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See with your heart

von

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No time is left

So... ich bin jetzt böse und lade was Böses hoch... (Was lange wehrt wird endlich gut? Ist ja lange her, mit der FF...)

*drop* Depri-Leute lassen besser die Finger da weg, es ist... HART, so viel kann ich sagen.

Lasst euch bitte nicht von dem Zeug runterziehen, ja? ._.“

*verzieht sich dann*


 


 


 


 

Man konnte das Knallen der Autotür vernehmen, das auf sein Aussteigen folgte. Er verriegelte die Türen und klingelte. Anscheinend war niemand zu Hause, so wirkt es zumindest, doch als er zur Seite blickte, konnte er Licht brennen sehen, weswegen ihm das Ganze seltsam vorkam und er sich auf den Weg zum Hintereingang machte. Dort stand die Tür offen, deswegen ging der Detektiv hinein, wobei er vorsichtshalber eine Waffe zog und extra leise schlich. Beim Hausgang angekommen, öffnete er die Tür zur Küche. Der Mann erschrak für einen Moment, denn nichts war mehr so wie es mal gewesen war. Er kannte diese Wohnung sehr gut, doch auch wenn nicht, hätte er bemerkt, dass etwas fehlte. Kein Tisch, keine Stühle, nicht mal der Kühlschrank war noch hier, es war einfach nur ein leergeräumter Raum - vier Wände mit Fenster und Tür, sonst nichts.

Wie es schien, hatte jemand das Haus ausgeräumt, aber davon wollte er sich erst mal genaustens überzeugen, weswegen er jede Tür öffnete und ins Zimmer blickte, immer auf Vorsicht bedacht, falls der oder die Einbrecher noch hier waren, denn es sah mehr nach einer Gruppenaktivität aus.

In allen Zimmern des Erdgeschosses war es das Gleiche, außer Wände, Fenster und Türen war alles verschwunden. Nach diesen wollte er auch noch oben schauen, obwohl er davon überzeugt war, dass ihn dort das Gleiche erwartete, doch weit gefehlt, es würde noch viel schlimmer werden. Mit dem, was im Badezimmer war, würde er nicht rechnen.

Die Tür knarrte, als er diese langsam öffnete und ihm ein wohlbekannter Geruch in die Nase stieg, der von Blut, also riss er die Tür im nächsten Moment förmlich auf, bis der Blick auf die Badewanne frei wurde, die wohlbemerkt noch vorhanden war. Der Grund dafür war die Person, die über den Beckenrand gelehnt lag, das blutrote Wasser war übergeschwappt und auf den Boden gelaufen. Er konnte den Mann an seiner Frisur, die typisch für ihn war erkennen, da er nicht mit dem Kopf in die Wanne abgetaucht war. Für einen Moment des Schockes wegen wie angewurzelt stehen geblieben, ging er im nächsten ein paar schnelle Schritte nach vorne und zog ihn einfach raus, obwohl er das böse Gefühl hatte, dass das nichts mehr bringen würde. Er wollte es aber wenigstens versucht haben, selbst wenn dann Blut an ihm kleben würde.

Ryochi setzte sich auf seinen Schoß, fing an dem jungen Mann auf die Brust zu drücken, wobei er ihn zusätzlich noch beatmete, um ihm Luft zu spenden, da er nicht atmete. „Verdammt, Wataru, was machst du bloß?“ fragte er sich, während er noch immer lebensrettende Maßnahmen vollführte. „Tu das deiner Schwester nicht an!“ Er wirkte total verzweifelt und drückte immer fester auf den Brustkorb des 23-jährigen, doch nichts zeigte Wirkung. Er wollte einfach nicht mehr atmen, genauso wenig wie sein Herz zum schlagen zu bringen war. Allmählich bildeten sich Tränen in den Augen des Detektivs, der auf ein Wunder hoffte, er wollte nicht schon wieder einen Menschen aus seiner Umgebung verlieren, schon gar nicht, wenn er hier und es vielleicht noch gar nicht zu spät war. ‚Warum bin ich nicht 10 Minuten früher gekommen?’ Wie es oft vorkam, fing er nun wieder an, sich selbst schuldig zu fühlen. Er war schuld, dass Yuichi und Shina etwas zugestoßen war, er war schuld, dass Sêiichî von Chardonnay einmal fast getötet worden war, er war doch im Grunde an allem schuld, genauso wie jetzt, weil er sich verspätet hatte.

Ganze fünf Minuten versuchte er es, doch nichts änderte sich, Wataru wollte einfach nicht zurückkehren. Als dann der Notarzt auftauchte, wurde der Detektiv von dem Verletzten getrennt und der Mann Mitte fünfzig sah sich das Ganze einmal an. „Er ist tot, gestorben an seinem übermäßigen Blutverlust, tut mir Leid.“

Das konnte doch nicht sein, nicht er, doch die traurige Realität sagte ihm, genau das war geschehen, man belog ihn nicht. Jetzt hieß es nur, damit klarkommen und die Angehörigen benachrichtigen.

„Verstehe“, meinte der Detektiv und wartete darauf, dass die Polizei hier eintrudeln würde. Wie Miwako darauf wohl reagieren würde? Die Frau würde sicher der Schlag treffen, dabei hatte sie schon so viel durchgemacht. Leider war da noch jemand, den das Ganze treffen würde, aber er konnte es ihr unmöglich einfach verschweigen. Gut, dass er noch ihre Handynummer hatte, so dass er sie erreichen konnte. Er konnte sich wirklich Schöneres vorstellen, als einen solchen Grund für den Anruf. Es war zwar klar gewesen, dass sie sich treffen oder einfach reden würden, aber nicht unter solchen Umständen. Er wünschte sich, es wäre ein ganz normaler Anruf, doch das war es nicht. Ryochi wartete das Freizeichen ab und hörte schließlich seinen laut widerhallenden Herzschlag, als dieses einsetzte. Es würde entweder nicht mehr allzu lange dauern, bis jemand das Gespräch annahm, oder sie war nicht zu erreichen. Der junge Mann wusste nicht, was ihm lieber sein würde.
 

„Schau mal, Mami, Luftballons“, sagte eine Rotbraunhaarige im Alter von knapp 3 Jahren. Ihre Schwester schaltete sich schnell ein. „Ich möchte einen.“ Sie klang wesentlich schüchterner als die Kleine an ihrer Seite. Beide trugen fast dieselbe Kleidung, eigentlich konnte man sie nur unterscheiden, weil die eine aufgeweckter war und sie ihren Pferdeschwanz jeweils auf der anderen Seite trugen.

Die Schüchterne, Risa trug ihn rechts, die Aufgeweckte, Rika, links, außerdem trug Rika rosa farbene und Risa lila farbene Kleidung.

Ein Schweißtropfen lief dem Vater der beiden über die Wange und er lächelte nervös, wie jedes Mal, wenn seine Töchter Mami zu seiner Freundin sagten.

„Hm, gute Idee, Risa-chan, ich denke, damit ist Rika-chan dann auch einverstanden, oder Rika-chan?“ Ein heiteres Lächeln spiegelte sich auf den Lippen der Rothaarigen wider, die sich zu beiden hinabgekniet hatte.

„Verwöhn sie nicht so, sonst sind sie bald mal richtig verzogen“, sagte Kazuki zu seiner Freundin. Manchmal war sie zu liebenswert, das konnten besonders kleine Kinder sehr schnell merken, wie gut sie sich um den Finger wickeln ließ.

„Lass ihnen doch ihren Spaß, Kazu-chan“, schmollte sie und sah ihn erweichend an.

„Ach herrje, was soll ich dazu schon sagen... dann kauf ihnen eben Luftballons.“ Der 27-jährige griff sich an den Kopf und gab ein Seufzen von sich, während im Gesicht der Frau die Sonne aufging. Es war ein schöner Anblick, wenn das passierte.

‚Ich habe schon Angst davor, ihnen mal sagen zu müssen, dass sie gar nicht ihre Mami ist.’

Vor fast einem halben Jahr, kurz nach einer Trennung von ihrem Freund war sie dem 27-jährigen in der S-Bahn begegnet. Es war schon düster gewesen und ein paar Typen hatten sie belästigt, woraufhin er sich mit ihnen angelegt hatte. Leider war er nicht ganz unverletzt aus der Situation gekommen und sie hatte ihn mit nach Hause nehmen müssen, weil er ziemlich lädiert gewesen war, also hatte sie sich um Kazuki erst einmal gekümmert und etwas mit ihm geplaudert. Sie wusste schon gar nicht mehr, wie es zu diesen Gefühlen gekommen war.

Ja, zuerst waren die beiden 3-jährigen Mädchen ein Schock für sie gewesen. Ein Mann mit Kindern, sie hatte sich wirklich nicht die geringsten Chancen ausgemalt, bis zu dem Tag, an dem er ihr mit traurigen Augen offenbarte, dass ihre Mutter nicht mehr am Leben war. Er hatte so schrecklich niedergeschlagen und verletzt ausgesehen, da hatte sie ihn in ihre Arme schließen müssen.

Kazuki war überrascht von ihrer Reaktion gewesen. Noch nie hatte eine Frau damit klar kommen können, dass er bereits Kinder hatte, sie waren ihm alle davon gerannt. Und natürlicherweise war er deswegen etwas einsam gewesen, deswegen war er dankbar für jeden Tag, den die Rothaarige mit ihm und den Kindern zusammen verbrachte.

Er beobachtete sie dabei, wie sie vor Freunde strahlend die beiden Luftballons kaufte und jeder von ihnen einen in die Hand drückte. Risa hielt den Ballon nur ganz leicht in ihrer kleinen Hand, so dass sie einmal nicht aufpasste und er ihr davonflog. Risa verzog das Gesicht. „Jetzt ist er weg... wäh....“ Sie begann zu weinen und rieb sich die Augen, dann begann bereits das Geschrei.

Riina beugte sich erneut zu dem Mädchen hinab. „Das ist kein Grund zu weinen, Risa-chan, Mami kauft dir einen Neuen.“ Sie konnte die Kleine nicht weinen sehen, deshalb kam sie nicht drum herum, das zu sagen.

„Echt? Du bist nicht böse?“

‚Blöde Frage, Schatz...’ dachte sich Kazuki und musste beinahe bei dem Anblick lachen. Wie sein Engelchen die Rothaarige ansah, also wirklich, als wenn sie ihr je hätte böse sein können.

„Das nächste Mal musst du ihn etwas fester halten, dann fliegt er dir auch nicht weg.“

Der Verkäufer lächelte und hatte jetzt auch einen Schweißtropfen im Gesicht. „So einer hübschen Frau schenke ich auch einen... hier.“

Ihr Gesichtsausdruck war echt unbezahlbar. Sie war total schockiert von dem Mann, der 27-jährige wusste auch, was jetzt kommen würde.

„Ich will aber keinen geschenkt bekommen, ich werde ihn bezahlen!“

„Aber...“ Der Schweiß vermehrte sich, so dass der Verkäufer ein Taschentuch hervor holte und sich diesen aus dem Gesicht wischte. Er wusste gar nicht, was er dazu sagen sollte. Andere Frauen hätten gelächelt und sich bedankt, aber sie stänkerte herum, kaum zu glauben, dass sie gut mit Kindern umgehen konnte. Eigentlich müssten sie bei so einem Blick ja Angst bekommen, oder schaute sie etwa nur Männer so böse an?

„Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten.“

„Dann tun Sie es auch nicht...“

„Schon gut, schon gut... ich finde es ja sehr schön, dass sie zahlen wollen...“ Also, er würde sich sicher nicht bei ihr beschweren, weil sie darauf bestand.

‚Ist der blind, oder steht er auf Frauen, die schon jemanden haben?’ Irgendwie war sie allergisch gegen so etwas.

Nachdem der Luftballon bezahlt war, reichte sie ihn an die Kleine weiter. „Denk dran, gut festhalten.“ Sie zwinkerte der Rotbraunhaarigen zu.

„Mhm“, nickte das Mädchen und war anscheinend glücklich.

Der Verkäufer schaute der kleinen Familie deprimiert nach, er hatte ja nur nett sein wollen und wurde dafür auch noch so angepflaumt und angesehen, als hätte er ihr etwas geklaut. ‚Schlimme Person... ob sie bei ihm auch so ist?’ Das erschien ihm als berechtigte Frage.

„Was war das denn wieder, Riina? Er wollte doch bloß nett sein.“

„Ich stehe nicht darauf, wenn Fremde so nett zu mir sind... Die wollen dann meistens was...“

„Du bist echt paranoid...“

„Ich hab eben kein Interesse...“

„Da kann ich ja froh sein“, er legte seinen Arm um sie und drückte sie leicht an sich, als er ihr Handy klingeln hörte.

Sie holte dieses aus ihrer Handtasche und blicke auf das Display.

„Wichtig?“

„Ich weiß nicht, schon möglich, das kann man ja nur durch Rangehen herausfinden.“ Riina drückte den Gesprächsannahmeknopf. „Moshi Moshi, na, weshalb rufst du an, Ryo?“

„Du musst dringend nach Hause kommen, ganz schnell“, sagte der Detektiv einfach, was die Angesprochene etwas stutzig machte.

„Ist was passiert, oder wieso ganz schnell?“

„Ja, es ist was passiert, aber das kann man nicht am Telefon sagen...“

Was konnte das wohl sein? Diese Frage kam unwillkürlich in ihr auf. Wie schlimm konnte eine Sache sein, dass er sie nicht am Telefon besprechen konnte?

„Aha... muss ja echt schlimm sein, Ryo.“ Nicht eine Sekunde dachte sie daran, dass es so schlimm sein könnte, dass es ein Schock sein könnte. An ihren Bruder dachte sie im Moment überhaupt nicht. Der war um diese Uhrzeit meistens auf der Arbeit.

„Beeil dich, bitte.“

„Okay. Bis gleich.“ Sie legte auf. „Seltsam... er klang irgendwie... so komisch... leer irgendwie...“

„Wer war das?“ Ein spitzer Ton herrschte in Kazukis Stimme, als er das Wer aussprach, schließlich redete seine Freundin von einem Mann.

„Ach, schon wieder eifersüchtig?“ Es amüsierte sie, dass er es noch immer war. Kazuki musste wissen, dass sie kein Interesse an deren Männern hatte, was er sicher tat, trotzdem reagierte er immer patzig, wenn sie von jemand anderem sprach.

„Sag schon, wer das ist!“

„Ist ja gut, ein enger Freund!“ Irgendwie tat die junge Frau das absichtlich, um ihn zu sticheln, wenn er schon so eifersüchtig war. Aufgrund dessen wählte sie die Worte „enger Freund“.

„So eng also?“

„Ja, wir kennen uns schon ziemlich lange...“

„Lass das, ärger mich nicht!“seufzte Kazuki und steckte den Zorn weg, was ihm selten gelang. Er war, was so etwas anging, total besitzergreifend, doch eigentlich störte sie das bisher nicht. „Du weißt, dass ich den Gedanken daran, dass du einen anderen haben könntest, nicht ertragen kann! Ich habe Angst davor.“

„Du Baka...“ Sie umarmte ihn und drückte ihre Lippen auf seine. „Davor brauchst du keine Angst haben – ich bin noch nie fremdgegangen, das weißt du doch... und ich werde es auch nie tun, das kann ich dir hoch und heilig versprechen.“

„Das beruhigt mich echt.“ Der 27-jährige küsste seine um einiges jüngere Freundin stürmisch zurück und sie verblieben für einen Moment so.

„Ich muss dann auch, er wartet zu Hause auf mich... irgendwas ist passiert, ich denke, es wäre ungünstig, wenn du mitkommst.“ Wer wusste schließlich, was Ryochi von ihr wollte? Es könnte ja etwas sehr Privates sein, dann wollte sie nicht unbedingt jemand Fremdes mitbringen. Riina wusste ja nicht, dass die beiden sich sogar durch Sêiichî kannten, das hätte sie wahrscheinlich sowieso erschreckt.

„Kommst du dann später bei mir vorbei, oder muss ich dich wieder vermissen?“ fragte der Braunhaarige hoffend, so dass sie seine Wange streichelte.

„Ich tu, was ich kann.“ Er hasste es wohl sehr alleine zu sein, mehr noch als Sêiichî manchmal. Er brauchte ab und zu eine Frau, die ihm gut tat.
 

Riina war nicht die einzige Person, die Ryochi anrufen wollte. Es gab da noch jemanden, von dem er nicht wusste, wo er sich gerade aufhielt. Er ließ das Handy des Gleichaltrigen klingeln, auch wenn er ihn auf den Tod nicht ausstehen konnte – allerdings war er ein mehr als nur enger Freund des Opfers. Da hatten persönliche Probleme gar nichts verloren.
 

Schmollend stand Kôji an das Auto gelehnt da und zog an seiner Zigarette. „Ich kann nicht glauben, dass du deswegen anhältst...“ Es war ja fast ein „Raus, aber plötzlich“ gewesen, das man ihm entgegen geworfen hatte. Und das nur wegen einer Zigarette. Jetzt standen sie hier und machten eine kleine Fahrtpause, dabei hätten sie auch weiterfahren können. Tatsuji hatte der Gedanke an Qualm in seinem Auto, auch wenn Kôji ihm angeboten hatte, das Fenster aufzureißen, gar nicht gefallen.

„Ich kann das nicht ausstehen, wie wär’s mit Aufhören? Das wäre auch besser für deine Gesundheit...“ Das musste nun wirklich sein, er verstand nicht, wie man wissendlich seine Gesundheit so mit Füßen treten konnte.

„Ja, meine Gesundheit, die geht dich doch gar nichts an, ich werde schon nicht an diesem Konsum sterben, bevor das passiert, erschießt mich eher noch einer...“ Er sah das nicht so eng, schließlich rauchte er jetzt seit gut 8 Jahren, weil er ein ungezogener Bengel gewesen war.

„Wie du meinst, aber beschwer dich nicht, wenn du dann irgendwann Beschwerden hast.“

„Keine Sorge, so wehleidig bin ich dann doch nicht, Sushi.“

„Sei nicht so frech, oder ich lasse dich mitten in der Pampa stehen...“ Wenn er sich das schon ansah, wie der Kerl so genüsslich seine Zigarette rauchte, wurde ihm fast schon schlecht.

Kôji spürte die Vibration seines Handys und griff sich in seine Brusttasche, wo dieses steckte. Er schaute auf das Display und seufzte. „Was will der denn?“

„Wer?“

„Akaja“, kam von Kôji mit einem Seufzen, was darauf schließen ließ, dass es ihm gar nicht gefiel.

„Welcher Akaja? Da kennen wir schließlich schon mehrere...“

„Ryolein...“

„Sei froh, dass Yu-chan nicht bei uns ist, der würde dir was erzählen...“

„Der soll sich mal schön um seine Probleme kümmern, statt um die der anderen. Außerdem kann ich auch nichts dazu, dass Ryochi mich anscheinend hasst, weil er Schiss hat, da er dachte, ich würde ihm jemanden ausspannen. Sie hätte ihn nie betrogen oder so etwas, aber er war trotzdem eifersüchtig. Es ist also nicht meine Schuld, dass wir uns nicht verstehen.“

„Dazu gehören immer zwei. Einer der agiert und einer, der reagiert... oder etwa nicht?“

„Egal, ich geh mal ran. Mal sehen, was er so Dringendes will. Er ruft mich nicht ohne Grund an, das tut er sich doch gar nicht an...“

‚Man, das glaube ich dir aufs Wort...’ Der Ältere schüttelte den Kopf.

„Na, Akaja, gibt’s was Bestimmtes, wieso nervst du mich?“

„Halt den Ball flach, Kôji Miura! Das ist ein dienstlicher Anruf! Wenn dich das nervt, ist das nicht mein Problem!“ So ein streitsüchtiger Vollidiot. So war es jedes Mal. Wehe, er spach ihn an, dann ging Kôji gleich an die Decke oder beleidigte ihn.

„Oh, wusste ich nicht, Akaja, dann lass mal hören, was du zu sagen hast.“

„Folgendes: Du kommst auf dem schnellsten Weg zu Wataru nach Hause! Es ist was Schlimmes passiert, aber erwarte nicht, dass ich dich am Telefon aufkläre, das musst du einfach sehen...“

Außerdem war das am Telefon einfach nicht zu sagen, er wollte wenigstens in seine Augen sehen und ihn gegebenenfalls sogar trösten – da war ihm egal, ob sie sich nicht mochten, so schlimm wie bei einigen Leuten, die ihn richtig hassten, war es ja zum Glück nicht. Kôji wäre zum Beispiel niemals auf die Idee gekommen, Ryochi zu erschießen, nur weil er mit Shina zusammen war.

Ein verwirrter Blick war auf Kôjis Gesicht erschienen, er sah regelrecht schockiert aus, weshalb Tatsuji ihn beobachtete. Irgendetwas stimmte nicht.

„Geht es Wataru gut?“

„Kôji, komm einfach her“, seufzte Ryo, er wollte es nun einmal nicht am Telefon sagen, er wusste ja nicht einmal, ob Watarus bester Freund nicht alleine war, und einfach umkippen würde. Aber wie kam er überhaupt darauf, dass mit Wataru etwas nicht stimmen könnte?

Tatsuji zog jetzt die Augenbrauen zusammen, als er Kôji nach Wataru fragen hörte. Er kannte ihn auch schon etwas länger und wusste, dass er, wenn es um seine Freunde ging, manchmal so etwas wie einen sechsten Sinn besaß.

„Ryo! Sag es mir!“

~Klick~

Sein Gesprächspartner hatte aufgelegt, weshalb Kôji nur noch nervöser wurde.

„Es stimmt was nicht, Tatsuji! Wir müssen ganz schnell zu Wataru nach Hause! Ich glaube, ihm geht’s nicht gut!“ Wieso hatte er nicht eher so etwas geahnt? Was, wenn es schon zu spät war?
 

Während dessen parkte Riina etwas weiter weg, weil vor ihrem Zuhause mehrere Polizeiautos standen. Sie fragte sich natürlich auf der Stelle, was da los war und stieg aus. Sie verriegelte die Türen und riss die Tür auf, woraufhin sie von Polizisten angestarrt wurde. „Wer sind Sie?“ wurde sie von einem Mann gefragt, so dass sie einen Halbmondblick aufsetzte. „Derjenige, der hier wohnt, ist mein Bruder!“ Sie wurde leicht ruppig, wenn man sie kannte, hörte man, dass sie anwesend war, deswegen kam Ryochi gerade die Treppe hinab.

„Erschreck nicht, man hat die Wohnung leergeräumt...“

„Was?“ Sie seufzte und dachte wie so oft an ihren Vater, der solche Dinge gerne tat, um andere zu erschrecken.

Sie schaute sich um und bemerkte, dass es wirklich sehr leer wirkte. „Hast du Wataru nicht erreicht? Hast du mich deswegen angerufen?“

„Nein, das nicht.“ Kleine Schweißtropfen bildeten sich auf dem Gesicht des Detektivs. „Hier ist ein Mord passiert. Es tut mir so Leid, ich bin zu spät gekommen...“

„Seit wann willst du denn hellsehen können?“ Die Rothaarige gab ein Seufzen von sich, sie ahnte ja nicht, um wen es sich bei dem Toten handelte. „Aber was macht der Tote hier?“

Dass sie nicht von selbst dahinter kam?

„Nun ja... er...“ Ryo stockte und senkte den Blick, er konnte in dem Moment nicht weiterreden, war wie gelähmt.

„Er wohnt hier“, ergänzte Chiba, der selbst sehr mitgenommen aussah. Megure war noch oben bei der Leiche, Gott, der arme Mann. Er mochte zusammen mit ihm selbst und Miwako Satô Wataru am liebsten, Chiba konnte selbst nicht fassen, dass sein Freund Opfer eines Anschlages geworden war, und das auch noch in der eigenen Wohnung. Welchen Grund konnte es wohl für Derartiges geben? Ein Racheakt vielleicht?

„Er... tut... was?“ Riina traute ihren Ohren kaum. „Wo ist er?“ Das Er betonte die junge Frau jetzt total komisch, ihr war mulmig zumute. Wer wohnte, außer ihrem Bruder, denn sonst noch hier? Mit dem unguten Gefühl in der Magengegend rannte sie die Treppe hoch, nachdem sie Stimmen von dort oben gehört hatte. Megure unterhielt sich gerade mit der Spurensicherung.

„Messerstiche in die Leber, Brust und die Schulter. Er wurde wohl angegriffen und fiel dann erst in die Wanne...“

Die Rothaarige hörte noch, was der Mann von der Spurensicherung sagte, sie kannte ihn, Tome nannte er sich. Sie stieß mit einer Hand die Tür auf und stand wenig später in der Tür.

„Was..?“ Verwirrt besah Megure die 21-jährige, die ihn einfach beiseite schob, um den Blick auf die Badewanne frei zu haben.

„Weg da!“

Auf dem Boden lag ihr Bruder, inmitten von Wasser- und Blutspuren. Ihre Augen wurden augenblicklich klein, sie konnte den Mann nur anstarren, sich gar nicht vom Fleck rühren, auch wenn sie gewollt hätte.

Jetzt hatte er ihn erwischt... Jetzt hatte er ihren Bruder umgebracht...

Solche Gedanken gingen ihr durch den Kopf. Ihre Freundinnen hatten dem Mann nicht gereicht, nein, dieses Mal hatte er sich an ihrem Bruder vergriffen.

Ryochi kam gerade zur Tür herein und sah sie noch wie zur Salzsäule erstarrt dastehen. Leider konnte man ihr das nicht ersparen, immerhin musste sie es wissen. Aber etwas war nicht in Ordnung, sie sagte kein Wort. Es wäre normal gewsen, wenn sie einen Schrei von sich gegeben hätte, doch nichts Dergleichen war geschehen.
 

Draußen hatte sich ein weiteres Auto zu dem von Riina gesellt. „Ich habe es geahnt... Bei so viel Polizei... da... da sieht man doch gleich, dass etwas Schlimmes passiert sein muss...“ Kôji brachte es nur fertig, zu stottern.

Der Fahrer konnte ihm nur beipflichten, tat es aber nicht, er schwieg und stieg aus seinem Auto aus, was ihm Kôji gleich tat. „Schau mal... Riinas Auto... Sie hat er wohl auch angerufen... ich ahne etwas ganz Schlimmes...“

Auch Tatsuji hatte einen bösen Verdacht. Als er an Derartiges dachte, wurde ihm ganz schlecht. Was, wenn Kôji Recht hatte? Dann durfte seine beste Freundin jetzt auf keinen Fall alleine sein. Wieso waren sie nicht vor ihr angekommen?

Beide stürmten regelrecht hinein und gleich darauf die Treppe hoch. In der Tür blieben sie stehen, hinter Ryochi, nur Tatsuji schob ihn etwas zur Seite. „Lass sie doch nicht so alleine da stehen!“ Das fand er jetzt ja mal total unverantwortlich. Er ging an die Rothaarige heran, die immer noch starr war.

Dass jemand neben sie getreten war, nahm sie gar nicht mehr wahr. Für die Jurastudentin war die gesamte Welt zusammen gebrochen.

Der 27-jährige schaute die Frau genau an, keine Emotionen waren in ihrem Gesicht. Das gefiel ihm gar nicht, immerhin schaute sie sich gerade die Leiche ihres Bruders an. Da wäre es ihm lieber gewesen, sie hätte zu weinen begonnen, dann hätte er sie wenigstens trösten können, aber sie tat nichts, als wäre das Leben aus ihr gewichen. Das Einzige, was ihm auffiel, war, dass sie noch blasser war als sonst schon. Gerade deswegen konnte der junge Mann schnell genug schalten, um sie gerade so daran zu hindern, zu Boden zu gehen, als sie einfach in sich zusammenfiel. Seine Hände waren unter ihr, noch ehe ihr Körper den Boden berührt hatte. Shinas Cousin hatte das einfach voraussehen können, so blass wie sie auf einmal gewesen war.

Kôji war das Ganze natürlich auch nicht entgangen, weshalb er zu schwitzen begann. Obwohl er Wataru noch gar nicht gesehen hatte, wusste er sofort, was gespielt wurde, immerhin war Riina keine Frau, die einfach so umkippte. Er sah noch kurz Tatsuji nach, der seine beste Freundin nach draußen trug, um sie dort irgendwo hinzulegen.

Der Jurastudent selbst richtete den Blick auf seinen toten Freund, er zuckte leicht zusammen, als hätte sich die Leiche bewegt, doch dem war nicht so, er war einfach zu geschockt vom Anblick desjenigen. Wie Ryo vorhin auf Wataru zugestürmt war, wollte auch Kôji dies tun, woraufhin er von hinten gepackt und festgehalten wurde.

„Ich muss ihm helfen! Lassen Sie mich los!“ Er wusste nicht mal, dass es Ryo war, der ihn daran hinderte. „Loslassen! Sofort!“

„Kôji, er ist tot, daran können wir nichts mehr ändern!“

„Doch, und ob! Ich kann das! Lass mich los, oder es knallt!“ Kôji versuchte sich von Ryochi loszureißen, er wollte – verdammt noch mal – seinem Freund helfen!

„Beruhig dich, Kôji, bitte, das bringt nichts“, Ryo wurde jetzt bedeutend leiser, man musste ihn ja beruhigen und nicht noch mehr aufwühlen.

„Wataru stirbt nicht, wenn ich ihm helfe! Willst du etwa, dass er stirbt? Am Ende warst du das?!“ Kôji glaubte das doch selbst nicht, trotzdem ging er damit entschieden zu weit. Es konnte ja sein, dass der Jurastudent gerade nicht mehr zu klarem Denken fähig war, aber ihm zu unterstellen, er hätte es so gewollt, war zu viel des Guten. Um Kôji wieder zur Vernunft zu bringen, drehte er ihn herum und schlug ihm mit der flachen Hand ins Gesicht. In dem Moment war es auch vorbei, Kôji hielt sich die Wange und schaute Ryochi verwirrt an, bevor er den Kopf senkte. Er wusste selbst nicht, wie er so ausrasten konnte. Im nächsten Moment spürte er, wie seine Augen zu brennen begannen und kurz darauf Tränen zu Boden tropften.

Ryo stellte sich vor, er wäre der beste Freund, der zu heulen begann, weil man Sêiichî umgebracht hatte, er konnte ihm nicht einmal wirklich böse sein, fühlte eher mit ihm. Vielleicht ließ er sich deswegen im nächsten Moment von seinem Rivalen umarmen.

Kôji tat ihm einfach Leid, niemand konnte ihm schließlich den besten Freund zurückbringen. Die Ohrfeige nahm er ihm wohl auch nicht übel, anscheinend dachte Kôji, dass er sie verdient hatte. Ihm war ja selbst zum Heulen zumute, trotzdem tat er es nicht, es war schlimm genug, wie es war. Zwei Detektive, die schon jetzt um einen guten Freund trauerten. „Ich wollte ihn retten, glaub mir... Dafür hätte ich alles getan, Kôji“, kam leise von Ryo, der bedrückt selbst den Kopf hängen ließ. „Wäre ich nur eher hierher gekommen...“

„Und ich hätte auf mein mieses Gefühl am Morgen hören sollen, Ryo...“ Bevor er mit Tatsuji weggefahren war, hatte er das Gefühl gehabt, Wataru würde ohne ihn nicht klar kommen. Wieso war er trotzdem gefahren? Er war ja selbst schuld, wenn er jetzt niemanden mehr hatte, der ihn wahrhaft mochte. Keine Akemi, kein Wataru, keine Shina, mit Letzterer war er ja zerstritten, weil er auf ihrem Freund rumgehackt hatte. Er konnte nicht mehr... Deswegen hing er jetzt an jemandem, den er gar nicht hatte leiden können, der ihn aber zu trösten schien. Wie armselig von ihm, sich so gehen zu lassen, aber ihm fehlte die Kraft, um all das einfach wegzustecken. Er war am Ende seiner seelischen Kraft angelangt.
 

Megure war nach draußen gegangen, wo er Tatsuji vorfand, der auf der Couch saß, Riina mit dem Kopf auf seinem Schoß.

„Ich fürchte, Satô erleidet mir auch einen Nervenzusammenbruch.“ Er zog sich den Hut ab, was er nun wirklich so gut wie nie tat und setzte sich zu den beiden. „Wie soll ich ihr denn erklären, dass ihr schon wieder ein Kollege gestorben ist?“

„Gestorben? Sie meinen, ermordet worden ist. Machen wir uns nichts vor, das war Mord, das sieht sogar jemand, der keine Ahnung von so etwas hat.“

„Wenn ich nur wüsste, wo wir suchen sollen, aber wir haben so viele Verbrecher ihrer Strafe zugeführt, dass ich fürchte, das wird schwer werden.“

Tatsuji behielt es für sich, aber er hatte bereits einen Verdacht, jedoch konnte er dazu noch nichts sagen, immerhin hatte er sich die Beweislage bisher noch nicht angesehen, im Moment war es ihm sowieso wichtiger, erst mal bei ihr zu bleiben.

„Es muss nicht mal einer von denen sein, Inspektor Megure. Es kann auch irgendein Typ sein, der Polizisten einfach nur hasst...“

„Ja, das ist nicht auszuschließen, solche Leute gibt es nun einmal. Ich erinnere mich noch daran, dass Satô auch einmal fast von so einem getötet worden ist. Aber diese Verbrecher waren dreist. Sie haben alles leergeräumt und nur die Wanne dagelassen. Wir sollten ihn anscheinend finden und erkennen, wie grausam die waren. Als wenn sie uns abschrecken wollten. Jedenfalls ist der Mord nicht getarnt... Er bekam starkes Schlafmittel, er konnte sich also gar nicht wehren. Sie konnten in aller Seelenruhe ihre Tat begehen. Das müssen mehrere gewesen sein, das war unmöglich einer alleine, einer alleine könnte nie einfach so das Haus leerräumen. Es ist ja nicht einmal mehr ein Bett da. Wie haben sie das bloß geschafft? Wenn wir die Möbel finden, dann vielleicht auch den Täter. Ich kümmere mich dann darum, bleib du bei ihr...“

Auch wenn der Inspektor es ihm nicht gesagt hätte, wäre er nicht von ihrer Seite gewichen.

„Mach ich.“ Er seufzte und strich ihr über die Haare. In dem Moment schlug sie die Augen auf und konnte verschwommen das Gesicht eines Mannes wahrnehmen. „Wo... wo bin ich?“

„Bei mir, und da bleibst du auch erst mal.“ Riina war total schwindelig, trotzdem wusste sie jetzt gleich, um wen es sich handelte. Sie musste ihn nicht klar und deutlich sehen, damit sie seine Stimme erkannte.

„Mein Bruder...“ murmelte sie vor sich hin. „Hast du es mitbekommen?“

„Ja, habe ich. Das kann man ja auch gar nicht verpassen. So wie es hier aussieht.“

Die Rothaarige holte mehrmals schwerfällig Luft und machte den Anschein, als wäre hier drin nicht gerade die beste Luft, das war auch so.

„Es stinkt hier... Nach Blut... Nach Spurensicherung... Bist du mit dem Auto hier?“ Sie flüsterte immer noch, hatte gar nicht die Kraft für mehr, außerdem wollte die Frau nicht von anderen gehört werden. Die Leere, die sich vorhin in ihr ausgebreitet hatte, war noch immer vorhanden. Sie fühlte sich, als hätte man ihr einen Teil ihres Herzens brutal herausgerissen.

Es gefiel ihm noch immer nicht, wie gelassen sie war. „Wieso fragst du? Willst du raus hier?“

„Ja... hier sind so viele Leute... und mir ist schlecht.“

„Meinst du, dass du schon aufstehen kannst? Du bist vorhin immerhin umgekippt.“ Er war davon nicht überzeugt, sie war eben noch immer sehr blass.

„Das war nur der Schreck...“

Den sie jetzt überwunden hatte? Wollte sie das sagen? Auch wenn die Rothaarige es versuchte, glaubte er ihr nicht, dass sie es verdaut hatte.

„Ich will jetzt wirklich hier raus, sonst muss ich mich noch übergeben.“

Dabei war die junge Frau froh, dass diese Zeit endlich vorbei war.

„Na gut, es steht ja gleich da draußen.“ Er hob sie hoch, sie sollte sich besser nicht zu sehr anstrengen, ihre Nerven lagen blank. Da konnte es schnell passieren, dass sie erneut umkippte. Als Tatsuji sie hochhob, umklammerte sie mit den Händen seinen Hals und hielt sich an ihm fest.

Sie gingen nach draußen, niemand hielt sie davon ab. „Du hast Recht, die Luft hier draußen ist wesentlich besser.“

Der Mann stellte sie auf die Beine und öffnete die Türen seines Autos, bevor ihr beim Einsteigen half und sich dann auf die Fahrerseite begab, wo er ebenfalls einstieg und dann alle Türen verriegelte.

„Mal ganz ehrlich, wie fühlst du dich? Du kannst es mir ruhig sagen. Ich weiß auch so, dass es dir schlecht geht. Mach mir nichts vor. Ich kann dich auch gerne in den Arm nehmen, wenn du magst.“

„Das ist mir hier zu eng.“

Etwas Dümmeres war ihr nicht eingefallen, um auf Distanz zu bleiben, was auch immer sie damit jetzt bezweckt hatte.

Sie saß lieber mit ihrem traurigen Blick neben ihm, als dass sie ihm zu nahe kommen würde, wo sie sicher die Beherrschung verlieren und anfangen würde zu weinen.

„Das war er, er und sonst keiner“, kam leise von ihr, eingeschüchtert, wie von einem kleinen Mädchen. Riina hatte schon immer etwas Angst vor ihrem Vater gehabt, jetzt erstrecht. Wenn er einfach so ihren Bruder umbringen konnte, wen würde er sich dann wohl als nächstes vorknöpfen, um seine Tochter zu bestrafen? Ihr war so eiskalt, dass sie dachte, sie müsse gleich erfrieren, deswegen strich sie sich über die Arme.

„Davon bist nicht nur du überzeugt. Und er kriegt noch sein Fett weg, das kannst du mir glauben.“ Irgendeiner würde Keichiro schon eines Tages erwischen, dann würde er für all das büßen, was er Leuten angetan hatte, ganz besonders ihr.

„Ach?“ Nun schmiegte sie sich doch an ihn, indem sie an ihn heranrutschte. ‚Na dann gute Nacht... ich weiß genau, was du damit meinst.’ Wahrscheinlich endete es noch damit, dass Riina ihre Beretta brauchte, um ihm zu helfen. Sie würde bestimmt nicht noch einmal zusehen. Wenn es ihn erwischte, konnte sie sich genauso gut das Leben nehmen, mit dem Wissen, Schuld zu haben, würde sie nicht weiterleben können.

„Was denn?“ Ihr Wort hörte sich an, als sei es der Anfang eines Satzes, den sie nicht zuende aussprach.

Seine Frage blieb unbeantwortet, sie klammerte sich viel lieber an sein Hemd und drückte ihren Kopf gegen dieses. Jetzt überkam sie das längst Überfällige. Die Rothaarige schluchzte und fing wenig später richtig an zu weinen, während man draußen ein leichtes Pochen hören könnte, das vom plötzlich aufgetretenen Regenfall kam. Irgendjemand meinte wohl, dass das Wetter jetzt ganz gut zu ihrer Stimmung passte.

‚Das Beste wäre, wenn es jetzt auch noch Gewitter gäbe, weil mich das sowieso an den Mistkerl erinnert.’ Sie, die wie ein kleines Kind zu weinen schien, fühlte sich schon seit Jahren bei Gewitter an ihren Vater erinnert. Jetzt würde sie sowieso immer an ihn denken müssen, schließlich hatte er ihr nun den Bruder weggenommen, wie sollte sie da von diesen Gedanken loskommen?

Er dachte wahrscheinlich, dass sie um ihren Bruder weinte, nein, sie war verzweifelt und hatte Angst um das Leben ihres besten Freundes, das schon als Kind von Keichiro gefährdet worden war. Bestimmt dachte sich ihr Vater, dass er ihr alle wegnehmen musste. Vielleicht arbeitete er auch mit allen zusammen, die etwas gegen sie hatten. So etwas wie Teran, Pinot, eben alle, die die Takagis und deren Freunde hassten. Teran hatte ja von Natur aus etwas gegen ihren Bruder. Er würde es natürlich genießen, Wataru für ihren Vater umzubringen, und Messer mochte er ja. Trotzdem blieb bei all diesen Gedanken ihr Vater der Schuldige, so war es immer. Selbst, wenn er nicht anwesend war, beging er noch Verbrechen. Der Mann würde wohl erst Ruhe haben, wenn er alle in die Finger bekommen hatte, aber dann würde auch er sein Leben verlieren, das nahm sie sich vor. Noch bevor sie sich selbst umbrachte, würde sie ihn zur Hölle schicken, dann hatte sie ja sowieso nichts mehr zu verlieren.

Zum Glück würde Tatsuji das dann niemals erfahren. Ohne ihn ging eben nichts mehr. Wenn Wataru noch hier wäre, könnte wenigstens er sie davon abhalten, aber wenn beide mal sterben sollten, würde sie keiner abhalten können, ihren eigenen Vater umzubringen. Irgendwann reichte es eben, und auch sie war nur ein Mensch, der auch einmal Rachsucht verspüren konnte. Sie hatte ja schon so viel eingesteckt, irgendwann ging das auch bei ihr nicht mehr.

Ihre Gedanken gehörten auch Gott sei Dank nur ihr alleine, er brauchte nicht wissen, dass auch sie an so etwas denken konnte. Man könnte meinen, dass ihr Vater es so wollte. Er wollte ihr Herz immer mehr ins Dunkel zerren, sie dazu bringen, dass sie zu ihm passte. Früher hätte sie nie auch nur daran gedacht, jemanden zu ermorden, mittlerweile hatte es ihr Herr Vater geschafft, dass sie es tat.

„Manchmal tut es ganz gut zu weinen“, meinte Tatsuji, sie sollte lieber weinen, als alles in sich hinein zu fressen, das hatten andere schon zur Genüge getan. Deswegen war es ihm lieber, wenn sie sich an ihm ausheulte, als so wie vorhin zu sein – eiskalt, emotionslos.

‚Ja, vielleicht, aber ich wünschte, ich könnte lächeln, doch das würdest du mir sowieso nie abkaufen...’ Wie wirkte es auch, wenn sie lächelte, wo ihr Bruder ermordet worden war? Da konnte man nicht lächeln. Und so sollte sie Kazuki unter die Augen treten? Er wartete ja auf sie. Wie sollte sie das machen? Riina wollte doch gar nicht, dass er erfuhr, wenn es ihr schlecht ging, weil ihn das doch viel zu sehr runterzog. Trotzdem war es unfair von ihr, sich jetzt an einen anderen Mann zu hängen. Wenn Kazuki das wüsste, wäre er sicher sehr enttäuscht. Er war nun einmal ein sehr eifersüchtiger Mensch. Da durfte man als Frau andere Männer nicht mal falsch anschauen, und bei ihnen war es sowieso so seine Sache. Wenn Fremde dachten, sie hätten etwas miteinander, dann würde Kazuki sicher auch in diese Richtung denken. Bei seiner Eifersucht schaltete sich sein Verstand manchmal ganz ab. Er wusste nämlich ganz genau, dass sie niemals fremdgehen würde.

Schon einmal war er unschön ausgerastet, als ein Freund von ihm, Riina falsch angesehen hatte. Umgekehrt durfte das nämlich auch nicht passieren. In dem Fall war Kazuki allerdings im Recht gewesen. Der Mann, der sie so angesehen hatte, wollte in der Tat etwas von ihr, das weit über Freundschaft hinausging. Es störte sie daher nicht, wenn er sie dadurch beschützte, das genoss sie sogar. Solche Männer hatte sie ja sowieso immer gemocht. Aber wie würde sie reagieren, wenn er etwas gegen ihn sagen sollte? Riina würde sich von nichts und niemanden davon abhalten lassen, an ihm zu hängen. Welcher rasend eifersüchtige Mann würde das schon verstehen?

Ihre Gedanken hatte die junge Frau jetzt auch etwas von ihrem Vater abgelenkt, so dass sie sich allmählich wieder beruhigen konnte. „Danke, dass du da bist. Wieso eigentlich?“

Ja, warum war er hier? Sie selbst hatte ihm ja nichts gesagt. Wieso sollte Ryochi Tatsuji anrufen?

„Na ja, ich war gerade bei Kôji, als er einen Anruf von Ryo bekam. Es ist also ein netter Zufall, dass ich es mitbekommen hatte.“ Er beobachtete sie, ihr Gesicht war etwas verschwitzt. So warm war es in seinem Auto eigentlich ja nicht.

„Oh Gott, Kôji... Das heißt ja, dass er hier ist.“ Irgendwie gefiel ihr das nicht.

Der Profiler konnte sich auch gut vorstellen, weshalb sie Oh Gott, Kôji gesagt hatte. Vor zwei knappen Jahren hatte Kôji schon seine Mutter und ein Jahr später seine Freundin verloren, jetzt auch noch seinen besten Freund. Einen Vater hatte der junge Mann nicht mehr, der war verschollen, genauso wie Riinas. Besser man sagte Kôji auch nicht, was er tat, und wo und an wessen Seite er war.

„Ryo kümmert sich schon um ihn.“

„Die beiden können sich nicht leiden“, sagte Riina, auch ein wenig, um ihrem besten Freund zu widersprechen.

„Ich denke, das ist Ryochi in dem Fall auch egal. Er weiß, wie schlimm so etwas ist.“ Auch Tatsuji war von Sorgen und Derartigem nicht verschont geblieben. Er kannte so etwas auch, nur dass sein bester Freund noch am Leben war. Trotzdem war Yuichi schon wieder in der Versenkung verschwunden, was heißen musste, dass er Ärger gehabt hatte – wie so oft. Was würde der Mann endlich mal vorsichtiger sein? Wenn es um bestimmte Leute ging, war er fast wie ein tollwütiger Hund, der losstürmte, dabei verletzte er sich andauernd und landete manchmal sogar im Krankenhaus.

„Du hast wahrscheinlich Recht...“ Sie griff sich an die Stirn und wischte sich Schweiß aus dem Gesicht. „Mir ist immer noch schlecht...“

So schlecht war ihr vorhin nicht gewesen, das war erst so, seit sie geweint hatte.

„Das ist der Kummer, deswegen ist dir anscheinend so schlecht.“ Etwas anderes konnte sich Tatsuji nicht vorstellen, er hatte nämlich etwas Bestimmtes gar nicht mitbekommen, sonst hätte er auch das in Erwägung gezogen.

„Kann schon sein.“ Im Moment machte auch sie sich noch nicht allzu viele Sorgen. Sie kannte die Übelkeit, die kam, wenn sie sich so schlecht fühlte, doch schon. Jedes Mal, wenn jemand durch ihren Vater zu Tode gekommen war, heute war es aber noch schlimmer, immerhin handelte es sich um ihren Bruder. Sie fand das daher ganz normal, wenn es ihr schlecht ging.

Ein wenig Sorgen machte sie sich erst, als zu der Übelkeit auch noch Schmerzen im Bauchbereich hinzu kamen. Sie sollte zu große Aufregung ja besser vermeiden, wie gut, dass er sie beruhigen konnte. Panisch werden wollte sie auf keinen Fall, weshalb sie an ihm hing und die Augen schloss, um sich zu entspannen, was aber nicht möglich war, wenn man auf einmal Schmerzen hatte, die immer schlimmer zu werden schienen.

„In meinem Fall aber wohl eher nicht.“

„Wieso?“ Wie kam sie denn zu der Annahme?

„Weil ich mich zu sehr aufgeregt habe, was ich nicht soll, und jetzt Schmerzen habe...“

Er drückte sie leicht von sich und sah in ihre Augen, die etwas glasig geworden waren, was wohl von den Schmerzen kam. „Hast du was? Bist du krank? Wieso sollst du dich denn nich so aufregen?“ Er machte sich ja nur Sorgen, deswegen stellte er diese Fragen doch recht schnell hintereinander.

Wieso war ihr die Sache jetzt peinlich? Er war schließlich der Erste, dem sie davon erzählen wollte, das hatte sie sich doch noch gar nicht getraut. „Na ja, also...“, stotterte sie vor sich hin und senkte den Blick. „Na, ich bin schwanger.“ Eine kräftige Röte legte sich in ihr Gesicht.

Seine Augen wurden riesig und er schaute sie ungläubig an, im ersten Moment zu schockiert, als dass er etwas hätte von sich geben können.

„Oh, so ist das, dann herzlichen Glückwunsch, Mami.“ Tatsuji machte aus der Sache einen leichten Scherz.

„Du bist nicht böse?“

„Wieso sollte ich böse sein?“ Sie war schwanger, was gab es da böse zu sein? Manchmal war sie ihm echt ein Rätsel, sie machte sich zu viele Sorgen um alles und jeden.

„Weil ich es dir nicht eher gesagt habe.“

„Böse sein könnte ich da, wenn ich der Vater wäre, aber so...“ Sie war ihm keine Rechenschaft über ihr Liebesleben schuldig.

„Der Vater weiß es aber auch noch nicht...“

„Oh.“ Er schüttelte den Kopf. Sein kleiner Angsthase hatte es wohl noch nicht geschafft, darüber zu reden. „Wer ist der Mann? Und vor allem, wie ist der so?“

Es war ja irgendwie klar gewesen, dass so etwas kommen würde. Jetzt wollte er alles wissen und würde dann am Ende noch entscheiden, ob sie zusammen passten? Das würde ihm irgendwie ähnlich sehen.

„Wenn ich dir das sage, erklärst du mich für verrückt.“

„Das werden wir ja sehen.“ Er nahm sie leicht in den Arm und wartete auf die Beantwortung seiner Frage.

„Weil er zwei süße Kinder hat, deswegen.“

Tatsuji musste lachen. Was sie alles verrückt nannte, war nun einmal witzig. „Das ist ja großes Glück für den Mann. Andere Frauen rennen bei solchen Männern gerne weg. Ich finde es schön, dass du da nicht so bist. Und was ist mit der Mutter? Haben sie sich getrennt, oder...?“

„Nein, so kann man das nicht sagen. Sie ist tot. Schon seit einiger Zeit ist sie das. Die Kinder halten mich mittlerweile sowieso schon für ihre Mutter, er bringt es nicht über sich, ihnen zu sagen, dass das gar nicht so ist. Ich wüsste auch nicht, weshalb ich ihm die kalte Schulter zeigen sollte, nur weil er seine Frau verloren hat. Dafür kann er nichts.“

„Wohl wahr. Gut, dass du das erkannt hast, was?“ Er sah in ihr Gesicht, deswegen musste er zur Seite blicken, weil sie von ihm an seine Schulter gedrückt wurde.

„Du bist der erste und einzige, der überhaupt davon weiß. Ich habe es zumindest sonst keinem gesagt. Er heißt übrigens Kazuki Aisawa und ist auch schon etwas älter, wie man sich denken kann. Du glaubst gar nicht, wie dermaßen künstlerisch er begabt ist. Das ist einfach nur toll. Er hat einmal ein Bild von mir gemalt. Er tut das auch ständig, wenn ich eingeschlafen bin...“

Man sah seiner Freundin an, dass sie dieser Mann glücklich machte, das war ja auch die Hauptsache, fand er. Aus Erzählungen anderer wusste er ja, dass sie diesbezüglich eher Pech als Glück gehabt hatte.

„Kazuki Aisawa, aha.“ Der junge Mann lehnte den Kopf gegen die Sitzlehne und dachte einen Moment über diesen Namen nach. „Ist er öfter mal in Amerika, kann das sein?“

„Ja, ist er, ich weiß aber nicht, was er da immer macht. Ich denke, er hat dort mit einer Modefirma zu tun, für die er arbeitet. Ich frage ihn nicht nach so etwas, solange er zurückkommt.“

„An deiner Stelle wäre ich da aber vorsichtiger.“ Vielleicht war er in dem Moment fies und gemein, aber er meinte es nur gut, mit dem, was gleich kommen würde. „Denk nur daran, dass dein Vater dir ständig Männer geschickt hat. Und denk auch mal daran, dass er damit mehrmals erfolgreich war.“

Dass das Ganze neu aufgewickelt werden musste. „Kazuki passt nicht dahin. Er ist da garantiert nicht drin!“ Da war sich die Rothaarige vollkommen sicher, weswegen sie etwas pampig wurde.

„Kann ja sein... Tut mir Leid. Aber man muss nicht mal hinpassen, damit man dazu gehört. Es gibt genug arme Leute, die da unfreiwillig mit drin stecken. Ich will ja nur, dass du diesbezüglich etwas vorsichtig bist.“ Er war nicht ohne Grund so vorsichtig, was ihre Männer anging, schließlich hatte sie bisher erst drei Freunde vor Kazuki gehabt – die alle in der Schwarzen Organisation waren. Da durfte er sich Sorgen machen, oder nicht? Außerdem wollte er gerne, dass sie einen normalen Freund hatte, nicht, dass sie noch mal zwischen die Fronten geriet. Es war schlimm genug so, wie es war.

„Nebenbei, was heißt da mehrmals? Wieso war er mehrmals erfolgreich?“

„Na komm, an solche Zufälle, wie die von damals glaube ich nicht. Es würde mich nicht wundern, wenn dein Vater alles in die Wege geleitet hatte. Dass er dich verarschen wollte, indem er dir einen Superhelden vorsetzt, weiß ich. Das hat mir mal Shina erzählt.“

Takuya war Gesprächsthema gewesen, na toll. Sie wollte diesen Kerl am liebsten nie mehr erwähnt haben. Am besten man vergaß ihn, doch bisher war das nicht möglich gewesen.

„Juro hätte mit so einem, wie meinem Vater, niemals gemeinsame Sache gemacht! Er lässt sich nicht auf ihn ein, niemals.“ Er ließ sich ja lieber auf ihre Cousine ein, trotzdem musste sie ihn in dieser Sache beschützen.

Riina zuckte, weshalb er sie verwirrt ansah. „Was ist?“

„Ich hatte eben einen stechenden Schmerz in der Bauchgegend... Es ist aber schon wieder gut...“ Noch ehe sie das gesagt hatte, wiederholte sich das Ganze. „Oder auch nicht. Was ist das nur?“ So langsam krümmte sich die Frau, ihr war so schlecht und dann noch diese Schmerzen. Irgendetwas war nicht in Ordnung, das war auch ihm klar.

„Leg dich hinten hin, ich fahr dich ins Krankenhaus!“ Das hätte er schon eher machen sollen, statt sie auszuquetschen, so hatte er zumindest das Gefühl.
 

Im Krankenhaus hatte Riina Tatsuji eine Telefonnummer gegeben und ihn darum gebeten, dort anrufen zu lassen, was er getan hatte.

Es hatte ewig gedauert, bis man jemanden erreicht hatte. Und zu ihr gehen, das durfte er ja auch nicht. Sie wurde von Ärzten untersucht, weshalb man ihn gleich rausgeschmissen hatte.

Wenig später ging die Tür auf und ein Mann kam heraus.

„Und, wie geht’s der Patientin?“ fragte er, so dass der Mann ein klein wenig den Kopf senkte. „Den Umständen entsprechend, würde ich sagen. Sie ist mit ihren Nerven am Ende, wir mussten sie mit einer Spritze ruhig stellen. Tut mir Leid, um ihr Kind.“

Der Braunhaarige hob die Hände und schüttelte den Kopf. „Ich bin gar nicht der Vater, ich habe sie nur hergebracht, weil sie Schmerzen hatte. Hat sie das Kind also verloren?“

Das erklärte zumindest, weshalb sie so mit den Nerven am Ende war.

„Ja, sie hatte plötzlich eine schreckliche Blutung und starke Schmerzen. Dann ging alles recht schnell. Sie hatte schreckliche Angst und war total aufgelöst, jetzt haben wir sie beruhigen können. Trotzdem ist sie natürlich deprimiert. Stehen Sie ihr sehr nahe?“

„Tue ich wohl, ja.“

„Dann gehen Sie rein und versuchen Sie, ihr ein wenig Mut zumachen, solange der Vater noch nicht aufgetaucht ist.“

Tja, wo steckte dieser Mann überhaupt? Wieso war er immer noch nicht da? Eigentlich wäre es ja seine Aufgabe gewesen, bei ihr zu sein. Aber man wusste ja nie, was ihn aufgehalten hatte.

„Mache ich.“ Der Arzt ließ ihn stehen und kümmerte sich wohl um den nächsten Patient, weshalb Tatsuji gegen die Tür klopfte, er wusste ja nicht, ob sie überhaupt jemanden sehen wollte. Er bekam keine Antwort und öffnete leise. „Darf ich reinkommen?“ fragte der 26-jährige vorsichtig.

„Wie du willst.“

Sie schaute nicht zur Tür, sondern aus dem Fenster hinaus, wohnte dem Regenwetter bei, das noch immer herrschte.

„Wie geht’s dir?“ Der Braunhaarige wollte es lieber noch einmal von ihr selbst wissen. Er ging auf sie zu, zog sich einen Stuhl heran und setzte sich dicht an ihr Bett.

„Geht so“, kam knapp zur Antwort, sie schien keine große Lust zu haben, überhaupt zu reden. Ihre Stimme klang leer und fast ein wenig gleichgültig, obwohl es ihr nicht egal war, was passiert war.

„Ich habe nur Pech, was? Ich bin ein Unglückskind! Erst bringt man meine Freundinnen um, dann meinen Bruder... dann... so was.“ Sie hatte sich natürlich auf das gemeinsame Kind gefreut. Nie hätte sie gedacht, dass so etwas dazwischen kommen könnte.

Obwohl sie total ruhig klang, wusste er, weshalb sie den Kopf absichtlich weggedreht hatte und ihn nicht einmal ansah. Ihr waren Tränen über das Gesicht gelaufen und sie weinte noch immer stumm.

„Sag nicht so etwas. Du hast ja noch ihn und mich. Dass du gar kein Glück hast, kannst du daher nicht sagen.“ Sie hatte viel Pech, das stimmte, aber gar kein Glück war übertrieben.

„Ja... noch.“

Als wenn er so etwas erwartet hätte... Trotzdem seufzte Tatsuji. „Ich finde es ja echt nett von dir, dass du mich schon im Grab liegen siehst. Hör bloß auf damit. So schnell wird es mich nicht erwischen.“

„Dann eben ihn... Ist doch egal... Ich sollte mich von ihm trennen, bevor mein Vater auf ihn kommt und sich um ihn kümmert...“

Jetzt empfand sie sich nur wegen Chardonnay wieder als Schandfleck, so war es oft gewesen. Sie schämte sich nicht nur für ihren Vater, sie hatte auch Angst, dass er wieder andere mit in alles hinein zog. Die 21-jährige war total deprimiert, nichts schien sie aufheitern zu können, und trotzdem wollte er nicht so leicht aufgeben.

„Weiß deswegen niemand von euch?“

„So in etwa. Wenn keiner etwas weiß, kann auch keiner etwas weitererzählen. Es ist eben gefährlich, mich zu kennen. Man muss damit rechnen, umgebracht zu werden. Eigentlich müsste ich jeden gleich vorwarnen...“ Dann würden ihr wahrscheinlich sämtliche Leute weglaufen und nur noch wenige übrig bleiben. War das ein Grund Roulette mit Menschenleben zu spielen? Da wollte sie lieber einsam sein. Es war ihr eben wichtiger, andere zu retten, statt glücklich zu sein.

„Das wird nicht immer so bleiben. Ich sagte doch, dass man ihn irgendwann kriegt. Dann wird das alles aufhören.“ Es war fast schon ein Versprechen, das er ihr gab, sie irgendwann von ihrem Vater zu erlösen. Wäre er etwas anders gewesen, hätte er selbst den Kerl wahrscheinlich längst umgebracht. Ihm wäre sicher eine Sicherung durchgebrannt und ein Schuss hätte sich gelöst. So wäre das bestimmt bei Yuichi gewesen, weil er manchmal nun einmal dachte, dass es besser so war, wenn andere wegen gewissen Personen nur leiden mussten.

„Willst du mich beschützen, mhm?“

„Ist das was Neues für dich?“ Das konnte doch nicht sein, immerhin kannte sie ihn und es war schon oft vorgekommen, dass er sie beschützt hatte.

„Nein, typisch für dich.“ Unwillkürlich wandte sie ihm jetzt doch den Blick zu. „Und es ist nicht gelogen, dass ich das mag.“

Gerade als Riina ihn anlächelte, ging die Tür auf und sie erschrak ein wenig.

„Kazu-kun, hi.“ Sie wurde sichtlich nervös und zog ihre Hand, die seine berühren wollte, ganz schnell weg.

„Was ist denn hier los?“ seufzte der gerade angekommene Mann und schloss die Tür hinter sich – mit einem Knall.

„Leiser, sie braucht Ruhe“, musste Tatsuji sagen und sah den Neuankömmling empört an. „Und noch nie etwas von Anklopfen gehört, was?“

„Gut so, sonst würde ich ja nicht mitbekommen, was hier los ist“, sagte Kazuki und kam an beide heran. „Wer ist das, Riina? Was hat der hier verloren?“ wurde sie mit Fragen bombardiert, was Tatsuji ein Schweißtropfen über die Schläfe laufen ließ. Was dachte der sich überhaupt? Dass er ihr heimlicher Lover war vielleicht?

„Ähm, ein Kindheitsfreund, ein sehr guter Kindheitsfreund, nicht mehr und nicht weniger.“

„Kindheitsfreund? Solche Freundschaften gibt es nicht zwischen Mann und Frau! Da läuft immer etwas!“

Sehr schlau, jetzt wurde ihnen schon wieder so etwas nachgesagt. Zugegeben, sie war eine interessante Frau, aber zu sagen, dass Mann und Frau nicht einfach nur befreundet sein konnten, war ja wohl frech. „Ach, und du weißt das so genau, was in unseren Köpfen vorgeht? Reiß dich mal zusammen! Ihr geht es nicht gut, da muss man nicht gleich mit solch einer Laune kommen. Sie soll sich nicht aufregen, okay?“

„Wieso gehst du dann nicht? Hier ist kein Platz für zwei Männer.“

Riina griff sich ins Gesicht und stöhnte. „Du bist unmöglich, Kazuki! Ich habe es ihm erlaubt, hier zu sein, ganz einfach. Und ich entscheide selbst über meinen Besuch! Nicht du!“ Sie konnte nicht anders. Was fiel ihm ein, Tatsuji rausschmeißen zu wollen? Das ließ sie nicht zu, auch wenn ihren Freund das sicher wieder wütend machen würde. Es war ihr sowieso klar gewesen, dass es ein Drahtseilakt werden würde, ihn zu überzeugen, dass zwischen ihnen nichts war und wie diese Freundschaft aussah. Sie traute sich diesbezüglich ja selbst nicht so wirklich. Er war stets etwas Besonderes für die Rothaarige gewesen. Wenn nicht Kazuki in ihr Leben getreten wäre, sähe alles wahrscheinlich total anders aus. Sie konnte sich Tatsuji als ihren Freund nun einmal gut vorstellen. Das musste Kazuki aber nun wirklich nicht wissen, der würde durchdrehen, wenn er herausbekam, dass sie einen anderen Mann auch interessant fand. Außerdem war es wirklich unfair von ihr, so etwas auch noch zu denken. Deswegen hatte sie vorhin auch fast ein schlechtes Gewissen gehabt. Wer wusste schon, was geschehen wäre, wenn Kazuki nicht gewesen wäre?

„Du weißt doch, dass ich dich liebe! Wieso reicht dir dieses Wissen nicht? Er ist mein bester Freund! Wenn du mit mir klarkommen willst, musst du mit ihm klarkommen.“ Diese Sache wollte sie gleich zu Anfang klarstellen. Es war unfair, sie stellte ihren besten Freund vor den Mann, den sie liebte. Er war ihr wichtig, das hatte weniger mit Liebe zu tun, sie wollte nur nicht mit jemandem zusammen sein, der ihr eine Freundschaft verbot.

„Du weißt doch, dass ich Angst habe, du könntest dich in einen anderen verlieben.“

„Dann kennst du deine Freundin schlecht“, fiel Tatsuji ein, er verschränkte die Arme vor der Brust und ließ wohl etwas von seinem Erfahrungschatz raushängen, immerhin kannte er sie viel länger. „Entweder sie liebt jemanden, oder sie tut es eben nicht. Da ist für sie gar kein Platz für einen anderen. Sofern du sie nicht verletzt, wird sie sich auch nicht in einen anderen verlieben.“

„Klar, weil man Gefühle ja so gut kontrollieren kann.“ Er wusste von sich selbst, dass Gefühle veränderlich waren.

„Wenn du das so sagst, kommt mir der Gedanke, dass du mich mal nicht mehr lieben könntest...“ Sie senkte den Kopf.

„Wer weiß? Im Moment liebe ich dich jedenfalls, und Knall auf Fall wird sich das auch nicht ändern. Ich würde es dir sofort sagen, das weißt du. Man kann nun mal nicht wissen, was später mal sein wird.“ Er fühlte sich zwar schlecht mit seiner Ehrlichkeit, aber wieso sollte er ihr Versprechen geben, die er am Ende dann vielleicht brechen müsste?

„Dann hör auf mit dieser dummen Eifersucht! Ich brauche dich... Vorhin ist etwas Schlimmes passiert. Ich muss dir da so etwas sagen.“

„Soll ich solange vor die Tür gehen?“ Tatsuji wollte es gar nicht wissen, was sie Kazuki sagen wollte. Er fühlte sich hier gerade überflüssig. Und bevor sie sich die Köpfe einschlugen, wollte er lieber nach draußen gehen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Jevi
2006-06-10T01:19:26+00:00 10.06.2006 03:19
*dir mal wieder einen Kommi schreibt*
Ich habe das Kapitel schon heute vormittag (nochmal) gelesen, aber ich hatte bisher keine Zeit, was dazu zu sagen, aber ich habe mich dazu durchgerungen, dir mal wieder einen Kommi zu schreiben XD
Da waren noch ein paar kleine Fehler drin, aber heute war ich zu faul die rauszuschreiben, kannst ja mal suchen gehen %DDD
Ansonsten fand ich das Kapitel ziemlich traurig und deprimierend, ich bin ja mal gespannt, ob die mit ihrer Vermutung bezüglich Watarus Mörder wirklich alle richtig liegen, oder ob es ganz anders war...
Und Riina und Kazuki... *lol* Da haben sich zwei gesucht und gefunden, so scheint es mir immernoch XD Ich hatte richtig Mitleid mit dem armen Luftballonverkäufer, der wollte nur nett sein und wird da voll zur Schnecke gemacht, das war nicht nett Riina, nein, nein XD
Wer auch immer Wataru umgebracht hat, hat dann ja quasi zwei Menschen auf einmal umgebracht...
Ich bin ja mal gespannt, wie Kazuki darauf reagiert und was da noch so abgeht und passiert *drops*
Ryochi und Kôji, die beiden werden in diesem Leben aber trotz allem keine wirklichen Freunde mehr *lol*
Was mich gleich wieder daran erinnert, dass es da ja noch zwei Personen gibt, die noch etwas zurück sind, was den aktuellen Wissensstand angeht, ne? >.<
Ach ja, was mich ja auch noch mal brennend interessieren würde: Yuichi ist bzw. war doch mit Rena zusammen, oder? Wie geht es der denn so? Die kam noch gar nicht wirklich vor, soweit ich mich erinnere Oo
Und jetzt weiß ich nicht mehr, was ich sagen soll XD
Also ich geh dann mal, bis zu irgendeinem Kapitel in der Zukunft XDDDDDDD
Hab dich lieb *knuff*
Cheerio
Shina =)


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