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Lights of Eden

The Envoy
von

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Der Observer

Am Morgen des großen Tages sprach Jonathan Stalker nur sehr wenig und auch nur dann wenn sich Émalia besorgt erkundigte, ob er sich auch wirklich bereit füllte. Dies war für ihn schon längst keine Frage mehr, denn in den letzten Tagen hatte er bemerkt, dass das Mädchen, so komisch es auch klang, keine Gegnerin mehr für ihn war. Zwar war er ihr in Geschicklichkeit und Schnelligkeit immer noch unterlegen, aber wenn er einmal traf, hatte die junge Asiatin keine große Chance mehr zu gewinnen.

Auch Émalia hatte bemerkt, dass in dem schüchtern wirkendem Jonathan viel mehr steckte, als man auf den ersten Blick zu sehen vermochte. So entschloss sie sich, nicht wie geplant, zurück zu halten, sondern in die Offensive zu gehen.

Abends war es dann endlich soweit. Émalia Xi-Lin suchte Jonathan in seinem Zimmer auf. Als sie eintrat fand sie jedoch statt ihrem Kampfpartner nur Thomas vor, der genüsslich schnurrend in seinem gefüllten Fressnapf herumwühlte.

Verträumt betrachtete sie ihn eine Weile und freute sich still über die positiven Veränderungen, die mit dem Fremden einhergekommen waren - - dem Jungen, der aus der Wüste gekommen war ... ein Gesandter Gottes, der das Böse überlebt hatte ... gerettet von Engeln ... Sie lachte. Das kam davon, wenn man religiös erzogen wurde und dann noch in einer Stadt lebte, die unter dem Einfluss einer christlichen Gruppe stand.

Sie schreckte hoch. Jemand legte ihr plötzlich eine Hand auf die Schulter und eine vertraute Stimme flüsterte: "Und? Was meinst du: Können wir gehen?"

Sie drehte sich um und errötete schlagartig. Vor ihr stand Jonathan nur mit einer langen grauen Stoffhose bekleidet, sowie mit Bandagen an Händen und Füssen.

Xi-Lins Augen funkelten. Sie hatte noch nicht bemerkt, dass Jonathan solch ein Six-Pack besaß. Er bemerkte die erstaunten Blicke des Mädchens und versuchte sich schnell aus der Sache heraus zureden. "Was denn? Ich dachte es wäre angemessen. Ich meine, wir gehen zu einem Streetfight und da sollte man doch möglichst etwas auf sich hermachen, oder?"

In Wahrheit hatte er sich nur so angezogen um Émalia zu beeindrucken, was ihm schließlich auch gelungen war.

"Ich glaube ..." Sie schluckte und kicherte still in sich hinein. "Ich glaube wir müssen jetzt gehen."

Jonathan folgte ihr auf dem Fuß und während Émalias Gedanken sich mit ganz anderen Dingen beschäftigten, konzentrierte er sich auf den bevorstehenden Kampf, denn dieser würde entscheiden wie sein neues Leben verlaufen würde.
 

Die Menge tobte und geriet regelrecht in Ekstase, als Émalia als erste den Ring betrat und begann sich zu lockern. Im Hintergrund hatte gerade noch Technomusik gespielt, die jetzt aber von einer lauten Stimme unterbrochen wurde. Oben auf einer Erhöhung hoch über den Leuten und dem rechteckigen Kampfplatz stand ein schnittiger Kommentator die Arme Erfurcht gebietend in die Seiten gestemmt und starrte grinsend in die bunte Menge unter ihm.

"Leute, Leute! Was ist das heute wieder für ein Tag. Da steht mal wieder die

Streetfighter - Gottheit im Ring und hat schon wieder einen Idioten gefunden, der gegen sie antreten will."

Ein Gelächter fuhr durch die Menge, das den Kommentator innerlich nur noch bestärkte.

"Ja, so ist das mit der Jugend heute! Aber dazu sind wir ja schließlich hier, oder? Jetzt da die letzten Wetten abgeschlossen sind, möchte ich den Helden des heutigen Abends vorstellen.."

Das Publikum lachte erneut auf.

"Er hatte einen weiten Weg bis hierher. Er hat dem Tod ins Auge geblickt und er ist heute hier! Begrüßen Sie mit einem kräftigen Applaus: Jonaaaaaaathan!!!"

Der Mann tratt zur Seite und die großen Fluter an der Decke wurden angeschaltet.

Unten auf dem Rechteck stand nun auch Jonathan Stalker. Er fühlte sich zunehmend unwohl und bemerkte mit Sorge, dass das Quadrat, das ihn umgab durch die Zuschauermenge noch enger wirkte. Er war innerlich sehr froh, nur gegen Émalia kämpfen zu müssen. Dennoch nahm ihm die Schwüle und das laute Rufen der Menge den Atem. Es war verdammt warm dort drin und es roch stark nach Alkohol. Jonathan warf einen Blick in die Runde. Dabei entdeckte er den seltsamen Mann wieder. Er winkte ihm mit einer handvoll Wettzettel entgegen.

"Viel Glück!"

Stalker nickte. Wahrscheinlich hatte keiner auf ihn gewettet, denn er sah nicht gerade aus, als würde er die mehrfache Siegerin im Streetfight besiegen können. Trotzdem war er selbst ziemlich zuversichtlich. Zumindest hatte er nicht viel zu befürchten. Dachte er.

"So Leute! Haltet eure Drinks fest, wir starten jetzt in die erste Runde und denkt dran: Alles ist erlaubt, außer das Aufstellen eigener Regeln! Wie wird immer so schön gesagt? LASST DIE SPIELE BEGINNEN!!!"

Noch bevor sich der Dunstnebel von seinen Augen gehoben hatte, wurde Jonathan schon von Émalias Ellenbogen getroffen. Zwar nicht hart, aber es reichte um ihn ins Taumeln zu bringen.

"AUTSCH! Xi-Lin geht ja ziemlich ran!", dröhnte es aus den Lautsprechern.

Jonathan kniff die Augen zusammen und verdaute den vermeidlichen Schlag in die Magengrube. Unmittelbar vor ihm holte die kleine Asiatin erneut aus. Er duckte sich weg und rollte sich über die Schulter nach vorne hin ab. Ruckartig richtete er sich auf und tratt in Émalias Richtung. Sie tauchte weg und schlug in der Luft ein Rad, so dass sie nur knapp sein Kinn verfehlte. Er ergriff die Chance und schnappte nach ihrem Fuß. Er bekam ihn zu fassen und Émalia schlug hart mit dem Rücken auf dem Boden auf. Jonathan hielt sie weiter fest und gerade das war sein Fehler. Sie hob ihr anderes Bein. Erst dachte er sie wolle ihm ins Gesicht treten, wie sie es bei Mephisto getan hatte, aber diesmal war es eine Täuschung. Sie deutete einen Tritt an, machte aber kurz vor Stalkers Gesicht halt, um ihr Bein dann um seinen Oberarm zu schlingen. Sie drückte zu. Jonathan kippte nach vorne über und dachte im ersten Moment sein Arm sei gebrochen.

"Schade! Aber nicht schlecht!", der Kommentator neigte seinen Kopf interessiert über seine Tribüne, "Ich denke, das könnte noch interessant werden!"

Jonathan lag am Boden und hielt sich seinen vor Schmerz pochenden Arm und dachte, das er vor Schmerz ohnmächtig werden würde. Und als ob das noch nicht genug wäre tratt ihm Xi-Lin auch noch zwischen die Schultern. Sie kämpfte nicht mit halber Kraft, wie er vermutet hatte. Sie wollte, dass er zeigte, was er wirklich konnte.

"KOMM STEH AUF, JUNGE! Das kann doch nicht alles gewesen sein."

Jonathan stemmte sich auf alle Viere und bekam sofort einen weiteren Schlag in die Magengrube. Er hatte das Gefühl er müsse sich übergeben, außerdem spürte er seine Schultern nicht mehr. Dennoch richtete sich vollends auf. Vor ihm am anderen Ende der Arena stand Émalia, das Gesicht ohne jede Spur von Gefühlen, starr und konzentriert.

"Gut.", flüsterte Jonathan, "Gut, wenn du meinst."

Er wusste nicht, warum er sich stärker fühlte, aber irgendetwas war da. Etwas, das ihn leitete, das ihm das Gefühl von reiner Energie gab.

Er nahm all seine Gedanken zusammen, fixierte sich auf seine Gegnerin und lief los. Zuerst war er sich sicher sie würde ausweichen. Sie tat es nicht. Auch nicht, als er kurz vor ihr absprang und sie im Sprung an ihren Schultern packte. Sie starrte immer noch geradeaus. Es war seltsam. Nun stand er hinter ihr und sie drehte sich um. In ihrem Gesicht spiegelte sich etwas wieder, was er von ihr nicht gewohnt war: So etwas wie Unsicherheit. Ungeachtet dieser Tatsache riss er sie überraschend von den Füßen. Sie blieb schweratmend liegen. Doch keiner applaudierte. Es herrschte geisterhafte Stille. Alle starrten ihn an, nur der Kommentator würgte einige zitternde Worte hervor: "Oh, mein Gott ... Was war das?"

Jonathan Stalker störte diese Stille nicht. Er hatte gezeigt, was er konnte. Sein Blick war immer noch ausdruckslos. Er hatte gewonnen. Was kümmerte es ihn, wie er das geschafft hatte? Auch die folgenden erhitzten, teilweise auch panischen Gespräche interessierten ihn kein Bisschen. Er war immer noch wie in einer Art Trance, erst als seine Schmerzen langsam wieder zurückkehrten, kehrte auch sein Verstand zurück. Er brach zusammen und blieb genau neben seiner Kampfpartnerin liegen, die sich noch kein Stück bewegt hatte.
 

Stunden später wachte er in einem strahlend hellen Zimmer auf. Neben ihm stand Émalia Xi-Lin und schaute ihn lächelnd an.

"Träume ich?", fragte er mit brechender Stimme.

"Nein, aber wir leben beide noch. Bis auf einen gestauchten Knöchel und zahlreiche Brellungen. Und ich habe gedacht du willst noch Feuer speien. Fliegen kannst du ja schon."

"Hä? Was?" Jonathan drehte sich leicht zur Seite und bereute es sofort. Seine Schulter tat immer noch verdammt weh, "Ahhh ... Ich versteh nicht ganz."

"Du hast es nicht bemerkt?", fragte Émalia ungläubig.

"Was soll ich be ... Ach das!"

"Wie ist das passiert? Wie hast du das gemacht?" Das Mädchen zog sich einen Stuhl heran und setzte sich.

"Ich hab keine Ahnung. Ich weiß nur noch das mir in diesem Moment so ziemlich alles egal war und das ich mich plötzlich stärker gefühlt hab. Mir ist noch nie aufgefallen, dass ich so was kann."

"Also es ist ja nichts, was ein gut trainierter Kampfsportler nicht hinkriegen würde, aber hab ich das damals richtig verstanden: Du treibst doch gar keinen Kampfsport, oder?"

"Genau. Deswegen ist das ja auch so seltsam. Ich versteh trotzdem nicht, warum die Leute so überrascht reagiert haben. Ich meine, die kennen doch meinen Lebenslauf nicht. Für die bin ich ein Niemand." Mühsam richtete sich Jonathan im Krankenbett auf.

"Das kann ich dir sagen!", schnaubte Émalia auf einmal verächtlich, "Ich glaube du hast mich angelogen, oder?"

"W-Was?"

"Dann erklär mir doch mal die Sache mit deiner Kampftechnik!"

"Was soll damit sein? Ich habe doch eigentlich gar keine, ich versteh nicht ..."

"Das was du gestern Abend im Club veranstaltet hast, war eine spezielle Technik. Sie nennt sich die "Technik der Unsterblichen". Manche sagen man kann sie nicht erlernen und dennoch gibt es Leute die sie beherrschen."

"Und was ist daran denn so seltsam, bis auf die Tatsache, dass ich noch nie mit dieser Kampftechnik in Berührung gekommen bin?"

"Sie ist die Art Kampfsporttechnik, die die "Engel" einsetzen. Nur sie wissen, wie man sie lehrt oder wie man sie erlernen kann."

Jonathan klappte die Kinnlade herunter. Er konnte nichts mehr sagen.

"Ist das nicht seltsam? Wenn du noch nie hier gewesen bist, wie kannst du dann auch nur die kleinste Ahnung davon haben, wie man diese Technik ausführt? Ich meine, dass ist doch völlig irre."

Stalker schwieg weiter. Was wollte sie ihm damit unterstellen?

"Ich weiß nicht wie ich mir helfen soll! Warum hast du mir nicht gesagt, dass du einer von ihnen bist? Oder bist du hier um uns auszuspionieren? Wir tun hier nichts illegales, dass kannst du denen sagen. Sie sollen sich lieber um die Außermenschlichen kümmern."

Jonathan erwachte wie aus einer Narkose. Er ein "Engel"? Das war mehr als bescheuert, das war unmöglich!

"Das ist ein Witz, oder?", fragte Jonathan lächelnd und strich dabei nervös über das schneeweiße Bettlacken.

"Ich weiß nicht. Sag du´s mir doch!"

"Ich bin ein ganz normaler Mensch und kein Mitglied in dieser religiösen Sekte von Spinnern. Außerdem habe ich schon mehrmals erwähnt, DAS ICH NOCH NIE HIERGEWESEN BIN!!!"

Émalia lies sich nicht beeindrucken und sprach unbeirrt weiter: "Spinner, also? Das behauptest du von den Leuten, denen du dein armseliges kleines Leben verdanktst? Außerdem sind sie nicht so religiös wie du glaubst. Den Namen haben sie bloß ihrem Gründer zu verdanken."

Jonathan starrte sie an. Seinetwegen konnte sie ihm ja das Blaue vom Himmel erzählen, aber das änderte doch nichts an der Tatsache, dass sie ihm anscheinend zutraute zu dieser Gruppe dazuzugehören. Und egal, was sie und die Anderen im Club gesehen hatten, es konnte einfach nicht mit den Fähigkeiten dieser "Engel" verglichen werden. Er hatte selbst gesehen wozu diese Leute fähig waren und würde er das Selbe können, hätte er garantiert keine Hilfe gebraucht.

"Du kannst sagen, was du willst, aber irgendetwas stimmt mit dir nicht." Émalia stand auf und trat zwei Schritte vom Bett weg. "Ich kann dir keine Antworten auf deine Fragen geben, aber vielleicht können das Andere ... Ach ja!" Sie kramte aus ihrer kleinen Gürteltasche, die sie an der Hüfte trug einen Papierumschlag heraus. "Deine Belohnung. Es ist viel mehr als jeder andere bekommt, zumal fast alle auf mich gewettet haben. Ich muss dir auch sagen, dass du nicht mehr in den Club kommen darfst. Hausverbot. Aber für das Geld kannst du dir locker eine andere Unterkunft leisten."

Mit diesen Worten verlies sie das Zimmer. Als sie die Tür öffnete bemerkte Jonathan, dass dahinter zwei Männer standen. Den einen kannte er noch vom Club. Es war der Türsteher, aber den anderen hatte er noch nie gesehen. Er hatte eine untersetzte Gestalt, einen dünnen Stoppelbart und eine Sonnenbrille auf der Nase. Es schien so, als hätten sie die ganze Zeit draußen gewartet. Aber warum?

Jonathan nahm den weißen Briefumschlag in die Hand und löste den Kleber am Verschluss. Im Inneren fühlte er die kleinen runden Chips und noch etwas anderes. Er zog daran und es kam ein kleiner gelber Zettel zum Vorschein. Jonathan runzelte die Stirn und drehte das Stück Papier herum. Dort stand in feiner weiblicher Handschrift:
 

Lieber Jonathan,
 

Entschuldige bitte meine forsche Art, aber ich musste dir was vorspielen. Claude und Arty achten darauf, dass ich dich loswerde. Arty ist der Besitzer des Moonside-Clubs und mag es überhaupt nicht, wenn seine Kundschaft durch irgendetwas beunruhigt wird. Er meint das ist nicht gut für´s Geschäft. Ich finde es sehr schade, dass du schon weg bist. Ich habe dir Thomas mitgebracht. Er ist in der kleinen Kiste unter deinem Bett. Ich glaube dir, aber dennoch solltest du versuchen herauszufinden, was mit dir ist. Ich bin mir sicher, dass wir uns noch mal wiedersehen. Viel Glück.
 

Émalia
 

Ps.: Du kannst mich unter dieser Nummer erreichen: D54-46471-023
 

Jonathan grinste. Das war genau ihre Art und egal was sie tat, sie war gut darin. Er war sich sicher, sie hätte mehr verdient, als diesen Club. Er legte den Umschlag beiseite und griff mit seiner rechten Hand unters Bett. Kurz darauf zog er einen quadratischen Pappkarton hervor. Und kaum hatte er den Deckel mit zwei Fingern zurückgeschlagen sprang Thomas wie von einer Tarantel gestochen heraus und blieb kurz darauf verwirrt stehen.

"Na du. Ich weiß ... ich glaube auch, dass wir langsam sesshaft werden sollten."

Jonathan streckte die Hand in Richtung des Katers aus und lies ihn daran schnuppern. Das Tier fasste schnell wieder Vertrauen und machte es sich einige Zeit später schon auf der Bettdecke gemütlich.

Schön, man hatte ihn also abserviert. Das war noch lange kein Grund sich Sorgen zu machen, immerhin hatte er jetzt für eine Weile ausgesorgt und so wie er jetzt aussah, konnte er sich darauf verlassen, dass ihn das örtliche Krankhaus noch eine Weile versorgen würde. Doch das sollte sich bereits am späten Nachmittag als fataler Irrtum herausstellen. Genau um viertel nach Vier kam der Chefarzt, umringt von dem zuständigen Stationsarzt, zwei Schwester und einem Auszubildenden, wie man unschwer an den Klemmbrett unter seinem Arm erkennen konnte. Als sich die Gruppe mit ernsten Mienen um Jonathans Bett postierte, fühlte sich dieser mit der Situation schlicht weg überfordert. So schwer hatte es ihn nun auch nicht erwischt, dass die hier so einen Aufstand machen mussten.

"Mr. Stalker.", fragte der streng aussehende Chefarzt, wobei seine hängende Wangenmuskulatur bedenklich mitschwenkte. "Versuchen Sie doch bitte einmal aufzustehen!"

Jonathan setzte einen Fuß über den Bettrand, lies das andere Bein jedoch auf der Kante ruhen. Was hatte das zu bedeuten? Er war gerade erst eingeliefert worden.

"Stehen Sie einfach auf.", drängte ihn der Arzt weiter und die zwei Krankenschwestern eilten ihm eifrig zur Hilfe.

"Nun? Wie fühlen Sie sich?"

"Na ja ...", Jonathan zögerte, "Ein bisschen wackelig vielleicht, aber ansonsten, O.K."

"Gut." Der Arzt machte eine der Schwestern auf sich aufmerksam und deutete dann hinüber zu dem Schrank, in dem die Sachen der Patienten lagen. Sofort machte sich das Mädchen daran, die Schubladen auszuräumen und den Inhalt in eine Tasche zu stopfen.

Jonathan sah gerade noch sein Paar gestreifter Socken verschwinden, als er hitzig fragte: "Was zum Teufel soll das werden?!"

"Es tut mir wirklich leid, aber wir müssen Sie aus dieser Anstalt vorläufig und gezwungen entlassen. Sie haben keine Erlaubnis--"

"Aber-"

"Sie haben keine Erlaubnis sich..."

"Hä? Ich versteh Sie nicht ganz ...", stotterte Jonathan, aber der Chefarzt ignorierte ihn.

"... hier länger aufzuhalten. Tut mir leid. Wenn Sie jetzt bitte Ihre Sachen nehmen würden und dieses Krankenhaus verlassen würden!"

Sofort brach eine lautstarke Diskussion aus. Jonathan, der unbedingt wissen wollte was hier zu Gange war, verstrickte sich immer mehr in die Argumente des ihm nun unsympathischen Chefarztes, der lautstark vom arschkriechenden Stationsarzt unterstützt wurde. Die beiden Mädchen stopften hinter ihren Rücken hastig die letzte Jeans in den dunkelblauen Sportbeutel. Kaum waren sie damit fertig griff sich der bereits vor Wut rot angelaufene Chefarzt die Tasche und schleuderte sie Jonathan in die Arme.

"MACHEN SIE DASS SIE HIER RAUSKOMMEN!!!" , schnauzte er den jungen Mann an.

Jonathan biss sich auf die Unterlippe, um sich ein weiteres bösartiges Kommentar zu verkneifen, und stürmte wutentbrannt aus dem Krankenzimmer, hinaus auf den Gang. Thomas sprintete ihm panisch hinterher.

Die Aktion des Chefarztes überraschte ihn nicht allzu sehr. Er konnte sich genau denken warum man ihn hier nicht haben wollte. Mit einem Schlag schien er nirgendwo mehr willkommen zu sein, und das wo er doch selbst nicht wusste, was mit ihm passiert war. Zudem reichte es ihm endgültig jeden Tag in anderen Betten aufzuwachen. Als er zum ersten Mal die Windfelder gesehen hatte, hatte er gehofft hier endlich ein wenig Ruhe zu finden. Doch Fehlanzeige. Sein Freund Thomas lag im Leichenschauhaus dieser religiösen Hinterwäldler, Émalia hatte sich gegen ihn entscheiden müssen und zu allem Übel wollte ihn jetzt nicht mal mehr das Krankenhaus aufnehmen. Er hatte noch nicht mal Zeit gehabt zu registrieren, was überhaupt geschehen war und was das alles für die Menschheit zu bedeuten hatte.

Dennoch machte sich Jonathan Stalker erst mal keine Gedanken darüber, wie man die Welt vor weiteren Übergriffen schützen konnte, als er die Rolltreppen hinunter humpelte. Selbst ein verstauchter Knöchel konnte ihn jetzt nicht mehr aufhalten dieses Gebäude zu verlassen. Diese Stadt war ätzend, die Leute waren ätzend, sein ganzes Leben war ätzend! Und als ob das noch nicht gereicht hätte, fing es auch noch schlagartig an zu regen. Mitten in dieser Einöde! Aber das wunderte hier kaum jemanden, denn nach den zahlreichen Wunden die man der Natur, besonders in den letzten 80 Jahren, zugefügt hatte, waren solche Abnormalitäten beinahe schon wieder normal.

In dem Viertel, in dem das Krankenhaus stand, herrschte reger Verkehr. Noch ein bisschen benebelt von dem Schmerzmittel, das man ihm verabreicht hatte, eilte Jonathan die Fußgängerzone entlang. Neben ihm rasten die hellbeleuchteten Autos vorbei. Es hatte bereits angefangen zu dämmern. Das hastig neben ihm herumwuselnde Fellknäuel war bereits bis auf die Haut durchnässt und starrte ihn mit großen gelben Augen an.

"Keine Sorge. Wir finden schon was.", sagte Stalker eher zu sich selbst.

Er bog in eine Seitenstraße ein, um endlich diese verflixten Autolichter loszuwerden, die ihn halb blind machten. Am Ende der schmalen Gasse entdeckte er letztendlich einen kleinen Unterstand. Weil er pitschnass und zudem auch noch verdammt müde war, nahm Jonathan auf seiner blauen Sporttasche Platz und schloss die Augen. Noch bezweifelte er, dass er einschlafen würde, doch bald döste er zur Seite hin weg...
 

Nach einiger Zeit schreckte er aus dem Schlaf empor. Ihm war so, als ob er ein leises Knirschen gehört hatte, irgendwo schräg über ihm. Aber dort war nichts. Trotzdem machte ihm die Vorstellung Angst, dass dort wirklich jemand gewesen war. Vielleicht lag es daran, dass er schlichtweg übermüdet war und vor seinen Augen seine Träume mit der Realität vermischten, denn er geriet in Panik. Während sein Herz vor Angst raste, konnte er keinen einzigen klaren Gedanken fassen. Erst jetzt fiel ihm auf, wie dunkel es hier war. Es hatte zwar aufgehört zu regnen, dennoch glänzte der nasse Asphalt widerlich feucht und von hoch oben tropfte, das von den Dächern abfließende Wasser auf den Bürgersteig. Überall wo Jonathan hinblickte war Stille, Dunkelheit und Wasser. Er drehte sich um. Er musste zur Straße und das möglichst schnell! Aber wo musste er lang? Er hatte keine Zeit, um seine verzweigten Gedanken zu entwirren, deshalb lief er blindlings los. Je mehr Wege er nahm, umso mehr verirrte er sich im Großstadtdschungel. Er fand die Straße nicht und er würde sie so auch nicht finden, das wurde ihm schnell bewusst. Die ganze Zeit fühlte er sich verfolgt und nach einer Weile wurde diese Empfindung so stark, dass er endgültig die Kontrolle verlor und die leeren Straßen entlang sprintete, als ginge es um sein Leben. Doch das Gefühl lies ihn nicht los und er glaubte sogar Schritte zu hören. Also warf er einen flüchtigen Blick über seine Schulter. Dort war tatsächlich jemand. Eine dunkle Gestalt hatte sich an Jonathans Fersen geheftet und drohte ihn bald einzuholen. Stalkers Instinkt sagte ihm, dass er die Person abhängen musste. So bog er in die nächstbeste Gasse ein, kletterte dort über eine kleine Mauer und bog die Nächste links ab. Als er sich ein weiteres Mal umsah, war die Gestalt verschwunden. Gerade als Jonathan Stalker begann sich innerlich zu ordnen, stürzte sich jemand aus einer anderen Einbiegung auf ihn und schleuderte ihn mit gewaltiger Wucht seitlich gegen die Hauswand. Jonathan, total überrascht von dem unerwarteten Angriff, verlor den Halt, rutschte entlang der Mauer zu Boden und landete mit dem Gesicht in einer braunen Wasserlache. Die Person hielt ihm seine Hände über dem Rücken zusammen und stemmte sein Knie in Jonathans Rippen. Stalker spürte wie man seine Handgelenke fest zusammenschnürte, um ihn dann mit einem Ruck auf den Rücken zu drehen. Zwischen seinen nassen Haarsträhnen hindurch, konnte er einen Kerl erkennen, der ihm trotz einiger ungewöhnlichen Dinge bekannt war. Auch wenn er jetzt absolut anders aussah, war er es dennoch: Der Wettentyp aus dem Club. Er trug jetzt komplett schwarz und hob sich kaum vom Nachthimmel ab, der zwischen den Dächern hindurch schimmerte, des Weiteren hatte er an beiden Handgelenken überdimensionale Aluminiumarmreife, die von Knöpfen und kleinen rot blinkenden Lämpchen übersäht waren, und so den Eindruck kleiner Armaturenbrette vermittelten.

Der Mann kniete sich hin und beugte sich über Jonathan, sodass Stalker sein Gesicht genauer erkennen konnte. Er war es, kein Zweifel! Eine rasche Bewegung lenkte Jonathans Blick über die Schulter seines Gegenübers. Drei kleine Schatten bewegten sich über seinem Kopf. Jeder etwa tellergroß. Es waren drei dunkelblaue Androiden. Seitlich sahen sie aus wie Schneckenhäuser, doch vorne am Kopf hatte man ihnen eine Kamera montiert, die vehement Daten aufzeichnete, wie man unschwer an dem kleinen roten Licht neben den Objektiv erkennen konnte.

Ein harter Schlag auf den Hinterkopf veranlasste, dass Jonathan sich wieder seinem Hauptproblem widmete: Nämlich dem Kerl, der ihm gerade die Kopfnuss verpasst hatte. Irritiert fixierte ihn Jonathan.

"Ich hasse es zu rennen! ICH HASSE ES!" Der Schwarzgekleidete war offensichtlich stinksauer. "Bist du den nicht mehr normal im Hirn, du Idiot?! Ich hab mindestens fünfmal gesagt du sollst anhalten. Aber was macht der Herr?"

Er machte eine Pause, um Jonathan hochzuziehen.

"Also, Kumpel! Ich sag das nur einmal: Du wirst mir jetzt widerstandslos folgen."

Jonathan, dessen Kräfte wieder zurückkehrten, zischte bösartig durch seine Zähne hindurch: "Vergiss es!"

Der Mann seufzte: "Das dachte ich mir schon."

Er trat hart zu und während Jonathan Stalker versuchte den Schmerz seinen sowieso schon verstauchten Knöchels zu überwinden, spürte er einen leichten Druck im Nackenhalsbereich und sank in einen leichten Halbschlaf über. Aus dem Blickwinkel heraus, blickte er hinauf zu der bereits verschwimmenden Person.

"Ich hoffe du bist glücklich ... Jonathan Stalker..."
 

Die Betäubung ließ nach. Als Erstes stellte sich Stalkers Gehörsinn wieder her. Von seiner Rechten konnte er ein leises Wispern vernehmen, das sich nach und nach verstärkte, bis man es eindeutig als Dialog zwischen zwei Personen; eine weiblich, die andere männlich; identifizieren konnte.

"Was wollt Ihr eigentlich von mir? Er lebt doch noch.", sagte der Mann und in seiner Stimme befand sich dabei wohl mehr Anschuldigung, als Verwirrung, "Der Chef wollte mich schon zum Lenker machen, bloß weil ich dem Kleinen etwas auf die Sprünge geholfen hab."

"Aha. Auf die Sprünge helfen nennst du das? Konntest du ihm nicht woanders hintreten?" Die weibliche Stimme bewegte sich unruhig im Raum umher. Jonathan konnte das Klackern von Absätzen hören.

"Nein, leider nicht. Falls der Kongress mit seinen Vermutungen richtig liegt, wäre das zu riskant gewesen. Stell dir doch mal vor, er hätte sich gewehrt. Im Gegensatz zu einigen anderen Leuten genieße ich nur die Grundausbildung."

"O.k., aber warum auch noch der Jet?"

"Nun hör mal! Ich würde dich gerne mal sehen, während du versuchst in aus der Lingasterstreet bis hier her zu schleppen."

Die Frau seufzte. Ihr war klar geworden, dass sie in dieser Diskussion unterlegen war. "Gib mir mal das Plazin, falls er beim Aufwachen Schmerzen haben sollte. Du stehst genau davor."

Jonathan öffnete die Augen.

"He, er wacht auf! Licht dimmen! Jens bring das Wasser!"

Was nun folgte, war für jeden der drei Teilnehmer eine eher unangenehme Überraschung. Jonathan, der nun begonnen hatte seine Umgebung immer klarer wahrzunehmen, musste mit reichlichem Unbehagen feststellen, dass es sich bei den zwei anwesenden Personen zum einen um den Mann, der ihn bis ans andere Ende der Stadt verfolgt hatte, handelte und zum anderen um eine schnittige Blondine, die ihm wiederum verdammt bekannt vorkam. Ohne darüber nachzudenken, was für einen Schock er ihnen bereitete, sprang Stalker auf und versuchte prompt die Flucht zu ergreifen. Zu seinem Missfallen hinderte ihn sein verstauchter Knöchel daran.

"Um Himmelswillen!", kreischte die Blondine erschrocken und ihr Partner griff Jonathan fest unter die Arme um ihn wieder auf die Liege zu heben.

"Junge, Junge!", sagte er, "Reg dich ab! Ich weiß, ich bin nicht sehr nett zu dir gewesen, aber das ist kein Grund auszuflippen."

Jonathan glotzte die Beiden an, als würden sie sich in Monster verwandeln. Zumindest taten sie das vor seinem inneren Auge, das schon immer einen ungesunden Hang zur Ironie gehabt hatte.

"Sagt mir bitte, dass ich nicht auf dem Gemeindegrundstück der Engel bin."

"Doch genau da bist du!", knurrte ihn der besagte Jens von der Seite her an, "Und du wirst erst mal hier bleiben, zumindest bis du dich integriert hast. Dein Gehirn tanzt ja Salsa!"

Jonathan schmiss sich resignierend in seinem Lager zurück: "Gut. Ihr habt gewonnen. Ich bleibe!"
 

Es war die erste ruhige Nacht, die er seit den zwei Wochen, die er schon von zu Hause weg gewesen war, verbrachte. Wie durch ein Wunder hatten die gespenstischen Alpträume von ihm gelassen und er erwachte am nächsten Morgen ausgeruht und putzmunter in einem sonnendurchleuchtetem Zimmer. Zu seiner Rechten auf einem kleinen Beistelltischchen stand ein Tablett gefüllt mit Obst, Brötchen, Marmelade und Orangensaft. Misstrauisch hob er die Backwaren an.

"Wehe du meckerst rum! Ich hab sie vor drei Wochen erst frisch gebacken." Jens stand grinsend im Türrahmen und fixierte Jonathan.

Er hatte allen Ernst in seiner Stimme verloren und schien äußerst gut gelaunt zu sein. Jonathan konnte trotz einer kleinen inneren Sperre nicht umher ihn sympathisch zu finden. Er lächelte sachte.

Jens zog sich einen Stuhl heran, setzte sich falsch herum und platzierte Arme und Kinn auf der Stuhllehne, sodass er Jonathan direkt ansehen konnte.

Während dieser aß, fing der Sitzende an zu plaudern: "Du hast heut einen schweren Tag vor dir. Zumindest wirst du dir viele Namen merken müssen. Hier sind alle ganz heiß auf dich ..."

Er machte eine kurze Pause.

"Ich soll dir eigentlich nur sagen, dass du 10 Uhr dem Kongress vorgestellt wirst. Da ist äußerste Pünktlichkeit geboten, mein Freund."

Jonathan hielt mitten im Kauen inne. Um 10 Uhr? Er konnte unmöglich so früh aufgestanden sein! Er schielte dennoch leicht nach rechts wo an der Wand ein Display die momentane Ohrzeit, Datum und Raumtemperatur anzeigte.

8:57 Uhr

Das war Weltrekord.

"Bist wohl nicht so ein Frühaufsteher?" Jens starrte ebenfalls auf die Uhr.

Stalker schüttelte den Kopf und widmete sich wieder schweigend seinem Marmeladenbrötchen.

"Gesprächig bist du anscheinend auch nicht."

Jonathan sah ihn über seinen Tellerrand hinweg an. "Ich könnte dir soviel erzählen, da wären wir um 18 Uhr noch nicht fertig und ich lasse euren Kongress nur ungern warten." Murmelnd fügte er noch hin zu: "Was auch immer das sein mag."

„Der Kongress ist so eine Art Rat.“, sagte Jens mit scharfer Stimme, „Er zählt zwölf Mitglieder. Die meisten davon waren vorher in der Politik zuständig und sind es größtenteils immer noch. Sie stellen unsere Verbindung zur Außenwelt dar, treffen Entscheidungen, organisieren alle Abläufe und sind sogar noch präsenter als die Stadtregierung, zumal einige Mitglieder dort tätig sind.“

„Das heißt ihr habt hier einen kleinen Staat, oder wie soll ich das jetzt verstehen?“

„So in der Art. Der Kongress ist das Herz New Atlantas. Kahn ist Vorsitzender und hat sogar mehr Einfluss als der amtierende Bürgermeister, der sich übrigens häufig mit ihm trifft, um sich beraten zu lassen. So können wir viele Vorteile für uns rausschlagen.“

Jonathan bekam eine schier unheimliche Lust seinem neuem Begleiter Löcher in den Bauch zu fragen und lies sich nur allzu gern von diesem tierischen Drang überwältigen.

„Stimmt es eigentlich, dass hier gar keiner so richtig religiös ist? Denn eigentlich deutet doch allein schon das Symbol am Eingang auf eine starke christliche Richtung hin.“

Jens sah ihn von der Seite her an: „Da bist du nicht der Einzige. Du hättest mal sehen müssen, auf welche Art und Weise ich das herausgefunden habe. Ich habe, als man mir gerade mitgeteilt hatte, dass ich nicht geeignet sei, um ein „Engel“ zu werden, doch tatsächlich gedacht, dass es daran lag, dass ich nicht gläubig bin. Also bin ich schnurstracks zu Kahn gelaufen und hab ihm erst einmal einen ellenlangen und lautstarken Vortrag darüber gehalten, wie bescheuert ich es finde, dass Heiden in der Prüfung allgemein vernachlässigt werden. Die ganze Zeit hat er mir nur ruhig in die Augen geschaut und erst als ich mich endlich beruhigt hatte, hat er angefangen mir zu erklären, dass ich mich am äußeren Erscheinungsbild der Gemeinde zu sehr orientiere und diese Einrichtung eher politischer und nicht christlicher Natur sei.“

Er hielt kurz inne und musterte Jonathan präzise, während seine Augenlieder nervös zuckten.

„Alter, du dachtest doch nicht etwa, dass wir hier alle Christen sind?“

„Falls es dich beruhigt: Bei dir hab ich´s nie gedacht.“

Jens lachte amüsiert. „Das war so klar … Aber na ja. Wir haben hier eigentlich überhaupt keine Regeln, die irgendwelche Einschränkungen hinsichtlich der Religion beinhalten. Natürlich gibt es hier auch einige Problemzonen, wie zum Beispiel die Kapelle im obersten Geschoss. Für die Christen unter uns ist das ja ziemlich cool, wenn wir mal die Kluft zwischen Protestantisch und Katholisch verdrängen, aber für die anderen Glaubensrichtungen -- Zum Glück gibt es in der City mehrere Synagogen und Moscheen, aber … Ich habe das Gefühl wir schweifen zu sehr ab!“

Stalker stopfte sich den letzten Bissen hinein und schon brannte ihm die nächste Frage auf dem Herzen: „Wenn du nicht als Engel hier arbeitest“ Er schluckte runter. „als was dann?“

„Observer.“

„Hm?“ Jonathan blickte auf.

„Ich bin ein Observer mit Grundausbildung!“

„Ach so. Ist das nicht jemand der in die Sterne schaut.“

„Nein. Das ist ein Observator!“, besserte Jens aus, „Ein Observer hat die Aufgabe bestimmte Zielpersonen zu beobachten oder zu verfolgen. Als Solcher genießt man höchstens eine Grundkampfausbildung und wird eher wenig gebraucht. Du bist seit drei Monaten mein erster Fall gewesen!“

„Und was waren das für komische Teile, die in der Luft rumgehangen haben?“

„Mein Equigment. Kleine Watcher-Roboter. Sie senden ununterbrochen Bilder an mich, damit ich die Zielperson besser im Auge behalten kann.“

„Wie soll das denn funktionieren?“, hackte Jonathan nach, während er vorsichtig an seinem Orangensaft nippte.

Jens deutete auf sein Auge. „Kompatible Kontaktlinsen. Sie projizieren die Bilder direkt auf deine Netzhaut und bilden sie automatisch scharf ab. “Normalerweise hab ich dann nichts weiter zu tun, als mich hinzusetzen und zu beobachten. Aber in deinem Falle hatte ich den kuriosen Auftrag dich einzufangen.“

Jonathan senkte den Kopf. Ihm war noch so einiges Unklar und er wusste, dass er allein mit Fragen nicht weiterkommen würde. Er musste Taten folgen lassen! Dieser Kongress musste einen bestimmten Grund für sein Handeln haben, aber welchen? Bis jetzt musste Jonathan davon auszugehen, dass man ihn wegen seines abnormen Auffallens hierher geholt hatte, aber er brauchte Gewissheit.

„Dieser Kongress.“, murmelte er, „Was wird er mir sagen wollen?“

„Keine Ahnung … Aber du brauchst dich nich verrückt machen. Ich schätze ma, dass sie dich erst einmal aufklären und ich dann einer ärztlichen Untersuchung unterziehen, damit sie wissen, ob du wirklich der bist, für den sie dich halten.“

„Wer soll ich denn sein?“

Jens hielt inne. Einen kurzen Augenblick wirkte er unruhig, bis er antwortete: „Na, ein Engel!“

Stalker warf sich im Bett zurück. Das hatte er die ganze Zeit über befürchtet!

„Was ist denn los mit dir? Also ich würde mich an deiner Stelle freuen. Wenn jemand es schafft als Engel anerkannt zu werden, bedeutet das, dass er ab sofort einen höheren Rang einnimmt. Man ist dann so was wie ein Nationalheld. Du lernst Dinge, die du dir jetzt noch gar nicht vorstellen kannst, Junge!“

„Aber du wirst auch nie wieder ein normales Leben führen können! Lieg ich da richtig?“ Jonathan sah ihn an.

Jens stand auf. „Was ist heut schon noch normal?“

Stalker blickte erneut hoch zur Uhr. Sie zeigte 23°C Raumtemperatur; 15.Oktober 2151;

9.23 Uhr.

Er drehte sich zu Jens um, der gerade an dem kleinen Sonnensystem auf dem Beistelltischen herumspielte und dabei die Erde in einer halsbrecherischen Geschwindigkeit um sich selbst rotieren lies.

„Wo sind meine Sachen?“

Jens richtete sich wieder auf und die Kreisbewegung des kleinen Planeten normalisierte sich allmählich wieder. „Dein Rucksack ist da drüben im Schrank; und deine Sachen -- zumindest das, was übrig war -- haben wir entsorgen lassen.

Jonathan schreckte auf. Panisch sprang er auf. „Entsorgen lassen?! Hab ihr vorher die Taschen gelehrt?“

„N-natürlich!“, stotterte Jens.

„War da so ein weißer Briefumschlag drin?“

„Meinst du den hier?“ Jens zog etwas aus seiner Hemdtasche und hielt es Jonathan hin.

Dieser schnappte danach. „Gott sei Dank!“ Er hielt plötzlich inne. „Du hast ihn doch nicht gelesen, oder?“

„Nein, Mann! Das interessiert mich kein bisschen!“ Jens drehte sich einmal auf seiner Ferse im Kreis und steckte seine Hände in die Hosentaschen. „Du solltest dich lieber beeilen.“

„Und was soll ich bitteschön anziehen?“

Jens grinste von einem Ohr zum anderen. „Darauf hab ich die ganze Zeit gewartet.“

Er ging zu dem Wandschrank und öffnete ihn per Knopfdruck. Die Türen glitten sanft zur Seite und Jens streckte seine Hand aus. „Ich hoffe du magst Weiß!“

Er holte einen Kleiderbügel heraus, auf dem sich eine weiße Hose und ein weißes Hemd befanden. „Deine Schuhe stehen draußen vor der Tür. Natürlich auch weiß!“ Er schnalzte keck und kniff die Augen für einen kurzen Moment zusammen.

Schon als Jonathan sich die Hose misstrauisch vorm Spiegel anhielt, wurde ihm klar, dass sie viel zu lang war. Auch das Hemd schlackerte an den Seiten und sah weder in der Hose, noch außen wirklich gut aus. Er seufzte.

„Heul nich! Komm endlich!“ Jens hatte bereits die milchige Glastür geöffnet und stand draußen.

Jonathan schüttelte den Kopf. Wo war er da nur reingeraten? Er konnte sich nicht oft genug fragen …



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2006-07-30T13:11:58+00:00 30.07.2006 15:11
Hallo, ich hab mir heute noch mal deine Geschichte durchgelesen und musste feststellen das die bei mexxi schon weiter geschrieben ist als der teil den ich besitze! Frechheit!^^
Na ja ich habe sie von Anfang an bis zum Schluss gelesen der bis jetzt veröffentlich ist.
Ich bin immer noch begeistert und der Meinung das es die beste Geschichte von dir ist die du je geschrieben hast deswegen finde ich solltest du sie mal zu einen oder mehreren Wettbewerben schicken wenn sie fertig ist. Bis nachher und wehe du vergisst mir wieder bescheidet zu sagen das du weiter geschrieben hast!
*knuff*
*knuddel*
*schmatz*
Mach weiter so! ^^b
Von: abgemeldet
2006-07-14T14:03:38+00:00 14.07.2006 16:03
wow, ich bin die erste!!!
also ich finds cool...total lustig eigentlich, vor allem die kleinen zwischenkommentare
der kampf war voll cool^^


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