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Gefühlschaos

von

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Kapitel 4: Liebe, Hass und Hässlichkeit

Eine halbe stunde später trafen Raven und Janus am Schauplatz des Kampfes ein. Als Janus die verletzte Tribal Tigeress sah, spürte Raven unermesslichen Zorn und noch größere Trauer in ihm. „Irgendwann krieg’ ich dich dafür. Das war das letzte mal, dass du jemanden verletzt hast.“ flüsterte er zu sich selbst, bevor er sich Tigeress zuwandte. Behutsam hob er ihren Körper auf und streichelte sie. „Ich habe schon wieder versagt. Warum kann ich die, welche ich liebe nicht beschützen? Es tut mir so leid, meine kleine Kimberly.“
 

Raven hatte noch nie Tigeress’ wahren Namen gehört, doch wusste sie, das sie die erste war, die Janus bei sich aufgenommen hatte und dass sie ihm besonders am Herzen lag. Noch schlimmer wurde es dadurch, dass er das Wesen, welches ihr das angetan hatte, im Grunde ebenso sehr liebte. Nightshade mochte grausam und herzlos sein, doch für Janus lebte, irgendwo in den Tiefen ihrer Seele versteckt, immer noch seine kleine Schwester. Und so sehr sie sich auch verändert hatte: Janus hatte nie aufgehört, Sheila von ganzem Herzen zu lieben.
 

„Sie ist schlimm verletzt, aber sie lebt noch.“ sagte Raven, um ihn zu beruhigen. Sie trat näher und scannte Tigeress’ Körper für eine genauere Diagnose. Was sie feststellte, erschütterte sich zutiefst: mehrere Knochenbrüche, äußere und innere Blutungen und die Verbrennung dort, wo ihr Rücken die Stromleitung berührt hatte. Der Schock hatte ihre Blutbahnen und inneren Organe beschädigt und ihr Nervensystem lahmgelegt. Sie musste schrecklich gelitten haben, bevor sie das Bewusstsein verloren hatte.

„Ein normaler Mensch hätte solche Verletzungen wohl kaum überlebt.“ sagte Janus. Er hatte ihre Gedanken gelesen und ausgesprochen, was sie nicht zu sagen gewagt hätte. „Kannst du sie heilen?“ fragte er.
 

„Es tut mir sehr leid,“ antwortete Raven zögerlich, „aber ich glaube nicht, das mich genug konzentrieren kann, um solche Wunden zu heilen. Glaub’ mir, ich würde so gerne…“

„Ist schon gut.“ unterbrach er sie. „Ich verlange nichts von dir. Tigeress’ Körper ist sehr wiederstandsfähig und ich bin mir sicher, dass ihre Wunden auch auf natürlichem Wege heilen werden. Manchmal ist doch ganz praktisch, ein Halbdämon zu sein.“
 

Raven hatte nicht verstanden, ob Janus damit sie oder sich selbst aufmuntern wollte.
 

„Tu mir bitte einen Gefallen, Raven: Geh zurück ins Hauptquartier und sag den anderen, dass Tigeress angegriffen wurde, aber erspar ihnen die Details. Sag ihnen, dass sie heute Nacht nicht mehr nach draußen gehen sollen. Ich bringe Tigeress in ein Krankenhaus und sobald ich kann, komme ich zurück. Und sie sollen auf keinen Fall etwas ohne mich unternehmen.“
 

Raven erfüllte seine Bitte.
 


 

Janus blieb die ganze Nacht bei Tribal Tigeress im Krankenhaus. Erst in den frühen Morgenstunden kam er zurück.
 

„Morgen zusammen.“ sagte er, als er gerade das Wohnzimmer betrat. Er wirkte traurig und sehr müde.
 

„Hallo Janus. Und: Wie geht’s Tigeress?“ fragte Arachnia ihn.
 

„Den Umständen entsprechend. Ich war die ganze Nacht bei ihr und inzwischen ist sie sogar wieder aufgewacht. Aber es werden noch ein paar Tage vergehen, bevor sie zurückkommen kann. Solang dürfen sich die Ärzte noch über ihre Anatomie wundern.“
 

Keiner lachte.
 

„Währe es möglich, dass wir sie besuchen?“ fragte Blaze.

„Ich glaube, das wäre keine gute Idee. Erstens braucht sie Ruhe und zweitens möchte ich nicht, dass ihr in den nächsten Tagen den Bunker verlasst.“
 

„Das ist doch wohl nicht dein Ernst!?“ rief Arachnia. „Du kannst doch nicht von uns erwarten, dass wir hier drinnen rumsitzen und uns zu Tode langweilen!“
 

„Es ist nur zu eurer Sicherheit.“ meinte Janus.

„Wir sind doch keine Kleinkinder mehr!“ antwortete Blaze darauf. „Wir können auf uns selbst aufpassen!“
 

„Das dachte Tigeress auch. Solange da draußen jemand rumläuft, der sogar im Stande ist, einen Halbdämon zu verletzen, kann ich nicht zulassen, das ihr ohne mich da raus geht. Und jetzt entschuldigt mich: Wenn ich ausgeschlafen bin, reden wir weiter darüber.“
 

Raven hatte das Gespräch mitangehört. Sie verstand zwar, dass sich Janus Sorgen machte, doch er schien sich auch hilflos und überfordert zu fühlen. Und obwohl sie ihn gut verstehen konnte, passte so ein Dilemma einfach nicht zu ihm. Raven erwartete nicht von ihm, unverwüstlich zu sein und jedes Problem lösen zu können, doch das war genau der Eindruck, den er erwecken wollte. Janus war kein Kämpfer, aber er wollte stark wirken, damit sich andere bei ihm sicher fühlen konnten.

Seine wahre Stärke lag in seinen Gefühlen.
 

„Was denkt der sich eigentlich!?“ beschwerte sich Arachnia. „Er kann uns hier doch nicht einfach einsperren!“
 

„Ich verstehe Janus’ Sorge um euch, aber ich denke auch, dass er übertreibt.“ meinte Raven darauf.
 

„Kannst du vielleicht mit ihm reden, wenn du dich so gut mit ihm verstehst?“ fragte Blaze sie.

Raven verstand nicht ganz, ob der Feuermagier das abfällig gemeint hatte. „Ich werde es versuchen.“ antwortete sie.
 


 

Auf dem Weg in Janus’ Zimmer traf sie auf Jinx. Janus hatte die Tür der Zelle bewusst offen gelassen, da er Jinx nicht unnötig gefangen hallten wollte, wo sie doch im Moment keine Bedrohung darstellte. Als die Hexe Raven sah, versuchte sie sofort, sich zu verstecken. Sie öffnete die nächstgelegene Tür, die von Psykids ehemaligem Zimmer, und versteckte sich darin.

„Komm da raus, Jinx. Ich hab’ dich gesehen.“ sagte Raven ruhig.
 

Zögerlich öffnete Jinx die Tür. „Okay, ich geh’ ja schon wieder zurück.“ sagte sie betrübt. Zwar wirkte sie nicht mehr so depressiv wie am Tag zuvor, doch traurig war sie mit Sicherheit noch.
 

„Du musst nicht in deine Zelle zurückgehen. Janus will dich nicht einsperren: Er will dir nur helfen.“ sagte Raven.
 

„Oh ja, ich weiß gar nicht, wie ich ihm DAFÜR danken soll.“ antwortete sie sarkastisch und deutete auf das Halsband.

„Sei lieber froh darüber, dass du nicht mehr an dieser Kette liegst. Janus hätte sie dir schon viel früher abgenommen, aber du hast ihn ja nicht gelassen.“

„Wie hättest du denn in meiner Lage reagiert?“ fragte sie darauf.
 

Zwar war Raven für ihre Schlagfertigkeit bekannt, aber darauf konnte sie nicht reagieren. Sie hatte ähnlich gehandelt: Zwar mehr aggressiv als verängstigt, auf jeden Fall aber unüberlegt.
 

„Angst zu haben ist keine Schande.“ sagte Jinx trotzig. „Jeder hat irgendwann vor irgendetwas Angst. Man kann einem Kämpfer vielleicht verbieten, Angst zu haben, aber man kann es nicht verhindern. Ich glaube, du hättest dich auch nicht anders verhalten.“
 

„Das habe ich auch nicht.“ antwortete Raven beschämt. Jinx sah sie darauf hin verwirrt an. „Ich hatte auch Angst vor Janus, als ich ihm das erste Mal begegnet bin.“ erklärte Raven ihr. „Ich dachte auch, das er mir wehtun wollte, oder sogar schlimmeres. Ich habe ihn deswegen sogar angegriffen. Und am nächsten Morgen bin ich mit einer Kette am Hals aufgewacht.“
 

Jinx schaute sie mit einer Mischung aus Verwunderung und Mitgefühl an. „Aber,… wie…?“ stotterte sie.

„Janus hat mir damit sehr geholfen, auch wenn es unglaublich klingt. Ich befand mich in einem Zustand, in dem ich meine Gefühle und damit auch meine Kräfte nicht mehr unter Kontrolle hatte. Indem er meine Kräfte blockierte, schützte er mich vor mir selbst. Bei dir ist es genauso: Er hält dich hier fest, weil er dir helfen will, auch wenn er dich dafür zu deinem Glück zwingen muss.“
 

„Glück ist ein Fremdwort für mich!“ sagte die junge Hexe, wobei Raven ihre Wut auch ohne Gefühlsübertragung mitbekommen hätte. „Ich BIN das Unglück! Seit meiner Geburt bin ich mit diesen Kräften verflucht. Glaub’ mir, ich wollte nie wirklich böse sein, aber das ist nun mal mein Schicksal. Es gibt keinen anderen Weg für mich.“ Mit diesen Worten setzte sich Jinx auf den Boden, mit dem Rücken zur Wand und vergrub ihr Gesicht in den Händen.

Raven kniete sich neben sie. „Es tut mir Leid. Ich wollte dir nicht wehtun. Kann ich dir irgendwie helfen?“ fragte sie.

„Lass mich in Ruhe!“ antwortete Jinx unter Tränen. „Ich will dein Mitleid nicht! Hau ab!!“
 

Raven seufzte betrübt, als sie aufstand und Jinx mit ihrer Traurigkeit allein ließ. Zuvor hatte sie in der kleinen Hexe nicht mehr als ein mehr oder weniger unbedeutendes Problem gesehen, doch jetzt, wo sie Jinx näher kannte, hatte sie wirklich Mitleid mit ihr.

„Von Geburt an verflucht und dazu bestimmt, böses zu tun; genau wie ich.“ dachte sie.
 


 

Als Raven die Tür zu Janus’ Zimmer öffnete, sah sie ihn am Computer sitzen, obwohl er gesagt hatte, dass er sich ausruhen wollte.

„Was gibt’s?“ fragte er, ohne seinen Blick vom Bildschirm abzuwenden.

„Ich möchte dich etwas fragen: Denkst du wirklich, dass wir uns hier unten verstecken sollen, während Nightshade da draußen ihr Unwesen treibt? Oder gerade deswegen?“
 

Nun sah Janus sie an. „Ich kann und will nicht riskieren, dass Sheila euch ebenso zurichtet wie Tigeress. Das verstehst du doch.“

„Natürlich verstehe ich das. Aber ich hab bei den Titans gelernt, dass man sich als Held einer Gefahr stellen muss, um andere zu beschützen. Wir sind keineswegs übermütig, aber wir verstecken uns auch nicht.“

„Wir sind aber nicht wie die Teen Titans.“ antwortete Janus. „Ihr bekämpft aktiv das Böse und seid dabei so erfolgreich, dass manche euch schon die “Juniorliga der Gerechten“ nennen.

Aber die Dark Creatures sind anders. Die Gefahren, denen sich meine Schützlinge stellen müssen sind die, die von ihnen selbst ausgehen. Ich spüre junge Menschen mit potenziell gefährlichen Kräften auf, bringe sie an einen Ort, an dem sie und die Öffentlichkeit sicher davor sind und leiste ihnen praktischen und seelischen Beistand. Keiner von ihnen sollte von mir zum Superhelden ausgebildet werden. Aber kannst du dir vorstellen, was aus Arachnia, Psykid oder Insomnia geworden wäre, wenn ich sie nicht bei mir aufgenommen hätte? Sie hätten sich zu schrecklichen Gefahren entwickeln können, besonders für sich selbst. Ich habe sie bei mir aufgenommen, um das zu verhindern. Oder hättest du gegen eine Insomnia kämpfen wollen, die ihr letztes bisschen Verstand verloren hat und deren Schmerzen sie zu einem regelrechten Kraftwerk dunkler Energie gemacht hätten?“
 

Raven schwieg.
 

„Blaze war von Anfang an sehr vernünftig.“ fuhr er fort. „Er ist zu mir gekommen und hat mich gebeten, ihm zu helfen, seine Feuerkräfte unter Kontrolle zu bringen. Er möchte ein Held werden, aber er weiß, dass er im Moment nicht viel mehr ist, als ein unfreiwilliger Brandstifter. Das mag gemein klingen, aber es stimmt. Elementarkräfte sind sehr schwer zu kontrollieren und können verheerenden Schaden anrichten, wenn man nicht mit ihnen umzugehen weiß. Was nützt Blaze all seine Kraft, wenn er im Kampf alles und jeden um sich herum verbrennen würde? Ein Held wäre er damit sicher nicht.“
 

Raven fühlte sich an Terra erinnert. Auch ihre Erdkräfte hatten ihr solche Probleme bereitet. „Ich wünschte, du hättest sie damals aufgenommen und nicht Slade.“ dachte sie.
 

„Wenn ich von Terra gewusst hätte, dann hätte ich das getan.“ antwortete Janus. „Aber ich denke, du verstehst jetzt, was ich tue. Die Creatures sind keine Kämpfer, genauso wenig wie ich. Bei Tigeress hab’ ich eine Ausnahme gemacht, weil ich mir bei ihr sicher sein kann, dass sie mit ihren Kräften keinen Mist baut. Ich habe ihr erlaubt, nachts in der Stadt zu patrouillieren, unter der Bedingung, dass sie keine unnötige Aufmerksamkeit auf sich zieht. Alles, was noch zwischen ihr und der Heldenkarriere, von der sie träumt, steht, ist ihre instabile Psyche.

Aber ich dachte auch nicht daran, dass Nightshade sofort auf sie losgehen würde. Dieser Fehler hätte sie das Leben kosten können. Ich werde auf keinen Fall riskieren, dass die anderen ebenfalls Angegriffen werden.“
 

Da fiel Raven etwas ein: „Wie wäre es, wenn ich die Titans darüber informiere? Zusammen könnten wir Nightshade besiegen.“

„Du solltest deine Freunde eher vor ihr warnen.“ antwortete Janus. „Nightshade ist mindestens so stark wie du und ihre Stärke wächst mit der ihrer Gegner. Sie erzeugt Energie durch negative Gefühle und verstärkt damit ihre körperliche Kraft. Das ist der Grund, warum sie so schnell so stark werden konnte; und so bösartig. Du weißt ja, dass die menschliche Seele diese Energie nicht lange verträgt. Dunkle Energie ist auch die Quelle ihrer Fähigkeit, die Zeit zu verzerren. Zeitmanipulation ist eine sehr komplizierte und auch sehr gefährliche Form der Magie und verbraucht viel Energie; davon kann Nightshade genug erzeugen und die Gefahren dabei interessieren sie nicht einmal. Aber wenn es mir gelingen würde, ihre Gefühle zu beruhigen, würde ihre Macht schwinden. Sie hat sich selbst viel seelisches Leid angetan, um dadurch stark zu werden, aber vielleicht kann ich sie sogar wieder in ihre früheres, ihr wahres Ich zurückverwandeln, wenn ich ihr diesen Schmerz nehme.“

Janus seufzte. „Aber dazu müsste ich erst einmal an sie herankommen. Sie weiß, dass eine Umarmung von mir ausreichen könnte, um ihr all ihre Kraft zu nehmen. Davor hat sie Angst und meidet mich daher, obwohl ich im Kampf kein Gegner für sie wäre. Wenn ich sie nur einmal berühren könnte…“
 

„Dabei würden meine Freunde und ich dir helfen.“ meinte Raven darauf. „Und wenn du meinst, dass wir allein nicht stark genug sind, dann gibt es da draußen unzählige Superhelden, die dir helfen könnten. Du könntest sogar die Polizei und die Behörden miteinbeziehen, wo du doch so gute Verbindungen hast.“

„Das ist leider nicht so einfach. Ich helfe der Polizei ab und zu als Profiler oder “Hellseher“ und meine Verbindungen haben ausgereicht, dass Arachnia, Insomnia und jetzt vielleicht auch Jinx bei mir “auf Bewährung“ bleiben können. Aber sie können mir nicht helfen, gegen Sheila vorzugehen, weil sie nichts Illegales tut.“
 

„Was?“ fragte Raven, verwundert und erschrocken zugleich. „Sie greift Menschen an und verletzt sie schwer. Wie kann das legal sein?“

„Ganz einfach.“ antwortete Janus ihr. „Du weist ja, dass für Superhelden besondere Gesetze gelten, damit sie ihre Tätigkeit ausüben können, ohne dabei selbst zu Straftätern zu werden. Eines davon besagt, dass ein staatlich anerkannter Superheld nicht wegen Körperverletzung angeklagt werden kann, wenn er in Ausübung seiner Tätigkeit einen anderes Wesen mit übermenschlichen Kräften verletzt, solange es nicht mit dem Ziel, den Gegner zu töten geschah. In diesem Fall wäre das Mord, beziehungsweise versuchter Mord.“ Er wandte sich wieder dem Computer zu und ein paar Clicks später erschien eine Liste, welche die Namen offizieller Superhelden enthielt.

Einer davon lautete Nightshade.
 

Mit Click auf den Namen öffnete sich ein Fenster, dass diverse Daten über sie auflistete.

„Name: Nightshade, Geschlecht: weiblich, Klasse: Nahkämpfer, Aktionsgebiet: die gesamten U.S.A., ausgenommen die nördlichsten Staaten, Aktionsrate: gering, Gewaltbereitschaft: sehr hoch, und so weiter.“ las Janus vor. „Sie ist ganz offiziell als Superheldin eingetragen. Natürlich kämpft sie auch gegen Verbrecher, aber sie sucht sich immer nur mächtigsten Gegner aus. Indem sie nur Gegner mit Superkräften angreift und sie gerade so am Leben lässt, verhindert sie, dass man sie strafrechtlich verfolgen kann. Aber offen gesagt; es ist ihr egal, gegen wen sie kämpft und ob sie ihre Gegner tödlich verletzt, solange sie dabei nur ihren Spaß hat. Gegner sind für sie nur Spielzeuge, die man achtlos wegwirft, wenn sie unbrauchbar oder langweilig geworden sind.“
 

Bei diesen Wort spürte Raven wieder den Zorn in Janus aufsteigen. „Aber die Gesetze besagen auch, dass Superhelden in einer Herausforderung gegeneinander Kämpfen dürfen. Sie würde eine Aufforderung zum Kampf sicher nicht ablehnen.“

„Und wer glaubst du, würde gegen sie kämpfen?“ fragte Janus gereizt.
 

Raven sah ihm tief in die Augen.

„Oh nein, auf keinen Fall!“ reif er, mehr erschrocken als wütend.

„Du hast gesagt, dass Nightshade etwa so stark ist, wie ich. Außerdem kann auch ich meine Kräfte nahezu ins unermessliche steigern, wenn es sein muss. Als Halbdämon erzeugen meine Gefühle von Natur aus dunkle Energie. Das wäre zwar sehr riskant, aber ich würde das Risiko eingehen; allein schon deinetwegen.“ sagte die junge Magierin.

„Ach Raven,“ sagte Janus und umarmte sie, „meine süße, kleine Raven. Das ist lieb von dir, aber ich kann so etwas nicht von dir verlangen. Deine Liebe bedeutet mir alles, aber Liebe kann leider auch blind machen. Ich kann dir nicht erlauben, gleichzeitig deinen Körper und deine menschliche Seele aufs Spiel zu setzen; und schon gar nicht um meinetwillen.

Seit wir uns kennen, hast du so viel schlimmes erleben und ertragen müssen: Ich spüre, dass dich nicht nur dein eigener Seelenschmerz noch immer quält, sondern dass du außerdem die Schmerzen und die Traurigkeit von Arachnia, Tigeress, Insomnia und jetzt auch noch von Jinx ertagen musst. Und in diesem Zustand willst du kämpfen und dabei nicht nur riskieren, dass du verletzt wirst, sondern auch, dass du dich überlädst und wieder solche Schmerzen hast wie damals? Ich jedenfalls will nicht zulassen, dass du dir das antust; gerade weil ich dich liebe.“
 

Raven wollte gerade antworten, als Janus sie hochhob und direkt auf den Mund küsste. Das Mädchen erschrak zunächst, da sie das nicht erwartet hatte. Ihr wurde regelrecht schwindlig. Doch dann entspannte sie sich vollkommen. Ihr ganzes Bewusstsein war von Liebe erfüllt, deren Intensität sich ihrer Vorstellungskraft entzog. Noch nie hatte sie sich so glücklich, so frei von Schmerzen und Sorgen gefühlt. Sie gab sich ganz diesem Gefühl hin und ließ es durch ihren Körper strömen, von den Zehen bis in die Haarspitzen. Nie hätte Raven gedacht, dass sie überhaupt jemals so glücklich sein könnte. Sie wünschte sich von Herzen, dass dieser Moment für immer dauern könnte.
 

Noch immer an seinen Lippen hängend streifte Raven ihren Umhang und Gürtel ab und schlüpfte aus ihren Stiefeln. Dann verlagerte sie ihr Gewicht so, dass sie zusammen mit Janus auf sein Bett fiel.

Das Mädchen schmiegte sich so eng an ihn, wie sie nur konnte. Janus drückte sie an sich und streichelte sie zärtlich. Vor Ravens Augen begannen bunte Lichter zu flackern und sie spürte, wie sie langsam aus dieser Ebene des Bewusstseins verschwand. Sie versuchte, es zurückzuhalten, doch es war sinnlos. Die Lichter verschwanden und es wurde vollkommen dunkel um sie. Ein wohlig warme, kuschelige Dunkelheit.
 


 

Als Raven wieder zu Bewusstsein kam, spürte sie zuerst, dass sie eng an etwas festes, aber dennoch weiches und warmes gekuschelt lag. Eine weiche Decke umhüllte sie und ihr Kopf lag auf einem Kissen. Sie lag in Janus’ Bett. Als sie ihre Augen öffnete, bemerkte sie, dass Janus neben ihr lag und sie im Arm hielt. Obwohl er fest schlief und die Deck verhinderte, dass ihre Körper sich direkt berührten, spürte das Mädchen deutlich, wie fest er sie hielt. Obwohl Janus keine Superkräfte im eigentlichen Sinne hatte, war er dennoch sehr kräftig gebaut und rein körperlich viel stärker als sie.

Doch im Grunde hatte es Raven nicht eilig, sich von ihm zu lösen; im Gegenteil.
 

Langsam erinnerte sie sich, was zuvor geschehen war. Sie hatten sich lang und leidenschaftlich geküsst. Zudem hatten sie sich gegenseitig ihre Gefühle übertagen. Raven hatte sich gefühlt wie in Trance und es war das schönste, was sie je gefühlt hatte: Sie hatte die Emotion Liebe als körperliche Empfindung gespürt. Zwar hatten Janus und sie nur miteinander gekuschelt, doch ihre empathische Verbindung hatte dieses Gefühl direkt in ihren Körper geleitet. Und dann?
 

Vorsichtig schlüpfte Raven aus der Decke, die sie einhüllte, und versuchte, sich aus Janus’ Armen zu befreien, ohne ihn aufzuwecken. Als sie es geschafft hatte, stand sie auf. Sie sah, das Janus vollständig angezogen auf dem Bett lag. Sie selbst hatte ihre Schuhe ausgezogen und ihren Umhang und Gürtel abgelegt. Beim Blick auf die Uhr stellte sie fest, dass es bereits kurz nach 11 Uhr war. Sie hatte über vier Stunden geschlafen.

Raven war klar, dass sie und Janus zusammen eingeschlafen sein mussten, aber sie konnte sich nicht daran erinnern, müde gewesen zu sein. Janus war die ganze Nacht über wach gewesen, aber sie hatte normal geschlafen. Konnte es sein, dass er nicht nur seine Liebe, sondern auch seine Müdigkeit in ihren Körper übertragen hatte?
 

Als sie ihre Sachen aufgesammelt hatte, küsste sie Janus zum Abschied auf die Wange und verließ das Zimmer. Auf dem Weg kam sie an dem immer noch laufenden Computer vorbei. Zunächst dachte Raven, das ihre Augen ihr einen Streich spielten, als sie Fische im Bildschirm umherschwimmen sah, wie in einem Aquarium. Auf den zweiten Blick erkannte sie, dass es sich dabei um einen ziemlich realistischen Bildschirmschoner handelte. Raven hatte nicht viel Ahnung von Computern und ihr bescheidenes Wissen über Technik kam hauptsächlich davon, dass sie Cyborg ab und zu bei Reparaturen am T-Car oder auch an ihm selbst zur Hand ging. Derartige Dinge hatten sie jedoch nie besonders interessiert. Die Interessen des düsteren Mädchens lagen eher in Büchern und vor allem in den geheimnisvollen Winkeln ihrer eigenen Seele. Sie schaltete den Bildschirm ab (wie man auf einen Knopf drückt wusste sie natürlich) und machte sich auf den Weg in den Meditationsraum. Sie wollte die gerade gemachten Erfahrungen analysieren und wieder einmal versuchen, ihre Gefühle zu ordnen. Und außerdem wollte sie darüber nachdenken, was im Fall Nightshade weiter zu tun sei.
 


 

Es vergingen einige Tage. Raven war kurz in den Titan Tower zurückgekehrt um ihre Freunde wie versprochen auf dem Laufenden zu halt, besonders Robin. Er war sichtlich erleichtert, als Raven ihm berichtete, dass von Janus und den Dark Creatures keine Gefahr ausging. Doch als sie ihm von Nightshade erzählte, war er mehr denn je besorgt. Er versprach jedoch, das die Titans in diesem Fall so gut es ging mit den Creatures zusammenarbeiten würden.

Das sich Raven auf einen längeren Aufenthalt in Gotham City eingestellt hatte, nahm sie noch einige nötige Dinge aus ihrem Zimmer mit: Hauptsächlich Kleidung und Bücher. Während Raven im Bunker ihr Gästezimmer einrichtete, scherzte Arachnia darüber, dass sie vielleicht für immer dort bleiben sollt; allein schon wegen Janus. Das etwas zwischen Janus und ihr lief, wussten die Creatures inzwischen alle und tatsächlich dachte Raven oft darüber nach, für immer bei ihm zu bleiben.

Scheinbar war sie damit auch nicht die einzige. Jinx war mittlerweile in Psykids früheres Zimmer eingezogen. Obwohl die junge Hexe nicht mehr so depressiv war wie zu Anfang, war sie den Creatures gegenüber sehr verschlossen und ließ sich wie Insomnia kaum blicken. Im Grunde verließ Insomnia ihr Zimmer sogar öfter.
 

Eines Morgens, als Raven gerade frühstücken wollte, traf sie im Wohnzimmer auf Insomnia. Das unheimlich Mädchen saß neben den Sofa auf dem Boden. Sie hatte sich zu einer kleinen, schwarzen Kugel zusammengerollt und war im Schatten kaum zu sehen. Zuerst wollte Raven sie einfach in Ruhe lassen, doch dann entschied sie, dass es Insomnia sicher nicht helfen würde, wenn man sie zu ignorieren versuchte.
 

„Guten Morgen.“ sagte Raven freundlich, doch sie bekam keine Antwort. Vorsichtig trat sie näher.

„Hallo, schläfst du?“ fragte sie.

Ohne auch nur den Kopf zu heben antwortete Insomnia: „Nein, ich schlafe nicht. Und ich habe keinen guten Morgen.“

„Die hat ja heute wieder ein Laune.“ dachte sie, doch sie erinnerte sich, dass das Mädchen allen Grund hatte, schlecht gelaunt zu sein. Eigentlich war sie ja selbst auch ein Morgenmuffel und Insomnia war heute für ihre Verhältnisse eher gut gelaunt.
 

„Möchtest du vielleicht etwas essen?“ fragte Raven vorsichtig. Sie erinnerte sie noch gut daran, was für eine schreckliche Ausstrahlung Insomnia bekam, wenn sie wütend wurde. Und daher wollte sie es vermeiden.

Doch anstatt Raven anzuschreien hob das verhüllte Mädchen den Kopf und sah sie mit zwei ebenso müden wie traurigen Augen an. „Ja, gerne.“ antwortete sie, sehr zu Ravens Überraschung.
 

Insomnia aß wie immer nur wenig. Raven vermutete, dass die dunkle Energie aus ihren Gefühlen ihr genug Kraft zum Leben lieferten, wobei ihre Stimmung ihr gleichzeitig den Appetit verdarb. Zudem viel es ihr sichtbar schwer, mit dieser Maske vor ihrem Gesicht zu essen.
 

Raven schaute sie sich an. Als Insomnia mit den anderen Dark Creatures im Tower zu besuch war, hatte sie sogar den Sichtkontakt zu ihr gemieden, da ihre Aura wirklich unerträglich gewesen war. Heute, wo sie scheinbar etwas besser gelaunt war, traute sich die junge Magierin auch, sie sich näher anzuschauen.

Insomnia war ein mindestens ebenso bemitleidenswerter, wie furchterregender Anblick. Sie war ungefähr in ihrem alter, etwas größer als Raven, schlank und in einen hautengen Lederanzug gehüllt, der ihren Körper vollständig bedeckte. Darüber trug sie ein kurzes, schwarzes Kleid und auf den Schultern eine Art breiten Schal. Auch ihre Maske lag eng an, bis auf den Schleier, der die Mundpartie verdeckte, und umschloss auch ihren Hinterkopf vollständig. Dieses Kostüm hatte allerdings wohl auch schon bessere Tage gesehen, denn es war an vielen stellen zerrissen, grob genäht oder ausgefranst. Insomnia sah dadurch aus wie eine mehrfach geflickte, schwarze Puppe, die jemand weggeworfen hatte; und genau so fühlte sie sich wohl auch.

Raven fragte sich, ob ihr Gesicht wirklich so schrecklich aussah, wie man sagte. Sicher waren Brandnarben kein schöner Anblick, doch sie konnte sich nicht vorstellen, dass dieses Mädchen derart entstellt war, das nicht einmal ihre Eltern sie noch lieben konnten oder wollten. Raven hatte nichts davon gesehen, als sie in ihrem Zimmer gewesen war; nur, dass Insomnia sehr kurze, hellblonde Haare hatte. Doch sie hatte auch nicht allzu sehr auf Insomnias Aussehen geachtet, da ihre Aura sie aus dem Zimmer getrieben hatte. Zwar hatte Raven selbst oft genug ihre Kräfte benutzt, um die anderen Titans daran zu hindern, ihr Zimmer zu betreten, doch so etwas hatte sie noch nie erlebt. Ja, sie hatte Angst vor Insomnia gehabt; jedoch nicht, weil sie sich davor gefürchtet hatte, dass sie verletzt werden könnte. Insomnias Aura hatte ihr buchstäblich Angst eingeflösst.
 

„Es tut mir leid, dass ich dich so erschreckt habe.“ sprach Insomnia zu ihr. „Ich wollte dir nicht wehtun. Ich hatte einfach Angst.“

„Vor mir?“ fragte Raven.

„Davor, dass du mir Gesicht siehst. Auch dass möchte ich dir nicht antun.“
 

Raven fühlte eine schwere, traurige Stimmung von Insomnia ausgehen. Tröstlich sprach sie zu dem finsteren Mädchen. „So schlimm kann dein Gesicht doch gar nicht aussehen. Ich habe schon in die Gesichter von Dämonen geblickt und habe keine Probleme damit, Dinge zu sehen, die nicht besonders hübsch aussehen. Außerdem kannst du ja auch nichts dafür, wie du aussiehst. Du hast dich bei einem Unfall verletzt und hast Narben davongetragen. Cyborg hat, oder vielmehr hatte das gleiche Problem. Er hat damals über die Hälfte seines Körpers verloren und wurde wegen seines Aussehens ebenfalls gemieden. Ich denke, alles, was du brauchst ist jemand, der dich und dein Aussehen akzeptiert. Ich jedenfalls würde gerne einmal dein Gesicht sehen. Und ich werde mich bestimmt nicht davor ekeln.“
 

Insomnia schwieg kurz und antwortete dann: „Du möchtest es wirklich sehen? Es tut mir sehr leid, aber ich kann es dir nicht zeigen. Ich habe kein Gesicht mehr…“
 

In diesem Moment betraten Blaze und Arachnia den Raum. „Da wir alle hier sind, können wir ja auch gleich anfangen.“ sagte Blaze.

„Womit anfangen? Und außerdem fehlt Janus.“ meinte Raven darauf.

„Er soll ja auch nicht dabei sein. Janus kriegt doch ’nen Schock wenn er hört, was wir vorhaben.“ antwortete Arachnia.
 

Raven hatte ein düstere Vorahnung, was die Creatures planten. „Ihr wollt rausgehen und Nightshade suchen?!“

„Genau.“ antwortete Blaze. „Wir werden sie nicht nur suchen, sondern sie auch finden und ihr heimzahlen, was sie mit Tigeress gemacht hat!“ Die Stimme des sonst so ruhigen Jungen klang sehr wütend bei diesen Worten.

„Aber ihr hättet keine Chance gegen sie!“ rief Raven. „Janus hat mir erzählt, was sie tut. Wollt ihr, dass sie euch genauso zurichtet wie Tigeress?“

„Das wird sie nicht schaffen.“ meinte Arachnia. „Wir zusammen können sie besiegen. Gegen Blaze’ Feuer, meine Magie, Insomnias Psikraft und deine Dämonenkräfte kann sie unmöglich gewinnen, egal wie stark sie ist.“

„Das mag ja sein, aber wie wollt ihr sie überhaupt finden?“

„Wir wissen bereits, wo wir sie finden. Genaugesagt, wir sind mit ihr zum Kampf verabredet.“ antwortete Arachnia. „Du wirst es nicht glauben, aber sieh hat mir eine Mail geschickt, in der sie mir gesagt hat, dass sie uns alle, auch dich, am Hafen erwartet.“

„Das ist eine Falle und tappt auch noch freiwillig rein!“ rief Raven. „Nightshade wird durch Kämpfe stärker. Eure Kräfte mögen stark sein, aber ihr werdet sie nicht besiegen können, weil ihre Kraft euch während des Kampfes über den Kopf wachsen wird. Schmerzen schwächen sie nicht und sie nimmt weder auf andere, noch auf sich selbst Rücksicht. Das wird ein Kampf, den ihr nicht gewinnen könnt!“
 

Nun erhob Insomnia sich. „Unser Entschluss steht fest.“ sprach das maskierte Mädchen. „Wenn du uns nicht helfen willst, dann steh’ uns wenigstens nicht im Weg. Aber ich muss sagen, ich bin enttäuscht, dass die einzige von uns, die sich zurecht als Heldin bezeichnen kann, sich vor einem Kampf drückt.“ Dann ging sie zu ihren Teamkameraden hinüber.
 

„Ihr macht einen großen Fehler!“ rief Raven ihnen zu, als Blaze und Insomnia Arachnia an den Händen fassten. Ein helles Licht flammte auf und die drei waren verschwunden.

Raven konnte es nicht fassen, was gerade passiert war. Als sie sich von dem Schreck erholt hatte, stürmte sie sofort aus dem Raum. „Ich muss Janus davon erzählen.“ dachte sie auf dem Weg zu seinem Zimmer.
 


 

Arachnia, Blaze und Insomnia waren gerade im Hafen von Gotham City angekommen. Sie standen auf einem Platz, der auf drei Seiten von verfallen wirkenden Lagerhallen und auf der vierten vom Meer begrenzt wurde. Selbst bei Tag war das keine sehr einladende Gegend.

„Ich hoffe, wir sind am richtigen Ort gelandet.“ meinte Blaze zu Arachnia.

„Hey, ich hab’ heute zum ersten mal drei Leute auf einmal teleportiert! Deine Flammen haben ja auch nicht gleich beim ersten Mal funktioniert.“ antwortete sie darauf.
 

„Nur keine Sorge: Ihr seid am richtigen Ort!“ rief ihnen jemand zu. Die drei sahen sich um und sahen ein Mädchen aus dem Tor eines der Gebäude heraustreten: Schwarzer Anzug, lange, schwarze Haare und kalte, eisblaue Augen. Keiner von ihnen zweifelte daran, dass dieses Mädchen Nightshade war.

„Eigentlich hab’ ich dich mir größer vorgestellt!“ rief Arachnia ihr zu.

„Size doesn’t mater.“ antwortete Nightshade ruhig. “Wer von euch möchte denn anfangen?”
 

Blaze wollte sich gerade melden, doch Insomnia kam ihm zuvor.

„Ich spüre, dass Schmerz die Quelle deiner Kraft ist.“ sprach das verhüllte Mädchen zu ihr. „Bei mir ist es genauso. Über die letzten Jahre hat sich viel Schmerz in mir aufgestaut und wartet nur darauf, hervorzubrechen. Und gleich wirst du ihn zu spüren bekommen.“

„Wir mögen ähnliche Kräfte haben, aber wir sind nicht ebenbürtig. Ich verspreche dir, dass du gleich noch viel mehr Schmerzen erfahren wirst, die in Form von Blut und Tränen aus dir hervorbrechen werden.“ antwortet Nightshade spöttisch. Dann verschwand sie plötzlich. Noch eher die Creatures es richtig realisiert hatten, tauchte sie direkt vor Insomnia auf und rammt ihr das Knie in den Bauch. Ihre Gegnerin wankte und Nightshade nutzte die Chance sofort, sie mit einem Tritt gegen den Kopf zu Boden zu schicken.
 

„Das war unfair!“ rief Arachnia.

„Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt. Und wir lieben uns sicher nicht.“ antwortete Nightshade.
 

Obwohl sie gerade zwei Volltreffe eingesteckt hatte, richtete sich Insomnia wieder auf und schien nicht einmal geschwächt zu sein. „Ich leide in jeder Sekunde meines Lebens Höllenqualen. Glaubst du vielleicht, dass mir da deine Tritte noch etwas ausmachen.“ sprach sie und warf ihren Schal ab. Darunter kam ihr Pariumhalsband zum Vorschein. „Gleich wirst auch du wissen, wie es ist, in der Hölle zu sein!“ rief sie und öffnete das Halsband. Mit einem Schrei, der von unbeschreiblichen Schmerzen zeugte, sank das Mädchen auf die Knie und tiefschwarze Flammen begannen ihren Körper zu umlodern.
 

„Was passiert mit ihr!?“ rief Blaze erschrocken.

„Das ist Insomnias Aura. Ihre Seele brennt förmlich. Die Flammen sind pure, zu dunkler Energie gewordene Schmerzen.“ antwortete Arachnia, nicht weniger entsetzt.

„Ich dachte immer, sie könnte nur Gedanken und Gefühle beeinflussen. Woher kommt diese Kraft?“

„Die dunkle Energie wird von ihren Gefühlen erzeugt, genauer gesagt von ihren Schmerzen. Wenn sie so geladen ist wie jetzt, dann nimmt nicht nur ihre Aura eine physische Gestallt an; auch die finsteren Gedanken, die in ihrem Kopf herumschwirren, werden aufgeladen und dadurch real!“ erklärte Arachnia ihm.

„Jetzt verstehe ich auch, warum sie das Halsband trägt. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, was für Schrecken ihrem Verstand entspringen würden.“ meinte Blaze, sichtbar besorgt. „Ich hoffe, sie kriegt sich nach dem Kampf wieder ein.“
 

„Jetzt wird’s interessant.“ sagte Nightshade, als Insomnia schwarz glühend auf sie zustürmte.

Der Aufprall von Insomnias energiegeladener Faust auf ihren Unterarm kam einer Explosion gleich. Wäre Nightshade nicht selbst von einer solchen Aura geschützt gewesen, hätte dieser Treffer ihren Arm mindestes gebrochen. Obwohl sie den Schlag abgewehrt hatte, wankte die junge Kämpferin unter der Wucht des Treffers.

Insomnia setzte nach. Wie besessen schlug sie auf Nightshade ein, die alle Mühe hatte, die Angriffe abzuwehren. Nightshade war in der Defensive und Insomnia griff immer wieder mit einer Wut an, die sich in Jahren voller Schmerz und Kummer in ihr aufgestaut hatte. Ohne einen einzigen Gedanken entlud sie all ihren Zorn auf ihre Gegnerin. Zuerst sah es so aus, als ob Nightshade keine Chance gegen sie hätte, doch dann wendete sich das Blatt. Die schwarzen Flammen wurden kleiner und Insomnias Attacken schwächer. Dennoch griff Nightshade nicht an, sonder wehrte weiterhin die Schläge ab und sah zu, wie dem maskierten Mädchen langsam die Kraft schwand.

Schließlich erloschen die Flammen. Insomnia atmete schwer, doch sie griff weiter an, bis sie vollkommen erschöpft war. Nightshade lächelte zufrieden und versetzte Insomnia einen Faustschlag ins Gesicht, der sie von den Füßen riss.
 

„Du hast wirklich eine menge Kraft in dir; oder vielmehr, hattest.“ sagte sie und schaute auf das erschöpft am Boden liegende Mädchen herab. „Dein Seelenschmerz ist eine starke Energiequelle, doch wahre Macht erlangt man nicht, indem man einsteckt. Meine Kraft kommt von einem viel stärkeren Gefühl: Hass.“
 

„Aber… ich spüre, dass… du darunter leidest.“ antwortete Insomnia, die vergeblich versuchte, sich aufzurichten.

„Ja, auch ich muss leiden, um stark zu sein, aber dass ist nun mal der Preis der Macht. Ich wäre gerne auf andere Weise stark geworden, aber ich hatte keine andere Möglichkeit. Die dunkle Energie, die Kraft der Dämonen, kann nicht von einem Menschen verwendet werden, dessen Herz frei von Schmerzen ist. Vielleicht bin ich einsam, vielleicht bin ich böse und grausam, vielleicht kann ich weder Liebe, noch Freude, noch Zufriedenheit spüren, doch ich brauche diese Kraft, um zu überleben. Das Leben ist ein ewiger Kampf: Sieger und Verlierer, Starke und Schwächlinge; Jäger und Beute. Ich hatte die Wahl, zu welchen ich gehören wollte. Und ich weiß, dass ich mich richtig entschieden habe.“
 

„Du hast… dich falsch entschieden. Du bist nicht stark,… du… bist nur eine… traurige, gequälte Seele.“ sprach Insomnia, während sie sich mühsam wieder auf die Beine stellte. „Du hast… dich selbst… verdammt. Du… bist… schwach.“
 

Nightshades Gesicht verzerrte sich zu einer bestialischen Maske, als sie wutentbrand auf Insomnia zurannte. Sie versetze dem Mädchen seine Schlag der sie mehrere Meter zurückschleuderte.
 

„Ich bin schwach!?!“ schrie sie. „Wer von uns liegt denn am Boden!?!“

Sie ging zu ihrer Gegnerin und packte sie an der Kehle.

„Du hast keine Ahnung, was Stärke ist! Du hast ja sogar Angst vor dir selbst! Wenn du das wahre Potenzial der dunklen Kraft nutzen würdest, müsstest du jetzt nicht einmal nur auf deinen schwachen Körper verlassen. Du kannst dich kaum noch auf den Beinen halten, obwohl du Zugriff auf unendliche Energiereserven haben könntest. Siehst du, was für Kräfte mein Zorn und mein Hass auf dich mir verleihen?! Konzentrier’ dich auf diese Gefühle und wir beide werden hier und heute den Kampf unseres Lebens austragen!“
 

Insomnia hob den Kopf. Ihre traurigen, braunen Augen blickten ihre Gegnerin direkt an.

„Nein,“ antwortete sie ruhig, „ich kann dich nicht hassen. Ich hasse höchstens mich selbst und mein Leben, aber niemand anderen. Außerdem werde ich heute gewinnen; so oder so. Für dich, Sheila, empfinde ich Mitleid.“
 

Nightshade antwortete mit einer Reihe von Tritten in ihre Rippen und ihren Bauch. „Niemand darf mich so nennen!!!“ schrie sie, ohne mit dem treten aufzuhören. „Das Mädchen, von dem du sprichst, ist tot! ICH habe sie getötet, weil sie zu schwach zum Leben war!!!“ Sie packte Insomnia an ihrer Maske und zog sie hoch. „Ich bin noch nicht fertig mit dir! Wenn du mich jetzt nicht hassen kannst, dann muss ich dir wohl einen Grund dafür geben.“ sprach sie und riss ihr mit einem Ruck die Maske herunter.
 

Sofort wich Insomnia von ihr zurück, verbarg ihr Gesicht in ihren Händen und fing an zu weinen. „Was hast du getan!“ schrie sie verzweifelt. „Wie kannst du mir das antun!?!“
 

Nightshade lächelte grausam und antwortete: „Damit du wieder einen Energieschub kriegst und wir weiterkämpfen können.

Aber wenn ich dich mir so ansehe: Es war wohl nicht gerade eine meiner besten Ideen, DAS zu enthüllen.“ fügte in spöttischem Ton hinzu. „Aber jetzt hör’ auf zu heulen und kämpf weiter, du missratenes Ding!“
 

Insomnia zitterte. Trauer, Wut, Scham und Selbsthass verbanden sich in ihr und erfüllten ihren geschwächten Körper mit neuer Kraft. Doch ihr Schmerz war stärker den je. Kein Schlag, keine Beleidigung, kein Feuer der Welt hätten ihr derartige Schmerzen bereiten können. Ihr Verstand setzte aus, als die explosive Mischung von Gefühlen ihr Bewusstsein komplett ausfüllte. Unfähig auch nur einen klaren Gedanken zu fassen nahm sie die Hände von ihrem Gesicht und stand auf. Sie kannte nur noch ein Ziel: Nightshade noch schlimmere Schmerzen zuzufügen.
 

Nachwort zu Kapitel 4:

Na, hat ja ganz schön lange gedauert. Ich hatte nicht viel Zeit zum schreiben, weshalb dieses Kapitel leider etwas auf sich warten lassen musste. Ganz ehrliche Entschuldigung an alle meine Leser.

Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Eigentlich sollte das 4. ja das letzte Kapitel werden, aber bei der Nachbearbeitung ist mir aufgefallen, dass es lang genug für zwei Kapitel wäre. Also hab' ich es nochmal geteilt und ihr könnt euch auf ein 5. Kapitel freuen, für dass ich mich auch besonder ins Zeug legen will.

Dann werdet ihr auch erfahren, wie der Kampf gegen Nightshade ausgeht, ob aus Raven x Janus noch was wird und vor allem, welches schreckliche Geheimnis sich unter Insomnias Maske verbirgt. Leider muss ich gestehen, dass ich Kämpfe nicht so gut darstellen kann wie Gefühle, also bitte ich besonders in diesem Bereich um Tipps und konstruktive Kritik.
 

Euer Rokuro
 

Diesmal lass' ich den Scherz mit dem Hund.^^
 

P.S.

Liebe Freischalter (und evtl. auch Leser^^): Ich habe mir besonders viel Mühe gegeben, dass man die Szene in Janus' Zimmer NICHT als Hentai missverstehen kann. Ja, Raven und Janus lieben sich, aber im Bett beschränken sie sich auf harmloses Kuscheln.



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Ditsch
2008-09-28T14:58:29+00:00 28.09.2008 16:58
Das Kapitel hat mir auch wieder gefallen^-^
Nur frage ich mich gerade, wie alt Raven eigentlich ist...
Von:  Oogie-Boogie
2007-04-22T18:43:23+00:00 22.04.2007 20:43
Scheiße sind sie gut...
Nein, sie sind WIRKLICH gut.
Ihre Technik, kleine Absätze, vor den EIGENTLICHEN Absätzen zu lassen, machen das Lesen sehr angenehm...
Für Fanfics zumindest.
Und ihr Stil...
Sie übertreiben es zumindest nicht mit dem depressiven Zeug, sondern lassen auch Hoffnungschimmer.
Ihre Geschichte mag Vergleichsweise kurz sein...
Jedenfalls wirkt sie kurz da sie sich WIRKLICH gut gelesen hat. Und ich nicht aufhören konnte zu lesen, irgendwann.
Sehr gute Charakteresierung, und Entwicklung.
Hmmm...
Ein Meisterwerk. Ja, ein Meisterwerk.
Ich finde es sehr gut.
Zumal es nicht übertrieben Depressiv ist, aber Insomania sollte auch mal einen Lichtblick bekommen.
Zu bemängeln habe ich nichts.
Das mit den Sondergesetzen für Superhelden gefällt mir auch.
Ich gebe der Fanfic die allerbeste Bewertung und nehme es in meine Favoritenliste auf.
Sie haben außergewöhnlich viel Talent Miss oder Mister Rokuro.

gez. Mr.Oogie-Boogie
Von: abgemeldet
2007-03-28T18:42:11+00:00 28.03.2007 20:42
Echt toller FF.Wäre ganz toll wenn es bald weiter gehen würde.
Von:  Chiqu
2007-02-27T15:44:13+00:00 27.02.2007 16:44
sorry dass ich dir erst jetzt nen kommi schreib ich musste erst rausfinden wie man des macht >///<
ich find deine FF super!^^ du kannst echt toll gefühle beschreiben und es hat mir voll spass gemacht sie zu lesen!^^ ich find auch die neuen charas klasse!
ich mach sie zum favo wenn ich das hinkrieg xDDD
Von:  _Ayame_
2007-02-15T20:56:35+00:00 15.02.2007 21:56
Du sagst du kannst keine Kämpfe darstellen? Vielleicht nicht so wie du willst, aber was du bisher geliefert hast finde ich nahezu umwerfend (vor allem weil ich noch passende Musik in peto hatte :D) Du sagst doch selbst, dass du Gefühle besser beschreiben kannst, nutze das doch! Wenn du mich fragst ist es nicht nötig die Kämpfe anders zu gestalten, mir gefallen sie! Vor allem Der von Nightshade und Insomia. Ein Kampf der Gefühle.
Ich hoffe davon noch viel mehr im fünften Kapitel genießen zu können. ^^
Auch die Liebesszene von Raven und Janus hat mir gefallen. Für gewöhnlich bin ich kein Fan davon, aber auf diese Weise die Gefühle zu beschreiben... ich finde das ist wirklich etwas besonderes.
Mach so weiter. :)
Von: abgemeldet
2007-01-26T18:57:07+00:00 26.01.2007 19:57
^^ mal wider große klasse ^^ einfach mein lieblings ff
warte schon gierig auf neue seiten
Von: abgemeldet
2007-01-26T18:50:49+00:00 26.01.2007 19:50
Die FF ist...TOLL...alles schön detailiert beschrieben...wie immer halt...hach..ich wollte eigentlich garnet mehr aufhören zu lesen...aber das hast du mir ja abgenommen....hoffentlich geht's bald weiter....ich freue mich sehr....(leider kann ich dir beim Beschreiben von Kampfszenen nicht helfen...kenne mich damit nicht sooooo aus...^^')


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