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Erster Teil: Du kennst mich nicht und doch hasst du mich!

~*Joey x Kaiba*~
von

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Entscheidungen

Gemächlich schlang er sich ein helles Tuch um den Hals, schlüpfte in die Schuhe und trödelte los.

>Merkwürdig, ich bin weder sauer noch ängstlich.< Abwesend starrte er auf den Weg, der langsam unter ihm vorbeizog. >Es kam so unerwartet, ich wusste nicht, was ich tun sollte und habe es einfach geschehen lassen. Und ich bereue nichts, hoffe nur, dass es Kaiba genau so sehr gefallen hat, wie mir. Heute wird sich alles entscheiden. Wenn er mir jetzt die Freundschaft kündigt und sich zurückzieht, dann weiß ich zumindest, dass ich mich bisher in ihm geirrt habe. Dann werde auch ich mich fernhalten und ihm nicht nachrennen, flehend und

bittend. Aber was…< Joey blieb stehen und blickte langsam auf, sein Herz begann

schneller zu schlagen, >… wenn da doch mehr ist?<

Bevor er sich zu seinen Freunden gesellte, überprüfte er kurz das Tuch.

Saß es richtig?

Konnte man etwas sehen?

Nein.

"Hübsches Tuch", meinte Duke kritisch. "Aber ist es nicht etwas zu warm dafür?"

"Ach nein." Joey grinste gelassen. "Ich finde es gemütlich."

"Gemütlich", wiederholte Duke und steckte sich einen Kaugummi in den Mund.

"Geht es dir gut?" Yugi richtete sich auf, er hockte wieder auf der Bank. "Du siehst etwas besorgt aus."

"Huh?"

"Ja, genau!" Duke rempelte ihn an. "Sag bloß, du hast dein Referat nicht beendet!"

"Das musst du doch heute vortragen!" Tea starrte ihn erschrocken an.

"Referat??" Joey vereiste. "Abba... abba... das war doch erst morgen?!"

"Ne." Tristan schüttelte den Kopf.

"Abba ich hab es doch noch gar nicht gemacht!" Joey raufte sich die Haare. Ich war gestern bei Kaiba und erst spät wieder zu Hause. Und da habe ich gleich geschlafen und... und..."

"Warst du bei Kaiba zu Hause?", fragte Tristan.

"Hm." Joey nickte knapp. "Aber was soll ich denn jetzt machen?! Ich brauche eine gute Note in Gemeinschaftskunde, sonst bin ich tot!"

"Ja." Duke nickte zustimmend. "Die Lehrerin hat dich zweimal verwarnt und dreimal daran erinnert. Ich glaube auch, dass sie es dir aufgeschrieben hat. Also, ich denke, sie wird nicht milde reagieren und du wirst gehörigen Ärger be..."

"Ja, mach Joey fein Mut!" Tristan nahm Duke in den Schwitzkasten.

"Ah, lass das!"

"Bakura!", fuhr Joey hektisch zu dem Jungen herum und dieser trat vorsichtshalber einen Schritt zurück. "Du hast es doch auch gemacht, oder? Ich könnte es ja ganz schnell abschreiben und ein bisschen verändern. Wir haben Gemeinschaftskunde doch erst in der dritten Stunde, oder? Da bleibt mir doch noch Zeit! Bitte, es ist wirklich ganz wichtig und dann bekommst du dein Referat sofort zurück."

Bakura öffnete den Mund, wollte etwas sagen, doch Joey kam ihm zuvor.

"Bitte, bitte, bitte! Du musst mich retten, Bakura! Ich will keine miese Note! Ich will nur ganz schnell..."

"Ich musste das Referat gar nicht machen", unterbrach Bakura ihn endlich und Joey verstummte.

"Dann bin ich tot", seufzte er stoisch und fuhr sich über die Stirn, in der Hoffnung, eine andere Seele würde sich seiner erbarmen. Aber diese Seelen verschwanden nun alle in der Schule und Joey musste sich ihnen anschließen. Diese Nervosität verbot es ihm, sich weiterhin wegen Kaiba zu sorgen.

>Referat<, ging es ihm durch den Kopf. >Muss abschreiben.<
 

Tief in Gedanken, schlenderte er mit den anderen durch den Gang, rempelte einige der Schüler an und schlenderte weiter. Dann bog er um die Ecke und betrat das Zimmer. Und erst da blickte er auf. Vor ihm saß Kaiba und sofort wandte Joey den Blick ab und knabberte auf der Unterlippe. Kaiba las wieder in seinem Buch. Entweder er hatte ihn noch nicht bemerkt oder er fand das Buch interessanter, als ihn. Wie auch immer, er schenkte ihm keine Beachtung.

Erinnerungen schossen in Joey hoch, als er dort stand. Was sollte er jetzt machen? Er wollte Kaiba nicht ansprechen, wollte warten, bis dieser auf ihn zukam. Also schnappte er sich Tristan, der etwas getrödelt hatte und erst jetzt das Klassenzimmer betrat. Schnell legte er den Arm um seinen Hals und trat mit ihm ein. Tristan wirkte leicht überrascht.

"Was ist?"

"Ähm, na ja." Eilig zog Joey an Kaiba vorbei und eilte durch die Tischreihen, Tristan mit sich ziehend. Dann, als er in Sicherheit war, zog er den Arm zurück und grinste. "Ach nichts."

"Höh?" Verdattert blieb Tristan stehen und Joey ließ sich auf seinem Platz nieder. Und nachdem er noch ein bisschen irritiert herumgestanden hatte, zuckte er mit den Schultern und trödelte zu seinem Platz. Joey beobachtete in der Zwischenzeit wieder Kaiba. Und seinen brodelnden Augen war deutlich zu entnehmen, dass er mit den jetzigen Zuständen nicht zufrieden war. Er war kein Junge für ein Mal. Was dachte sich Kaiba nur? Er seufzte schwer

und ließ sich tiefer in den Stuhl sinken. Dort angekommen, bettete er die Wange auf den Tisch und döste etwas. Nun ja, vielmehr schmollte er. Er hatte es gewusst! Jetzt tat Kaiba so, als wäre gestern überhaupt nichts passiert! Er hob die Hand und rieb sich den Hals. Es war aber etwas passiert und daran ließ sich nichts ändern. Stand Kaiba nicht zu seinen Entschlüssen? Vielleicht war es ja auch nur spontan über ihn gekommen. Und warum sollte er nicht einfach mal über ihn herfallen?

Joey verwühlte das Gesicht zwischen seinen Armen. Er hatte ihn noch weniger beachtet, als sonst. Sogar noch weniger, als schon die Freundschaft zwischen ihnen bestand. Nein, Joey stöhnte wieder, Kaiba würde nicht zu ihm kommen. Und die Freundschaft konnte er sich mal pusten! Oh ja, es war herrlich gewesen und trotzdem fühlte sich Joey etwas benutzt.

Vermutlich schlief er dann einfach ein. Er bemerkte es nicht und blickte erst auf, als die angenehme Pausenmelodie ertönte. Verdattert richtete er sich auf und blickte sich um.

War die Stunde schon vorbei?

Die Hälfte der Schüler hatte den Raum nun schon verlassen, Kaiba war natürlich auch schon weg. Nur Yugi, Tea und Tristan standen naserümpfend vor ihm.

"Wie kann man nur im Unterricht schlafen!", tadelte Tea, jedoch so leise, dass es der Lehrer nicht mitbekam, der hinter seinem Pult saß und ebenfalls etwas abwesend auf einen nicht existierenden Punkt starrte. Er hatte während des Sprechens ja auch fast geschlafen. Wie hätte er denn bemerken können, dass sich einer seiner Schüler nicht im Unterricht befand, sondern im Traumland. Das mit den bunten Blümchen und so.

"Ach, verdammt noch mal!" Hastig kam Joey auf die Beine, grabschte nach seinen Büchern und stopfte sie in seine Tasche.

"Es ist doch jedes Mal dasselbe." Tristan schüttelte den Kopf und wandte sich ab.
 

"Ethik war wieder so aufregend!", freute sich Tea, als sie nach der nächsten Stunde in den Gang hinaustraten. "Es war aufregend und interessant!"

"Was war aufregend." Duke lugte keck zu ihr. "Der Unterricht oder der neue Lehrer."

"Der...", Tea fuhr erschrocken zu ihm herum, "... der Unterricht natürlich!"

"Na klar." Duke gluckste leise und hob abwehrend die Hände. Dann wurde er auf Joey aufmerksam, der wohl das längste Gesicht seit einigen Stunden zog. Er starrte frustriert auf den Boden und rieb sich die Hände.

"Hey, du." Duke rempelte ihn kameradschaftlich an und Joey stolperte beinahe. "Alles klar?"

Hastig suchte der junge Mann nach dem Gleichgewicht, rappelte sich wieder auf und ballte die Hände zu Fäusten. Er schnaubte wie ein wild gewordener Stier und drängte Duke an die nächste Wand.

"Ob alles klar ist?!", rief er. "Ich habe schlecht... ähm... ich habe eben geträumt und bin unausgeschlafen! Hinzukommend werde ich mir heute eine sehr, ja, seeehr schlechte und böse Note besorgen und", Joey zog die Nase hoch und ließ die Arme sinken, "und Kaiba tut so, als wäre ich gar nicht da!", stöhnte er erschöpft und wandte sich zermürbt ab. Und Duke wusste auch nicht so recht, was er davon denken sollte. Verwirrt schraubte er eine Augenbraue höher und kratzte sich an der Wange.

"Ich habe dir doch gesagt, dass er ein Idiot ist!", versuchte er Joey nach einem kurzen Zögern zu trösten. "Aber du konntest ja nicht auf mich hören und jetzt kannst du sehen, was du davon hast!" Er schnippte sich eine Strähne von der Stirn. "Nimm's nicht so schwer."

"Kein Problem." Joey fuchtelte entnervt mit den Händen und wandte sich ab. "Geht schon mal vor. Ich komme gleich nach, will noch ein bisschen heulen und so."

Mit diesen Worten schlenderte er davon und verschwand hinter der nächsten Ecke. Die kleine Gruppe sah ihm anteilnehmend nach.

"Der Ärmste." Yugi seufzte. "Hat er sich mit Kaiba gestritten?"

"Was weiß ich!" Duke zuckte desinteressiert mit den Schultern.

"Vielleicht hat er auch zu Hause Ärger?", grübelte Tea.

"Blödsinn!", stöhnte Duke.

"Wohin geht er denn?" Tristan sah sich um.

"Bleibt ruhig." Duke wandte sich auch zum Gehen um. "Wenn er Hunger hat, kommt er zurück."
 

Abwesend starrte Joey auf das Wasser, das über seine Hände lief. Er stand in den Räumen der Schultoilette und beugte sich über das Waschbecken. Er hatte keine Lust, in den Hof zu gehen, keine Lust, Kaiba zu sehen. Er wollte einfach nur hier stehen. Die anderen Schüler waren nun draußen. Sicher lachten sie und so weiter. Er stellte den Wasserhahn aus und richtete sich auf. Kurz betrachtete er sich im Spiegel, dann griff er nach einigen Tüchern, rupfte sie aus dem Automat und trocknete sich die Hände ab.

Womit hatte er das nur verdient?

Vortrag weg.

Kaiba weg.

Es müsste ein Wunder geschehen, damit er wieder lachen konnte.

Gähnend wandte er sich ab und schlenderte auf die kleinen Kabinen zu. In einer von ihnen verschwand er.

>Habe ich irgendetwas verbrochen, wovon ich nichts weiß?< Er schloss die Tür hinter sich, fuhr sich furch die Haare und lehnte sich gegen die kühle, gekachelte Wand. >Die letzten Tage konnte ich in vollen Zügen genießen. Außer ein paar wenigen Sorgen hat mich nichts belastet. Kaiba.< Er ließ den Blick sinken und starrte auf den Boden. >Zuerst war er eklig zu mir, dann freundeten wir uns an, kamen uns sogar noch näher. Ja, viel näher. Anders kann man das, was gestern passiert ist, nichts nennen. Aber was zur Hölle soll ich jetzt machen?< Er stöhnte erschöpft und rappelte sich wieder auf. >Ich gehe jetzt raus, brauche frische Luft.<

Er setzte erneut zum Gähnen an, tastete nach dem kleinen Knauf und schob die Tür auf. >Frische Luft.< Auf den Boden starrend, trat er aus der Kabine. Doch plötzlich erspähte er zwei Schuhe, die direkt vor ihm standen. Sofort hielt er inne. Und eine blaue Hose. Eine Hose der Schuluniform. Joey verzog das Gesicht, öffnete den Mund und blickte langsam auf. Kaiba stand vor ihm. Die blauen Augen waren scharf auf ihn gerichtet. Joey schluckte schwer und starrte zurück.

>Was... jetzt?< Joey öffnete den Mund.

Sie standen nur kurz voreinander, dann trat Kaiba vor und er wich zurück. Kaiba ging weiter und letzten Endes stand Joey wieder in der kleinen Kabine. Noch immer hafteten ihre Blicke aneinander. Kaiba fixierte ihn weiterhin, zog an ihm vorbei wie ein lauernder Wolf. Während er dann langsam die Hand hob und die Tür schloss, lehnte sich Joey wieder gegen die Wand.

Was tat Kaiba? Was hatte er vor?

Nun ließ Kaiba die Hand von dem Knauf rutschen und trat näher an Joey heran. Dann plötzlich hob er die Hände und stemmte sie zu beiden Seiten seines Kopfes gegen die Wand. Joey wusste nicht, was er tun, geschweige denn, sagen sollte. Er presste sich gegen die Fliesen und Kaiba neigte sich nach vorn, bis sich ihre Gesichter wieder sehr nahe waren. Irritiert besah sich Joey Kaibas Augen. Das Linke, das Rechte. Ein kitzelnder Atem strich über sein Gesicht und wieder schluckte er. Nur wenige Zentimeter lagen zwischen ihren Gesichtern und diesmal brachte diese Tatsache Nervosität mit sich. Gestern war er angetrunken gewesen.

Doch nun?

Kaiba schwieg noch eine lange Zeit, fixierte ihn scharf und ernst. Erst nach wenigen Minuten atmete er tief ein.

"Wie geht's jetzt weiter", flüsterte er und behielt den Blickkontakt noch immer aufrecht. Doch Joey entfloh ihm und starrte wieder auf den Boden. Noch immer lagen die Hände zu beiden Seiten seines Kopfes an den Fliesen, er konnte sich nicht abwenden.

>Was es weitergehen soll?< Joey schluckte und blickte langsam auf, er wirkte etwas ungläubig, als er den Blickkontakt wieder aufbaute. >Wie es weitergehen soll? Na, was soll ich denn sagen?<

Kaiba wartete.

>Ich glaube... er hat es also ernst gemeint? Er wollte mich nicht fallen lassen?<

"Warum fragst du so etwas?" Joey hielt dem stechenden Blick stand und begann seine Hände zu reiben.

"Weil ich es wissen will?", erwiderte Kaiba ohne mit der Wimper zu zucken. "Ich habe kaum geschlafen."

Joey hob die Augenbrauen.

"Hast du nachgedacht?"

Kaiba nickte flüchtig.

"Und... über was hast du nachgedacht?" Allmählich entspannte sich Joey in dieser kniffligen Lage.

"Über gestern", antwortete Kaiba in einem Tonfall, den Joey nicht gewohnt war.

"Ah..." Er öffnete überrascht den Mund. Jetzt fühlte er sich überrumpelt, wusste überhaupt nicht mehr, was er denken sollte. Er blinzelte, biss sich auf die Unterlippe und atmete tief ein. Er spürte den Blick regelrecht, der unbarmherzig auf ihn gerichtet war. Diese plötzlichen Geschehnisse überforderten ihn. Vor wenigen Minuten hatte er noch geglaubt, Kaiba hätte ihn

ausgenutzt um sich ein bisschen zu vergnügen. Und jetzt?

Zögernd wandte Joey den Blick ab, legte die Hände an die kahlen Fliesen und starrte auf den Boden. Die eigenen Gefühle waren ihm seit geraumer Zeit kein Geheimnis mehr.

Zitternd atmete er ein, seine Fingerspitzen fuhren über die Kacheln.

>Scheiß drauf! Wenn nicht jetzt, wann dann!<

Er atmete tief ein, hob zögerlich die Hände und legte die Arme stockend um Kaibas Rücken. Noch nie war er auf eine Beziehung eingegangen. Es hatte viele Mädchen gegeben, die daran gern etwas geändert hätten. Doch Joey hatte sich immer zurückgezogen. Noch nie war er verliebt, oder gar mit jemandem zusammen gewesen.

Vorsichtig faltete er die Hände ineinander und blickte auf. Kaiba atmete tief durch und senkte den Kopf; seine braunen Strähnen kitzelten Joeys Gesicht. Dessen Lippen zuckten kurz unter einem Grinsen.

>Ja, verflucht noch mal! Die Nachteile will ich nicht sehen!<

Joey blickte bedächtig auf, schob sich durch Kaibas Haare und berührte seine Nasenspitze mit der eigenen. Dann tastete er nach Kaibas Mund und schenkte ihm einen knappen Kuss.

"Was aus uns werden soll?" Joey schloss die Augen und lehnte die Stirn gegen Kaibas Wange. "Viel. Sehr viel."

Langsam löste Kaiba die Hände von den Fliesen, ließ sie auf Joeys Schultern hinabsinken und tiefer wandern. Anschließend glitten sie über seinen Rücken, umfassten ihn und zogen seinen Leib nach vorn. Gleichzeitig zog Joey seine Arme zurück, hob sie und schlang sie um Kaibas

Hals. Ohne ein weiteres Wort, kamen sie sich näher. Joey schob sich Kaiba entgegen, legte den Kopf schief und öffnete bereitwillig den Mund. Doch in dieser Sekunde ertönte ein lautes Geräusch, jemand öffnete die Tür und trat ein. Die beiden hielten inne. Joey entließ Kaiba nicht aus der Umarmung und blickte auf. Kaiba ließ den Kopf auf seine Schulter sinken und räusperte sich leise. Laute Schritte ertönten, dann ein Husten, dann folgte Stille. Joey hielt

die Luft an, nebenbei kraulte er Kaibas Nacken. Dann plötzlich ertönte Plätschern. Joey unterdrückte ein leises Lachen, presste die Wange gegen Kaibas Hals und hielt ihn fester.

Er wollte ihn nie wieder loslassen. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, ihn zu umarmen. Und er spürte Kaibas Atem auf seiner Haut! Während es plätscherte und plätscherte, schloss er die Augen und atmete tief ein. Es dauerte keine all zu lange Zeit, bis wieder die Schritte ertönten. Dann donnerte die Tür. Und wie auf Befehl, erwachten die Beiden wieder zum Leben. Kaiba blickte auf und Joey wandte sich zur Seite. Und dann begannen sie sich wieder zu küssen, so wie gestern. Doch diesmal konnte es Joey in vollen Zügen genießen und er würde nicht für eine Unterbrechung verantwortlich sein. Bei Gott! Das würde er nicht. Er erwiderte die Küsse fordernd und spielte mit Kaibas Zunge. Und wieder staunte er über dessen Künste, was diese Dinge anbelangte. Er wurde fest umarmt, festgehalten, von zwei starken Armen. Was wollte er mehr?

Bald presste Kaiba ihn gegen die Wand, seine Hände fuhren schnell unter sein Hemd, schoben es höher und glitten zärtlich über seinen Rücken. All zu viel Zeit blieb ihnen jedoch nicht. Denn nach wenigen Minuten öffnete sich die Tür erneut und die schlürfenden Schritte der Putzfrau ertönten, die in den Hofpausen ihre Arbeit tat. Hastig wand sich Joey in dem festen Griff, löste die Hände aus Kaibas Jackett und schob dessen Gesicht höher. Kaiba

wehrte sich nicht dagegen, richtete sich auf und schenkte Joey einen letzten langen Kuss. Joey schnurrte genießerisch, biss zurück und atmete dann auf. Kaiba ließ wieder das Gesicht sinken, tat es ihm gleich und trat langsam zurück. Ihre Hände tasteten nacheinander, umfassten sich. Joey grinste noch immer, als er Kaibas Hand drückte und einen Gegendruck verspürte. Währenddessen begann die Putzfrau schon zu stöbern und eben zu putzen. Nun

mussten sie sich also vorerst verabschieden. Joey fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und blickte scheu auf. Als leiser Lärm ertönte, neigte sich Kaiba noch einmal zu Joey und legte das Kinn auf seine Schulter.

"Kommst du heute wieder?", flüsterte er leise in sein Ohr.

"Ja", antwortete Joey ohne zu zögern. "Ach... ähm welcher Tag ist heute nochmal?"

"Samstag", murrte Kaiba. "Sag bloß, du hast das vergessen."

"Nein." Joey grinste. "Ich muss heute wieder arbeiten."

"Du musst nicht lange bleiben." Kaiba neigte sich wieder nach vorn. Sie tauschten noch ein kurzes Küsschen und Joey machte sich auf den Weg. Sie hielten sich an der Hand so lange sie es vermochten. Joey schob hinterrücks die Tür auf und hielt Kaibas Hand. Dann glitten beide ab und Joey trat aus der Kabine. Kaiba blieb vorerst stehen und wartete. Joey schenkte ihm ein knappes Lächeln, dann schloss sich die Tür wieder und Joey wandte sich locker ab. Doch

auf einmal stand ein Wassereimer vor ihm. Er stolperte über ihn, machte einen großen Satz und fand so das Gleichgewicht zurück. Doch der Eimer war gekippelt und nun breitete sich eine große Pfütze auf den Fließen aus; der Putzfrau starrte ihn grimmig an.

"Ups? Sorry." Joey gluckste leise, drehte sich um und verließ die Schultoilette.
 

Mit einer gründlichen Verspätung trat er auf den Schulhof hinaus, blieb stehen und sah sich um. Schreiend rannten ein paar Fünftklässler an ihm vorbei, sie warfen mit Steinen und einer rempelte ihn an. Joey rollte mit den Augen, ging weiter und fuhr sich über die Stirn.

>Merkwürdig, ich fühle mich, als wäre gerade überhaupt nichts passiert. Kann es sein, das ich es als eine Art Normalität ansehe? Nicht, das es die Normalität wäre. Aber ich bin weder aufgeregt noch nervös. Ich finde es einfach toll.<

Joey schlenderte über den Hof und steuerte auf seine kleine Gruppe zu, diese sah ihn schnell näher kommen und Yugi winkte.

"Wo warst du denn die ganze Zeit?" Duke spuckte einen Kaugummi zur Seite und schob sofort einen Neuen nach. "Wir dachten schon, du liegst irgendwo im Flur und schläfst." "Haha." Joey lachte lustlos und rieb sich den Hals.

Den Hals…!

Nach der ersten Berührung stoppte er. Wo zur Hölle war das Tuch? Mit großen Augen sah er

sich um. Doch die anderen sahen nicht so aus, als hätten sie die Spuren seiner Abenteuer gesehen. Nur Bakura starrte ihn leicht irritiert an. Joey lachte nervös, ließ die Hand auf dem Hals liegen und sah sich um. Wo war das Tuch! Er zögerte nicht lange, schlüpfte aus dem Jackett und band sich die Ärmel um den Hals.
 

Nach wenigen Minuten machten sie sich wieder auf den Weg in die Schule. Joey konnte nicht mehr an Kaiba denken. Vielmehr sorgte er sich um die Stunde, die ihn nun erwartete. Herrje, das Referat! Konnte er sich eine schlechte Note in Gemeinschaftskunde leisten?

Als er mit den anderen durch den Gang schlenderte, blähte er die Wangen auf.

"Wie konnte ich das nur vergessen?", maulte er, als er das Klassenzimmer betrat. "Ich meine, das war doch wichtig!"

"Vielleicht lässt dich die Lehrerin das Referat noch nachholen?", versuchte Tristan ihn zu trösten.

"Das glaubst du doch wohl selbst nicht." Joey ließ Tristan weiterschlendern und blieb vor Kaibas Tisch stehen. Dieser war überhaupt nicht auf der Hofpause gewesen, saß nun vor ihm und betrachtete ihn Stirnrunzelnd.

"Du hast dein Referat vergessen", schloss er.

"Oh Gott." Joey stöhnte schmerzvoll auf und stützte sich auf den Tisch. "Ich kam einfach nicht dazu, hab es einfach vergessen."

"Was jetzt." Kaiba legte den Kopf schief. "Kamst du nicht dazu oder hast du es vergessen."

"Beides." Joey ließ den Kopf sinken. "Ach, was weiß ich. Tatsache ist, ich habe es nicht und bekomme jetzt mächtigen Ärger."

Kaiba schwieg kurze Zeit, beobachtete ihn und saugte an seinen Zähnen.

"Nur damit du es weißt", sagte er dann und grabschte nach seiner Tasche, "das wird nicht noch einmal vorkommen!"

"Was wird nicht noch einmal vorkommen." Joey blickte verwundert auf. Kaiba antwortete nicht, wühlte kurz in seine Tasche und zog dann einige Blätter hervor, die in einer Klarsichthülle steckten; Joey hob verdattert die Augenbrauen und Kaiba drückte ihm sein Referat in die Arme.

"Du... gibst mir dein..." Joey konnte es nicht fassen. Ungläubig starrte er auf die sauberen Stichpunkte und öffnete sprachlos den Mund. "Oh, wie kann ich dir nur dafür danken!"

"Indem du es nicht so auffällig in die Luft hältst", brummte Kaiba und lehnte sich wieder zurück. "Wenn das auffliegt, bekommen wir beide Ärger."

"Ups? Okay... gut." Joey ließ die Blätter sinken und präsentierte Kaiba sein schönstes Lächeln. "Danke."

Kaiba blickte auf und traf auf seinen Blick.

"Ich werde mich irgendwann erkenntlich zeigen, ja?"

Kaiba nickte leicht und wies mit einer knappen Kopfbewegung zur Seite. Da trat gerade die Lehrerin ein und das hieß, dass sich Joey jetzt ganz schnell aus dem Staub machen sollte. Er zwinkerte Kaiba zu, fuchtelte mit dem Referat und schlenderte davon. Während er zu seinem Platz trödelte, warf er einen kurzen Blick auf die Stichpunkte, überflog sie kurz.

Exterritorial?

Abbreviatur?

Abecedarium?

Abjudikation?

Kardinalskongregationen??

Und was Zur Hölle war ein Opportunitätsprinzip...?!

Joey ließ sich nieder. Hoffentlich fragte die Lehrerin nicht nach der Bedeutung dieser Worte! Er, nun, er hatte keine Ahnung, was sie zu bedeuten hatten. Doch zu seinem Glück fragte niemand. Joey trug alles fein säuberlich vor und hatte bei machen Worten das Gefühl, das auch der Lehrerin deren Bedeutung fremd war. Und sie fragte auch nicht, um sich zu blamieren, obwohl sie es klug hätte anstellen können. Bei manchen Worten blieb Joey hängen, andere sprach er völlig falsch aus und meistens kam aus Kaibas Richtung ein leises Stöhnen. Ohne das Wissen, worüber er jetzt konkret ein Referat gehalten hatte, ließ

Joey letzten Endes die Blätter sinken und grinste nervös. Und er bekam ein B! Joey war darüber sehr zufrieden, aber Kaiba meinte, dass bei seinem Referat ein A gegeben werden müsste! Zum Glück konnte er sich nicht beschweren gehen. Unauffällig gab Joey ihm die Zettel zurück und verfolgte den Unterricht von nun an mit einer großen Entspannung. Das

furchtbarste hatte er jetzt also hinter sich gelassen. Also konnte er jetzt wieder schlafen. Seine Freunde hatten schnell herausgefunden, von wem Joey das Referat bekommen hatte. Yugi meinte, das er schon immer gewusst hätte, dass Kaiba gar kein so schlechter Mensch wäre. Und die anderen sagten dazu gar nichts.

Dann ging die Schule ihrem Ende zu und Joey fuhr gleich mit Kaiba mit. Samstag. Heute Abend und morgen Abend würde er wieder an der Tankstelle arbeiten. Natürlich wäre er lieber das ganze Wochenende bei Kaiba, aber es gab eben Dinge, die Priorität genossen.
 

Schweigend ruhte Joey auf dem großen Sofa. Er hatte sich quer gelegt und den Kopf auf Kaibas Schoß gebettet, dessen Finger spielten mit seinen Haaren. Sie fischten nach einzelnen Strähnen und verdrehten sie. Joey betrachtete die helle Decke, die geschwungenen Ornamente. Sie schwiegen seit fast fünfzehn Minuten und es war wundervoll. Er spürte keine Nervosität. Es fehlte ihnen nicht an Gesprächsstoff, aber sie schwiegen trotzdem, genossen die Stille und gingen

ihren Gedanken nach.

>Merkwürdig.< Joey faltete die Hände auf dem Bauch und atmete tief ein. >Ich fühle mich überhaupt nicht, als wäre ich erst heute mit Kaiba zusammengekommen. Es kommt mir vor, als wäre es schon vor langer Zeit passiert. Zwischen uns besteht ein unbeschreibliches Verständnis. Wir könnten nicht zusammen sein, wenn dem nicht so wäre.<

>Ich muss heute Abend in Mokubas Schule<, dachte sich Kaiba während er gemächlich durch Joeys Schopf fuhr. >Ich mag diese Elternabende nicht. Aber was soll ich machen?<

>Ich glaube, das wir richtig gut zusammenpassen.< Joey lächelte und wandte den Blick von der Zimmerdecke ab. >Am liebsten würde ich immer bei ihm sein. Ich möchte ihn ständig um mich herum haben und ihn jederzeit umarmen können.<

>Hoffentlich höre ich nichts schlechtes.< Kaiba legte den Kopf zurück. >Wenn es so sein sollte, werde ich mal ein ernstes Gespräch mit ihm führen.<

>Ich liebe ihn.<

>Es kann nicht sein, das sich Mokuba hängen lässt. Die Schule ist wichtig!<

Joey atmete tief ein, drehte das Gesicht zur Seite und beobachtete Kaiba. Dieser schloss die Augen, die leichten Bewegungen seiner Hand erstarben.

"Woran denkst du?", erkundigte er sich.

Die Hand löste sich aus seinem blonden Schopf und Kaiba hob den Kopf, um seinen Blick erwidern zu können. Doch er sagte nichts, sah Joey einfach nur an und schwieg. Dann wollte er die Hand zurückziehen, doch Joey griff nach ihr und hielt sie sanft fest. Kaiba antwortete nicht und Joey räkelte sich bis er wieder gemütlich auf seinem Schoß lag. Anschließend begannen sie mit ihren Händen zu spielen. Sie falteten sie ineinander und tasteten. Nach wenigen Minuten hob

Joey die zweite Hand, umschloss die von Kaiba und zog sie zu sich hinunter. Er hielt sie weiterhin fest, legte sie an seine Lippen und küsste sie. Kaiba beobachtete ihn kurz dabei, dann neigte er sich weit nach vorn und beugte sich zu Joey hinab. Dieser blickte auf, ließ seine Hand sinken und grinste keck. Kaiba erwiderte das Grinsen, beugte sich noch tiefer hinab und küsste ihn. Joey hob das Gesicht an und drückte seine Hand. Sie lösten sich des Öfteren voneinander und küssten sich dann wieder. Joey schloss die Augen, als er Kaibas Lippen wieder spürte. Kurz darauf wurde zärtlich nach seiner Unterlippe geschnappt. Joey gluckste leise, doch dann richtete sich Kaiba etwas auf, hielt inne. Joey wartete kurz, doch als es nicht weiterging, öffnete er die Augen.

"Was ist? Mach weiter."

Doch Kaiba schüttelte den Kopf und lehnte sich wieder zurück.

"Nicht ratsam. Wir bekommen Besuch."

"Was?"

"Überraschung!!" Plötzlich neigte sich Mokuba neben Kaiba über die Lehne und grinste ungestüm. "Hab ich euch erschreckt?"

Kaiba wohl weniger. Aber Joey hatte fast einen Herzinfarkt bekommen. Mit geweiteten Augen starrte er den Jungen an und presste Kaibas Hand so sehr er konnte. Mokuba lachte und Kaiba gähnte. Sie hatten sich nicht von der Stelle geregt. Joey lag noch immer auf Kaibas Schoß und hielt seine Hand. Kurz betrachtete sich Mokuba Joeys merkwürdige Position, doch dann grinste er

wieder.

"Döst ihr herum? Ich will mitmachen!" Mit diesen Worten rannte er um das Sofa herum, sprang über Joey hinweg und kuschelte sich neben ihn an die Lehne. Dort grabschte er nach einem Kissen und verwühlte sich etwas. Joey lag noch immer etwas verspannt dort. Doch allmählich beruhigte er sich. Zögerlich ließ er Kaibas Hand los und atmete tief ein. Und er dankte Gott, das Mokuba zu jung und somit zu naiv war, um sich über dieses Herumdösen, welches er hier mit Kaiba betrieb, Gedanken zu machen oder gar den Grund zu erkennen.
 

Mokuba war wie eine Klette. Er blieb einfach liegen und begann kurze Zeit später über alles zu erzählen, was er in den letzten Tagen erlebt hatte. Er erzählte von seiner Lehrerin, von bösen Schülern, die in höhere Klassen gingen und nebenbei erfuhren Kaiba und Joey von der Lebensgeschichte seines Freundes Bikky. Und dafür konnten sich die beiden nicht interessieren, so sehr sie sich auch anstrengten. Nach einer weiteren halben Stunde, in der sich Mokuba den Mund fusselig geredet hatte, musste Joey los. Samstag und Sonntag arbeitete er an der Tankstelle, bis spät abends. Und da seine Schicht in einer Stunde begann, verabschiedete er sich schweren Herzens. Er musste noch einmal nach Hause, und auch der Weg zur Tankstelle, würde seine Zeit brauchen. Und Joey wollte nicht zu spät kommen. Da Mokuba während des Abschiedes mit großen Augen neben ihn stand, blieb es bei einer Umarmung. Und dann trödelte Joey davon.
 

Er war bei guter Laune, als er pünktlich bei seinem Job erschien, sich kurz umzog und sich anschließend über die dreckigen Autos hermachte. Meistens wenn er hier war, wusch er Autos. Es kam nur selten vor, das man ihn an die Kasse ließ. Aber es geschah auch oft, dass er alten Frauen beim Einparken helfen musste. Im Großen und Ganzen fand er jedoch Spaß an seiner Arbeit. Und er erledigte sie zufrieden stellend.

Es war wohl zehn Uhr, als er in nassen Kleidern an das letzte Auto herantrat. Seine Schicht ging noch bis um eins. Aber das machte ihm herzlich wenig aus. Obwohl er schon fünf Autos vom Dreck befreit hatte, bearbeitete er dieses mit nicht weniger Eifer. Zu dieser späten Stunde war es schon etwas kühl und Joey fror ein bisschen. Heute hatte er sich nicht absichtlich nass gemacht, aber wenn man mit diesem dummen Schlauch herumhantierte, der hinzukommend ein Eigenleben zu entwickeln schien, dann ging schon einmal was daneben.

Gähnend hockte sich Joey auf den kühlen Boden und begann den Wagen mit Wasser zu besprenkeln. Er war schon ziemlich müde, würde vielleicht schon eher gehen, wenn man es ihm erlaubte. Wieder begann er zu werkeln, zu wischen und zu scheuern. Es war um elf, als er sich letzten Endes an die Reifen ranmachte. Wieder gähnte er, wischte sich den Dreck und den Schweiß von der Stirn und sah sich suchend nach der Bürste um. Er drehte sich zur rechten Seite, dann zu Linken und dann wieder zu rechten. Und was erschrak er, als plötzlich Bakura vor ihm stand. Wie aus dem Nichts war der Junge aufgetaucht! Und jetzt stand er da und starrte ihn an. Joey war nach hinten gekippt und saß nun in der schaumigen Pfütze.

"Bakura?" Er versuchte sich zu beruhigen, atmete tief ein und rappelte sich dann etwas auf. "Wo kommst du denn her?"

"Aus der Bibliothek", antwortete Bakura und schulterte seine Tasche. "Da habe ich dich gesehen und dachte mir, da schau ich mal vorbei."

"Na klar." Joey grinste und stand auf. Igitt, das kalte Wasser lief seine Beine hinab. Nun war er also bis auf die Haut durchnässt. Er schüttelte den rechten Fuß, dann den linken. Anschließend blickte er auf. "Du gehst so spät noch in die Bibliothek?"

"Natürlich, wir schreiben am Montag eine Arbeit und ich hatte nicht genug Lernstoff zuhause."

"Eine Arbeit?" Sofort wurde Joey hellhörig.

"Ja, die schreibt ihr aber erst später."

"Puh." Joey stöhnte erleichtert, bückte sich und griff nach dem Schlauch. Bakura beobachtete ihn aufmerksam, als er ihn zusammenrollte und an den Haken zurückhängte. Anschließend suchte Joey wieder nach der Bürste. Als er sie jedoch nicht fand, bemerkte er, wie er angestarrt wurde. Verwundert erwiderte er den Blick und hob die Augenbrauen.

"Was ist?"

"Es geht mich ja nichts an", Bakura zuckte mit den Schultern und zog die Tasche höher, "aber du solltest", er wies auf den eigenen Hals, "vielleicht ein Tuch umbinden."

"Wa...?" Reflexartig hob Joey die Hände und verdeckte den viel sagenden Fleck.

"Ist ganz schön auffällig, weißt du?"

"Ähm... ach ja?" Joey grinste verhalten und kämpfte gegen den Schock an. Bakura hatte die Bissstelle gesehen, schien sich aber nicht dafür zu interessieren.

"Ich gehe dann mal wieder", verabschiedete er sich nur und wandte sich ab.

"Ja, tschüss." Joey hob langsam die Hand und sah Bakura davon schlendern, doch nach wenigen Schritten blieb der Junge stehen und drehte sich wieder zu ihm um.

"Und du solltest dir trockene Sachen anziehen", predigte er. "Tagsüber ist es zwar schön warm, aber nachts ist es gefährlich, so herumzulaufen. Du holst dir bestimmt eine Erkältung."

"Ach." Joey lachte verhalten. "Ich werde nicht so schnell krank."

"Na schön." Bakura wackelte mit dem Kopf und bummelte davon.
 

Am nächsten Tag sah Joey Kaiba nicht mehr. Er stand spät auf und machte sich frühzeitig auf den Weg. Heute am Sonntag, arbeitete er nur bis um elf Uhr. Das hatte sein Chef beschlossen, da er am Montag wieder in die Schule musste und seinen Schlaf brauchte.

Es war ein glühend heißer Tag und Joey war wieder leichtsinnig, indem er erneut mit einem ärmellosen Hemd die Autos putzte, sich nass machte und kurz vor Feierabend fror. Bakuras Warnung übersah er einfach. Und er übersah sie so sehr, dass er sich nicht einmal einen warmen Pullover mitgenommen hatte. Also ging er wieder in dünnen Kleidern nach Hause.
 

Dann brach der nächste Tag an. Die Vögel zwitscherten heiter und hüpften durch die Baumkronen, Blümchen wogen sich im Wind, die Hunde sprangen verspielt über die Wiesen, Menschen lachten, Kinder spielten Hasche... und Joey schrie.

"Ver... verdammter! Mist!" Erschrocken fuhr er in die Höhe, rollte sich über die Matratze und grabschte nach seinem Wecker. Keuchend warf er einen Blick auf die Uhrzeit... doch dann stoppte er, starrte den Wecker verdutzt an und schüttelte ihn. Also entweder besaß dieses verblödete Teil die Frechheit, einfach stehen zu bleiben, oder...

Joey blickte verdutzt auf. Seit wann wachte er denn auf, bevor sein Wecker seinen Dienst tat? Unglaublich, er war wirklich eine Stunde früher aufgewacht. Das konnte nicht sein! Das durfte nicht sein! Hastig warf Joey den Wecker zur Seite und vergrub sich wieder unter seiner Decke. Er wollte weiterschlafen, hatte keine Lust, so früh aufzustehen. Draußen war es noch nicht einmal richtig hell! Doch nachdem er sich ein paar Mal gewendet und gerollt hatte,

bemerkte er, dass der Schlaf nun nicht mehr zurückkehren würde. Also blieb ihm nichts anderes übrig. Ein paar Minuten lag er faul auf seiner Decke, streckte sich und starrte vor sich hin. Dann rollte er mit den Augen, stöhnte und rappelte sich auf.
 

Diesen Tag erlebte er mit großer Freude und Heiterkeit. Er lachte mit seinen Freunden, traf sich in der Hofpause mit Kaiba auf der Schultoilette und schmiss den Eimer der Putzfrau diesmal wirklich um. Aber er lachte wieder nur und die dicke Frau schüttelte ergrimmt die Fäuste. Joey war aber auch etwas unzufrieden darüber, dass er Kaiba nicht jeden Tag besuchen konnte. Wie gern würde er heute seine Schicht im Lawell schwänzen und sich davonstehlen. Oh ja, wieder mit Kaiba auf dem Sofa liegen, schmusen, küssen...

Wenn er daran dachte, besaß nichts die Fähigkeit, seiner Laune Schaden zuzufügen.
 

"Einen Kaffee." Joey stellte die Tasse auf dem Tisch ab, neigte sich etwas nach vorn und grinste. Kaiba griff nach der Tasse und zog sie zu sich und während er sie dann hob und einen Schluck trank, klemmte sich Joey das Tablett unter den Arm und sah sich kurz um. Bedauerlicherweise erspähte er den dicken Chef, der ein Auge auf ihn hatte.

"Na gut." Joey seufzte. "Ich gehe dann mal wieder an die Arbeit."

"Mm." Flüchtig lugte Kaiba zu dem Chef und der Blonde machte, dass er weiterkam. Als ein lautes "Hatschi!!" ertönte, wandte er sich ab und beobachtete Joey erneut. Dieser schüttelte den Kopf, rieb sich die Nase und verschwand in der Küche.
 

"Hatschi!"

Ja, das hörte Kaiba am nächsten Tag noch öfter. Am nächsten Morgen in der Schule erlebte er einen blassen Joey, der die Taschentücher um sich häufte und in einem Fort nieste. Vermutlich hatte sich über Nacht eine garstige Grippe angeschlichen. Aber außer dem Niesen und dem Schnäuzen war nichts zu hören. Vermutlich war es lediglich ein Schnupfen, den sich Joey wer weiß woher geholt hatte. Er meinte zwar, dass dies nichts Außergewöhnliches war, aber er wollte ihn trotzdem nach seinem Befinden fragen. Dazu kam er aber leider nicht, weil

Joey stets von seinen Freunden umtüddelt wurde. Und denen wollte er sich nicht nähern.

Joeys Zustand schien sich in den nächsten beiden Tagen zu verschlechtern. Am Mittwoch hatte sein Gesicht an Farbe verloren und sein Husten klang alles andere, als gut. Des Öfteren erlitt der arme Junge einen wahren Anfall und krallte sich an seinen Tisch, um vor Husten nicht vom Stuhl zu kippen. Manchmal drehte sich Kaiba zu ihm um. Joey hatte eine rote Nase und seine Bewegungen hatten etwas Unkontrollierbares an sich. Es kam zwar öfter vor, dass Joey über irgendetwas stolperte. Aber an diesem Tag lief er gegen alles und landete mehrmals auf dem Boden.

Und am Donnerstag! Herrje, da erkannte man Joey nicht wieder. Kaiba sah ihn nur kurz vorbeischlendern und hörte ein leises "Morgn". Dann kauerte sich Joey vor seinen Tisch, machte es sich gemütlich und schlief. Und nach der ersten Stunde ging er wieder nach Hause! Er schwänzte ganze sieben Stunden!
 

Dann kam der Freitag.

Frühzeitig wie immer, stand Kaiba auf, erledigte noch einige Kleinigkeiten und machte sich dann auf den Weg. Wie immer brachte er zuerst Mokuba in die Schule und fuhr dann zu seiner eigenen. Als er aus der Limousine stieg, standen die Schüler noch auf dem großen Platz. Sie unterhielten sich, lachten oder zogen lange Gesichter, was man verstehen konnte. Immerhin sahen sie ihren schrecklich anstrengenden Tag unausweichlich näher rücken. Und wenn das kein Grund war, dann kannten sie keinen anderen.

Kaiba schlug die Tür hinter sich zu, zog kurz sein Jackett zurecht und sah sich flüchtig um. Er wandte sich zur Seite und warf einen kurzen Blick zu der kleinen Clique, die, wie jeden Tag auch, an ihrer Bank stand und heiter tratscht. Joey war nicht dabei.

Er schenkte ihnen nur wenige Sekunden seiner Zeit, dann drehte er sich um und schlenderte auf die Schule zu. Nach der ersten Stunde hegte er die Hoffnung, Joey würde noch kommen. Dasselbe dachte er auch nach der Zweiten. Und als die dritte Stunde endete, war er noch

immer nicht aufgetaucht. Kaiba begann sich Gedanken zu machen. Und die Sache wurde für ihn nicht leichter, als er herausfand, dass die Lehrer von keinem ärztlichen Attest wussten. Also beschloss er spontan, nach der Schule direkt zu ihm zu fahren, nach ihm zu schauen. Da kamen jedoch Schwierigkeiten auf, denn es gab auch andere, die sich Sorgen um Joey machten. Yugi zum Beispiel. Doch diesem gab er schnell zu verstehen, dass nur er derjenige war, der zu Joey fahren würde!

"Es ist schön, dass du dich so um Joey sorgst", hatte der Junge nur gesagt und gelächelt. "Und ich finde es auch sehr schön von dir, das du nach ihm sehen..."

An mehr erinnerte sich Kaiba nicht, denn er hatte sich umgedreht und war gegangen, bevor ihm der Junge noch irgendetwas an den Kopf warf, das er überhaupt nicht vertrug.
 

~*to be continued*~



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2009-01-08T04:31:56+00:00 08.01.2009 05:31
neeeeein!! ^.^ es ist passiert!! Und dann auf dem klo! Das war total toll und wie kaiba dann joey die Unterlagen für den vortrag gibt!! und die ganzen worte,die joey nich kennt!! XDDDD hoffentlich bleibn die lange zusammen!!
Von:  queermatcha
2009-01-02T05:01:07+00:00 02.01.2009 06:01
Das Kapitel war auch wieder supertoll!
Ich kann gar nicht verstehen, dass du noch keine Kommentare darauf bekommen hast.
Du beschreibst so gut und lebhaft, dass es mir vorkommt, als würde ich daneben stehen und die gesamte Szene beobachten!
Ich finde deinen Schreibstil einfach klasse!


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