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Kiriya und Yoru

~*~ The Story goes on ~*~
von

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Wie alles begann


 

Prolog
 


 

Wie alles Begann
 

Shinjuku Ni-chōme

Stadtbezirk Shinjuku, Tokyo
 

Mit einem dumpfen Laut traf die Faust des älteren Mannes den Magen eines Jungen, der einen dunkelblauen Kimono trug und sich nun mit schmerzverzerrtem Gesicht den Bauch hielt. „Hast du es jetzt verstanden?!“ donnerte der Mann, der bereits auf die 50 Jahre zuging und einiges seines Haupthaars bereits verloren hatte. „Wenn sich noch mal ein neuer Kunde über dich beschwert, wirst du mehr als nur meine Faust zu spüren bekommen! Und jetzt ab mit dir auf die Straße und schaff neue Kunden her!“ Es war nicht zu übersehen, geschweige denn zu überhören, dass der ältere Mann wütend war, doch vorerst ließ er den Jungen im Kimono in Ruhe und wandte sich wichtigeren Dingen zu, die er zu erledigen hatte bevor das Hauptgeschäft losging.

Wie ein geprügelter Hund ertrug der Junge den Schlag und versuchte sich nicht zu sehr anmerken zu lassen, wie sehr es ihn eigentlich schmerzte. Dennoch dauerte es eine Weile, ehe der Schmerz nachließ und er sich wieder voll aufrichten konnte.

Trotz der Schmerzen, die ihn kurz zusammenkrümmen ließen, versuchte er sich nichts anmerken zu lassen und erwiderte mit einem höflichen Lächeln: „Vergebt mir, Master. Es wird nicht wieder vorkommen.“ Daraufhin verneigte sich der junge Mann mit einer tiefen Verbeugung und verließ, noch immer nach vorn gebeugt, rückwärts gehend das teuer eingerichtete Büro, in dem es stark nach Zigarren roch. Dies löste in seiner empfindlichen Nase einen starken Juckreiz aus. Zum Glück konnte er es sich noch verkneifen vor seinem Master einen Niesanfall zu bekommen. Erst nachdem sich die schwere, dunkel lackierte Tür vor ihm schloss, richtete sich der junge Mann wieder auf, amtete einmal tief durch und hielt sich schnell die Hand vor den Mund, da er ein Niesen nicht mehr unterdrücken konnte.

„Gesundheit“, erklang es hinter ihm von einer amüsiert klingenden, dunklen und dennoch weichen Stimme, „hat er dich schon wieder fertig gemacht, mh? Nimm es dir nicht so zu Herzen, Youji. Und jetzt komm! Ich helfe dir mit deinen Haaren, denn so kannst du nicht auf die Straße.“

Da legte sich auch schon ein schlanker, durchtrainierter und gebräunter Arm um Youjis Schultern, um ihn von dem Büro wegzuführen, aus dem er gerade gekommen war.

„Vielen Dank, Sho-kun“, nuschelte Youji leise und ließ sich widerstandslos von dem Älteren wegführen. Den kurzen Weg über den Flur entlang zum Vorbereitungsraum schwieg Youji und lief mit leicht gesenktem Kopf neben Sho. Selbst, als er auf dem Stuhl vor dem riesigen Spiegel saß, blieb er immer noch stumm. Erst die Frage, wie er seine Haare heute tragen wollte, riss den jungen Mann aus seinem Schweigen. „Ich weiß nicht, vielleicht hochgesteckt? Mein Kimono hat wenigstens nichts abbekommen, da muss ich mich wenigstens nicht auch noch umziehen“, murmelte Youji so leise, dass Sho sich vorbeugen musste um ihn zu verstehen. Dabei musste dieser sich beherrschen, um sein Gesicht nicht in die verführerisch duftenden Haare vor seiner Nase zu vergraben.

„Gut, dann also hochstecken“, stimmte der Ältere zu und nickte ihm kurz bestätigend zu, während er auch schon mit einer Bürste die Knoten löste. Er strich dabei besonders vorsichtig durch die dunkelgrün schimmernden Haare, schmunzelte und richtete seinen Blick im Spiegel auf Youjis smaragdgrüne Augen und meinte leise: „Weißt du eigentlich, wie sehr dich die anderen um deine Augen beneiden? Keiner von ihnen hat Augen wie du, die so voller Lebenslust leuchten. Sie alle haben nur diese langweiligen Farbtöne von braun und fast schwarz. Nicht einmal mit gefärbten Kontaktlinsen haben sie so schöne Augen wie du, Youji-kun. Ich denke, dass ist einer der Gründe warum sie immer wieder versuchen, dich bei den neuen Kunden schlecht zu machen. Aber mach dir nichts aus ihnen, der Master weiß schon, was er an dir hat, auch wenn er es vielleicht nicht zeigt.“

Die ganze Zeit über versuchte Sho seinen Arbeitskollegen aufzumuntern und ihm Mut zuzusprechen. „Ich weiß“, kam die leise Antwort von Youji und ein dezentes Grinsen erschien auf seinen Lippen. „Du hättest mich deswegen aber nicht ganz so sehr wie eine Frau frisieren müssen“, feixte er leise und begutachtete seine kunstvoll hochgesteckten Haare, von denen sich nur eine Strähne weigerte, an ihrem Platz zu bleiben und ihm lieber ins Gesicht hing. „Dennoch Danke, Sho-kun.“

Fertig frisiert wollte Youji schon aufstehen, als ihn der Ältere zurückhielt und meinte: „Nichts zu danken, aber ich denke, dass dein Outfit noch nicht fertig ist. Und keine Widerrede, du hast dich für den Kimono entschieden, also wirst du auch nicht halbfertig raus gehen.“ Mit einem Kopfnicken wies Sho auf die ausgebreiteten Make-up Utensilien und noch ehe Youji protestieren konnte, trug er auch schon eine dezente Schicht Make-up auf dessen Gesicht, so dass es perfekt zu den kunstvoll hochgesteckten Haaren passte. Grummelnd saß Youji auf dem Stuhl und ließ die Prozedur über sich ergehen und ärgerte sich darüber, dass er den Kimono gewählt hatte. Dennoch konnte Youji nichts dagegen tun, immerhin war heute Themenabend und er wusste genau, dass gegen Mitternacht einer seiner Stammgäste kommen würde, nur um ihn wieder einmal in dem blauen Kimono zu sehen, den er ihm geschenkt hatte.

Nachdem Sho auch damit fertig war, begutachtete sich Youji seufzend im Spiegel und schüttelte leicht seinen Kopf. „Ich werde froh sein, wenn die Nacht vorüber ist und ich das verdammte Zeug endlich wieder abwaschen darf. Es stinkt furchtbar“, maulte der junge Mann vor sich hin, während er sich auch schon erhob um seinen Kimono zu richten. „Glaub mir, mir geht es nicht anders. Und jetzt beeil dich, du bist schon etwas spät dran. Husch, husch, raus mit dir!“, damit scheuchte Sho den jüngeren auch schon aus der Garderobe hinaus, um sich selbst fertig zu stylen. Er hatte sich, ebenso wie Youji, für einen Kimono entschieden, der allerdings neonpink mit gelbem Blumenmuster war und gut zu seinen wasserstoffblonden Haaren passte.

„Ja, ja, hetzt nicht so“, grummelte Youji, noch ehe er vollends aus der Tür hinaus war. Doch darauf bekam er keine Reaktion mehr von Sho, da dieser sich bereits abgewendet hatte und die Tür zufallen ließ, um sich seinem Spiegelbild zu widmen.

//Dann mal auf in den Kampf//, sprach er sich selbst etwas Mut zu und ging langsam zum Fahrstuhl, da er in dem engen Flur nichts anrempeln wollte, was eventuell zu Bruch gehen oder eine Schweinerei verursachen könnte. Während der Fahrt zum Erdgeschoss begutachtete sich Youji im fahlen Licht des Fahrstuhls in dessen Spiegelwand noch einmal, bevor er, unten angekommen, das Gebäude verließ.
 

Draußen war es mittlerweile dunkel geworden und nur die Neonlichter der Werbetafeln von der Hauptstraße beleuchteten die schmale, enge Seitengasse, in der der Eingang des ‚Blue Moon’ lag. Es war ein wenig unheimlich, doch kaum war er auf der Hauptstraße, war er umringt von umherschwirrenden Menschen, die hier ihr Vergnügen suchten. Es war nicht sehr schwer für Youji, die Männer anzusprechen, ein wenig mit ihnen zu flirten und in den Club zu locken. Er war wesentlich erfolgreicher als seine zwei etwas älteren Kollegen, die weniger Glück hatten. Dennoch kamen sie, nachdem jeder von ihnen einen Kunden abgefangen hatte, nicht mehr auf die Straße zurück. Anscheinend mussten sie sich für sie als Begleiter für den heutigen Abend entschieden haben, denn sonst gab es keinen Grund, die Jagd vorzeitig abzubrechen, außer sie wollten sich vor der Arbeit drücken.

//Sollen sie doch machen was sie wollen, falls sie sich drücken. Ich werde meinen Arsch nicht noch mal für die beiden herhalten//, schwor sich Youji in Gedanken und verzog kurz sein Gesicht bei der Erinnerung an seine vorletzte Bestrafung, die er den beiden zu verdanken hatte. //Ich sollte mich von so etwas nicht ablenken lassen, ich sollte lieber zusehen, dass ich noch ein paar Kunden reinschleppen kann.// Und das setzte er auch in die Tat um, bis ihm der Mann am Empfang mitteilte, dass nur noch ein Tisch frei war, weshalb er nicht noch einmal losgehen sollte. Doch Youji winkte ab. „Ich will nicht bis Mitternacht oder länger warten, bis mein Stammgast kommt. Immerhin verspätet er sich gerne.“

Wieder auf der Straße sah sich der junge Mann genau um und beobachtete die Menschen die an ihm vorbeidrängten und sich teilweise lachend mit anderen unterhielten. Da fiel ihm ein Mann mit langen, blonden Haaren, die ihm, durch den Wind, ein wenig wirr um den Kopf wehten, auf. Irgendwie wirkte der Mann fehl am Platz und auch ein wenig verloren, so wie er mit seinem Blick durch die Gegend schweifte und etwas skeptisch drein blickte. //Den angel ich mir!//, schoss es Youji sofort durch den Kopf und ohne zu zögern ging er direkt auf den Mann zu.

„Guten Abend, mein Herr. Sie sehen aus, als würden Sie nach etwas Gesellschaft suchen. Möchten Sie nicht auf einen Drink in unseren Club kommen?“, wollte Youji mit honigsüßer Stimme von dem fremden Mann wissen und sah dabei mit einem koketten Lächeln und Wimpernaufschlag zu ihm empor. Dieser war sicher gut 15 cm größer als er selbst, doch Dank der Geta war Youji ein paar Zentimeter größer als normal, wodurch ihm der Größenunterschied nicht so sehr auffiel. Was ihm allerdings auffiel, war der verblüffte Gesichtsausdruck des Anderen, was ihn leise lachen ließ. Dies verbarg er aber mit einem gespielt schüchternen Blick Richtung Boden hinter seiner rechten Hand. „Verzeiht, mein Herr, wenn ich euch überrascht habe, doch Ihr seid mir gleich in der Menge aufgefallen. Ihr saht so verloren aus, da musste ich euch einfach ansprechen und in unseren Club einladen.“
 

Etwas sprachlos starrte der angesprochene Mann, mit den langen, gold schimmernden Haaren, die Frau vor sich an, ehe er verstand, was diese zu ihm sagte. Als er die Worte endlich auseinandergepflückt hatte und sie einen Sinn für ihn ergaben, färbten sich seine Wangen mit einem dunklen Rot, was zu seinem Glück von der Neonreklame um ihn herum verborgen blieb. Schnell räusperte sich der Mann und verneigte sich leicht vor der jungen Frau und versuchte sie charmant anzulächeln. Zumindest hoffte er, dass es so rüber kam, denn irgendwie fühlte sich sein Gesicht gerade ein wenig merkwürdig an, doch er versuchte es zu ignorieren. „Es... wäre mir eine Freude,... Sie auf einen Drink einzuladen.“ Fast eine halbe Ewigkeit hatte es gedauert, so kam es dem Fremden zumindest vor, bis er diese paar Worte gesagt hatte. Man konnte ihm förmlich ansehen, wie verlegen er war und dennoch stand er tapfer da und bot der jungen Dame seinen Arm an, wie es sich für einen Gentlemen gehörte.
 

Ohne zu zögern hakte sich Youji bei dem dargebotenen Arm ein und führte seinen Gast in die schmale Seitengasse. Spürte dabei, wie dieser sich ein wenig verspannte, als sie die grell beleuchtete Hauptstraße verließen. „Nur keine Angst, mein Herr, der Eingang zum Club ist gleich da vorn“, mit einer vielsagendem Geste deutete der junge Mann, der wie eine Frau gekleidet, frisiert und geschminkt war, auf den kleinen Eingang über dem ein leise vor sich hinknisterndes Neonschild mit den englischen Buchstaben ‚Blue Moon’ prangte. „Oder habt Ihr etwa Angst im Dunkeln?“ Mit einem klimpernden Wimpernaufschlag blickte Youji zum zweiten Mal hoch in das Gesicht seines Fremden und sah ihn mit einem verspielten Lächeln an, schmunzelte bei dem verlegenen Kopfschütteln des Kunden und führte ihn zum Empfang, wo er sich wieder halb zu ihm drehte. „Wart Ihr schon einmal in einem Host Club, mein Herr?“, fragte der dunkelgrünhaarige junge Mann, während er seinen Gast ein wenig musterte. „Nein, bisher noch nicht, aber ich habe schon etwas darüber gelesen“, bekam er daraufhin als Antwort, worauf er grinsen musste und verstehend nickte.

„Mein Herr, um einen Host Club richtig kennen und schätzen zu lernen, müsst ihr einen besuchen und nicht darüber lesen. Ich zeige euch gern unseren Club oder möchtet Ihr lieber einen der anderen Hosts als Begleitung für heute Abend haben?" Der Gesichtsausdruck, den Youji bei diesen Worten aufsetzte, war sein übliches, charmantes Lächeln, bei dem nur enge und langjährige Freunde erkennen konnten, dass es falsch war. Zu gern hätte Youji diesen neuen Kunden allein für sich gehabt, dennoch zeigte er ihm die Bilder der anderen Hosts, wobei er den Anderen allerdings genau beobachtete. Doch dieser warf nur einen flüchtigen Blick auf die Bilder, verzog dabei kaum merklich seinen Mund, ehe er wieder Youji ansah und mit seiner sanften Stimme antwortete: „Nein, Danke! Ich möchte dich als Begleitung.“

Bei diesen Worten strahlte der junge Host förmlich, versuchte es allerdings zu verbergen. „Vielen Dank für Ihre Wahl, ich fühle mich geehrt Ihnen Gesellschaft leisten zu dürfen. Kommen Sie bitte mit, ich zeige Ihnen den Club“, sagte er leise mit einem glücklichen Lächeln und deutete auf den Aufzug, in den er seinen Gast führte. Brachte ihn hoch in den 3. Stock und von dort zu einer kleinen Nische in dem großen Raum, der 20 Tische umfasste. Jeder Host hier hatte seinen bevorzugten Stammplatz, der von den anderen in der Regel respektiert wurde. Doch heute war sein Tisch an einen anderen vergeben worden, da sein Stammgast einen anderen Tisch bevorzugte. Dieser befand sich, verborgen von einer halbhohen Trennwand, um die sich Efeu rankte, in einer kleinen Nische, in der man keine all zu große Aufmerksamkeit erregte. Und genau dorthin brachte Youji seinen neuen Kunden, ließ ihn Platz nehmen und reichte ihm die Karte mit den Worten: „Darf ich fragen, was Sie zu Trinken bevorzugen, mein Herr? Mögen Sie lieber Sake, Bier, Wein oder etwas anderes?“

Mit ehrlichem Interesse wartete Youji auf eine Antwort und neigte sich leicht in die Richtung seines Kunden. „Ich bevorzuge Sake“, kam die Antwort leise von dem Kunden, der den Host neugierig musterte. „Nenn mich doch bitte Kiriya. Bei ‚mein Herr’ fühle ich mich gleich so alt.“

Für Youji war das das erste Mal, dass ein Kunde ihn darum bat, ihn direkt anzusprechen, weshalb er etwas aus dem Konzept geriet. „... Uhm,... wie Sie wünschen, mein He... Kiriya-san.“ stammelte er leise und senkte seinen Blick, bevor er sich wieder an seine Aufgabe erinnerte. „Bitte Entschuldigen Sie mich einen kleinen Moment. Ich werde Ihnen unseren besten Sake bringen. Möchten Sie ihn warm oder kalt trinken?“

„Kalt, bitte“, antwortete Kiriya lächelnd und sah Youji hinterher, wie dieser zur Theke eilte. Er ließ seinen Blick dabei langsam über den vom Kimono verhüllten Körper gleiten und war angenehm überrascht, denn der dunkelblaue Kimono betonte die Figur der Hostess angenehm. Ebenso war Kiriya fasziniert von den schlanken Händen, die geübt den Sake in das kleine Glas gossen, welches in einem Holzkästchen stand. „Vielen Dank, ...“ Erst jetzt fiel es dem Gast auf, dass er den Namen seiner Begleitung noch gar nicht kannte.
 

Youji hörte das kurze Zögern Kiriyas und blickte von seinem Glas auf und lächelte entschuldigend. „Verzeiht meine Unachtsamkeit, ... Kiriya-san. Mein Name ist Youji.“ stellte sich der Host vor und verneigte sich dabei vor Kiriya, was im sitzen nicht all zu leicht war. Erst danach schenkte er sich selbst etwas Sake ein und hob sein Glas hoch um mit seinem Gast anzustoßen.
 

„Youji...“ murmelte Kiriya ein wenig irritiert und versuchte sich an die Bedeutung des Namens zu erinnern. „Das ist doch ein Jungenname, oder nicht? Ich dachte...“ mitten im Satz brach er ab, als Youji bestätigend nickte. Nun sah er sich im Raum genauer um und errötete verlegen um die Nasenspitze. „Entschuldigt, Youji-san, ich dachte, Ihr wärt eine Frau.“ Es war dem Mann sichtlich peinlich, dass er seine Begleitung für eine Frau gehalten hatte. Dennoch hob er sein Glas um Youji zuzuprosten. „Kanpai!“
 

„Kanpai!“, erwiderte Youji, der von der Feststellung seines Kunden, dass er ein Mann war und keine Frau, doch ein wenig überrascht war. „Verzeiht, Kiriya-san, dass ich mich nicht früher vorgestellt habe. Aber ich habe nicht erwartet, dass Ihr mich wirklich für eine Frau haltet. Heute ist ein besonderer Abend, an dem alle besondere Kleidung tragen. Und manche bevorzugen es, sich wie eine Frau herzurichten. Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus?“ „Nein, nein, ich war nur etwas überrascht, mehr nicht“, gestand Youjis Gast, nachdem er sein Glas Sake geleert hatte.

Erleichtert darüber lächelte Youji seinen Kunden an und schenkte ihm etwas Sake in das leere Glas ein. „Wenn Ihr es wünscht, kann ich euch etwas über Host Clubs erzählen oder wäre euch ein anderes Thema lieber?“ Ehrliches Interesse spiegelte sich in dem femininen Gesicht des Hosts wieder, als er Kiriya bei diesen Worten kurz in die Augen blickte.
 

Erneut leerte Kiriya, nach einem ‚Kanpai’, sein Glas, ehe er eine Antwort auf die Frage wusste. „Erzähl mir etwas über deine Arbeit hier, Youji-san“, bat er schließlich und setzte sich dabei etwas aufrechter hin, um sich über den Tisch etwas mehr in die Richtung seiner Begleitung beugen zu können. Er lauschte gespannt und fasziniert, als Youji von dem Club, seiner Arbeit und Ni-chōme erzählte.

Kiriya war etwas überrascht, als er erfuhr, wo er genau gelandet war: „Oh... dann hab ich mich richtig verlaufen.“ Kopfschüttelnd lachte Kiriya über sich selbst und prostete Youji noch einmal zu. „Eigentlich war ich auf der Suche nach einem bestimmten Restaurant in Kabukichō, das mir von einem Bekannten empfohlen wurde. Aber bei meinem schlechten Orientierungssinn ist es kein Wunder, dass ich mich nach Ni-chōme verlaufen habe.“
 

Youji musste über die Offenheit und Ehrlichkeit seines Gastes schmunzeln und stimmte in dessen Lachen mit ein. „Verzeiht, wenn ich das sage, Kiriya-san, aber da habt Ihr euch ganz schön verlaufen. Darf ich fragen, ob ihr nur zu Besuch in Tokyo seid?“
 

„Nein, ich bin nur erst vor kurzem aus den USA für ein Studium hergezogen“, antwortete Kiriya mit einem Lächeln, während sein Blick immer mal wieder durch den Raum glitt, doch meist beobachtete er den jungen Host, der ihm gegenüber saß. Die Unterhaltung genoss er sichtlich, weshalb er nicht bemerkte, wie schnell die Zeit verging.

Irgendwann, nach dem 3. oder 4. Krug Sake, sah Kiriya auf seine Armbanduhr und zog überrascht die Augenbrauen hoch. „Es ist ja schon kurz vor Mitternacht... Ich hab gar nicht mitbekommen, wie die Zeit vergangen ist“, murmelte er leise und konnte ein Gähnen nicht mehr verhindern.
 

Youji hatte die Zeit mit seinem Gast so sehr genossen, dass auch er die Zeit vollkommen vergessen hatte und nun ebenso überrascht war wie Kiriya. „Bedeutet das, dass Ihr schon gehen müsst?“, wollte er wissen und schenkte den letzten Schluck Sake seinem Gast ein, als dieser ihm das Glas entgegen hielt und auf die Frage hin nickte.
 

„Ja, leider, ich muss morgen früh aufstehen“, begründete Kiriya seine Aufbruchsstimmung. „Ansonsten würde ich sicher noch bleiben, schließlich war das Gespräch nett, ebenso wie meine Begleitung.“ Lächelnd leerte Kiriya das letzte Sakeglas, ehe er das Holzkästchen nahm, Youji zuprostete und auch dieses austrank. „Das ist wirklich ein sehr guter Sake“, lobte Kiriya den Sake und stellte das Holzkästchen wieder zurück auf den Tisch.
 

„Vielen Dank für das Kompliment, Kiriya-san. Soll ich Ihnen ein Taxi bestellen?“, schlug Youji vor, da er sich ein wenig um die Sicherheit seines Gastes sorgte. Denn auch wenn es vielleicht nicht so aussah, war dieser doch schon gut angetrunken, während er selbst kaum den Sake angerührt hatte, um später noch nüchtern genug zu sein. „Wenn Sie möchten, kann ich Sie auch nach Hause begleiten.“ Ein wenig Hoffnung schwang in Youjis Stimme mit, da er sehr gern noch etwas mehr Zeit mit diesem Gast verbracht hätte.
 

Doch dieser lehnte das Angebot dankend ab: „Vielen Dank für das Angebot, aber ein Taxi genügt.“ Damit wollte sich Kiriya erheben, doch Youji bat ihn noch sitzen zu bleiben und einen Moment zu warten, was er auch tat.

Geduldig wartend beobachtete Kiriya den Host wieder, als dieser zur Theke ging um das Taxi rufen und sich die Rechnung geben zu lassen, um sie ihm zu bringen. Über den verlangten Preis war Kiriya zwar ein wenig erstaunt, doch ohne zu zögern reichte er Youji den verlangten Betrag und verabschiedete sich mit den Worten: „Vielen Dank für den netten Abend, Youji-san! Ich wünsche eine angenehme Nacht.“
 

„Vielen Dank für Ihren Besuch, Kiriya-san! Ich hoffe, Sie besuchen unseren Club bald wieder“, erwiderte der Host höflich und verneigte sich dabei tief vor Kiriya, bevor er ihn zum Fahrstuhl geleitete. „Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie uns Club bald wieder besuchen würden“, sagte er leise zu seinem Gast, als sie am Fahrstuhl angekommen waren. Legte ein zuckersüßes Lächeln auf und sah ihm dabei direkt in die Augen, bevor er, gespielt schüchtern, seinen Blick wieder senkte.

„Vielleicht“, war die einzige Antwort, die Youji darauf bekam, ehe sich die Fahrstuhltür vor seinem Gast schloss und ihm die Möglichkeit raubte ihm noch etwas zu sagen oder noch etwas zu hören.

Ein wenig traurig darüber, dass Kiriya nun gegangen war, zog sich Youji an die Theke zurück, bestellte sich ein Wasser und flirtete mit dem Barkeeper, um sich die Zeit bis Mitternacht zu vertreiben. Denn erst um diese Zeit erwartete er seinen Stammgast, der ihn für heute Nacht gebucht hatte. Dennoch konnte sich Youji bis zu dessen Eintreffen nicht von der Erinnerung an Kiriya losreißen, den er heute wohl das erste und letzte Mal als Gast gesehen hatte. //Wirklich zu schade... Er wäre sicher einer von den netten Stammkunden gewesen//, seufzte der Host in Gedanken, bevor ihn sein Stammgast mit seiner Begrüßung aus seinen Gedanken riss. Lächelnd wandte sich Youji seinem Gast zu und begrüßte ihn mit den Worten: „Ich wünsche euch einen schönen Abend, ich hoffe, Sie hatten einen angenehmen Tag!“



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