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Urlaub und andere Grausamkeiten

von

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Aber hier werden die Kapitel irgendwie immer kürzer.......
 

URLAUB UND ANDERE GRAUSAMKEITEN - 4
 

Gut, jetzt saß ich also in der Tinte.
 

Womit hatte ich dass eigentlich verdient?
 

Was war der eigentlich?
 

Ein Kinderschänder oder so?
 

Der Typ sah wirklich nicht so aus, als würde er mit sich damit Zufrieden geben, mich erkannt zu haben und sein Klammergriff fühlte sich nicht so an, als würde er gewillt sein, mich gehen zu lassen.
 

Hilfesuchend blickte ich mich um.
 

Die jüngeren Leute waren entweder mit sich selbst beschäftigt oder guckten sehr interessiert zu uns, das Gruftiepaar turtelte weiterhin miteinander.
 

Ich wusste echt keine andere Möglichkeit.
 

"Excuse me, what is the time please?", unterbrach ich sie hemmungslos in meinem besten Schulenglisch.
 

Mit einem Schlag hatte ich ihre gesamte Aufmerksamkeit, sie wandten mir ihre lächelnden Gesichter zu.
 

"A quarter to eleven," gab die Lady mir Auskunft.
 

Der Kinderschänder ließ für einen kleinen Moment den Klammergriff um mein Handgelenk locker und ich nutzte die Gelegenheit und riss mich los.
 

"Thank you!", rief ich noch den erstaunten Engländern zu, dann sprang ich immer zwei Stufen auf einmal nehmend die Treppe nach oben.
 

Ich rannte durch die Halle nach draußen, bis vor unseren Bungalow ohne mich umzusehen.
 

Puh, das ging ja noch mal gut!
 

***
 

Mama lag mit hochgesteckten Haaren und einer Gesichtsmaske auf dem Bett und schmökerte mal wieder in ihrem Lieblingsroman.
 

Ich ignorierte sie, verschwand im Bad und zog mich aus.
 

Ich hatte nun echt keine Lust mehr, irgend etwas zu unternehmen, die Lust darauf war mir total vergangen.
 

Ich ließ mich neben Mama aufs Bett fallen, murmelte etwas, das Gute Nacht heißen sollte in ihre Richtung und zog mir die Decke über den Kopf.
 

Es dauerte ewig, bis ich einschlafen konnte.
 

***
 

Glücklicher Weise waren wir fast die Letzten beim Frühstück, der Speisesaal war also nicht überfüllt.
 

Das Gesöff, das die hier Kaffee nannten würde ich mir jetzt aber nicht antun, lieber später am Strand einen Cappuccino trinken.
 

Morgen ging es heimwärts und in einer Woche fing schon wieder der alte Trott in der Schule an.
 

Zwölfte Klasse.
 

Bald fertig.
 

Und was sollte ich danach machen?
 

Na ja, darüber konnte ich mir immer noch Gedanken machen, wenn es so weit war.
 

Hmm, hatte nicht mal jemand erzählt, dass man in der zwölften Klasse Bafög beantragen konnte?
 

Damit könnte man sich ja ein eigenes Zimmer bezahlen.
 

Unter gewissen, mir bisher unbekannten, Umständen wurde das gewährt.
 

Papas Gesicht konnte ich mir deutlich vorstellen, seine Reaktionen sind zu 99% vorhersehbar.
 

Aber was würde Mama sagen, wenn ich mir ein eigenes Zimmer suchen würde?
 

"Du hast mir ja gar nichts von den Fotos erzählt", unterbrach Mama ein wenig vorwurfsvoll meine Gedanken.
 

"Fotos?"
 

Ich schaltete nicht gleich, solche Gedankensprünge am frühen Morgen sind nicht so mein Ding.
 

"Ja, von deinem großen Abend. Pietro hat mir davon erzählt. Willst du sie dir nicht holen gehen? Zur Erinnerung?"
 

"Ach die!"
 

Klar hatte ich die schon, heute morgen kurz vor dem Frühstück bin ich hab ich sie mir gekauft.
 

"Vielleicht", sagte ich.
 

"Alles behältst du für dich!", beschwerte sich Mama.
 

Pause.
 

Was sollte ich dazu sagen?
 

Das ich eben auch meine Privatsphäre brauche?
 

Das sie mir schließlich auch nicht alles erzählt?
 

"Warum reden wir bloß so wenig miteinander?"
 

"Du sagst mir doch auch nichts. Du gehst und kommst, wie es dir gefällt, Mama, und erwartest dann, dass jeder sich umbringt um dich zu verstehen."
 

"Das erwarte ich doch gar nicht!", sagte Mama und nach einer kleinen Atemzugpause: "Hat es was mit Pietro zu tun? Hast du dich vielleicht in ihn verliebt?"
 

Aber hallo!
 

Jetzt schlägt es aber dreizehn!
 

"Ähm, Mama, dir ist schon klar, das du mir gerade unterstellst, schwul zu sein? Wie kommst du denn darauf?"
 

Jetzt wollte ich es wissen.
 

"Na ja, ich bin mir ja nicht sicher, ob du nun schwul bist oder nicht. Aber du hattest noch nie eine Freundin und Mädchen scheinen dich wirklich nicht zu interessieren. Da dachte ich halt..."
 

"Und du würdest das nicht schlimm finden? Nicht ekelhaft oder abstoßend?"
 

"Nein. Klar, man muss sich erst an den Gedanken gewöhnen, aber Mandy, du bleibst dadurch doch immer noch mein Sohn, es würde sich gar nichts daran ändern. Gut, ich würde nie Enkelkinder von dir haben, aber wenn Peter sich bei Susi ranhält..."
 

Ich war baff.
 

Und so was kommt von meiner Mutter, deren Eltern streng katholisch sind?
 

Hatte sie vielleicht was eingeworfen und weiß nicht mehr, was sie sagt?
 

"Bist du denn schwul?"
 

Oho.
 

Jetzt hieß es rede und antwort gestehen.
 

War ich nun schwul oder nicht?
 

Gestern war ich mir sicher, aber ob ich dass jetzt hier so einfach zugeben kann.
 

Ich fühlte, wie mir die Röte nur so in die Wangen schoss, wahrscheinlich sah ich gerade aus wie eine überlebensgroße Tomate.
 

"Hmm...", brummelte ich unbestimmt.
 

Für Mama war meine Reaktion wohl antwort genug, denn sie lächelte mich warm an.
 

"Und, bedeutet dir Pietro etwas?", fragte Mama.
 

"Bedeutet er *dir* denn etwas?", antwortete ich mit einer Gegenfrage.
 

Wir sahen einander an.
 

"Vielleicht."
 

"Was heißt hier vielleicht?", fragte ich ungeduldig. "Siehst du, das ist es, was ich bei euch nicht leiden kann. Ihr sagt immer vielleicht und möglicherweise, ihr leidet unter eurer verdammt miesen Beziehung und versucht trotzdem nicht, irgend etwas daran zu ändern. Nie seid ihr ehrlich oder offen. Warum eigentlich? Wozu dann überhaupt zusammen sein?"
 

Mama sah mich ganz geschockt an.
 

Eigentlich war ich auch überrascht über meinen Ausbruch, aber wenn wir jetzt schon mal dabei waren...
 

"Sieh mal, Mandy, das stimmt wahrscheinlich und ich bin mir oft nicht sicher, ob ich richtig handle oder ob ich dir ein Vorbild sein kann, aber das ist nun mal alles nicht so einfach. Dein Vater macht es mir aber auch oft so schwer, etwas für ihn zu empfinden."
 

So offen war Mama noch nie gewesen.
 

Jedenfalls nicht bei diesem Thema.
 

"Trotzdem kann man nicht einen großen Teil seines Lebens mit einem Menschen verbringen und dann auf einen Schlag plötzlich nichts mehr für ihn empfinden."
 

Mama sah mich an, als müsste ich ihr zustimmen.
 

Stimmte das?
 

Ich wusste es nicht so genau, woher auch?
 

"Ich meine nur", fuhr Mama fort, "sich in einen Mann wie Pietro zu verlieben ist so einfach, so unkompliziert... er ist so lieb."
 

Sie schwieg und ich schwieg auch.
 

Ich musste an meinen Vater denken und irgendwie tat er mir ein bisschen leid.
 

"Und Papa? Liebst du ihn nicht mehr?"
 

Ich hatte ja schon lange das Gefühl, das es bei den beiden richtig heftig kriselte, zwischen ihnen herrschte immer so eine Gefühlskälte, die es mir schwer machte, sie zu lieben.
 

"Er ist ein besonderer Mensch", antwortete Mama, "und ein schwieriger Mensch, aber seine Familie ist ihm trotz allem sehr, sehr wichtig."
 

"Ich habe dich nach Liebe gefragt, ob das zwischen euch überhaupt noch Liebe ist."
 

"Man kann einen Menschen auf verschiedene Weise lieben", sagte Mama. "Zum Glück kann man das."
 

"Dann erklär mir doch mal, was Liebe ist!"
 

"Ach Mandy, das würde ich gerne, aber jeder Mensch empfindet sie anders und für jeden ist Liebe etwas anderes. Man kann es nicht erklären."
 

Nun wollte ich auch noch etwas ganz anderes wissen, etwas das mir auf einmal ziemlich wichtig ist: "Wann schläft man mit jemandem? Wann weiß man, dass man so weit ist? Kannst du mir das sagen?"
 

"Ganz einfach: eben wenn man ihn liebt. Wirklich aufrichtig liebt. Wenn einen die Empfindungen mitten im Herz getroffen haben, so richtig heftig. Wenn man an nichts anderes mehr denken kann.", sagte sie und wurde beim Sprechen richtig leidenschaftlich, ehe sie noch etwas leiser hinzufügte: "Wenn man nicht anders kann."
 

Oha!
 

Nun ging es um meine Mutter, das war mir klar.
 

Sie hatte sich verändert, so viel stand für mich fest, man konnte es auch sehen, ich zumindest.
 

"Und du... konntest nicht anders?"
 

Mama nickte.
 

"Ist doch nicht so schlimm, oder? Hat dir doch auch gut getan, oder? Man sieht es dir an."
 

Erschrocken sah sie auf.
 

"Tut man das wirklich? Meinst du Papa, äh, Michael würde es auch gleich bemerken?"
 

"Weiß ich nicht, aber das werden wir ja bald sehen."
 

"Ich überlege schon, ob ich es ihm nicht einfach erzählen soll."
 

"Bist du bekloppt!", rutschte es mir heraus. "Oder willst du dich etwa scheiden lassen? Alle Welt ist ja dabei, das zu tun, warum auch nicht gleich du?"
 

"Von Scheidung hab ich aber nichts gesagt!"
 

"Mann, Mama, könnt ihr euch nicht einfach mal zusammensetzten und über eure gottverdammten Probleme sprechen? Wie man es eigentlich von erwachsenen Menschen erwartet?"
 

Mama betrachtete mich wie ein Weltwunder.
 

"Komm, lass uns gehen", meinte sie und fuhr dann fort: "Du hörst dich so erwachsen an."
 

"Bin ich ja auch, gut dass du es endlich kapiert hast! Deshalb solltest du mich auch nicht ständig wie ein kleines Kind bemuttern. Klar?"
 

"Klar", lächelte sie. "Und was würdest du in meinem Fall tun?"
 

Ui, was ich an ihrer Stelle tun würde?
 

Papa mal ordentlich den Kopf waschen!
 

Ihn mal so richtig fertig machen, ihm sagen, dass es absolut scheiße ist, sich so zu verhalten, wie er es tut.
 

Aber das konnte ich nicht sagen, Mama würde mit Sicherheit keinen dieser Ratschläge befolgen.
 

"Ich würde mit meinem besten Kumpel, also mit Karsten, darüber reden."
 

"Tja, so was hab ich nicht, keine richtige beste Freundin."
 

"Selber Schuld. Dann red halt doch mit ihm, mit Michael, mein ich."
 

"Also doch beichten."
 

Oh man, kam sie denn wirklich nicht darauf?
 

Musste ich es ihr wirklich so deutlich sagen?
 

Wohl schon.
 

"Quatsch! Sag ihm einfach, dass es so zwischen euch nicht weiter gehen kann. Sag ihm, dass er sich nicht ständig nur um diese blöden Stachelmonster und die Glubschaugen kümmern soll, dass du schließlich auch noch da bist! Sag ihm, dass du keine Lust hast, ständig nur nach seiner Pfeife zu tanzen, dass du auch ein Mensch mit Bedürfnissen und Wünschen bist, nicht nur er. Und sag ihm, das es eine verdammte Schweinerei ist, ausgerechnet in den Sommerferien immer seine blöden Exkursionen zu machen. Und wenn er das nicht ernst nimmt, dann sag ihm, es gibt auch noch andere Männer außer ihm!"
 

"Ach Mandy!"
 

Bei meinem letzten Satz hatte Mama Tränen in den Augen und sie umarmte mich.
 

"Es ist alles so verfahren!"
 

Ich begriff, dass ihre Probleme wohl doch größer waren als ich dachte und dass es wohl nicht so einfach sein würde, sie zu lösen.
 

Sie tat mir leid.
 

Wie allein musste sie sich fühlen, wenn sie niemanden außer ihren Sohn hatte, um über diesen gottverdammten Mist zu reden?
 

"Hey, das wird schon wieder!", sagte ich und versuchte zuversichtlicher zu klingen, als ich mich fühlte.
 

Mama ließ mich los und meinte: "Ich bin froh, dass wir miteinander gesprochen haben. Das sollten wir öfter tun."
 

"Reallife-Privatseelsorge, keine Ursache", witzelte ich. "Macht dann mal fünfzig Mäuse."
 

"Oh, du hast ja anständige Sätze, fast wie ein richtiger Psychotherapeut."
 

"Ich spare ja auch für eine große Reise!"
 

Mama seufzte tief.
 

***
 

Ich war allein in unserem Bungalow, Mama wollte noch Obst für die Rückreise einkaufen.
 

Ich packte meine Reisetasche, damit ich dass wenigstens hinter mir hatte.
 

Dabei fielen mir wieder die Fotos in die Hand und ich trennte sie in zwei Gruppen: die einen, die ich vorzeigen konnte und die, die ich lieber für mich behielt.
 

Die, die ich den anderen zeigen wollte kamen in meinen Rucksack, die anderen legte ich in mein Tagebuch, in das ich eigentlich während des Urlaubs schreiben wollte.
 

Aber ich bin ja nicht dazu gekommen, ja, hab ja nicht mal mehr daran gedacht.
 

Dann setzte ich mich aufs Bett, ordnete die ganzen Sachen, die ich in meinem Rucksack transportierte.
 

Ich war gerade dabei, wieder alles ordentlich einzuräumen, als Mama wieder kam.
 

Sie blieb unschlüssig an der Türe stehen, machte mich total nervös damit.
 

Sie wartete.
 

Keine Frage, auf wen.
 

Durch die offene Tür hörte man HipHop.
 

Ich verzog das Gesicht, das war nun echt nicht mein Stil.
 

"Könntest du vielleicht die Türe schließen?"
 

In der nächsten Stunde beschäftigte Mama sich mit allem Möglichen, was man halt so tut, wenn man die Zeit totschlagen will.
 

Und sie steckte mich mit ihrer Unruhe an.
 

Verflixt, es würde echt wieder himmlisch sein, demnächst wieder sein eigenes Zimmer zu haben.
 

All würden anklopfen müssen, wenn sie rein wollten und ich würde Herein sagen, oder aber auch nicht.
 

Schließlich wurde es mir zu bunt.
 

"Also, ich gehe jetzt noch ein bisschen spazieren, bis zum Abendessen bin ich wieder da!"
 

Mamas Antwort wartete ich gar nicht erst ab sonder ging gleich nach draußen.
 

***
 

Allein ging ich am Strand entlang.
 

Es war nicht mehr so viel los, vielleicht lag es daran, dass es ein bisschen kühler ist, als die letzten Tage.
 

Das Meer lag leuchtend blau unter hellblauem Himmel und glitzerte fröhlich im Sonnenlicht.
 

Das war wohl auch das Einzigste, was ich vermissen würde.
 

Der Rest bestimmt nicht.
 

Meine Füße trugen mich fast automatisch bis zum Steinstrand, wo ich mich wieder niederließ.
 

Bald war ich wieder zu Hause.
 

Würde ich Lucas wieder sehen.
 

Immerhin hatte ich in den letzten zwei Jahren nichts von ihm gesehen oder gehört, wer weiß, wie es jetzt weiter ging.
 

Denn sehen wollte ich ihn auf jeden Fall!
 

Ob ich ihn von daheim einfach noch mal anrufen soll?
 

Oder sollte ich vielleicht seine Adresse raussuchen und ihn ganz spontan mal besuchen?
 

Ich wäre gerade in seiner Gegend, oder so?
 

Mein Magen fuhr Achterbahn, die nur aus Loopings zu bestehen schien, wenn ich mir sein Gesicht nur vorstellte.
 

"Scheiße!", fluchte ich.
 

Gut, ich hatte mich verliebt.
 

Auch gut, dass es ein Kerl war.
 

Aber warum ausgerechnet Lucas, der Typ, bei dem ich die wenigsten Chancen hätte?
 

Der bisher blaue Himmel verwandelte sich über meine Gedankengänge hinweg in ein leidenschaftliches Farbspiel aus flammendem rosa mit violetten Schattierungen.
 

Ich machte mich auf den Rückweg, wollte Mama nicht unbedingt so lange warten lassen.
 

Wer wusste schon, was sie in ihrem jetzigen Zustand so alles anstellen würde?
 

***
 

Im Speisesaal war nicht viel los.
 

Am Salatbüffet entdeckte ich den Kinderschänder von gestern Abend.
 

Komisch, er ist mir vorher hier noch gar nicht wirklich aufgefallen.
 

Er trug eine richtig auffallende, knallrote Weste und sein Gesicht erinnerte mich an das Gesäß eines Pavians.
 

Da er gerade dabei war eine Blondine anzubaggern konnte ich unerkannt an ihm vorbeihuschen.
 

Mama versuchte sich die ganze Zeit über nicht anmerken zu lassen, wie enttäuscht sie war.
 

Also redeten wir über alles mögliche, darüber, wann wir den Wecker stellen mussten, wie wohl das Wetter in Deutschland wäre, über alles, nur nicht über Pietro.
 

Ich hatte da ja so meine Vermutungen, aber die sprach ich lieber nicht aus.
 

Kein Zweifel, dass er richtig lieb sein konnte, so auf diese Art, von der man dann glaubte, er mache sich wirklich richtig viel aus einem.
 

Aber dieser Eindruck täuschte leicht und er gehörte zu den Typen, die sich nahmen, was sich ihnen gerade halt so anbot.
 

Arme Mama und dabei hatte sie sich so schön gemacht: blaues Kleid, blauer Lidstich, sie sah überhaupt nicht alt aus, jedenfalls nicht wie beinahe fünfzig.
 

"Ich verstehe das nicht", sagte Mama, als wir aufstanden, "eigentlich kann das doch gar nicht sein."
 

"Was?"
 

"Er hat wirklich fest vorgehabt, noch einmal vorbeizukommen."
 

"Tja, so sind sie halt, die Italiener", sagte ich ganz automatisch.
 

Ich würde außerordentlich dankbar sein, wenn dieser Teil der ganzen Tragödie endlich vorbei war.
 

Wir bummelten noch einmal den leeren Strand entlang.
 

Riesengroß, aber noch nicht ganz voll, stieg der Mond eben über dem Meer auf, ließ das Wasser schön silbrig glitzern.
 

Nach kurzer Zeit machten wir uns wieder auf den Rückweg und waren schon fast an unserem Clubdorf angelangt, als mit bekanntem Geknatter Pietro auf seinem Motorroller in unsere Straße einbog.
 

"Hallo!" rief er uns auch schon entgegen.
 

Dann kam die Entschuldigung in Form seiner Mutter, die überraschend heute Nachmittag zu besuch gekommen ist und die er natürlich nicht einfach so allein lassen konnte.
 

Tja, wer da wohl wirklich angekommen ist?
 

Vielleicht eine heißblütige Schwedin, die noch zwei Wochen bleiben wird?
 

Ich hatte keine große Lust, mir weiterhin sein blödes Geschwätz anzuhören, also verabschiedete ich mich rasch von den beiden.
 

Ich wollte schließlich nicht stören...
 

Aber Mama verabschiedete sich auch gleich und mit lautem Geknatter verschwand Pietro wieder.
 

"Hach", seufzte ich, "damit wäre dieses Kapitel wohl beendet."
 

Mama trug es mit Fassung, setzte ein schiefes Lächeln auf.
 

Ich hakte mich bei ihn ein.
 

"Wie wär es, wollen wir uns nicht mal einen andudeln?", wollte ich wissen, fühlte mich irgendwie erleichtert. "Einen kleinen?"
 

"Einen Schlummertrunk, zum Abschied", sagte Mama.
 

***
 

Wir mussten zu einer für die Ferien absolut unmenschlichen Zeit aufstehen, um halb sechs ging der Wecker, da um halb sieben der Bus startete.
 

Mein Kopf brummte ein bisschen, der Schlummertrunk gestern erwies sich als ziemlich heftig und es blieb auch nicht nur bei einem Glas.
 

Das Frühstück war wie immer und danach schleppten wir auch gleich unser Gepäck zum Bus.
 

Wie gingen noch einmal zurück um zu kontrollieren, ob wir auch nichts vergessen hatten.
 

Mein Blick fiel auf den Blumenstrauß, den ich bekommen hatte.
 

Was sollte ich denn mit dem machen?
 

Er sah noch richtig frisch aus, aber die Heimfahrt nach Deutschland würde er auf keinen Fall überstehen.
 

Jedenfalls nicht ohne feuchtes Papier und einer Plastiktüte.
 

Allerdings hatte ich so früh morgens mit so einem Kopf überhaupt keine Lust und Energie, so etwas aufzutreiben.
 

Also verschenkte ich ihn.
 

Kurz entschlossen packte ich ihn, lief in die Halle und sah mich nach der Telefonistin um.
 

Ob sie um diese Uhrzeit eigentlich schon arbeitet?
 

Tat sie.
 

Sie sah genau so verschlafen aus, wie ich, aber sie strahlte, als ich ihr den Blumenstrauß unter die Nase hielt.
 

"For me?", fragte sie erstaunt.
 

Ich nickte: "Ja, für Sie!"
 

Olala, es war als würde die Sonne aufgehen, so strahlte sie plötzlich.
 

Sie rutschte von ihrem Sessel, drückte mir überschwänglich Küsschen auf die Wangen und bedankte sich ausführlich.
 

Gähnend lief ich zum Bus, es hatte mir irgendwie gefallen, etwas zu verschenken.
 

'Sollte ich vielleicht öfters tu...'
 

Als wir dann endlich im Bus saßen, wo der Großteil der anderen Gäste noch dabei war, das Gepäck zu verstauen, schrie Mama plötzlich auf.
 

"Pietro!"
 

Der Bursche war wirklich die Überraschung in Person, er wäre der letzte gewesen, den ich hier erwartet hatte.
 

Wenn man ihn erwartet, kam er nicht und wenn man ihn gerade abschreiben wollte, tauchte er wie aus dem Nichts auf.
 

Mama kämpfte sich durch den Gang zum Ausgang.
 

Und alle konnten zusehen, wie Pietro ihr eine rote Rose in die Hand drückte und ihr noch Küsschen auf die Wange gab.
 

Ich fand das irgendwie peinlich, weil meine Mutter sich wie ein pubertierender Teenager verhielt und weil alle zusehen konnten.
 

"Er ist doch ein süßer Kerl!", sagte Mama als sie wieder neben mir saß und hatte schon wieder eine Träne im Augenwinkel, die ich geflissentlich übersah.
 

Kurz nach dem wir losgefahren waren schlief ich auch schon ein und träumte von dem Wiedersehen mit Lucas, bei dem ich wenigstens in meinen Träumen eindeutige Chancen hatte.
 

Aber im Traum ist immer alles so einfach: man kann durch Wände gehen, bei dem geringsten Lufthauch vom Boden abheben und Berührungen sind auch ein Kinderspiel, von Liebeserklärungen mal zu schweigen.
 

***
 

Als ich wieder aufwachte war Mama gerade dabei, der Frau im Nachbarsitz zu erzählen, dass ich einen Tanzwettbewerb gewonnen hatte.
 

Schlagartig war ich richtig munter, was war nur in Mama gefahren, sonst erzählte sie doch auch keinen wildfremden Leuten solche Sachen?
 

Ich spüre wie die Leute mich anstarren.
 

Ich kann es nicht leiden, angestarrt zu werden, schon gar nicht kurz nach dem Aufwachen.
 

Mama hielt immer noch ihre dämliche Rose in der Hand.
 

"Wir haben eben herausbekommen, dass du und die Tochter von Frau Wöhr in die selbe Klasse gehen müsstet."
 

Nee, oder?
 

Doch nicht etwa Conny Wöhr, *die* Conny Wöhr, die vor mir saß, oder?
 

Wie schrecklich!
 

Bald würde ich wieder all diese deprimierenden Einzelheiten von ihr überaus deutlich und in aller Ausführlichkeit vor mir sehen können.
 

Sie glotzten mich immer noch an.
 

Warteten auf einen Freudenschrei oder etwas in diese Richtung.
 

Also richtete ich mich halbwegs auf und bemühte mich, Frau Wöhr eine halbwegs manierliche Antwort zu geben: "Conny sitzt vor mir, oder saß zumindest bis jetzt vor mir."
 

"Frau Wöhr war die ganze Zeit über auch im Clubdorf, ist das nicht komisch?", informierte mich Mama.
 

Mir war das scheißegal, zum Glück sind wir uns nicht schon früher über den Weg gelaufen, sonst hätten wir am Ende noch alles miteinander unternommen.
 

"Bist du gerne auf dieser Schule?", fragte Frau Wöhr mich.
 

Eigentlich sah sie ganz zivilisiert aus, ich meine, für die Mutter einer Tussi, die so übel aussah wie Conny.
 

Hilfe, was sollte ich denn darauf antworten?
 

Es ist nun mal ein notwendiges Übel, auf eine Schule gehen zu müssen.
 

Und meine Schule ist eine Schule wie jede andere auch.
 

"Es geht so, könnte schlimmer sein.", sage ich.
 

Zum Glück unterhielt sie sich danach nur noch mit Mama und ich konnte so ungestört meinen Gedanken nachhängen, die sich immer noch um Lucas drehten.
 

Was hatte dieser Typ nur an sich, dass er mir dermaßen den Kopf verdrehte?
 

Neben mir seufzte Mama tief und ich hörte mal wieder mit halbem Ohr dem Gespräch zu.
 

"Leider ist Cornelia ja so sensibel und nimmt alles viel zu schwer", sagte Frau Wöhr gerade und ich konnte mir ein lautes Lachen gerade noch so verkneifen.
 

Conny und sensibel passt ungefähr so gut wie... wie... na ja, wie Benzin und ne Stichflamme.
 

Ich würde sie ja eher für verklemmt halten, aber ich hatte keine Lust, mir ihr Seelenleben vorzustellen.
 

Hatte schließlich genug Probleme mit meinem eigenen.
 

Ich dämmerte wieder weg und bekam von dem restlichen Gespräch so gut wie gar nichts mit.
 

***
 

An der letzten Raststätte vor Stuttgart rief Mama zu Hause an.
 

"Papa war dran", sagte Mama, als wir wieder auf unseren Plätzen saßen und der Bus sich in Bewegung setzte. "Er ist schon zurück, seit gestern Abend. Er wartet mit dem Abendessen auf uns."
 

Na, das konnte ja heiter werden.
 

Ich war gespannt darauf, wie Mama sich benehmen würde.
 

"Sicher ist Peter auch da", vermutete Mutter freudig.
 

"Dann wären wir ja wieder eine glückliche Familie", frotzelte ich.
 

Ich würde sofort Kontakt zu Karsten aufnehmen, schließlich hatte ich ihm eine Menge zu erzählen und er sicher auch.
 

Kurz bevor wir ausstiegen sagte Frau Wöhr zu mir: "Wollen Sie Cornelia nicht einmal besuchen kommen? Ich meine nach dem Unterricht, sie hat ein sehr schönes Zimmer mit separatem Eingang."
 

Würde ich nicht sitze, ich wäre mit Sicherheit umgekippt!
 

Die Alte hatte doch wirklich ernsthaft vor, mich mit diesem... diesem... unbeschreiblichen Objekt zu verkuppeln!
 

'Nie im Leben, und wenn sie das einzigste lebende Lebewesen neben mir noch wäre!'
 

Und seit wann hat sie beschlossen, mich zu siezen?
 

Heuchlerisch antwortete ich Frau Wöhr: "Falls sich die Gelegenheit mal ergibt. Warum nicht?"
 

Hah, auf diese Gelegenheit konnte sie warten bis sie schwarz wird!
 

***
 

Mein Vater stand unter der Haustür und sah zu, wie wir uns mir dem Gepäck abmühten.
 

Unsere Ankunft schien ihn nicht mehr und nicht weniger zu interessieren, wie der Trompetenstrauch, der in einem Blumenkübel neben der Haustüre steht.
 

"Da seit ihr ja endlich", rief er uns entgegen, "wird auch langsam Zeit."
 

"Wie wär es, wenn du Mama beim Tragen helfen würdest?", forderte ich ihn ein wenig giftig auf.
 

"Ach so, ist das Gepäck denn so schwer?"
 

Langsam und gemütlich setzte er sich in Bewegung.
 

"Puh, hier ist es aber kalt", sagte Mama und hielt Papa ihr Gesicht für einen Empfangskuss entgegen.
 

Er drückte ihr vorsichtig mit spitzen Lippen einen Schmatz auf die Stirn.
 

"Habt ihr schon gesehen? Die Trompetenpflanze hat zwei Blüten mehr als letztes Jahr! Der Spezialdünger hat also doch geholfen."
 

Arschloch!
 

Also ob uns diese dämliche Pflanze jetzt interessierte.
 

Am liebsten hätte ich meine Tasche in mein Zimmer geknallt und wäre sofort verduftet, in die Stadt, Pizza essen oder so.
 

Papa stellte Mamas Tasche im Flur ab und bewegte sich Richtung Küche, von wo uns Pizzageruch entgegenströmte.
 

"Jetzt kannst du ja hier die Regie übernehmen", sagte er und Mama hatte natürlich nichts besseres zu tun, als dieser Aufforderung augenblicklich nachzukommen.
 

Mir wurde es zu dumm, also trug ich mein Gepäck in mein Zimmer.
 

Ich hörte noch, wie Papa sagte: "Wir haben heute Abend noch Besuch", und Mama hoffnungsvoll fragte: "Peter?"
 

Ich war wieder auf dem Weg in die Küche, um mir etwas zu trinken zu holen, als ich hörte, wie Mama sagte: "Hättest du diese Einladung nicht auf einen anderen Tag legen können? Schließlich haben wir eine zwölfstündige Fahrt hinter uns!"
 

Super Mama!
 

Gut gemacht!
 

Zeig's ihm endlich mal!
 

"Ich finde, das sind wir unserer Nachbarin schuldig", entgegnete Papa, "schließlich hat sie sich rührend um die Fische gekümmert."
 

Wie angewurzelt blieb ich stehen.
 

Das konnte ja wohl nicht sein, irgend etwas lief hier nicht so, wie es sollte.
 

Wieso hat sich die Nachbarin um die Fische gekümmert?
 

"Ich fand das, offen gestanden, auch ziemlich unbedacht von dir, Sonja."
 

"Wie meinst du das?"
 

"Einfach weg zu fahren, ohne für eine geordnete Betreuung für die Fische und Pflanzen zu sorgen!"
 

"Aber ich habe doch für eine geordnete Betreuung gesorgt. Peter hat sich erboten für eine Woche das Haus..."
 

"Und warum versichert mir Frau Voigt, dass sie hier seit einer Woche täglich nach dem Rechten sieht?", unterbrach er Mama.
 

Ich spürte, wie jeder Muskel in meinem Körper sich verkrampfte.
 

Wie konnte er es wagen?
 

Meine Mutter so anzugehen!
 

Ich konnte ihn genau vor mir sehen, mit seinen kalten, blauen Augen und den zu einem Strich geschrumpften Mund.
 

"Hm, wie erklärst du dir das?"
 

Jetzt lachte er auch noch.
 

Dieses überhebliche Lachen eines Stärkeren im Angesicht eines schwächeren Gegners.
 

"Ich werde Peter fragen. Wo ist er denn jetzt?", fragte Mama.
 

Ich hörte ihr an, dass sie sich nur mit Mühe kontrollierte.
 

"Er hat es vorgezogen, sich aus dem Staub zu machen", eröffnete ihr Papa.
 

"Wieso?"
 

"Wir haben uns die Meinung gesagt."
 

"Also Michael, das ist ja wohl die Höhe! Willst du denn alle vergraulen, die gezwungen sind mit dir zusammenzuleben?"
 

Mama warf mit einem hörbaren Knall ein paar Besteckteile auf den Tisch.
 

"Keiner zwingt irgendwen mit mir zusammenzuleben! Aber ich kann doch schließlich ein gewisses Mindestmaß an familiärer Solidarität erwarten!"
 

Jetzt reichte es!
 

In mir brach etwas und ich stellte mich in die Tür zum Wohnzimmer.
 

"Du kannst von keinem mehr etwas erwarten! Jeden lässt du hier nach deiner Pfeife tanzen! Mama hat es..."
 

"Reg dich ab, Mandy!", unterbrach mich mein Vater.
 

"Ich reg mich nicht ab, verdammt noch mal! Fragst du dich eigentlich manchmal, ob Mama mit dir glücklich ist? Wie sie sich fühlt? Ob sie dich überhaupt noch liebt? Weißt du überhaupt, was das Wort Liebe bedeutet?"
 

Meine Mutter war unter ihrer Bräune merklich rot geworden und mein Vater hatte kein Gesicht mehr, sondern etwas, dass einem Raketenkopf so ziemlich nahe kam.
 

"Dann erklär mir mal, was Liebe ist", sagte er spöttisch.
 

Ich zitterte am ganzen Körper.
 

Ich wusste, ich hatte mich in eine gefährliche Ecke begeben.
 

"Es gibt Leute, die lieben ihre Frau, andere ihre Kinder, manche lieben ihre Mutter oder wenigstens ein Tier, das man anfassen und bei sich haben kann. Aber du, du liebst nur stachlige Monster und glitschige Fische, die sich gegenseitig verschlingen. Wahrscheinlich liebst du noch nicht einmal dich selbst!"
 

Mein Vater war drauf und dran mich mit seinem Blick zu zerschmettern.
 

"Ja, sie mich nur so an, vielleicht verschwinde ich dann einfach aus deinem Blickfeld!"
 

"Mandy, sprich nicht in diesem Ton zu deinem Vater", sagte Mama jetzt.
 

Ha, jetzt wandte sie sich auch noch gegen mich!
 

Das war ja nicht zum Aushalten!
 

Mir reichte es total!
 

"Zum Essen könnt ihr auf mich verzichten", erklärte ich abschließend.
 

"Ich hab auch keinen Appetit", erklärte Mama.
 

Papas Stimme klang belegt: "Dann ruf sie an und sag ihr, dass das Essen verschoben ist!"
 

"Das musst du schon selbst tun, schließlich ist es deine Einladung, ebenso wie doch alles hier deins ist, wie du immer sagst."
 

"Ich weiß gar nicht, was dieser Palastaufstand hier soll, den ihr hier aufführt!"
 

Das hatte ich mir eigentlich gedacht.
 

Im Ernst, etwas anderes hatte ich von Papa nicht erwartet.
 

Ich hatte nicht vor, mir das noch länger anzutun und machte, dass ich in mein Zimmer kam.
 

***
 

Ein Weilchen blieb ich einfach im dunklen Zimmer stehen.
 

Mir stieg das ganz schön zu Kopf.
 

Am liebsten würde ich eher heute als morgen mir eine eigene Wohnung suchen.
 

Hauptsache weg von diesem Chaos!
 

Ich schaltete die Schreibtischlampe an.
 

Auf meinem Schreibtisch lag ein Stapel Post, auch Zeitungen waren dabei, die ich kurzerhand in den Altpapiermüll entsorgte.
 

Dann fing ich an meine Post durchzusehen.
 

Viel war es ja nicht, nur ein rosa und ein grauer Brief und eine Postkarte mit der Ansicht einer unglaublich türkisfarbenen Bucht.
 

Die Postkarte war von Karsten.
 

"Hallo Mandy", hatte er mit Goldstift geschrieben, "wo bist du? Hab gerade versucht, dich zu erreichen aber bei euch geht ja niemand ran. Sitze gerade in einer Bar am Hafen und hab eben Martin Roller vorbeiwatscheln sehen. Den kennst du doch, oder? Mit Freund!!! Du weißt, was ich meine?! Ich werde ab 1.9. wieder daheim sein. Kontaktaufnahme dringendst erwünscht. Hasta la vista, Karsten"
 

Der rosa Brief war von Jennifer, die Einladung zu ihrem Geburtstag, von dem man mich schon vorgewarnt hatte und der nun am Samstag vor Schulbeginn (also in einer Woche) stattfinden würde.
 

Oh man, dann musste ich diese Woche zusammen mit Karsten und Mark noch nach einem passenden Geschenk suchen.
 

Na toll, das gibt dann wieder stundenlange Diskussionen und Einkaufsbummel.
 

Die zwei konnten sich nämlich nie meiner überlegenen und superguten Meinung anschließen...
 

Der graue Umschlag enthielt nur ein weißes Blatt Papier, auf dem in krakeligen Blockbuchstaben stand: "Wer war die aufregende Person, die letztens den Penner Toby an der Strippe hatte? Please immediately contact number 66 17 5."
 

Ich fühlte mich wie auf einem Riesenrad.
 

Besser konnte man mein Innenleben gar nicht beschreiben.
 

Einfach großartig!
 

Ich betrachtete den Umschlag noch ein Weilchen und entdeckte sogar die Adresse.
 

Lag auf dem Weg von mir und Karsten.
 

Jetzt Lucas anzurufen verbot sich doch von selbst.
 

Aber Karsten konnte ich noch anrufen.
 

Im schlimmsten Fall lag er schon in seiner schwarzen Seidenbettwäsche.
 

Leider erreichte ich ihn gar nicht.
 

***
 

"Frühstück ist fertig", weckte mich meine Mutter, wie immer.
 

Ohne mich!
 

Meinem Vater jetzt gegenüberzusitzen, in Herrgottsfrühe und so schutzlos wie ein Vogelküken, das brächte ich jetzt nicht fertig.
 

Ich konnte mir schon gar nicht mehr vorstellen, wie es zu der gestrigen Karambolage gekommen war.
 

Wahrscheinlich mit einer Überdosis Adrenalin, die mir jetzt entschieden fehlte.
 

Nachher würde ich noch einmal bei Karsten anrufen, aber jetzt musste ich mich erst mal um meine Wäsche kümmern.
 

Meine ganzen Lieblingsklamotten mussten gewaschen werden, sonst hätte ich für die Schule nichts mehr zum Anziehen.
 

Vielleicht sollte ich mir auch mal wieder was neues kaufen.
 

Immer die gleiche Klamotte ist ja auch nicht so toll.
 

Ich suchte mir ein paar erträgliche Klamotten aus dem Schrank - eine schwarze, saubere Jeans und mein altes schwarzes Seidenhemd, das an den Ärmeln bereits ausfranste, ich aber immer noch über alles liebte.
 

Ich konnte mich einfach nicht davon trennen.
 

Dann rief ich bei Karsten an und bekam endlich jemanden an die Strippe.
 

"Endlich du", sagte er statt einer Begrüßung und ich hörte gleich, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war.
 

"Hey, stimmt bei dir was nicht?"
 

"Kannst du vorbei kommen? Jetzt gleich?"
 

"Karsten, was ist denn los, erzähl doch!"
 

Ich hasste es, wenn man mich im Unklaren ließ.
 

"Nichts Tolles, nein, wirklich nicht. Ich erzähl dir später alles. Oder nein, lieber doch jetzt gleich. Oder doch... Ach was, ist doch jetzt auch egal. Du, ich werd' Vater, schöner Mist! Jetzt kannst du dir auf dem Weg was einfallen lassen, ja?"
 

***
 

Ende Teil 4



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