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Abraxas

Die Sehnsucht in mir
von

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Blaues Licht

@inho

Natürlich reißt es ihn nicht wirklich auseinander *lach*

Ich mg diese metapher nur tierrischt gerne^^°

nya du siehst ja nun was geschieht *lächel*
 

********************+
 

Blaues Licht
 

Es schien unendlich lange zu dauern, bis Kains Sinne endlich in seinen Körper zurückkehren wollten. Benommen öffnete er die Augen, schloss sie aber sofort wieder um der Verwirrung Herr zu werden, die nach seinem Geist griff.

Eben noch hatte er Abraxas Körper übernehmen wollen, um ihn davon abzuhalten, den Stein zu berühren. War es ihm gelungen? Zaghaft öffneten sich die roten Augen wieder.

Scheinbar nicht. Kain wusste nicht wo er war, die riesige Tempelkapelle war es aber definitiv nicht. Vor und hinter ihm waren nur grobe Backsteinmauern, die ein seltsam bläulich diffuses Licht verströmten. Benommen richtete sich der Vampir auf. Links und rechts führte ein langer Gang ins Endlose. Zumindest war er nicht eingesperrt. Das war doch schon allerhand wert. Zögernd legte Kain eine Hand auf den merkwürdig schimmernden Stein und stellte erstaunt fest, dass er kalt war. Nicht kalt, wie es Steine im Allgemeinen waren, sondern wie von Eis. Kain fröstelte und zog den Mantel etwas enger um den Körper. Wo war er nur? Und warum konnte er Abraxas nicht spüren? War sein Geist diesmal etwa verdrängt wurden? Hoffentlich nicht. Abraxas vermochte es immer wieder ihn zurückzuholen, aber umgekehrt war Kain noch nie in der Situation gewesen Abraxas seinerseits rufen zu müssen. Er wusste nicht, ob es ihm gelingen würde. Das aber hatte später auch noch Zeit. Jetzt musste er erst einmal in Erfahrung bringen, wo er hier zum Teufel nur war.

Kain setzte sich in Bewegung, nahm erst einen Gang rechts, dann noch einen, dann einmal links, wieder rechts, ein Stückchen geradeaus, links, links, rechts und schon hatte er komplett die Orientierung verloren. An der nächsten Weggabelung blieb er seufzend stehen. So hatte das doch keinen Sinn, ohne Abraxas konnte er auf keinen Fall einfach losrennen, wie es ihm gerade passte. Er wusste ja jetzt schon nicht mehr, von wo er gekommen war. Suchend drehte sich Kain einmal um die eigene Achse, mit dem Ergebnis, dass es ihn auch nicht weiter brachte. Jeder Gang sah gleich aus. Überall schimmerte es bläulich und nirgendwo sah auch nur ein Stein anders aus, als der nächste. Alles gleich und einheitlich. Schaurig!

Aber da! Gleich um die nächste Abbiegung herum konnte er eine vertraute Aura spüren und ja, tatsächlich, da waren Schritte zu hören, welche unsicher den Gang entlang tapsten. Kain beschleunigte seinen Schritt, wurde gleichzeitig aber immer leiser und begann breit zu grinsen. An der Ecke ankommen, machte er einen Satz nach vorne, riss die Arme nach oben und sprang der Person brüllend entgegen. "Auf die Knie, niedere Kreatur!"

Yuuryon antwortete ihm auf die gleiche Art und Weise. Sein Sprung ging zwar in die andere Richtung und bei diesem Ausweichmanöver stolperte er auch und plumpste dumpf auf seinen Hintern, aber das Geschrei, dass der erschrockene Flussmensch veranstalte war fast noch lauter als Kains. "Ahhhh! Bitte, bitte tu mir nichts!"

Für einen Moment versuchte Kain sich zu beherrschen, dann aber brach es prustend aus ihm heraus - Yuuryons entsetztes Gesicht war einfach zu köstlich. Lachend hielt er sich den Bauch, wischte sich eine Träne aus den Augen und streckte dann, nachdem er sich wieder etwas beruhigt hatte, Yuuryon die Hand entgegen, um ihm aufzuhelfen. Umso erstaunter war er aber, als der Flussmensch selbige weg schlug und hastig versuchte ihm davon zu robben. Verwundert griff Kain nach dem Kragen des Diebes, zog ihn nach oben und hielt ihn auch noch fest, als sich Yuuryon plötzlich heftig zur Wehr setzte. "Lass mich los!",brüllte er panisch und trat nach Kain. Dessen Augen wurden dunkel. Reflexartig blockte er Yuuryons Tritt, warf den perplexen Flussmenschen ein kleines Stück nach oben und donnerte ihm die andere Faust ins Gesicht. Yuuryon machte noch in der Luft einen grazile Überschlag und knallte dann, mit dem Kopf voran und einem weniger schönen Geräusch, gegen die spiegelnde Mauer, sank zu Boden und blieb mit einem dumpfen Laut schlaff liegen. Blut rann langsam seinen Nacken hinunter und färbte seinen Kragen triefend rot. "Verdammt", fluchte Kain laut, stürzte zu ihm und ließ sich besorgt neben ihm nieder. Das hatte er nicht gewollt.

Zu Kains Erleichterung begann sich Yuuryon in diesem Moment aber bereits wieder zu regen, schüttelte benommen den Kopf, hielt in der Bewegung aber sofort inne und griff stöhnend nach seinem Hinterkopf. Frisches Blut klebte auf seinen Fingern, als er sie wieder hervorzog. Durch die merkwürdige Beleuchtung schimmerte es auf Yuuryons blassblauer Haut lila. Hastig wand Kain den Blick ab, starrte statt dessen auf den Boden direkt vor seinen Füßen und versuchte den Impuls niederzukämpfen, sich auf Yuuryon zu stürzen. Der Flussmensch wimmerte leise. Fahrig fuhr er sich über die schmerzende Wange, die langsam begann anzuschwellen. Seine Hände zitterten leicht. In den hellen Augen lag ein hohler, stupider Ausdruck, der Yuuryon etwas geisterhaftes verlieh. Verwirrt starrte er noch immer auf seine blutverschmierte Hand und schien gar nicht verstehen zu können, was geschehen war. Zögernd hob Kain den Kopf und sah ihn an, versuchte dabei dem Blutanblick möglichst zu umgehen, was ihm aber bei weitem nicht gelang, so wie Yuuryon alles voll blutete. "Tut mir leid. Das wollte ich nicht",murmelte Kain hilflos, wollte nach seiner Schulter greifen, hielt aber im letzten Moment inne, aus Furcht, er könnte Yuuryons Blut berühren und vollends die Kontrolle verlieren. Yuuryon sah auf. Die blauen Augen zitterten panisch und hefteten sich voller Abscheu auf Kains Gesicht. "Yuuryon! Das musst du mir glauben. Ich hatte wirklich nicht vor..."

"Woher kennst du meinen Namen?",kreischte der Dieb und versuchte sich von Kain weg zu rollen. Es gelang ihm nicht. Kain sah wie Yuuryons Gesicht auch das letzte bisschen Farbe verlor und er sich hustend auf der Seite übergab. "Beweg dich nicht!",forderte Kain und ignorierte vorerst die merkwürdige Frage Yuuryons. Vielleicht hatte ihm der Schlag auf den Kopf ja sein Gedächtnis geraubt. Aber natürlich versuchte Yuuryon trotzdem hustend aufzustehen, was aber nur in einem hilflosen Schaukeln endete.

Nach mehreren Anläufen schaffte es Yuuryon aber doch noch auf die Beine zu kommen. Schwankend, schüttelte er benommen den Kopf, stützte sich schwer atmend einen Moment an der Wand ab und verkündete dann laut:"Ich gehe jetzt!"

"Nur zu", lächelte Kain von unten hinauf und begann die Sekunden zu zählen, bis Yuuryon wieder umfallen würde. Lange konnte es nicht dauern.

Es waren zwei Schritte, die Yuuryon tatsächlich in den Gang hinein machte, dann stolperte er über seine eigenen Füße, kam ins Straucheln und wäre tatsächlich gestürzt, wäre Kain nicht sofort aufgesprungen und hätte ihn festgehalten. Ein Fehler, wie sich herausstellte.

Der süßliche Geruch frischen Bluts kroch Kain in die Nase und von einem Moment auf den anderen war es um ihn geschehen. Knurrend senkte er den Kopf auf Yuuryons Nacken und berührte ihn zaghaft mit den Lippen. Zufrieden leckte der Vampir über die blutverschmierte Haut, spürte wie sich Yuuryons Fingernägel schmerzhaft in seinen Arm gruben, aber der Kupfergeschmack verdrängte auch das letzte bisschen Zweifel. Nur ganz weit hinten hörte er eine leise, mahnende Stimme, die ihn daran zu erinnern suchte, dass es falsch war, was er hier tat. Kain schob den Gedanken ärgerlich beiseite. Nichts war falsch. Es gefiel ihm viel zu gut, als dass es sich um einen Fehler handeln konnte. Fast zärtlich drückte er den zitternden Dieb noch näher an sich, roch den verlockenden Duft, setzte einen gierigen Kuss auf die offene Wunde an Yuuryons Hinterkopf und grub seinen Zähne in das weiche Fleisch.

Yuuryon schrie nicht. Ein seltsames Gefühl hatte von seinem Geist Besitz ergriffen. Er hörte das Blut laut in seinen Ohren rauschen, spürte wie es immer schneller werdend sich diesem inneren Sog hingab und wirbelnd auf das schwarze Loch zueilte und obwohl ihm auf einmal völlig klar wurde - so klar, wie man sich sicher war, dass jeden Morgen die Sonne wieder über den Horizont kletterte - dass er im Begriff war zu sterben, störte ihn diese Erkenntnis nicht sonderlich. Es war nicht so, dass es ihn überhaupt nicht interessierte, tatsächlich manifestierte sich weit unten in seiner Magengegend ein unwilliges Ziehen, dass mit etwas gesundem Wohlwollen durchaus als Unmut interpretiert werden konnte, aber dieses natureigene Entsetzten im Bewusstwerden des wahrhaft letzten Augenblickes blieb aus. Oh, er starb, daran bestand gar kein Zweifel, aber diese weichen Finger, die sich nach seiner Seele ausstreckten, sie sanft berührten und umfingen, die beruhigend wispernde Stimme, die ihn sehnsüchtig zu sich rief und deren Ruf so süß und zart war. Ja, wenn das der Tod war, nahm er ihn gerne in Kauf.

"Jetzt tötest du mich, wie du Abraxas getötet hast",stellte Yuuryon unbekümmert fest und Kain lies ihn los.

Der Dieb taumelte nach vorne, machte einen unbeholfenen Ausfallschritt und stützte sich verwirrt an der gegenüberliegenden Wand ab. Das noch eben vorhandene Hochgefühl verschwand so schnell, wie es gekommen war und machte den Weg frei, damit die ausgesandten Informationen in Yuuryons Kopf verarbeitet werden konnten - und endlich kam das Entsetzten. "Du wolltest mich umbringen!",keuchte er fassungslos.

Kain lehnte mit dem Rücken an der Wand, wischte sich Yuuryons Blut vom Mund und musterte ihn ausdruckslos. "Ja",gab er gleichmütig zu und bückte sich nach Yuuryons Stirnband, welches zu Boden gefallen war. "Aber Abraxas habe ich nicht getötet. Wie bitte kommst du denn darauf?"

"Ja?",echote Yuuryon fassungslos. "Das gibst du so einfach zu?"

Kain hob die Schultern. "Warum sollte ich lügen?"

Yuuryon schwieg betroffen. Ihm erschien es am besten den Vampir nicht weiter zu reizen. Alte Gewohnheiten lassen sich aber leider nicht von eben auf jetzt ablegen. Dazu bedarf es höchster Selbstdisziplin, Geduld und einem eisernen Willen, damit es wenigstens in einem Zeitraum von wenigen Monaten funktionierte. All diese Eigenschaften besass Yuuryon aber nicht und fragte deswegen schon nach nur wenigen Augenblicken. "Warum hast du es nicht getan?"

"Tote geben einem keine Antworten."

"Eh? Was willst du denn wissen?",fragte er verwundert.

Kains Blick verfinsterte sich. Er wiederholte nicht gerne eine Frage zweimal. Aber Yuuryon sah nicht so aus, als würde er sich von alleine erinnern und wohl oder übel musste sich Kain eingestehen, dass er selbst daran Schuld war - da verlor man einmal die Beherrschung und da passierte gleich sowas. Es war ja nicht so gewesen, dass er Yuuryon unbedingt hatte umbringen wollen, aber Kain war einer jener Vampire, denen es als Verschwendung erschien, ein gefangenes Opfer wieder gehen zu lassen. Entweder man machte es richtig, oder gar nicht. Für ihn war Abraxas Verhalten nur immer wieder ein Zeichen von Schwäche. "Ich wollte wissen, warum du denkst ich hätte Abraxas getötet",wiederholte Kain ernst.

Es dauerte einen Moment länger, als nötig gewesen wäre, bis Yuuryon endlich antwortete, aber dem Flussmensch fiel es zunehmend schwerer, Kain zuzuhören und seinerseits einen klaren Gedanken zu fassen. In seinem Kopf tobte der Schmerz, brüllend wie ein tollwütiges Ungeheuer und vor seinen Augen tanzten rote Punkte. "Du trägst seine Kleidung", murmelt Yuuryon leise. Verwirrt sah Kain an sich herab. "Ähm, ja. Aber das ist doch nur normal, oder?"

Yuuryon hob ratlos die Schultern. "Siehst du? Ich denke nicht, dass Abraxas eine Person ist, die ihr Eigentum einfach so jemand anderem überlässt. Also musst du ihn wohl umgebracht haben!", erklärte er zögernd und fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen. Seltsam, die Welt verschwamm immer mehr und wurde trübe. Die Steine schienen ihre Leuchtkraft zu verlieren. Der Dieb blinzelte und versuchte das Gesicht des Vampirs zu erkennen. Es gelang ihm nicht. Auch dessen Züge waren verschwommen und vermischten sich mit dem Blau der Umgebung. Ach, und wie müde er war.

Kain verstand immer noch nicht, was der Flussmensch ihm sagen wollte. Erkannte er ihn denn nicht? Dann aber, von einer abstrakten Idee getrieben, griff Kain nach einer seiner Haarsträhnen und hielt sie sich direkt vor die Augen. Das was er da sah verblüffte und erschreckte ihn gleichermassen. Wie konnte das sein? - Die Strähne war schwarz.

Vor ihm hörte er es plötzlich dumpf klatschen und Kain hob den Kopf. Sein Blick fiel auf eine frische Blutspur, die fahl an der Wand glänzte und glitschig nach unten führte. Und an ihrem Ende lag Yuuryon, mit dem Gesicht nach unten und rührte sich nicht mehr.

"Verflucht!"
 

Abraxas schloss die Augen und begann innerlich von zehn an abwärts zu zählen. 10.. 9.. 8.. An und für sich war es nur gut, dass er Kain nicht erreichen konnte, 7.. 6... wenn der ihm auch noch auf den Geist gegangen wäre, hätte er wohl endgültig auch den letzten Funken Beherrschung verloren. 5.. 4.. 3.. Nicht nur, dass ihn diese schrecklich blauen Wände wahnsinnig machten und natürlich die Tatsache, dass er keine Ahnung hatte, wo er hin musste. 2.. Nein, da war auch noch...

"Vom stumm in der Gegend herumstehen, findet ihr bestimmt nicht den Weg hinaus."

Abraxas fuhr herum. Seine roten Augen sprühten Feuer und hätten einen Eisberg zum Zerbersten bringen können, aber auf die junge Tempeldienerin, die vor ihm stand und den Vampir aufgebracht anstarrte, machten sie keinen Eindruck. "Ihr braucht gar nicht so zu schauen!",wies sie Abraxas schnippisch zurecht, und schleuderte ihre schwarze Lockenpracht mit einer zornigen Handbewegung über die Schulter. "Es ist ganz allein eure Schuld, dass wir hier sind, also tut gefälligst etwas dagegen!" Entnervt verdrehte Abraxas die Augen. Kain konnte er nicht spüren, Yuuryon war ebenfalls verschwunden und er musste sich mit diesem Biest von Tempelnovize herumärgern. "Was ist denn? hat es euch die Sprache geraubt? Ohne Erlaubnis Tempelgegenstände begrapschen - das könnt ihr, aber..."

Das war zu viel. Reflexartig hob Abraxas den Arm und holte zum Schlag aus. "Jetzt hör mal zu, du freche Göre! Wenn du nicht sofort dein vorlautes Mundwerk verschließt, dann..."

"Ja? Dann? Ich höre? Los sagt schon!",unterbrach sie ihn ärgerlich, stemmte die Fäuste in die Seiten und starrte Abraxas herausfordernd von unten her an. Seufzend ließ er die Hand wieder sinken. Soweit kam es noch, dass er eine Frau schlug, noch dazu ein halbes Kind, wie diese hier. So tief wollte er nicht sinken. "Hör mal...",versuchte er resignierend einzulenken, aber sie unterbrach ihn nur erneut. "Nein, ich höre nicht! Habt ihr eigentlich auch nur den Funken einer Vorstellung davon, was ich für einen Ärger bekomme, wenn jetzt mein Meister zurückkehrt und den Tempel verlassen vorfindet? Da kann ich mich ja gleich nach einer neuen verfluchten Anstellung umsehen."

"Gehört es sich denn für eine angehende Priesterin derartige Wörter in den Mund zu nehmen?",stichelte er gehässig und registrierte zufrieden, wie die braunen Augen noch eine Spur dunkler wurden.

"Ein verdammter, dahergelaufener, windiger, schmieriger...-"

"Hey, hey!"

"-aufgeblasener, armseliger Schmierenkomödiant, der einfach ohne nachzudenken heilige Sakramente anpatscht, hat überhaupt nicht das Recht, meine Wortwahl zu kritisieren!",kreischte sie entgeistert. Rote Flecken hatten sich auf ihren hübschen Wangen gebildet.

Abraxas grinste gelassen. Langsam begriff er, wie dieses Mädchen funktionierte - es war genauso aufbrausend wie Shantel. Also musste man nur warten, irgendwann beruhigte sich der Vulkan von alleine. Man musste nur den Ausbruch überleben.

Der Gedanke an sie verursachte einen heftigen Stich in Abraxas Herzen. Sie waren im Streit auseinander gegangen und sicher hätte Shantel auch das, was er im Moment tat, nicht gutgeheißen. Trotzdem hätte Abraxas in diesem Moment viel darum gegeben, in ihr wunderschönes Gesicht sehen zu können, oder wenigstens zu erfahren, wo sie im Moment war und was sie tat.
 

Tatsächlich war Shantel gar nicht so weit entfernt, wie Abraxas annahm. In diesem Augenblick pirschte sie sich von Säule zu Säule des Tempeleingangs, behielt dabei die weißhaarige Gestalt im Auge und bemühte sich möglichst in deren toten Winkel zu bleiben. Scheinbar war es ihr gelungen, denn der schwarz gekleidete Magier betrat soeben unbehelligt den Tempel, so dass sie erleichtert aufatmen konnte. Leise näherte sie sich den ausladenden Schwingtüren und blieb neben Abraxas Pferd stehen. Der Rappe stupste sie freundschaftlich in die Seite und gab ein zufriedenes Schnauben von sich, als ihm Shantel sanft über die bebenden Nüstern strich. Dann ließ sie von ihm ab und lief auf den Tempeleingang zu. Als Shantel die Tür öffnete, gab diese ein verräterisches Knarren von sich. Heftig erschrocken ließ sie von dem gewaltigen Flügel ab, fasste sich aber schnell, da im Inneren des Tempels keinerlei Misstrauen oder wenigstens gesteigerte Aufmerksamkeit zu spüren war. Der Weißhaarige hatte sie definitiv nicht bemerkt.

Verstohlen schlich sie sich in den Tempel und versteckte sich sofort hinter einer der riesen, schwarzen Säulen. Zaghaft lugte sie wieder hinter der Säule hervor, nach vorne zu der schwarzen Gestalt, die zögernd auf den atemberaubenden Altar zuschritt und irgendetwas musterte, was ihr zu Füßen lag. So sehr sich Shantel aber auch bemühte, sie konnte nicht erkennen, was es war. Das Licht der flackernden Kerzen, warf solch ungünstige Schatten, dass es unmöglich war, allzu weit in die riesige Halle hineinzuschauen. Wohl oder übel musste sie also noch ein Stückchen weiter nach vorne.

Das leise Tappen ihrer Schritte, klang in ihren Ohren wie das ohrenbetäubende Stampfen eines Elefanten, der krachend durch das Dickicht eines Urwaldes brach - aber die schwarze Gestalt bemerkte sie noch immer nicht. Wieder war sie in emsiges Gebet vertieft. Shantel hörte das leise Murmeln, doch die Worte waren ihr fremd.

Dann endlich war sie weit genug heran, dass sie einen Blick auf das, was dort am Boden vor dem Altar lag, werfen konnte. Ihr Herzschlag setzte für einen Moment aus.

Endlich sah sie Abraxas wieder, aber wie seltsam er doch dalag. Reglos am Fuße des Altars, den rechten Arm noch halb ausgestreckt, als wolle er nach einem unsichtbaren Gegenstand greifen und konnte ihn doch nicht erreichen. Viel merkwürdiger aber waren, die anderen beiden Gestalten, die ebenfalls dort auf den Tempelboden lagen. Ein junges Mädchen mit rabenschwarzen Lockenhaar lag dort, in eine hässliche braune Robe gekleidet, deren zierliche Hand sich entschlossen in Abraxas Ärmel krallte.

Am erschreckenden war aber wohl die dritte Person, Shantel gleichwohl bekannt, die ihre Hand um den schlanken Arm des Mädchens geschlungen hatte, als hatte sie versucht das Mädchen von irgendetwas abzuhalten. Yuuryon lag genauso reglos am Boden, wie Abraxas und das Mädchen auch. Den Unterschied aber machte die schillernde Lache des eigenen Blutes in welchem er lag.

Ein bitterer Geschmack kroch Shantels Rachen hinauf. Würgend hielt sie sich die Hand vor den Mund. Und wenn es nicht das war, was sie schwarze Gestalt endlich aufhorchen lies, dann waren es spätestens die fassungslosen Worte, die sie in die Halle stammelte: "Was ist den hier nur geschehen?"

Velcon fuhr herum, hob den rechten Arm. Man sah wie sich pulsierendes Licht in seiner Handfläche sammelte, Hitze strömte nach außen, dann sah er Shantel und das Licht verschwand. Das was er sah - das war kein fassungsloser Engel.

Das war eine Göttin.



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