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The Balance of Creation

TYKA u. a.
von

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Das gefrorene Herz (Teil 3)

Hallo, liebe Leser! Ja, ein Update, kaum zu fassen! Warum das so lange gedauert hat? Also: *räusper* Diese FF wird nach dem 37. Kapitel, das bereits fertig ist, abgebrochen werden. Das liegt daran, dass ich mehrere FFs parallel schreibe und schlicht und ergreifend eine Pause brauche. Ich bin ausgelaugt. Wegen Studium und Praktikum/freiberuflicher Tätigkeit habe ich nicht mehr so viel Zeit, und wenn, dann verwende ich diese dafür, an meinem eigenen Roman zu schreiben. Zudem möchte ich, bevor ich mich wieder an dieses Mammutwerk namens The Balance of Creation wage, zuerst jene FFs beenden, die storytechnisch weitaus näher daran sind, fertig zu werden, als diese hier. Das heißt, dies ist ein

vorläufiger Abbruch. Ich kann also nicht sagen, wann genau es weitergehen wird, nur, dass es weitergehen wird. Ich hänge an allen meinen großen FFs und breche prinzipiell keine endgültig ab! Die restlichen Kapitel bis Teil 37 werde ich noch hochladen, danach ist es dann erst einmal vorbei.
 

Ich hoffe, Ihr nehmt mir das nicht übel und bleibt trotzdem treue Leser dieser FF - wie heißt es doch? Gut Ding will Weile haben. Ich bedanke mich für Eure Begeisterung und Eure lieben Kommentare. Haltet mir weiterhin die Daumen. Und nun... Vorhang auf!
 

Kapitel 34: Das gefrorene Herz (Teil 3)
 

Der Prinz des Feuers stieß seine Klinge in den schlammigen Boden und von dort breitete sich eine flammende Spur bis hinüber zu dem riesenhaften Tier aus, bildete einen Kreis und hüllte es in eine Feuersäule ein. Rachsüchtiges und schmerzverzerrtes Fauchen war zu hören. Dem Hüter des Heiligen Phönix stand bereits Schweiß auf der Stirn, denn der Kampf gestaltete sich äußerst anstrengend, zumal Tyson das ganze Schauspiel als höchst belustigend empfand. Wie konnte er nur zu diesem völlig entrückten Mann durchdringen? Er lief zu ihm, packte ihn an den Oberarmen und schüttelte ihn.

„Wach auf, verdammt!! Begreifst du denn nicht, dass dieses Monster auch dich töten wird, wenn du nicht kämpfst?! Komm endlich zu dir!!"

Der Jüngere betrachtete ihn mit einem spöttischen Lächeln, sein Blick war so hasserfüllt, dass Kai ihn unweigerlich losließ und einen Schritt zurücktrat.

„Du kapierst es einfach nicht, oder? Es ist mir scheißegal, was mit mir passiert. Hauptsache, du verschwindest endlich aus meinem Leben. Ich habe es satt, ständig verletzt und ausgenutzt zu werden! Ich will, dass alle sterben, die mir je wehgetan haben! Du zuerst! Ich will dich leiden sehen - ich will sehen, wie du untergehst! Ich werde dir niemals verzeihen! Wie konnte ich dich nur lieben?! Allein die Vorstellung - bah, mir wird schlecht! Soll das Ungetüm dich doch töten! Ich werde dir bestimmt nicht nachtrauern!!"

In dieser Sekunde verschwand die Feuersäule und Zeus konnte erneut zuschlagen. Er donnerte eines seiner Blitzgeschosse zwischen die beiden jungen Männer und sie wichen der Attacke mit geschickten Sprüngen aus. Tyson wirkte kein bisschen beeindruckt, obwohl der Angriff einen tiefen Krater hinterließ.

„Das Tierchen ist wirklich effizient. Mag sein, dass es auch mir ans Leder will, aber wen kümmert‘s? Solange ich meine Rache einfordern kann, ist mir alles egal!"

„Großer Gott, hörst du dir eigentlich selbst zu?! Du redest wie Deimos! Das bist nicht mehr du, Tyson - der Eis-Kuss hat deine dunkle Seite hervorgeholt und begräbt all das in dir, was in deinem Wesen gut und wertvoll war!! Warum zum Teufel wehrst du dich nicht dagegen?! Sicher, du hast gezweifelt, du warst einsam und man hat dich verletzt, aber das hier ist doch keine Lösung!! Irgendwo in diesem Körper muss noch der echte Tyson stecken!! Derjenige, der niemals aufgegeben hat, mochte es auch noch so hoffnungslos sein! Derjenige, dessen Willenskraft die schlimmsten Situationen meistern konnte! Derjenige, für den Freundschaft, Vertrauen, Liebe und Glaube reelle Werte waren, etwas, woran er aufrichtigen Herzens geglaubt hat!! Und das soll jetzt verloren sein? Das ist doch nicht dein Ernst!!"
 

Der Wächter schoss herum und baute ein Schutzschild um sich auf, an dem die Pranke der Bestie abprallte, die ihn gerade zerfleischen wollte. Dann schwang er sein Schwert und fügte der Kreatur eine blutige Wunde zu, die umso höllischer schmerzte, da er die Klinge durch einen Teil der unlängst verbrannten Haut jagte. Als Gegenreaktion wickelte Zeus seinen Schwanz um Kais Hals und schleuderte ihn auf diese Weise gegen die nächstbeste Mauer. Die Rüstung tat ihre Schuldigkeit und verhinderte, dass er sich bei dem harten Zusammenstoß das Rückgrat brach. Trotzdem brannten die Würgemahle an seiner Kehle und er fühlte sich wie betäubt. Lauter Donner grollte über ihm, der Himmel war fast schwarz. Der Japaner kam zu ihm und ging in die Hocke, um ihn ansehen zu können. Die schlanken Finger hoben sein Kinn an und zeichneten die Linien der blauen Zacken nach.

„Ich habe mich immer gefragt, warum du diese albernen Dinger überhaupt trägst. Ist das ein merkwürdiger Tick von dir oder wolltest du bloß ‚cool‘ sein? Tse - wie erbärmlich."

„Ich habe diese Zeichen getragen, weil ein innerer Impuls mich dazu antrieb. Früher wusste ich nicht, weshalb, ich konnte mir diesen Impuls auch nicht erklären... und irgendwann wurde er schwächer und immer schwächer, bis ich sie einfach abwischte. Das ist noch gar nicht so lange her, es geschah kurz, bevor ich nach Japan zurückkehrte, anlässlich der neuen Weltmeisterschaft. Kein Wunder, denn ich sollte die Wahrheit über ihre Bedeutung erfahren. Willst du es wissen? Suzaku trug diese Zeichen auf, um seinen Racheschwur an Hades zu bekräftigen. Blau ist Seiryuus Kennfarbe. Nach seinem Tod hat er den Eid geleistet, den Herrn der Unterwelt zu vernichten und wollte dem eine Art Symbol setzen. Es ist Kriegsbemalung im Sinne des Wortes!"

„Soso - und das soll ich glauben? Seiryuu war für Suzaku nur ein Zeitvertreib, einer seiner vielen Gespielen, die er beliebig austauschen konnte. Von wegen Liebe! Liebe, was ist das im Grunde? Nichts weiter als ein Wort... ein verlogenes und falsches Wort! Wie viele Menschen auf dieser Welt sagen ‚Ich liebe dich‘ und meinen es gar nicht!"

„Du hast recht. Es gibt viele, für die ‚Liebe‘ immer eine Floskel bleiben wird. Solche Menschen sind zu bedauern, weil sie nichts begriffen haben. Auch ich....habe lange nicht begriffen. Ich dachte, man müsste darauf warten... auf Zärtlichkeit, Anteilnahme, Verständnis. Aber wer selbst nichts gibt, kann auch nichts zurückbekommen. Liebe ist nicht etwas, auf das man warten kann. Liebe ist etwas, das man tun muss. Du warst es, der mich das gelehrt hat. Du hast nicht danach gefragt, wie die Belohnung für deinen Einsatz aussieht. Und dass meine Zurückweisungen dich deshalb oft enttäuscht haben, ist mir klar. Denn du hast nur das von mir gefordert, was du bereits von dir aus an mich weitergegeben hattest, aber nicht einmal das habe ich fertiggebracht. Ich konnte es nicht erwidern. Ich hatte Angst... alle Menschen haben Angst vor dem Unbekannten. Mir waren positive Gefühle unbekannt. Man hatte mir eingetrichtert, dass dieser so wichtige Aspekt meiner Menschlichkeit eine Schwäche ist und daran habe ich mich gehalten. Aber du... du hast mich erkennen lassen, dass ich auf dem falschen Weg war. Andere hätten es vielleicht verdient, mit dem Eis-Kuss bestraft zu werden - doch du... nein, Tyson. Du hast es nicht verdient."

„Was für ein dummes Geschwätz! Hast du noch nicht geschnallt, dass ich dich hasse!?"

Der Graublauhaarige richtete sich mühsam auf und antwortete: „Wenn du mich hasst, so heißt das, dass ich dir immer noch etwas bedeute, denn das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass. Das Gegenteil von Liebe ist Gleichgültigkeit. Solange du mich hasst, bin ich dir nicht gleichgültig. Das ist Grund genug für mich, dich nicht aufzugeben."

„WAS?! DU BIST JA VOLLKOMMEN IRRE!!!"
 

Eine Hand schloss sich um einen weißen Hals und drückte zu. Der Russe verband seine Augen mit denen seines Gegenübers und versuchte krampfhaft, den Würgegriff zu unterbrechen. Die Kraft, die dahinter stand, war nicht die eines normalen Menschen. Der geballte Hass, der ihm aus diesen schwarzblauen Tiefen entgegen peitschte, schnitt ihm in die Seele wie ein Messer. Seine verzweifelt suchenden Finger bekamen einen Ärmel des Regenmantels zu fassen.

„Ich... will... nicht gegen dich kämpfen..."

„Oh, wie rührselig. Ich muss gleich weinen."

„... aber ich werde, wenn ich es muss!!!" Und damit schickte er einen rotierenden Flammenstrahl über seinen Arm und seine Hand bis zu dem Mantel, der sofort Feuer fing. Es spielte keine Rolle, dass dieser eigentlich klatschnass war, da das magische Feuer das Wasser in Sekundenbruchteilen verdampfen lassen konnte. Tyson stieß einen Schrei aus und zerrte sich das brennende Kleidungsstück vom Leib, so schnell er konnte. Er starrte Dranzers Hüter entgeistert an, die Atmosphäre zwischen ihnen war bis zum Zerreißen gespannt. Zeus, den der persönliche Konflikt nicht scherte, näherte sich ihnen in unheimlicher Stille, wie Raubkatzen das zu tun pflegen, wenn sie auf eine Beute spekulieren. Seine riesige Gestalt verschmolz mit dem düsteren Himmel, Blitze zuckten vorüber.
 

**Gib mir ein Zeugnis deiner Kraft. Beweise, dass du meiner Wahl würdig bist. Zeige die Stärke deines Herzens in meinem Angesicht!**

»Wer....wer bist du?«

**Du weißt, wer ich bin.**

»Dra... Dragoon?«

Hiro konnte sich nicht vorstellen, warum der Schutzgott ausgerechnet zu ihm sprach. Wie konnte er von ihm verlangen, die Stärke seines Herzens zu beweisen? Er war unendlich erschöpft, vor allem seelisch, und konnte keine Stärke mehr in sich finden. Er berührte sein Gesicht, spürte die heißen Tränen, die seine Haut benetzten. Deimos beobachtete ihn, er schien nicht bemerkt zu haben, dass sich der Heilige Drache mental bei ihm gemeldet hatte. Er zuckte zurück, als der Soldat des Todes in die Knie ging und sich anschickte, seine Tränen ein zweites Mal abzuwischen. Die Hand, die sich nach ihm ausstreckte, wurde zur Seite geschlagen.

„Rühr mich nicht an, du Bastard...!" stieß er leise hervor.

War der Stolze gebrochen? Kapitulierte er? Das war es, was er gewollt hatte. Sicher, Lord Hades hatte ihm den Auftrag erteilt, den Silberhaarigen zu töten, aber diese innere Niederlage gefiel ihm wesentlich besser. Zumindest hatte er angenommen, dass sie ihm besser gefallen würde. Nur war da dieser seltsame Stich in seiner Brust, der ihm die erhoffte Begeisterung und Genugtuung verwehrte. Reute es ihn am Ende, Hiro so gequält zu haben? Lächerlich! Natürlich, er hatte ihn begehrt, er begehrte ihn noch, aber als Person war er bedeutungslos für ihn.

„Gibst du auf? Das wird auch Zeit, Schönster. Sieh es ein. Euer Widerstand gegen die Finsternis ist ein sinnloses Unterfangen. Warum gegen etwas kämpfen, das unvermeidbar ist? Warum fügt ihr euch nicht in euer Schicksal? Ihr werdet sowieso verlieren."

Dieser Satz brachte in Hiros verdunkelten Gedanken eine kleine, winzige Erinnerung an die Oberfläche - eine Erinnerung an jene Zeit, da sein Vater gerade damit begonnen hatte, ihn für seine spätere Aufgabe auszubilden. Klein-Hiro, zehn Jahre jung und in übergroßen Kendogewändern, trampelte frustriert auf seinem Holzschwert herum, weil er schon wieder besiegt worden war.

„Ich mag nicht mehr trainieren... das klappt alles nicht!" rief er und zog einen Schmollmund. „Ich werde nie gegen dich gewinnen, Papa!"

„Du musst es nur immer wieder versuchen, mein Sohn, dann wirst du eines Tages auch erfolgreich sein."

„Was bringt es, es immer wieder zu versuchen, wenn man trotzdem verliert?"

„Wenn man etwas erreichen will, muss man dafür kämpfen. Es ist wahr, wenn man kämpft, bedeutet das nicht automatisch, dass man auch gewinnen wird. Man kann kämpfen und verliert dennoch. Aber wer nicht einmal zu kämpfen versucht... der hat schon verloren."

Wer nicht einmal zu kämpfen versucht, der hat schon verloren.

Wie hatte er das vergessen können! Er hatte harte Schicksalsschläge hinnehmen müssen, aber konnte er es sich angesichts der schrecklichen Bedrohung, die diese Welt heimsuchte, erlauben, einfach in Selbstmitleid zu versinken? Nein! Er war so weit gekommen, hatte so vieles durchmachen müssen... und nun wollte er... aufgeben?! Er, Hiro Kinomiya?! Was war mit seinem Bruder? Mit seinen Freunden? Mit Brooklyn?! Er konnte sie unmöglich im Stich lassen! Hatte er denn das alles ertragen, nur, um jetzt davonzulaufen wie ein elender Feigling? Nein! Niemals! NIEMALS!!! Er ballte die Fäuste und erhob sich. Langsam, aber ohne zu zögern, schritt er auf den Ausgang der Halle zu, um Kai und Tyson zu helfen. Sofort legte sich wieder eine Schattenspirale um seine Knöchel und Handgelenke.

„Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich dich einfach so laufen lasse, du Narr?"

„Du tust mir leid, Deimos."
 

„... eh... wie bitte?!"

„Weil du allein bist. Du bist vielleicht mächtig, aber ganz allein. Was hat man dir in deiner Vergangenheit nur angetan, dass du Hades freiwillig dienst? Was konnte er dir versprechen, dass du dafür dein Herz geopfert hast? Alles, was du kennst, sind Hass, Zorn, Verbitterung, Angst, Verzweiflung, Schmerz. Du bist jämmerlich."

„Was zum...?! Habe ich dich immer noch nicht genug geschunden, um deinen Willen zu zerbrechen?! Woher nimmst du diese Kraft!?"

„Sie kommt tief aus meinem Herzen. Meine Kraft sind die Menschen, die mir viel bedeuten. Ja, ich war kurz davor, aufzugeben, geschwächt durch meinen eigenen Kummer. Alles hinzuschmeißen und nicht mehr zu kämpfen, das ist so einfach. Aber so bin ich nicht erzogen worden. Mein Vater hat mich gelehrt, dass man kämpfen muss, egal wie schlimm es aussieht, denn wenn man es nicht einmal versucht, hat man schon verloren. Nicht jeder schafft das, dessen bin ich mir bewusst. Aber ich... kann es schaffen. Weil ich gelitten habe und an diesem Leid gewachsen bin. Weil es Menschen gibt, die mir vertrauen und denen ich vertraue. Und weil ich es mir selbst schuldig bin. Selbstmitleid ist der falsche Weg. Ich habe mir geschworen, mich nicht von der Finsternis besiegen zu lassen - nicht von dir. Also werde ich kämpfen!"

Der Orangehaarige sah ihn fassungslos an. Mechanisch senkte er seine Hand und die Schattenspirale löste sich auf. Er atmete schwer; es schien, als überstiege diese Situation seinen Verstand. Hiro näherte sich ihm in seltsamer Ruhe.

„Lass mich Brooklyn eine kleine Botschaft übermitteln. Ich weiß, dass er noch in dir ist, denn sonst hättest du mich schon längst getötet." Er berührte sanft das Kinn des anderen und zwang ihn dadurch, ihm in die Augen zu blicken. Deimos wehrte sich nicht, er starrte nur. Der Kendoka neigte sich vor und küsste ihn zärtlich auf den Mund. Nachdem er sich wieder von ihm gelöst hatte, flüsterte er: „Ich liebe dich, Brook. Und wo immer deine Seele ruhen mag, sie ist noch da. Ich werde sie finden und dich zurückbringen. Das ist ein Versprechen. Ich werde dich retten - egal, was es mich kostet!"

Plötzlich erstrahlte ein blaues Licht inmitten der Halle. Dragoon, in etwas verkleinerter Form, materialisierte sich vor Hiro und stellte seine beeindruckenden Flügel auf. Obwohl nicht in seiner eigentlichen Größe erschienen, war er doch von imposanter Majestät.

**Auserwählter, der du würdig bist, eine Stütze des Gefüges zu sein... die Stärke deines Herzens habe ich in der Tat festgestellt. Bewahre das Gleichgewicht der Elemente, solange es geschwächt ist und führe diese Waffe, um für mich zu kämpfen.**

Windböen tanzten vor dem verblüfften Japaner und verwandelten sich nach und nach in ein traditionelles Samuraischwert, ein Katana. Es steckte in einer prachtvollen schwarzen Scheide, die mit einem silbernen Drachen geschmückt war.

**Das ist ‚Murasame‘. Im Laufe der Geschichte von Eden hat es schon mancher Würdenträger auf Erden sein Eigen genannt, aber es hatte stets eine andere Gestalt und einen anderen Namen, denn es richtet sich nach der Heimat, den Gebräuchen, dem Status und dem Charakter seines Besitzers. Man kannte es beispielsweise als Gram [1] und auch als Excalibur [2]. Nun gehört es dir. Empfange es als deine Weihe, Herr der Stürme!**

Wie hypnotisiert nahm Hiro die Waffe entgegen und weitere wirbelnde Böen kreisten ihn ein.

Seine Kleidung begann sich zu verändern. Als die Metamorphose beendet war, glich er einem Ninja, denn er trug ein blaues Stirnband mit Metallplatte (ähnlich wie bei „Naruto", nur ohne Symbol), einen schwarzen Mantel ohne Kragen, dafür aber mit Brustschlitz bis an die blaue Schärpe, die den Mantel zusammenhielt; darunter befand sich ein ebenfalls schwarzes Netzhemd. Um den Hals war ein langer blauer Schal geschlungen, hinten geknüpft, damit die Enden über den Rücken fielen, genauso wie bei Kai. Gesichtsmaske, Hose und Stiefel waren natürlich auch schwarz. Er sah an sich hinauf und hinunter. Das also war sein Äußeres nach der Verwandlung. Gar nicht übel. Ein letzter Blick zurück zu Deimos, dessen Körper ein krampfartiges Zittern befallen hatte, eine Verbeugung vor Dragoon, der sie mit einem hoheitsvollen Nicken akzeptierte und er trat auf die Veranda hinaus.
 

Im Garten tobte die Schlacht ungemindert weiter. Zeus hatte den Disput unterbrochen, indem er seine Krallen sprechen ließ. Der Hüter des Heiligen Phönix war verwundet; seine Knie waren aufgeschürft und er blutete aus mehreren tiefen Schnitten, einer davon befand sich auf seiner linken Wange. Tyson hatte sich zwischenzeitlich mit Windböen verteidigt, aber da er nicht verwandelt war, besassen sie nur ihre halbe Kraft. Der Löwe erkannte das und ließ von dem Russen ab. Mit einem gewaltigen Satz sprang er zu dem Blauhaarigen, der gleichfalls verletzt war, und hob eine seiner Pranken.

„Das wirst du nicht tun!!!"

Eine Klinge zischte durch die Luft, kurz erhellt durch einen besonders grellen Blitz. Dann erscholl ein zorniges Brüllen, denn der Hieb mit dem magischen Schwert hatte die Pranke komplett abgetrennt. Hiro überschlug sich in erstaunlicher Höhe ein paar Mal, ehe er geschickt auf seinen Füßen landete.

„Wage es noch einmal, meinen Bruder anzurühren, und du wirst es bitter bereuen!!"

Sein Blick war härter als Stahl. Die Bestie glotzte ihn an und schnupperte. **Du riechst nach Magie! Ein Würdenträger! Also hast du die Prüfung bestanden? Warum hat Meister Deimos dich nicht umgebracht? So lautete der Befehl unseres Herrschers!**

„Du glaubst mir vermutlich nicht, aber Deimos kann mich nicht töten."

**Was!?!**

„Er bringt es nicht über sich." Ohne die Kreatur weiter zu beachten, ging er zu Tyson hinüber und wollte die Wunden unter die Lupe nehmen, aber der Jüngere stieß ihn weg. Gnadenlose Augen musterten ihn angewidert, als wäre er ein ekelerregendes Monster.

„Fass mich nicht an, du Drecksack!! Denkst du, eine einzige Rettung kann wettmachen, was ich deinetwegen durchleiden musste?! Und du, Kai...", wandte er sich an den Prinzen des Feuers, „... du bist noch weniger wert als mein schmutziger Bruder!! Redest großspurig von Liebe und erwartest von mir, dass ich dir diesen gequirlten Mist abkaufe!! Ich spucke auf deine feigen Lügen!! Iras ist der einzige Mann, den ich je wirklich geliebt habe!! Halte dich ab jetzt aus meinem Leben raus, oder ich töte dich!!"

Kai biss sich so fest auf die Lippen, dass es blutete. Er schob seine kostbare Klinge in die Scheide zurück und straffte die Schultern, gleichgültig gegen seine Verletzungen. Seine rubinroten Augen fixierten die schwarzblauen seines Gegenübers.

„Gut. Dann töte mich."

Hiro sog laut die Luft ein vor Entsetzen. Mit Grausen verfolgte er, wie sich ein hinterhältiges Grinsen auf dem Gesicht seines Bruders ausbreitete. War denn alles Gute in ihm zu Eis erstarrt?! Fühlte er denn gar nichts mehr außer dieser eingebildeten Liebe?! Tyson spannte die rechte Hand an und ein rotierender Windwirbel bildete sich darum. Er konnte Windströme erzeugen, die selbst einen Felsen spalten konnten. Was hatte ihm da ein menschlicher Körper entgegenzusetzen? Er rannte auf sein Opfer zu.

Mitten in der finalen Bewegung hielt er jedoch inne und verharrte in der Angriffsstellung. Plötzlich schrie er auf, als würde er aufgespießt und presste beide Hände an seine Brust. Ein namenloser Schmerz schien ihn zu durchrasen. Sein Blick wurde hohl und leer. Er fiel zu Boden und rührte sich nicht mehr.

„Tyson...?!"

Zeus, der seiner Pranke verlustig geworden war, verschwand in einem dunklen Strudel, weil er in diesem Zustand nicht weiterkämpfen konnte. Deimos in der Halle spürte deutlich, dass sich sein Geschöpf soeben davonmachte und er versuchte, sein eigentümliches Zittern zu unterbinden, um ihm folgen zu können.

»Wie konnte er sich erdreisten, mich so... unsagbar zärtlich zu küssen?! Und wieso konnte ich ihn wieder nicht vernichten?! Sicher, ich verstehe durchaus, dass der Kuss Brooklyn galt und nicht mir... aber warum will er nicht begreifen, dass Brooklyns Seele längst verdaut worden ist? Weil er ihn liebt? Glaubt er deshalb, dass er ihn befreien könnte? Sei verflucht, Hiro! Wie konntest du es wagen, mich mit wahrer Liebe zu konfrontieren?! Das ist nicht fair - und muss bestraft werden!«

Er berührte seine Lippen. Sie brannten noch von der Wärme des Kusses.

»Ja, ich werde dich bestrafen, mein wunderschöner, stolzer, unbezähmbarer Krieger... ich muss dich haben... Ich muss dich haben, oder ich sterbe!!«

Er schlug sich die Hand vor den Mund, zutiefst bestürzt. Was zum Teufel dachte er da?! Verlangen. Sehnsucht. Leidenschaft. Wie konnte er so etwas fühlen?! Wild schüttelte er den Kopf und teleportierte sich in die Unterwelt zurück. Aber die Angst blieb, selbst in seinen vertrauten Gemächern. Die Angst vor dem, was Hiro in ihm auslöste...

„Tyson?!" wiederholte Kai, lief zu dem ohnmächtigen jungen Mann hinüber und nahm ihn behutsam in die Arme. „Er... er atmet nicht!! Was ist mit ihm?!"
 

Der Krankenwagen wurde gerufen. Nachdem Kais Wunden versorgt worden waren, hätte er eigentlich noch eine Weile im Bett bleiben sollen, aber er weigerte sich. Hiro und er begaben sich zum Arzt, um die Diagnose zu hören. Der Mediziner, ein Herr Anfang Fünfzig, mit bereits schlohweißem, aber immer noch vollem Haar und einem Schnurrbart, begrüßte sie herzlich, wenn auch etwas steif und wollte offenbar nicht so recht heraus mit der Sprache.

„Ich... ich habe eine schlechte Nachricht für Sie", erklärte er endlich. „Mr. Tyson Kinomiya hat... er hat... einen Herzstillstand erlitten. Wir haben ihn an die entsprechenden Geräte angeschlossen, damit sein Herz weiter schlägt und ihn am Leben erhält. Aber das ist alles, was wir für ihn tun können. Ein solcher Fall ist mir noch nie untergekommen."

„Er... er kann nur noch durch die Geräte am Leben erhalten werden?!"

„Ja, leider. Es ist mir ein Rätsel. Körperlich ist er völlig gesund, wenn man von den kleineren äußeren Verletzungen absieht. Aber sein Herz will einfach nicht selbstständig schlagen. Es ist, als wäre es... ich weiß nicht, wie erstarrt. Ohne die Maschinen... würde er sterben."

Die nachfolgende Stille war ein einziges, unerträgliches Gewicht auf den Schultern zweier Menschen. Hiro verbarg sein Gesicht in den Händen, während sich der Russe kraftlos auf einen Stuhl fallen ließ.

„Können... Sie ihm wirklich nicht helfen?" Er sprach mit einer ganz fremden Stimme. Der Arzt seufzte und legte das Krankenblatt beiseite.

„Ein derartiger Zustand ist mir unbegreiflich. Ich kann nichts beheben, wenn ich keine Ursache finde. Wissen Sie etwas genaueres?"

Was hätten sie ihm sagen sollen? Schweigend traten sie den Nachhauseweg an. Der Silberhaarige brühte sich einen Tee auf, denn das Gewitter wütete nach wie vor über der Stadt und er sehnte sich nach etwas warmem. Nun war er... tja, was war er denn eigentlich geworden? Er würde Dragoon nach den näheren Details fragen müssen. Das Beyblade war zurückgeblieben und er hatte es in der Nachttischschublade seines Bruders verstaut. Tyson... was konnte er für ihn tun? Wie heilte man ein gefrorenes Herz? Lautes Rumpeln und Krachen unterbrach seine Gedankengänge. Er rannte zur Übungshalle, fand niemanden und öffnete die Schiebetüren, die zum Trainingsbereich hin lagen. Kai hatte sich ein Holzschwert ausgeliehen und schlug damit auf eine der Strohpuppen ein, mit denen Zielen, Anvisieren und ähnliche Dinge geschult wurden. Es kümmerte ihn nicht, dass der Regen ihn von oben bis unten durchweichte. Die Hiebe waren schnell, hart, verzweifelt. Er prügelte drauflos, ohne sich darum zu scheren, wohin er traf. Jeden Streich begleitete ein Schrei. Hiro stürzte nach draußen, als es dem Jüngeren gelang, die Strohpuppe zu enthaupten.
 

„Kai, so beruhige dich doch!!"

Dranzers Wächter brach schluchzend in den Armen des 24jährigen zusammen. Seine Selbstbeherrschung, seine Kontrolle, seine unerschütterliche Maske kollabierten in derselben Sekunde. „Ich habe es nicht geschafft...! Ich konnte ihn nicht zur Vernunft bringen! Und jetzt... jetzt ist er so gut wie tot!! Und gesagt habe ich es ihm auch nicht!! Ich habe ihm nicht gesagt, dass ich ihn liebe!! Ich habe... es ihm... nicht gesagt... und nun ist es zu spät!!"

Zu spät. Was für furchtbare Worte. Kai weinte hemmungslos, zermürbt und unglücklich. Die Vorstellung, Tyson für immer zu verlieren, hatte in seinem Inneren einen Damm bersten lassen. Tausende von bislang ungeweinten Tränen bahnten sich einen Weg durch ihn hindurch, rannen über sein Gesicht, vermischten sich mit den Regentropfen. Hiro sprach nicht. Er hielt den anderen Mann einfach nur fest und weinte im Stillen. So fanden sie Ray und Max, als sie vom „Tokyo Palace"-Hotel zurückkehrten, wo sie mit Lee und Mariah verabredet gewesen waren.

„Oh nein, was macht ihr beiden denn hier draußen?! Ihr holt euch den Tod!"

Der Amerikaner scheuchte sie ins Haus und fing an, in der Küche für jeden einen Erkältungstee nach eigenem Rezept zuzubereiten. Zusätzlich kochte er ihnen ein nahrhaftes Süppchen, während Ray ihnen befahl, die nassen Sachen auszuziehen und sie anschließend in sämtliche Decken und Kissen einpackte, die er in die Finger bekam.

„Was ist passiert?" erkundigte er sich ernst. Er hatte sofort erkannt, dass etwas Schlimmes geschehen sein musste, denn seine Freunde waren am Boden zerstört und das merkte man ihnen an. Max erschien mit dem Tee und zusammen mit dem Chinesen flößte er Kai und Hiro die wohltuende Flüssigkeit ein. Die Suppe köchelte indessen auf dem Herd. Lange Zeit sagte keiner ein Wort, bis der Russe monoton zu erzählen begann. Als er geendet hatte, saßen der Hüter des Heiligen Tigers und der Hüter der Heiligen Schildkröte niedergeschmettert auf dem Sofa. Dann berichtete auch Hiro von seiner erneuten Konfrontation mit Deimos und von seiner Verwandlung. Der Schwarzhaarige stand auf.

„Sieh nach der Suppe, Max. Ich rufe Mr. Dickenson an."

Der Zaubermeister ließ sie nicht warten. Zehn Minuten später erreichte er den Kinomiya-Dojo und erfuhr von den Ereignissen um das gefrorene Herz. Er war schwer erschüttert; die Sorgenfalten auf seiner Stirn traten deutlich hervor.

„Ich will dir erklären, was du jetzt darstellst, Hiro. Du bist ‚würdig‘, das bedeutet, deine Seele ist von bemerkenswerter Stärke und besitzt das bei normalen Menschen extrem seltene Potential zur Magie. Du bist ein Pfeiler des Gleichgewichts der Elemente. Falls zwischen den Prinzen der vier Elemente Uneinigkeit oder Disharmonie herrscht, oder wenn einer von ihnen von Zweifeln und Unsicherheiten geplagt wird, gerät das Gleichgewicht der Kräfte ins Wanken. Um das auszugleichen, existiert die Regelung der Pfeiler. Pfeiler sind gewöhnliche Menschen, auf der Erde geborene Personen, deren seelische Stärke sie für die Anwendung von Magie empfänglich macht. Sie dienen der Absicherung. Sollte das Gleichgewicht der Elemente schwanken, aus was für Gründen auch immer, so wird der Würdenträger einer Prüfung unterzogen und kann sich das Recht erwerben, Pfeiler zu sein. Er erhält einen magischen Gegenstand als äußeres Zeichen seines Amtes. Da die Würdenträger aber trotz der an sie verliehenen Fähigkeiten normale Sterbliche sind, können sie ihre Funktion nur als Einheit erfüllen, das heißt, als komplette Gruppierung der vier Elemente. Tyson schwebt in Lebensgefahr und Kai....verzeih, mein Junge....ist momentan am Ende. Feuer und Luft sind uneins und das können Wasser und Erde nicht mehr ausreichend ausbalancieren. Die anderen drei Würdenträger müssen so schnell wie möglich geprüft werden, damit das Gleichgewicht nicht kippt!"

„Mr. Dickenson... nein, ich meine, Diomedes..."

„Ja, Kai?"

„Sagen Sie mir die Wahrheit. Gibt es eine Möglichkeit, Tyson zu retten?"

Der alte Herr sah ihn eindringlich an. „Der Eis-Kuss ist mir nicht unbekannt, er ist eine höchst grässliche Technik der Schwarzen Magie. Als Zaubermeister muss man auch in den dunklen Gebieten seines Metiers besser bewandert sein als andere. Ja, es gibt eine Möglichkeit. Aber ich muss dich warnen: Sie ist gefährlich. Sie ist sogar sehr gefährlich."
 


 

[1] Gram: Der Name von Siegfrieds Schwert aus dem "Nibelungenlied". Es ist auch unter anderen Namen bekannt, z. B. "Balmung".

[2] Excalibur: Der Name des legendären Schwertes von König Arthur.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  jyorie
2013-06-10T14:50:59+00:00 10.06.2013 16:50
Hallo ^_^

Es gibt eine rettung für den Eiskuss? hm … das hört sich doch sehr gut an, aber so wie der Meister redet, kostet es einen hohen Preis und es scheint nicht sicher zu sein, das es wirkt … ich hoffe das es klappt.

*ggg* jetzt wird verraten was du mit dem Titel gemeint hast :D Die Stützen sollen das Gleichgewicht bewahren. Wow, nicht schlecht das es außer den Prinzen noch eine letzte Reisleine gibt – hattest du von anfang an, das so geplant.

CuCu Jyorie

Von:  chrono87
2010-07-21T19:53:46+00:00 21.07.2010 21:53
gott, wie kann tyson so etwas sagen? er verletzt den armen kai. der muss doch völlig am ende sein, wenn er solche kalten worte von seinem schatz zu hören bekommt. wissentlich und kämpft dann auch noch mit zeus.
aber das ist alles nur deimos schuld, der tysons momentane situation ausnutzt.
zum glück hat sich hiro als würdig erwiesen und wird zum würdenträger. allerdings ist er jetzt sicher auch in gefahr. ob es ihn gelingt deimos zurückzuholen? und wie wird es mit tyson und kai weiter gehen`? es muss doch wie ein schlag ins gesicht sein, zu erfahren, dass sein geliebter einen herzstillstand erlitten hat und die chancen für sein überleben nicht gewehrleistet ist.
ich freu mich auf die kommenden kapitel.
schreib bitte schnell weiter
lg chrono87


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