Zum Inhalt der Seite

Fesseln der Liebe (?)

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 9

In wenigen Minuten hatte Aya sich hergerichtet und sogar ihre Haare wieder geordnet. Da sie allgemein vielleicht nicht die hübscheste war, musste sie sich nicht um Kosmetik oder anders Zeug kümmern - immerhin eine die das Bad nicht verstopft. Sie hatte sich nur so schnell beeilt, um noch einen Platz im Speisesaal zu ergattern, schließlich fraß der Hunger ihr schon Löcher in den Bauch. Doch als sie in dem großen Raum ankam, war er vollbesetzt.

Stimmengewirr und der Duft des Essen hießen sie willkommen, genauso wie dutzende an Schülern, nicht nur aus ihrer eigenen Klasse. Alle hatten sich an die kleinen Tische auf dem Boden gedrängt und die beigefarbenen Sitzmatten eng aneinander gereiht. Es sah alles nach Japanischem Stil aus und Aya fühlte sich an ihre damalige Reise zurück erinnert.

Schnell scheuchte sie diesen Gedanken beiseite und kämpfte sich durch die Gruppen. Hier und da vernahm die Gekicher oder Getuschel, als sie vorbeiging. Ihr war sofort klar, dass es nur an Shinri und Berry lag. Gewiss hatte man allen schon erzählt, wie man sie vorgefunden hatte. Nass wie ein begossener Pudel. Doch Aya ließ sich dadurch nicht ärgern und marschierte weiter, bis sie doch noch einen freien Platz fand. Den letzten.

So schnell wie möglich machte sie sich auf den Weg dorthin. Sie hatte riesigen Hunger und wollte nicht noch länger warten. Als sie an dem kleinen Tisch ankam, fragte sie höflich: “Ist dieser Platz noch frei? Dürfte ich mich zu euch setzten?”

Eine ihr bereits bekannte stimme antwortete ihr: “Natürlich. Er wurde für dich reserviert.” Sofort fielen ihre Gedanken in ein schwarzes Loch. Wie immer blieb ihr nicht verschont in seiner Nähe zu sein. Shinris schwarze Augen musterten Aya und er deutete frech grinsen mit einer Hand auf den Tisch selbst. Es war bereits für sie gedeckt worden.

“Wir haben nur auf dich gewartet, lahme Schnecke”, meckerte Ria und sah Aya etwas giftig an. Sie saßen einander gegenüber und neben Ria hatte Jackin seinen Platz. Der blonde Junge lächelte ihr nur zu und schenkte kurz darauf Shinri einen vielsagenden Blick - eine kleine Drohung.

Aya ließ sich nicht weiter daran stören. Ihr Hunger plagte sie so sehr, dass sie es sogar in Kauf nahm, jeweils neben und gegenüber eines Zomas zu sitzen. Sie bedankte sich sogar höflich und nahm Platz. Gemeinsam begannen sie still für sich zu essen.

Doch die Stille hielt nicht lange. Aya war fast fertig mit ihrem Essen und die anderen waren allesamt satt. Sie wollte sich das letzte Fischstück nehmen, als Ria ihr zuvor kam. Das Mädchen schnappte es ihr vor der Nase weg und aß es auf, bevor Aya etwas sagen konnte. Wütend fuhr Aya auf. “Das war meins!” Die Letzten, die noch hier waren, blickten allesamt auf.

Ria grinste frech. “Ach, echt? Und da regst du dich auch noch auf? Dabei nehme ich dir doch immer das weg, was du möchtest”, neckte sie das andere Mädchen und der Sarkasmus schwang deutlich in ihrer Stimme mit.

Sofort funkelten Ayas rehbraunen Augen zornerfüllt. Da es sich hier aber nur um ein kleines Fischstück gehandelt hatte und sie sich nicht wieder in ein Streit mit hineinziehen lassen wollte, vergaß sie es und wollte sich einen kleinen Schluck Sake gönnen. Der Lehrer war bereits auf seinem Zimmer, also konnten die Schüler ungesehen Sake umherreichen lassen.

Wieder kam Ria ihr zuvor und schwenkte die Sakeflasche vor ihrer Nase hin und her.

“Was soll das?!”, zischte Aya aufgebracht. Sofort wollte sie sich die Flasche wieder an sich reisen. Immer wieder verfehlte sie die Flasche kurz und Ria kicherte fies über Ayas misslungene Versuche.

“Komm, lass es gut sein, Aya”, meinte Jackin dann im versöhnenden Ton. Er konnte den beiden nicht länger zusehen und hoffte, dass sie die Spielereien lassen würden, aber die Mädchen hörten nicht auf. Aya ärgerte sich immer mehr, während Ria ihren Spaß dabei hatte. Jackin wollte erneut etwas sagen, als Shinri - der es ebenfalls lästig war zuzusehen - eingriff.

Geschickt entnahm der schwarzhaarige Zoma die Sakeflasche aus Rias zarten Händen und reichte es an den Nachbartisch weiter. Die Jungs daran nahmen ihn dankbar an.

Da die Sakeflasche endlich außer Gefahr war, wand Shinri sich an Ria. Sein Blick bekundete sein Missfallen. “Ria, du solltest Aya endlich ihre Ruhe lassen, oder möchtest du dich gegen mich auflehnen?” Seine Stimme war bedrohlich ruhig und auf einmal schwieg Ria mit gesenktem Blick. Immer wieder hörte sie die unausgesprochene Frage ihres Cousins. ‘Stellst du dich gegen mich?’

Ria schluckte. Sie kannte Shinri sehr lange, aber er war in der ganzen Zeit nicht einmal wütend ihr gegenüber geworden. Es war das erste Mal und sie durfte und wollte ihm nicht widersprechen. “Ich entschuldige mich für meine Ungehorsam”, sprach sie mit betrübter, schwacher Stimme und hielt weiterhin den Blick gesenkt.

Shinri nickte. “Gut”, war das einzige, was er ihr darauf entgegnete. Aya blickte von einer Person zur anderen und merkte kurze Zeit später auch, dass es Jackin genauso erging. Sie warfen sich einen fragenden Blick zu. Was war hier los? Aya erkannte Ria nicht mehr. Es schien, als unterwarf sie sich ihrem Verwandten. Aya ahnte bereits, dass etwas anderes, als Freundschaft, sie verband.

“Und nun zu dir.” Shinri wand sich nun an Aya, die gehofft hatte, er ließe sie aus. Leider bestätigten sich ihre Hoffnungen nie. Somit sah sie auf, in die unergründlichen Tiefen Shinris dunkler Augen. Sie schluckte. Etwas blitze darin auf. Sie konnte es nicht deuten. War es Wut? Hass? Furcht? Oder etwas ganz anders? Egal, wie oft sie diesen Zoma nun ansah, sie würde ihn nie ganz verstehen, seine Gefühle und seine Denkweisen. Er war eigenartig. Sie vermochte es nicht, ihn für immer zu ignorieren, oder gar zu hassen. Egal, wie oft sie dachte, sie könnte ihn überhaupt nicht ausstehen. Sie belog sich selber.

“Habe ich dir erlaubt, Sake zu trinken? Die beiden Gläser zuvor waren mehr als genug”, tadelte Shinri sie. Er hatte bereits Ria seine Denkweise deutlich gemacht, nun wollte er auch Aya zeigen, was er von alledem hielt. Dachte er etwa, sie würde auf ihn hören? War er ihr Vater oder gar ihr Freund? Nein! Nie und nimmer!

Trotzig verschränkte sie die Arme. “Sollte das jetzt ein Befehl sein?” Es klang weniger wie eine Frage, mehr nach einem Vorwurf. Eine Augenbraue des Zomas zog sich nach oben. Abschätzend musterte er Aya, die noch immer wie gebannt in seine Augen starrte, in denen sich nun auch Belustigung mischte.

“Was würdest du tun, wenn es einer wäre?”, fragte Shinri nach und wartete geduldig auf eine Antwort. Wollte er sie testen? Aya wusste wirklich nicht, wie sie über ihn denken sollte, doch sie ließ sich nicht herumkommandieren! “Ich werde dem bestimmt nicht nachgehen! Wenn du jemanden etwas vorschreiben möchtest, dann tu es, aber nicht mit mir!”

“Das wollen wir ja sehen”, entgegnete der Zoma dem und ein amüsiertes Lächeln spielte um seine Lippen. Aya war außer sich vor Zorn, ihm schien es nichts aus zu machen. Er erfreute sich sogar daran.

Jackin wollte nicht mehr zusehen, wie Shinri Aya verbal angriff. Er meldete sich leise drohend zu Wort: “Wie oft muss ich dir noch sagen, dass du sie richtig behandeln oder ganz in Ruhe lassen sollst?”

Der Rest der Klasse - der sich noch hier befand - begann zu lachen. An ihrem Tisch wurde es langsam brenzlig. Ein falsches Wort und irgendwer von ihnen würde in die Luft gehen. Aya konnte Shinri nicht ausstehen, wenn er ihr sagte, was sie zu tun und lassen hatte. Das selbe dachte auch Jackin, der Aya glücklich sehen wollte.

Shinris Augen dagegen, blitzten nun seinerseits zornig auf. Niemand wagte es, sich gegen ihn zu stellen und sich in seine Angelegenheiten einzumischen. Wenn Aya sich gegen ihn auflehnte, dann durfte sie es. Er mochte diese Art an ihr. Sie war seine kleine Wildkatze, die er zähmen würde. Jackin aber, hatte nie dar Recht bekommen, sich gegen ihn zu stellen. Wollte er sich als großer Retter aufspielen? Oder ihm Aya wegnehmen? Der Hass, die in seinen Augen funkelte, konnte unermesslich groß werden. Jackin sollte lieber auf der Hut sein.

Ria wusste, was gut für Jackin war. Er durfte sich nicht mit Shinri anlegen. Niemand durfte es. Nur alleine Aya war es gestattet. Sie legte ihre Hand auf die Schulter des blonden Jungen und sah ihn eindringlich an, auch wenn dieser den Blick nicht erwiderte. “Jack, das ist nicht dein Brot. Lass sie in Ruhe. Du weißt, du gehörst zu mir, also mach mich glücklich und ignoriere sie wenigstens für heute Abend.” Sie sprach leise und flehend, doch erreichten ihre Worte nicht Jackins Ohr. Er sah weiterhin, wie gebannt, in die schwarzen Tiefen seines Gegenübers.

“Genau, Jackin. Höre lieber auf Ria. Sie weiß, was gut für dich ist, im Gegensatz zu dir. Aya gehört mir und niemand wird sich dazwischen stellen”, erklärte Shinri ihm.

“Hey! Ich hab ja wohl auch noch ein Wörtchen mitzureden!”, fauchte nun Aya ihrerseits und boxte Shinri kräftig in den Arm, dem es nichts auszumachen schien. Auf einmal bemerkte Aya die Stille, die im Raum herrschte. Alle Mitschüler blickten gebannt auf ihren Tisch. Manche von ihnen tuschelten bereits. Vielleicht schlossen sie Wetten ab, wer als Sieger hervorgehen würde.

Aya sprang auf. Sie war mehr als wütend auf Shinri. Wie oft hatte sie ihm schon widersprochen. Immer wieder hatte sie versucht, klarzustellen, dass sie nicht ihm gehörte. Nie nahm er es wahr. Sie war wirklich rasend vor Zorn. Am liebsten hätte sie ihm eine gescheuert, doch hielt sie sich zurück.

“Ich habe nie gesagt, dass ich zu dir gehöre. Wer ist denn ungefragt in mein Leben hereingeschneit und hat-.” Aya verstummte, als nun auch Shinri aufstand. Er überragte sie um einiges und wirkte groß und mächtig. Sein dunkler Schatten fiel auf sie, der sie wie eine Hülle umgab und sie lähmte. Schockiert hielt sie den Atem an. Ihr Blick war auf das Gesicht ihres Gegenübers gerichtet. Sie konnte seine Gedanken nicht ausmachen. Seine Züge wirkten eisern und ruhig. Nur das starke funkeln in seinen Augen verriet ihr, dass er äußerst wütend war. Doch Aya hielt seinem Blick stand.

Das Publikum hielt den Atem an. Jackin und Ria, die auf ihren Plätzen saßen, waren vergessen. Sie bemerkten nicht, wie Ria mit aller Macht versuchte, Jackin zu besänftigen, um ihn aufzuhalten. Das Augenmerk des ganzen Raumes lag auf Shinri und Aya, die sich nur schweigend in die Augen starrten, als trugen sie einen Kampf gegeneinander in Gedanken aus. Es flogen keine Worte mehr umher, wie zuvor. Keine lauten Schreie oder drohende Befehle und auch die Mitschüler hatten ihr Getuschel und Wetten abgestellt. Eine unangenehme Stille herrschte.

“Hey, was ist denn los?”, rief auf einmal eine Jungenstimme. Der Schüler schien wohl die Spannung nicht zu bemerkten, die im Raum hing. Er durchbrach die Stille und auf einmal löste sich etwas. Die Leute im Raum, die zuvor vollkommen in ein angespanntes Schweigen gefangen waren, begannen wieder ihre leisen Gespräche, was den Streit anbelangte. Ein Raunen und Tuscheln ging durch das Zimmer.

Auf einmal rief ein weiterer Junge laut: “Wieso tragt ihr nicht einfach einen Wettkampf aus?” Sofort stimmten weitere mit ein. Immer mehr fanden diesem Vorschlag mehr als passen und ein Ruf nach Wettkampf erhob sich. “Wettkampf! Wettkampf!”, riefen sie und das Rufen schwoll immer mehr an.

Ein hämisches Grinsen huschte auf einmal auf über Shinris Gesicht und auch die Anspannung zwischen ihnen löste sich. “Na, wie findest du den Vorschlag?”, fragte er in einem leisen Ton. Nur Aya vernahm seine Worte.

“Mir ist es recht. Um was spielen wir? Was ist dein Wetteinsatz? Und welche Disziplin?”, entgegnete Aya dem mit ernster Mine.

Shinris Hand glitt nach vorne. Seine Finger glitten sanft über Ayas und wanderten hinauf zu ihren Haaren. Ein seltsames Kribbeln befiel das Mädchen. Es war ein schönes, jedoch eigenartiges, Gefühl, wovon sie noch mehr kosten würde, wenn sie dürfte. Sie musste sich am Riemen reißen!

Shinris Hand spielte mit den brünetten Strähnen und er lächelte leicht vergnügt. “Ich trete gegen dich an in allem, was dir lieb ist. Ein Match. Nur du und ich. Sollte ich gewinnen, werde ich ganz bei dir einziehen, deine Wohnung wird auch meine sein. Und, hast du den Mumm dazu?” Er grinste schelmisch.

Aya wurde nervös. Sie verdammte sich dafür, dass er ihr begegnet war. Natürlich, sie konnte nicht wirklich was dafür, obwohl … hätte sie sich ihm gegenüber anders verhalten, wäre er vielleicht nicht so anhänglich oder hätte gar das Interesse verloren. Sie musste auf jeden Fall annehmen, denn sie wollte nicht als Feigling dastehen. Auch, wenn es für sie um viel ging, musste sie zustimmen. “Gut, abgemacht! Wenn ich gewinne, wirst du dich aber für immer von mir fernhalten!”

Ria atmete scharf ein, als missfiele ihr dies, aber sie sagte kein Wort. Shinri verstand sie auch ohne großes Reden, schließlich ging es für ihn um viel. Da er aber nicht vorhatte zu verlieren, ging er darauf nicht ein.

Seine Hand streifte ein letztes Mal Ayas weiche Haare. Als Aya ihm aber ihre Hand anbot, um die Wette zu besiegeln, verließ seine eigene ihren Platz und schlug ein. “Abgemacht! Worin werden wir uns nun messen?”, fragte er grinsend und neben ihm vernahm er das Seufzend seiner Cousine, als hätte er gerade sein Todesurteil unterschrieben.

“Wir spielen Tischtennis!”, meinte Aya entschieden und ihr Gesicht strahlte bereits siegessicher. Zuversichtlich verließ sie den Raum, gefolgt von allen anderen, die sich noch im Speisesaal befanden - allesamt Mitschüler von ihnen. In einem kleinen Raum, in dem zwei Tischtennisplatten aufgebaut worden waren, versammelten sie sich dann. Das Mädchen mit den schwarzen Haaren - das unauffällige, dass Aya neben Shinri gesehen hatte, holte Schläger aus der Rezeption und einen Ball dazu. Alle waren dafür, sie als Schiedsrichter aufzustellen, also stellte sie sich gewissenhaft an der Seite der Platte auf, die Schläger und den Ball noch immer in der Hand. Um den Tisch herum hatten sich die ganzen Schüler versammelt, etwa Zwei Meter abstand von der Platte haltend. Einige von ihnen hatten sich auch auf die zweite im Raum nieder gelassen.

Als die Schiedsrichterin das Zeichen gab, begann das Match und sofort zeigte sich, dass beide verdammt gut mit dem Schläger umgehen konnten. Der ball zischte von einer Seite zur anderen und immer wieder wurde er gehalten. Beide gaben dem anderen keine Chance zu gewinnen.

Der größte Teil der Klasse war auf Shinris Seite und sie feuerten ihre Favoriten lauthals an, aber ihre Meinung beeinflusste keineswegs das Spiel. Aya und Shinri waren so sehr auf den Ball und ihren Gegner fixiert, dass sie die meiste Zeit vergessen, dass sich noch andere mit im Raum befanden. Nur, wenn wieder ein Punkt an einen von beiden ging, vernahmen sie das Jubelnd und konnten kurz einen Blick auf ihre Mitschüler erhaschen.

Aya rann der Schweiß über die Stirn. Sie atmete schwer vor Anstrengung. Ihr Gegner bewegte sich anmutig und präzise. Sie musste aufpassen, dass sie den Ball nicht vergaß, um ihr Gegenüber anzustarren. Shinri spielte echt gut. Vielleicht hätte sie sich nicht selbst überschätzen sollen? Nein, sie wollte nicht verlieren! Sie musste diesen Kampf für sich entscheiden. Es war mehr als notwendig!

Jackin, der mit Ria hinter der Schiedsrichterin stand, betrachtete das Schauspiel gelöst und ruhig. Eigentlich wollte er, dass Aya gewann. Jedoch war Shinri ein ehrenvoller und sehr starker Gegner, so dass er ebenso den Sieg erringen könnte. Er genoss das Spiel. Noch nie hatte er zwei Menschen gesehen, die sich so sehr auspowerten. Es ging um viel für beide und keiner von ihnen wollte nachgeben.

Ria, die neben ihm stand, beobachtete das Schauspiel, den hin und her fliegenden Ball und die beiden Spieler, mit großer Anspannung. Am liebsten hätte sie eingegriffen und hätte an Shinris Vernunft appelliert. Doch kam es ihr nun mehr so vor, als wäre seine Vernunft verloren gegangen. Wie konnte er auch so töricht sein und sich auf diese Wetten einlassen, wie ein kleiner Junge?

Sie verstand, dass es für ihn verlockend war, für immer in Ayas Nähe sein zu können. Es stand aber viel mehr auf dem Spiel, als sich jeder im Raum vorzustellen vermochte. Dennoch, obwohl es um so viel ging, hatte Shinri ohne zu zögern eingewilligt. Er war stark, schnell, klug und mutig. Er hatte einen starken Willen. Sie hoffte stark auf seinen Gewinn und freute sich am meisten von allen, wenn er einen neuen Punkt für sich holte.

Es ging bereits auf 22 Uhr zu, als sich die Mitschüler zum größten Teil verabschiedet hatten. Einige Mädchen blieben, darunter natürlich die Schiedsrichterin. Ria und Jackin betrachteten das Spiel, dass noch immer kein Ende genommen hatte. Es war noch kein Sieger feststellen. Zwischen ihnen lag es Unentschieden, wie schon die ganze Zeit über.

Aya war außer Atem. Sie rang nach Luft und der Schweiß der Anstrengung lief ihr über das Gesicht. Auf Shinris Stirn zeigten sich auch einige Schweißperlen, doch atmete er ruhig und stabil, wie zu Anfang des Spieles.

Der letzte Aufschlag stand bevor. Wer den nächsten Punkt machen sollte, würde gewinnen. Wieder flog der Ball von einer Seite zur anderen. Das leise Aufprallen des Balles auf die Platte war zu vernehmen und das schwere Atmen des brünetten Mädchens, ansonsten herrschte Stille. Ria war müde, doch ließ sie sich nichts anmerken. Sie musste zusehen, musste Shinri beistehen. Sie wusste jetzt schon, dass sie nie so etwas mit Jackin machen würde, egal um was es ginge.

Aya fühlte sich nicht gut. Sie war müde und die Kräfte drohten ihr zu versagen. Der Ball kam auf sie zu und sie schlug ihn, wie zig Male zuvor auch. Das Holz ihres Schlägers traf auf Plastik und schleuderte die hohle Kugel zurück. Sie wusste nicht, was Shinri dachte, wie er sich eben fühlte, ob er nicht auch das Ende seiner Kräfte fühlte.

Wieder kam der Ball zurück und sie erwischte ihn ein weiteres Mal. Sie musste es schaffen, sie musste gegen ihn gewinnen. Ja, sie würde all ihre Kraft in den nächsten Schlag legen. Das Spiel wäre zu Ende und sie hätte gewonnen. Shinri konnte diesen Ball dann unmöglich aufhalten.

Schon kam ihre Chance auf sie zu geflogen. Sie sammelte ihre Kraft so gut es ging. Stark und präzise traf sie den Ball und hoffte, Shinri würde ihn nicht erwischen. Schon flog die Kugel los. Shinri grinste. Wieso?

Plötzlich flog der Ball tiefer und tiefer und knallte gegen das Metallnetz. Bevor Aya reagieren konnte, prallte der kleine Ball wieder zurück. Er hatte noch genug Energie durch ihren starken Schlag übrig und schlug ihr gegen die Stirn. Erschöpft und perplex ließ sie sich auf den Boden fallen. Sie atmete schwer. Ihr Körper fühlte sich bleiern und müde an. Sie hatte sich vollkommen ausgepowert. Doch war ihr das egal. Viel schlimmer war, dass sie verloren hatte. Gegen Shinri!

Noch immer benommen und außer Puste, blieb Aya auf dem kühlen Steinboden sitzen und beobachtete, wie Ria mit erleichtertem Gesichtsausdruck Shinri um den Hals fiel. Ebenso gingen nun die wenigen Schulkameradinnen, die geblieben waren, auf Shinri zu und beglückwünschten ihn.

“Geht es dir gut?” Jackin kniete sich neben ihr und sah sie besorgt an. Direkt hinter ihm stand ihre Schiedsrichterin, dessen Namen Aya immer noch nicht kannte. Außer ihnen kam sonst kaum jemand. Dankbar lächelte Aya ihrem besten Freund zu. “Es … geht”, seufzte sie enttäuscht. Sie konnte noch immer nicht glauben, dass sie wirklich verloren hatte.

“Nimm dir die Niederlage nicht so zu Herzen. Immerhin hast du gewiss noch einmal eine Chance für eine Revanche”, erklärte das schwarzhaarige Mädchen und lächelte sanftmütig. Sie reichte Aya ihre Hand, um ihr aufzuhelfen. Schläger und der Ball lagen auf der Tischtennisplatte.

Dankbar nahm Aya die Hand an und stand keuchend auf. Jackin sah sie erneut besorgt an, aber bevor er fragen konnte, lächelte Aya ihm entgegen und erklärte erneut: “Mir geht wirklich gut. Nur etwas müde.”

“Mach dir keine Sorgen, Jack. Ich bringe sie auf ihr Zimmer”, schaltete sich dann auch Ria ein und schmiegte sich an Jackins Arm. “Morgen wird bestimmt ein weiterer stressiger Tag.”

Jackin ließ es sich aber nicht nehmen, noch einmal zu fragen, ob Aya sich wirklich sicher war. Als sie wieder das selbe Antwortete, wandte er sich an Ria und bedankte sich lächelnd. Ria konnte nicht anders, als ihn zu umarmen, woraufhin Jackin leicht errötete. “Ja, dann. Gute … Nacht”, sagte er zu allen dreien etwas verlegen, wand sich dann um und verließ den Raum.

Shinri sah Aya eine Zeit lang an, bevor auch er sich widerwillig umwandte und Jackin schweigend folgte.
 

Es war Mitternacht. Der Mond schien hell am düsteren Himmel. Ein kalter Luftzug zerrte an den Blättern der Bäume. Die Nacht war zum Fürchten geschaffen. Die Schüler schliefen und bekamen von den knarrenden Holzdielen und dem wehenden Wind kaum etwas mit. Doch zwei der Betten waren leer.

Aya hatte die Nacht zu ihrem Tage gemacht. Endlich konnte sie sich in aller Ruhe ihr Bad gönnen und mit dem eiskalten Wind war das heiße Wasser nur noch angenehmer. Das Einzige, was sie störte, war die Dunkelheit. Obwohl sie bereits mit 12 Jahren alleine in ihrer Wohnung gewohnt hatte und sich in der ganzen Zeit daran gewöhnt haben sollte.

Sie hatte die Augen geschlossen und trieb durch das heiße Wasser. Der Dampf hüllte sie ein und am liebsten wäre sie hier eingeschlafen. Das Bad heilte ihren schmerzenden Körper und lockerte ihre verspannten Muskeln. So trieb sie einige Zeit, bis sie doch zu müde war, um noch lange auf zu bleiben. Sie stieg aus den Heißen Quellen heraus und schlang das große Tuch um ihren Körper. Als sie gerade die Schiebetür in das Haus erreichte, erklang ein Rascheln in den Bäumen, das gewiss nicht vom Wind erzeugt wurde.

Neugierig wand Aya sich um und starrte hinüber zu den Bäumen. Sie sah einen großen Vogel hinwegschweben. So groß, wie sie ihn nie zuvor gesehen hatte. Sie rieb sich die Augen und schob es auf ihre Müdigkeit, dann ging sie hinein, trocknete und zog sich um, bevor sie sich auf den Weg durch die dunklen, knarrenden Gänge machte. Es war so finster, dass sie kaum mehr die eigene Hand vor Augen sah und sie fühlte, wie die Angst in ihr hoch kroch. Doch sorgte sie sich auch darum, dass der Lehre sie vielleicht erwischte.

Eilig durchquerte sie die Flure und lauschte dem Knarren des Bodens, darauf bedacht, auch andere zu entlarven, sollte jemand hier herumschleichen. Doch zu ihrem Glück traf sie niemanden und schon bald betrat sie erleichtert ihr Zimmer. Der Raum lag fast ganz im Dunklen. Nur das Mondlicht, das durch das kleine Fenster hereinfiel, spendete Helligkeit.

Aya blieb in Mitten des Zimmers stehen und spähte nach Links. Auf dem Bett lag Ria. Sie schlief leise vor sich hin, eingehüllt in einer wärmenden Decke. Nachdem Aya sich darüber vergewissert hatte, dass sie nicht aufgeflogen war, legte sie sich in ihr eigenes Bett. Nach kürzester Zeit fielen ihr die Augen zu und sie glitt in einen traumlosen Schlaf.

Gleich nachdem Aya einschief, öffnete Ria ihre Augen, die in der Dunkelheit hell leuchteten. Geräuschlos setzte sie sich auf und blickte zu Aya, die dank der Müdigkeit, der Anstrengung und des Alkohols gewiss nicht so schnell aufwachen würde. Elegant warf Ria ihre Decke zurück und stand auf.

Da Ria sich sicher sein konnte, was Aya betraf, wendete sie sich dem Fenster zu. Der Mondschein warf einen Schatten in das Zimmer und zeigte ihr, dass der Besuch bereits hier war. Leise öffnete sie das Fenster. Kalter Wind strömte herein, gefolgt von einer Person, dessen Gesicht im Schatten lag.

“Er schläft. Geh zu ihm”, meinte der Besucher und Ria nickte dankbar. Sie schlich zur Tür und verabschiedete sich wortlos. Hier bei Aya fühlte sie sich einsam. Sie brauchte jemand anderen an ihrer Seite. Also ließ sie das Mädchen und ihn hier alleine zurück.

Es war dunkel, aber es machte ihr kaum etwas aus. Sicher und geräuschlos schlich sie die Flure entlang. Hinter einigen Türen konnte sie es schnarchen hören und auch das Knarren des Holzes, dass durch den Wind erzeugt wurde, blieb ihr nicht aus. Aber es war niemand mit ihr im Haus unterwegs. Unerkannt kam sie an ihrem Ziel an. Die Tür vor ihr war nur leicht angelehnt und dankbar öffnete sie diese. Auf Samtpfoten schlich sie herein. Das Zimmer war dem ihrem genau identisch und das eine Bett war leer, während auf dem anderen ihr geliebter Jackin schlief, die Decke bis zum Bauch hochgezogen und das Gesicht der Wand zugewandt.

Ria lächelte zärtlich, als sie ihn so schlafen sah. Seit sie am Donnerstag bei ihm eingezogen war, sah sie jede Nacht so ein liebliches Gesicht. Sie konnte nicht anders, als es zu lieben, so wie sie ihn liebte. Sanft fuhr sie durch seine blond gebleichten Haare und seufzte innerlich. Hatte Aya ihn jemals so gesehen? Sie hoffte nicht, denn sie wollte, dass dieser Anblick nur ihr alleine gehörte. Genauso wie Jackin nur ihr alleine gehören sollte.

Sie schob die Decke ein Stück zur Seite und ließ sich auf das Bett gleiten. Liebevoll kuschelte sie sich an Jackins Rücken. Endlich war sie alleine mit ihm. Keine Aya, nein, nicht einmal Shinri. Ria empfand in diesem Moment pures Glück. Sie hätte in diesen Augenblick nirgends anderswo lieber sein wollen, als hier. Sie fühlte seine Wärme, hörte seinen ruhigen Atem. Wenige Minuten später schlief dann auch sie ein, mit einem sanften Lächeln auf dem Gesicht.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2008-09-01T09:17:57+00:00 01.09.2008 11:17
*-_-°* Ach! Aber "Déjàvu" schreibst du fehlerfrei, ja?
Das Kapitel war klasse!
In einen dunklen Wald?
Hoffentlich geht keiner hops, wie in deisen eigenartigen Horrorfilmen, die man immer nachts guckt, wenn nichts besseres läuft! ^^
Freu mich schon zu lesen, wie's weiter geht!
Tüddelü!

Von:  Mayuki
2008-08-27T05:12:51+00:00 27.08.2008 07:12
Ahw sry garnet mitbekommen das nen neues Kapi da is >-<
Naja ich find klasse xD!!!
*-* Dunkler Wald.. yeah.. <3 freu mich schon was da so schönes passiert!
Shinri ist echt seltsam öÖ *Kopf zerbrech*
Naja xD egal... *hust*
Mach weiter so man liest.. oder schreibt sich ^^!!!
hdgdl *knuddel*


Zurück