Interludium I
Interludium I
Zeliarina stand im Nichts. Um sie herum war nur endloses, ewiges Grau. Es gab keinen Boden, keine Decke und auch keinen Horizont, sondern einfach nur diese graue Farbe, die überall den gleichen Farbton vorwies. Zeliarina lief ein paar Schritte, doch es veränderte sich rein gar nichts, als hätte sie sich nie bewegt. Verwirrt suchte sie nach irgendetwas Besonderem, irgendeine der vielen Farben, die sie vorher gesehen hatte. Doch da war einfach nur das Nichts.
Plötzlich veränderte sich die Umgebung. Ein schwarzer Schatten, ihr schwarzer Schatten, breitete sich aus und kroch über das endlose Grau, bis es zu einer ebenso endlosen Dunkelheit geworden war. Ein junger Mann mit purpurfarbenen Augen stand vor ihr. "Die Welt wird untergehen... Du kannst nichts tun..." Obwohl er aussah wie Ereos, hörte sich seine Stimme nach der Melissas an. Tränenblind und von plötzlicher, unbegreiflicher Wut gepackt stürmte Zeliarina auf den Dämon zu und stieß im Thundenstar in den Leib. Schwarzes Blut besprenkelte den Boden und bildete eine riesige Pfütze, die noch dunkler war als die Umgebung und mit einem Rauschen Zeliarinas Füße umspülte. "Du wirst die Welt nicht retten...Schwarze Hexe..."
Innerhalb eines Wimpernschlages stand plötzlich Dymeon an Ereos' Stelle und klammerte seine besudelten Hände an Thundenstars Griff, der aus seinem Körper ragte. Mit fassungslosen Augen starrte er die Wächterin des Götterschwertes an, während das Blut weiter lief und bis an Zeliarinas Waden stieg. "Wieso? Wieso tust du das? Erkennst du denn die Wahrheit nicht?"
Zeliarina wollte antworten, doch Dymeons Körper löste sich plötzlich in unzählige Raben auf, die ihr kreischend entgegen flogen und sie mit ihren scharfen Schnäbeln hackten. Zeliarina versuchte sie vergeblich weg zu schlagen, während das Geschrei in ihren Ohren widerhallte wie Jubelrufe. Schließlich verlor sie unter sich den Halt und stürzte verstört in die gewaltige Blutpfütze zu ihren Füßen. Die schwarzrote Flüssigkeit schlug über ihrem Kopf zusammen, schien auf einmal tief wie ein Meer. Zeliarina strampelte und versuchte an die Oberfläche zu gelangen, doch es gab einfach keine. Das Blut brannte in ihren grünen Augen, die verzweifelt nach einem Lichtschein suchten, ihn aber einfach nicht fanden. Die Luft wurde knapp.
Schlagartig konnte sie wieder atmen. Das Blutmeer war weg, ersetzt von einem einsamen, hölzernen Pflock. Grobe Seile schlängelten sich aus der Dunkelheit heran, verknoteten ihre Arme und Beine an den Mast. Menschen standen um sie herum, brüllend, ihren Tod erwartend. "Schwarze Hexe! Schwarze Hexe! Schwarze Hexe!" Auch die Raben waren wieder da und stimmten mit krächzenden, menschlichen Stimmen in den Singsang ein.
Zeliarina fühlte den gleichen Hass wie gegen Ereos. Spielend riss sie ihre Hände frei, als wären ihre Fesseln nur Spaghetti, griff nach Thundenstar, das wie auf Kommando vor ihr in den Luft schwebte, und schwang es einmal. Alles Menschen fielen, alle Raben fielen. Nur Ereos stand wieder da, lachte Zeliarina aus, verhöhnte sie, verspottete sie. Zeliarina ließ Thundenstar fallen, als hätte sie sich verbrannt und schrie. "Nein!"
"Du rettest nicht die Welt! Nein, du rettest sicher nicht die Welt, Schwarze Hexe! Das ist die Wahrheit, die du noch früh genug erkennen wirst!"
Ereos verschwand, die Dunkelheit verschwand, die Raben und Menschen verschwanden. Wieder war Zeliarina alleine in dem endlosen Grau des Nichts...
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Zeliarina wandelt leidend durch die Illusag...
Dymeons Suche nach Rettung beginnt...