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Armes Deutschland - Ode an den Trash Dschungelcamp, Nörgler

Autor:  Teilzeitheldin
Ihr kennt sie.
Jeder hat schon mal einen erlebt. Sie sind überall. In allen Foren, in allen Talkrunden, überall wo ein Reporter mit einer Kamera und nem Mikrofon durch eine Fußgängerzone schleicht...

Die "armen Deutschen".
Sie können überall mitreden, denn sie sind zu jedem Thema top informiert. Sie sind kritisch. Sie sind die Opposition - grundsätzlich. Sie sind dagegen, sie haben es schon immer gewusst.
SIE HABEN DAS REZEPT WIE MAN ES RICHTIG MACHT.
Aber niemand hört auf sie, nein. Die Stimme der Vernunft wird immer ignoriert. Se müssen sich damit abfinden dass sie die einzigen vernünftigen Menschen in einer Gesellschaft sind, die sich selbst durch ihre Dummheit zugrunde richtet.

Wogegen sind sie?
Das ist schwer zu sagen. Prinzpiell erst einmal gegen alles - insbesondere aber gegen Popkultur und Veränderung.
Alles eben, was ihr geliebtes Deutschland zugrunde richtet: Migranten und RTL, Videospiele, die EU und häufig auch ihresgleichen.
Sie sind sehr leicht zu erkennen.
Zum einen weil ihre Beiträge zu einer Unterhaltung IMMER die Opposition einnehmen. Egal welches Thema aufkommt - erst einmal werden die Gefahren aufgezählt. Dann kommt ein Verweis auf den bemitleidenswerten Zustand unserer Gesellschaft.
Und zum Schluss der ultimative Erkennungssatz: "Armes Deutschland!!".

Japp, ich meine die notorischen Nörgler, die fest daran glauben, ihr Gezetere wäre ein Zeichen überlegener Intelligenz und ihr Gejammer kritischer Umgang mit brisanten Themen.
Sehr unterhaltsam.


Derzeit haben sie - von der BILD-Zeitung angestachelt - nur ein Thema:
Das Dschungelcamp.
Ohooo! Sittenverfall! Volksverdummung! Billiger, niveauloser Trash!
Ihr müsst dazu natürlich wissen, dass die "armen Deutschen" gern einen Bildungsauftrag für sämtliche Medien sehen würden. Weil sie natürlich nur Phönix und Arte schauen und ihre Mittagspausen mit Dichtung und Wahrheit etwas auflockern.
Ihre beeindruckende Bildung zeigt sich durch ihren expressionistischen Umgang mit Satzbau und Orthografie besonders deutlich.
Und als Deutschlands Elite sind ihre Ansprüche ans Fernsehen natürlich gesteigert.

Ich hab um ehrlich zu sein, ein etwas gespaltenes Verhältnis zu Trash-TV.
Einerseits hätte ich uuuunheimlich gern ein paar gute, spannende, intelligente Serien wie es sie - zum Teil - in den USA gibt. Etwas mit guten Schauspielern und überraschenden Plots, spannend und professionell umgesetzt.
Und dann kommt die RTL-Gruppe und hält die Kamera auf ein paar Laiendarsteller oder schickt Promis in den Urwald.

Andererseits sollte man Trash-TV auch nicht vorschnell verurteilen und zu sehr den Abiturienten oder Akademiker raushängen lassen.
Bei genauerer Betrachtung gibt es beim Trash-TV interessante Ansätze.
Okay, nicht was die Plots angeht, aber das Phänomen an sich weckt doch wissenschaftliches Interesse bei mir. Ich hätte gern mal ne Medienanalyse zu Mitten im Leben. Vielleicht unter dem Titel "Sehnsucht nach einfachen Lösungen - der dramaturgische Einsatz von Dessous-Kauf bei Mitten im Leben".
(meine These dazu ist ja, dass MIL einerseits einfach gern Dicke in Dessous steckt um den voyeuristischen Faktor zu bedienen und dass dieses ständige Rekeln von ungeschminkten, übergewichtigen Hausfrauen mit ungewaschenen Haaren in viel zu engen Dessous Ausdruck des Wunsches nach rezeptartugen Lösungswegen zu polykausalen Problemen im alltäglichen Leben ist. Dein Freund geht dir fremd? Zieh Dessous an! Deine Mutter mischt sich in dein Liebesleben ein? Zieh Dessous an! Die Schnitzel sind dir angebrannt? Zieh Dessous an!)
Ich denke, ein tatsächlich krtischer Konsument kann weder von intelligenzfreien Fernsehserien noch von brutalen Videospielen beeinflußt werden. Wir sind nicht, was wir uns ansehen.
Umgekehrt könnte ich nem Affen von jetzt an jeden Abend ne Stunde Rousseau vorlesen und er würde doch kein Einstein. Reflektierender Umgang ist einfach wichtig.
Klar - man kann sich das Dschungelcamp ansehen und als Quelle für Lästereien benutzen. Oder weil man einfach mal nen Ex-Popstar halbnackt im Teich sehen will.
Aber das Ganze als soziologisches Experiment anzusehen, ist doch viel spannender.
In der Hinsicht verrät das Dschungelcamp eine Menge über die menschliche Psyche. Gruppenbildung und -dynamik. Hochinteressant.
Und natürlich auch gleichzeitig witzige, seichte Unterhaltung.



Zum Schluss gibt es jetzt das "Armes Deutschland online-Trinkspiel":

1)Startet eine Gruppenkonversation in Skype
2)Öffnet gleichzeitig ein Newsportal mit Kommentarfunktion zu den Berichten (gmx, t-online)
3)Verteilt euch auf unterschiedliche Threads
4)Durchforstet die Kommentare nach der Phrase "Armes Deutschland!"
5)Wenn ihr eine gefunden und weiter gelinkt habt, müssen alle anderen einen trinken!

Aber bitte mit Vorsicht genießen: Nicht zu lange spielen, sonst endet es noch im Komasaufen.
Komasaufen. Sowas gab's in meiner Jugend nicht!
ARMES DEUTSCHLAND!

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Datum: 27.01.2011 17:22
Du sprichst mir SO aus der Seele. ;_; Wie viele schauen mich abfällig an, wenn ich offen sage: JA! Ich schaue Trash TV! Es unterhält mich nebenbei und stellt euch vor: NEIN!, mein Gehirn hat sich noch nicht verflüssigt! XD
Was ist so schlimm daran, manchmal etwas Niveauloses, einfach... Lustiges im Fernsehen zu sehen? Klar, es ist Schrott, es ist sinnlos und peinlich... aber es amüsiert mich! Ich analysier das auch gern, such Logikfehler, oder immer wieder auftretende Muster (der Säurezyklus in der Schule, die Dessous, der Schwimmbad/Massagebadbesuch, die zickige Tochter, der genervte Vater, die hysterische Mutter xD).
Oh, ich schau auch gern Dokumentationen und Filme/Serien mit Niveau! Aber was spricht denn gegen eine Prise Trash-Parallelwelt, um mal abzuschalten? =D Und warum muss ich mich permanent als intellektuell und anspruchsvoll verkaufen, um als intelligenter Mensch zu gelten? Seh ich nicht ein!

Ich bin lieber ehrlich und sage: Ja, ich bin ein Voyeurist! Ich will sehen, wie die Dschungelcampbewohner miteinander interagieren, wie sie Intrigen spinnen und sich in Extremsituationen dann der wahre Charakter eines jeden zeigt! >:O
Und nein, dafür schäme ich mich nicht.

FernsehKritik TV wäre auch nur halb so interessant, wenn ich nicht exakt wüsste, wovon genau der Holger da redet. xD
Das Fernsehen ist wie eine Karikatur der Gesellschaft. Und Karikaturen fand ich immer schon stark. XD

ARMES DEUTSCHLAND!!!
XDD
Preiset Slash-kun, den Einzigartigen, der hinabgestiegen ist, um uns unsere Einfalt vor Augen zu führen.
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Datum: 27.01.2011 17:41
Nee, meine Theorie ist ja, dass RTL gar nicht skripten MUSS.
Sie suchen sich Kandidaten, die alle Gründe dafür haben, mitzumachen. Finanzielle und PR-technische.
Und dann entwickelt es sich von allein, denn wenn man sich ehrgeizige und narzißtische Menschen raussucht und sie über zwei Wochen auf engstem Raum in einer extremen Situation mit begrenzten Ressourcen einsperrt, entwickeln sich die Intrigen von alleine.
Spätestens während der Show kommt irgendwann der Punkt, wo jemand berechnend agiert um sich einen Vorteil zu verschaffen und das löst dann ne Kettenreaktion aus.

Was man an dieser Staffel sehr gut beobachten konnte war, dass die Campbewohner einen Aussenseiter brauchen, um dem Druck stand zu halten. Jemanden, den sie als Gruppe zum Sündenbock machen können.
Erst war's Sarah - hätte der Stress aber tatsächlich an ihr gelegen, wäre ja Friede Freude Eierkuchen gewesen nach ihrem Weggang.

Es lässt sich immer sowas wie ne Eingewöhnungszeit feststellen beim Dschungelcamp, wo alle noch sehr human miteinander sind. Und wenn jemand ne Prüfung nicht schafft oder sonst was, sind sie noch sehr verständnisvoll.
Weil sie gerade aus dem Hotel kommen und noch relativ gut gefüttert sind.
Aber mit der Zeit tritt das Camp in den Vordergrund. Menschen können unheimlich schnell eine eingeschworene Gruppe bilden. Und so ne Gruppe braucht dann ihren charismatischen Anführer, die Mutti vom Dienst, den sorglosen Spaßmacher, den Spielverderber, die Zicke etc.
Die Rollen werden alle ausgefüllt und daraus ergibt sich ne bestimmte Dynamik.

Vielleicht spielt da auch die These mit rein, dass Menschen im Umgang sowieso immer "Rollen" spielen. Situationen und Verhaltensweisen folgen immer bestimmten Mustern. Und das Dschungelcamp ist die konzentrierte Version davon unter dem Mikroskop.
XD
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Datum: 27.01.2011 19:13
Genau so seh ich das auch! :D
Ich find, dass die derzeitige Staffel total interessant ist, im vergleich zu den vorigen. Es bildet sich eine Art... "Rudel" mit einem Alphamännchen, das die Richtung vorgibt. °_°" Irgendwie unheimlich, was mit Menschen passiert, wenn sie sich in Extremsituationen befinden.

Preiset Slash-kun, den Einzigartigen, der hinabgestiegen ist, um uns unsere Einfalt vor Augen zu führen.
Datum: 27.01.2011 19:28
Krieg ich Zusatzpunkte, wenn ich die Reissäcke auch einsammel? :)

Im Ernst: WIE ich diesen Satz hasse. Und wie konsequent sich alle immer selber ausschließen, wenn sie über "die armen Deutschen" reden.

Übrigens finde ich es immer amüsant, dass genau diese Leute, die sich dafür ja eigentlich nicht interessieren und mit so einem Müll absolut keine Zeit verschwenden möchten (usw.), immer die ersten sind, die bei einem neuen Artikel auf der Matte stehen (topinformiert natürlich ...).

Da wird einem dieser ominöse Wayne, der ebenfalls immer Dauerleser zu sein scheint, fast sympathisch. Der gibt wenigstens zu, dass es ihn interessiert. :D


Zu den Serien: Ich habe seit Jahren eigentlich kaum mehr Fernsehn geschaut (und zu "Das Dschungelcamp" kann ich leider gar nichts sagen), aber ich kriege das immer ganz gut über eben diese Meldungen mit, die sich auf diversen Startseiten nicht wirklich übersehen lassen. Und ich verstehe absolut nicht, was so schlimm daran sein soll, sich sowas anzuschauen. Ich habe auch schon genug Sachen gemacht / geschaut, die sicherlich noch sinnloser waren und immerhin kann ich zumindest von mir behaupten, meine Zeit nicht damit zu verschwenden, unter jede Nachricht zu klatschen, wie arm Deutschland ist ...

Was ich eigentlich sagen wollte:

Rosa_Maus schrieb:
Du sprichst mir SO aus der Seele. ;_;

Liebe Grüße (& ich wusste, ich hab die richtigen Blogs abonniert. *g*)
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Datum: 28.01.2011 10:10
Jedem Tierchen sein Pläsierchen.
Dschungelcamp ist definitiv nicht meins und über die ständige Medienpräsenz kann ich nur den Kopf schütteln (aus irgendeinem Grund erzählen die sogar im Radio ständig davon >_<). Aber mei, ich hab dafür andere "Laster". XD

Was ich mindestens genauso toll finde wie "Armes Deutschland!" sind die schon angesprochenen Reissäcke, Wayne und das gelbe Fahrrad. Irgendwo wird ein Thread eröffnet und die erste Antwort ist gleich "Das interessiert doch keinen". - Doch! Sonst, wär der Thread ja nicht da. Und wenn es DICH nicht interessiert, dann klick halt in Herrgotts Namen nicht drauf. >_<

>Aber mit der Zeit tritt das Camp in den Vordergrund. Menschen können unheimlich schnell eine eingeschworene Gruppe bilden. Und so ne Gruppe braucht dann ihren charismatischen Anführer, die Mutti vom Dienst, den sorglosen Spaßmacher, den Spielverderber, die Zicke etc.
>Die Rollen werden alle ausgefüllt und daraus ergibt sich ne bestimmte Dynamik.

Das find ich auch sehr interessant. Bestimmte Rollen gibt es in jeder Gruppe immer. Fällt zum Beispiel der "Klassenclown" in der Schule einmal durch, übernimmt ab dem nächsten Schuljahr stillschweigend irgendwer anders diese Rolle. Gruppendynamik ist echt was sehr interessantes (war eines der ganz wenigen Themen, die mich in Soziologie je interessiert haben XD).
Mein Über-Ich ist schon wieder gemein zu mir! >__<
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Datum: 28.01.2011 12:33
Das Problem an Trash-TV seid ja nicht ihr, die ihr gelernt habt auch mal über den Tellerrand hinaus zu schauen, das Problem sind Leute die das nicht können. Wenn ich was zu sagen hätte, gäbe es diese Sendungen wahrscheinlich nicht. Wobei sowas wie das Dschungel-Ding wahrscheinlich immer noch besser ist als das antike Colosseum mit Mord und Totschlag... Aber man muss sich ja nicht immer am schlimmsten orientieren.

Klar, wenn ich anfangen würde es zu schauen, würde es mir auch gefallen und ich wäre gefesselt, aber ich lasse es nicht zu. Ich schau lieber was, das ein-zwei Ebenen drüber ist, das ist immer noch nicht Arte, aber ich kann es besser vertreten.
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Datum: 30.06.2011 11:13
ich muss sagen, ich schau Dmax. Arte. Und phoenix. Und Vox "Menschen, Tiere und Doktoren"

...Mehr nich xD
Bei dem anderen Schnodder tut mir nach der Weile einfach der Kopf weh. Aber WENN wir schon bei trinkspielen sind: ihr solltet mal MIL kucken und jedesmal, wenn Probleme mit Dessous gelößt werden oder ein bestimmtes Schimpfwort verwendet wird (am besten, dass, welches zuerst dreimal auftaucht xD), einen heben. Die sendung geht ja "nur" ne stunde. mit werbung xD
Wer am ende seinen namen nicht mehr schreiben kann, hat verloren. xD°
Bastelfreischalterin: at your service!

Ich bin nicht gestört. Ich bin nur verhaltensoriginell!
Es ist nicht into L erant, das Wort nur mit einem L zu schreiben....
Datum: 30.06.2011 16:36
Ich bin grad auf dem Sprung und hatte keine Zeit die anderen Kommentare durchzulesen, deshalb sorry, wenns schon mal gesagt wurde:

Vielleicht ist es auch so, das einige Formate die Leute nicht verdummen, sondern das einfach viele Leute die nicht gerade zur eistigen Elite zählen, diese Formate gern sehen. Aber ganz ehrlich, von Zeit zu Zeit sehe ich es mir gerne mal an, um über die einfachen Lösungen abzulachen. Das finde ich immer wieder zum Brüllen.

Da hat mich jetzt also die Gesellschaft hingetrieben, sowas auch noch gut zu finden... Da ist bestimmt diese antikonservative, anglophile Jugend dran schuld... sowas gabs früher nicht.

ARMES DEUTSCHLAND!!!EINSELF!!!!1!
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Datum: 01.07.2011 10:11
Sehr schöner Eintrag!
Schade dass es keinen MEGA-Megafon-Knopf gibt ^^
Narben auf dem Körper sind Zeichen dass man gelebt hat. Narben auf der Seele sind Zeichen dass man geliebt hat!


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