Short Cut Thoughts
Die Nacht war ähnlich wie der Tag hier in Night City - Dunkel und trübe. Kira jagte mit seiner kirschroten Shiva durch die breiten Straßen der Moderate Zone und malte leuchtende Steifen in die Atmosphäre, die sich in Neonreklamen auflösten. Er war ein toter Mann in einer toten Stadt voller Leben und das Sterben gehörte nun einmal auch dazu. 14 Millionen Menschen in dieser Stadt, 10 Millionen registrierte, 4 bis 5 Millionen Schattenbürger und jeder einzelne davon wollte Leben. Das Desaster war vorprogrammiert. Wer lebte, kam schnell anderen in die Quere, und wenn das geschah, dann kam es vor, dass einer Sterben musste.
Kira war ein Mann, der keine Vergangenheit besaß. Er hatte ein Leben gehabt, er hatte eine Geschichte. Aber der Junge, der als Shikkaido Akira geboren wurde, hier irgendwo in dieser beschissenen, schmutzigen Stadt, und das Japan, das ihm seine Eltern vorgelebt hatten, nie gesehen hatte, existierte längst nicht mehr. Er war ihm in die Quere gekommen und er hatte ihn erstickt und doch hatte er das Gefühl, ein Kind atmete in seiner Brust von Zeit zu Zeit. Wie war es sonst möglich, dass er immer wieder über richtig und falsch nachdachte, und nicht nur über das Geld, dass er bekam? Wie kam es, dass er Amerika hasste und dessen dreckigen Abschaum, seine Kulturlosigkeit verdammte, obwohl er Japan niemals gesehen hatte? Wie kam es, dass er sie nicht verstand, diese schamlosen und ehrlosen Bastarde in den Straßen dieser Stadt, obwohl er selbst nur ein Verlierer war, der den Weg der Gewalt gegangen war?
Die Shiva raste an einer unbewachten Stelle in die Kampfzone, wo ihre Lichter das einzige zu sein schienen, was die Dunkelheit vertrieb. Die Gedanken des Killers blieben finster.