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Dunkle Dämmerung

Kampf um die Götterschwerter *abgeschlossen*
von

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Dymeons Suche: Die weiße Sternenblume

Suuuuper vielen Dank an meine Leser! Ich freue mich ehrlich über jedes einzelne Kommi!^^ Es macht auch nichts für jedes Kapitel eins zu schreiben, Elayne, im Gegenteil mehr Kommis lassen die Geschichte doch für Außenstehende attraktiver aussehen^^ Danke auch an Schattenthron, Renesati und Tikal! Ich nehme mir eure Kritik zu Herzen, versuche weiterhin schnell neue Kapitel zu schreiben/hochzuladen und hoffe Dunkle Dämmerung wird euch noch ne Weile begeistern!^^

Hier jetzt erstmal der letzte Teil von Dymeons Reise:

(Bleibt mir gewogen^^)

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Kapitel XV - Dymeons Suche: Die weiße Sternenblume
 

Kevin Douglas lag in seinem Zimmer auf dem großen, gemütlichen Bett und starrte an die Decke. Neun Tage waren seit der Schlacht gegen Assessina und der Verwundung seiner zwei Freundinnen vergangenen. Victoria hatte sich inzwischen wieder vollständig von ihrem durch Aramea verursachten Anfall erholt, Zeliarina dagegen befand sich noch immer in einem komaartigen Zustand und wandelte durch die unergründlichen Tiefen der Illusag. Es gingen Gerüchte um, dass Dymeon im Namen des Ordens eine frühere Lancelorin neu rekrutiert haben soll, doch auch diese schien mit dem Problem nicht fertig zu werden. Nichts konnte Zeliarina zurückholen. Viele Leute in Falcaniar hatten die Hoffnung auf ihre Genesung bereits aufgegeben, denn nach neun Tagen war noch nie jemand aus der Traumebene zurückgekehrt.

Kevin seufzte und drehte seinen Kopf, so dass er aus dem Fenster gucken konnte. Schnee lag in einer dicken Schicht über dem Weg, der zum östlichen Strand der Insel führte. Der Winter hatte die Welt noch immer fest im Griff und das Thermometer, das Kevin draußen angebracht hatte, zeigte rekordverdächtige Minusgrade.

Wenigstens schneite es nicht, denn Kevins Kalender verkündete den 31. Dezember, also Sylvester. Man wollte den Tag in Falcaniar feierlich begehen, um den Ordensmitgliedern zumindest den geringen Eindruck zu geben, dass das Leben normal weitergehen würde. Einige Lancelor hatten sogar Feuerwerkskörper gekauft, während sie im Rahmen eines Auftrags am Festland gewesen waren. Kevin musste dafür nicht einen Finger krümmen. Perfekt zum Frühstück brachte ein Lancelor im Auftrag von Kevins Vater ein Pakt mit Knallern.

Kevin hätte es beinahe sofort weggeschmissen. Diese Art von Geschenken kam häufig von seinem Vater. Er hatte es nie ausgesprochen, doch als weltberühmter Schauspieler war er auf gewisse Weise erleichtert seinen schwierigen Sohn nicht bei sich haben zu müssen. Kevin hatte das Paket lange betrachtet, ehe er es schließlich doch an sich nahm. Was nützte es die Feuerwerkskörper abzulehnen, wenn er sie zum Wohle seiner wahren Heimat einsetzen konnte? Schließlich sollte Sylvester nicht genauso ein trübsinniger Feiertag wie vergangenes Weihnachten werden, nachdem man die im Geist gefangene Zeliarina aus den Ruinen von Tradan zurückgebracht hatte...

Es klopfte an der Tür.

Kevin stellte mit der Fernbedienung die Punkmusik leiser, die aus seiner Anlage hämmerte, und stand auf, um die Tür zu öffnen. Victoria stand auf der Schwelle und betrat das Zimmer wortlos. Sie war in den letzten Tagen oft zu ihm gekommen. Manchmal spielten sie dann ein wenig Schach oder unterhielten sich über die Zukunft, manchmal saß sie jedoch auch einfach nur schweigend neben ihm auf dem Bett und lauschte der Musik.

"Irgendetwas Neues?", fragte Kevin die Telepathin. Victoria ließ sich auf dem Bett nieder, betrachtete ihn eine Weile aus ihren unergründlichen, kühlen Augen und nickte schließlich. "Wie die meisten Lancelor sagen, ist Dymeon gestern mit einer Frau zurückgekehrt. Sie heißt Jessica und war zu ihrer Zeit wohl eine mächtige Traumwandlerin des Ordens. Doch als ich heute Doc Fossil getroffen habe, konnte ich aus ihren Gedanken lesen, dass selbst Jessica nichts unternehmen konnte. Nun ist Dymeon auf der Suche nach einer Pflanze, die vielleicht zu einem hilfreichen Serum verarbeitet werden könnte..."

"Also gibt es immer noch Hoffnung", beendete Kevin lächelnd. Der Gedanke gab ihm irgendwie Mut, denn obwohl der Lancelor-Orden jetzt zwei Götterschwerter besaß, schien die Stimmung bedrückter als sonst. Es schien fast so, als würden einige nicht mehr voll dabei sein, so als kämpften sie nicht mehr mit so viel Energie wie früher. So als würden sie resignieren...

"Es ist nur das gewaltige Atemholen vor dem Angriff", erklärte Victoria, die wie so oft schamlos seine Gedanken las. "Die Lancelor warten auf das, was mit Zeliarina geschehen wird. Die Dämonen dagegen haben Azuransas verloren und brüten vermutlich darüber, wie sie es zurückbekommen. Es ist eine Pattsituation..."

"Dann sollten wir die kurze Ruhe genießen, solange sie uns gewährt bleibt..." Victoria nickte zustimmend und lehnte ihren Hinterkopf mit geschlossenen Augen gegen die Wand. Kevin fand, dass irgendetwas in letzter Zeit anders an ihr war, konnte jedoch nicht mit dem Finger darauf zeigen. Nachdenklich glitt sein Blick über ihre schwarzen Haare, den weißen Nacken, die zarten Hände und die Brust, die sich gleichmäßig hob und senkte. Als er den Gedanken nicht verdrängen konnte, dass sie - egal was anders war - noch schöner war, errötete er.

Schnell versuchte er den Gedanken mit irgendetwas anderem zu überdecken und erinnerte sich an das Päckchen Feuerwerkskörper, das ihm geschenkt worden war. Mit überschwänglicher Begeisterung zeigte er es Victoria, auch wenn er dabei das Gefühl hatte, dass ihre Augen mehr auf ihm lagen als auf dem Paket...
 

Die Zeit verflog und Dunkelheit brach herein. Einige Lancelor, unter anderem der Palas Storm, wuselten auf dem weiten Feld vor Falcaniar herum und bereiteten alles für ein Feuerwerk vor, an dass man sich noch lange erinnern würde. Schließlich gab es auch junge Begabte, die nur zur Ausbildung in der Feste waren und deswegen nichts mit den Lancelor und ihrem Krieg gegen die Dämonen zu tun hatte. Natürlich wünschte man sich, dass möglichst viele von ihnen die Höhle der Prüfungen durchschritten, um ein Ordensmitglied zu werden, doch man zwang niemanden.

Storm war gerade damit beschäftigt eine Reihe silbergoldner Raketen mit dem Hauptzünder zu verbinden, als Dunkan vor ihm auftauchte.

Der Mann mit dem Blut der Macht lächelte ihn gutmütig an. "Du bist also tatsächlich hier..."

"Ich kann nicht nur kämpfen, falls du das meinst", erwiderte Storm mit grimmigem Stolz, während er die letzten Kabel verband. "Ich habe in der Armee auch mit Sprengstoff gearbeitet. Ohne mich würde das Ganze hier doppelt solange dauern..."

"Dann ist es ja gut, dass es dich gibt, denn es ist bereits fast zwölf. Die Zeit für den Aufbau ist knapp bemessen", meinte Dunkan mit einem Blick auf seine Armbanduhr. "Außerdem habe ich mir eingebildet, heute Nachmittag bereits einige Raketen durch die Luft zischen zu sehen..."

Storm wank lässig ab. "Ja, das waren ein paar Fehlzündungen..." Der Palas erhob sich, betrachtete seine Arbeit zufrieden und rief einem jüngeren Lancelor zu, er solle die letzten Tests durchführen. Dann wandte er sich wieder seinem Freund zu und ging mit ihm unaufgefordert ein Stück zum Strand herab. Der Sand war selbst durch die Schuhe hindurch spürbar kalt. Ihre Atem stiegen als Wölkchen in den klaren Nachthimmel hinauf, während sie wortlos den rauschenden Wellen dabei zusahen, wie sie gleichmäßig in die Bucht rollten.

Storm zog eine Zigarette aus der Tasche und steckte sie an. Als er den Rauch einmal kräftig inhalierte und dann wieder ausstieß, sah ihn Dunkan überrascht an. "Du rauchst wieder?"

"Ja, seit heute", erklärte Storm mit einem verzerrten Lächeln. Er nahm noch einen Zug und ließ den blauen Dunst bewusst langsam aus seinem Mund steigen. "Wahrscheinlich werde ich eh nicht lange genug leben, um das irgendwann mal zu bereuen... Vielleicht ist das schon mein letztes Sylvester..."

"Wieso sagst du das?"

"Ich weiß nicht. Eine Vorahnung vermutlich. In letzter Zeit bin ich meinem Ruf, selbst Hochdämonen bekämpfen zu können, nicht mehr gerecht geworden... Xicanh in Thundenstars Tempel und Assessina in den Ruinen von Tradan hätten mich töten können, wenn sie gewollt hätten. Ich sehe unseren Nachwuchs kämpfen und fühle mich dabei selber schrecklich alt..."

Dunkan lachte nur, als wolle er andeuten, dass er wohl mehr Grund hatte sich alt zu fühlen. Doch auch er spürte die zunehmende Kraft des Däezander und die immer aggressiveren Verhaltensweisen der Dämonen. Nach Dymeons Erzählungen wurde man inzwischen sogar auf offener Straße angegriffen. "Dieses Jahr wird heftig...", stimmte der Palas schließlich zu.

"Und vielleicht unser letztes", ergänzte Storm.

Dann ließ ein Knall ihn herumfahren. Bunte Lichtkaskaden, Raketen und Blitzfeuerwerke erhoben sich in der Luft und erhellten den Himmel in allen erdenklichen Farben. Storm beobachtete das Schauspiel zufrieden. "Schönes Neues", brummte er leise. "Hast du irgendwelche Vorsätze?"

"Den gleichen wie jedes Jahr: Endlich den Krieg beenden..."

Storm beobachtete lächelnd, wie sich Dunkans Gesichtszüge spannten und Entschlossenheit seine Augen entflammen ließ. Egal wie angeschlagen der Orden sein würde, solange dieser Mann noch lebte, gab es jemanden, der sich gegen den Däezander wehrte. Er war ein Stützpfeiler der Hoffnung und würde das auch immer sein.

"Es wird ein heftiges Jahr... Doch nicht nur für uns, sondern auch für unsere Feinde..."
 

Victoria und Kevin beobachteten das gewaltige Feuerwerk von einem anderen Ort aus. Nachdem sie am Tag noch eine Weile in Kevins Zimmer geblieben waren, hatte die Telepathin plötzlich ganz überraschend geäußert, dass ihre Wohnung direkt in einer der beiden Turmspitzen lag und sie sich die Sylvesternacht von dort aus angucken konnten. Kevin hatte begeistert zugestimmt. Jetzt hockte er bei den Zinnen des runden Turmdachs und ließ von dort aus seine eigenen Raketen starten, um die große Flut von Farben, Lichtern und Blitzen zu vervollkommnen. Victoria saß daneben, ließ die Beine furchtlos über den Rand hinaus baumeln und beobachtete den Elementaren, wenn dieser die Lunten mit seinen Feuerkräften anzündete.

"Praktisch. Bei dieser Kälte würde kaum ein Feuerzeug funktionieren", murmelte Kevin zufrieden, während er wieder zu Victoria sah. Er bemerkte deutlich wie sie ihren Blick schnell von ihm nahm, als sich seine braunen Augen auf sie richteten, und hob darüber verwirrt die Augenbrauen. "Ist alles in Ordnung?"

"Ja", murmelte sie ruhig, doch ihre bebende Stimme strafte das Gesagte lügen. Auch ihr Körper zitterte. Es dauerte ein Weile bis Kevin verstand, dass sie in der beißenden Kälte frieren musste. Hastig zog er sich seine Jacke aus und stellte sich hinter Victoria, um sie ihr wärmend um die Schultern zu legen, als ihre Stimme ihn stoppte.

"Mir ist nicht kalt...", flüsterte sie leise. Kevin setzte sich jetzt noch verwirrter neben ihr auf die graue Zinne und betrachtete das Profil ihres weißen Gesichts, das vom Mondlicht und den Farben des Feuerwerks beschienen wurde. Ihre Schönheit raubte ihm den Atem und er verdrängte rasch den absurden Vergleich mit einem Engel, ehe Victoria ihn in seinem Kopf finden würde. "Was ist es dann?"

"Ich habe Angst vor der Zukunft", erklärte die Telepathin mit einer merkwürdigen Freude in der Stimme. "Und das macht mich so unendlich froh... Ich kann es nicht erklären, doch wenn ich bei dir bin, rumoren so viele Gefühle in mir, dass ich glaube zu platzen..." Kevin war dankbar für die Dunkelheit der Nacht, die sein rotes Gesicht versteckte.

"Ich danke dir Kevin... Ich danke dir dafür, dass ich deinetwegen endlich wieder fühle. Ich danke dir dafür, dass ich endlich wieder wirklich lebe..." Sie drehte ihm das Gesicht zu und schenkte ihm ein seltenes, unendlich reines Lächeln, das Kevins Herz zum Aussetzen brachte. Der Elementare glaubte vor Glück laut schreien zu müssen. Niemals hatte Victoria so gelächelt, niemals hatte sie eine echte emotionale Reaktion gezeigt außer in den Stunden, in denen Assessina sie verwundet hatte. Doch nun saß sie neben ihm auf dem Turm Falcaniars und lächelte ihn an. Der Moment schien wie aus einem Traum zu sein und wollte nicht enden.

"Woher... woher kommt dieser plötzliche Wandel?", hauchte Kevin ehrfürchtig. Er konnte sich an Victorias Lächeln nicht satt sehen und hatte Angst, wenn er irgendetwas Falsches sagte, würde es verschwinden. Doch es verschwand nicht, obwohl die Telepathin wieder in den Himmel blickte, sondern schien mit einem Mal ein Teil ihres ohnehin schon schönen Gesichtes zu werden, um es noch wundervoller wirken zu lassen.

Kevin spürte, wie ihre zarten Finger seine Hand suchten und sie sanft umschlossen, während ihr Kopf auf seine Schulter sank. Er hätte laut gejubelt, wenn das den Augenblick nicht zerstört hätte. Sein Herz schlug unendlich schnell, sein Grinsen schien festgeklebt. Vorsichtig drückte er ihre Hand und beobachtete mit ihr die andauernden Lichtblumen am Himmel, ohne noch einmal darauf einzugehen, dass sie seine Frage nicht beantwortet hatte...
 

Ich würde gern noch mehr von meinen beiden Freunden berichten, doch da ich heute alle Hintergründe kenne und um ihr zukünftiges Schicksal weiß, erscheint mir dies zu schmerzlich...

Stattdessen wandert meine Erzählung zu Dymeon, meinem Schutzritter, der weit entfernt von jeglichen Feierlichkeiten seinen einsamen, verzweifelten Kampf gegen den größten Berg der Welt antrat. Der Preis des Siegers war die weiße Sternenblume, die gleichbedeutend mit meinem Überleben war. Doch der Berg wollte sie nicht freiwillig herausgeben. Und er war nicht der einzige Feind, der sich Dymeon entgegenstellte...
 

Allein der eigentliche Weg zum Mount Everest erwies sich für Dymeon schwierig. Er ließ sich diesmal zwar von den Lancelor mit allen Mitteln unterstützen und wurde mit einem der schweren, schwarzen Helikopter zum Flughafen von London gebracht, doch der früheste Flug in die Umgebung von Südasien ging erst in einer guten Woche. Der Dämon war gezwungen die Beziehungen des Ordens stärker zu beanspruchen als geplant. Erst nach mehreren Telefonaten mit dem Oberhaupt, den Mitgliedern in Asien und einigen hohen Tieren Englands, die den Lancelor noch den ein oder anderen Gefallen schuldeten, gelang es ein Flugzeug der Lancelor zu chartern, das frei über das Gebiet des Himalaja fliegen durfte.

Nach vier Tagen sah Dymeon endlich aus dem Fenster eines Privatflugzeugs mit dem Zeichen der drei gekreuzten Silberspeere und beobachtete wie mehrere Länder flüchtig unter ihm vorbei zogen. Erst Belgien, Deutschland, Österreich und Ungarn, dann immer weiter südöstlich, bis Europa hinter ihnen lag und einigen anderen, weitflächigen Ländern Platz machte, die Dymeon nicht kannte. Sieben Stunden lang starrte der Dämon nach draußen, ehe das riesige Himalajagebirge am Horizont auftauchte, südlich davon Nepal, im Norden das sagenumwobene Land Tibet. "Da wären wir", verkündete der Lancelor-Pilot fröhlich.

Dymeon starrte weiterhin auf die braungraue Bergkette mit den schneebedeckten Wipfeln, die so hoch in den Himmel stieg, dass ihre Spitzen von den Wolken verschluckt wurden. Ihre Maschine sank herab und landete in etwa eintausend Metern Höhe zielgenau auf einem schmalen, vegetationslosen Streifen, der so perfekt ausgelegt aussah, als wäre er hier mit Absicht für ankommende Flugzeuge geschaffen worden.

Dymeon bedankte sich kurz bei seinem Piloten, stieg aus und ging alleine weiter. Seine dunklen Augen wanderten hinauf in die Schwindel erregenden Höhen des Berges, auf dem er sich befand. Eintausend Meter hatten sie bereits abkürzen können, also blieben noch etwa 7850 weitere. Der Dämon seufzte und stapfte los. Welch eine grausame Ironie, das die weiße Sternenblume ausgerechnet auf einem der am schwierigsten erreichbaren Orten der Welt wuchs. Das Schicksal stellte den Lancelor harte Prüfungen...

Auch der Süden Asiens lag im gandenlosen Griff des kalten Winters. Schwere Schneestürme und gewaltige Minusgrade hatten bereits im Herbst große Reisernten zerstört, während sie nun das Land verwüsteten und viele Dörfer tagelang von der Außenwelt abschnitten. Selbst Dymeon spürte die betäubende Kälte durch seine Stiefel dringen. Er wusste, er konnte den Witterungen trotzen, doch er brauchte dafür einen starken Willen und musste sich immer wieder vor Augen halten, wofür er das tat...

Für Zeliarina...

Mit diesem Gedanken, der ihm in jeder noch so verzweifelten Lage neue Kraft gab, stapfte er los. Seine Beine sackten bei jedem Schritt bis zu den Knöcheln im Schnee ein und die dünne Luft machte ihn deutlich kurzatmiger. Am ersten Tag kam Dymeon noch halbwegs gut voran, doch danach meldeten sich seine Muskeln schmerzhaft. Der eisige Wind fegte ihm über die Haut, als würden tausend winzige Nadeln auf ihn einstechen. Es hatte wieder angefangen zu schneien. Dichte Wehen und sein eigener Atem versperrten Dymeon die Sicht, während er Schritt für Schritt auf den zunehmend steileren Berg setzte.

Für Zeliarina...

Der dritte Tag folgte, noch schlimmer als der zweite. Inzwischen hatte sich der Schnee bis zu Dymeons Taille aufgetürmt und schien ihn mit eisigen Fingern festhalten zu wollen, als ließe der Berg nicht zu, dass ein sterbliches Wesen diese Wege lebend beging. Doch der Dämon kämpfte tapfer weiter und näherte sich stur dem Gipfel, selbst als er immer häufiger mit bloßen Händen über Felswände klettern musste.

Für Zeliarina...

Inzwischen hatte er bereits die Wolkendecke erreicht. Grauen Nebelschwaden, der andauernde Schneesturm und grausiger Eiswind tanzten um ihn herum, als wollten sie ihn verspotten. Es gab nichts mehr auf der Welt als Schnee und Kälte, nichts mehr außer dem andauernden Weiß oben und unten, das Dymeon völlig benommen machte und seinen Orientierungssinn zerstörte. Einmal glaubte er eine Weile im Kreis zu laufen, ein anderes Mal ging er versehentlich wieder bergab. Der Gipfel verschwand hinter einer undurchdringlichen Nebelwand, so dass sich Dymeon nur noch nach dem Gebirgsgefälle richten konnte.

Dann am vierten Tag oder fünften Tag nahm der Dämon es zum ersten Mal wahr. Zuerst war es nur ein ganz schwaches Ziehen in seinem Kopf, dem er keine große Beachtung beschenkte. Doch nach und nach kehrte es immer stärker wieder, bis Dymeon seine schlimmste Befürchtung nicht mehr leugnen konnte: er spürte die Präsenz von Dämonen...

Die Aura flackerte an verschiedenen Orten kurz auf und verschwand wieder, als befänden sich irgendwo mehrere Späher, die beauftragt wurden nicht einzugreifen. Dymeon blieb kurz stehen, formte seine Hände angriffsbereit zu Klauen und lauschte. Nur der Wind heulte. Entgegen seines guten Gewissens versuchte er seine Wahrnehmung zu leugnen, zu leugnen dass man ihn bemerkt hatte. Vorsichtig führte er seinen Weg fort, ohne auf die Dämonenaura zu achten, die immer wieder aufflackerte. Er hatte das Gefühl den Gipfel bald erreicht haben zu müssen. Vielleicht konnte er verschwinden, ehe Gefahr aufzog...

Doch diese Illusion wurde schnell zunichte gemacht, als eine weitere schwarze Präsenz auftauchte, unendlich mächtig, gefährlich und tödlich...

Dymeon stand da wie erstarrt, nicht mehr fähig einen klaren Kopf zu bewahren. Er versuchte seine frühere Gelassenheit anzunehmen, doch die Befürchtung er könne bei seiner Suche nach der Sternenblume scheitern, ließ ihn unwillkürlich schaudern. Zeliarina tauchte vor seinem geistigen Auge auf, blass und ohne Bewusstsein im Krankenflügel Falcaniars.

Für Zeliarina...

Dymeon spielte mit seiner Drachenkette, die seine Aura und damit auch seine Anwesenheit unterdrückte. Auch Assessinas Kette hing um seinen Hals. Er fuhr mit steif gefrorenen Fingern über die zwei silbrigen Anhänger und wog seine Chancen ab. Sicherlich war er noch nicht entdeckt worden... Doch vielleicht kannte der Däezander sein Vorhaben, vielleicht hatte Ereos irgendwann in den letzten Tagen einen eingeweihten Lancelor gesehen und seine Gedanken gelesen... Vielleicht wartete er jetzt auf ihn... Doch die Wahrscheinlichkeit war nicht sehr hoch, denn der Hochdämon, den er spürte, trug keine Drachenkette wie Ereos. Außerdem war die Aura nicht von Hass durchzogen, sondern einfach kalt.

Wie der Schnee um uns herum...

Aber egal was für ein Hochdämon sich auf dem Mount Everest befand, er war gefährlich. Und er rührte sich nicht von der Stelle, an der Dymeon ungefähr den Gipfel vermutete. Es konnte kein Zufall sein, der Däezander hatte ihm eine Falle gestellt und wartete geduldig darauf, dass er hineintappte... Grimmig ging Dymeon weiter.

"Nun, wenn er ihr es so wollt! Ich komme!"

Die letzten Stunden des Anstiegs vergingen für den Dämon so schnell, dass er selber darüber verblüfft war bereits das Ende seiner Reise zu sehen; der Gipfel zeichnete sich kaum zwanzig Meter von ihm entfernt gegen das graue Schneetreiben ab. Dymeon konnte die blasse Silhouette eines Mannes im Sturm erkennen. Sein langes Haar peitschte im Wind, doch er selbst blieb unbeweglich wie ein Fels in der Brandung.

Als Dymeon noch näher trat, wurde er schließlich bemerkt. Der Unbekannte wartete, bis sie kaum zwei Manneslängen zwischen sich hatten, dann glomm Erkennen in seinen stahlgrauen Augen auf. "Blutträne", wisperte er verwundert. Seine Worte gingen im Heulen des Berges unter, doch Dymeon hatte seinen Feind auch ohne dessen Stimme erkannt. "Cenior..."

"Du bist also tatsächlich hierher gekommen", meinte Cenior, diesmal fast schreiend, um den Sturm zu übertönen. "Durch meine Oggrons, die hier überall herumstreifen, wusste ich von dir. Doch dass du tatsächlich kommst um gegen mich zu kämpfen ist beachtlich. Auch wenn ich es nicht ganz verstehe. Hast du den Kampf nicht immer verabscheut?"

"Du weißt, warum ich hier bin..."

"Um mich zu töten, vermutlich. Warum sonst suchst du mich, einen der gefährlichsten Gegner deiner Lancelor, ausgerechnet an dem Ort auf, an dem ich mich alleine abhärte und stärke...?"

Dymeon ließ ein Zischen vernehmen. Er konnte es beinahe nicht glauben, doch Cenior schien den wahren Beweggrund seiner Reise nicht zu kennen. Es war nichts als ein grausamer Zufall, dass die Hochdämonen hier aufeinander trafen. Es war nur ein Zufall, dass Cenior zu seiner Stärkung ausgerechnet auf den Gipfel des Mount Everest stieg. Unter seinen Füßen glitzerten die hellen zackigen Blüten der weißen Sternenblumen, die sich an diesem Ort trotzig gegen alle Witterungen behaupteten...

Unvorstellbar, dass diese zarten Gewächse die Hoffnung der gesamten Menschheit sein sollten...

Dymeon lachte auf.

Wie heimtückisch war das Schicksal...

"Nun gut, dann fordere ich dich heraus", rief der Dämon mit den Bluttränen fest. Einen Moment lang verharrten er und Cenior schweigend in dem tobendem Schneegestöber auf dem höchsten Berg der Erde und starrten sich durch eine Wand aus Kälte und eisiger Luft hindurch einfach nur an. Dann zerbrach der Augenblick. Cenior warf sein langes, schwarzblaues Haar zurück und stürzte sich mit dämonischen Klauen auf seinen Gegner. Dymeon reagierte rechtzeitig, indem er Azuransas aus dem Gürtel zog. Das blaue Licht der Klinge durchbrach Schnee und Wolken und brachte Cenior dazu mit geblendeten Augen stehen zu bleiben.

"Weiche zurück, Cenior... Du bist vielleicht der stärkste Dämon überhaupt, doch selbst du kannst dich nicht gegen ein Götterschwert behaupten", schrie er warnend. Cenior lächelte nur nachsichtig. "Ach ja, Azuransas... Du hast es von der Dämonin, die dich einst liebte und die Ereos liebt... Er würde dich dafür gerne töten, aber das ist ja nichts Neues..."

Dymeon erwiderte nichts. Er hatte gehofft, dass Cenior zumindest ein bisschen eingeschüchtert sein würde, doch der Hochdämon blieb cool wie ein Eisblock. Schließlich griff er mit beiden Händen in seinen langen Mantel. "Du hast Recht, ein Götterschwert ist eindrucksvoll... Doch es ist nicht so gut wie zwei Götterschwerter...", zischte er genüsslich, während seine Hände zwei eindrucksvolle Klingen zum Vorschein brachten, die eine aus reinem Gold, die andere silbern wie der Neumond. "Das sind Goth, das Goldschwert, und Luna, die Waffe des Mondes... Glaubst du dich gegen mich und diese zwei Prachtstücke behaupten zu können...?"

Dymeon rührte nicht einen Muskel und ließ seine dunklen Augen über die heiligen Waffen wandern. Also war auch Cenior eine Schattenklinge, ein Dämon mit einem Götterschwert...

Doch um den Kampf geht es nicht... Es ging nie darum...

Vorsichtig setzte Dymeon einen Schritt nach vorn. Sein Blick huschte kurz zu den Blumen, die überall um Ceniors Beine herum aus dem Schnee lugten.

Ich brauche diese Sternenblume...

Er machte noch einen Schritt auf den Gegner zu. Cenior kreuzte seine Klingen und ließ sie mit einem sirrenden Geräusch übereinander gleiten, ehe er zu einem weiteren Angriff überging. Dymeon schoss ihm Azuransas' blaue Druckwelle entgegen, doch Cenior hielt Luna vor sich und ließ die Magie an sich abprallen wie Wasser von Porzellan. Gleichzeitig ließ er Goth auf den Dämon mit den Bluttränen niedergehen. Dymeon parierte den Hieb im letzten Augenblick mit seiner eigenen Waffe. Goldblaue Funken fielen in den Schnee und schmolzen Löcher in die dichte weiße Decke, während die beiden Dämonen Schlag um Schlag austeilten, ohne den Feind zu treffen. Cenior schwang Luna und Goth in schnellen weiten Spiralen und Bögen, die Dymeons Verteidigung jedes Mal beinahe durchbrachen. Dymeon selbst kämpfte sich verbissen vorwärts, um den Sternenblumen näher zu kommen.

Er hatte es gerade geschafft Cenior auf den Gipfel zurückzutreiben, als er eine blendend blaue Druckwelle aussendete. Diesmal traf sie ihr Ziel. Cenior keuchte, wurde davon geschleudert und rutschte den Abhang ein Stück herunter, wobei er Schnee und Geröll mit sich riss. Dymeon nutzte die Zeit um sich auf die Knie fallen zu lassen und so viele Sternenblumen wie möglich in seine Taschen zu stopfen.

"Blutträne!!!"

Cenior stapfte wieder zu ihm hoch, diesmal mit Augen, in deren Grau eine unbezähmbare Kampfeslust schwelgte. Wie ein dunkler Berggott kam er mit beiden Schwertern in der Hand, das Haar als langer Schweif hinter ihm. Dymeon wollte sich schnell erheben, doch Cenior war bereits bei ihm und versetzte ihm einen heftigen Tritt. Noch ehe er vor Schmerz aufstöhnen konnte, durchdrang Goth sein Fleisch mit unvorstellbarer Wucht. "Du bist kein Gegner..."

Blut spritzte. Dymeon schrie. Selbst als Dämon konnte er diese Verletzung nicht ertragen, doch der Wind verschluckte sein Leiden erbarmungslos. Kälte drang hart auf ihn ein, der Schnee rieselte unerbittlich weiter. Dymeon zitterte, versuchte sich wieder zu erheben, doch die Kraft wich zusammen mit dem Blut aus seinem Körper.

"Bedauerlich, dass der Däezander dich noch immer als ernste Bedrohung ansieht... Du warst den Kampf kaum wert..." Ohne eine Gefühlsregung steckte Cenior seine Schwerter wieder ein, nahm Azuransas aus Dymeons klammem Griff und spuckte seinem Gegner zum Abschied ins Gesicht. Dann verpasste er ihm einen Tritt, der ihn ein Stück den Abhang hinunterrollen ließ. "Ich weiß nicht, warum Ereos einen solchen Wirbel um dich macht..."

Und mit diesen Worten verschwand er im Schneegestöber. Dymeon blieb in einem Feld aus schwarzrotem Schnee allein zurück. Sein Geist war gebrochen und sein Körper verwundet, doch die Einzigen, die davon Notiz nahmen, waren der andauernde Wind und der stille Berg...
 

Der Orden wartete nach Sylvester täglich auf ein Lebenszeichen von Dymeon. An jedem Morgen suchten sie mein Bett auf und vergewisserten sich, dass ich nicht an der inneren Kälte der Illusag gestorben war, so wie es eigentlich nach so langer Zeit hätte sein müssen. Doch auch ich kämpfte einen Kampf gegen die Kälte, genau wie mein dämonischer Schutzritter. Da ich nun die Lösung für die Probleme der Lancelor kannte, klammerte ich mich mit aller Macht an das letzte Fünkchen Leben in mir und kämpfte, wie ich noch nie gekämpft hatte.

Doch die Tage gingen und gingen, Lancelor besuchten mich, vergewisserten sich, ich klammerte und kämpfte. Schließlich betete man sogar um Dymeons Rückkehr...

Der Dämon kehrte nicht zurück. Und draußen rieselte der Schnee herab wie der Sand eines ablaufenden Stundenglases, während er zu wispern schien: "Keine Zeit mehr... Keine Zeit mehr..."
 

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Ein weißer Vogel und ein schwarzer Drache...

Die Kreaturen der Dämmerungen...

Was... sind sie eigentlich?



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2005-10-31T07:05:09+00:00 31.10.2005 08:05
Aaaalso wieder mal total cool gemacht das Kapitel.
Hoffentlich überlebt Dymeon! *zitter*
Du kannst ihn und Zeliarina doch nicht einfach sterben lassen!! *böse schaut*
Und das mit Viktoria und Kevin war ja supppper süß! Kevin ist einfach voll der Sunnyboy. Der ist einfach nur knuddelig! Aber anscheinend willst du die ja auch umbringen! *jetzt verzweifelt schaut*
Aber ich will dich jetzt nicht mehr weiter bös anschauen. Wollt eigentlich nur wieder sagen das es spitze war.
Weiter so.
Tschüsle Renesati
Von:  DerkhanBlue
2005-10-30T17:00:26+00:00 30.10.2005 18:00
Hi^^
Wieder ein schönes Kapitel!
Was sich da wohl grade zwischen Kevin und Victoria entwickelt? *g*
Und Dymeon... Argh! Hab ganz schön blöd geguckt, als dieser Cenior gleich ZWEI Schwerter rausholte... Und was für ein Zufall, dass der ausgerechnet dort oben war... Ich kann's kaum erwarten zu erfahren, was aus Dymeon geworden ist. Der letzte Abschnitt lässt nichts gutes vermuten... *zitter*

Nur einen Fehler hab ich diesmal entdeckt:
-"Ja, seid heute", erklärte Storm mit einem verzerrten Lächeln.-
<- es müsste 'seit heute' heißen, da es ja eine Zeitangabe ist.

Ansonsten: weiter so!^^

Schatten
Von: abgemeldet
2005-10-30T00:47:56+00:00 30.10.2005 02:47
.................................
*geschockte stille*
*dann ein leises flüstern*
Das kannst du mir nicht antun.....
Jetzt aufhören....
Erst diese seltsame Bemerkung über Victoria und Kevin, die mein armes Hirn zum Überlaufen und rattern bringt und jetzt dieses Ende. Du willst doch wohl nicht etwa....*kann den satz nicht zu ende bringen*
*auf die knie fall und den schrein, den sie gebaut hat, anbet* Oh bitte, nein, das darf nicht sein! T-T
Mach bloß weiter, mach bloß weiter *vor sich her murmelt*
*haare rauft*
Wie kann man nur so geil schreiben? Ich versteh es nicht.
Weißt du eigentlich, dass du dich in Kürze zu einer meiner Favoschreibe entwickelt hast? Es ist nicht zu fassen. Ich liebe deine Geschichten abgöttisch. Du stehst gaaanz oben auf der Liste und jetzt mach brav weiter oder ich krieg starke Entzugserscheinungen.
*ein übergrößes megalob gibt*
das Laynchen^^


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