glücklich machen können, dann kannst du jeder Zeit zu mir kommen. Ich finde dich nämlich verdammt süß”, hauchte er über seine Lippen, wodurch er Aya eine Röte auf ihre Wangen rief. Solche Worte hatte sie noch nie von irgendwem gesagt bekomme. Verlegen wendete sie ihren Blick ab. Erwartete er jetzt eine Antwort von ihr? Sie wüsste nicht, was sie erwidern sollte.

Aber die Möglichkeit hatte sie sowieso nicht mehr, da sich Lucios Hand plötzlich mit erschreckender Schnelligkeit von ihrem Rücken entfernte. Obendrein packte sie irgendjemand anderes und zerrte sie nach hinten.

Zunächst blickte sie verwirrt hinauf, bis sie die Person erkannte und schon kam ihr die Situation altbekannt vor. Es war Shinri, wer auch sonst! Er hatte mitbekommen, wie Lucio Aya näher kam, und hatte sofort eingegriffen.

“Lass deine Finger von Aya! Sie gehört mir!”, drohte er ihm knurrend. Aya stand dicht neben ihm. Seinen linken Arm hatte er fest um ihre Taille gelegt, während er mit seiner rechten Hand noch immer Lucio fernhielt. Aya war es etwas peinlich bei ihm zu sein und auch, dass sie sich nicht sofort von Lucio befreit hatte. Aus irgendeinem Grund fühlte sie ich Shinri verpflichtet, auch wenn dieser Gedanke absurd war.

Lucio schien keine Angst vor Shinri zu haben, noch beeindruckten ihn dessen Worte. Er ignorierte seinen Cousin sogar gekonnt und wand sich an Aya. Er informierte sie: “Aya, ich hätte es fast vergessen. Heute werden Shinri und ich uns für einige Zeit verabschieden müssen. Da wir dich aber nicht alleine lassen wollten, haben wir jemanden hierher eingeladen. Du kennst diese Person, also keine Bange.” Er zwinkerte lächelnd, was ihn ein weiteres wütendes Knurren von Shinri einbrachte.

Weiterhin ignorierte Lucio seinen jüngeren Cousin. Er hatte nur Augen für Aya. Diese war aber anderweitig in ihren Gedanken beschäftigt. Verwirrt überlegte sie, wer diese Person sein sollte, die ihr Gesellschaft leisten würde in diesem großen Haus, und wohin die beiden so dringend mussten. Ihr fiel nur dieses Familientreffen ein. Hatte vielleicht das etwas mit Shinris Laune zu tun?

Aya bedankte sich für die Information und wand sich dann an Shinri. “Und du lass mich sofort los! Ich möchte ins Wohnzimmer.” Doch anstatt sie loszulassen, öffnete Shinri die Tür und trug Aya in das dahinterliegende Zimmer. Das Mädchen begann zu zappeln und versuchte sich zu befreien, denn ihr war das ganze verdammt peinlich und das auch noch alles vor Lucios Augen. Ihr Bein tat fast nicht mehr weh und sie hatte wieder genügen Kraft, dennoch schaffte sie es nicht aus Shinris Armen zu entfliehen.

Shinri nahm auf der Couch Platz und zog Aya auf seinen Schoß. “Lass mich los!”, fauchte Aya laut und versuchte sich irgendwie zu befreien. Der Junge ließ sie aber nicht los und meinte mit kalter Stimme: “Wieso darf ich dich nicht berühren? Lucio durfte es schließlich auch.” Beinahe hätte Aya geglaubt, dass er eifersüchtig sei, aber dass konnte unmöglich sein.

Ihre Fluchtversuche und ihre Stimme erstarben sofort. Sie fühlte sich schuldig und ihr fiel auch nicht ein, wie sie Shinri entgegnen sollte. Er hatte schließlich recht. Lucio war ihr nahe gekommen und sie hatte weder um sich geschlagen noch geschrien. Aber immer, wenn Shinri sie berührte, dann fauchte sie ihn an.

Eigentlich lehnte sie sich ihm gegenüber immer nur auf, weil er sie sein Eigentum genannt hatte. Sie konnte den Gedanken nicht ertragen, dass er sie als ein Gegenstand betrachtete, wo sie doch auf etwas wie Liebe hoffte.

“Shinri, wieso bist du heute so schlecht drauf. Was ist los?”, wollte sie von ihm wissen. Da er sie noch immer fest an sich drückte, blieb ihr nichts anderes übrig, als ihren Kopf auf seine Schulter zu betten. Dabei fiel ihr das erste mal auf, wie schön das schwarz seiner Haare war. Er hatte auch andere dunkle Töne darin und es sah faszinierend aus.

Shinri atmete tief ein und aus. Sein Brustkorb hob und senkte sich und Aya konnte sein beruhigendes Herzklopfen an ihrem Ohr hören. “Es … ich mag es nicht, wenn irgendein anderer dir so nahe kommt und … ich möchte dich auch nicht alleine lassen. Wenn etwas passiert, dann bin ich nicht bei dir.”

Also machte er sich doch Sorgen. Ayas Herz erwärmte sich und begann schneller zu schlagen. Sie wusste nicht, wie sie darauf antworten sollte und schwieg eine Zeit lang. Insgeheim genoss sie die Nähe zu Shinri. Sie fühlte sich dann immer geborgen und sicher. Vielleicht sogar geliebt, auch wenn sie diesen Gedanken nicht weiterspinnen mochte.

Irgendwie war Aya so, als könne sie Shinris Glück spüren. Sie glaubte sich zu täuschen, aber ihr Herz sagte ihr, dass es wirklich so war.

Aya begann es fast zu genießen, doch wie immer musste jeder schöne Moment ein Ende nehmen. “Man, ihr solltet euch mal sehen. Wie ein frischverliebtes Pärchen. Man, ich bin neidisch”, neckte Lucio sie und riss sie aus der Zweisamkeit. Aya erschrak sich und wurde sich erst jetzt ihrer Lage wirklich bewusst. Sie hatte es zugelassen, dass sie Shinri - und sich selbst - Hoffnungen gemacht hatte.

Wieder versuchte sie sich aus Shinris Umarmung zu befreien und dieses Mal ließ er es sogar zu. Leicht verwirrt nahm sie einen kleinen Abstand zu ihm ein, spürte aber sogleich, dass etwas in ihr dagegen rebellieren wollte. Das Zeichen, dass sie beide angeblich miteinander verband, begann zu jucken und Shinri sah Aya mit einem intensiven Blick an, dass ihr die Härchen zu Berge standen. “Ich … Ich glaube, ich habe etwas vergessen”, meinte sie, da ihr nichts besseres einfiel.

Eilig lief Aya an Lucio vorbei und stürzte die Treppen hinauf. Erst als sie in ihrem Zimmer ankam und die Tür hinter ihrem Rücken fühlte, blieb sie stehen und atmete tief durch. Irgendetwas war geschehen, als er sie so unverholt angestarrt hatte. Ihr ganzer Körper hatte darauf reagiert und es war wunderschön gewesen. Das Gefühl war ihr durch Mark und Knochen gegangen und hatte eine feurige Spur in ihrem Blut hinterlassen, die sie noch immer spürte. Es war unglaublich gewesen und hatte ihr doch eine Heiden Angst eingejagt. Wieso wirkte Shinri nur so auf sie?
 

“Oha. Shinri. Was war das?” Lucio, der den Abgang ebenfalls mitbekommen hatte, konnte sich ein begeistertes Pfeifen nicht unterlassen. Anscheinend wurde die Verbindung der beiden immer stärker. Aya konnte nicht mehr lange die Gefühle zu ihm verleugnen.

Shinri starrte zur Tür, aus der Aya so schnell wie ein Orkan geflüchtet war. Wieso tat sie das immer? Wieso rannte sie vor ihm weg? Natürlich hatte er sich bereits damit abgefunden, aber dennoch konnte er nicht aufhören, sich diese Frage zu stellen. Vielleicht lag es daran, dass er von der Warashi-Linie abstammte. Er hatte das Blut des Adler in sich und seine Auserwählte musste natürlich den selben starken Willen wie er haben.

“Ich hoffe, die Versammlung dauert nicht so lange”, meinte Shinri mürrisch und lehnte sich zurück. Er hatte eigentlich keine Lust, dorthin zu gehen, aber sein Onkel könnte sonst Verdacht schöpfen. Er wollte Aya so wenig wie möglich in Gefahr bringen.

“Kann ich verstehen. Würde so eine süße Maus auf mich warten, würde ich auch nicht gerne länger als nötig fern bleiben”, lachte Lucio. Obwohl er wusste, dass er damit Shinris Wut heraufbeschwor, konnte er es nicht sein lassen.

Shinri knurrte eine leise Drohung, aber in Wirklichkeit hatte Lucio recht. Er wollte nicht länger, als er musste, von Aya fern bleiben. Er brauchte sie.
 

Gegen Nachmittag war es soweit. Aya hatte nicht mehr viel getan, außer sich einige der Bücher aus Lucios Sammlung anzusehen. Bei dem erklang der Türklingel legte sie das Buch aber zur Seite, um den anderen in den Flur zu folgen. Noch hatte sie das Gefühl nicht ganz überwunden, welches Shinri in ihr ausgelöst hatte.

Lucio und Shinri machten sich bereits fertig, um sie zu verlassen. Es war eigenartig, aber Aya wünschte, Shinri würde nicht gehen. Sie redete sich ein, dass die unbekannte Person, die als Ersatz kam, interessanter war. Ein guter Ausgleich für Shinri. Aber sie wusste, Shinri konnte niemand ersetzten.

Überrascht stand Aya hinter Lucio, der die Tür öffnete, um den neuen Besuch willkommen zu heißen. Aya hatte es gehofft, aber hätte nie geglaubt, dass dem wirklich so sein würde. Nun stand er wirklich vor ihr. Jackin! Ein Schweißfilm lag auf seiner Stirn. Die Anstrengung des Weges, der nun endlich hinter ihm lag, zeigte sich in seinen Zügen. Als er aber Aya erblickte, schenkte er ihr ein Lächeln. Vergessen waren die Schwierigkeiten.

“Ich weiß nicht, was ich hier machen soll, aber Ria bat mich hier her. Sie sagte, sie müsse woanders hin. Ich freue mich sehr, dass ich nicht so alleine bin. Vor allem, dass ich mit dir meine Zeit absitzen darf”, lachte er und stellte seinen Koffer ab. Er schüttelte Lucio die Hand, um sich ihm bekannt zu machen. Dann nickte er Shinri kurz zu und machte sich zusammen mit dem Hausherrn auf den Weg nach oben, da er sein Zimmer zugeteilt bekam. Somit ließen sie Aya und Shinri zurück.

Schweigend blickte Aya die Tür vor sich an. Sie wagte es nicht, Shinri ins Gesicht zu sehen. Sie fühlte sich in seiner Gegenwart ruhelos und der Gedanke an das Gefühl, dass er ihr beschert hatte, ließ sie einfach nicht los. Ob Shinri wusste, was in ihr vorging? Hatte er bemerkt, was sie dazu getrieben hatte, abzuhauen? Vielleicht, wenn er jetzt nicht mehr hier war, konnte sie endlich Zeit finden, darüber nachzudenken, sowohl über Lucios Worte, als auch über ihre eigenen Gefühle.

“Morgen, wenn es beginnt zu dämmern, werden wir wieder zurück kommen”, verkündete der schwarzhaarige Zoma. In seiner Stimme schwang ein Ton des Missfallens mit. Er wollte nicht weg, dass hatte Aya erst vor kurzen erfahren. Der Gedanke, er wolle nicht ohne sie sein, erfüllte sie mit Freude. Genauso wie die Tatsache, dass Shinri Jackin in ihrer Nähe duldete. Anscheinend hatten sie ihren Streit endlich begraben.

Doch Shinri wusste nicht, was in Aya vorging. Sie selbst war über ihre eigenen Gefühle verwirrt. Seit ihr gesagt wurde, dass Shinri eine Zeit lang fort von ihr sein würde, pflanzte sich ein Gedanke immer weiter in ihren Kopf ein. Sie wollte nicht ohne ihn sein. Auch wenn sie die Einsicht erschreckte, so musste sie sich eingestehen, dass sie nicht wollte, dass er ging.

Aus Trotz gegen ihre eigenen Gefühle sagte sie ihm: „Du könntest auch noch länger weg bleiben, wenn du möchtest. Ich hätte kein Problem damit. Dann hätte ich wenigstens meine Ruhe.” Sie meinte es nicht so, aber er durfte es nicht wissen. Hätte sie gewusst, was sie Shinri damit antat, hätte sie es gelassen. Sie bemerkte es kaum, aber in ihm stieg etwas auf. Ein eigenartiges Gefühl, dass sich mit Hass aber auch mit Trauer vergleichen ließ. Etwas dazwischen, dass aber so überwältigend war, dass Shinri sich kaum beherrschen konnte.

Impulsiv, etwas, dass überhaupt nicht zu ihm passte, packte er Aya am Arm und zog sie ein Stück zurück zu ihm, tiefer in den Flur. Dort angekommen fand sich sofort eine Wand hinter Aya, die sich als Sackgasse herausstellte. Shinri griff nach ihren Handgelenken und drückte diese gegen die Wand, direkt neben ihrem Kopf. Somit verhinderte er ihre Flucht.

Verwirrt und entsetzt riss sie die Augen auf. Eigentlich hätte sie ihn schimpfen sollen und ihm irgendwelche Beleidigungen an den Kopf werfen müssen, aber das Gefühl, wie schon zuvor, durchfuhr sie, wie ein Tornado. Es nahm ihr die Luft und sie konnte sich nicht dagegen wehren.

Shinri fiel über Ayas Mund her. Es war Zorn, das ihn dazu trieb. Er verstand nicht, wieso sie sich immer noch dagegen wehrte, obwohl sie doch das selbe spüren musste, wie er, wenn er ihr näher kam. Er spürte, dass Ayas Herz sich zusammenzog, als er sie so hart küsste. Sein Zeichen, dass ihn mit Aya verband, brannte auf, als wolle es ihn tadeln. Er spürte das selbe, wie Aya, und er wusste, er tat etwas falsches, aber der Gedanke, dass er sie hier lassen musste und es ihr nicht einmal etwas aus machte, schmerzte und trieb ihn an den Rande des Wahnsinns.

Die Tränen, die ihre beiden Herzen weinten, beruhigten ihn. Seine Hände ließen Aya los und umschlossen ihr Gesicht sanft. Er beugte sich über sie und küsste sie sehnsüchtig. Er konnte es nicht ertragen, sie hier lassen zu müssen und in dem Moment überfluteten all seine Gefühle Aya. Sie schnappte nach Luft, als sie seine Sehnsucht und Sorge spürte. Ihr Herz flatterte vor Aufregen und in ihr breitete sich ein Gefühl aus, das größer war, als Zuneigung.

Sie konnte es nicht mehr länger unterdrücken und legte die Arme um seinen Nacken. Die Gefühle, die sie ihm entgegenbrachte, waren überwältigend und mächtiger, als sie vermutet hatte. Nein, sie konnte es nicht mehr länger leugnen. Mit geschlossenen Augen drückte sie sich an ihn und entgegnete den Kuss. Leidenschaft entbrannte zwischen ihnen, so stark, dass es Aya erneut den Atem raubte. Shinri war mehr, als nur irgendein Junge. Das wusste sie und sie spürte das erste Mal, wie stark ihre Verbindung zueinander wirklich war. Unglaublicher Weise konnte sie sein Herz hören, dass im selben Takt schlug wie ihres und sie fühlte das Glück, dass ihn durchströmte, als sie ihn ebenfalls küsste.

Keuchend lösten sie ihre Lippen voneinander. Noch immer pulsierte die Wärme und das Glück durch ihre Adern und sie sahen sich schwer atmend in die Augen. Was gerade zwischen ihnen passiert war, konnte Aya kaum begreifen und genauso wenig leugnen. Ein Lächeln tanzte auf Ayas Lippen, während Shinri sie verblüfft ansah. Er schien es noch immer nicht glauben zu können und Aya teilte mit ihm diesen Gedanken.

“Ich … sollte jetzt gehen”, murmelte Shinri leise. Ihm kam das alles, wie ein Traum vor. Es fiel ihm schwer, wirklich daran zu glauben, dass es real war. Ein Blick in Ayas Augen korrigierte sein Irrtum. Und jetzt, da er sich Ayas Gefühle gewiss war, wollte er nicht gehen. Er hasste seine Familie mehr denn je.

Genau in diesem Moment kamen Lucio und Jackin wieder herunter. Sie sahen die beiden, eng umschlungen im Flur stehen und hielten für einen kurzen Moment verblüfft an. Vor allem Jackin konnte nicht glauben, was er sah. Es war das erste Mal, dass er nicht der Vermutung erlag, Shinri hätte Aya zu irgendetwas gezwungen. Sie schien es sogar genossen zu haben.

“Komm Shinri. Wir müssen gehen. Je früher, desto schnell erkommst du wieder zu deiner geliebten Aya”, meinte Lucio und ein zufriedenes Lächeln lag auf seinen Lippen. Shinri brummte etwas unverständliches und allen war bewusst, dass er ungern gehen wollte, doch Lucio war bereits auf den Weg zu Tür und ließ seinem Cousin keine Chance, sich zu entscheiden.

“Passt gut auf mein Haus auf. Ich vertraue euch. Essen steht im Kühlschrank. Na dann, viel Spaß.” Während Lucio sprach, hauchte Shinri einen sanften Kuss auf Ayas Stirn. Als er sich von ihr löste, spürte er eine Sehnsucht in ihn erwachen, gefolgt von dem Gefühl der Einsamkeit. Nur widerwillig folgte er Lucio hinaus. Er warf noch einen letzten Blick zurück in Ayas Gesicht. In ihren Augen stand die selbe Einsamkeit geschrieben, die Shinri plagte.

Die beiden Zomas gingen Richtung Wald und Shinri wagte es nicht, sich noch ein weiteres Mal umzudrehen. Wäre sein Cousin nicht da gewesen, wäre er wahrscheinlich sofort wieder zurück gerannt.
 

Aya sah den beiden hinterher, während sie spürte, wie ein Stück von ihr mit ihnen ging. Die beiden waren schon lange im Wald verschwunden, als sie aus ihren Gedanken gerissen wurde. Jackin stand direkt neben ihr und musterte sie aufmerksam. „Jetzt sind wir nach all der Zeit endlich wieder alleine. Was machen wir?“, fragte Jackin und seine dunkelblauen Augen beobachteten, wie Aya mit sich rang.

Einerseits war es Aya peinlich, dass sie sich so hatte gehen lassen und Jackin sie auch noch dabei beobachtet hatte, andererseits konnte sie vor ihren Gefühlen nicht ewig davon rennen. Das, was gerade zwischen ihr und Shinri vorgefallen war, hatte nichts mit Eigentumsrecht zu tun. Sie fühlte sich nicht mehr, wie eine Sklavin. Sie glaubte sogar, dass Shinris Gefühle ihrem ähnlich waren und wem dem wirklich so war, dann liebte er sie.

Sie errötete bei ihren eigenen Gedanken. Wortlos ging sie an Jackin vorbei ins Wohnzimmer. Da Jackin sich in diesem Haus noch nicht auskannte, folgte er ihr genauso still. Im Wohnzimmer nahm er neben ihr auf der Couch Platz und behielt die Stille noch ein bisschen länger bei. Er wollte Aya nicht drängen, ihm irgendetwas zu erzählen.

Doch irgendwann musste die Stille gebrochen werden. “Ich hab gehört, deinem Fuß geht es wieder besser?”, erkundigte Jackin sich und richtete Ayas Aufmerksamkeit auf sich. Diesmal musste sie Antworten und konnte sich nicht in ihren Gedanken verkriechen. Also wand sie sich an ihn und nickte. “Ja! Wir sind hier her gekommen, weil Lucio Arzt ist. Und es war eine gute Entscheidung. Ich spüre die Schmerzen kaum mehr. Nur ganz wenig.” Sie lächelte. Es war wirklich gut gewesen, hier her zu kommen.

“Das hört sich gut an”, stimmte Jackin ihr zu. “Und, wie läuft es bei dir?”, wollte dann Aya wissen. Die Frage bezog sich auf Ria und das wusste Jackin auch. Er wechselte einen kurzen Blick mit Aya, dann seufzte er. Er hatte gewusste, dass es kommen würde. Aber viel mehr dachte er an Ayas frühere Worte. Es stand noch immer zwischen ihnen. Er musste es hinter sich bringen, bevor sie über die Zomas reden könnten.

“Aya”, fing er an. “Ich wollte dir etwas sagen. Es hat mich gefreut, dass ich dir viel bedeute, aber-” Er verstummte. Aya hatte es kommen sehen. Sie wusste, worauf er anspielen wollte. Daher nickte sie beschwichtigend und deutete ihm an, zu schweigen. Es war an ihr, die Situation zu entschärfen. Er musste nicht den Mist, den sie begannen hatte, aufräumen. Sie musste es selbst machen.

“Jack. Ich weiß, was ich gesagt habe, und ich nehme es zurück. Du bist mir sehr wichtig, Jack. Sehr, sehr wichtig. Wir kennen uns schon lange und haben eine gemeinsame Vergangenheit, die ich nie vergessen könnte. Ich habe dich sehr gerne. Mehr, als meine Eltern. Aber, ich liebe dich nicht. Damals habe ich gelogen, denn ich wollte mich nicht in Shinri verlieben. Es wäre doch viel einfacher gewesen, mit dir zusammen zu sein. Aber … du bist mein allerbester Freund. Und diese Freundschaft will ich nicht aufs Spiel setzten. Du bist wie ein Bruder für mich, wie ein Seelenverwandter und mein aller bester Freund. Aber dieser eine, besondere Platz in meinem Herzen gebührt jemand anderem.” Und beide wussten, über wen sie sprach.

“Ja, finde ich auch. Du bist die Person, die ich nie aus meinem Leben verbannen könnte, da wir schon zu viel zusammen durchlebt haben und ich dich viel zu gern dafür habe. Aber ich finde auch, es sollte genauso bleiben, wie es jetzt ist.” Jackin hatte sie verstanden. So war es schon immer.

Aya nickte zustimmend. Nach diesen Worten fühlte sie sich befreit. Die Last rutschte von ihren Schultern und verschwand gänzlich. Es war schön, dass sie es jetzt geklärt hatten. Nun wussten sie beide, woran sie waren. Und sie hatten einander nicht weh getan, durch falsche Worte. Das war gut.

Schweigen umhüllte sie nach diesem Geständnis. Beide überlegten, wie sie das Gespräch vertiefen sollten. Nachdem die Zomas gekommen waren, war nichts mehr, wie früher. Zuvor hätten sie nie dieses bedrückende Schweigen akzeptiert. Sie hatten über alles mögliche gesprochen, oder sich in eine gemütliche Stille vertieft. Diese Situation, in der sie jetzt aber steckten, war fremdartig. Sie wussten nicht, wie sie damit umgehen sollten.

Aya wollte aber die Initiative ergreifen. Jetzt war die Zeit gekommen, Jackin etwas zu fragen. Shinri war nicht hier, um sie zu unterbrechen. Das selbe galt auch für Ria. Es war der perfekte Augenblick, um sich zu unterhalten, bevor es nie wieder dazu kam. Somit verfolgte sie die Frage, die vor dem Geständnis in der Luft gelegen war. Das, was sie eigentlich wissen wollte. “Wie geht es eigentlich Ria? Euch beide?”

Auf Jackins Lippen breitete sich ein sanftes Lächeln aus. In seinen Augen stand die Zuneigung geschrieben, die er Ria entgegen brachte. “Ihr geht es wieder besser. Und mir geht es auch sehr gut. Ich weiß nicht, als was ich unsere Beziehung beschreiben könnte, aber es ist gut, dass sie hier ist. Es fühlt sich einfach richtig an.”

Aya wusste, was ihr bester Freund damit sagen wollte. Genau das hatte sie gespürt, als sie Shinri vorhin geküsst hatte. Es kam ihr so richtig vor, so vertraut. Als wären sie füreinander bestimmt. Und Jackin schien die selbe Verbindung zu Ria zu haben, nur dass er es nicht verleugnete, wie Aya selbst. Er stand zu seinen Gefühlen und versuchte sie zu begreifen. Vielleicht hatte er Ria noch nie geküsst und ihr auch kein Liebesgeständnis gemacht, aber er wusste, sie spürte ganz genau, wie er für sie fühlte und das gleiche galt für ihn.

“Aber wenn wir schon mal dabei sind. Was ist eigentlich mit dir und Shinri?”, wollte Jackin wissen, um von sich selbst etwas abzulenken. Die Situation im Flur war mehr als eindeutig gewesen und doch wollte er es von Aya selbst hören.

Sofort kehrten die Erinnerungen in Aya zurück. Wie es war, ihm so nahe zu sein. Es war zu spät, es zu leugnen. Sowohl Jackin als auch sie wussten, was es zu bedeuten hatte. Auch wenn sie Angst vor den möglichen Folgen hatte. “Ich glaube, ich habe mich in ihm verliebt”, gestand sie leise. “Er kann sehr herrisch sein und nerven, doch das kann meine Gefühle auch nicht abbringen. Ich frage mich, was er vor mir verbirgt. Er hat irgendwelche Geheimnisse. Auch Ria. Ich weiß fast nichts über beide und es interessiert mich, schließlich möchte ich nicht irgendwann mit jemanden zusammenleben, von dem ich nur den Namen weiß. Du etwa?” Sie sah Jackin an, als erwarte sie eine Zustimmung.

Auf einmal schien ihre Energie anzusteigen. Sie war neugierig und wollte ihre Neugierde stillen. Shinri würde wohl nie von selbst darauf kommen, sie darin einzuweihen, also musste sie es selbst heraus finden, was er vor ihr zu verheimlichen versuchte. “Und dann das Zeichen”, begann sie erneut, dieses Mal reagierte Jackin.

“Zeichen?” Er klang etwas verwirrt. “Welches Zeichen?” Doch Aya antwortete ihm nicht und schüttelte nur den Kopf. “Nichts Wichtiges.” Jackin fragte auch nicht erneut nach, also fuhr sie fort. “Auf jeden Fall werde ich nicht tatenlos zusehen! Es geht um meine Zukunft und … ich habe eine Idee!”

Aya sah Jackin in die Augen und ein Schweigen entstand. Das Mädchen schien wirklich eine Idee zu haben und Jackin wollte lieber nicht wissen, was sie sich jetzt in den Kopf setzte. Er kannte Aya zu gut, als dass er sich beruhigen konnte. Gewiss plante sie irgendetwas, dass anderen nicht gefallen würde.

Wortlos stand Aya auf. Sie hielt es für unnötig, Jackin weiter über ihr Vorhaben in Kenntnis zu setzen. Ihre Füße trugen sie an den ersten der beiden Schränke in diesem Zimmer heran. Ungefragt und ohne schlechtes Gewissen begann sie darin zu stöbern. Sie öffnete eine Schulblade nach der anderen. Ihre Suche beendete sie aber erfolglos.

Dann wand sie sich den Büchern zu. Ihre Finger glitten über die Bücherrücken und studierten jedes einzelne und die Zwischenräume. Immer noch war nicht eine Spur in Sicht. Nachdem sie dann auch den zweiten Schrank hinters ich hatte, stellte sie sich vor eines der Porträts und hob es ein Stück von der Wand weg. Ihr Blick wanderte über den Rücken des Bildes und über die Wand. Nichts. Dasselbe wiederholte sie an den anderen Bildern, die in diesem Zimmer hingen, aber es schien nichts gefunden werden zu wollen.

Auch wenn sie jetzt noch nichts gefunden haben sollte, sie ließ sich nicht entmutigen. Sie überprüfte den Raum ganz genau. Die Couch, den Tisch und jeden Millimeter. Aber das große Wohnzimmer schien keine Informationen hergeben zu wollen. Sie schloss diese Suche ab und überlegte einen Moment.

Schweigend stand sie in der Mitte des Raumes. Jackin sah sie zweifelnd an, sagte aber kein Wort. Es war ein riesiges Haus, in dem sie sich befanden. Hier musste etwas zu finden sein, dachte Aya sich. Vielleicht nicht in diesem Zimmer, aber in eines der anderen! Schon hatte sie sich dafür entschieden, die Suche auf das ganze Haus auszuweiten.

Jackins Blick folgte ihr weiterhin. Schweigend betrachtete er die herumstöbernde Aya, die gerade etwas tat, das nicht der feinsten Art entsprach. “Was wird das, wenn es fertig ist?”, erkundigte er sich dann doch, obwohl er es bereits ahnte. “Du weißt, dass das nicht gut ist, was du da vor hast?”, fügte er hinzu. Dann schüttelte er aber den Kopf. Er kannte Aya. Wenn sich das Mädchen etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann würde sie dies auch durchziehen, egal wer sich dagegen stellen würde. Nur bei Shinri, da konnte er sich noch nicht sicher sein. Bei diesem jungen Mann war sie ganz anders, denn er wusste, wie er mit Aya umzugehen hatte. Jackin seufzte kurz und ließ sie walten.

Aya wand sich kurz um, sah Jackin an, sagte aber nichts. Als sie den resignierten Seufzer aus dem Mund ihres besten Freundes vernahm, ließ sie ihren Unternehmungen freien Lauf. Sie verließ das Wohnzimmer.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Mayuki
2008-10-05T22:30:55+00:00 06.10.2008 00:30
Spannend :x so viele Fragen.. wie immer ^^'
Naja ich hoffe einige Fragen werden im nächsten Kapi aufgelöst aber wenn.. kommen sicher nur wieder neue auf.. *hust*
Halt abwarten! x_X

Schreib schön weiter ^^ das Kapi ist dir auch wieder gut gelungen
hdl xD!!!
vlg deine Mayuki ~
P.S.: Sry das ich nicht mehr auf die Gb Einträge Antworte aber ich schaff es grade mal so dir bei deinem ff eins abzugeben >_< verzeih mir!!!
Von:  Sakura-Jeanne
2008-10-05T17:36:07+00:00 05.10.2008 19:36
hamemr kapittel


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