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Fesseln der Liebe (?)

von

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Kapitel 14

Erschöpft ließ Aya sich auf das fremde Bett fallen. Ihre Müdigkeit verschwand auf einmal und sie fing an nachzudenken. Zu gerne wäre sie jetzt wieder unten im Wohnzimmer. So könnte sie wenigstens etwas über Shinri erfahren und vielleicht irgendwann eines seiner Geheimnisse lüften.

Bisher wusste sie noch immer kaum etwas über ihn. Nur seinen Namen und das er mit Ria und Lucio verwandt war. Über seine Vergangenheit, seine Vorlieben und was er überhaupt nicht leiden konnte hatte sie noch nichts etwas erfahren, obwohl es nur Kleinigkeiten waren. Sie wusste nicht, wieso sie sich dafür interessierte, sie war eben sehr neugierig und Shinri lag ihr auf eine unbekannte Art am Herzen. Oh Gott! Was dachte sie da?!

Sie hoffte, sie würde ihn nicht wütend machen, wenn sie versuchte seine Geheimnisse zu lüften. Ach! Egal! Tatsache war, dass eine Langeweile sie plagte und sie etwas dagegen tun wollte. Sie hasste es, hier unnütz herumzuliegen. Somit beschloss sie, wieder hinunter zu gehen, um zu sehen, ob beide wirklich noch nicht schliefen. Die Müdigkeit war mit einem Mal verflogen.

Vorsichtig schlich sie die Treppen hinab. Sie versuchte leise zu sein, wie es mit ihrem Fuß nur ging. Unten angekommen bemerkte sie erst, wie laut ihr Herz klopfte. Es fühlte sich an, als tat sie etwas Verbotenes. Eine Angst, ertappt zu werden und die Konsequenzen zu spüren zu bekommen, beschlich sie.

Vom Treppenabsatz aus erspähte sie die Wohnzimmertür, die ein Spalt weit offen war. Licht flutete in den Korridor. Ihr Herz hämmerte laut an ihr Ohr. So leise wie möglich schlich sie über den Holzboden, als es auf einmal unter ihren Füßen knarrte. Entsetzt blieb sie stehen und traute sich keinen Schritt weiter. Wie zur Statue erstarrt, stand sie an derselben Stelle. Sicher öffnete sich gleich die Tür und Shinri erblickte sie. Sie machte sich auf eine Standpauke bereit.

Einige Minuten bewegte sie sich keinen Millimeter von der Stelle. Verblüfft starrte sie auf die Tür. Das Holz hatte sich keinen Millimeter geöffnet, wie sie eigentlich erwartet hatte. Hatten sie Aya vielleicht doch nicht gehört?

Sie atmete erleichtert aus und schlich weiter vor. Kurz darauf stand sie bereits neben der Wohnzimmertür. Vorsichtig lugte sich durch den kleinen Spalt. Zuerst blendete das Licht sie, doch sie gewöhnte sich schnell daran. Blinzelnd betrachtete sie die beiden jungen Männer, die auf der Couch saßen. Sie schienen sie wirklich nicht bemerkt zu haben.

Nur kurz blickte Aya um sich. Die Dunkelheit fühlte sich erdrückend an und in ihr kam das Gefühl auf, beobachtet zu werden. Trotzdem blieb sie hier stehen und belauschte die beiden Zomas, die sich anscheinend etwas Wichtiges zu erzählen hatten. Dafür war sie schließlich hier herunter gekommen, unter Todesangst. Daher würde sie sich auch nicht durch dieses eigenartige Gefühl vertreiben lassen. Hier war niemand. Es war ein leeres Haus, nur sie drei befanden sich hier. Einzig und alleine die Dunkelheit war es, die ihr das eigenartige Gefühl bescherte.

“Ja, wir haben die Nachricht gestern bekommen. Ich frage mich nur, was sich unser Onkel dabei dachte. Ria und ich mussten uns unbemerkt in den Wald stehlen. Hätte uns jemand gesehen … Ach egal. Wirst du hingehen?“ waren die ersten Worte, die Aya vernahm, und sie kamen aus Shinris Mund. Sofort fiel ihr ein, wann er sich aus dem Wald gestohlen hatte. Anscheinend schien er gestern Besuch bekommen zu haben von seinem Onkel und Aya hatte sich schon gefragt, was er die ganze Zeit gemacht hatte. Immerhin wusste sie jetzt, wieso Ria und Shinri gemeinsam im Wald gewesen waren. Doch sie fraget sich, um was es hier gerade ging.

“Natürlich! Was für eine Frage! Es müssen ALLE Zomas kommen! Das ist eine Pflicht, oder spielst du etwa mit dem Gedanken nicht zu kommen?”, fragte Lucio ungehalten. Er schien ernster, als sonst und sein Lächeln war ihm auch vergangen. Es schien um eine wichtige Sache zu gehen. Irgendein zusammen treffen.

“Ja, ich möchte nicht hingehen. Mir ist egal, ob das Oberhaupt nun heiratet oder stirbt, Hauptsache ich habe meine Ruhe”, entgegnete Shinri seinem Cousin bissig. Das Wort Oberhaupt kannte Aya bislang nur von Büchern, oder wenn es um Indianerfamilien ging. Eigenartig, dass Shinri dieses Wort verwendete. Anscheinend ging es um ein Familientreffen.

“Gesteh dir doch einfach ein, dass du bei ihr bleiben möchtest”, lachte Lucio plötzlich, als habe er den Angriff seines jüngeren Verwandten nicht mitbekommen. Seine Ernsthaftigkeit verflog langsam. Doch Shinri erreichte die Freude nicht.

“Selbst wenn ich bei ihr bleiben möchte, geht dich das etwa was an?”, konterte Shinri genervt. Aya fragte sich, über wen die beiden sprachen. Natürlich wusste sie, dass sie die einzige weibliche Person in diesem Haus war. Aber sie konnte ich nicht vorstellen, dass es wirklich um sie ging. Für sie klang das viel zu absurd.

Wieder lachte Lucio auf. “Ich habe ja nur aus reiner Neugierde gefragt. Es wird langsam Zeit für den ersten Schritt. Die Rasse stirbt immer mehr aus. Wir müssen etwas unternehmen!”, erklärte Lucio, doch lächelte er weiterhin. War es jetzt ernst gemeint, oder nur ein Scherz? Aya wusste nicht, wie das gemeint war. Schließlich sprach man schon lange nicht mehr von Rassen. Sie waren schließlich keine Hunde oder Katzen.

“Was soll das denn heißen?! Du bist doch derjenige, der seinen Partner nicht beschützen konnte!”, unterstellte Shinri seinem Cousin wütend und stand auf. Mit einem herausfordernden Blick aus seinen nachtschwarzen Augen musterte er Lucio.

“Jetzt fängst du wieder mit dieser alten Kamelle an! Kannst du Marysa nicht einfach vergessen? Sie ist gestorben! Vergiss sie endlich! Ich habe mich damit abgefunden und versuche ohne sie zu überleben, aber du?”, meinte Lucio weniger freundlich. Shinri schien einen wunden Punkt getroffen zu haben.

“Wer ist denn daran Schuld, dass sie nicht mehr unter uns weilt?! Wer hat sie denn zum Tode verdammt?!”

Nach dieser weiteren Unterstellung stand Lucio auf und entgegnete Shinris Blick ebenso erzürnt. “Ich habe es versucht! Aber sie ließ sich nicht aufhalten! Es war bereits zu spät! Sie hat sich ihr eigenes Schicksal ausgesucht. Ich wäre ihr gerne gefolgt, aber … Sie wollte es nicht wegen euch und ich wollte ihr ihren Wunsch in Erfüllung gehen lassen. Du bist der Einzige, der es nicht verstehen will! Entweder du verstehst es … oder nicht. Aber sprich nicht mehr darüber. Lass die Vergangenheit ruhen”, bat Lucio müde und leicht traurig. Die Erinnerung an die frühere Zeit hatte ihn schwer angeschlagen. Er sank zurück auf die weichen Polster.

Shinri, der immer noch stehen blieb, erklärte sich nicht mit Lucios Worten einverstanden. “Von wegen. Er hätte sie nicht sterben lassen müssen. Sie hatte doch nichts verbrochen. Nur weil sie alles wusste. Ich möchte nicht, dass ihr das gleiche widerfährt.”

“Dann pass gut auf sie auf. Sie ist wirklich ein liebenswertes Mädchen, aber auch sehr neugierig. Als ich sah, fühlte ich mich zurück an Marysa erinnert.” Lucio lächelte leicht verträumt, als schwelge er in Erinnerungen.

Aber sein jüngerer Cousin holte ihn sofort wieder zurück. “Lass bloß deine dreckigen Finger von ihr! Sie ist mein!” Nach diesen Worten herrschte eine unangenehme, drückende Stille. Lucio antwortete nicht und Shinri schien auch nicht mehr diskutieren zu wollen. Noch immer etwas zornig sank er auf die Couch und vergrub das Gesicht in seinen Händen.

Aya glaubte nicht, dass das Gespräch so schnell wieder fortgesetzt werden würde. Sie fragte sich noch immer, was genau zwischen ihnen abspielte. Sie hätte zu gerne mehr über ihre Vergangenheit gewusst. Viel mehr.

Schon spürte sie, wie die Müdigkeit zurückkehrte. Ihre Augen fielen ihr immer wieder zu und auf einmal war ihr egal, was die jungen Männer sich noch zu erzählen hatten. Müde schlich sie hinauf in ihr Zimmer. Da sie ihren Koffer nicht bei sich hatte, brauchte sie keine Zeit fürs Umziehen zu investieren. Sie kuschelte sich in das weiche Bett und schlief wenige Sekunden später auch schon ein.
 

Unten im Wohnzimmer legte sich die Stelle langsam wieder. Die beiden waren zu sehr in ihr Gespräch vertieft, um Aya wirklich zu bemerken. Selbst Shinri, der eigentlich immer wusste, wie weit sie sich von ihm entfernt hielt.

“Was wirst du machen, wenn Aya es herausfinden sollte?”, fragte Lucio nach, denn er konnte das Schweigen nicht länger ertragen. Er wusste, er hatte vor sechs Jahren einen dummen Fehler begannen, als er Marika nicht so beschützt hatte, wie er sollte. Doch wäre Shinri in der selben Lage, hätte er genauso gehandelt.

Shinri ließ sein Gesicht weiterhin in seinen Händen vergraben, denn er wollte Lucio nicht in die Augen sehen. Die Frage war berechtigt und Shinri konnte sie nicht beantworten. Sicher, er müsste sich gegen das Oberhaupt seiner Familie stellen, sollte es um Ayas Leben gehen. Aber ob er gewinnen konnte? Für das Geschlecht der Zomas nahte bereits das Ende. Konnte er sich dann solch einen Fehler erlauben? Für einen einzigen Menschen? War sie das Wert?

Ja. Aya war es wert. Für sie würde er jeder Gefahr trotzen. Für sie würde er sich selbst aufgeben und hinrichten lassen, solange es ihr gut ging. Und wenn sie wirklich dahinter kommen sollte, was die Zomas zu verbergen versuchten, dann würde er dennoch hinter ihr stehen.

Shinri hielt es keine Sekunde länger aus. Er musste nach ihr sehen. Es war für ihn das Wichtigste, sie in Sicherheit zu wissen. Ohne Lucio eine Antwort zu geben stand er auf. Weder nickte er, noch sagte er ein Wort, als er den Raum verließ. Sein Cousin hielt ihn auch nicht zurück, denn er kannte Shinris Empfinden nur zu genau. Auch er hatte einst so gefühlt, bis vor sechs Jahren, als der Tod ihn aus seinen Träumen gerissen hatte.

Geräuschlos überquerte Shinri die Treppen. Immer wieder zog es ihn magisch zu ihr, dass Band, das sie verband. Er hätte sogar blind zu ihr gefunden. Leise öffnete er die Tür, hinter der Aya schlief. Er erblickte das Mädchen tief schlafend auf ihrem Bett, umhüllt von einer weichen Decke. Wieder einmal erkannte er, wie süß sie sein konnte, wenn sie sich nicht aufregte und wütend auf ihn war. Doch er liebte es, wenn er sie ärgern konnte.

Leise betrat er das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Er stellte sich einige Zeit lang neben dem Bett auf und betrachtete die schlafende Aya. Es war kaum vorstellbar, was für schwere Lasten auf ihren Schultern lagen. Sie war wirklich neugierig, auch wenn sie ihn noch nie Löcher in den Bauch gefragt hatte, wusste er das. Und diese Neugierde barg Gefahren in sich.

Shinri fuhr mit seiner Hand sanft durch ihre Haare. Sie waren weich und wunderschön. Alles an ihr war wunderschön, auch wenn sie selbst es nicht glauben konnte. Sie und Shinri waren miteinander verbunden und füreinander bestimmt. Egal, was sie sagen und tun würde, er konnte sie nicht hassen. Dazu war er nicht imstande.

Zärtlich hauchte er einen liebevollen Kuss auf ihre Stirn und verließ dann leise den Raum. Diese Nacht würde sie ruhig schlafen können. Mit zwei Zomas in einem Haus war sie sicher. Shinri würde es nie dulden, dass irgendwer ihr etwas antat. Der Tod möge dem ereilen, der es wagen würde.
 

Müde gähnte Aya in den Morgen hinein. Sie streckte ihre Arme in die Höhe, dehnte sich und fühlte sich besser, als je zuvor. Sie hatte gut geschlafen und war fit für den Tag. Ihr Bein schmerzte ebenfalls nicht mehr so stark, wie zur gestrigen Zeit. Dieses fremdartige Mittel hatte ihr also wirklich geholfen.

Zufrieden stieg sie aus dem Bett. Sie streckte sich ein weiteres Mal und genoss den Tag und die Sonnenstrahlen, die bis in dieses Zimmer drangen. Es war Donnerstagmorgen und sie konnte kaum glauben, dass sie Shinri erst eine Woche kannte. Es kam ihr vor, als wäre er seit Ewigkeiten bei ihr. Auch fiel ihr jetzt erst ein, dass sie eigentlich in der Schule sein mussten. Ob Herr Heulsu und Jackin sich Sorgen machten? Vielleicht hatte man sogar eine Vermisstenmeldung aufgegeben?

Aya verließ ihr Zimmer gutgelaunt und stieg die Stufen hinab. Das Holz knirschte leise unter ihrem Gewicht. Ihre Hand glitt über das Geländer. Unerdessen bemühte sie sich ihre Orientierung wieder zu finden. Sie stand am Treppenabsatz und blickte durch den düsteren Korridor. Auf jeder Längsseite befanden sich Türen. Welche war nun die Richtige?

Sie entschied sich für eine Tür gleich in der Nähe. Sie öffnete bedächtig und erwartete jedes mögliche Zimmer auf der anderen Seite. Glücklicherweise hatte sie sich aber für den richtigen Raum entschieden. Das Wohnzimmer erwartete Aya bereits mit heller und freundlicher Ausstrahlung und in mitten dessen stand die Couch auf der auch schon Shinri und Lucio saßen. Überrascht betrachtete sie beide. Eigentlich hatte sie sich darauf eingestellt, die erste hier herunter zu sein.

“Guten Morgen”, strahlte Lucio, als er sie bemerkte, und lächelte ihr entgegen. Er schützte keine Müdigkeit vor, obwohl es noch früh am Morgen war. Sie konnte nicht anders und entgegnete ihm ebenso freundlich. Shinris Grummeln ignorierte sie, während der Hausbesitzer aufstand. “Lasst uns Frühstücken”, schlug dieser vor und geleitete bereits Aya zurück in den finsteren Gang. Shinri ließ nicht lange auf sich warten. Lucio und Aya alleine zu lassen war das Letzte, was er tun würde!

Gut gelaunt folgte Aya Lucio. Es schien, als hätte er ihre Gedanken lesen können. Seit dem Aufstehen hatte sie bereits einen großen Hunger und freute sich auf das Frühstück, das bald anstand. Den letzten Bissen hatte sie gestern Vormittag gegessen, seitdem nichts mehr.

Hinter ihr schritt Shinri. In ihren Gedanken verschwand der Hunger wieder für einige Zeit und sie rätselte darüber, was im Kopf des Zomas vor sich ging. Der Junge, der sie vor dem Bettgehen noch so Besitz ergreifend in eine Umarmung gezogen hatte, wünschte ihr heute noch nicht einmal einen guten Morgen. Vielleicht war gestern noch etwas vorgefallen, dass seine Laune senkte, oder es lag daran, dass sie es nur nicht verstand, wie sonst auch.

Ihr Gedankengang endete, als sie zu dritt die große, geräumige Küche betraten, in der an einer Wand ein Durchgang eingebaut war, der in das Nachbarzimmer, dem Esszimmer, führte. Dunkle Fließen säumten den Boden und eine weißhellbraune Küche zeichnete sich hier auf. In einer L-Form mitten im Raum standen Seite an Seite viele Schränke in Bauchhöhe und an der Wand hingen noch weitere. Der Herd besaß vier Platten und eine große Öffnung, die den Ofen ausmachte. Ein großer, breiter Kühlschrank gesellte sich daneben in einem strahlenden Weiß. Lampen hingen von der Decke und erleuchteten alles in einem freundlichen Licht.

Aya schritt über die Fließen und ihr Blick wanderte durch den Durchgang in das angrenzende Zimmer. Ein langer schwarzer Holztisch erstreckte sich durch den Raum. Dazu gehörige, elegante Stühle standen der Längsseite entlang und jeweils einer an jedem Enden. Zwei silberne Kerzenständer breiteten sich jeweils auf der Hälfte jeder Seite aus. An der eine Wand stand das Fenster offen und angenehm warme Luft strömte herein, ebenso wie durch die Fensteröffnung in der geschmackvollen Küche. Einige Bilderrahmen mit Stillleben hingen in jeden der Räume, gleichmäßig an der Wand verteilt.

Ayas Aufmerksamkeit wand sich wieder Lucio zu. Dieser kramte in den Schränken und dem Kühlschank und holte einige Sachen hervor. Bis sie sich versah standen Marmeladengläser, Honig, Butter, Brot und Semmeln auf der Theke, ebenso wie Milch, Tassen, Löffel, Messer und Teller. Aya räumte einige der Sachen bereits auf den langen Esstisch, während Shinri nur dort stand und seinen Cousin misstrauisch musterte.

Lucio, der diesen Blick ignorierte, wand sich an Aya: “Eine junge, hübsche Frau, wie du, muss sich doch nicht in meiner Küche abraffen. Du bist mein Gast. Setzt dich nieder und lasse dich von mir bedienen.” Er lächelte freundlich und bot ihr an, Platz zu nehmen. Aya wusste nicht, ob sie nicht doch weiter helfen solle. Dann registrierte sie jedoch seine bestimmende Miene und setzte sich gehorsam auf den ihr angebotenen Stuhl. Shinri nahm schweigend neben ihr Platz.

Es dauerte nicht mehr lange, dann stieß auch Lucio zu ihnen und sie begannen mit dem Frühstück. Es gab Kakao und Kaffe und den Rest, den Aya zuvor schon gesehen hatte. Es schmeckte köstlich und die Semmeln und das Brot waren frischer, als sie gedacht hätte. Woher hatte er das ganze Essen? Die Stadt musste doch mehrere Meilen von hier entfernt sein. Wann hatte er die gekauft? Immer wieder stieß Aya an die Grenzen ihres Urteilsvermögens. Die Familie Zoma schien mehr als nur ein Geheimnis zu halten. Nein, sie waren selber das Geheimnis, das nicht gelüftet werden wollte.

Bevor sie aber dazu kam, danach zu fragen, zog Lucio ihre Aufmerksamkeit anderweitig auf sich. Er erkundigte sich nach ihrem Befinden, wobei er sehr stark den Eindruck vermittelte, dass ihr Wohlergehen das Wichtigste auf der ganzen Welt war. Mit sorgevoller Miene betrachtete er Aya, als diese ihren Blick erhob. Schnell bejahte sie die Frage mit einer stummen Geste, bedankte sich dann aber mit Worten für die Nachfrage und Rücksicht. Wieder einmal bestätigten sich die eindeutige Unterscheidung zwischen den beiden Cousins.

“Das freut mich. Es wirkt also. Gut, dann müssen wir nach dem Essen nur noch einmal den Verband wechseln. Lass uns dafür wieder in die Praxis gehen.” Aya wusste, dies war das Beste, was ihr widerfahren hätte können. Lucio kümmerte sich gut um sie und sie war ihm höchst dankbar dafür.

Von Shinri erwartete sie nicht solches Verhalten. Obwohl er sich rührend um sie gekümmert hatte. Die Gedanken daran, machten sie auf eine Weise glücklich, die sie nicht kannte. Es lag ihr viel daran, dass Shinri sie gut behandelte. Dadurch wusste sie, wie viel sie ihm bedeutete. Nur, wieso wollte sie das wissen? Immer wieder kam sie in diesen Zwiespalt. Es war nicht mehr rückgängig zu machen. Er war ihr insgeheim wichtig, aber war sie es ihm auch?

Das Frühstück ging zu Ende. Es hatte super geschmeckt und Lucio hatte sich als wundervoller Tischnachbar herausgestellt. Freundlich und zuvorkommend, wie es sich für einen wahrhaftigen Gastgeber gebührte. Sie hatten einige Zeit lang über belanglose Themen gesprochen, angefangen mit dem Wetter, dann über den Wald und die darin lebenden Tieren. Es war interessant und aufregen, denn er war ein wirklich sehr interessanter Mann, der viel zu erzählen hatte. Jede Erzählung war spannend und lehrreich.

Bei ihren Gesprächen entging Aya dennoch nicht Shinris Gegenwart. Es ärgerte sie, dass er nichts dazu beitrug und nur schweigend neben ihnen saß. Vor allem aber hatte seine düstere Miene sie gestört. Es war nicht zu übersehen, dass er Lucio am liebsten an den Kragen gesprungen wäre. Ob es an ihr lag, oder ob die beiden Männer gestern einen Streit hatten, war ihr nicht ganz klar.

Shinris Laune wurde noch schlimmer, als Lucio Aya erneut in das Praxiszimmer führte. Der jüngere Zoma verschwand schweigend ins Wohnzimmer, aber sein Blick hätte Lucio töten können.

Im Behandlungssaal nahm Aya wieder einmal auf dem Bett Platz. Lucio kniete sich vor ihr nieder und nahm den Verband ab. Dass er ihn jetzt schon herunter tat, war schon eigenartig, aber Aya stellet es nicht in Frage. Die Flüssigkeit, die er gestern Nacht auf ihr Bein geschmiert hatte, wirkte schnell und ihr Bein tat immer weniger weh.

“Du, Lucio. Kann ich dich etwas fragen?” Aya blickte zu ihm hinab. Ihr Bein war nicht mehr geschwollen und nur noch leicht gerötet. Sie war erstaunt, dass es so schnell ging, doch bedrückte sie etwas, dass nicht mit ihrem Bein zu tun hatte.

Lucio lächelte freundlich. Er nickte, nahm sich einen nassen Lappen und fing an, Ayas Bein zu säubern. Das Wasser fühlte sich kalt an. Sanft wanderten einige Tropfen hinab und glitten über die weiche Haut.

“Na ja. Weißt du, wieso Shinri heute so mürrisch ist? Hast du ihn irgendwie verärgert, oder liegt es an mir?” Dass Shinri allgemein sehr eigenartig war, wusste sie schon lange. Diese Frage hatte sich bereits erübrigt, doch heute schien ihm wahrlich eine Laus über die Leber gelaufen zu sein. Vielleicht keine Laus, sonder Lucio?

“Ach. Ist mir noch gar nicht aufgefallen”, neckte Lucio Aya und zeigte ein schmunzelndes Lächeln. “Aber ich glaube, es liegt an dir.”

“An mir?!”, wiederholte Aya die Worte vollkommen erschrocken. Wieso sollte es an ihr liegen? Sie hatte ihm nichts angetan, außer ihn vielleicht zu oft beleidigt.

Lucio lachte amüsiert auf, sodass er Aya vollends verwirrte. “Du bist wirklich süß, Aya. Ein Zoma hat dich nicht verdient, aber ich wäre glücklich, wenn du trotzdem bei ihm bleiben würdest, egal was passieren sollte. Nur du kannst ihn retten.”

“Wovor?”, erkundigte sich Aya verwundert. Diese Worte klangen seltsam in ihren Ohren, als läge sehr viel daran, dass sie in Shinris Nähe blieb. Retten? Zuerst war sie schuld daran, dass er so schlecht gelaunt war und dann sollte auch noch sie ihn retten?

“Hör zu, Aya. Es gibt Sachen, die solltest du lieber nicht wissen. Und wenn du wissen möchtest, weswegen Shinri heute so gut gelaunt ist, dann solltest du ihn lieber selber fragen.” In Lucios dunkelgrünen Augen blitzte es amüsiert auf. Aber seine Worte brachten Aya nicht davon ab, irgendwie mehr über Shinri heraus zu finden. Was sollte schon großartiges geschehen, wenn sie etwas über ihn herausfand? So schlimm konnte es nicht sein, außer er hatte irgendwann mal ein Verbrechen begannen.

Sie schüttelte die Gedanken beiseite. Je mehr sie darüber nachdachte, desto verwirrter wurde sie. Selbst Lucio konnte ihr nicht helfen. Viel mehr brachte er sie immer mehr durcheinander, wofür Aya sich auch gleich bedankte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Mayuki
2008-10-03T18:36:31+00:00 03.10.2008 20:36
Omg geiles Kapi Q__Q!!!
Naja jetzt hat man etwas mehr Erfahren aber wieder so viele Fragen ._.'!
Nya wer wird wohl kommen... fragwürdig... x_X' *halt abwarten muss* *zusammenreis*

qq Mach schön weiter aber.. nich hätzen!!!!! ♥
hdggggdl *abknuddel und keks schenk* o:
vlg deine Mayuki
Von:  Sakura-Jeanne
2008-10-03T16:58:38+00:00 03.10.2008 18:58
hammer kapitel


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