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Forgotten Realins

Die Kinder des Dunkelelfen
von

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Überraschende Begegnung

Dalli war an diesem Abend in ihrem Zimmer und packte alles zusammen, was sie für die lange Reise nach Silbrigmond für wichtig hielt. Die Freunde hatten beschlossen in die mächtige Stadt der Herrin Alustiel zu reisen. Eigentlich war es Zaks Idee gewesen, der gemeint hatte, dass es das Vernünftigste wäre, erst einmal dort zu beginnen. Von Silbrigmond aus wollten sie ihr nächstes Ziel auswählen. Natürlich hatten Brom und Beon das nicht besonders toll gefunden und sich anfangs noch stur gestellt. Aber Dalli und Colson hatten die beiden etwas bezirzt, worauf sie doch zugestimmt hatten.

Dalli packte ihren Rucksack fertig. Sie sah sich in dem kleinen Zimmer um, was so viele Jahre ihr Heim gewesen war. Ihr fiel es jetzt schwer Leb wohl zu sagen. Ihre Eltern würden sicher tot unglücklich sein, wenn sie zurück kamen und keiner war dar, der sie begrüßte. Den Gedanken musste sie verdrängen. Schließlich wollte die junge Frau nicht ihr ganzes Leben hier verbringen. Sie wollte ein aufregendes Leben führen, so wie ihre Eltern einst.

Sie sah zu den zwei Schwertern, die sie auf ihrem Bett liegen hatte. Das wunderbare Elfenschwert, mit seinen unzähligen Verziehrungen und seiner scharfen Klinge und die Zwergenklinge, die ihr der gute Brom gemacht hatte und die ebenso felsenhart wie ein Zwerg war. Sie strich mit ihren zarten Fingern über beide Klingen und lächelte, als sie ihre glatten Oberflächen berührte und feststellte, dass die Zwergenklinge an Schärfe gewonnen hatte.

Sie nahm ihren Waffengürtel und legte ihn sich um die schmale Taille. Dann nahm Dalli ihre Schwerter behutsam in die Hände und schob sie in die Schwertscheiden. Mit einem schnellen Griff hatte sie ihren grünen und schweren Umhang und zog ihn sich über. Mit ihrem Rucksack verließ die junge Frau ihr Zimmer und trat in die Küchenstube, in der noch vor zwei Tagen darüber entschieden wurde, wohin sie gingen. Und wieder musste Dalli sich umsehen.

Ihr flogen so viele Erinnerungen durch den Kopf, als sie mitten in der Stube stand. So viele schöne Kindheitserinnerungen.

Sie sah aus dem Fenster. Draußen war schon finsterste Nacht. Es war Mucksmäuschen still.

Aber dann hörte die junge Frau ein verdächtiges Geräusch. Schwere Stiefel, erkannte sie und sie wusste auch, wem diese gehörten.

Brom Breitschulter marschierte mit schwerem Gepäck durch die Straßen des Dorfes und verursachte dabei einen ziemlichen Krach. Gelegentlich ging eine Kerze in einer der Hütten an und jemand sah draußen nach dem Rechten. Der Zwerg war aber zumindest Klever genug, sich nicht entdecken zu lassen. Zielstrebig ging er weiter und fluchte leise darüber, dass er und seine Freunde mitten in der Nacht das Dorf verlassen mussten.

Am Haus der Do´Urdens angekommen, sah sich Brom noch einmal um und klopfte leise an die Tür. Als er sich noch einmal umsah, ging die Tür auf und Dalli kam heraus.

"Bereit?" fragte der Zwerg.

"Wie noch nie." flüsterte die Halbdrow.

Zusammen schlichen sie aus dem Dorf, wobei sie am Turm von Harkle Harpell vorbei kamen, wo sich Zak ihnen anschloss. Zu dritt verließen sie Siedelstein.

Ihr Treffpunkt war die große Wiese, auf der sich gelegentlich Colson und Zak immer alleine trafen.

Beon und Colson waren schon längst da und hatten sich in einem Gebüsch versteckt gehalten.

Dalli, Zak und Brom kamen zu ihnen.

"Dann last uns gehen." sagte Beon und schulterte seinen Rucksack. Die anderen merkten, wie ungeduldig der junge Barbar war. Aber ihnen ging es nicht besser (bis auf Zak, der schon oft in andere Städte gezogen war). Sie waren ebenfalls darauf erpicht, die große weite Welt endlich zu sehen und seine vielen Wunder zu bestaunen. Was würden sie wohl alles erleben? fragten sich alle. Wo würde sie ihr Weg hin führen? Würden sie neue Freunde oder auch Feinde treffen?

"Lasst uns endlich aufbrechen." murrte Brom. "Ich will nicht die ganze Nacht hier herum stehen."

Die anderen Freunde grinsten und nickten dann. Zu fünft ging sie los. Raus in die Weite Welt. Sie wussten noch nicht, dass sie bald auf einen mächtigen Feind stoßen sollten.
 

Vergil ging durch den verlassen wirkenden Wald. Bisher war ihm noch keiner begegnet. Nicht einmal eins der wilden Tiere. Sie mieden ihn, da an dem verfluchten Hexenmeister der Geruch des Todes heftete und das wusste Vergil auch selber.

Alle haben Angst vor mir, dachte er.

So ging der Magier weiter seines Weges. Immer darauf erpicht nach Silbrigmond zu kommen. Er wollte unbedingt wieder unter Menschen sein. Zu viel Zeit war vergangen, seit er mit einem anderen Magier oder einer Magierin Zauber ausgetauscht hatte. Der Gedanke daran, ließ ihn an seine Jugend zurück denken, als er mit seiner Lehre begonnen hatte. Er hatte damals einen mächtigen Zauberer als Meister gehabt. An seinen Namen konnte er sich nur zu gut erinnern. Immous, der Alte. Der alte Mann hatte ihm alles beigebracht, was er selber wusste.

Es war eine schöne Zeit gewesen. Vergil und der Alte waren oft in die Welt gezogen und hatten sogar schon gegen einen Drachen, einem großen Schwarzen gekämpft. Der alte Immous hatte auch mit dem Tod experimentiert, was den jungen Vergil schon damals sehr interessiert hatte. Aber sein Meister hatte ihn nicht in seine Studien eingeweiht. Deshalb hatte Vergil alleine und heimlich den tückischen Tod studiert. Er hatte wirklich nur wenig gelernt.

Als der alte Magier ihn aus der Lehre entlassen hatte, reiste der junge Magier zurück in seine Heimat. Erpicht darauf seine Eltern endlich wieder zu sehen, reiste er sogar mit Reisezaubern, die er selber beschworen hatte. Als er dann in Adlerstein ankam und auf die Burg seiner Eltern kam, fand er seine geliebten Eltern nicht. Er fragte die Diener, aber die beteuerten nur ihr Mitleid. Sie waren tot!

Der Schock saß tief. Vergil konnte über zwei Monate nicht mit anderen reden. Er saß nur tatenlos in seinem Zimmer und starrte ins Leere.

Aber eines Tages sah er auf, nahm seine Sachen und zog in die Welt, um ein Mittel gegen den Tod zu finden. Der junge Vergil fand neue Lehrmeister und wurde älter. Er lernte viel über den Tod. Mehr als je ein Vernunftbegabtes Wesen vor ihm gelernt hatte. Viele Jahre später, Vergil war ein alter Mann, lernte er einen Nekromaten kennen. Er lernte auch von ihm. Eines Tages beobachtet der alte Vergil den Magier dabei, wie er sich das Leben eines anderen Wesens zu nutze machte.

Mit Hilfe eines goldenen Saphirs!

Vergil sprach den alten Nekromaten darauf an. Der wies ihn aber zurück. Vegil wurde wütend und erschlug den Alten. Er bereute seine Tat nicht im geringsten, nein, er hatte es sogar genossen.

Er studierte die alten Bücher des Nekromaten und lernte, wie der Saphir verwendet werden konnte. Der alte Vergil kehrte nach Adlerstein zurück, wo er wieder die Herrschaft über das Fürstentum an sich riss und seinen damaligen Vertreter als erstes das Leben aussaugte. Ihm folgten noch viele andere.

Langsam erkannten die Bewohner des Fürstentums, das sie der Tod erwarten würde, wenn sie dort blieben. Alle flüchteten. Nur wenige wurden von den Untoten, die Vergil zu seinen Dienern gemacht hatte, wieder eingefangen und in den Kerker gesperrt.

Vergil lachte boshaft, als er daran dachte. Aber jetzt wollte er nicht wieder alleine sein. Er wollte mit anderen reden, die keine angst vor ihm hatten.

Und so ging er weiter und weiter. Nach Silbrigmond.
 

Die fünf Gefährten wanderten bis in die Nacht hinein. Sie schlugen ihr Lager in einem kleinen Wäldchen auf. Während Zak und Colson im Lager blieben, suchten Beon und Brom Feuerholz für das Feuer und Dalli sah sich etwas in der Gegend um.

Colson saß auf einem umgestürzten Baumstamm und sah Zak dabei zu, wie er das Lagerfeuer entfachte. Der Halbdrow sah zufrieden zu seiner Freundin, als das Feuer brannte. Er legte noch zwei Holzscheitel aufs Feuer und ging zu ihr. Er setzte sich neben sie.

Colson legte den Kopf schräg und sah ihn neugierig an. Der Halbdrow erwiderte ihren Blick. Sein Blick schweifte einmal über das Lager, bevor er wieder mit ihr Blickkontakt aufnahm.

"Warum bist du mit gekommen?" fragte Colson Zak unvorbereitet.

"Warum?" fragte er sie. Colson nickte. "Ich folge meinem Herzen."

"Du auch?" fragte die junge Frau und lächelte. Überrascht sah Zak sie an.

"Hast du auch einen Rat bekommen?"

Colson nickte. "Von meiner Mutter. Und wer hat dir geraten, deinem Herzen zu folgen?"

"Regis." sagte der Halbdrow-Magier. Beide mussten lachen.

"Mir scheint es fast so, als ob Mutter und Regis sich zusammen unter einer Decke stecken." meinet Colson lächelnd. Zak nickte und sah die junge Frau an. Ihre Augen trafen die seine und wieder schwiegen sie. Es war keins dieser unangenehmen Schweigen. Ganz im Gegenteil. Dieses war sehr angenehm für die beiden. Sie musterten sich gegenseitig und warteten darauf, was der andere tat.

Sie sahen sich nur an und dachten über den anderen nach, was er wohl gerade dachte.

Das taten sie so lange, bis Brom und Beon ins Lager zurückkamen. Der Zwerg fluchte die ganze Zeit über. Fragend sahen Zak und Colson den Barbaren an.

"Goblins." sagte Beon. "Wir haben eine kleine Bande gesehen. Als sie uns erblickten, waren sie sofort auf der Flucht."

"Ich hatte nicht einmal Zeit meine Axt zu ziehen!" beschwerte sich Brom Breitschulter und stampfte zum Lagerfeuer hin.

Beon sah die beiden anderen an und zuckte mit den Achseln, folgte dann aber dem Zwerg.

Am späten Abend saßen alle Gefährten zusammen und aßen von dem Eintopf, den Colson gemacht hatte. Dalli berichtet ebenfalls von der Goblinbande, worauf Brom schnaubte.

Später hielt Zak wache, während die anderen schliefen.

Sein Blick verharrte immer zu auf Colson, die so friedlich in ihre Decke gehüllt war und schlief. Er konnte seinen Blick nicht von ihr nehmen. Er dachte über sich und diese Frau nach, die er schon sein ganzes Leben über kannte, mit der er durch den Wald getollt war, als sie noch Kinder waren. Warum hatte er sich gerade in sie verliebt und nicht in eine andere?

Woran lag das? fragte sich der Halbdrow immer und immer wieder.

Er hätte sich in eine andere verlieben können. Eine Elfe oder eine Zauberinnen aus Silbrigmond oder sogar Luskan, die er dort kennen gelernt hatte.

Warum gerade in Colson?

Lag es daran, das sie sich seit klein auf kannten? Lag es daran, dass die beiden sich so gut verstanden? Lag es daran, dass ihre Schönheit ihn anzog, wie jeden anderen Mann? Lag es daran, dass sie mit ihrer Familie über drei Jahre lang im Eiswindtal gelebt hatte und sie so lange getrennt waren? Diese und viele andere Fragen gingen dem jungen Halbdrow durch den Kopf.

Die ganze Nacht über flogen ihm Gedanken über Colson und sich durch den Kopf. Sogar als er Beon weckte und sich schlafen legte.

Er konnte nur an sie denken.
 

Die Gefährten reisten weiter nach Silbrigmond. Die Reise verlief Ereignislos, was dem guten Brom überhaupt nicht gefiel. Immer wieder schimpfte er darüber, was seinen Freunden ziemlich auf die Nerven ging, bis auf Dalli. Sie amüsierte sich darüber und stimmte oft dem blonden Zwerg zu, dass ruhig etwas mehr geschehen könnte.

Seit ihrem Aufbruch von Siedelstein waren bereits vier Tage vergangen. Sie gingen am Rauvin entlang und folgten seinem Strom.

Auf der gegenüberliegenden Flussseite, glaubten die Gefährten das Ewige Moor zu sehen, das auch als Trollmoor bekannt war.

Am vierten Tag ihrer Reise legten die Gefährten eine Rast ein. Zak sah sich noch einmal die Landkarte an, um sicher zu gehen, dass sie sich auch noch auf dem richtigen Weg befanden. Colson und Dalli waren zum Flussufer gegangen, das sich etwas abseits ihres Lagers befand. Brom schlief gemütlich, während Beon in den Wald gegangen war, um etwas zu jagen.

Zak sah zu dem schnarchenden Zwerg und grinste, als sich einige Eichhörnchen und Vögel auf ihm nieder ließen. Er bewunderte den tiefen Schlaf des Zwerges. Sicher konnte nicht mal ein Riese ihn wecken, dachte Zak bei sich.

Der Halbdrow stand auf und legte die Karte zurück in seinen Rucksack. Er sah noch einmal zu dem Zwerg und ging. Er wollte mal nach den Frauen sehen, also ging er zum Flussufer.

Am Ufer saßen Colson und Dalli und redeten zusammen. Hinter einem Gebüsch blieb der Magier stehen und sah zu ihnen rüber. Die beiden Frauen hatten fast ihre ganze Ausrüstung und ihre Kleider abgelegt. Beide trugen nur noch Hemd und Hose. Sie hatten ihre Füße ins Wasser gestreckt und genossen die angenehme Kühle. Die jungen Frauen unterhielten sich über irgendwas, Zak konnte aber nicht verstehen worüber.

Er dachte kurz darüber nach, einen Abhörzauber wirken sollte, entschied sich aber dagegen.

Kurzer Hand drehte er sich um und ging zurück ins Lager, wo ihn ein wütender Brom erwartete, der die kleinen Tiere davon jagte, die auf ihm gehockt hatten.
 

Colson hatte die Augen geschlossen und genoss das kühle Wasser. Sie strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und seufzte zufrieden.

Dalli saß neben ihr und paddelte mit den Füßen etwas im Wasser herum. Sie sah Colson an und lächelte.

"Es war eine gute Idee, hier her zu kommen." sagte die Halbdrow zu ihrer Freundin. Colson nickte, blieb aber ansonsten stumm.

"Sag mal. Wie sieht es mit dir und meinen Bruder aus?" fragte Dalli neugierig. Diese Frage brannte ihr schon seit einiger Zeit auf der Zunge und nun hatte sie die Gelegenheit, Colson zu fragen. Die sah sie erschrocken und überrascht an.

"Wie soll was aussehen?" fragte Colson sie.

"Du weist schon." sagte Dalli kichernd. "Wie ihr zu einander steht."

Colson lächelte nur und sah auf den Rauvin hinaus zum anderen Ufer.

"Wir sind gute und treue Freunde." sagte die junge Frau dann, nach einiger Zeit des Schweigens."

Stirnrunzelnd sah die Halbdrow-Frau Colson an.

"Ah ja." meinte sie. "Mehr ist da nicht hinter, was?"

"Nein." sagte Colson, die erkannte, worauf Dalli hinaus wollte. Aber sie wollte nicht drauf eingehen.

"Colson." Dalli beugte sich dich zu der anderen Frau und nahm mit ihr Blickkontakt auf. "Halt mich nicht zum Narren. Ich seh es doch. Jedes Mal, wenn du und Zak zusammen seit funkeln deine Augen voller Freude auf. Genau wie die meines Bruders. Wenn ich euch beide jedes Mal beobachte, merke ich, das von euch beiden etwas ausgeht, eine tiefe Zuneigung."

Colson sah Dalli erstaunt an. Sie wusste es also, dachte Colson, ließ es sich aber nicht anmerken.

"In euch brennt ein Feuer." fuhr Dalli fort. "Das Feuer der Leidenschaft. Tiefer Zuneigung. Jedes Mal seht ihr euch so an. Und Zak ist noch schlimmer. Er kann sich nie richtig konzentrieren und stürzt sich deshalb in seine Studien. Genau so war es auch, als wir unsere Reise geplant hatten. Er hatte immer darüber nachgedacht, ob er mit uns kommen sollte oder besser zu hause bleiben sollte und sich mit seinen langweiligen Studien beschäftigt."

Colson sah nachdenklich auf den Fluss hinaus. Dalli hatte Recht. So erging es ihr tatsächlich. Und Zak auch, wie die junge Halbdrow gesagt hatte. Sie fühlte sich stark zu dem jungen Mann hingezogen. Sie wollte ihm das alles sagen, traute sich aber nicht, da sie befürchtet, das Zak sie zurück weisen könnte. Natürlich war diese Angst absurd. Zak würde sie niemals zurück weisen, das wusste sie genau. Er würde sie in seine Arme nehmen und leidenschaftlich küssen, dachte sie, nein, sie hoffte es. Dennoch hatte sie Angst davor.

Dalli schwieg die ganze Zeit über und ließ ihrer Freundin Zeit, über all das nach zudenken. Sie legte eine Hand auf die Schultern der jungen Frau, die sie sofort ansah.

"Ich muss mir noch darüber klar werden." sagte Colson. "Ich brauche Zeit."

Dalli nickte. "Nimm sie dir. Aber lass dir nicht zuviel Zeit damit. Sonst bist du eines Tages alt und grau."

Die beiden Frauen lachten. Colson viel ein Stein vom Herzen. In Dalli hatte sie wirklich eine gute Freundin, die sie nur zu gut verstand.
 

Die einsame Gestallt ging durch die glanzvollen Straßen Silbrigmonds. In dunkle Kleider gehüllt wirkte der Mann komplett fehl am Platz, wenn man die vielen, prachtvollen und farbenfrohen gekleideten Menschen, Gnome, Zwerge und Elfen bedachte, die durch die Straßen gingen.

Er wirkte wie ein Schatten, der zum Leben erwacht war. Dieser Mann war ein Krieger erster Güte.

Geschickt, Schnell, Gnadenlos und Lautlos.

Es war Artemis Entreri, der ehemalige Meuchelmörder aus Calimhafen, der einst Regis entführt und ihn zu Pascha Pook gebracht hatte. Nach dem ersten Kampf gegen Drizzt Do´Urden hatte er sich in den Untergrund zurückgezogen. Ein Jahr später hatte er die Gestallt des Halblings angenommen und war nach Mithril-Halle gegangen, wo er den Drow half, den abtrünnigen Drizzt zu fangen. Es kam zu einem zweiten Kampf, in dem der Meuchelmörder Drizzt unterlag. Jarlaxle, der ehemalige Anführer einer Söldnertruppe aus der Stadt der Drow hatte ihm das Leben gerettet und ihn mit nach Menzoberranzan genommen.

Auf einer wilden Flucht, zusammen mit Drizzt und Catti-brie, entkam Entreri aus der Stadt der Drow und dem gefährlichen Unterreich. Er musste damals erkennen, dass sein Leben wirklich keinen richtigen Sinn hatte. Sein Leben war eine Lüge, hatte ihm einst der Drow-Waldläufer gesagt.

Nach diesem unfreiwilligen Abenteuer war Artemis einige Zeit ziellos durch die Welt gereist, bevor er sechs Jahre später zurück nach Calimhafen zurück kehrte und dort wieder auf den nervenden Jarlaxle und seine Band traf. Kurze Zeit war der Meuchelmörder ein mächtiger Gildenmeister gewesen und hatte sogar sich eine Halblingsfrau zu Freundin gemacht. Ein Ereignis, an das er sich immer gerne zurück erinnerte.

Wegen eines verfluchten Kristalls waren Artemis und Jarlaxle aus der Stadt geflohen und hatten das Artefakt in der Höhle eines großen roten Drachen zerstört.

Und jetzt?

Jetzt war er und sein dunkelhäutiger Freund Kopfgeldjäger und trieben sich in der Weltgeschichte herum.

Zusammen hatten der Meuchelmörder und der Dunkelelf einen Namen unter den Ganoven Faûrins erworben, der diese erzittern ließ. Entreri hatte erkannt, das es ein ungemein befriedigendes Gefühl war, mal andere Ganoven zu jagen, die es auch wirklich verdient hatten und nicht die armen Schlucker, die er in all den Jahren auf den Straßen von Calimhafen ermordet hatte. Leider war der Meuchelmörder nicht mehr der Jüngste.

Mit seinen fünfundsechzig Jahren war er nicht mehr so flink und stark, wie einst. Dennoch war er noch erstaunlich vital, wenn man an sein Alter dachte. Sein Haar war schon leicht ergraut, und er hatte sich einen Bart wachsen lassen. Er hatte seinen durchtrainierten Körper gut in Schuss gehalten, was viele Frauen noch immer sehr ansprach. Sogar hatte Artemis Entreri ein oder zwei Liebschaften mit Frauen gehabt, die mindestens vierzig Jahre jünger waren, als er.

Er besaß auch noch seinen juwelenbesetzten Dolch, der seinen Opfer die Lebenenergie aussaugen konnte und das verfluchte Schwert Charons Klaue. Ebenfalls hatte er den verzauberten Handschuh, mit dem er magische Angriffe auf seinen Gegner zurück schleudern konnte.

Und Jarlaxle? Er war der alte Gauner geblieben. Er hatte sich kaum verändert. Der Drow hatte sich wieder neue magische Spielereien beschafft. Selbst seine Glatze hatte er noch und trug sie würdevoll zur Schau. Wahrhaftig war er der seltsamste aller Dunkelelfen (wenn man Drizzt weg ließ).

Entreri wollte sich mit seinem Freund in einer Taverne, dem "Goldenen Kelch", treffen. Der Meuchelmörder ging weiter durch die Straßen Silbrigmonds. Er ging durch einige Gassen, um schneller da zu sein und erreichte nur wenige Minuten später den "Goldenen Kelch".

Schnellen Schrittes ging er auf das zweistöckige Gebäude zu. Als er es betrat, fielen ihm sofort die jungen Frauen auf, die sich dicht gedrängt in einer Ecke des Schenkraumes befanden. Entreri wusste nur zu genau, warum sie dort waren.

Er ging direkt zu ihnen und drängte sich durch den Pöbel, sich beschwerender Frauen.

Da saß er. Jarlaxle saß an dem Tisch und auf jedem seiner Knie saß eine hübsche Frau, mit denen er gerade flirtete, wie ein Weltmeister.

Der Dunkelelf bemerkte ihn und grinste breit.

"Mein Freund." grüsste er ihn. "Darf ich dir Marie und Nazia vorstellen?"

"Verschwindet." sagte der Meuchelmörder kühl zu den Frauen. Keine von ihnen wagte, etwas zu sagen und ging. Auch Marie und Nazia, was Jarlaxle einen Schmollmund ziehen ließ. Daran störte sich der Meuchelmörder nicht und setzte sich seinem Dunkelelfenfreund gegenüber und lehnte sich an die Hauswand.

"Warum vertreibst du mir die Frauen?" fragte der Drow.

"Lass mich mit deinen Weibergeschichten in ruhe." murrte der Meuchelmörder. "Nimm sie dir, wenn wir geredet haben."

Jarlaxle nickte und lächelte wieder. Immer lächelte er, knurrte Entreri innerlich. In all den Jahren, wo die beiden schon zusammen reisten, hatte sich der ehemalige Meuchelmörder nie an dieses Grinsen gewöhnen können.

"Ich habe mich umgehört." begann Entreri zu berichten. "Keiner hat den Kerl gesehen."

"Wie gewöhnlich." meinte der Drow lässig.

"Und hast du etwas gehört?" fragte der Meuchelmörder säuerlich. "Eher hast du den Geschichten deiner Mädchen gelauscht, wie?"

"So ist es." sagte der Drow. "Sie haben mir viel erzählt."

Artemis schüttelte verständnislos den Kopf. Der Drow erstaunte ihn immer wieder.

"Unser Freund soll in einer Gaststätte namens "Innenwald" untergetaucht sein." berichtet der Drow neben bei und trank von seinem Wein. "Zusammen mit einigen Freunden und einem Zauberer."

Der Meuchelmörder sah den Drow nur an. Wie konnte er so schnell, so viele Informationen auftreiben? Jarlaxle hatte vor vielen Jahren jeden Kontakt zu seiner alten Söldnertruppe abgebrochen und sich dem Leben auf der Oberfläche zu gewand.

Oder doch nicht?

"Wann wollen wir zuschlagen?" fragte Jarlaxle.

"Schon heute Abend:" entschied der Meuchelmörder, worauf Jarlaxle entteucht seufzte. Entreri grinste, da er sofort wusste, warum sein Drowfreund das tat. Marie und Nazia wollten wohl ihm diese Nacht Gesellschaft leisten.

"Können wir das nicht schon jetzt machen oder auf morgen verschieben?" fing der Drow hoffnungsvoll zu fragen und lächelte bittend.

Entreri blieb hart und schüttelte den Kopf. "Nein. Deine Mädchen können bis morgen warten. Ich will die Sache schnell hinter mich bringen."

Entteucht seufzte der Drow auf und sah zu beiden Frauen, die an der Theke auf ihn warteten. Dann sah er seinen Freund an. Schnaubend sah der Meuchelmörder seinen Gefährten an und nickte knapp. "Mach schnell." sagte er. "Es wartet Arbeit auf uns."

Grinsend erhob sich der Drow und ging zu den Frauen, die ihn bereits erwartet hatten.

Als Jarlaxle und die Frauen oben verschwunden waren, sah der Meuchelmörder noch einmal zur Treppe rauf und schnaubte.

Warum musste er mit diesem Drow reisen?

"Da würde ich lieber mit Drizzt reisen." murmelte Entreri leise vor sich hin und trank sein Bier.
 

Die Gefährten führten ihre Reise weiter. Nur wenige Tage später, erblickten die fünf Freunde Silbrigmonds Türme in der Ferne. Erstaunt sahen sie sich die Türme an. Zak war bisher der einzige von ihnen gewesen, der diese prachtvolle Stadt gesehen hatte und deshalb wusste er auch, dass die Gefährten noch mindestens einen Tagesmarsch vor sich hatten, bevor sie dort ankamen. Das störte die anderen nicht im Geringsten, da sie unbedingt in diese Stadt wollten und ihre ungewöhnliche und weit bekannte Bauweise bewundern wollten.

Bis spät in die Nacht hinein wanderten die Gefährten zu der Stadt des Glanzes. Die Stadtwachen ließen sie passieren und über die unsichtbare Brücke wandern, hinein in die Stadt.

Dalli, Colson, Beon und Brom klappten die Kinnladen runter, als sie die vielen verschiedenen Gebäude sahen, die in den wagemutigsten Bauweisen errichtet waren, die keiner von ihnen jemals gesehen hatte. Zak führt sie die Straße entlang in die Stadt hinein, in das Gastronomieviertel.

Dort suchten sie das Gasthaus "Innenwald" auf, wo der junge Halbdrow bereits bekannt war. Ein alter ergrauter Zwerg stand hinter der Theke und säuberte gerade Gläser, als er die Gruppe um Zak sah.

"Zak Do´Urden!" rief er ehrlich erfreut aus und winkte ihn zur Theke.

"Sei gegrüßt, Meister Wakebug." grüßte der Halbdrow den Wirt und folgte dessen Wink.

"Mal endlich wieder hier, was?" grinste Wakebug und klopfte dem jungen Magier auf die Schulter. Er sah die anderen an und grinste noch breiter, als er Dalli sah. "Lass mich raten. Das ist deine Schwester. Und das sind deine Freunde. Seit auch ihr Willkommen!"

Die anderen Grüßten zurück, besonders Brom, der erfreut darüber war, einen Zwerg mal zu treffen, der nicht der Heldenhammersippe angehörte.

"Bring mir und meinen Freunden was gutes zu essen." sagte der Halbdrow-Magier. Wakebug nickte, worauf Zak und die anderen sich an einen großen Tisch setzten.

Dalli sah ihren Bruder neugierig an. Der erwiderte ihren Blick und lächelte.

"Ein alter Freund." meinte der.

"Zumindest etwas Gutes an dir, Magier." grinste Brom, worauf Zak nur schnaubte. Eine junge Frau kam zu ihrem Tisch und gab den Freunden Getränke. Dankbar nickend nahmen die Freunde die Getränke entgegen und prosteten dem Zwergenwirt zu.

"Na gut." brummte Brom wieder, nachdem er einen tiefen Zug von seinem Met genommen hatte. "Jetzt sind wir hier. Und wo wollen wir jetzt hin?"

Zak holte sofort seine Karte heraus.

"Wir könnten nach Tiefwasser gehen." schlug Beon sofort vor, da er unbedingt das Meer sehen wollte. "Drizzt und Catti-brie sind sicher nicht mehr dort. Die anderen nickten zustimmend, wobei Zak immer noch seine Nase in der Karte behielt.

Colson, die neben ihm saß, sah ebenfalls in die Karte und merkte, das der Finger des Halbdrow auf dem Grat der Welt ruhte. Eher gesagt auf einem der vielen kleinen Fürstentümern. Aber den Namen konnte sie nicht sehen.

"Was hast du denn da gefunden?" fragte Dalli, die sich ebenfalls zu ihrem Bruder zur Karte gebeugt hatte. Der sah auf und lächelte.

"Ach nichts Besonderes." meinte der und wanderte mit seinem Finger weiter auf der Karte herum. Er sah zu den beiden Frauen und lächelte nur.

Wakebug und eine Menschenfrau kamen zu den Gefährten und brachten ihnen Speisen, die besonders Broms Herz höher schlagen ließen. Wakebug setzte sich zu den Freunden und paffte gemütlich an seiner Pfeife, die er hervor holte. Er warf einen Blick auf Zaks Karte und schnaubt.

"Kaum bist du wieder da, willste wieder abhauen." stellte der alte Zwerg fest. Der Halbdrow nickte kurz.

"Wir wollen etwas von der Welt sehen." sagte Dalli zu dem Zwerg, der ihr einen kurzen Blick zuwarf und lächelte.

"Aha." brummte der alte Zwerg. "Und wo solls hin gehen?"

Dalli und die anderen zuckten mit den Schultern, da sie keine Antwort darauf hatten.

"Ihr seit mir ein Haufen." kicherte Wakebug. "Planlos durch die Gegend wandern. Also da habe ich mir von den Kindern der Helden Mithril-Halles mehr erhofft."

"Hast du eine Idee?" fragte Brom schroff.

Der Zwergenwirt nickte. "Bietet eure Dienste doch einem Händler an oder durch forstet die Bibliothek von Silbrigmonds, nach Geheimnissen, die es zu lösen gilt. Also eure Eltern hatten vor langer Zeit ein Ziel vor Augen, als sie ihre Heimat verließen. Na ja. Ich bin ja nur ein alter Zwerg, der eure Wünsche nicht versteht, oder?"

Dalli und Zak kicherten, worauf die andern, bis auf Brom, der nur schnaubte, mit einfielen.

"Danke für deinen Tipp, guter Wakebug." dankte ihm Zak.

Der Halbdrow sah seine Gefährten an, die sich jetzt aufgeregt unterhielten.

Mal sehen, was wir erleben, dachte Zak bei sich und fing an zu essen.
 

Vergil war bereits einige Tage in Silbrigmond. Er war in einem sehr luxuriösen Gasthaus eingekehrt und hatte sich bereits mit einem alten Magier unterhalten, der sich als Graubart vorstellte. Und wieder saßen die beiden im Turm des alten Graubarts zusammen und der alte Magier erzählte von seinen unzähligen Studien.

Vergil hörte ihm aufmerksam zu. Zumal er unbedingt etwas über die Studien des Todes des alten Mannes hören wollte, von den Graubart gesprochen hatte. Aber nein, der Alte schweifte auf ein immer neues Thema ab, was Vergil fast den letzten Nerv kostete. Er bemühte sich, es sich nicht ansehen zu lassen.

"Wie war. Die Studien über die Reisezauber waren für mich sehr erquickend." sprudelte es aus dem alten Graubart heraus. "Mein ehemaliger Schüler, Zak Do´Urden, war ebenfall sehr davon angetan. Ihr habt sicher schon seinem Vater gehört."

"Nein." sagte Vergil. Ihm kam dieser Name höchst seltsam vor. Es klang nach dem eines Elfen, aber er konnte ihn nicht einordnen. "Wer ist das?"

"Ihr kennt Drizzt Do´Urden nicht?" fragte der alte Magier empört. "Ein Dunkelelf, der zum..."

"Ein Drow?" unterbrach Vergil Graubart. Der nickte.

"Überrascht das euch? Ihr müsstet eigentlich von ihm gehört haben. Er lebte im Eiswindtal, zusammen mit dem Zwergenkönig Bruenor Heldenhammer von der Sippe Heldenhammer."

"Von dem Zwerg habe ich bereits gehört." sagte Vergil. "Aber von dem Drow noch nie. Erzählt mir von ihm und natürlich von seinem Sohn."

Graubart strich sich durch seinen langen grauen Bart und lächelte. "Beide sind edelster Natur. Drizzt ist ein Waldläufer, der sich in Siedelstein, nahe Mithril-Halle nieder gelassen hatte, zusammen mit seiner Frau Catti-brie und seinen beiden Kindern, Zak und Dall."

Vergil kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Ein Drow lebte auf der Oberfläche und hatte sogar eine Familie!

"Und seine Frau? Ist sie auch eine Drow?"

"Nein, nein." sagte der alte Magier. "Ein Mensch und dazu eine sehr bezaubernde Kriegerin und die Adoptivtochter des Königs Heldenhammer."

"Und sein Sohn, euer Lehrling? drängte Vergil, der von Gedanken gefangen war, einem Drow endlich zu begegnen, Graubart.

Der lachte. "Nicht alles auf einmal. Ich muss euch alles in ruhe erzählen."

So tat er es auch.

Später verlies Vergil den alten Magier. Ein Drow mit einer Familie! So was hatte er nie für möglich gehalten. Wahrhaftig hatte er schon einmal einen Drowelfen getroffen, den aber getötet und seine Lebenenergie in sich auf genommen. Die Energie des Drow hatte dem Magier über zehn Jahre lang am Leben erhalten. Jetzt war Vergil darauf erpicht diesen Dunkelelfen oder eines seiner Kinder in die Hände zu bekommen und sich an ihrer Lebenenergie zu laben.

Gierig rieb er sich die Hände. Das würde sicher interessant werden.

Da Vergil mit seinen Gedanken komplett bei der bevorstehenden Begegnung mit diesen Drow war, bemerkte er auch nicht die Gestallt, die aus einer Gasse gebogen kam und mit der er zusammen stieß.

Erschrocken taumelte der Hexer zurück und knurrte.

"Idiot!" fuhr er den Mann an. Der sah ihn nur mit seinen durchdringlichen Augen an. Vergil wusste sofort, das er sich besser nicht mit diesem einließe. "Pass besser auf, Mann."

Sofort wand er sich von diesen ab und ging davon.
 

Entreri sah dem Mann, der ihn angerempelt hatte, nach und verzog keine Miene. Sicher war dieser ein Magier und dazu ein mächtiger, wie der Meuchelmörder erkannte.

Dennoch ließ er sich nicht aus der Ruhe bringe und setzte seinen Weg zum "Innenwald" weiter fort.

In einer Gasse erwartet ihn bereits Jarlaxle. Der Drow lehnte an der Hauswand und sah sich auf der Straße um. Als Entreri zu ihm kam, nickte er ihm kurz zu.

"Ist er noch da?" fragte der sofort.

"Ja." erwiderte Jarlaxle. "Sitzt noch auf seinem Zimmer und redet mit seinen Freunden."

"Und der Magier?" wollte der Meuchelmörder wissen. Sein Drowfreund deutet hinter sich in die Gasse, wo ein Mann gefesselt auf dem Boden schlief. Artemis nickte kurz.

Zusammen gingen sie in das Gasthaus. Aber bevor der Meuchelmörder auch nur diese betreten hatte riss er die Augen auf. Er zog Jarlaxle zurück auf die Straße.

Der sah ihn fragend an und wunderte sich über den Gesichtsausdruck seines Partners.

"Was ist?" fragte er.

"Da sind zwei Drow." sagte Entreri mit gefasster Stimme. Erstaunt sah Jarlaxle ihn an und ging zum Fenster, wo er in das Innere des "Innenwald" hinein späte.

Und tatsächlich! Da saßen zwei Drow, eine Frau, mit kastanienbraunen Haar, was bei den Drow sehr ungewöhnlich war, und ein Mann, der die Kluft eines Magiers der Oberfläche trug. Bei ihnen saßen noch eine junge Menschenfrau, unbestreitbar sehr hübsch, dachte der Drow, ein blonder Zwerg, der unentwegt herum murrte, und ein großer Mann, sicher ein Barbar. Immer noch erstaunt sah er Entreri an, der seinen Blick sofort erwiderte.

"Das ist mal eine Überraschung." scherzte Jarlaxle. "Aber die scheinen nicht aus Menzoberranzan zu stammen."

"Was?" fragte der Meuchelmörder und ging zu seinem Freund. Ihm fiel die braunhaarige Drow sofort auf. Er sah wieder den Drow an, der wissend lächelte. "Scheint so. Ich habe noch nie von einer braunhaarigen Drow gehört. Wer sind die wohl?"

"Ich kann es mir schon denken." kicherte Jarlaxle.

Entreri, der keine Lust auf Ratespiele hatte, sah seinen Partner kühl an. Der fing nur an zu grinsen.

"Die Kinder von einem guten Freund von uns." sagte der Drow nun, wobei dem Meuchelmörder die Kinnlade herunter klappte.

"Drizzts Kinder?" keuchte der Meuchelmörder. Entsetzt, das sein ehemaliger Erzfeind, jetzt eine Familie hatte und dort, in der Gaststube, seine Kinder saßen, sah er noch einmal hinein und bewirkte, das Entreri über sich selbe nach dacht. Er war nur durch die Welt gereist und hatte zusammen mit Jarlaxle Monster und andere Gauner gejagt, während Drizzt Do´Urden sich mit irgendeiner Frau zusammen getan hatte und sich irgendwo nieder gelassen hatte.

Jarlaxle sah seinen Freund an und kicherte amüsiert, als er den inneren Konflikt seines Kameraden von dessen Gesicht ablas.

"Machst du dich über mich lustig?" fragte der Meuchelmörder gefährlich ruhig, als er den Drow wieder ansah.

"Ich doch nicht." schmunzelte der Drow. "Hör mal, Artemis. Wir müssen da rein und unseren Auftrag erledigen. Wozu sind wir sonst hier her gekommen?"

"Ich weis." gab der Meuchelmörder zu. "Aber wir haben nicht damit gerechnet, dass wir auf die Plagen von Drizzt stoßen."

"Wir haben mit so vielem nicht gerechnet." erinnerte Jarlaxle ihn. "Aber wir waren dennoch immer erfolgreich, oder etwa nicht?" Entreri nickte. "Siehst du. Also steh auf und komm mit rein. Ich glaub nicht, das sie dich je gesehen haben oder gar mich."

Entreri nickte zustimmend. Jarlaxle grinste und ging in die Gaststätte. Der Meuchelmörder folgte ihm. Drinnen wurden ihnen sofort neugierige Blicke zugeworfen und geflüsterte Unterhaltungen begannen.
 

Beon sah auf, als alle um ihn und seine Freunde anfingen zu tuscheln. Als er den Blicken einiger der anderen Gäste folgte, erkannte der junge Barbar den Grund. In der Tür standen ein Drow und ein Mensch. Schulter zuckend wollte Beon sich schon seinem Getränk widmen, als er die Augen aufriss und noch einmal hin sah.

Ein Drow!

Wie erstarrt haftet sein Blick auf dem Drow, der sich nur lächelnd umsah.

Dalli sah zu ihm, und dann fragend ebenfalls zur Tür, so machten auch es die anderen und rissen die Augen auf.

"Ein Drow." flüsterte Colson, die bisher nur den gutmütigen Drizzt kannte und von seiner bösen Rasse zu viele schreckliche Geschichten gehört hatte.

Aus einem Reflex heraus zogen sich Dalli und Zak die Kapuzen über den Kopf, so dass keiner sie sofort erkannte. Aber der kahlköpfige Drowelf hatte sie schon längst gesehen und ging zusammen mit dem Menschen, der eine ziemlich finstere Miene aufgesetzt hatte zu ihnen.

"Seit gegrüßt." grüßte Jarlaxle die Freunde und sah zu den beiden Halbdrow.

"Seit ebenfalls gegrüßt, Dunkelelf." erwiderte Brom mutig seinen Gruß. "Können wir euch helfen?"

"Vielleicht, guter Zwerg." sagte der Drow und verneigt sich.

Fragend sahen Colson und Beon den Drow an, aber die Zwillinge hielten ihre Blicke gesenkt, damit der Drow sie nicht ansah.

"Warum verstecken eure Freunde ihre Gesichter vor einem ihres eigenen Volkes?" fragte Jarlaxle unverblümt.

Die beiden Halbdrow seufzten und zogen sich die Kapuzen zurück und zeigten ihre Gesichter. Artemis Entreri verschränkte die Arme und musterte die Gruppe, wobei er keine Miene verzog.

Jarlaxle setzte sich neben Dalli, währende der Meuchelmörder stehen blieb.

"Ich freu mich meines gleichen hier an der Oberfläche zu begegnen." sagte der Drow ehrlich und lächelte. "Darf ich fragen wer ihr seid?"

Dalli sah den Drow neben sich nervös an, während Brom den finster anfunkelte und seine Hand zu seiner Axt wanderte. Zak sah den Zwerg an und schüttelte den Kopf. Dann sah er wieder zu dem Drow.

"Mein Name ist Zak Do´Urden und neben euch sitzt meine Schwester Dalli." begann er alle vor zustellen. "Das hier ist Colson und Beon, die Kinder des Wulfgar," er deutet auf die beiden, die dem Drow kurz zunickten," und das ist Brom Breitschulter, Mitglied der Sippe Heldenhammer."

"Oh, ich bin sehr erfreut." grinste Jarlaxle alle einmal an, besonders die beiden Frauen, worauf die Männer und der Zwerg missbilligend schnaubten "Ich bin Jaram und das ist mein Freund Harkin Zweiklinge."

Entreri sah seinen Kameraden knurrend an, der ignorierte es einfach nur.

"Was treibt einen Drow an die Oberfläche, Meister Jaram?" fragte Brom misstraurig.

"Das Geschäft, so weit es mich angeht." erwiderte Jarlaxle, sah dabei die beiden Halbdrow an. "Und diese Frage würde ich euch gerne ebenfalls stellen. Ihr scheint noch recht jung."

"Die beiden sind hier geboren." knurrte Beon. Jarlaxle sah den Barbaren kurz an und spielte den Erstaunten.

"Was?" fing der Drow an zu übertrieben. "Unglaublich! Wirklich? Also ihr sagtet, euer Name wäre Do´Urden? Dann seid ihr die Kinder des Abtrünnigen Drizzt Do´Urden? Also was für eine Ehre." Er zog seinen Hut, mit der langen Feder, vom Kopf und verneigte sich noch einmal. "Ihr müsst wissen, dass euer Vater sehr berühm ist."

"Das wissen wir." sagte Zak mit ausdrucksloser Miene. "Wir haben seinen Geschichten genau gelauscht. Also verstellt euch nicht, als ob ihr unseren Vater bewundern würdet, Drow."

Etwas überrascht sah der Drow den jungen Halbdrow an.

"Ihr seid ein guter Beobachter, mein junger Freund." sagte Jarlaxle.

"Wenn ihr hinter unserem Vater her seid, warnen wir euch." drohte Dalli ihm. "Ihr und euer Freund würdet nicht weit kommen."

"Nein, nein, meine jungen Freunde." beschwichtigte der Drow alle anwesenden. "Ich bin nicht hinter eurem Vater her. Dafür hab ich zu viel angst vor ihm und seinen Krummsäbeln. Ich jage nur Ganoven und Monster. Ich und Harkin sind Kopfjäger, müsst ihr wissen."

Beons Augen leuchteten sofort auf, als er das hörte. Das fiel sowohl Jarlaxle und Entreri auf.

"Kopfjäger?" fragte der junge Barbar neugierig.

Entreri nickte, bevor Jarlaxle irgendwas sagen konnte. "Wir jagen jeden, auf den ein Kopfgeld ausgesetzt ist."

"Ein riesen Spaß, sag ich dir." zwinkerte der Drow dem Barbaren zu.

Colson blieb die ganze Zeit über still. Sie musterte den Drow und den Mann genau. Irgendwie hatte sie das Gefühl diese beiden zu kennen. Aber woher?

Begegnet war sie den beiden noch nie, das wusste sie genau. Nein, es war was anderes. Zum Beispiel der Drow. Nach der Beschreibung ihres Vaters und Drizzt trugen Drow für gewöhnlich dunkle Kleider, aber dieser nicht. Er war so Farbenfroh wie ein Paradiesvogel. Zudem trug er Unmengen Schmuck. Sie dachte konzentriert nach. Dieser Drow erinnerte sie an irgendjemanden, aber an wen bloß?

"Na dann." sagte der Drow und riss Colson aus ihren Überlegungen. "Wir müssen noch etwas erledigen. Also, gehabt euch wohl."

Damit stand der Drow auf und ging zusammen mit seinem Kameraden davon, zwinkerte dabei aber noch den beiden Frauen zu, wobei Dalli etwas rot um die Nase wurde.

Brom schnaubte, als die beiden Kopfgeldjäger nach oben verschwunden waren.

"Ich mag den Elfen nicht." knurrte der Zwerg, wobei Zak und Colson ihm zustimmend zu nickten.

"Mich hat er eher neugierig gemacht." meinte Dalli und erhielt einige ungläubige Blicke zu geworfen. "Er scheint so ganz anders, als die Drow, von denen Vater uns erzählt hat."

"Pah!" schnaubte der Zwerg. "Drow bleibt Drow."

"Ach ja?" fragte Dalli ihn und beugte sich lächelnd zu ihm rüber. "Dann frag ich mich, warum du uns begleitest."

"Ihr seit eine Ausnahme." brummte der Zwerg entschuldigend.

"Dann könnte es doch auch auf Jaram zutreffen." beharrte die Halbdrow auf ihre Meinung.

"Da muss ich Dalli Recht geben." sagte Beon. "Denkt doch nur an Pikel Felsenschulter."

Jetzt nickten alle. Der Zwerg war wirklich der außergewöhnlichste Vertreter seines Volkes. Mit dem Gedanken vor Augen, sahen sie den Drow jetzt in einem ganz anderen Licht. Sie konnten ja nicht wissen, dass sie eben mit Jarlaxle und Artemis Entreri zusammen an einem Tisch gesessen hatten und sich mit ihnen unterhalten hatten.
 

"Harkin Zweiklinge?" fragte der Meuchelmörder, als sie die Treppe hoch gingen.

"Klingt doch gut." meinte Jarlaxle.

Entreri sah seinen Partner böse an, als sie den Gang zum Zimmer ihres Ziels entlang gingen.

"Wieso hast du dich mit denen unterhalten?" fragte Entreri säuerlich. Der Meuchelmörder hatte beschlossen, sich nie wieder mit Drizzt Do´Urden oder einem seiner Freunde auseinander zu setzen.

Aber nein! Jarlaxle musste ja unbedingt mit den Balgen des Drow reden.

"Wollte nur wissen, wie es Drizzt geht." meinte Jarlaxle nur.

"Die haben dir aber nichts gesagt." knurrte der Meuchelmörder. "Und noch einmal will ich nicht in ihre Nähe kommen. Das Mädchen von dem Barbaren hat uns genau angesehen. Sicher hatte sie einen Verdacht."

"Na und?" Jarlaxle zuckte nur mit den Schultern. "Wenn stört es? Ich habe gefallen an ihnen gefunden."

"Besonders an dem Drow-Mädchen, oder?" fragte Entreri listig. Er hatte seinen Freund genau beobachtet und gemerkt, dass er ein Auge auf Dalli geworfen hatte.

"Gut möglich." meinte der Drow rätselhaft. "Sie war doch hübsch und dieses Haar erst. Ich habe noch nie eine Dunkelelfin mit so schönem Haar gesehen. Wer wohl ihre Mutter ist?"

"Das ist dir doch egal." sagte der Meuchelmörder. "Du willst sie nur in dein Bett kriegen, das ist der einzige Gedanke, der für dich zählt. Jarlaxle hatte doch noch nie an eine feste Bindung gedacht. Und wenn Drizzt erfahren sollte, das du dich mit seiner Tochter vergnügt hast, wird er dich durch ganz Faûrun jagen, bis er dich in feine Streifen zerschnitten hat."

Jarlaxle bedachte seinen Freund mit einem amüsierten Blick. Der gute Entreri machte sich wohl Sorgen um ihn.

An der Tür angekommen, die in den Raum führte, wo sich ihr Ziel aufhielt, zog Entreri seinen juwelenbesetzten Dolch und Charons Klaue, sein magisches Schwert.

"Möchtest du anklopfen?" scherzte der Drow und setzte wieder ein Grinsen auf.

"Ich überlass das dir." sagte der Meuchelmörder und erwiderte sein Grinsen.

Jarlaxle nickte und trat an die Tür. Er klopfte an und machte die Tür auf, als eine Stimme "Herein" rief. Zusammen traten sie ein und stürzten sich in den Kampf.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2006-04-15T19:04:55+00:00 15.04.2006 21:04
Huhu *wink*,

jetzt komme ich mal wieder mit meinem Kommentar^^.
Aaaalllsooo...
Deine Gedankensprünge gefallen mir immer besser. In deiner Geschichte entwickeln sich Fragen, die zunächst offen bleiben und den Leser zum Weiterlesen anregen. Gut gemacht^^b!
Nur solltest du vielleicht gewisse Einzelheiten außen vor lassen. Es wäre z.B. nicht nötig gewesen zu erwähnen, dass Vergil, wie deine 5 Kameraden, nach Tiefwasser reist. Das wäre für den Leser überraschender und spannender gewesen; ist jetzt aber kein Weltuntergang. :)
Wechsele bitte nicht so oft die Perspektiven beim Schreiben und lege dich auf einen Charakter fest, von dem aus du die Geschichte erzählst. So... das war's erstmal... erstmal... *muhuahahah* -> *verrückt geworden ist*
Ich werde gleich weiterlesen.

Also bis denne...

PS: Der Cliffhänger zum Schluss hat mir sehr gefallen!
Von:  Nisichan
2005-12-21T14:09:00+00:00 21.12.2005 15:09
Waaaah! O.O Wieso endet das mitten im Satz! T____T War gerade so spannend! Menno! ^^
Als Dodo! Wieder mal ein grandioses Kapitel ^^ Ich konnte gar nicht aufhören zu lesen und abei muss ich doch arbeiten XD Hach ja! Artemis und Jarlaxle! *freu* Du hast die beiden schon irgendwie passend getroffen! *Daumen hoch* Dein Jarlaxle ist bei dir ein noch größerer Cassanova als in meinem Doji ^^ Aber das passt auch einfach zu gut zu ihm ^^ Arti ist auch klasse getroffen, mensch, ist der wirklich schon so alt ^^ naja, was soll man tun! Aber mit "Hakin Zweiklinge" haste den Vogel abgeschossen! Ich lag unterm Tisch vor lachen! Und das auf Arbeit ;) Brom wird auch immer liebenswerter, ich würde den unentwegt wegknuddeln ^^ Aber sag mal, Dalli wird sich doch nicht etwa in Jarlaxle verkuckt haben XD Drizzt wäre sicherlich begeistert darüber! Da hat Artemis ganz recht! Ich hoffe das geht bald weiter hier ^^ Bin süchtig und will wissen was weiter passiert >.<
Von:  Skorpion
2005-12-21T11:37:53+00:00 21.12.2005 12:37
doch noch nicht alles da. Und stürzten sich ist wohl nicht das kapitelende :)

aber Jarlaxle und Arti kommen vor *freu* ich liebe die zwei, spätestens jetzt hättest du eine treue Leserin.

allerdings kommt es mir etwas unlogisch vor, dass die jungen helden noch nie von Jarlaxle gehört haben, denn wenn, hätten sie ihn bestimmt sofort erkannt.

Der dauernd fluchende Zwerg ist auch toll, er sorgt richtig für Stimmung *g*


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