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Vierter Teil: Wir leben!

Fortsetzung von "Dkmnudhdm", "GiKuS" und "DLdW"
von

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Arbeit und Krieg

Erschöpft rieb er sich die Stirn, blätterte in dem Buch und wendete den Kuli in der Hand. Nach einem kurzen Grübeln wandte er sich dem Block zu und begann zu schreiben. Kurai lag neben ihm und kaute auf einem Gummiknochen. Andauernd quietsche und fiebste es und nach wenigen Sekunden hielt Joey inne. Schweigend starrte er auf seine Notizen, rümpfte die Nase und lugte dann zu dem Hund. Dieses verflixte Gummiding. Er stöhnte leise, griff nach dem Buch und zog es zu sich. Konzentriert begann er zu lesen, den Kuli bearbeitete er mit den Zähnen.

Kurai schnaubte leise, hielt den Gummiknochen zwischen den Pfoten und drehte den Kopf, um besser auf ihm kauen zu können.

Quietsch!

Müde ließ Joey den Kopf hängen, schloss die Augen und flüsterte etwas Unverständliches. Er verharrte kurz so, lehnte sich dann zur Seite und griff nach dem verdammten Knochen. Flink zog er ihn weg, warf ihn bei Seite und lehnte sich zurück, um unter seinem Bett zu tasten. Kurai gab merkwürdige, brummende Geräusche von sich, ließ sich jammernd zur Seite fallen und streckte die Beine von sich. Joey wurde in der Zwischenzeit fündig. Träge zog er einen Plüschhasen hervor, der anscheinend brutal zerfetzt worden war. Überall waren die Nähte offen und die Watte ragte aus den Rissen. Ebenso der Arm des süßen Häschens... der war fast abgerissen, baumelte nur noch an wenigen Fäden. Joey warf das Plüschtier nach Kurai und wandte sich wieder dem Buch zu. Der Hund rappelte sich auf und beschnupperte das Häschen.

"Okay...", Joey verzog die Augenbrauen, blätterte im Buch weiter und rückte sich kurz zurecht, "... das ist jetzt das... gut."

Er nickte selbstbestätigend und begann wieder zu schreiben. Er saß auf dem Boden, war umbringt von vielen Heftern und noch mehr Büchern, die allesamt aufgeschlagen waren.

Er musste sich konzentrieren!

Er brauchte Ruhe...

Plötzlich ertönte lautes Knurren. Kurai sprang auf, schnappte nach dem armen Plüschtier und schüttelte wie wild den Kopf. Joey hielt in den Bewegungen inne. Auch, als der Arm des Häschens auf seinem Buch landete und die Watte den Boden bedeckte, regte er sich nicht.

>Ich... glaube das nicht...<

Neben ihm öffnete sich die Tür. Mit einem Handtuch um den Hals lehnte sich sein Vater in das Zimmer und sah sich überrascht um. Kurai warf sich wieder hin und begann das Häschen zu zerrupfen. Joey presste den Kuli in der Hand.

"Arbeitest du immer noch?" Charles hob die Augenbrauen, trat ein und zog sich das Handtuch über das nasse Haar.

"Mm", brummte Joey und blätterte weiter.

Kurai rollte sich auf den Rücken, rollte sich weiter und suhlte sich kurz darauf in den schulischen Unterlagen. Charles bewegte das Handtuch auf dem Kopf, warf dem Hund einen knappen Blick zu und wurde dann wieder auf das Treiben seines Sohnes aufmerksam.

"Nicht, dass du dich noch überarbeitest."

"Quatsch." Joey begann wieder zu schreiben und sein Vater legte den Kopf schief.

"Wann hattest du zuletzt Freizeit? Dauernd bist du nur am werkeln und schuften und..."

"Und vor kurzem war ich drei Tage auf den Phillippinen", unterbrach Joey ihn beschäftigt. "Dort habe ich dann gleich die Hausaufgaben vergessen. Das darf mir nicht mehr passieren."

Charles wunderte sich sichtlich. Vorerst schwieg er und grübelte. Kurai rollte sich wieder von den Unterlagen, kam auf die Beine und trottete aus dem Zimmer, das Häschen in der Schnauze tragend. Joey weinte ihm nicht nach und legte den Block zur Seite, um nach einem der anderen Bücher zu greifen. Sein Vater verfolgte einjede seiner Bewegungen.

"Na ja." Er räusperte sich leise. "Morgen habe ich noch frei, da könnten wir doch..."

"Dad, ich habe keine Zeit." Joey schüttelte den Kopf.

"Mensch", erhielt er seufzend zur Antwort. "Das war doch sonst immer mein Job...?"

Joey zog das nächste Buch zu sich. "Ich habe zwei Jobs und fange morgen auch bei Kaiba an."

"In seiner Firma?", fragte Charles erstaunt.

"Mm-mm." ... und Joey nickte, war ganz in seine Aufgaben vertieft.

"Aha." Sein Vater ließ das Handtuch sinken, sah sich flüchtig um und setzte sich dann hinter Joey auf die Bettkante. "Und wie lange willst du noch so weiterschuften? Ich finde es toll, dass du so einen Fleiß entwickelt hast aber auf die Dauer sind diese Jobs nichts, da du dich vor allem auf die Schule konzentrieren musst."

"Passt schon", murmelte Joey abwesend und begann sich wieder Notizen zu machen. "Mir fehlen noch 50 000 Yen, dann ist das Schlagzeug mein. Dann gehen die Jobs flöten und zurück bleibt... nur... noch...", er grübelte, blätterte im Buch zurück und biss auf die Kuli, "... der Schlagzeug-Unterricht."

"Und die Schule", erinnerte ihn sein Vater und er nickte flüchtig. Nebenbei tastete er zur Seite und griff nach einigen Blättern.

"Das ist das geringste Problem." Er reichte die Blätter nach hinten und vertiefte sich währendessen in den Text. "Autogramme bitte."

Überrascht nahm Charles die Zettel entgegen. Es handelte sich um einige Arbeiten, Referate und andere Dinge, unter deren Noten er sein Kreuzchen setzen musste. Während Joey reglos dasaß und las, begann er sie durchzuschauen und sah sich die roten Buchstaben an.

"A, A, B...", er runzelte die Stirn, "... B, B, A, A, C..."

Joey hörte ihm nicht zu, beugte sich etwas hinab und starrte auf den Text. Währendessen blickte Charles auf und starrte ihn an.

>Das geringste Problem...<, dachte er sich leicht irritiert. >Scheint so.<
 

"Ich habe ihn wieder getroffen." Neben Kaiba betrat Joey das Schulgebäude, raffte die Tasche höher und rümpfte die Nase.

"Wen?", murmelte Kaiba.

"Yuuuugi!" Hinter ihnen schluchzte Tristan und klammerte sich um den Arm des Jungen. "Ich habe Aaaangst!"

"Ich auch", jammerte Yugi und Tea stöhnte.

"Leute, es ist eine Arbeit! Kein Weltuntergang!"

"Diesen komischen Typen." Joey lehnte sich etwas zu dem Brünetten. "Charlie Bankroft."

Kaiba runzelte die Stirn.

"Und?"

"Gestern", flüsterte Joey, "auf der Straße."

"Kommt vor, dass Leute dort herumlaufen." Kaiba zuckte mit den Schultern und Joey zerrte an seinem Ärmel.

"Ich sage dir, der ist verdammt komisch drauf. Mal benimmt er sich so, dann wieder so und jedes mal, wenn ich ihn treffe, bin ich danach verwirrt."

"Aha." Kaiba zog die Nase hoch und sah sich um.

"Wenn du ihn kennen würdest, dann würdest du das auch sagen." Joey fuchtelte mit den Händen. "Ich glaube, der hat vergessen, dass er auf dem Treffen war. Sogar an meinen Namen konnte er sich nicht erinnern."

"Mm-mm." Kaiba fuhr sich durch den Schopf. Die Geschichte faszinierte ihn sichtlich.

"Wir haben kurz geplaudert und dann ist er gegangen, weil er noch... ähm..."

"Ja?"

"Er wollte seine Freundin schlachten", murmelte Joey und Kaiba verzog die Miene.

Somit betraten sie den Klassenraum und trennten sich. Der Brünette sah dem Blonden noch kurz nach, schüttelte den Kopf und setzte sich. Während er ruhig begann, seine Bücher hervorzuholen, beeilte sich Joey. Hastig packte er aus, warf die Tasche neben seinen Tisch und Kaiba erfasste eine kühle Brise, als er an ihm vorbeieilte und das Klassenzimmer verließ. In zügigen Schritten trat Joey auf den Flur hinaus, ging geradeaus und verschwand in dem gegenüberliegenden Klassenzimmer. Zielstrebig schlängelte er sich durch die quatschtenden Schüler und erreichte die hintere Ecke. Duke war gerade dabei, in einem Hefter zu blättern, da stemmte sich der Blonde auf seinen Tisch und er blickte auf.

"Höh?"

Joey biss sich auf die Unterlippe, ging in die Knie schob die Arme über den Tisch, bis er Dukes Arm mit dem Zeigefinger anstubsen konnte. "Hey, sag mal, wie fandest du diesen Ace eigentlich?"

"Was?" Duke schloss den Hefter. "Den Typen von gestern?"

Joey nickte und leckte sich die Lippen.

"Du musst ja auch einverstanden sein, bevor wir irgendetwas unternehmen, uns mit ihm in Verbindung setzen, verstehste?"

Duke blähte die Wangen auf und begann an den Kanten des Hefters zu rupfen.

"Du machst dir wieder Gedanken, hm?"

"Ich mache mir immer Gedanken", erwiderte Joey und lugte zum Nebentisch, an dem Bakura saß und in ein Buch starrte. Er sah ihn nur kurz an und wandte sich wieder an den Schwarzhaarigen. "Es wird bald so weit sein und wir müssen doch sicher gehen, dass es nicht gleich zu Beginn Stress gibt."

"Verstehe ich schon." Duke rollte den Hefter zusammen und dautzte ihn auf Joeys Kopf.

"Hör auf."

"Du solltest Ruhe bewahren." Duke hörte nicht auf und der Blonde fuchtelte mit der Hand. "Treffe erst einmal die nötigen Vorkehrungen und dann sehen wir weiter. Hey." Er grinste. "Wir haben doch eh nicht vor, eine große Sache daraus zu machen. Das wird 'ne Freizeittätigkeit, ein Hobby, mehr nicht."

"Das habe ich doch auch vor." Joey verzog die Augenbrauen, ein Geräusch drang an seine Ohren. "Verflixt, die Glocke." Träge rappelte er sich auf und Duke stubste den Hefter gegen seinen Bauch.

"Hörst du auf!"

"Hahaha."

Joey verdrehte die Augen, fuchtelte mit der Hand und wandte sich ab. Er musste rechtzeitig im eigenen Klassenraum sein. Doch er konnte nicht anders... vor Bakuras Tisch blieb er stehen und musterte den jungen Mann mit misstrauischer Miene.

"Baku?"

"Häh?" Der Angesprochene blickte auf und Joey studierte sein Gesicht mit Adleraugen.

"Du hast nicht zufällig einen Zwillingsbruder?"

"Was?" Der junge Mann starrte ihn verwirrt an und Joey biss sich auf die Unterlippe. Diese Reaktion sprach Bände.

"Hat sich erledigt." Er rieb sich den Nacken, drehte sich um und eilte davon.
 

Am eigenen Tisch angelangt, warf er sich auf den Stuhl, rückte die Bücher zurecht und lehnte sich zurück. Gerade noch so geschafft.

Die Tür wurde geschlossen, die Lehrerin erhob sich und die Schüler verstummten. Nur aus Tristans Ecke war leises Jammern zu hören. Auch Yugi flüsterte Gebete und Tea rollte genervt mit den Augen.

"Ihr habt die ganze Stunde Zeit." Die Lehrerin kam sofort zum Wichtigsten und begann die Arbeiten auszuteilen.

"Neeeein." Tristan schüttelte den Kopf, Yugi seufzte und Tea stöhnte. Flüchtig lugte Joey zu ihnen, tastete nach seinem Kuli und bekam die Blätter vorgelegt. Entspannt rückte er sich im Stuhl zurecht, schnippte die Kappe vom Stift und wandte sich dem ersten Blatt zu. Zuvor richtete sich sein Blick auf Kaiba, der sich mit allem Zeit ließ und verspannt streckte. Joey rümpfte die Nase, biss sich auf die Unterlippe und begann die erste Aufgabe zu lesen.

"Ach du Scheiße!", ertönte da ein lautes Fluchen und die Lehrerin hob ergrimmt die Faust.

"Taylor! Ruhe!"

Ein knappes Grinsen zog an Joeys Lippen, bevor er mit der Lösung begann. Er arbeitete kontinuierlich und legte keine Pausen ein. Er vertiefte sich in die Aufgaben, grübelte und löste sie sauber und ordentlich. Es waren insgesamt zwanzig Aufgaben, die man nicht unterschätzen sollte.

Tristan entschloss sich dazu, etwas leiser zu fluchen, Yugi saß ganz betrübt da und Teas Schädel qualmte regelrecht vor Konzentration, während sie sich durch die Arbeit kämpfte.

Kaiba war tief in den Stuhl gerutscht, bewegte den kunstvollen Füller zwischen den Fingern und las die zehnte Aufgabe. Eigentlich überflog er sie nur kurz, wandte sich dem eigenen Blatt zu und schrieb das Ergebnis auf. Die nächste Aufgabe war eine physikalische Gleichung, deren Lösung er ohne eine Rechnung aus dem Kopf wusste. Gelangweilt schrieb er auch sie auf, rollte mit den Augen und wandte sich der nächsten Aufgabe zu.

So verging die Zeit...

Als die Hälfte der Stunde vergangen war, machte sich Joey an die zwölfte Aufgabe. Diese Arbeit war nicht zu unetrschätzen, sie verlangte ihm viel ab. Er verfing sich in Grübeln, kratzte sich die Stirn und blickte auf. Sein Augenmerk richtete auf Kaiba und seine Miene verzog sich irritiert.

Der Brünette streckte die Beine sich und hielt die Hände gefaltet auf dem Nacken.

Wie zur Hölle konnte er so schnell fertig sein?!
 

"Ich bin ein toter, schöner Mann!" Tristan ächzte und ließ sich auf den Tisch sinken.

"Es war wirklich schwer", seufzte Yugi, der neben ihm stand und seine Schulter tätschelte. Joey saß vor Tristan auf der Tischkante und ließ die Beine baumeln.

"Jetzt übertreibt mal nicht", meinte er Stirnrunzelnd.

"Hey!" Tristan schickte ihm einen funkelnden Blick. "Es dauert nicht mehr lange und dann nenne ich dich 'Streber'! Ich warne dich."

"Pöh." Joey blähte die Wangen auf, schob sich vom Tisch und schlenderte davon.

"Ich raff´s nicht!" Tristan ließ sich wieder sinken und tätschelte ihn weiter.

Joey hatte sich währenddessen zu Kaiba gesellt. Nicht etwa, um ihn zu fragen, wie die Arbeit verlaufen war. Das musste er nicht, denn die Antwort war immer dieselbe. Keine Antwort, nur ein skeptischer Blick, der alles sagte.

Joey verstand es nicht.

Wie schaffte man es, einen sauberen Gesamtdurchschnitt von einem unbefleckten A zu haben?! Kaiba war ihm manchmal wirklich ein Mysterium. Er kam mit allen Sachen klar, als würde es sich um den Stoff aus der 1. Klasse handeln!

Bequem lehnte er sich an seinen Tisch, Kaiba spielte mit dem Füller.

"Wann soll ich heute kommen?", erkundigte sich der Blonde. "Es ist so, nach der Schule bin ich zwei Stunden im Restaurant, dann folgen zwei Stunden Schlagzeug-Unterricht, also bis siebzehn Uhr. Die Tankstelle habe ich abgesagt und im Lawell werde ich gerade nicht gebraucht, also..."

"Also kommst du, wann du es für richtig hältst", unterbrach Kaiba ihn entspannt.

Joey begann auf seinem Zeigefinger zu kauen. "Also gegen siebzehn Uhr."

Kaiba zuckte mit den Schultern.

"Nach Unterrichtsschluss muss ich etwas für den Schulleiter erledigen. Werde also länger hier sein."

"Ist gebongt." Joey grinste, hockte sich auf die Tischkante und hob die Augenbrauen. Er konnte nicht anders. "Und? Wie war die Arbeit?"

Kaiba verzog die Miene und sah ihn skeptisch an.
 

So begann die nächste Stunde...

>Ob dieser Ace wirklich für uns geeignet ist?< Konzentriert wendete Joey den Kuli in der Hand, blätterte flink im Hefter und begann von der Tafel abzuschreiben. >Er wirkte jedenfalls sehr professionell, wusste, von was er sprach.< Er rümpfte die Nase, streifte sich eilig das Haar zurück und zog eines der Schulbücher hervor, um es aufzuschlagen. Nebenbei schrieb er weiter ab und grübelte. >Den Rest des Geldes werde ich nach einer weiteren Wochen Arbeit haben. Dann besorge ich mir das Schlagzeug!< Er blähte die Wangen auf, linste zur Tafel und begann nebenbei im Buch zu blättern. >Dann beginne ich endlich mit der festen Bandgründung! Dann geht´s los!< Er stoppte, ließ den Kuli sinken und starrte vor sich hin, als wäre er zu einer erschreckenden Erkenntnis gekommen. >Zuerst brauchen wir einen Übungsort, für die nötigen Instrumente wird sicher gesorgt sein. Aber...<, er öffnete den Mund, blähte die Wangen auf und hielt den Atem an, >... vielleicht geht das alles auch gehörig in die Hose! Was ist, wenn dieser Ace alles andere als kooperativ ist? Wenn er allein bestimmen will und Probleme macht?< Seine Miene verzerrte sich verzweifelt. >Dann müssen wir mit der Suche von vorne beginnen! Und dann verzögert es sich wieder! Ich meine, ich habe ihn erst einmal gesehen und das nur flüchtig und knapp. Ich sollte ihn erst einmal kennenlernen! Aber insgesamt... man, ich habe nicht wirklich eine Ahnung, wie etwas aus der Sache werden soll!<

"Neeein!" Jammernd ließ er sich auf den Tisch sinken und kroch in sich zusammen. Schleppend ließ er die Hand, die den Kuli hielt, auf den Tisch niedergehen und rollte den Kopf von einer Seite zur anderen. Ein leises Rascheln und Quietschen ertönte, als sich die gesamte Klasse zu ihm umdrehte.

>Wir werden Songs schreiben müssen. Ich bin ja schon dabei, einen zu schreiben, aber wenn er den anderen nicht gefällt, dann...<

"Verdammt nochmal." Er biss die Zähne zusammen und kratzte sich am Kopf. "Warum ist das alles so kompliziert?"

"Wheeeeler...?", ertönte die listige Stimme des Lehrers von vorne.

>Ich sollte alles auf mich zukommen lassen! Genau, erst warten, dann entscheiden.<

"Wheeler!"

Sofort fuhr der Angesprochene in die Höhe und sah sich irritiert um. Einjeder starrte ihn an, nur ein Brünetter in vordester Reihe nicht, nein, der ließ den Kopf sinken und rieb sich die Stirn.

"Ja...?" Zögerlich ließ Joey den Kuli auf den Tisch fallen und wischte sich eilends die Knitterfalten aus der Uniform. Die Schüler begannen leise zu stöhnen und sich ihren Unterlagen zuzuwenden. Der listige Chemielehrer, der klein und dick war, rollte die Kreide zwischen den Handflächen.

"Da Sie während der gesamten Stunde so vortrefflich aufgepasst haben, können Sie mir sicher die Tischtschenko Veresterung erklären."

Joey weitete die Augen, griff nach dem Kuli und presste ihn in der Hand.

"Bitte nicht...", flehte er.

Der Lehrer jedoch wies ihn mit einem unbarmherzigen Nicken nach vorn. Kaiba währenddessen, streckte die Beine von sich, rollte mit den Augen und rieb sich erneut die Stirn, sich darauf vorbereitend, eine weitere Demütigung seines Freundes zu erleben.

>Selbst Schuld<, dachte er sich, während er flüchtig zum Lehrer lugte, der immer noch winkte.

Nach einem langen Zögern und anschließend einem gebrochenen Stöhnen, warf Joey den Kuli erneut auf den Tisch zurück, schob sich träge vom Stuhl und schlürfte nach vorn. Mit hängenden Schultern zog er an den Tischen vorbei und näherte sich dem Ort des Grauens, an dem man ihn bereits so oft leiden gelassen hatte. Dort bekam er von dem grinsenden Lehrer die Kreide in die Hand gedrückt.

"Ich habe das Gefühl", erklärte dieser triumphierend und zu höchst erfreut, "dass es hier nicht viele gibt, die dieses Thema verstanden haben. Also wird es der geschätzte Herr Wheeler einmal erklären. Und zwar in allen Einzelheiten."

Daraufhin legten die Schüler die Stifte ab und lehnten sich zurück. Das einzige, was sie hören würden, wäre Gestotter, Genuschel und unsinniges Palaver. Der Blonde zog die Nase hoch, streifte sich das Haar aus der Stirn und warf Kaiba einen knappen Blick zu, der diesen mit einem Anflug von höhnischer Erwartung erwiderte. Der Lehrer ließ sich währenddessen an seinem Pult nieder und klatschte in die Hände.

"Fangen Sie an?"

"Klar." Joey verdrehte die Augen und wandte sich langsam der Tafel zu.

>Warum sollte ich mich jetzt schon wegen so einer Sache verrückt machen? Es dauert sowieso noch etwas und außerdem habe ich ja...<

"Wheeler!"

Joey schnitt eine knappe Grimasse, bevor er die Kreide hob; Kaiba schloss die Augen. "Ähm... also..."

Desinteressiert wandten sich die Schüler einander zu und begannen leise zu flüstern, wovon sich der Lehrer keinesfalls stören ließ. Sein Augenmerk blieb einzig und allein auf den jungen Mann gerichtet, der sich grübelnd das Kinn rieb und die Kreide sinken ließ.

>Wie oft muss er das denn noch tun, bevor er etwas Benehmen lernt<, dachte sich Kaiba, als er das gewohnte, unsichere Gefasel hörte.

"Ähm... also... na ja..." Joey räusperte sich und der Lehrer suhlte sich regelrecht im Triumph. "Öhm... tja."

Der Lehrer hob die Augenbrauen.

"Na?"

Er erhielt einen säuerlichen Blick. Flüchtig musterte Joey den Mann, dann rollte er erneut mit den Augen.

"Ist ja gut." Er fasste die Kreide sicherer. "Ähm... also, die Tischtschenko Veresterung ist eine effiziente Methode, um Ester aus den korrespondierenden Aldehyden herzustellen." Somit zog er die Tafel etwas tiefer und begann eine Reaktionsdarstellung zu zeichnen. Langsam blickte Kaiba auf. "Durch Koordination mit dem leeren Orbital des Aluminiums wird zuerst ein... öhm... aktiviertes Alkoxid gebildet. Das da." Flink zeichnete er weiter und wies auf das etwas verschrumpelte Kunstwerk. Und während er dieses Schritt für Schritt vervollständigte, herrschte Schweigen in der Klasse.

Etwas ungläubig wirkte der Lehrer, nicht minder die restlichen Anwesenden. Mit erstaunten, beinahe restlos entsetzten Augen, verfolgten sie die flinke Hand. Kaiba verzog irritiert die Brauen. Und Joey fuhr fort.

"Dieses aktivierte Alkoxid reagiert mit einem zweiten Äquivalent des Aldehydes: Die intramolekulare... ähm, Moment... ja, die intramolekulare Umwandlung zum Ester, eine Redox-Reaktion, geschieht durch einen Hydrid-Shift: In einer Nebenreaktion kann eine Umlagerung einer Alkoxygruppe des Katalysators auftreten." Er zeichnete weiter, zeichnete Formeln und Reaktionsgleichungen. "Und nach Addition der Carbonylkomponente findet ein Hydrid-Shift statt, bei dem ein gemischter Ester entsteht: Diese Nebenreaktion gewinnt mit steigender Katalysatorkonzentration an Bedeutung, hängt aber auch von der Art des Aldehydes und der Katalysator-Alkoxygruppen ab." Wie versteinert saß Kaiba dort, mit geweiteten Augen verfolgte er den gekonnten Vortrag und tastete bald stockend nach den eigenen Unterlagen. Eine Totenstille herrschte in dem Klassenraum und Joey machte eine kurze Pause, um sich am Hals zu kratzen. "Tertiäre Alkoxide und tiefe Temperaturen helfen, die Nebenreaktion zu verhindern. Die mit Übergangsmetallen katalysierte Tischtschenko-Reaktion wurde zuerst mit RuH2(PPh3)4 beobachtet." Beinahe hatten Joeys Zeichnungen den gesamten Platz der Tafel eingenommen. Schritt für Schritt ging er weiter nach rechts, wobei seine Hand die Kreide sicher führte. Es war ein undurchschaubares Gemenge aus Formeln, Pfeilen und Strichen entstanden. "Der Mechanismus dieser besonders milden Umsetzung präsentiert sich folgendermaßen." Er begann seine letzte Zeichnung, vollzog sie fehlerfrei und beendete all dies mit einem letzten, extra schönen Strich. "Und als... ähm... Nebenreaktion...", er stoppte, trat zurück und besah sich die Zeichnungen. "Ähm... na. Na." Er schnippte mit dem Finger. "Komm schon."

"... kann eine Hydrierung auftreten", murmelte Kaiba abwesend, während er zur Tafel starrte.

"Genau." Joey schickte ihm ein knappes Grinsen, legte die Kreide ab und rieb sich die Hände, sich zum Lehrer wendend. "Zufrieden?"

"Was?" Der Lehrer blinzelte und richtete sich auf. "Ja... ja... gut. Ich ähm...", er kratzte sich am Bauch, griff hastig nach seinen Unterlagen. "A."

"Was? Das wird bewertet?"

"Etwas dagegen?", brummte der Lehrer sichtlich enttäuscht.

"Aber nicht doch." Joey schunkelte, lachte, und kehrte schlendernd zu seinem Tisch zurück.

Langsam lehnte sich Tea zu Yugi.

"Das gibt´s doch nicht", flüsterte sie zu dem Jungen, der nur sprachlos nickte. "Er muss ja verdammt lange gepaukt haben."

"Aber ich dachte, er hätte keine Zeit...?", hauchte Yugi.

Während die merkwürdige Stille anhielt, saugte Kaiba an seinen Zähnen und verschränkte die Arme auf dem Bauch. Ein knappes Schmunzeln zog an seinem Mundwinkel.

>Interessant.<
 

An diesem Tag kamen die Schüler einer Klasse in den Genuss weniger Stunden. Dann verließen einige Jugendliche das Schulhaus und andere taten es nicht.

Mit einem kleinen Berg von Blättern schlenderte Kaiba durch den Schulfur und stieg in die erste Etage hinauf. Er ließ sich Zeit, trödelte und genoss die Stille. Die anderen Klassen hatten Unterricht und er seine Ruhe. Gemächlich erreichte er einen Glaskasten, in dem viele Informationszettel hingen. Gemächlich schweifte sein Blick über das Durcheinander, dann blähte er die Wangen auf, zog einen kleinen Schlüssel hervor und schloss den Kasten auf. Bequem schob er das Glas zurück, ging in die Knie und legte den Blätterberg vorläufig ab. Anschließend wandte er sich dem Kasten zu, überflog die Informationen und heftete einige ab. Der Schulleiter benötigte für diese Arbeit einen Schüler, der mit Unordnung fertig wurde und die Aufgaben pflichtbewusst erfüllte.

Kaiba kratzte sich am Hals.

Warum hatte er nur zugestimmt, diesen Blödsinn zu machen?

Weil er heute in der Firma nicht viel vorhatte...?

Er nahm weitere Zettel ab, überflog sie prüfend und legte sie ebenfalls auf dem Boden ab. Er hatte genauen Anweisungen zu folgen. Er las, studierte, grübelte und tat es. Nachdem er einige Minuten dortgestanden hatte, ertönten Schritte auf der naheliegenden Treppe. Kaiba schenkte ihnen keine Beachtung, zückte einen Kuli und fügte auf einem kleinen Blatt etwas hinzu. Nachdenklich biss er sich auf die Unterlippe, lugte zufällig zur Seite und erkannte den Schulleiter, der in zügigen Schritten näherkam. Er schenkte ihm nicht viel Aufmerksamkeit, unterstrich ein Datum und klemmte das Blatt zu den anderen in den Kasten.

"Kommen Sie voran?", ertönte da eine Stimme und er nickte.

Lange konnte sich der Schulleiter scheinbar nicht bei ihm aufhalten. Er hatte wohl etwas anderes vor, zog an ihm vorbei und ging den Flur hinab. Kaiba achtete nicht auf ihn, hockte sich hin und durchstöberte die Unterlagen. Am Ende des Flurs öffnete der Schulleiter eine der Türen und verschwand im dahinterliegenden Klassenzimmer.

"Was zur Hölle...", flüsterte Kaiba und starrte auf einen Zettel.

Er verschaffte sich schnell einen Überblick, verdrehte die Augen und legte ihn zur Seite. Und er wollte gerade weiterstöbern, da kehrte der Schulleiter zurück. Er erschien wieder im Flur, war jedoch nicht alleine. Kaiba linste zur Seite und erkannte Duke, der die Tür schloss und ihm folgte. Aber selbst das hatte ihn nicht zu stören. Er kam wieder auf die Beine, heftete einige Zettel an die Pinnwand und rückte sie zurecht. Duke und der Schulleiter kamen näher.

"Worum geht es denn?", hörte er Duke fragen.

"Das sagte der Anrufer nicht", antwortete der Schulleiter. "Er wollte mit Ihnen sprechen."

Duke atmete tief durch, ließ die Hände in die Hosentaschen rutschen und wurde auf den fleißigen Arbeiter aufmerksam. Im Vorübergehen hielt er kurz inne und hob die Augenbrauen.

"Na huch, Kaiba? Hast du nicht längst Schluss?"

"Mm." Der Brünette drehte sich nur kurz um.

"Er tut mir einen Gefallen", kam ihm der Schulleiter etwas ungeduldig zuvor. "Bitte kommen Sie, es klang sehr dringend."

"Schon gut." Duke seufzte und kurz darauf verschwand er mit dem älteren Mann auf der Treppe. Kaiba blähte die Wangen auf und hockte sich wieder hin.

>Ich bin so dämlich!<, ging es ihm durch den Kopf, während er wieder mit den Unterlagen zu kämpfen begann. Er ließ sich dennoch Zeit, zog Klarsichtfolien hervor und begann die Blätter zu ordnen und in ihnen zu verstauen. So vergingen einige Minuten...

Kaiba hatte die Aufgabe bald hinter sich. Er zog das Glasfenster wieder zu, schloss ab und hockte sich hin, um einen kleinen Zettel zu zücken. Diesen hielt er gegen die Wand und begann sich Notizen zu machen. Sicher führte er den Kuli, schrieb säuberlich und hielt kurz inne, um zu grübeln. Kurz darauf setzte er den Kuli wieder auf das Papier... und zuckte zusammen, als er eine Tür laut knallen hörte. Überrascht blickte er auf und sah sich um. Das kam von unten.

Er verzog die Augenbrauen, runzelte die Stirn und starrte auf das Blatt, über das sich ein langer, zitternder Strich zog.

>Verdammt nochmal.<

Er flüsterte einen leisen Fluch und schüttelte den Kopf. Anschließend wollte er weiterschreiben, hielt jedoch inne. Auf der Treppe waren schnelle Schritte zu hören. Langsam lugte er zur Seite.

"Devlin, warten Sie!", ertönte ein Ruf.

Kaiba erkannte die Stimme wieder - es war der Schulleiter. Jeder an dieser Schule wusste, wie er sich anhörte, wenn er schrie.

"Devlin!!"

Plötzlich erschien dieser. Eilig, fast schon rennend, bog er um die Ecke, rieb sich hektisch das Gesicht und hastete weiter. Kaiba sah ihn schnell näherkommen. Duke war blass, der Brünette hörte sein aufgeregtes Keuchen, sah sein verzerrtes Gesicht. Er blieb hocken und Duke stürmte an ihm vorbei, ohne ihm eines Blickes zu würdigen.

"Gott... oh mein Gott... gütiger Gott...!", hörte er ihn nur mit bebender Stimme ächzen. Er drehte das Gesicht, sah ihm nach. Duke stolperte, schüttelte den Kopf und rannte auf den letzten Metern zur Tür. Dann riss er sie auf und verschwand im Klassenzimmer.

"Devlin!!" Kaiba drehte sich zur anderen Seite und erspähte den Schulleiter. Dieser war nicht weniger aufgeregt, fuchtelte wild mit den Händen und atmete schwer. Wieder wurde Kaiba nicht beachtet. Aufgewühlt rannte der Mann an ihm vorbei und er sah ihm nach. Aus dem Klassenraum konnte er leise Stimmen hören. Sie quatschten wild durcheinander und der Schulleiter erreichte das Zimmer. Da wurde die Tür wieder aufgeschleudert und er wurde fast von Duke über den Haufen gerannt. Der Schwarzhaarige rempelte ihn in seiner Eile an. Er hatte seine Tasche geholt, scheinbar nicht einmal die Zeit gefunden, die Bücher einzupacken. Hektisch eilte er wieder auf Kaiba zu, zerrte die Tasche auf und stopfte die Bücher hinein. Der Schulleiter rieb sich das Gesicht und rannte ihm nach.

"Devlin! Warten Sie doch mal kurz!! Handeln Sie bitte nicht überstürzt! Ich..."

Der Angesprochene achtete nicht auf ihn. Er stürmte wieder an Kaiba vorbei, sah ihn nicht an und rannte davon.

Ja, er begann zu sprinten, schlitterte um die Ecke und verschwand auf der Treppe.

Kaiba sah ihm nach. Kurz darauf folgte auch der Schulleiter.

"Oh mein Gott...!", ächzte er aufgebracht und rannte davon.

Kaiba zog die Nase hoch und wandte sich langsam dem Blatt zu. Doch er schrieb nicht weiter, verzog nur die Augenbrauen und blieb kauern.
 

Bevor Joey zur Arbeit gegangen war, war er noch eine Runde mit Kurai gegangen. Er hatte diesen schon einmal mit zur Arbeit geschmuggelt aber als Kurai einen verlockenden Duft aus der Küche wahrgenommen hatte, war er aus seinem Versteck geprescht und hatte dabei einen Kellner zu Fall gebracht. Glücklicherweise war Joey glimpflich davongekommen, hatte jedoch seine Lehre aus diesem Vorfall gezogen. Er spazierte kurz durch den Park und machte sich dann auf den Weg. Nun, eigentlich freute er sich am meisten auf den letzten Job oder vielmehr auf das Zusammensein mit Kaiba, wobei er die Arbeit jedoch nicht vernachlässigen durfte.

Mit dem gewohnten Fleiß brachte er die zwei Stunden im Restaurant und den Schlagzeug-Unterricht hinter sich, bevor er sich nach einer kurzen Pause auf den Weg zum Firmengebäude der Kaiba-Corp. machte. Es folgte die lange Reise mit dem Fahrstuhl und endlich öffnete er die Tür zu jenem Büro und trat ein. Kaiba saß hinter seinem Schreibtisch, blickte nur kurz auf und schien sehr in das Telefonat vertieft zu sein.

"Mm." Er nickte, machte sich Notizen und lauschte in den Hörer, während Joey den Rucksack auf das Sofa schmiss und sich erst einmal in die Polster warf.

"Ja... verstehe." Kaiba knabberte auf der Unterlippe, atmete tief durch und nickte erneut. "Ja, natürlich, wie abgemacht, stelle ich Ihnen all das zur Verfügung. Inklusive sagen wir... hm? Nein, einer Million." Joey machte es sich etwas gemütlicher. "Das dürfte als Startgeld genügen. Ja, Ratenzahlungen akzeptiere ich, in einem Zeitraum von zwei Jahren. Scheitern? Wenn Sie scheitern wollen, hätten Sie sich eine andere Firma aussuchen sollen." Kaiba grinste flüchtig. "Natürlich, leisten Sie ihren Anteil und es wird ein Erfolg. Auf Wiederhören."

Somit legte er auf, lehnte sich zurück und rieb sich das Gesicht. Anschließend lugte er zur Seite und traf auf Joeys Blick, der etwas zerknautschst dortlag.

"Hi." Kaiba lächelte kurz und etwas kraftlos und der Blonde zeigte unter einem breiten Grinsen seine Zähne.

"Stress?"

"Das Übliche."

"Also Stress."

"Ja." Kaiba rollte mit den Augen und zog eine Zigarette hervor, die er sich flink zwischen die Lippen klemmte. Und während er sich dann ein kurzes Päuschen gönnte, rappelte sich Joey auf, trottete zu ihm und blieb hinter dem Sessel stehen.

"Geht´s dir nicht gut?" Er stützte die Hände in die Hüften. Kaibas Benehmen fiel ihm sofort auf. Doch dieser brummte nur, schwieg kurz und schüttelte dann den Kopf.

>Ich sollte ihm nicht von dem Vorfall in der Schule erzählen.< Der Brünette seufzte lautlos und ließ die Zigarette sinken. >Es wirkte zwar ernst aber es ist nicht nötig, dass ich Joseph noch verrückter mache, als er ohnehin schon ist.<

"Komm, entspann dich mal." Joey stützte sich etwas auf die Lehne und begann Kaibas Schultern zu massieren, der daraufhin einen langen Atem ausstieß und den Kopf hängen ließ.

"Das tut gut."

Joey kraulte seine Nacken.

"Im Lawell gab es heute eine Schlägerei", begann er dann zu erzählen. "Man glaubt kaum, dass soviele Spacken in ein Luxus-Café kommen."

"Mm..." Kaiba schloss genüsslich die Augen.

"Stell dir vor, der dicke Chef ist so erschrocken, als die beiden über sich herfielen...", Joey grinste, "... der ist prompt von einem dieser hohen Barhocker gefallen."

"Landete sicher weich", murmelte Kaiba leise.

"Oh, du, trotzdem war der ganz schön sauer." Joey weitete die Augen. "Ich habe ihn dann etwas mit Schleim beworfen und schon war wieder alles... in... Ord..."

Joey verstummte, auch seine Hände hielten in den Bewegungen inne.

"Mm... mach weiter."

Nein, der Blonde schien dazu nicht imstande zu sein. Etwas fassungslos waren seine Augen auf die Glastür des Büros gerichtet, verfolgten etwas, das sich davor abspielte.

"Was ist denn?" Unzufrieden über diese Unterbrechung, blickte Kaiba auf. Und auch sein Augenmerk richtete sich sofort auf einen gewissen Punkt. Regungslos verharrten die Beiden und verfolgten das Desaster.

"Können Sie nicht aufpassen?!", zeterte eine Frau, die eine wirklich hübsche Bluse trug. Und die war weiß, außer einem riesigen Kaffeefleck auf ihrer Schulter. Sie fluchte und schrie und vor ihr führte ein Mann einen Nervositätstanz auf. Ein jung erscheinender Mann mit einer Hornbrille. Und er schrie noch lauter als die Frau.

"Es tut mir leid, ich hab Sie nicht gesehen! Oh mein Gott!!" Er fuchtelte mit den Händen, sprang herum und zerrte ein Taschentuch aus der Hosentasche, mit der er eilig die Bluse abtupfen wollte. Dabei schien er gewisse Stellen zu berühren und es nicht einmal zu bemerken.

"Ohhh!" Die Frau plusterte sich auf. "Sie Lüstling!!"

Batsch!

Joey schnitt eine Grimasse, während sich Kaibas Miene erneut verfinsterte.

"Aua!" Der Mann wusste nicht, wie ihm geschah. Er hielt sich die Wange, während die Frau fluchend davonstolzierte, völlig perplex und verwirrt. Kurz darauf wurde der Mann dann auf die Tasse aufmerksam, die noch auf dem Boden lag. Das geschah aber erst, nachdem er auf sie getreten, und in hohem Bogen ausgerutscht war. Hilflos rollte er sich auf dem Boden und entschuldigte sich bei der Luft für dieses Dilemma.

Als würden ihn Schmerzen quälen, schloss Kaiba die Augen und unter einem leisen Stöhnen sank er vorn über und lag auf dem Schreibtisch. Joey runzelte die Stirn.

"Was´n das für´n Vogel?"

"Nein...", ächzend schüttelte Kaiba den Kopf, "... das kann nicht wahr sein."

"Doch, ist wahr. Der liegt immernoch auf dem Boden."

"Hör auf", stöhnte Kaiba gequält und rappelte sich etwas auf. "Achte einfach nicht auf ihn, ja? Einfach übersehen. Ich versuche es auch."

"Ja, aber was ist das für einer?", stocherte Joey in der offenen Wunde.

Kaiba stöhnte und nahm einen schnellen Zug.

"Ein Idiot, den Pikotto eingestellt hat. Ist zu nichts nutze und klebt mir am Fuß wie ein Kaugummi."

"Wow." Joey hob die Augenbrauen. "Du hast dir einen Arschkriecher geangelt."

"Jo-seph!"

"Sorry." Joey zuckte mit den Schultern und in diesen Sekunden kam der Mann wieder auf die Beine. Mit der Kaffeetasse schlenkernd, sah er sich um und wurde dann auf jene Tür aufmerksam.

"Verdammt." Als er auf die Glastür zukam, sah sich Kaiba nach etwas Rettendem um, doch bevor er etwas fand, wurde die Tür bereits aufgerissen.

"Herr Kaiba!" Mit der Kaffeetasse betrat der Mann das Büro und auch wenn sein Chef aussah wie ein tollwütiger Kampfhund, er eilte bis zu dem Schreibtisch. "Haben sie irgendwelche..."

"Nein!"

"Oh." Der Mann rückte nervös an der Brille und fuchtelte erneut mit der leeren Tasse. Nun, ganz so leer war sie scheinbar doch nicht, denn ein paar Kaffeespritzer landeten prompt auf irgendwelchen Unterlagen, die sich auf dem Schreibtisch häuften. Düster starrte Kaiba auf das Dilemma.

"Oh mein Gott!" Der Mann erschrak, seine Augen wurden größer und größer und dann begann er hektisch die Unterlagen zu betatschen. "Was habe ich getan?! Es tut mir Leid!"

Spätestens jetzt schienen Kaiba die letzten Kräfte zu verlassen. Er wurde kleiner und kleiner, sein Kopf sank tiefer und tiefer und das einzige, womit er darauf antworten konnte, war ein leiser, äußerst bestialischer Fluch.

"I-ich bringe das in Ordnung!!"

"Nein!" Plötzlich fuhr Kaiba in die Höhe und der Mann ließ die Tasse fallen. Keuchend stand Kaiba dort, während Joey nur zu einer verdatterten Miene imstande war.

"Nein", säuselte Kaiba etwas sanfter und brachte ein nettes Lächeln zustande. "Ich will nur, dass Sie dieses Büro verlassen. Das wäre wirklich...", er verengte flehend die Augen, "... wirklich sehr sehr nett."

"Ja, aber..." Wieder rückte der Mann an seiner Brille.

Kaiba lehnte sich nach vorn, wirkte nun richtig gefährlich.

"Bitte, Sie sehen doch, dass ich gerade massiert werde." Somit blähte er die Wangen auf und warf sich in den Sessel zurück. Gleichzeitig fuchtelte er den Mann nach draußen. Der Mann jedoch regte sich nicht und auch Joey nahm die Arbeit nicht wieder auf. Stattdessen starrten sich die Beiden an. Nach wenigen Sekunden des Schweigens hob Joey die Augenbrauen. Dieser Typ...

Irgendwie gefiel es ihm nicht, wie er ihn ansah. Langsam zog er die Hände von der Lehne des Stuhles und stemmte sie in die Hüften.

"Was ist?", fragte er und pustete sich eine Strähne aus dem Gesicht.

Und endlich erwachte der Mann zum Leben. Er wandte den Blick von Joey ab und starrte seinen Chef irgendwie richtig zertreten und leidvoll an.

"Aber...", er schüttelte den Kopf, "... Sie hätten mich nur fragen müssen. Ich hätte es doch auch getan."

>Hoi hoi hoi.< Joey kratzte sich an der Nase und Kaibas Augen weiteten sich entrüstet. >Das hättest du aber nicht überlebt, mein Lieber!<

Bevor sich die beiden versahen, hatte Kaiba eine Taste auf dem Telefon betätigt.

"Pikotto, in meinem Büro befindet sich ein nicht erwünschtes Objekt!"

"Was...?", kam die verwirrte Antwort.

"Oh." Der Mann erschrak. "Sie wollen, dass ich gehe? Warum sagen Sie das nicht einfach?"

Joey verschluckte sich beinahe.

"Ja, ich will, dass Sie gehen!", antwortete Kaiba besonders langsam, so als würde er mit einem Geistesgestörten reden. "Um 180° wenden und dann immer geradeaus. So klappt es vermutlich am Besten!"

"O-okay." Ein nervöses Grinsen zerrte an den Lippen des Mannes, als er zögerlich die deutlichen Anweisungen befolgte. Zuvor jedoch traf sein Blick noch einmal auf Joey. Und der gefiel diesem noch weniger. Vergrämt runzelte er die Stirn und wies mit einem knappen Nicken nach unten.

"Die Tasse."

"Oh!" Hektisch bückte sich der Mann nach ihr und machte, dass er hinauskam. Zertreten sahen Beide ihm nach und es war eine Wohltat, als sich die Tür endlich wieder schloss. Langsam rieb sich Kaiba die Stirn.

>So ein Kindertheater!<

Plötzlich schlangen sich zwei Arme von oben um seinen Hals und erwürgten ihn beinahe.

"Meine, meine, meine, meine!"

Kaiba verdrehte die Augen.

>Was rede ich eigentlich?<
 

Da Kaiba den Blonden an diesem Tag nicht wirklich brauchte, griff Joey Pikotto etwas unter die Arme. Der Mann hatte genauso viel zu tun wie der Boss und so langweilte er sich nicht.

Er schleppte Unterlagen von einem Stock zum anderen, rannte für jeden Wunsch und versorgte einige der Mitarbeiter sogar mit Kaffee. Trotz des bestialischen Praktikums, welches er hier absolviert hatte, war er gern gesehen in der Firma, in der niemand schlief. Hinzukommend baute er an diesem Tag keine einzige Dummheit, verfolgte und erledigte seine Aufgaben gewissenhaft und ausdauernd. Die Hälfte der Zeit stand er vor irgendwelchen Kopierern, unterstützte einen der Angestellten sogar mit einem Design. Er beratschlagte ihn gut und half somit bei einem wichtigen Job.

Dann, nach knapp drei Stunden, stand er vor dem Kaffeeautomaten. Die Hände in die Hüften gestemmt, die Unterlippe mit den Zähnen bearbeitend, starrte er auf den Kaffee, der sich plötzlich ziemlich viel Zeit nahm. Er gluckerte nur langsam in die Tasse. Nach kurzer Zeit blähte Joey die Wangen auf und kratzte sich am Kopf. Eine sanfte Brise bekannten Duftes erfasste ihn und plötzlich spürte er, wie ihm jemand einen kleinen Klapps auf den Hintern gab. Er zuckte zusammen, ließ die Hand sinken und drehte sich etwas perplex zur Seite. In zügigen Schritten sah er Kaiba in dem großen Arbeitsraum verschwinden, ein knappes Grinsen zeichnete sich auf seinen Lippen ab.

>Na warte!< So griff er dann endlich nach der Tasse, drehte sich zur Seite... und starrte in zwei riesige Augen!

Erschrocken rang er nach Atem, stolperte zurück und konnte die Tasse gerade noch so ausbalancieren, bevor er den Boden besudelte. Vor ihm stand der Mann mit der Hornbrille, ja, er hatte sich regelrecht angepirscht, vermutlich mit düstren Hintergedanken. Nun stand er immer noch dort und gaffte.

"Mann!" Joey fuchtelte mit der Hand, fuhr sich flink durch den Schopf. "Müssen Sie mich so erschrecken? Boah..."

Der Mann raffte nur ein paar Unterlagen höher und wackelte sehr merkwürdig mit dem Kopf. Doch antworten tat er nicht, also musste Joey nachhaken. Kopfschüttelnd trat dieser näher und nippte an der Tasse.

"Okay, was ist los?"

"Bist du ein Freund?"

"Freund? Von wem."

"Vom Chef."

"Ähm...", Joeys Augen kreisten nachdenklich, "... ja."

Der Mann nickte und fragte einfach weiter. Dreist und etwas zu neugierig, wie Joey fand.

"Wie lange arbeitest du denn schon hier?"

"Warum?" Joey begann etwas auf den Fußballen zu wippen, schob die rechte Hand in die Hosentasche. "Warum interessiert Sie das?"

"Nur so."

"Ach? Na, dann antworte ich Ihnen einfach mal nicht." Joey grinste charmant. "Nur so."

Daraufhin zuckte er mit den Schultern und wollte wieder seiner Wege gehen.

>Oje... da hat aber jemand was gegen mich.. <

"Ähm... warte mal." Der Mann ließ ihn nicht gehen und so hielt Joey wieder inne.

"Was denn?" Er hatte keine Lust, sich auf diesen Typen einzulassen. Auf den Typen, der ihn vermutlich für einen weiteren Schleimbolzen, also für eine ernstzunehmende Konkurrenz hielt. Und zwei Schleimbolzen vertrugen sich in der Regel herzlich wenig.

"Na ja, könntest du mir kurz helfen?"

"Wobei denn?"

"Ich muss kurz hoch auf´s Dach und etwas überprüfen. Da sind Container, dessen Inhalt ich überprüfen soll", erklärte der Mann und rückte an seiner Brille. "Und... ich habe ein bisschen Höhenangst."

"Ach?" Joey hob die Augenbrauen und kurz darauf kehrte das Grinsen zurück. "Da bin ich Ihnen sicher keine Hilfe. Ich habe nicht nur ein bisschen, sondern schreckliche Höhenangst."

"Ja?"

Joey nickte.

"Aber wenn Sie ohne mich gar nicht klarkommen, dann komme ich eben mit."

"Und deine schreckliche Höhenangst?" Der Mann rückte wieder an der Brille.

>Ach, was soll´s. Ich geb dir einfach ne Chance. Vielleicht wirst du ja keine Mordanschläge auf mich verüben.<

"Ich packe das schon."

Somit schlenderten sie gemeinsam zu einem der Fahrstühle. Und als sie kurz darauf in der Kabine standen und nach oben fuhren, begann der Typ wieder Fragen zu stellen!

"Wie langen kennst du den Boss denn schon?" Der Mann zückte einen Kuli und machte eine komische Bewegung. Joey lugte zu ihm, musterte ihn kurz und hob die Tasse erneut zum Mund.

"Lange."

Der Mann nickte und kurz darauf hielt die Kabine.

Er hatte ein mulmiges Gefühl, als sie die wenigen Stufen hinaufstiegen. Etwas nervös, sah er sich um, blieb vor der Tür stehen und trat etwas zur Seite, als der Mann sie öffnete.

>Zeig mal dein gutes Herz, Joey. Kann ja nicht schaden.<

Sobald die Tür offen stand, trat er etwas zögerlich hinaus auf den sauberen Boden. Säuerlich betrachtete er sich den Himmel und wollte sich gerade umdrehen... da wurde die Tür hinter ihm geschlossen.

Mit der Tasse in der Hand blieb er stehen, starrte auf die Klinke und hörte kurz darauf das Rascheln eines Schlüsselbundes von innen. Schweigend blieb er stehen, lauschte den hastigen Schritten auf der Treppe und blähte bald die Wangen auf.

Okay...

Er räusperte sich leise, schürzte die Lippen und zog die Nase hoch.

>Toll, Joey... super<, lobte er sich selbst. >Du solltest dir besser überlegen, wem du dein gutes Herz zeigst.<

Er atmete tief ein, hob die Augenbrauen und nickte langsam. Seine Finger klammerten sich fester um die Tasse und nach einem langen Zögern lugte er vorsichtig zur Seite.

Dieses Geländer...

Er wusste genau, was dahinter lag.

Nämlich die Tiefe!

Schnell schloss er die Augen und verzog leidvoll das Gesicht.

>Scheiße!<

Erneut blickte er sich nervös um, schüttelte langsam den Kopf und drehte sich, bis er mit dem Rücken zu der Tür stand. Etwas unsicher trat er zurück, lehnte sich gegen das massive Blech und ließ sich stockend auf den Boden sinken.

>Diese... Ratte! Diese miese, kleine...< Er ließ den Kopf sinken, schnappte nach Luft und hielt den Atem an. >Das gibt Krieg!<

Vorsichtig stellte er die Tasse neben sich ab, ließ sich noch tiefer sinken und tastete etwas zittrig seine Hosentaschen ab.

"Komm schon!" Er tastete weiter. "Bitte, bitte, bitte!"

Nach weiterer Suche ließen die Bewegungen seiner Hände nach und unter einem erschöpften Jammern ließ er sich völlig hinabrutschen und lag ausgestreckt dort. Sicher gefiel es seinem Handy in Kaibas Büro...

"Scheiße..." Verzweifelt starrte er auf den Himmel und hielt die Hand an die Schläfe, um ja nicht dazu verleitet zu werden, zur Seite zu linsen.

Das alles erinnerte ihn an etwas...

Ja, natürlich. Wie lange war das her? Drei Jahre?

Nur mit dem Unterschied, dass die Tür da nicht abgeschlossen gewesen war.

Eine schlimmere Tatsache jedoch...

Er hatte direkt vor der Abgrenzung gehockt und nun lag er direkt vor der Tür. Und das tat er auch die nächste halbe Stunde. Er regte sich kaum, hielt die Hände nahe bei den Augen und kämpfte damit, nicht in Panik auszubrechen. Er kontrollierte den Atem, konzentrierte sich auf den Himmel und stellte sich vor, auf einer Wiese zu liegen, was schwer war, denn der harte Boden fühlte sich nicht danach an. Die Zeit kroch an ihm vorbei, als hätte sie ein Problem mit den Beinen und niemand schien einen kleinen Abstecher zum Dach für nötig zu halten.

>Wenigstens hab ich Kaffee dabei.< Vor Verzweiflung griff er nach dem schwarzen Humor und grinste kurz. >Was für ein schöner Himmel... mm... schönes weiches Gras. Was könnte es Besseres geben?<

Er leckte sich über die Lippen, schloss die Augen und rollte sich ächzend zur Seite.

>Okay, das ist zwar alles richtig schön und toll, aber langsam reicht´s!< Er kroch etwas in sich zusammen. >Da wären mir sogar Pistolen und Prügel lieber!<

Seine Hände zitterten, als er mit ihnen die Ohren verdeckte und sich auf die Unterlippe biss. >Das kann doch nicht normal sein! Ich sehe nicht mal in die Tiefe, liege nur auf dem Dach... und schon raste ich aus! Dach...? Nein, halt! Wiese! Das ist eine Wiese... mit ganz vielen Blumen... Hilfe!<

Er brummte etwas Undefinierbares, rollte sich wieder auf den Rücken und legte den Arm über das Gesicht. Wenigstens hatte er den Pullover dabei, allmählich wurde es recht kühl, der Sommer war längst vorbei und so war es unklug, nur in Shirt auf einem Dach zu liegen, das so hoch war, dass man dem Wind und der Kälte noch stärker ausgesetzt war.

Stockend tastete er nach unten. Er hatte ihn sich um die Taille gebunden, konnte ihn nicht anziehen, ohne sich zu bewegen. Und zu Bewegungen war er nicht imstande. Sein Körper fühlte sich an, als sei er gelähmt, ebenso fand er nicht den Mut, den Arm vom Gesicht zu nehmen. Er wusste nicht, wie lange er dort lag, jedenfalls begannen seine Zähne bald zu klappern und eine eisige Gänsehaut zog sich über die freiliegenden Arme. Es war bereits in den späten Abendstunden, vielleicht zwanzig Uhr, vielleicht auch schon um neun? Er hatte jegliches Zeitgefühl verloren, verharrte reglos und belegte die kleine Ratte mit sämtlichen Flüchen, die ihm einfielen.

>Verdammt, bemerkt Pikotto nicht langsam, dass ich nicht mehr durch sein Büro renne?!< Er wartete weitere Minuten, biss dann die Zähne zusammen und löste den Arm vorsichtig vom Gesicht. Die Augen hielt er verkrampft geschlossen, während seine Hände etwas zittrig nach dem Pullover tasteten. >Wenn ich etwas nicht ausstehen kann, dann sind das Höhen und Kälte!<

Hektisch fitzte er den Knoten auf, hob die Hüfte etwas an und zerrte den Pullover zu sich. Fröstelnd krallte er ihn an sich und blinzelte vorsichtig, um einen Blick auf die Armbanduhr zu werfen.

>Toll, es ist halb zehn! Das ist der wunderbare Beginn eines Jobs!<

"Scheiße, scheiße, scheiße..." Er stöhnte, atmete tief durch und räkelte sich kurz auf dem kalten Boden. "Hoffentlich hole ich mir keine Grippe! Warum bin ich aber auch..."

Er verstummte, als er Geräusche wahrnahm.

In jeglichen Bewegungen inne haltend, lauschte er.

Schritte...?

Ja, es waren Schritte! Schritte auf der Treppe, die zum Dach führte!!

Er verdrehte erleichtert die Augen, schob das Gesicht höher und starrte auf die Tür.

>Ich bin gerettet!<

Bald darauf verstummten die Schritte und Joey sah, wie die Klinke hinabgedrückt wurde. Die Tür regte sich nicht und eine kurze Stille trat ein.

>Komm schon!< Joey biss sich auf die Unterlippe. >Nicht weggehen! Schließ sie auf! Das ist ja wohl kein Hindernis!<

Und wirklich!

Wieder hörte er einen Schlüsselbund rascheln und endlich öffnete sich die Tür. Joey lag direkt vor ihr, jedoch in einem Abstand, der groß genug war, dass er die Tür nicht gegen den Kopf bekam. Flink hob er die Hände wieder neben die Augen und blickte zu dem jungen Mann auf, der nun im Türrahmen erschien. Eine kalte Böe zog Kaiba entgehen, als er stehen blieb und auf den Blonden aufmerksam wurde, den man kaum übersehen konnte.

"Seto...", Joey zog die Nase hoch, "... Hilfe."

Kaiba hob die Augenbrauen, starrte ihn mit großen Augen an und hatte ihn mit einem Schritt erreicht. Annähernd verwirrt sah er auf ihn herab.

"Was zur Hölle machst du hier?" Er stemmte die Hände in die Hüften und runzelte die Stirn. "Warum war abgeschloss...?"

"Könnten wir diesen netten Plausch an einem anderen Ort fortführen?", unterbrach Joey ihn wehleidig. "Komm schon, hol mich hier runter. Ich kann mich nicht bewegen."

"Mm." Kaiba verzog ganz merkwürdig die Miene und Joey glaubte, ein amüsiertes Grinsen auf den hellen Lippen zu erkennen. "Hey, die Situation kenne ich irgendwoher."

"Ja, ich auch!" Joey löste eine Hand von den Schläfen und zerrte hastig an Kaibas Hose. "Jetzt sei kein Sadist und rette mich! Mir ist furchtbar kalt!"

Kaiba lachte leise, schüttelte den Kopf und ging neben ihm in die Knie. Hastig griff Joey nach seiner Hand, zog sich an ihr hinauf und spürte sogleich einen starken Arm, der sich stützend um seinen Rücken legte. Mit geschlossenen Augen krallte sich Joey an ihn, presste das Gesicht gegen seinen Hals und ächzte erschöpft.

"Lass mich nicht los, ja?", flehte er panisch, als Kaiba ihn sicherer umfasste und an sich drückte. "Lass mich bloß nicht los!"

"Ist ja gut." Kaiba versuchte ihn zu beruhigen und verzog kurz das Gesicht, als Joey ihm nahezu den Rücken zerkratzte. Langsam half er dem Blonden, das Dach zu verlassen, schleppte ihn in das Treppenhaus und neigte sich zur Klinke, Joey nebenbei weiterhin auf den Beinen haltend. Zögerlich linste dieser über seine Schulter, als sich die Tür endlich schloss.

"Du bist ja völlig durchfroren." Besorgt betastete Kaiba seinen Rücken. "Setz dich erst einmal."

Vorsichtig brachte er Joey zu der Treppe, stieg zwei Stufen mit ihm hinab und half ihm, sich hinzusetzen. Erschöpft ließ Joey sich sinken, schlang fröstelnd die Arme um den Leib und ließ den Kopf hängen. Daraufhin stöhnte er leise.

Kaiba durchstreifte seinen Schopf mit der Hand, stieg auf die Stufe über ihm und ließ sich auf ihr nieder. Seufzend rutschte er von hinten an Joey heran, schlüpfte aus der Schuljacke und schwang sie über den Blonden. Sofort griff dieser nach ihr, mummelte sich ein und wurde kurz darauf in eine feste Umarmung geschlossen. Mit dem Bauch wärmte Kaiba Joeys Rücken, mit den Armen umschlang er die des Blonden, worauf dieser tief durchatmete und sich gegen ihn lehnte.

"Hey." Mit der Nase schob sich Kaiba durch den blonden Schopf und erreichte das Ohr. "Geht´s wieder halbwegs?"

Joey brummte etwas Verworrenes und schloss die Augen.

"Hattest du hier oben etwas zu erledigen?", fragte er dann und räkelte sich kurz in der wunderbaren Umarmung. Ein Schmunzeln umspielte Kaibas Lippen, als er leicht den Kopf schüttelte.

"Ich hab dich eine ganze Zeit nicht gesehen. Pikotto wusste auch nicht, wo du bist. Also..."

"Also war dir klar, dass ich wieder mal hilflos auf dem Dach liege und Todesängste durchstehe", brummte Joey verdrießlich und Kaiba bestätigte mit einem leisen Lachen. "Hey, das wäre vielleicht witzig gewesen, hätten wir Sommer. Aber wir haben Herbst und ich wäre fast erfroren, also lach nicht."

Kaiba lehnte die Wange gegen den blonden Schopf, schien die Situtaion zu genießen. "Erzählst du mir jetzt, wie das passieren konnte?"

"Na ja." Joey zuckte mit den Schultern. "Ich dachte, ich mache nen kleinen gemütlichen Spaziergang."

"Auf dem Dach."

"Wieso denn nicht? Und als ich gerade so herumtrödle und das herrliche Wetter genieße..."

"Im Herbst."

"Ja doch." Joey verdrehte die Augen. "Na ja, da hat jedenfalls jemand die Tür abgeschlossen."

"Und als abgeschlossen wurde, hast du das herrliche Wetter vergessen, bist ausgerastet und hast dich hingeschmissen", murmelte Kaiba irgendwie skeptisch.

"Hast´s erfasst."

>Wer´s glaubt wird selig!<

>Ha! Das hast du jetzt davon, dämliche Hornbrille! Dachtest, du würdest mir eine reindrehen! Und dafür schmuse ich jetzt mit ihm! Ich wünschte, du könntest das sehen!<

>Ich habe schon einen leisen Verdacht.<

>Ich hätte dich ja gern verpetzt aber ich will ja nicht so tun, als würde ich nicht alleine mit dir fertig werden! Wart´s nur ab! Meine Rache wird dich treffen und sie wird furchtbar sein!<

>Ist dieser Idiot etwa eifersüchtig auf ihn?<

>Ich lasse Seto einfach im Unwissen und regle das selbst!<
 

~*to be continued*~



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von: abgemeldet
2011-01-02T12:44:15+00:00 02.01.2011 13:44
na aber holla. joey hats ja echt drauf, der alte streber! Ich hab grad gemerkt das ich noch gar nich kommentiert hab also hol ich das heut mal nach weil gelesen hatte ich schon alles. ö_ö/)

Von: abgemeldet
2010-04-21T17:56:22+00:00 21.04.2010 19:56
Ach die Szene auf dem firmendach kam mir ja soooooooooooooooo bekannt vor! xDDD Und Kaiba hat ihn wieder einmal gerettet, so wie es eben mal gehört. Der arme Joey. *beruhigend pattZZZZ*
Von:  Yukarri
2005-11-02T10:07:31+00:00 02.11.2005 11:07
Joey ist ja richtig fleißig.
Oh ich hab immer gedacht Joeys Vater heißt Charlie und nicht Charles. Ok ich wurde wieder eines besseren belehrt.

Ich hab immer noch Lachtränen in den Augen, das Kapitel war so amüsant.
Grrr jetzt gibts Krieg zwischen den Beiden. Da freue ich mich schon drauf. Joeys Rache wird furchtbar sein *muhaha*.
Mein Lieblingssatz von Joey aus dem Kapitel lautet: "Ha! Das hast du jetzt davon, dämliche Hornbrille! Dachtest, du würdest mir eine reindrehen! Und dafür schmuse ich jetzt mit ihm! Ich wünschte, du könntest das sehen!".
Einfach herrlich.

Kaiba der Retter in der Not *schwärm*. Rettet den armen Joey von seinem Firmendach.
Aber die Hornbrille kann ganz schön hinterlistig sein. Hehe, der muss ja mächtig eifersüchtig auf Joey sein, aber Kaiba kriegt er nicht, gehört alles Joey *sadistisches Grinsen aufgesetzt*

PS: Danke für deine nette Aufklärung aber ich wusste nicht einmal das die überhaupt zur Schule gehen, gehschweigeden in die gleiche Klasse *hehe grins, schäm*
Von: abgemeldet
2005-10-30T16:46:20+00:00 30.10.2005 17:46
*trommelwirbel* hier bin ich wieder!

u___u ich will nicht das die FF nach diesem teil endet! T___T
Aber naja ich versteh auch wenns zu viel wird! Kannst ja immer noch ne neue anfangen... >.<

Das mit Joey Band geht ja langsam voran... bin mal gespannt wie sich das entwickelt!
Aber was mich viel mehr interresiert ist wie es mit der Hornbrille weiter geht! ^^
und natürlich mit Duke!
*harhar* das macht mich so aufgeregt *___*
freu mich schon auf nächste kappi!

Ach ja verschickst du eigentlich ens benachrichtungen?
Wenn ja währe es lieb wenn du mir auch eine schicken könntest, weil sonst krieg ich das nie mit wenn neue Kapitel on sind...

byby Papier ^.^~♥
Von:  Jono
2005-10-28T21:47:44+00:00 28.10.2005 23:47
oh mann, ich glaubs einfach nicht *lach*
ich find das ja sowas von süß ^^
frag mich aber nicht wieso, ist einfach so *gg*
was mich etwas stutzig macht, ist die sache mit duke...was hatte das mit dem anruf auf sich? da bin ich aber mal gespannt ^^

baba vaia ^^
Von:  DragonSoul
2005-10-26T15:09:01+00:00 26.10.2005 17:09
Hey^^
uff @.@ jetzt habe ich gute 2 wochen gebraucht um mich durch die3 FF´s zu Arbeiten+ halt die ersten 4 ich koregiere mich 5 Kapis des neuen teils und nu bin ich mehr als sprachlos. Diese FF hat mich richtig mitgerissen und es war schwer mich vom PC zu loszubekommen ^^" ob ich nun zur arbeit musste, ins bett wollte oder sonst was ging net <.< deine Geschichte hat nen regelrechtes Suchtgefühl ausgelöst ^-^ Ich kann leider net sagen welcher der teile mein favou ist sie hatten alle ihr gewisses etwas XD...Du hat echt nen super schreibstil und mich hats umgehauen wie du es gepackt hast jeden teil länger werden zu lassen als den vorherigen o.O Respekt...Außerdem fand ichs toll was du Joey für eine "entwicklung" hast durchgehen lassen...gefällt mir wie er jetz im vierten ist ^^ ...dasselbe gilt natürlich auch für seto.. auserdem ist mir in deiner ff duke richtig sympatisch geworden XD
*seufz* ich könnte mich noch die ganze zeit weiter wiederholen und dir sagen wie GEIl ich diese ff finde bzw deinen schreibstil aber ich glaube das lass ich lieber ^^"
Sag nur noch bin jetzt schon tierisch gespannt auf nen neuen Teil ^-^...*gg* besonders was das jetzt mit duke war/ist und was der klein Krieg zwischen Joey und dem tollpatsch betrifft...^^
Also mach weiter so...

Byebye sui^^
Von: abgemeldet
2005-10-26T15:06:38+00:00 26.10.2005 17:06
Boah!!!
DAs war ja mal wieder so ein geiles Kapi!!!
Ich hab mich echt Tod gelacht!!!
DEr arme Joey auf dem Dach, aber ich kann mir vorstellen, dass seine RAche fürchterlich wird!!
Wir kennen doch unseren Joey*fiesgrins*

Und das in der Schule hat mich aba auch total überrascht!
Und um ehrlich zu sien, hab ich kein Wort verstanden*erröt*

Aba das mit Duke is auch schon krass.
Bin total gespannt, was das für ein Anruf war...

Aufjeden Fall war das mal wieder ein supa Kapi(kann es sein, dass ich imma dasselbe sag?°o°") und will schnell weiterlesen^^
Wie du imma auf solche Ideen kommst^^supa^^
*daumenzeig*
Weiter so
baba motoko


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