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Menschen, die auf Gras wandeln I+II+III

von

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Kapitel 25

Kapitel 25
 

Erschöpft ließ er sich auf das Laken nieder, welches über ein weiches Schafsfell gelegt war und ihn vor dem harten Sandboden schützte. Er drehte das Kissen aus zusammengerolltem Stoff richtig hin und bettete seinen müden, noch immer schwirrenden Kopf darauf, zog eine Lage von drei großen Stofftüchern über sich und schloss erschöpft die Augen.

Auch dieser Tag war wieder sehr anstrengend gewesen. Überhaupt war diese ganze Zeit in der Wüste viel anstrengender als alles, was er jemals erlebt hatte. Nicht, weil ihn die Reise schwächte, weil ihm tagsüber die Sonne aufs Haupt brannte und abends die Kälte in seine Knochen drang ... nein, viel mehr war es sein Herz, welches ihn überanstrengte.

Jeden Abend fragte er sich, warum er es nicht geschafft hatte, Seth fort zu schicken. Warum nur tat er sich das an? Es wäre besser, er würde ihn niemals wiedersehen. Sie sollten getrennt voneinander leben. Seth als Priester in einem Tempel und er selbst als Pharao in seinem Palast. Ihn niemals mehr sehen zu müssen, wäre das Sinnvollste, das Einfachste ... aber auch das Traurigste. Und wie jeden Abend sagte ihm sein Herz ganz andere Dinge als sein Kopf.

Sein Herz machte jedes einzelne Mal einen Hüpfer, wenn Seth in der Nähe war. Wenn sich die blauen Augen auf ihn richteten, die immer eine neue Farbe hatten. Am Morgen glänzten sie hell in Erwartung eines neuen Tages. Am Mittag leuchteten sie in derselben Farbe wie der Wüstenhimmel, so brennend und klar. Nachmittags, zur größten Hitze, unterstrich die intensive Färbung das Rot seiner Wangen und wenn er die Augen schloss und ein wenig schlief, so war er der friedlichste Anblick, als würde er den Ruhepol der Wüste bedeuten. Aber am schönsten waren seine Augen am Abend. Wenn die Nacht eintrat, färbten sich seine Augen so dunkelblau. Atemu war noch niemals am Meer gewesen, aber das brauchte er auch nicht, wenn er in so tiefe Augen sah. Ein Blau, so stark wie ein Ozean, so glitzernd, funkelnd, unbezwingbar.

Es war schwer, ihn den ganzen Tag um sich zu haben. Jeden Tag neu in diesen Wundern zu ertrinken.

Er musste ihn ansehen. Erst heute Morgen hatte er ihn zufällig hinterm Zelt beim Waschen gesehen. Mit einem Tuch tupfte er das kühle Nass auf seine gebräunte Haut, von wo es auf den ausgetrockneten Wüstenboden perlte. Um seine Hüften nur ein Hauch von hellem Stoff geschwungen, welcher vom Wasser schon durchsichtig war. Sein Körper so kräftig, so wohlgeformt, männlich und weich zugleich. Seine Muskeln spielten bei jeder Bewegung, sein feuchtes Haar hing ihm bis ins Gesicht, seine sündhaften Beine leicht gespreizt, als er am Boden saß. Sein breiter Rücken, seine schmalen Hüften und überall schimmerte seine knusprig braune Haut ... es war grausam, ihm zuzusehen und er musste sich abwenden von diesem Anblick.

Der Drang, ihn zu berühren, wurde größer von Tag zu Tag. 26 Tage waren sie nun schon gemeinsam unterwegs, waren Stunde um Stunde zusammen. Er hörte seine samtene Stimme und beim Beten kniete Seth direkt vor ihm, so nahe, dass er ihn fast leibhaftig spüren konnte. Er leitete seine Verse und seine sanften, getreuen Worte stiegen auf in den Wüstenhimmel und hingen doch im Herzen seines Pharaos fest, welcher sie nicht loslassen mochte.

Es war schwer. Jeden einzelnen Tag.

Er beobachtete ihn aus der Ferne, aus der Nähe, von allen Seiten, in jedem Moment.

Seine Träume sponnen ihre eigene Realität, der Seth in seinen Wünschen tat ganz andere Dinge.

Anstatt zu beten, stöhnte er genüsslich auf. Öffnete seine feuchten Lippen und schenkte ihm die lustvollsten Töne.

Anstatt sich das Haar zu kämmen, wirrte es sich ein, wenn er vor lauter Ekstase seinen Kopf hin und her warf, seine Hände über seine sonnengeröstete Haut glitten.

Anstatt zu schlafen, räkelte er sich lustvoll im Sand, fuhr mit seinen Fingern und den Zehen in den losen Boden und bäumte seinen Rücken auf, wenn die Empfindungen der Sinne ihn überkamen.

Und wenn er die Hände seines Königs küsste, so fühlte es sich an, als würde er ihn am ganzen Körper liebkosen.

Seine Worte waren nicht die eines Priesters, stattdessen sprach er schmutzige Dinge in des Pharaos Ohren.

Diese erwünschte Realität, ließ ihn leiden. In jedem einzelnen Moment.

Faari und Penu machten sich schon lustig darüber, dass ihr Pharao so häufig ins Leere schaute und rot wurde, obwohl nichts geschehen war. Sie hatten ihm einen Spitznamen gegeben ... Tagträumer ... sie wussten ja gar nicht, wovon er wirklich träumte, wenn er den keuschen Gebeten des Priesters lauschte.
 

„Majestät?“

Da war sie schon wieder. Diese Stimme, welche sein Herz stoppen ließ.

So sanft, so tief und rauchig. Er hörte den Atem hindurch, spürte die Vibrationen am ganzen Körper.

Er wollte ihn so sehr!

„Majestät, seid Ihr wach?“

„Seth ...“ Er blinzelte die Augen auf und sah zuerst den Schein einer Öllampe und dahinter die blausten Augen des Reiches. Er ertrank, sobald er sie auf sich ruhen spürte. „Was ist denn noch so spät?“

„Spät? Mein Pharao, Ihr seid lustig“ lächelte er so lieblich wie die ersten Sonnenstrahlen des Tages auf die kalte Erde trafen. „Die Sonne geht bald auf. Ich komme, um Euch zu wecken.“

„Wecken?“ fragte er verwundert und noch immer mit niederdrückender Müdigkeit in den Gliedern. Er hatte doch eben erst die Augen geschlossen, er war noch gar nicht eingeschlafen und schon sollte er geweckt werden? Wenn diese Nacht wirklich schon vorbei war, so hatte sie nicht eine einzige Minute ohne den Gedanken an ihn gebracht.

„Ja, Ihr seid nicht selbst aufgewacht heute Morgen“ erwiderte er ihn seiner gesenkten Stimme, welche ihn so sanft aus der Nacht in den Tag holen wollte. „Doch wenn Ihr so müde seid, werde ich Euch heute Euer Frühstück hereinbringen. So könnt ihr noch einen Augenblick liegen bleiben.“

„Nein, lass nur“ murmelte er, strich sich eine Strähne verworrenen Haares aus dem Gesicht und stützte sich auf seine Ellenbogen, um ein wenig aufrechter zu sein, was hoffentlich die Müdigkeit vertrieb. „Ich stehe gleich selbst auf. Warum weckst du mich und nicht Fatil?“

„Eines der Lastenpferde hat sich einen Stein eingetreten“ antwortete er leise. „Er ist draußen und behandelt es. Da wollte ich die Gelegenheit nutzen und Euch einen Moment allein sprechen. Wenn es Euch nicht stört.“

„Allein?“

„Ja. Penu entfacht das Feuer neu und Faari packt bereits unsere Taschen zusammen.“

„Nein, ich meinte, worüber willst du sprechen, dass es die anderen nicht hören dürfen?“

„Möchtet Ihr nicht erst frühstücken? Ich möchte Euch nicht mit ...“

„Mein Seth, worüber möchtest du mit mir allein sprechen?“ seufzte er und blickte ihn ehrlich an. „Ich bin wach genug und störst mich auch nicht. Also, was bereitet dir Sorge?“

„Hoheit“ sprach er leise, stellte die Lampe zur Seite in den noch kalten Sand und setzte sich an sein Lager, kam ihm dabei so nahe, dass er das Herzklopfen des Pharao eigentlich hätte hören müssen.

Es war nur eine Fingerbreite und ihre Arme hätten sich berührt, Atemu konnte seine Wärme herüberstrahlen fühlen, roch das Rosenöl, welches er aufgetragen hatte. Er hoffte, Seth würde das Zittern seiner Hände und seinen stockenden Atem nicht bemerken und danach eine unpässliche Frage stellen.

„Ich brauche Euren Rat wegen Fatil“ fuhr Seth leise fort. So leise, dass man ihn außerhalb der dünnen Zeltwand nicht hören sollte. „Ich weiß nicht weshalb, aber ich habe das Gefühl, dass er mir ablehnend gegenübersteht. Zu Penu und Faari habe ich, so denke ich, eine recht gute Beziehung aufgebaut, jedoch Fatil spricht kaum mit mir. Ich spüre aber, dass er mich beobachtet und mir misstrauische Blicke zuwirft. Er betet nur halbherzig mit mir gemeinsam und holt seine Gebete lieber ohne mich nach. Er teilt kein Brot mit mir und weicht einem Gespräch aus, wenn ich ihm meine Bedenken erläutern möchte. Ich weiß nicht, ob es nur ein falsches Empfinden ist oder ob er mich wirklich meidet. Hat er etwas zu Euch darüber gesagt?“

Das hatte Atemu auch schon bemerkt und die anderen im Lager sicher ebenfalls. Fatil mied ihn tatsächlich, aber er sagte nicht, woran es lag und ließ auch nicht mit sich darüber diskutieren. Der Pharao aber wusste, woher diese Haltung kam. An erster Stelle misstraute Fatil dem Neuen. Er wollte Seth nicht direkt böser Absichten bezichtigen, jedoch behielt er ihn scharf im Auge. Er sah wie sehr Atemu unter seiner unerfüllten Liebe leiden musste und auch wenn er es nicht sagte, so hielt er es doch für möglich, dass diese Herzensqual einem bestimmten Zwecke diente, den er noch ergründen musste, um seinen Qualen ein Ende zu bereiten. An zweiter Stelle stand die Tatsache, dass Seth in seinen Augen nichts weiter als ein Lustsklave war und somit nicht würdig, an des Königs Seite zu stehen. Er fühlte seine Religion verraten und betrachtete den jungen Priester als Betrüger, als Schänder seiner Götter, als Bedrohung für den Pharao. Er sagte darüber jedoch nicht ein Wort, denn er hatte es seinem König versprochen. Er dachte es leise bei sich, beobachtete aber den verschwiegenen Sklaven und wartete nur auf den Moment, in welchem er die betrügerischen Pläne des sogenannten Priesters aufdecken konnte. Er tat dies nicht aus bösem Willen heraus, aber er sorgte sich um seinen König, welcher ihm ein Bruder im Herzen war. Ihn leiden zu sehen, machte ihn wütend und erfüllte ihn mit großem Zorn. Er wollte Seth fortjagen, ihn verraten, ihn verstoßen - doch das würde seinem Pharao das Herz brechen, weswegen er es bleiben ließ.

Penu und Faari taten diese Verhaltensweise als Eifersucht ab, weil er nun nicht mehr der einzige Vertraute des Königs und deshalb neidisch war auf die hohe Stellung des Priesters. Seth jedoch schien zu spüren, dass mehr dahinter lag.

Doch was sollte er ihm nun sagen? Die Wahrheit wäre sicher das Richtige, nicht aber auch das Beste. Er hatte versprochen, ihr Geheimnis zu wahren und niemandem von Seths Vergangenheit zu erzählen. Außerdem müsste er ihm dann auch alles sagen, was in seinem Herzen war ... und dann würde er diese nachtblauen Augen in Trauer und Enttäuschung betten - und das wollte er niemals tun.

„Ich glaube, er braucht nur eine Weile, um sich an dich zu gewöhnen“ versuchte er seine Antwort ruhiger zu sprechen, als seine Stimme es zuließ. Dieser Rosenduft stieg ihm in die Nase und Seths bronzene Haut schimmerte so seidig in dem dämmrigen Licht der Lampe. „Ich habe dir doch erzählt, mein voriger Wanderpriester war alt und gebrechlich. Mit ihm habe ich mich nicht annähernd so gut verstanden wie mit dir. Ich vertraue dir und Fatil weiß das. Ich glaube, er ist nur eifersüchtig.“

„Glaubt ihr das wirklich?“ Diese Besorgnis in seiner ruhigen Stimme, die zarten Bewegungen seiner schmalen Lippen, seine unglaublich klaren Augen ...

„Ja, das glaube ich. Mach dir keine Sorgen, Seth.“ Seine Worte kamen nur zitternd hervor, er spürte sein Herz schneller schlagen und die Hitze in seinen Kopf steigen. Dieser verbotene Traum war ihm so nahe und er konnte beobachten, wie sein warmer Atem in der kalten Morgenluft kondensierte. Er sah jeden Atemzug, sein breiter Brustkorb hob und senkte sich ...

„Wenn Ihr es sagt“ seufzte er ein wenig getröstet, strich sich mit seinen schmalen Fingern das erdige Haar aus der Stirn und lehnte sich ein wenig entspannter zurück. Er stützte seine Hand so nahe neben des Pharaos Bein, dass diesem nur noch wärmer wurde. Er wünschte sich so sehr, er würde ihn berühren, ihn streicheln und am ganzen Körper küssen. Seine weichen Lippen auf die sehnsüchtige Haut legen und ihm süße Worte ins Ohr hauchen. Doch stattdessen sprach er in so samtener Stimme Worte, welche weit von einer lustvollen Süße entfernt lagen.

„Wisst Ihr denn vielleicht einen Weg, wie ich ihm diese Eifersucht nehmen kann?“ fragte er um eine Lösung bemüht.

„Ich ... nein ... ich weiß nicht ...“ Seine Stimme wurde klein, flach, zitterte. Er musste schwer schlucken und hoffte, sein Herz würde aufhören, ihm so unwirkliche Träume zu senden. Er hoffte, die Morgenluft war kalt genug, um seinen fiebernden Körper zu kühlen und ihn zu entspannen, ihn taub zu machen für diese Gefühle.

„Aber Ihr kennt ihn doch seit Eurer Kindheit. Wenn Ihr einen Weg wüsstet, wie ich ihm ein Zeichen der Versöhnung geben kann, so würde ich dies gern tun. Wenn er Euer Freund ist, so soll er nicht mein Feind sein.“

„Ich ... ich ... bewundere dein ... Denken ... sehr.“ Es war doch kaum zu glauben. Er brachte kaum noch einen klaren Ton heraus. Sein Blut pumpte sich nervös durch seine Adern, pochte in den Ohren und seine Wangen glühten. Er begann zu schwitzen und die kalte Luft wollte ihm nicht wirklich hilfreich sein.

Seth saß ihm so nahe. Er konnte seine langen Wimpern erkennen, das feine Haar an seinem Arm, seine Fingerknöchel. Seine Stimme schickte warme Ströme des Begehrens durch seinen Körper und entfachte einen wahren Feuersturm in seinem Herzen, brannte auf seiner Haut und verklärte seinen Blick.

„Ich danke Euch dennoch für Euren Rat“ dankte er in seiner gemäßigten Stimme und senkte den Kopf demütig nieder.

„Bitte ... gern ...“ atmete er, hob die Hand und strich sich abermals nervös das Haar aus den Augen. Er musste sich beruhigen, sonst würde er gleich in Ohnmacht fallen oder all seine unterdrückten Gefühle platzen aus ihm heraus. Wenn Seth seine Ruhelosigkeit bemerken sollte - nicht auszumalen, was er ihm erklären sollte!

„Ich werde weiter mein Möglichstes versuchen, mich mit Eurem Gesellschafter zu versöhnen“ versprach er und streckte die Hand aus, öffnete sie mit einer bittenden Geste.

Etwas zittrig reichte Atemu sie ihm hin und ließ sie sich küssen wie jedes Mal, wenn sein Priester ihm Respekt und Dank zollte. Und es war so wunderbar, sich küssen zu lassen - sei es auch nur ein keuscher Handkuss. Seine Lippen waren so kräftig, so seidenweich. Seine Küsse waren ganz besonders. Nicht nur, dass seine Hände so weich waren und sich so zärtlich an seine Ballen schmiegten. Anders als andere Menschen, hauchte er seine Küsse entweder so zart auf, dass man mit Mühe den Luftzug spüren konnte und manchmal tat er es so wie jetzt. Dann öffnete er seine Lippen, senkte sie auf seinen Handrücken herab und schloss sie erst dann wieder. Er drückte seinen Mund auf die sensible Haut und hinterließ manchmal ein wenig Feuchtigkeit, welche dann kühl von der Luft aufgetrunken wurde, während alles in ihm brannte.

Ihm floss pure Hitze durch sein Blut und er musste schwer aufatmen. Wie sehr wünschte er sich doch, er würde ihn auch an anderen Stellen küssen. Auf die Lippen, die Wangen, auf den Hals, mit seinen Knospen spielen, seinen Bauchnabel lecken und ihm immer wieder sagen, er sei schön, begehrenswert und ...

Doch eine Berührung zwischen den Beinen riss ihn aus seinem Traum, ließ ihn leise stöhnen und geschockt hob er den Blick, um Seths Gesicht zu sehen, als dieser plötzlich seine Hand und seine Lippen wegzog.

Sein Mund war leicht zusammengekniffen, seine Augen ein wenig geweitet vor Schrecken und er blickte ... dorthin, wo der Pharao nun auch hin blickte.

An sich hinab und mitten unter dem Laken ... die Schande.

„Oh Gott!“ Schnell griff Atemu unter die Bettdecke und drückte seinen himmelschreienden Phallus herunter.

Dass ihm ausgerechnet DAS passierte!

Das war sicher das Peinlichste und Dümmste, was er jemals vor Seth getan hatte!

Kein Versprecher, kein Stolpern konnte so schandhaft sein wie die Entblößung seiner Triebe. Und das auch noch so, dass Seth ihn berührt hatte. Er war mit dem Ellenbogen dagegen gestoßen, als er ihm seinen Handkuss darbot. Er hatte es überdeutlich gespürt, gesehen ...

„Ich ... ich ... es ...“ Atemu wollte irgendetwas sagen. Eine Entschuldigung vorbringen, es irgendwie erklären. Doch bei aller Wortgewandtheit fiel ihm nicht ein einziger guter Grund ein.

Was sollte er denn sagen?

Dass Seth ihn erregte?

Dass er ihn begehrte?

Dass er wunderschön war?

Dass er mit ihm schlafen wollte?

Dass er ihn liebte?

Alles, was ihm einfiel, war nicht geeignet, es auch auszusprechen.

Niemals wollte er ihm von seinen Wünschen erzählen ...

... doch sein Körper sprach einfach ohne ihn.

„Es ... es tut mir leid ... Seth ... ich ...“

„Nein, es ist in Ordnung“ unterbrach er ihn und blickte ihn mit so unlesbaren Augen an, dass es dem Pharao nur noch mehr in den Kopf stieg. Was mochte er wohl jetzt über ihn denken? Dass er notgeil war? Sich nicht unter Kontrolle hatte?

„Ich ... Seth ... ich meine ...“

„Mein Pharao“ sprach er leise, ganz leise, so leise, dass man es kaum hörte. „Es gibt nichts, was ich nicht für Euch tun würde.“

„Seth, was ...?“ Aber seine Frage beantwortete sich von selbst, als sein verbotener Traum auf ihn niederkam.

Er ließ seine Hände bis zu der drückenden Stelle gleiten und strich leicht darüber. Über die Hand, welche dort noch lag und die Schande zurückhielt. Atemu musste den Atem anhalten, um nicht laut auf zu stöhnen. Sein Drang war so groß und vor ihm alles, was er begehrte. Seths Hand war so zärtlich und brachte ihn zum Zittern, seine Haut zum Glühen, seine Augen zum Schwimmen.

„Majestät, seid nicht verlegen“ bat er und nahm ihn mit einem so ruhigen Blick gefangen, dass sich sein Opfer am liebsten nur hinlegen und alles geschehen lassen wollte. „Ich weiß, wir waren lange nicht in einer Stadt und es ist Euch unwürdig, dies selbst zu tun. Wenn es Euch drängt, will ich Euch gern Erleichterung geben.“

„Du bist mein Priester“ stritt er mit eher verzweifelt hingebungsvoller Stimme ab und drückte seine Peinlichkeit selbst nur noch stärker herunter. Es wäre so einfach, die Hand fortzunehmen und sich von ihm berühren zu lassen. Er wollte es auch, sein ganzer Körper verlangte nach ihm. Seit so vielen Jahren hatte er nur diesen einen Traum - diesen verbotenen Traum eines Gottes, den er nicht träumen durfte ... denn er würde ihn dadurch zerstören, seinen Traum von Liebe verraten.

„Vielleicht“ hauchte Seth und begann langsam die wie wahnsinnig krallende Hand vorsichtig, aber bestimmt zur Seite zu schieben. „Aber Ihr seid noch immer mein Herr. Und wenn Ihr einen Wunsch habt, so will ich dem entsprechen. Was auch immer es sei.“

„Seth ... nicht ...“ Sein Kopf schwirrte, sein Körper glühte und alles in ihm schrie danach. Er wollte ihn so sehr. Seine Berührungen, seine Küsse, seinen Körper. Er biss die Zähne zusammen vor diesem drängenden Gefühl. Er konnte sich nicht erinnern, dass er jemals solche Lust empfunden hatte, wie in diesem Moment als Seths Hand zwischen seine Oberschenkel fuhr und nur noch das Laken sie von der nackten Haut trennte.

Er stöhnte flehend auf, als die starke Hand langsam begann, ihn zu reiben. Ganz zärtlich, voller Gefühl und mit solch einem Bedacht ... es fühlte sich großartig an.

„Sagt mir, Atemu“ flüsterte er, beugte sich herab, ganz langsam immer tiefer und strich mit der anderen Hand, den letzten Schutz, das Laken beiseite. Nur noch wenige Momente und er würde ihn berühren, pur, Haut an Haut. „Mögt Ihr meine Hände oder lieber meinen Mund? Wie gefällt es Euch?“

„Seth ... hör auf ...“ bettelte er, aber der Ton der Worte sagte etwas anderes als der Sinn. Und das wusste Seth auch. Er konnte seinen Kopf nicht aufrecht halten und sank hilflos auf den Boden nieder, wo ihm der Duft des kühlen Sandes in die Nase strömte. Dieses Begehren wuchs ihm einfach aus seiner Kontrolle heraus.

„Ich meine, mich zu erinnern, es war der Mund, den Ihr bevorzugtet. Nicht wahr, mein Pharao? Entspannt Euch, bitte. Ich werde Euch nichts Schlechtes tun.“

Aber spätestens dieser Satz jagte ihm erneut einen Dolch durchs Herz.

Seth hatte damals alle Vorlieben seines Herren erlernen müssen. Er wurde gezwungen, die ekligsten Dinge zu tun, nur um ihn eines Tages zu befriedigen.

Was er tat, das tat er nicht aus Liebe.

Er berührte ihn nur, weil er es für seine Pflicht hielt.

Weil er glaubte, es würde von ihm erwartet werden!

Und das war es nicht, was er wollte.

Weder sein Kopf, noch sein Herz wollten ihn ohne erwiderte Liebe.

Nein, bevor er ihn ohne Liebe bekam ... da bekam er ihn lieber gar nicht.

„NEIN!“ Laut und deutlich war seine Stimme, fast ein Schimpfen, ein Herrschen.

Er schlug beide Hände weg, noch bevor das Laken ganz beiseite war - und dazu hatte nicht mehr viel gefehlt. Er erhob sich mit einem Ruck ins Sitzen und funkelte seinen Begehrten beinahe wütend an. „Du bist Priester! Verstanden? Ich will nicht, dass ein Priester so etwas tut!“

„Aber Majestät, Ihr ...“

„RAUS!!!“ schrie er und musste seine verschwommenen Augen schließen, um nicht zu weinen. „VERSCHWINDE! WASCH DIR DIE HÄNDE UND GEH BETEN! ICH WILL DICH NICHT MEHR SEHEN!“

„Aber Majestät ...“ Seth war erschrocken über die plötzlich harten Worte. Er wollte alles in treuem Dienst tun und nun hatte er seinen Herren beleidigt. „Ich wollte Euch nicht beleidigen. Ich wollte ...“

„Ich weiß, was du wolltest“ quetschte er sich mit schnell verschwindender Stimme qualvoll heraus. „Geh dir die Hände waschen und mach dann Frühstück. Ich will dich jetzt nicht mehr sehen.“

„Hoheit! Ist etwas passiert?“ Sie hatten sein Schreien gehört und kamen sofort herbei geeilt. Fatil ganz vorne, quetschte sich an Seth vorbei, stieß ihn dabei hart zur Seite und legte seinem König besorgt die Hände auf die Schultern, während Penu sich Seths Arm griff und ihn ins Stehen holte. „Hat er Euch etwas getan?“

„Geh raus, Seth ... geh ... bitte“ flehte er leise. „Mach frühstück ... geh dich waschen.“

„Hoheit, nur ein Wort von Euch und ich werde ihn ...“

„Nein, Fatil“ unterbrach er ihn zitternd. „Es ist nichts. Nur ein Missverständnis. Ich hatte mich erschrocken ... ein ... ein Käfer ... war in meinem Bett. Seth wollte mir nur helfen. Es ist nichts ...“

„Ein Käfer“ wiederholte er skeptisch. Seit wann hatte sein Pharao Angst vor Käfern? Die Sache hier stank nach Nashornscheiße.

„Ja ... nur ein Käfer“ bekräftigte er schwach und konnte Seth nicht ansehen. Die Schande war zu groß. Er hob seinen Blick erst als er mit Penu das Zelt verließ und Faari den Stoff hinter ihnen zuzog.

Was war ihm da nur passiert?

Was musste er nur von ihm denken?

„Mein Pharao“ sprach Fatil besorgt und wischte ihm eine verirrte Träne fort. „Ich habe doch gesagt, Ihr solltet ihn nicht mitnehmen. Er ist nicht gut für Euch.“

„Aber ich liebe ihn“ schluchzte er und vergrub sein schandhaftes Gesicht in den Händen. „Ich liebe ihn doch ... ich will ihn so sehr. Er soll doch nur nahe bei mir sein. Ich liebe ihn ...“

„Majestät, Ihr seid Euch selbst das größte Hindernis“ riet er. „Macht ihn zu Eurem Sklaven und Ihr habt das Recht, alles mit ihm zu tun.“

„Aber ich will es nicht mit ihm tun“ weinte er. „Ich will, dass er es mit mir tut. Weil er es will ... ich will, dass er mich liebt. Liebe kann man nicht erzwingen, Fatil. Man kann sie nicht erzwingen.“

„Bei allen guten Göttern“ seufzte sein Freundesbruder und schloss ihn ganz tief in seine Arme. „Wie soll das nur ausgehen? Majestät, wie soll das enden?“

„Ich weiß es nicht ... ich weiß es doch auch nicht. Ich weiß es nicht, Fatil. Ich weiß es nicht ... ich weiß es einfach nicht ...“



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