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Akuroku ~ Memories for Life

Erinnerungen verschwinden nicht - sie verstecken sich nur
von

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Falle

Als ich aufwachte, wusste ich nicht mehr, wie lang ich geschlafen hatte.

Allerdings musste es wirklich sehr lange gewesen sein, denn es war bereits stockfinster und aus der Stille auf den Straßen und den zum größten Teil bereits abgedunkelten Fenstern schloss ich, dass es wohl scheinbar auch mitten in der Nacht war.

Die Realisierung all dieser Aspekte hatte nur einige wenige Sekunden gedauert... Bis ich mit meinem bisher schweifenden Blick abrupt innehielt. Unterbewusst hatte ich dieses Gewicht, welches meine linke Schulter im Moment ein wenig belastete, schon die ganze Zeit gespürt, aber ich bekam es jetzt erst richtig mit. Ich sah in die entsprechende Richtung und stellte fest, dass es sich beim Urheber dieser Belastung um... Axels Kopf handelte. Sofort errötete ich ein wenig; zu ungewohnt war mir eine derartige Berührung.

Jetzt hatte ich ein Problem.

Ihn aufwecken wollte ich nicht; er musste schließlich wirklich sehr erschöpft sein, wenn er sogar in einer solchen Haltung so ruhig schlafen konnte und diese Erholung wollte ich ihm einfach nicht nehmen.

Auf der anderen Seite hätte ich es allerdings selbst nötig gehabt, meinen abgebrochenen Schlaf weiterzuführen, was mir angesichts der momentan vorherrschenden Umstände wohl eher schwer fallen würde.

Ich versuchte es dennoch, indem ich meinen Kopf vorsichtig auf den Axel’s bettete; natürlich wohlbedacht darauf, ihn nicht aufzuwecken. Obgleich es ja irgendwie schon der Wahrheit entsprach, war ich nicht besonders erpicht darauf, dass er mitbekam, dass ich mich in seiner Nähe -in dieser Nähe- so sicher und vielleicht sogar schon fast geborgen fühlte, wie schon seit viel zu langer Zeit nicht mehr...

Als ich nun also meinen Kopf auf den seinen legte, war ich sogleich ein wenig erstaunt, denn ich hatte nicht damit gerechnet, dass sich diese optisch so hart und spitz wirkende Frisur Axel’s tatsächlich so weich, ja beinah samtig, anfühlen könnte. Ein wahrlich... angenehmes Gefühl.

So schloss ich alsbald meine Augen und versuchte, einzuschlafen.

Nach einiger Zeit gelang es mir auch - wobei ich allerdings anfangs recht lange lediglich in einer Art Dämmerzustand trieb, weil meine Seele sich partout nicht zwischen Aufregung und Ruhe entscheiden wollte.

Ich wusste nicht, wie, aber schließlich schaffte ich es doch, einfach abzuschalten und mich gänzlich im Land der Träume einzurichten.
 

Am nächsten Morgen wachte ich mit einem unangenehm ziehenden Schmerz im Nacken auf. ‘Nicht schon wieder...’, dachte ich nur müde. Ich war es ja eigentlich schon gewöhnt, mir im Schlaf den Hals zu verrenken - wenn ich keine etwas erhöhte Unterlage für meinen Kopf zur Verfügung... hatte...? Moment...

War ich nicht eigentlich angelehnt an Axel eingeschlafen?!

Wieso lag ich jetzt einsam und verlassen mit verrenktem Hals hier, mitten in der Stadt, keine Menschenseele weit und breit?

Ich setzte mich langsam auf und drehte meinen Kopf unter zusammengebissenen Zähnen erst zur einen, dann zur anderen Seite, um die Schmerzen, die mein Gedächtnis ein klein wenig vernebeln wollten, womöglich zumindest teilweise loszuwerden und, falls das schon nicht gelang, mir wenigstens einen Überblick über die momentanen Gegebenheiten zu verschaffen. Diese bestanden unter anderem in der, auch nach näherer Betrachtung unverändert bleibenden, Tatsache, dass ich Axel nirgends entdecken konnte; er war also wie vom Erdboden verschluckt und hatte anscheinend auch kein Interesse daran, diesen Zustand in nächster Zeit zu ändern.

Schließlich erhob ich mich mit einem leisen Seufzer und begann, mir meinen Weg durch die schmalen Straßen dieser Stadt zu bahnen.

Als ich schon auf halbem Wege zu mir nach Hause war, begann ich allmählich, meine Schritte etwas zu beschleunigen. Das lag mitunter an dem leisen Grummeln, mit dem mich mein Magen auf jene gewisse Leere aufmerksam zu machen versuchte, die ja immer zwangsläufig von mangelnder Nahrungsaufnahme herzurühren pflegte.

Angetrieben von diesem Hungergefühl erhöhte ich mein Tempo noch ein wenig und setzte meinen Weg nun unter Ausnutzung diverser Abkürzungen fort.
 

Verhältnismäßig wenige Minuten später kam ich zu Hause an. Ich beeilte mich, die relativ kleine Wohnung zu betreten, legte schnell meine Straßenkleidung ab und ging in die Küche. Aus dem dort befindlichen Schrank griff ich mir eines der darin gestapelten Fertiggerichte, welches direkt im Anschluss seinen Weg in die Mikrowelle fand. Es sollte nur fünf Minuten dauern...

Diese Zeit wollte ich nutzen, um einmal kurz ins Wohnzimmer zu gehen. Dort wollte ich nachsehen, ob mich vielleicht jemand zu erreichen versucht hatte... Wobei ich allerdings gar nicht erst die Naivität aufbrachte, diese Möglichkeit wirklich ernsthaft in Betracht zu ziehen. Denn die Leitung meines Telefons vegetierte schon lange ebenso einsam vor sich hin, wie es auch diese gesamte Wohngegend draußen tat.

Nun betrat ich also den größten Raum dieses meines Heims und ließ meinen Blick erst einmal stehen bleibend ein wenig schweifen. So leer...

Obwohl dieses Zimmer recht spärlich und trist eingerichtet und gestaltet war -die einzigen Möbel waren ein gleichermaßen zu klein und zu groß wirkender Tisch in der Mitte, drei Stühle drumherum, eine winzige Sitzecke und gegenüber des etwas kleinen Fensters eine alte Schrankwand, welche den Fernseher enthielt-, war es mir bisher doch immer gemütlich genug erschienen. Jedoch war dem momentan aus einem scheinbar unerfindlichen Grunde nicht mehr so... Aufgrund der wirklich wenigen Möbel wirkte dieser Raum generell fast doppelt so groß wie er wirklich war - doch verdoppelte sich durch jenen Schein auch gleichzeitig die vorherrschende Leere, die nun auf einmal mit ihren kalten Händen nach meiner Seele zu greifen suchte, um mich in ein gnadenloses Einsamkeitsgefühl zu ziehen... HALT!

Ruckartig schüttelte ich den Kopf, um diese düsteren Gedanken loszuwerden. Was war nur schon wieder los mit mir?!

Wieso konnte ich denn nicht einfach das erledigen, was ich vorhatte und dann zur nächsten Tätigkeit schreiten?

Immer machte ich mir alles ganz automatisch viel schwerer, als es eigentlich war...
 

Mit einem Seufzer verwarf ich auch diesen Gedanken und machte mich auf in eine andere Ecke des Raumes; genau genommen logischerweise in jene, in der sich mein Ziel -das Telefon- befand.

Als ebenjenes in meine Sichtweite kam, staunte ich nicht schlecht. Da blinkte doch tatsächlich das kleine Lämpchen des Anrufbeantworters fröhlich vor sich hin! Gleichermaßen freudig und aufgeregt vollendete ich meinen Weg und drückte in gespannter Erwartung auf den Knopf, welcher zur Zeit das einzige war, was dieses ekelhafte Abgeschiedenheitsgefühl in meinem Körper zu zerschlagen vermochte. Wer sollte sich wohl die Mühe machen, mich -ausgerechnet MICH!- anzurufen?

Als nun die Stimme eines erwachsenen Mannes ertönte, wusste ich im ersten Moment nichts damit anzufangen, da ich sie schlichtweg nicht zuordnen konnte. Doch nachdem ich der Nachricht eine Weile gelauscht hatte - die Stimmt fragte mich, ob ich Lust und Zeit hätte, in einer Stunde zu dem beliebtesten Treffpunkt der Stadt, einem kleinen Berg, der schon eher nur einem Hügel glich, zu kommen - erkannte ich den Sprecher allein an der Art, wie er sich ausdrückte. Zum Glück wurde mir auf dem Display seine Nummer angezeigt, sodass ich ihn sofort zurückrufen könnte. Diesen Drang verspürte ich durchaus, da mir die Nachricht doch ein paar Fragen aufgeworfen hatte.

Wieso kannte er meine Nummer?

Was war der Grund für seine Frage nach einem Treffen?

Und vor allem: Hatte dieser Wunsch eine tiefliegendere Bedeutung?

Die beiden ersten Fragen stellte ich wenige Minuten später in den Telefonhörer. Die letztere hatte ich so schnell verworfen, wie sie mir aufgekommen war: SO durfte ich gar nicht erst zu denken beginnen! Also lieber kein Wort darüber verlieren.

“Also gut, Axel”, beendete ich kurz darauf das Gespräch. “Dann sehen wir uns also später. Bis dann.”

Nachdem ich noch ein paar Sekunden dem trostlosen “Aufgelegt”-Tuten am anderen Ende der Leitung gelauscht hatte, nahm ich den Hörer vom Ohr und blickte ihn noch eine winzige weitere zeitlang beinah schon sehnsüchtig an...; nur, um ihn im nächsten Moment reichlich unsanft auf das festgekabelte Gegenstück zu schlagen.

Es sollte aufhören!

Nein... ICH sollte aufhören. Aufhören, meiner Seele die Überhand zu lassen. Aufhören, mit meinen Gedanken langsam, verschwommen, aber dennoch von meinem Verstand bemerkt in derartige Richtungen zu driften...

Es war doch ohnehin Quatsch.
 

Trotz allem stand ich rund eine Stunde später am von uns (bzw. eigentlich eher nur von Axel) vereinbarten Treffpunkt und wartete auf den Rothaarigen. Dieser verspätete sich tatsächlich um einige Minuten. Toll... “Dabei war es doch sogar seine Idee...”, murmelte ich ein wenig genervt. Ich hätte zu Hause wirklich genug andere Dinge zu erledigen gehabt - stattdessen vergeudete ich hier nun meine kostbare Zeit mit Warten...

Ich hatte vorangegangene Worte kaum zu Ende gedacht, als mich plötzlich ein unerwarteter Schreck zusammenfahren ließ. Dieser rührte von den zwei schwarz behandschuhten Händen her, welche auf einmal von hinten nach meinen Schultern gegriffen hatten. Blitzschnell drehte ich mich um. Das Ergebnis dieser Aktion war, dass mir ein schmales, grinsendes Gesicht mit grünen Augen entgegen schaute.

“Axel! Da bist du ja endlich!”, stellte ich mit ein wenig verhaltener Begeisterung fest und fügte dann leise, mit fast schon beiläufig klingender Betonung hinzu: “Ich hatte nicht vor, den Rest des Tages hier rumzustehen.”

Axel’s Grinsen verlor bei diesen Worten zwar ein Minimum seiner Breite, dachte aber gar nicht daran, von seinem Gesicht zu verschwinden. Er erwiderte, als hätte er meine letzte Bemerkung gar nicht mitbekommen: “Klar bin ich hier. Wo sollte ich auch sonst sein?” Bei der Art, wie er gerade mit mir redete, hätte mich ein unterstreichendes Augenzwinkern seinerseits absolut nicht gewundert. Aber dieses blieb logischerweise aus. Stattdessen wandelte sich sein freches Grinsen in ein rücksichtsvolles Lächeln. “Wartest du schon lange?”, erkundigte sich mein Gegenüber nun. Seine Stimmlage verriet mir, dass er sich ehrlich darum sorgte, also schenkte nun auch ich ihm ein -wenn auch zurückhaltendes- Lächeln und erwiderte: ”Nein, es geht schon.” Dann kam ich auch schon auf meine Frage zu sprechen. “Und nun? Hattest du... was bestimmtes vor?”

Es war nichts Schlimmes. Nein, es war ganz bestimmt nichts Schlimmes. Dennoch war ich ein wenig angespannt, was meinem Gesprächspartner trotz jeglicher Mühe leider nicht so verborgen blieb, wie es vielleicht gut war.

“Hey, was hast du denn auf einmal? Alles in Ordnung?” Keine Ahnung, ob für mich eine gewisse Anspannung einfach schon zu natürlich geworden war... Auf jeden Fall wusste ich irgendwie gar nichts mit seinem Nachfragen anzufangen. “Hm? Klar!”, erwiderte ich deshalb nur knapp. Aber irgendwie wollte ich es dann doch ein wenig genauer wissen. Also hakte ich einfach nochmal nach. “Warum fragst du?” Er zog für einen winzigen, unauffälligen Moment die Augenbrauen hoch, meinte dann aber nur: “Ach, nicht so wichtig. Hab mir wohl nur was eingebildet. Vergiss es einfach.” Sein letzter Satz wurde von einer wegwerfenden Handbewegung begleitet, die mir deutlich machte, dass ein weiteres Nachhaken eh keinen Sinn haben würde. Also beließ ich es eben dabei.

“Okay”, begann ich schließlich, um uns aus dieser einigermaßen bedrückten Stimmung herauszubringen. “Was jetzt? Du hast mich doch wohl kaum ohne Grund hierher bestellt, oder?”, wollte ich jetzt wirklich allmählich seinen Hintergedanken wissen.

“Das nicht”, erwiderte Axel. “Aber es ist keine allzu große Sache. Ich dachte mir nur, dass du dich vielleicht freuen würdest, wenn ich dir einen Auslöser liefern würde, einmal einen abwechslungsreicheren Tag zu erleben.” Als er meinen zweifelnden, erstaunten Blick bemerkte, erklärte er seine Worte näher: “Wenn du nicht den ganzen Tag allein zu Hause hocken musst. Das wird doch auf Dauer sicher langweilig.” - “Na ja, eigentlich nicht wirklich”, meinte ich, hätte mich aber sogleich aufgrund meiner eigenen Aussage selbst ohrfeigen können, da sie natürlich einfach nur Blödsinn war. Nun war Axel daran, mir zweifelnde Blicke zuzuwerfen. “Findest du?” - “Zweifelst du?”, konterte ich, rang mir sogar einmal ein angedeutetes Lächeln ab, was mein Gegenüber sogleich mit unverhohlen erfreutem Blick erwiderte. “Nö, ich kann mir nur nicht so richtig vorstellen, was an einem einsamen Tagesablauf so besonders aufregend sein soll... Besonders, wenn er sich ständig wiederholt.” An der Art, wie er das eben sagte, meinte ich erkennen zu können, dass er mit derartigen Lebensabschnitten bereits selbst Erfahrungen gemacht haben musste.

Dennoch...

Wie kam er darauf, so einfach von sich auf andere zu schließen?

Ich stieß einen kurzen, womöglich etwas angenervt wirkenden Seufzer aus und meinte schließlich zu dem Rothaarigen: “Axel... Komm doch einfach mal zum Punkt. Wieso dieses Treffen? Du kannst mir doch nicht erzählen, dass es einfach so eine aus-Spaß-an-der-Freude-Aktion war!” Zu diesen Worten sah ich ihn eindringlich an; wobei ich mir allerdings meine eigene Skepsis momentan nicht zu erklären vermochte. ...mögliche Hintergedanken dieses Mannes waren doch wohl nicht etwa irgendwelche verborgenen Wunschträume von mir... oder etwa doch?!
 

Wahrscheinlich hätte ich noch viel länger darüber gegrübelt, doch ich hatte einem Gesprächspartner eine Frage gestellt und so riss mich ebenjener nun sofort durch Beantwortung dieser aus meinen Gedanken. Er legte -mal wieder- einen grinsenden Blick auf, in dem so eine gewisse... ja, beinah Verdächtigung lag. “Und wenn?” - “Wie jetzt?” - “Wenn es nur aus ‘Spaß an der Freude’ wäre...” - “...was es nach der Art der Reaktion schon mal nicht ist...” - “...würde das irgendetwas Besonderes zur Folge haben?”, beendete Axel, unbeirrt meines Reinredens, seine Frage. Ich kam zu dem Schluss, dass der Rothaarige eindeutig zu neugierig war. Zudem ließ ich erst ein paar Sekunden der Überlegung verstreichen, bevor ich ihm schulterzuckend, aber mit einem neckischen Grinsen versehen, meine Antwort gab; welche für ihn so wenig aufschlussreich wie möglich sein sollte: “Tja - Wer weiß?” - “War das ein ‘Ja’?”, wollte Axel sofort wissen. “Such’s dir aus”, erwiderte ich trocken. Letzteres gelang mir aber wohl nur, weil ich während diesem fast verhörähnlichen Gespräch seinen Blicken geradezu meisterhaft auswich.

Es war Axel anzusehen, dass er diese Tatsache nicht so einfach auf sich sitzen lassen wollte. In diesen Momenten wirkten seine so klaren, grünen Augen beinahe durchbohrend und es fiel mir trotz allen Mühen schwer, diesem Blick länger standzuhalten.

Ein kurzes Schweigen verging zwischen uns, dann meinte Axel in beschwörendem Ton: “Bist du dir da sicher?” - “Wieso sollte ich mir da nicht sicher sein?”

Mir ging diese ewige Fragerei allmählich wirklich auf die Nerven. Was sollte das?!

...Hatte er vielleicht etwas bemerkt, was selbst ich in diesem Moment noch nicht einmal (oder bestenfalls unterbewusst) auch nur ahnte? Wollte er mich mit diesem fastr schon anstrengenden Gespräch etwa auf die Probe stellen?

All diese Gedanken liefen in mir wie das Band eines Filmes in Sekundenschnelle ab und riefen in mir nun doch eine vage Vorahnung wach... Diese wirkte jedoch auf meinen Verstand so grotesk, dass ich sie gar nicht erst weit genug vordringen ließ, um meine nächste Antwort zu beeinflussen.

“Klar bin ich mir sicher.”

Trocken. Trocken wie die Winde der Sahara wollte ich diese Antwort klingen lassen. Ich fand eigentlich, dass mir das auch recht gut gelungen war.

Wahrscheinlich war mein Fehler einfach der gewesen, dass ich nun doch auf seine provokanten Blicke eingegangen war und ihm direkt in die Augen gesehen hatte. Wie war das noch? - “Die Augen sind der Spiegel der Seele”?

Das schien ja nun doch der Wahrheit zu entsprechen, denn das scheinbar immer währende Grinsen Axel’s verbreiterte sich noch einmal mehr und schließlich antwortete er: “Okay... Dann entscheide ich mich einfach für die Variante...” Er sah mich durchdringend an. Wie ich diese Spannungspausen mittlerweile hasste! Mein rothaariges Gegenüber ließ mich zappeln wie einen Fisch am Haken und hatte ganz offensichtlich auch noch Spaß dabei!

“...dass es nichts zur Sache täte, völlig egal wäre und nichts Besonderes zur Folge hätte”, schloss Axel nun endlich die Ausführungen, die er so in die Länge gezogen hatte. Ein sanftes, erleichtertes Lächeln bildete sich nun auf meinen Lippen. Dies lag allerdings deutlich weniger daran, dass ich auf diese seine Antwort gehofft hatte als an der Tatsache, dass ein verräterisches Funkeln seinen Augen seine soeben ausgesprochenen Worte Lügen strafte. So erwiderte ich nun lediglich lächelnd: “Na, dann ist es ja gut.”

Jetzt drehte ich ihm den Rücken zu und fragte -unübersehbar ein winziges Bisschen verträumt-: “Wie wär’s...? Wollen wir ein wenig Spazieren gehen? Es soll doch schließlich ein ‘abwechslungsreicher Tag’ werden, nicht wahr?” - “Ja... Das soll es”, meinte Axel. Seine Stimme hatte in diesem Moment, ähnlich einer seltsamen Verbindung, einen meiner beinah identisch klingenden Tonfall inne. Aber ich redete mir lieber schnell ein, dass auch dessen besondere Bedeutung wohl nichts anderes als Einbildung sein musste; wie sollte es auch anders sein?
 

Schließlich machten wir uns auf den Weg- selbstverständlich, ohne ein bestimmtes Ziel vor Augen zu haben. Wir plauderten, sahen uns hier und da einige Schaufenster an und machten einmal eine kleine Pause, um etwas zu trinken.

Als die Sonne bereits ein gutes Stück tiefer stand, als zu Beginn unseres Ausfluges, kamen wir an der alten, gotischen Kirche vorbei. Ich wusste nicht, woran es lag, aber ich fühlte mich schon lange von diesem imposanten Bauwerk angezogen. Die Ursache dessen musste wohl in meiner vergessenen Vergangenheit liegen...

Jetzt jedenfalls fiel der Blick meiner Begleitung auf die große Turmuhr.

“Meinst du, das alte Ding geht richtig?”, fragte er nun etwas unsicher. “Klar”, erwiderte ich wie aus der Pistole geschossen, “Kirchturmuhren gehen immer richtig!” - “Das is’n Problem...”, murmelte der Rotschopf nun leise. Auf meinen verständnislosen Blick hin erklärte er seine Reaktion: “Ich hab’ völlig vergessen, dass ich dir noch was zeigen wollte... Wie lange brauchen wir ‘runter’?” Mit ‘runter’ meinte jeder in dieser höher gelegenen Stadt den Weg zum Strand, welcher sich im Nordwesten erstreckte und an sonnigen Tagen eine strahlend weiße Grenze zwischen Land und Meer bildete.

Ich antwortete: “Keine Ahnung. Aber ich denke, wenn wir gut sind, schaffen wir’s vielleicht in zwanzig Minuten...” Axel grinste nun zufrieden. “Sehr schön, das reicht.” Mich noch im Unklaren lassend, packte er nun prompt meine Hand und zog mich mit sich in Richtung Nordwesten. Er hatte es offenbar wirklich eilig, sodass ich anfangs Mühe hatte, in den schnellen Rhythmus seiner Schritte einzusetzen. Erschwerend nutzte er nun auch noch einige Abkürzungen und Schleichwege, von denen ich nicht einmal im Traum gedacht hätte, dass sie je als solche geeignet wären.

“Axel? Wieso hetzt du denn so? Was willst du mir dort ‘unten’ denn so Wichtiges zeigen?”, fragte ich ihn ungeduldig, als wir schon circa die Hälfte der Strecke hinter uns hatten. Ich war doch tatsächlich etwas außer Atem. Hatte der Rothaarige etwa vergessen, dass meine Beine ein gutes Stück kürzer als seine eigenen waren?!

Er erwiderte jedoch nur wieder auf seine typisch geheimnisvolle Art: “Das wirst du dann schon sehen.” Nach einer kurzen Pause des Sprechens -den Weg setzten wir unermüdlich fort- fragte er mich unvermittelt: “Kennst du eigentlich das Café ‘unten’?” Fragend sah ich auf. “Café? Nein, keine Ahnung... Du musst wissen, ich war schon ziemlich lange nicht mehr dort.” - “Hff...”, machte Axel nur. Für ihn stellte diese meine Antwort wahrscheinlich einzig ein weiteres Indiz für meinen langweiligen Alltag dar; schließlich galt der Strand als eines der beliebtesten Ausflugsziele der Gegend und jeder typische Städter war, so hieß es zumindest, mindestens dreimal im Jahr dort ‘unten’. Dass dies nicht auf mich zutraf, bewies nur einmal mehr, dass ich mich in einiger Hinsicht eben recht deutlich von den anderen Bürgern unterschied - worüber ich im Übrigen alles andere als traurig war.

Axel konnte es sich nun jedenfalls doch nicht verkneifen, ein “Merkt man” an seine sonst reichlich wortkarge Antwort anzuhängen. Außerdem erklärte er: “Das Café gibt es schon mindestens ein halbes Jahr lang. Der Bau begann natürlich noch viel früher... Jetzt sag bloß noch, dass du nicht mal davon was mitbekommen hast!” - “Ehrlich gesagt... Nein!”, musste ich etwas verlegen gestehen.

Diese zugegebene Weltfremdheit meinerseits musste Axel wohl wahrlich ungewöhnlich vorkommen.

“Nicht mal das...”, wiederholte er grübelnd. “Na ja, was soll’s! Dann wurd’s ja echt Zeit, dass du mich getroffen hast!” Er zeigte triumphierend auf sich selbst und grinste dabei über beide Ohren. “Ja”, lächelte ich nur, da ich einfach nicht wusste, wie ich mit anderen Menschen -und dann auch noch ausgerechnet mit derart heiteren- umgehen sollte. Mein Begleiter, der bisher immer einige Schritte vor mir gelaufen war, kam nun zu mir, legte mir einen Arm um die Schulter und zeigte mit dem anderen in Richtung Strand, welcher nun wenigstens schon mal in Sichtweite gekommen war. “Jetzt werd ich dir gleich beweisen, dass du in all der Zeit echt was verpasst hast!”

Diese Euphorie, die er ausstrahlte, faszinierte mich regelrecht.

Es entsprach der blanken Wahrheit, dass ich seit mehr als einem Jahr nicht mehr ‘unten’ gewesen war... Das war jedoch auch mehr als logisch: Ich hatte einfach nie einen Grund gesehen, diesen Weg zurückzulegen, nur, um die paar Minuten dort mit Nichtstun zu verbringen (was ich zu Hause schließlich genauso gut konnte und auch tat) und schließlich den ganzen Weg, der einem obendrein rückzu viel länger vorzukommen pflegte, wieder zurückzugehen.

Schlicht und ergreifend hätte man auch sagen können: Ich war einfach zu faul gewesen.

JETZT hatte ich einen Grund: Ein Mann, der Axel hieß, mindestens einen anderthalben Kopf größer war als ich, gerade neben mir lief und sich zur Zeit allergrößte Mühe zu geben schien, dieser tristen Einöde, die sich mein ”Leben” schimpfte, wieder einen Sinn und Freude einzuhauchen; ein Angebot, welches meine Seele durchaus dankend annehmen wollte.

Den Rest des Weges brachten wir schweigend hinter uns, was mich trotz meiner immer größer werdenden Neugierde auf Axels Vorhaben kaum störte; denn auf diese Weise konnte ich mich voll auf die halbe Umarmung konzentrieren und jene einfach ungestört genießen - ganz egal, wie viele Alarmglocken mein Verstand in diesem Moment klingeln ließ.

Ich ahnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass es erst der Anfang eines vielleicht kurzem, aber sehr schönen Abends sein sollte...
 

Als wir an unserem Ziel ankamen, richtete Axel seinen Blick kurz prüfend zum Himmel, an dem noch immer die mittlerweile in hellem Orange leuchtende Sonne stand, bevor er zufrieden nickte. “Wunderbar. Wir sind also noch rechtzeitig”, atmete er merklich erleichtert auf - diesmal, ohne meinem fragenden Blick auch nur Beachtung zu schenken. Stattdessen fügte er hinzu: “So gut, wie wir in der Zeit liegen, schaffen wir es sogar noch, uns ein Eis zu holen. Was hälst du davon?” - “Klingt gut.”

So betraten wir also das mir vorher unbekannte Gebäude. Es war ein wirklich beeindruckendes Café, dem man seinen guten Ruf bereits an der Fassade lückenlos ansehen konnte. Terrasse und Haus waren auf im Sand und Wasser stehenden, massiven Holzpfeilern errichtet worden. Überhaupt war nahezu alles aus edlem Holz gefertigt, von den Grundmauern bis hin zu diversen exotisch anmutenden Verzierungen der Dach- und Fensterrahmen. “Wow”, entfuhr es mir staunend, “da hat sich jemand echt ‘ne ganze Menge Arbeit gemacht.” - “Mit Sicherheit”, pflichtete mir Axel bei, “aber es hat sich eindeutig gelohnt.” Darauf konnte ich nur ein knappes Nicken erwidern, denn seine Worte hatten mir alles abgenommen, was ich ursprünglich noch dazu hatte sagen wollen.

Der Rothaarige begab sich nun zum Eisstand des Cafés. Ich wartete in geringer Entfernung, um schon mal einen freien Tisch auszusuchen. Ich war mir sicher, dass er vorhaben musste, sich mit mir hier niederzulassen... Umso erstaunter und verwirrter war ich, als er mit 2x Meersalzeis am Stiel zurückkam, was für mich zwangsläufig bedeutete, dass er eben nicht hier bleiben wollte.

Er überreichte mir mein Eis, woraufhin ich ihn etwas enttäuscht ansah und fragte: “Willst du etwa schon wieder gehen?” Wie immer sah er mir meine Gefühlslage treffsicher an. “Keine Sorge”, sagte er und strich mir beschwichtigend über den Kopf. “Wir gehen noch nicht zurück in die Stadt. Wir verlassen nur diesen Ort. Hier im Café ist es mir einfach zu laut für diese Uhrzeit und vor allem für diese ursprüngliche Umgebung...” Bei diesen Worten schaute er aus den großen Panoramafenstern und wurde sogleich wieder etwas eiliger.

“Was hast du denn auf einmal wieder?”, wollte ich wissen. “Komm mit, dann verstehst du’s!”, meinte Axel kurz angebunden und wollte sich sofort wieder auf den Weg machen und mir bedeuten, ihm zu folgen. Nach wenigen Metern überlegte er sich die Sache mit dem spontanen Aufbruch jedoch noch einmal anders, machte auf dem Absatz kehrt und bat mich um etwas, was mich endgültig verwirrte. “Würde es dir was ausmachen, die Augen zu schließen und sie am Besten noch mit den Händen zuzudecken?” Er lächelte wieder so geheimnisvoll. “Wieso das denn jetzt?”, fragte ich skeptisch nach. “Weil du mir vertrauen kannst...”, erwiderte Axel leise und gab mir zu verstehen, dass er keine weitere Widerrede dulden würde. Also tat ich einfach, was er verlangte, und ließ mich von ihm aus dem Café führen.

‘Das Café war also nicht sein eigentliches Ziel...’, dachte ich, während ich diesmal wirklich aufpassen musste, nicht zu stolpern; ich konnte ja nun den Weg, der vor mir lag, nicht mehr sehen.

Nun hatte der Mann mit den grünen Augen endgültig meine Neugierde für sich gewonnen.
 

Als ich irgendwann viel später erfuhr, um was für einen Weg es sich gehandelt hatte, konnte ich mir beim besten Willen nicht mehr erklären, wie Axel es geschafft hatte, mich heil und unversehrt zum eigentlichen Ausflugsziel zu lotsen...
 

Der neue Weg führte uns von der Terrasse hinunter und ein ganzes Stück den Strand auf der rechten Seite entlang, wobei wir uns immer mehr von dem Bauwerk entfernten. Mein Laufen wurde dadurch erschwert, dass wir offenbar einige von großen Steinen gespickte Abschnitte des Strandes passierten. Als wäre es nicht so schon schwierig genug, auch nur auf SAND voranzukommen! Besonders, da sich an Axels Geschwindigkeit nur sehr wenig geändert hatte.

“Wo gehen wir denn nun eigentlich hin?”, drängelte ich. Aus Axels weiterem Schweigen schloss ich, dass wir wohl fast da sein mussten.

Eine richtige Vermutung, wie sich kurz darauf herausstellte.

Etwas stutzig wurde ich nur noch ein letztes Mal, als Axel mich fragte, ob ich mit geschlossenen Augen klettern könne...

“Klettern?!”, fragte ich ein wenig schockiert. “Wie soll...” Axel ließ mich meine Zweifel gar nicht erst zu Ende aussprechen. “Hab schon verstanden”, erklärte er noch und kletterte voraus, was ich an den Geräuschen seiner Schuhe ausmachen konnte. Dann packte er mich fest unter den Armen, die noch immer meinem Blickfeld zur Unkenntlichkeit verhalfen und zog mich neben sich auf den Felsen. “Huch!”, machte ich erschrocken, doch ehe ich mich versah, saß ich auch schon neben Axel auf dem harten Untergrund.

“Perfekt!”, stellte der Mann mit der feurigen Frisur mehr als zufrieden fest. Und mit seinen nächsten Worten erlöste er mich endlich aus meiner Ungewissheit. “JETZT kannst du die Augen öffnen! ... Sieh dir an, was ich dir zeigen wollte.” Sein Lächeln bei dieser Aufforderung konnte man nahezu hören.

Ich tat nun also, was er von mir verlangte... und wusste bei dem Anblick, welcher sich mir bot, zuerst gar nichts zu sagen. Viele Sekunden ließ ich schweigend, aber mit vor Erstaunen geöffnetem Mund, verstreichen, bevor Axel mich durch die Stille, welche bisher nur vom Rauschen des Meeres ansatzweise verdrängt worden war, hindurch ansprach.

“Na? Was sagst du? ... Oder hat es dir endgültig die Sprache verschlagen?” Weiterhin grinste er zufrieden. Wobei... Jetzt war es doch eher einem verträumten Lächeln gewichen.

Noch ein paar wenige Sekunden vergingen, bis ich endlich überhaupt einen Ton herausbrachte.

“Wahnsinn... Das... Das ist wunderschön”, sagte ich leise und andächtig und war dabei gar nicht imstande, meinen Blick abzuwenden. “Freut mich”, erwiderte Axel. “Dacht’ ich mir doch, dass dir das gefallen würde.” Ich nickte. “Damit hattest du absolut Recht.” Dann musste ich ein wenig kichern. “Ich muss ja wirklich reichlich durchschaubar sein.” - “Na ja, ein Bisschen schon”, erklärte Axel. Es hörte sich bei ihm fast wie ein kleines Geständnis an. Er fügte hinzu: “Aber keine Sorge: Es hält sich durchaus noch in gesunden Grenzen.” ‘Ja... Noch...’, dachte ich, denn mich beschlich schon wieder dieses seltsame Gefühl. Doch erneut schüttelte ich es ab, weil es mich auf irgendeine unerklärliche Art und Weise bedrückte und damit die angenehme Stimmung zu zerstören drohte.

Ich sah nun noch einmal den neben mir sitzenden an und lächelte. “Vielen Dank, dass du mir das gezeigt hast. Allein hätte ich es niemals...” Axel entging nicht, dass sich in diesem Moment eine gewisse Traurigkeit in mein Lächeln und meine Stimme schlich. Also unterbrach er mich sanft, um mir ein weiteres Stimmungstief, zumindest für diesen Abend, zu ersparen. Als ich meinen Satz gerade beenden wollte, lächelte er mich an, legte mir vorsichtig, aber entschlossen, einen Zeigefinger auf die Lippen und bedeutete mir dadurch ebenso wie durch das kaum hörbare “Ssshhht”, dass ich diese Gedanken ruhen lassen, einfach still sein und mich auf den jetzigen Moment konzentrieren solle.

Das ließ ich mir nicht zweimal sagen und richtete meinen Blick wieder auf die sanften Bewegungen des Meeres, welche das schwächer werdende Licht schimmernd reflektierten und hier und da von einer Böe verstärkt wurden. In diesen Momenten peitschten höhere Wellen wild gegen die Brandungsfelsen, als würden sie versuchen, ein rüdes Spiel mit diesen zu spielen und dabei ihre Kräfte noch gewaltig überschätzen.
 

Einer dieser großen Felsen war es auch, auf dem Axel und ich uns niedergelassen hatten.

Ein Fels in der Brandung, standhaft und fest. Genau so, wie ich Axels Charakter einschätzte. Meine Menschenkenntnis war jedoch noch lange nicht gut genug, um alle Facetten seiner Person zu erkennen.

Das sollte ich noch früh genug feststellen...
 

Das, was Axel mir in diesen Augenblicken zeigte, war wirklich das Schönste, was ich je in meinem Leben gesehen hatte: Ein rosaroter Sonnenuntergang, im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Meer; schließlich befand sich unser Logenplatz zwar noch in sicherer Nähe zum Strand, aber dennoch ebenso weit im Wasser.

Es war ein durch und durch traumhafter Anblick in dieser wundervollen, grundnatürlichen Kulisse: Axel und ich allein auf diesem mächtigen Felsen direkt über dem kristallklaren Wasser des Meeres, hinter uns erstreckte sich viele Meter breit der nun in blassem Orange das restliche Sonnenlicht reflektierende Sandstrand, gefolgt von einer Anreihung verschiedener naturbelassener Oasen und Wäldchen, um uns herum die aufgrund des stärker gewordenen Windes nun gleichmäßig peitschenden Wogen mit den glänzenden Schaumkronen und vor uns die inzwischen angenehm dunkelrot gefärbte Sonne, welche sich langsam und bedächtig ihren sinkenden Weg in ihr Meeresbett bahnte, um in viel zu wenigen Minuten gänzlich hinter diesem zu verschwinden.
 

Auch, als die Sonne bereits weg und das letzte Licht beinah vollständig erloschen war, blieben wir noch eine Weile so stumm sitzen. Nun lag unser Augenmerk auf den Sternen.

Fasziniert brach ich schließlich die Stille.

“Ich wusste gar nicht, dass die so hell sein können...”, bemerkte ich leise und deutete auf das regelrecht leuchtende Firmament. “Ja”, antwortete Axel. “In der Stadt wird ihr Leuchten von all den von Menschenhand geschaffenen Lichtern erstickt. Hier kann man noch ihre wahre Schönheit bewundern...”, erklärte er, genauso leise wie ich selbst. Ich nickte. “Es ist wirklich beeindruckend.”

Erneut legte sich ein Schweigen wie eine schützende Glocke über uns.

Erst nach relativ langer Zeit, die weiterhin verstrichen war, bemerkte ich, dass ich mich unbewusst schon vor einer ganzen Weile an den Rothaarigen angelehnt hatte, um besser den Himmel beobachten zu können.

Oder hatte es einen anderen Grund?

Zudem kam in mir nun die Frage auf, wieso Axel dazu noch nichts gesagt hatte.
 

Als könne er meine Gedanken lesen, fragte er mich plötzlich: “Bist du müde?”

Leicht errötend nickte ich nach kurzem Zögern. “Hmhm... Bin es halt nicht gewöhnt, so lange an der frischen Luft zu sein.” Ich lächelte ihn etwas unbeholfen an, was in ein ununterdrückbares Gähnen mündete. Mein Begleiter kicherte leise. “Na, dann sollten wir uns wohl besser auf den Heimweg machen.”

Er erhob sich, kletterte vorsichtig hinunter und streckte mir seine Arme entgegen. “Los, spring, ich fang dich auf!”, grinste er fröhlich. “Quatsch!”, erwiderte ich und kletterte ebenfalls los. Axel ließ meine plötzliche Ignoranz jedoch nicht auf sich sitzen und packte nun meine Taille, um mich das letzte Stück des ohnehin kurzen Weges nach unten zu ziehen. “Hey!”, beschwerte ich mich scherzhaft, woraufhin wir beide herzhaft lachen mussten.

Wie lange hatte ich das nicht mehr getan...?

“Ich bring dich nach Hause, okay?”, bot mir Axel nun an.

“Tu, was du nicht lassen kannst”, meinte ich als Antwort. Ich wollte ihm nicht unbedingt auf die Nase binden, dass mich dieser Vorschlag doch enorm freute.

“Alles klar”, erwiderte Axel noch, dann bahnten wir uns unseren Weg zurück an den Strand und machten uns auf den Heimweg.
 

Als wir bei mir zu Hause ankamen, blieben wir noch kurz vor der Tür stehen, um uns voneinander zu verabschieden.

In diesem Moment sah mich Axel irgendwie... sonderbar an.

“Ist irgendwas?”, fragte ich ein wenig besorgt.

Axel deutete ein Kopfschütteln an. “Nein, alles in Ordnung.”

Eine kurze Pause entstand, dann ergriff er wieder das Wort. “Roxas...?” - “Ja?” - “Es gibt da etwas, was ich dir vorhin schon sagen wollte...” - “Hm?” Ich sah ihn etwas verständnislos an. Irgendwie begann mein Herz ein wenig schneller zu schlagen und eine seltsame Hoffnung stieg in mir auf. Ich fand den Moment aber alles andere als passend. Es war nämlich einfach eine zu späte Uhrzeit. Jene, zu der das rationale Denken sich eine Pause gönnte und den Gefühlen die Oberhand ließ...

Wenigstens verkniff sich mein Gegenüber diesmal die Spannungspausen und rückte gleich mit der Sprache raus.

“Weißt du... schon seit unserer ersten Begegnung...

...bist du wie ein Bruder für mich. Und ich bin wirklich froh, dich damals kennen gelernt zu haben.” Er lächelte sanft.

“Wie ein... Bruder?”, wiederholte ich unsicher. Aus irgendeinem Grund zog sich dabei etwas in mir langsam zusammen.

“Ja”, lächelte Axel. “Wie ein Bruder.”

Wieder einmal gab es eine kurze Stille zwischen uns. Diesmal fühlte sie sich jedoch nicht mehr schützend an.

Schließlich meinte der Rothaarige: “Na ja, wie auch immer. Das wollte ich nur noch gesagt haben, bevor ich mal wieder ‘ne Chance verpasse.” Er klopfte mir auf die Schulter und sagte noch: “Also dann, gute Nacht! Man sieht sich!” - “Gute Nacht...”

Mit diesen Worten machte er sich auf den Weg und ließ mich allein vor meiner Haustür stehen.

Einfach so.
 

Freudenmomente konnten SO kurz sein...
 

Ich seufzte kurz, drehte mich um und betrat meine kalte Wohnung.

‘Ich sollte die Heizung wieder aufdrehen’, dachte ich - bis ich bemerkte, dass sie bereits auf der höchsten Stufe stand.

‘Muss wohl die Müdigkeit sein...’

Als ich wenig später endlich im Bett lag und einzuschlafen versuchte, gingen mir Axels Abschiedsworte einfach nicht aus dem Kopf.
 

”Du bist wie ein Bruder... Ein Bruder... Bruder...”
 

Jeder normale Mensch hätte sich gefreut, es als Kompliment empfunden.

In mir zog sich hingegen beim bloßen Gedanken daran alles zusammen.

‘Es ist doch etwas Positives...’, dachte ich ein wenig verzweifelt. ‘Wieso tut es weh?!

Anstatt weiter dem sinnlos scheinenden Versuch, zu Schlafen, nachzugehen, dachte ich noch lange darüber nach.
 

Und je länger ich grübelte...
 

Desto größer wurde die Angst...
 

...’Wenn es das ist, was ich befürchte... Dann bedroht es unsere Freundschaft.

Nein.

Ich WILL nichts mehr kaputtmachen!!!!’...
 


 


 

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Sooooo~

Hier nun ENDLICH Kapitel 3! Hat ja echt sowas von abartig ewig gedauert diesmal >.<"

Dafür muss ich mich echt entschuldigen. *verneig*

Aber hey~ Es ist viel länger als die anderen Kapis! -^.^-

Ich hoffe, es gefällt euch!
 

mfg., Larxi



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  ma0am
2008-03-27T09:47:13+00:00 27.03.2008 10:47
ui die FF is voll tollig geschrieben ° O ° ~
& das mit dem sonnenuntergang war so schön |3~
unbedingt weider schreiben > 3 <

& kannsu mir maybe ne ENS schreiben wenns weider geht ?
°lieb gucks°

nyo lg k>Chan <3
Von:  Dorimukyatcha
2008-01-14T09:47:23+00:00 14.01.2008 10:47
deine FF ist der hammer!!
die gefällt mir total, bin jetzt ein fan von dir XDD
also du schreibst echt gut, das liest man total gerne
aber roxas tut mir leid... nur wie ein bruder, das sit echt ein schlag für ihn
*schnüff*
mach weiter so und schreib schnell, ich würde gerne das nächste kapi lesen
LG, das
Aku-Chan


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