Verleugnung eines Unbekannten
Als Ran am Abend nach Hause kam fühlte sie sich elend und das nicht nur weil sie sich heute wegen ihres verschwundenen Sohnes nicht auf ihre Arbeit konzentrieren konnte, sondern auch wegen der schrecklichen Angst ihn vielleicht nie wieder zusehen.
Und dann war da ja noch Nick, der sich nun noch direkter an sie heran machte, nicht das es ihr nicht gefiel, doch sie wusste, dass Shinji strickt gegen eine weitere Beziehung war.
Sie saß zwischen den Stühlen, auf der einen Seite wollte sie sich wieder verlieben und sich geborgen fühlen aber auf der anderen Seite nicht den für sie wichtigsten Menschen verlieren
Abwesend verschloss sie die Haustür, machte das Licht an und betrat durch den Flur das Wohnzimmer und legte ihre Aktentasche auf dem Esstisch ab. Eigentlich wollte sie in die Küche um das Abendessen zu kochen bis sie plötzlich durch ein kleines Blinken alles vergaß. Ängstlich und Hoffnungsvoll zugleich näherte sie sich dem Telefongerät und drückte am AB die Abhör-Taste während sie im stillen Gebete gen Himmel schickte.
„Sie haben eine neue Nachricht…*piep* …“
„Hey Mama ich bin’s…“ vernahm sie die Stimme ihres Sohnes. „Na ja also ich lebe noch, nachdem ich gleich am ersten Tag eine Leiche gesehen habe und hinterher überfallen wurde…aber mach dir keine Sorgen, ein netter Mann hat mich vorübergehend aufgenommen! …Ach und du brauchst nicht mehr auf meinem Handy anzurufen, das hat der Räuber leider mitgehen lassen. Wir hören die Tage wieder von einander!“
Zwar war Ran erleichtert das ihr Sohn noch am Leben war, hätte aber nach dieser frechen Ansage wohl kaum noch für sein Leben garantieren können, wenn Shinji neben ihr gestanden hätte, so wütend wurde sie und doch wich die Wut wieder der Sorge.
‚Dieser Junge bringt mich noch zur Verzweiflung! …Genau wie sein Vater…’dachte sie seufzend und lächelte im Nachhinein.
Am Horizont über dem offenen Meer glitzerte zwischen den Wolkenkratzern die schwache Morgensonne hindurch und hauchte die Hauptstadt in ein warmes Licht während der Detektiv mit seinem verspielten Hund im Schnee durch den Park tobte.
Lachend zog er Rai immer wieder den kurzen Ast vor der Nase weg, bevor dieser ihn zu fassen bekam und schleuderte ihn schließlich meterweit über das zugeschneite Rasenfeld und beobachtete amüsiert wie sein tierischer Freund bellend hinterherhetzte, um den Stock dann stolz zurückzubringen. Er wusste nicht mehr wann er das letzte Mal so glücklich gewesen war, ja er konnte es sich selbst nicht genau erklären warum, aber es war ihm als hätte Shinji hin in seiner Zuversicht gestärkt. Er wusste, dass er durch seinen Beruf zu argwöhnisch geworden war doch abstellen konnte er es so einfach auch nicht. Desto unerklärlicher war es für ihn, dass er einem wildfremden Jungen vertraute.
Shinichi musste lächeln… ‚Nein er ist mir nicht fremd, dafür ähnelt er mir in allem zu sehr…Doch wenn er wirklich Rans Sohn ist,… könnte es dann sein, dass ich…’ Shinichi hielt inne, schüttelte dann aber den Kopf. ‚Nein…das kann nicht sein…ich fantasiere schon wieder…’
Doch während des ganzen Spaziergangs bekam er diesen Gedanken nicht los. Desto mehr er darüber nachdachte desto weniger zweifelte er daran und obwohl er dem kranken 15-Jährigen erklärt hatte sofort nach dem Gassi-gehen zurückzukommen, machte er sich auf den Weg zur Detektei, betrat das Hochhaus und stieg in den Fahrstuhl ein. Innen klappte er an der Armatur
ein Fenster auf und gab in die darunter liegende Zahlentastatur einen achtstelligen Code.
Eine Computerstimme meldete sich:„Automatische Stimmen- und Spracherkennung…“
„Kudo Shinichi.“ Antwortete der Detektiv.
„Erkennung erfolgreich… Willkommen Chef!“
Kaum hatte die elektronische Stimme das gesagt öffnete sich der Fahrstuhl und entließ Hund mit Herrchen auf die zweithöchste Etage, die in einem sterilem Weiß und glänzenden schwarzen Fliesen hervortrat.
Dort begegnete er als erstes Takuan, der in der Detektei so eine Art Manager darstellte und den Terminplan der Ermittler, der persönlichen Informanten bzw. Lehrlinge und des Labors verwaltete, hinter dessen PC am Schreibtisch.
„Kudo-sama*? Sie sagten doch sie kämen erst morgen?“
„Ich weiß was ich sagte, doch ich brauche eine dringende Information…Wie kommt Kenji eigentlich mit dem Mord in Nihonbashi weiter?“ fragte Shinichi beiläufig.
„So gut wie gelöst. Morgen Früh um neun Uhr Besprechung in ihrem Büro.“
„Gut, dann soll er sich morgen danach mal ein paar Tage frei nehmen! Der Arme ist zum zweiten Mal Vater geworden und bekommt vor lauter Arbeit seine Tochter kaum zu Gesicht!“
„Da wird er sich freuen.“ Bemerkte Takuan und lehnte sich in den Stuhl zurück um den, schon die ganze Zeit klingelnden, Hörer abzunehmen , während Shinichi weiterging, auf dem Weg seinen Ermittler und Freund Dave Ralston begrüßte und in ein kurzes Gespräch verfiel.
Dann betrat er den Informantenraum, der links aus einer Schreibtischfront und rechts aus einer dunkelbraunen Bücherregalfront bestand, und wandte sich an die drei Personen an den Computern.
„Guten Morgen!“ erklang die freundliche Stimme des Detektivs.
„Oh, guten morgen Kudo-sama!“ begrüßten ihn die Angesprochenen höflich.
„Ich hab einen Auftrag für euch, doch trotz allem keine Priorität. Durchsucht die amerikanische und japanische Datenbank auf den Namen Shinji Mori, 15 Jahre, ansässig in New York! Ich brauche...Abstammung… Geburtsdatum …Lebenslauf…Alles, die gesamte Akte am Besten!“
„Wird gemacht Kudo-sama!“
„Gut, das hör’ ich gern! Shinichi musste grinsen und verließ den Raum wieder.
Zwar verstieß diese kalte Überprüfung Shinjis gegen seine Moral, doch wenn er den Jungen direkt angesprochen hätte, wäre er um eine genauere, peinliche Erklärung seinerseits nicht herum gekommen und ständt am ende vielleicht ohne jegliche feste Information da. Ergo war ihm keine andere Möglichkeit geblieben…
Er seufzte hörbar, verabschiedete sich von Takuan, stieg wieder mit seinem Hund in den Fahrstuhl ein und machte sich nachdem er die Detektei wieder verlassen hatte, auf den Weg nach Hause, um den Kranken nicht noch länger allein zu lassen…
Als Stunden später der Detektiv und der 15-Jährige am Abendbrotstisch saßen, brannte Shinji eine Frage auf der Zunge, die er den ganzen Tag schon mit sich herum schleppte.
Satt schob er die nur halbleere Reisschale und das halbe Sashimi von sich und legte die Stäbchen ab.
„Schmeckt es dir nicht?“ fragte Shinichi und schaute leicht besorgt von seiner Schale auf.
„Doch, aber ich hab nicht so viel Appetit…“ seufzte der Jüngere und folgte dem Erwachsenen, der sein Geschirr in den Geschirrspüler stellte, mit seinen müden Augen.
„Das liegt am Fieber, lass mich mal fühlen.“ Sachte strich Shinichi die strubbeligen Haare aus Shinjis Stirn und fühlte seine Temperatur.
„Mmh… im Vergleich zu Gestern ist es zwar gesunken, sieht aber so aus als müsstest du morgen noch mal das Bett hüten…“ sagte Shinichi und seufzte.
„Was ist denn?“ fragte der Jüngere
„Na ja…Noch einen Freien Tag kann ich mir nicht leisten, denn Morgen finden die Wöchentlichen Terminplanungen und Videobesprechungen statt und der Aktenstapel häuft sich mal wieder auf meinem Schreibtisch. Das wird mit Überstunden mindestens eine Woche dauern bis ich den Rückstand wieder wettgemacht habe.“
„Sie müssen doch nicht wegen mir Zuhause bleiben, mir geht’s doch schon besser!“ Wandte Shinji ein und verschränkte seine Arme hinter dem Kopf.
„Und wenn du einen Schwächeanfall bekommst oder etwas schlimmeres passiert?“
„Dann…geben sie mir ihre Handynummer, ich kann sie ja dann immer noch anrufen!“ schlug Shinji vor.
„Gut…machen wir es so!“
Wieder quälte Shinji die eine Frage, doch konnte er sie einfach stellen? Schließlich ging es ihn doch eigentlich nichts an oder? Er wollte es sich mit seinem Vater auch nicht verscherzen.
Aber er wollte es wissen, er musste es wissen…
„Kann ich ihnen eine persönliche Frage stellen?“ fragte er vorsichtig. Shinichi nickte freundlich.
„Sind…sind sie verheiratet oder haben sie …haben sie Kinder?“
Darauf ließ Herr Kudo den Kopf hängen und antwortete etwas traurig: „Ich war mal verlobt…und Kinder habe ich keine, obwohl ich mir welche vom ganzen Herzen wünsche.“
In diesem Moment sah ich ihm in die Augen, die nicht mehr leer waren sondern wie durch Zauberei voller Gefühl, so verschieden und voll Sehnsucht, voll Wärme und ich glaubte ihm in diesem Moment, auch wenn ich der lebende Beweis für die Lüge war, doch trotzdem raste mein Puls vor Wut. Er verleugnete mich also, für ihn existierte ich nicht, ich war für ihn nichts wehrt, aber Kinder, andere Kinder, die wünscht er sich also…
Am liebsten wäre ich aufgesprungen, hätte ihn angeschrieen ‚Ich bin dein Sohn!’ doch die Lüge war zu groß zu verletzend, dass ich das nicht über mich brachte…
Auch wenn ich biologisch sein Sohn bin, solange mein Vater es nicht eingesteht, mich verleugnet, werde ich wohl nie sein Sohn sein…und dabei hatte ich ihn doch schon so lieb gewonnen…Papa…Ich versteh es einfach nicht…oder wolltest du nur nicht vor einer „Fremden Person“ wie mir zugeben, dass es mich gibt…?
Traurig und verzweifelt zog Shinji die Bettdecke über seinen Kopf und legte das alte Tagebuch und den Stift aus der Hand. Er wollte nicht weinen und riss sich zusammen, doch als der Schlaf über ihn siegte kamen die Tränen.
‚Warum nur?’…‚Warum will er mich nicht? ... Ach Mama warum?…’
Während Shinji oben schlief saß der Detektiv in der „Bibliothek“ an dem alten Schreibtisch, las sich die wichtigsten Akten durch und besah sich nebenbei die Tatort- und Leichenfotos. Doch richtig konzentrieren konnte er sich nicht. Er machte sich Sorgen um Shinji der sich nach dem Gespräch abweisend ins Gästezimmer zurückgezogen hatte. Irgendetwas musste ihn vergrault haben, was hatte er nur falsch gemacht?
***
* sama = -ehrenwerter-, respektvolle oder höfliche, japanische Anrede insbesondere gegenüber Höhergestellten
Und wie hats euch gefallen ???? Ich hoffe wie immer gut ??? ^.^
Oder war es zu traurig ???? Aber keine Sorge Shinji mutiert nicht zur Heulsuse ...
@ SunniNiko und die anderen:
Rai gibt es noch aber warum der nicht an altersschwäche gestoben ist dürfte den APTX Fans doch eigentlich klar sein oder? ^^ Tja irgendwann werd ich es noch genauer erwähnen...