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Am Set des Lebens

...was wir spielen
von

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Zeit sich zu entscheiden

2.00 Uhr. Kyoko saß auf ihrer Matratze. Das Bettzeug hatte sie herunter getan. Es war einfach zu heiß hier drin! Draußen flockte der Regen langsam zu Schnee aus, während im Daruma-ya die Heizungen ständig auf Hochtouren liefen, um den Gästen eine behagliche Wärme zu bieten.

Sie konnte nicht schlafen. Seit Tagen schon quälte sie sich durch jede Nacht mit Schweißausbrüchen, Kopfschmerzen und einer inneren Unruhe, die sich von Zeit zu Zeit in Muskelkrämpfen äußerte. Natürlich lag das nicht nur an der Wärme. Die war lediglich ein zynischer Zusatz…

Ihr Blick wanderte durch den wohlbekannten Raum, der ihr plötzlich fremd und bedrohlich vorkam. Wurde sie langsam paranoid? Hoffentlich nicht. Wichtige Entscheidungen mussten bald gefällt werden. Sie brauchte unbedingt einen klaren Kopf…!

Sicher war es nur der Stress. Die zahllosen Interviews, Anhörungen, Befragungen und Verhandlungen zehrten stark an ihren Kräften. Jeder wollte dringend ALLES über diese bescheuerte Entführung wissen. Die lauten aufdringlichen Stimmen hallten als unverständliches Kauderwelsch in ihren Ohren wieder. Üble Fragen und noch üblere Erklärungsversuche prangten in den Titelblättern. Eine harte Probe für die Geduld und Selbstbeherrschung der Sechzehnjährigen.

Außerdem hatte sie noch immer nicht mit ihrem Sempai über Isamu-chan und Junji-sama gesprochen!!! Ein schlechtes Gewissen machte diese Phase nicht gerade angenehmer - Rens Schwester befand sich nämlich im Moment in der Obhut von LME, da sie sich natürlich auf keinen Fall den Behörden anvertrauen wollte…
 

Nachdem Mr. Warringer sein besonderes Angebot unterbreitet hatte, waren alle Anderen aus der Klinik entlassen worden. Nur Kyoko durfte erst zwei Beobachtungstage später heimkehren und ihren Gasteltern endlich die Steine von den Herzen rollen. Seither hatte sie weder mit Isamu noch irgendwem von der Agentur in Ruhe reden können. Die Presse und der Staatsapparat vereinnahmten die *auf wundersame Weise entkommenen Entführungsopfer* schließlich mit pflichtbewusster Gnadenlosigkeit; nun schon fast eine ganze Woche lang.

Und dies war natürlich auch einer der Hauptgründe, warum sie noch immer keinen rechten Entschluss fassen konnte, bezüglich des neuen mehr als verheißungsvollen Jobs, den besagter Mr. Warringer - Bote aus England - ihr unter die noch tropfende Nase gerieben hatte.

Wie auch? Sie brauchte zwingend guten Rat! Doch… Den Einzigen, dem sie in dieser Sache voll vertrauen würde, anzurufen, kam nun mal nicht in Frage: Sie hatte bei der Entführung ihr Handy und somit auch seine Nummer eingebüßt und brachte es einfach nicht übers Herz, ERNEUT in der Agentur danach zu fragen.

Mist! Da bot sich ihr unerwartet eine unvergleichliche, einmalige, absolut supertolle Chance und sie brachte es nicht fertig diese zu ergreifen… denn… Was wenn sie versagte? Das Desaster! Diese Schmach! Es würde ihren garantierten Tod bedeuten!!! Welch ein Elend!

<Uuuooh! Waaahaaaas soll ich nur tun?> Sie zog die Beine an den Köper und rollte sich wie ein kleiner Igel zusammen. Alles hatte sie schon versucht! Hunderttausende Mal war sie im Kopf durchgegangen, wie ihr Sempai wohl auf ihre Frage geantwortet hätte: Eine Vorstellung unwahrscheinlicher als die Nächste!! <So gerne würde ich…> Ihr Blick verhakte sich im Skript auf dem Esstisch. <Argh…> Da lag es in völliger Unschuld und folterte sie doch mit größter Grausamkeit. Das Buch war hervorragend, spannend und anrührend, von der ersten bis zu letzten Zeile! Ein vollendetes Meisterwerk!! Bloß… Wie passte eine Amateurin da hinein?

Es handelte sich um ein gewaltiges Geschichtsepos, welches zwischen Japan und England während des zweiten Weltkriegs spielen sollte; verwoben darin ein ergreifendes Liebes- und Familiendrama. Die Produktion würde Millionen verschlingen!! Und SIE in der Doppelrolle eines getrenntes Zwillingspaares? Himmel, wie war DAS möglich!?

Draußen flackerte eine Straßenlaterne.

Ein Zeichen? Quatsch. Die Schauspielerin streckte sich wieder aus und hielt ihre vor Müdigkeit brennenden Augen nun mit einiger Anstrengung geschlossen. <Schlaf jetzt. Morgen bist du Bou.>

Wenige Augenblicke kam es ihr tatsächlich so vor als wirkte der Selbstbefehl; da ertappte sie ihre Gedanken dabei, wie sie sich um die Frage versammelten, ob Hakura-sama wohl zugesagt hatte? Bestimmt! Er und sie würden dann Seite an Seite schauspielern... Würde es das nicht einfacher machen? Aber… ER war nun mal nicht direkt ihr Sempai. Mit Ren… - Mit Ren…? Nein. Schwachsinn!! Selbst WENN Tsuruga-san… Das täte auch nix ändern, nicht wahr? Nicht Wahr!? Um diese Uhrzeit sollte sie nun wirklich aufhören mit Grübeln. Sie konnte ja wohl SELBSTSTÄNDIG spielen und würde sich NIE auf ihren Schauspielpartner verlassen! Genau. Aus. Basta.

Nachdem sich Kyoko trotz aller garstigen Proteste innerlich bewusst geworden war, dass sie sich mit Ren an ihrer Seite eventuell doch ein gaaaanz kleines bisschen sicherer gefühlt hätte, begann sie stur Schafe zu zählen, um ja keine weitere Überlegung zu diesem leidigen Thema anstellen zu müssen. Wer weiß welchen Unsinn ihr offensichtlich leicht beschädigter Denkapparat sonst noch produziert? Etwas Zeit war ja noch…
 

Bitte senden Sie uns umgehend ihre Antwort zu.
 

Mit freundlichen Grüßen

H. Piers
 

Es nahten die Weihnachtsfeiertage. Aus vielen Fenstern blinkte bereits üppiger Schmuck. Straßenmusikanten spielten an fast jeder Ecke. Hier und da füllte der markante Duft von Zimt und Orange die kalte Luft mit Festlichkeit und überall reagierten die Menschen in den Straßen empfindsamer auf den traurigen Anblick der vielen Armen in ihrer geliebten und beklagten Großstadt.

Allein die junge Schauspielerin, welche sich gerade auf ihrem Rad durch den frisch gefallenen Schnee kämpfte, nahm heute rein gar nichts davon wahr. Nicht einmal den probenden Kinderchor, den sie durchschnitt.

Plötzlich hatte sie ein Brief von ihrem eventuellen Auftraggeber aus England erreicht. Ein Brief mit einer Einladung nach Londonderry, auf einen großen Landsitz direkt am Lough Foyle in Nord Irland, der vermutlich dem mysteriösen Sender selbst gehörte. <HÄ!?> Das war ihr erster und bisher konstruktivster Gedanke dazu gewesen.

Was sollte sie auch davon halten? Die dem Schreiben beigefügten Bilder sahen atemberaubend aus. Meer und Landschaft darauf waren einfach nur wahnsinnig schön. Und es sollten angeblich Wandertouren stattfinden bei denen die Gäste, denn anscheinend gab es außer ihr noch weitere Eingeladene, unter anderem auch mit richtigen großen Segelbooten unterwegs sein würden.

Wie unerhört abenteuerlich!! WER war dieser Mr. Piers, dass er ausgerechnet IHR erst ein so unglaubliches Angebot unterbreitete und sie dann auch noch zu sich einlud? Wozu sandte er extra diesen Kit Warringer als Boten? War das etwa üblich in Europa? Europa! Wie fremd und merkwürdig das klag! Europa…

Im Moment steckte das Papier in ihrer Tasche. Sie hatte heute Morgen, gleich nach dem ersten Lesen beschlossen, sofort den Präsidenten dazu zu befragen. Vielleicht ja nur ein dummer Scherz? Aber… WER dachte sich schon SOWAS VERRÜCKTES aus, bloß um SIE zu ärgern?

Erst das Quietschen der Fahrradbremse, die sie wie automatisch betätigte, machte ihr so richtig bewusst, dass sie bei LME angekommen war. Etwas steif wegen des frostigen Wetters stieg sie ab und hauchte ihren Fingern mit ihrem warmem Atem neues Leben ein.

<Verdammt kalt geworden.> Ihr Blick wanderte die bekannte Fassade hinauf zu dem mit seidigen grauen Wolken bedeckten Himmel. <Oh Mann….> Als ob sie sich vergewissern wollte, nicht alles bloß zu träumen, tastete Kyoko nach ihrer Tasche, wo ein leises Knistern die Existenz des bizarren Briefes bekräftigte…
 

<Was will ich eigentlich genau fragen?> Es war bereits ein bisschen spät noch darüber nachzudenken, da von der anderen Seite der großen Tür die zum Büro des Präsidenten führte schon ein „Herein!“ ertönt war.

Rory Takarada stand im Schottenrock hinter einem schweren Schreibtisch aus dunklem Eichenholz und sah aus dem Fenster. „Präsident.“ Murmelte die junge Schauspielerin mit der obligatorischen Verbeugung, welche der Angesprochene zwar nicht sah, die ihm aber dennoch nicht entging.

Er zögerte eine Weile bis er sich ihr zuwandte. „Du hast eine schwerwiegende Entscheidung zu treffen Mogami-kun. Ich schätze du hast die Einladung von Mr. Piers erhalten?“ Etwas überrascht richtete Kyoko sich auf. „Dann stimmt es also, was in dem Brief steht? Ich soll nach Irland fliegen? Kein Witz, wirklich nicht?“

„Nein, kein Witz, Mogami-kun. Es gefällt mir zwar nicht, euch so kurz vor Weihachten wegzulassen, aber wenn Mister Piers es wünscht, habe ich nichts dagegen einzuwenden. Er ist eine außerordentliche Kapazität und liefert für jeden von euch einen gewaltigen Karrieresprung.“ Jetzt drehte er sich um und machte ein betont fröhliches Gesicht, wo vorher gewiss eine ganz andere Miene gewesen war. „“Ich weiß, was du mich fragen willst. Tut mir leid. Da musst du dir selber helfen, denn die Antwort liegt allein bei dir.“

Betreten nickte die Schwarzhaarige. Irgendetwas am Präsidenten schien heute nicht ganz in Ordnung zu sein. Die ungewöhnliche Ernsthaftigkeit, der ferne Klang seiner Stimme, fast als wäre er … besorgt?

Unruhig bereitete Kyoko sich für den letzten Job als Hahn in diesem Jahr vor. Ihre Hände waren eiskalt obwohl sie unter dem bereits angelegten Kostüm auch mächtig schwitzte. Dieses seltsame nagende Gefühl, welches sie seit dem *glücklichen* Ende der Entführung stetig belästigte, hatte sich nach dem Gespräch mit dem Präsidenten noch verstärkt. Es war ihr, als hätte sie etwas Wichtiges übersehen. Eventuell etwas Gefährliches. Fühlte sie sich beobachtet? Vielleicht. - Vielleicht sah sie auch nur Gespenster.

Mit ungelenken Flügeln schloss Bou die Garderobe hinter sich ab. Sie war die Einzige, die den Raum hier nutzte und so wusste sie ihre Sachen in Sicherheit vor spionierenden Journalisten. „Hey!“ Vor Schreck setzte Kyokos Herz einen Moment lang aus. “Willst du mich umbringen oder was?” Keuchte sie den großen Mann an der sich neben ihr lässig an die Wand lehnte und mit schuldbewusstem Grinsen fragte: “Hast du noch ein bisschen Zeit?”

„Ääääähm:“ Eigentlich wollte sie dieses bescheuerte Rollenspiel endlich beenden. „Komm schon. Bitte. Ich muss mit dir sprechen.“ Der eindringlichen Bitte ihres Sempai konnte sie selbst als Vogel nicht widerstehen. „Na gut. Aber nur kurz, ja? Was gibt es denn?“

Ren wartete nicht mit seiner Frage:

„Wie kann ich das rückgängig machen?“

„Eh?“

„Das mit dem Verlieben. Ich habe wirklich lange darüber nachgedacht. Es gibt einfach keine Möglichkeit. Sie kann mich nicht lieben. Also: Wie werde ich diese Gefühle los?“

Bou war sprachlos. Sprachlos empört über die Naivität der Frage, sprachlos entsetzt über die Bestimmtheit der unwahrscheinlichen Aussage als Ren Tsuruga keine Chancen zu haben bei einem Mädchen, das er anscheinend wirklich liebte zu landen.

Sie musterte ihn argwöhnisch, bevor sie vorsichtig nachhakte: „So schlimm? Was ist denn mit dem Mädchen, dass sie dich so unmöglich mögen könnte? Wie heißt sie?“ >Vielleicht finde ich was Nützliches raus, wenn ich mit ihr spreche?>

Als hätten Bous Worte an einem beinahe berstenden Staudamm die Hauptschleuse geöffnet, stürzte der erschreckende Redeschwall aus dem sonst so reservierten Schauspieler:

„Sie WILL niemanden mögen! Besonders nicht auf diese Art. Dazu wurde sie wohl schon zu oft verletzt. Sie hat eben dichtgemacht! Wie sollte ICH ihr schon klarmachen, dass ich ihr nie wehtun würde? Besonders wenn sie Angst vor meiner Nähe UND vor ihren eigenen UND vor meinen Gefühlen hat!? Es geht einfach nicht. Verdammt! Es ist wie ein unüberwindbarer Wall, den sie um sich gezogen hat um vor aller Welt sicher zu sein, auch wenn ich glaube, dass sie sich dort oft furchtbar einsam fühlen muss. Ich weiß nicht, wie ich sonst noch zu ihr vordringen soll!? Ich möchte behutsam sein, aber in ihrer Nähe sind meine… meine Gefühle so stark, dass ich nicht… Es geht nicht. Es geht einfach nicht!“ Er brach ab. Szenen der Unbeherrschtheit zogen an ihm vorüber. „Ich halte das nicht mehr aus.“ Stöhnte er schließlich leise und Kyokos Herz schlug sofort bis zum Halse hinauf. Schmerzhaft.

Wer hätte gedacht dass jemand wie Er so leidenschaftlich verliebt sein könnte? Er klang so verzweifelt. Sah so verletzlich, nein, verletzt aus. Wenn sie an der Eroberer der Nacht dachte, konnte sie ganz gut nachvollziehen, was er mit mangelnder Behutsamkeit meinte. Und dieses Mädchen… Ein Wall? Einsam? Irgendwie erinnerte das fast schon an sie selbst. <Mmh…!?> Hatte er etwa Recht? War sie einsam? Schottete sie sich ab?

„Lass mich erst darüber nachdenken, okay?“ Verwirrt erhob sich der Gockel und wollte gehen. In Kyokos Schädel drehte sich alles. Dauernd dachte sie an die Zeit in Isamus Gewalt. <Niemand hört dich hier schreien. Niemand wird dich vermissen, oder wird kommen um dich zu retten. Du bist ganz allen>

„Warte!“ Rief da ihr gescheiterter Retter.

„Hmmmm?“

„Eine Sache noch.“

„Ja?“

„Ähm, ich meine... Ihr Name! Du hast mich nach ihrem Namen gefragt…“



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von: abgemeldet
2008-03-20T08:15:03+00:00 20.03.2008 09:15
Omg!! Was für ein geniales Kapitel!
Meine Güte, der Mann ist 20 und fragt wie er das rückgängig machen kann XD
Süß! Gewaltig süß! OmG, das wird jetzt spannend *gleich weiter hüpft*
Von:  Serenade
2007-12-06T14:09:05+00:00 06.12.2007 15:09
Oho.... wenn dass mal gut geht...
*vor spannung nicht mehr aushält und gleichweiterliest*

LG, Serenade
Von: abgemeldet
2007-10-21T21:59:57+00:00 21.10.2007 23:59
Ui, wie wird sie wohl reagieren, wenn es ihr sagt. Hoffentlich gut.
Die beiden die Leben aneinander vorbei. Die sollen das ma checken.
Hoffe du schreibst schnell weiter. Bin schon ganz gespannt. >_<

MfG Umi-chan
Von:  Riafya
2007-10-21T17:08:56+00:00 21.10.2007 19:08
Oooooooooooooooooooooooooooohhhhhhhhhhh!!!!!
Er... er... er wird es ihr sagen? Nee, oder? Das... das...
Ich bin schon gespannt, wie sie reagieren wird...
Obwohl... du hast einen Cliffhanger gemacht... *misstrauisch wird*
Lass mich raten, irgendwer wird jetzt um die Ecke kommen und das alles zu Nichte machen, nicht wahr?
Na ja, ist ja eigentlich egal. So oder so wird das nächste Kap sicher interessant.
Bin mal gespannt, wer noch alles nach Irrland fliegen wird. Ich hoffe, Ren kommt auch mit.^^
Bis dann
ayako
Von:  DarkEye
2007-10-21T16:53:15+00:00 21.10.2007 18:53
omg
omg
omg
wie cool ist denn das
dark
Von:  Kyoko-Hizuri
2007-10-21T15:46:23+00:00 21.10.2007 17:46
ist nicht wahr...?__?
ren will Kyoko (als Boo verkleidet) sagen in wen er verliebt ist???...*sprachlos*
das ist ja mal was ganz neues^^...das gefällt mir...*grins*
ich freue mich auch schon aufs nächste Kap und wie Kyoko reagieren wird wenn sie erfährt das Ren in sie verliebt ist^^
Patrice


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