Pairing: Style (sprich: Stan x Kyle)
Ich weiß - ist nicht grade Standard. ^^** Aber vielelicht gibt es ja außer Selia und mir noch ein paar Fans irgendwo da draußen.
Warnungen: OOCness, Kitsch, Kitsch, Kitsch ... OOCness. ^^
Ach ja - und eine Anspielung auf Episode 407 "Nicht ohne meine Niere" wo Cartman Kyle unfreiwillig (seeee~hr unfreiweilig *hust*) eine Niere spendet. *g*
Die Jungs sind hier ungefähr 14. ^^
Disclaimer: South Park gehört mir nicht - was schade ist, denn dann gäbe es noch mehr Hint-Episoden zwischen Stan und Kyle. *g*
~ Für Selia ~
Es gibt gewisse Grenzen zwischen Menschen, und zwar zwischen allen Menschen, die man nicht überschreiten darf.
Denn wenn man es doch tut, dann weiß man nie was einen auf der anderen Seite erwartet. Nur ist es dann zu spät, weil es kein zurück mehr gibt, wenn man erst einmal drüben ist. Man darf kein Feigling sein, wenn man sich auf so etwas einlässt.
"Ich weiß, ich wiederhole mich hier ... aber das ist schlichtweg dämlich!"
" ..."
"Nimm es nicht persönlich, aber das ist so ziemlich das Dümmste was du jemals an dummen Ideen produziert hast - und das will schon was heißen!!"
" ..."
"Hallo?! Hörst du mir überhaupt zu? Das ist nicht nur hirnrissig sondern auch noch absolut lebensgefährlich!"
Mit tapferem Gesichtsausdruck drehte Kyle sich zu ihm um. "Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss", sagte er feierlich, und ohne ein leises Zähneklapper vollkommen unterdrücken zu können.
"WELCHER Mann?!" Stanley bekam beinah einen Anfall und gestikulierte heftig mit den Armen. "Ich sehe hier keinen Mann! Ich sehe nur einen rothaarigen, suizidgefährdeten Idioten, dem irgendwas ins HIRN geschissen hat!"
Inzwischen war er so weit, dass er seinen besten Freund am liebsten an den Schultern gepackt und geschüttelt hätte, so lange bis dessen mickriges, kleines Gehirn wieder anfangen würde normal zu arbeiten. Einzig allein der Ort, an dem sie sich grade befanden und an dem er kaum wagte sich allzu abrupt zu bewegen, hielt ihn davon ab. Ihm war selbst schon äußerst mulmig zumute, so wackelig und instabil sich das Baugerüst unter ihnen anfühlte.
"Du musst das nicht tun, hörst du?" fuhr er fort. "Nur weil dieser kleine, hässliche Fettarsch ..."
Als hätte er es gehört - und Stan zweifelte nicht im Geringsten daran, dass er so was wie ein Radar für auf ihn gemünzte Beleidigungen hatte - brachte sich Cartman genau in diesem Augenblick schon wieder laut brüllend ins Gespräch ein.
"Wo bleibst du denn, Broflovski?" rief er von der anderen Seite und seine Stimme triefte praktisch vor Genüsslichkeit. "Ich kann dich gar nicht laufen se~hen!"
Stan konnte ein entnervtes Aufstöhnen nicht unterdrücken. Wie waren sie nur jemals hier gelandet?
Hier, in Schwindel erregender Höhe auf einem wackeligen Gerüst einer Baustelle, deren ausdrückliche "Betreten Verboten" "Vorsicht - Hochspannung" und "Eltern haften für ihre Kinder" -Schilder praktisch den gesamten Bereich pflasterten. Und das nur, weil Kyle über einen gottverdammten, höchstens zehn Zentimeter breiten Balken in rund zwanzig Metern Höhe balancieren musste! Okay, besser gesagt, weil Cartman wollte, dass Kyle über einen gottverdammten, höchstens zehn Zentimeter breiten Balken in rund zwanzig Metern Höhe balancierte ... und Stan hatte ganz ehrlich immer noch nicht heraus gefunden, was in Kyles Kopf nicht stimmte, dass er sich jemals auf diesen Schwachsinn eingelassen hatte. Dämliche Mutproben hatten sie gemacht, als sie acht waren - aber doch nicht mehr jetzt, mit vierzehn!
"Kyle - lass es!" fuhr Stanley eindringlich fort seinen besten Freund zu beschwören. "Komm schon. Das ist es doch nicht wert ... nicht für den!"
"Es ist nicht für Cartman!" protestierte Kyle, ohne seinen starren Blick auch nur einmal von dem Abgrund zu wenden, der steil vor seinen Füßen nach unten abfiel. Kleine Schweißperlen standen auf seiner Stirn und er war auffallend blass um die Nase. "Der Fettarsch kann mich mal! Es ist einzig und alleine für mich. Ich muss einfach ..."
"Das ist doch Schwachsinn!!" brüllte der Dunkelhaarige und fuchtelte ungeachtet der Schwindelerregenden Höhe heftig mit den Armen. "WOZU?! Was hast du schon davon, wenn du über ein blödes Brett läufst?"
"Ich ..."
"Du solltest dich lieber um das Brett vor deinem Kopf kümmern!"
"Stan! Darum geht es nicht!"
"Ja schön, fabelhaft - wenn es nicht darum geht, dann lass es doch einfach sein!"
Es war nicht so, als ob man nicht schon seit einer halben Stunde mit seinem Freund genau darüber am argumentieren war. Genauer gesagt schon seit gestern Morgen in der Schule. Eben seit dieser mit der absolut bescheuerten Idee angekommen war, die natürlich, wie sollte es anders sein, auf Cartmans Mist gewachsen war.
"Hey, Kyle! Ich hoffe, du hast deinen Organspendeausweis dabei! Du schuldest mir ohnehin noch eine Niere! Sie zu, dass sie nicht als Nierenpudding auf dem Pflaster endet, wenn du herunterfällst! Nyahahaha!"
Stan war sich sicher, dass er den fetten, kleinen Furzsack irgendwann noch mal erwürgen würde.
Langsam, und äußerst behutsam angesichts der Tatsache, dass es direkt vor seinen Füssen ungefähr zwanzig Meter in die Tiefe ging, drehte Kyle sich zu ihm um und sah einen an. Der Wind zerrte an seinen roten Locken und wehte den dünnen und viel zu weiten Pullover um seine schmale Figur. Angesichts der wackeligen Position, in der er sich grade befand, fiel es Stan schwer nicht impulsiv die Arme nach ihm auszustrecken und ihn zu sich zu ziehen. Stattdessen verschränkte er hartnäckig die Arme um diesem mit Sicherheit albernen Gefühl nicht nachzugeben.
"Stan ... ich kann doch nicht immer weglaufen, wenn ich vor irgendetwas Angst habe", stellte Kyle mit ernstem und beunruhigend entschlossenem Gesichtsausdruck fest. "Ich kann nicht für alle Ewigkeiten ein Leben als erbärmlicher Feigling führen."
"Wer sagt denn, dass du einer bist? Okay, außer Cartman ... aber der redet doch sowieso nur gequirlte Hundekacke! Wenn man anfängt darauf zu hören, was der sagt, dann kann man nur noch wahnsinnig werden!" Was war nur mit Kyle los, dass er so eine Scheiße mitmachen musste?
Genauer gesagt, hatte Stan schon seit einer ganzen Weile das Gefühl, dass er nicht mehr verstand was in dem Kopf seines besten Freundes vorging. Schon seit Wochen war Kyle irgendwie komisch und wich ihm ständig aus, wenn er fragte was los war. Auch jetzt rückte er nicht wirklich damit heraus was Sache war. Und das obwohl man das deutliche Gefühl hatte, dass es hier irgendwie um mehr als nur eine blöde Mutprobe und sogar um mehr als Cartmans und Kyles inzwischen schon Jahre überdauernde Feindschaft ging.
"Ich kann nicht glauben, dass ich das wirklich sage, aber - Cartman hat Recht! Ich bin wirklich ein Feigling. Immer kneife ich, wenn es ernst wird und laufe vor allem davon. Ich werde mich nie trauen ...", er stockte und räusperte sich hastig, bevor er entschlossen fort fuhr. "Aber noch ist es nicht zu spät etwas daran zu ändern."
"Das ist doch absoluter SCHWACHSINN!"
So langsam hatte man das Gefühl sich nur noch im Kreis zu drehen. Man selbst redete sich hier seit Stunden den Mund fusselig, während Kyle mit jeder Sekunde immer entschlossener aussah und Cartman einem mit seinen dummen Sprüchen von der anderen Seite einfach tierisch auf den Sack ging. Das durfte doch alles nicht wahr sein!
"Stan ...?"
"Was ...?!" Zu seinem absoluten Entsetzen hatte der Rothaarige schon einen Fuß auf dem rostigen Balken, während er sich noch einmal zu ihm umdrehte.
"Ständig versuche ich dir etwas zu sagen ... und jedes Mal kneife ich kurz davor. Weil ich so ein Feigling bin ... wenigstens einmal will ich nicht feige sein."
Ein kleines, hinreißendes Lächeln, das Stan merkwürdigerweise völlig aus dem Konzept brachte umspielte kurz um seine Lippen, bevor das jungenhafte Gesicht wieder auf höchste Konzentration umschaltete und sich der Blick auf die eigenen Füße richtete.
"Drück mir die Daumen, ja?" hauchte er andächtig und versuchte sein Gleichgewicht zu halten. Sprachlos starrte Stan ihn an und brauchte ein paar Sekunden um sich wieder zu fangen. Ein paar Sekunden zu lang.
"KYLE BROFLOVSKI!" brüllte er aus voller Kehle. "WAG ES JA NICHT ...!!"
Er stürzte nach vorne und versuchte ihn aufzuhalten, festzuhalten, wenigstens noch einen Zipfel des Pullovers zu erwischen, den sein Freund trug. Aber es war bereits zu spät und seine Hände griffen nur noch nach Luft. Kyle hatte bereits einen großen Schritt auf den Stahlträger gemacht und beide Arme seitlich ausgestreckt um sein Gleichgewicht zuhalten. Unter Stans Schuhen rieselte bereits Mörtel nach unten, weil er zu dicht an die Kante getreten war und er trat hastig und mit puddingweichen Knien einen Schritt zurück und klammerte sich an einen der Stahlträger neben ihm.
"Ky..." sofort hielt er sich den Mund zu und hielt den beinah ausgestoßenen Schrei gerade noch zurück. Tief atmete er durch und zwang sich still zu sein. So sehr ihm auch nach brüllen und betteln zumute war - er durfte jetzt unter keinen Umständen Kyles Konzentration gefährden. So wackelig wie er da grade auf dem Gerüst balancierte ... oh fuck, er konnte gar nicht hinsehen. Noch schien er seine Sache zum Glück gut zu machen, tastete sich langsam und behutsam voran und benutzte die ausgestreckten Arme um das Gleichgewicht zu halten. Aber der Balken war so schmal und so verdammt lang ...
Schneller als es vertretbar war, sauste er das Gerüst herunter, Arme und Beine bewegten sich praktisch wie von selbst, während er kaum sah wo er sie beim klettern hinsetzte. Sein Blick war starr auf die schwankende Gestalt seines besten Freundes gerichtet. Er musste auf die andere Seite. Sofort.
Rüber zu dem saudummen Fettarsch Cartman, der ihnen das alles eingebrockt hatte.
Er rannte so schnell ihn seine Beine trugen durch Schlamm und Mörtel und ignorierte rücksichtslos sämtliche Bauutensilien, die ihm im Weg lagen. Sein Blick flog dabei unablässig nach oben, in eine Höhe wo Kyle so verdammt klein und schmächtig wirkte, dass es beinah körperlich schmerzte ihm zusehen zu müssen. War das nur eine Täuschung oder schwankte er wirklich so stark ...? Nicht hinsehen! Nur nicht hinsehen. Doch er schaffte es nicht auch nur für eine Sekunde seine Augen von ihm zu lassen. Mit hämmerndem Herzen stürzte er den improvisierten Aufzug, der einen auf die andere Seite des Baugerüstes hochbrachte. Natürlich war genau dieser der Grund wieso Cartman, der faule Käsefresser auf der Seite wartete und nicht auf der anderen.
Atemlos kam Stan oben an und stürzte nach vorne an den Rand der eisernen Plattform, direkt neben dem kleinen, hässlichen Arschgesicht. Cartman wurde kein einziger Blick gegönnt, alles was man wahrnahm, war die balancierende, schwankende Gestalt in einigen Metern Entfernung. Halleluja ...er war noch oben! Fragte sich nur wie lange noch.
Kyles Blick war konzentriert nach unten auf seine Füße gerichtet. Seine rötlichen Locken wurden ihm ins Gesicht geweht und Stan verfluchte innerlich den immer stärker werdenden Wind, der an ihm zerrte und ihn immer wieder ins Wanken brachte. Kurz hielt der Rothaarige inne und schob sich einen Schwung widerspenstiger Haare aus den Augen, die ihm eine plötzliche Böe ins Gesicht geweht hatte. Das brachte ihn unerwartet zum schwanken und Stan spürte wie ihm das Herz vor Schreck in die Magengrube rutschte.
"Du wirst fallen, Kyle", maulte Cartman neben ihm in seiner ätzendesten Stimme. "Du wirst fallen - das ist doch klar! Zwanzig nette Meter nach unten ... und dann gibt es nur noch Kylebrei auf dem Asphalt."
"Halt die Schnauze, Fettsack!" fuhr Stan ihn an und widerstand der Versuchung ihm eine rein zuhauen. Kyle schien sich wieder zu fangen, denn er setzte erneut einen Fuß vor den anderen, so dass er erleichtert ausatmete.
"Hey, ist das meine Schuld, dass er unbedingt beweisen muss, was für ein Idiot er ist?" Cartman zuckte mit den Schultern.
Er hätte ihn aufhalten müssen.
Ihn einfach packen und notfalls mit Gewalt von diesem beschissenen Platz zerren, scheiß auf die Wette und scheiß auf Cartman und seine große Klappe. Niemals, niemals hätte er das zulassen dürfen ...
> Ständig versuche ich dir etwas zu sagen ... und jedes Mal kneife ich kurz davor. Weil ich so ein Feigling bin ... <
Er hatte nicht die geringste Ahnung, wovon Kyle eben überhaupt geredet hatte. Und im Augenblick war das nicht einmal wichtig - nicht, wenn es grade zur Debatte stand, dass vielleicht gleich alles was von seinem besten Freund übrig bleiben würde nur noch ein farbiger Abdruck auf dem lehmigen Boden war!
Wieso hatte er nur die ganze Zeit verschwendet mit sinnlosem Rumargumentieren und damit Kyle anzufahren ...? Wenn vielleicht das einzig Richtige gewesen wäre, einfach zu vergessen, dass man gefälligst cool und lässig und männlich zu sein hatte - und ihn einfach in den Arm zu nehmen und zu sagen "Hey, Kyle ... ist okay. Du bist kein Feigling für mich. Du bist mein bester Freund. Scheiß auf Cartman und sein viel zu großes Mundwerk. Hast du Lust auf ne Pizza?" Wieso wurde man nur das beschissene Gefühl nicht los, dass man das irgendwie verpasst hatte, den richtigen Moment verpasst, in dem es noch möglich gewesen wäre das richtige zu sagen und die ganze bescheuerte Aktion aufzuhalten.
Seine inzwischen schon ganz feucht gewordenen Hände gruben sich ineinander. Sei vorsichtig, Kyle ... du kleiner Idiot ... sei bloß vorsichtig.
"Du hast doch jetzt schon die Hosen voll - das sehe ich doch von hier!" höhnte Cartman ungerührt weiter. "Du zitterst ja, Broflovski! Was bist du nur für ein erbärmlicher Feigling ...?"
"Cartman, du kleiner, hässlicher, abartiger, perverser Zwerg, ich warne dich ...", wurde gefaucht, ohne ihn anzusehen. "Ein Wort noch und du wirst deinen fünfzehnten Geburtstag nicht mehr erleben."
Den würde er nach Stans persönlichem Empfinden am besten sowieso nicht mehr erleben. Nicht wenn er nicht irgendwann aufhören würde seinem besten Freund das Leben schwer zu machen und ihn ständig zu Sachen zu überreden, in denen Kyle permanent kurz davor stand klein gehackt, platt gefahren, von Aliens entführt zu werden oder sich in giftigen Dampf zu verwandeln.
"Das Schlechte ist, dass wir seine Organe vermutlich nicht mehr auf dem Schwarzmarkt vertreiben können, wenn er erst mal auf dem Boden aufgeplatzt ist wie eine Wassermelone. Aber meine Niere will ich trotzdem wieder haben!"
"Okay, Fettarsch - wie hättest du es denn gerne?" zischte Stan und hatte ihn gepackt, bevor Cartman auch nur eine Chance hatte auszueichen. "Soll ich dich kurz und schmerzlos in den nächsten Betonmischer stopfen oder soll ich dich vorher noch gründlich vermöbeln, damit du ja nicht behaupten kannst, ich würde es mir hier zu leicht machen?"
Cartmans Augen hatten sich geweitet und er röchelt, weil Stan ihn am Kragen gepackt hatte und ihm mit seinem Griff praktisch die Luft abschnürte. Es sah äußerst interessant aus wie seine Augen immer mehr hervorquollen und ihm noch mehr als sonst das Aussehen einer fetten, apoplektischen kleinen Kröte verlieh.
"Äh ... Stan ... Stan - an deiner Stelle würde ich mir lieber Gedanken um deinen Kumpel machen ... er fällt nämlich grade", stieß er mit rot angelaufenem Gesicht hervor.
Entsetzt ließ der Dunkelhaarige ihn los und fuhr herum. In wenigen Schritten war er am äußersten Rand der Plattform und spürte wie alles in ihm kalt und flau wurde. Irgendetwas musste ihn aus dem Gleichgewicht gebracht haben, denn Kyle schwankte und bewegte verzweifelt die Arme um seine Balance zu halten. Er kippelte in der Schwindel erregenden Höhe so bedenklich hin und her, dass Stan allein vom hinsehen schlecht wurde. Er würde fallen ... wenn er sich weiter so ruckartig bewegte würde er unter Garantie fallen.
"Kyle!!" brüllte er. "Schau mich an, los! Sieh nicht nach unten - sieh mich an! Mach schon! Nicht nach unten sehen."
Der gesenkte Kopf vor ihm flog nach oben und das schmale Gesicht sah kreidebleich aus unter den roten Locken.
"Ganz ruhig! Ich bin hier ... ich bin hier und vermöbele gleich den Fettarsch", redete Stan verzweifelt weiter. "Wenn du es schaffst rechtzeitig hier zu sein, kannst du mitmachen - das willst du dir doch nicht entgehen lassen, nicht wahr?"
Immer noch kippelte die schwankende Gestalt vor ihm beunruhigend hin und her, aber seine rudernden Armbewegungen waren weniger hektisch geworden und er schien langsam ruhiger zu werden, als er einen festen Punkt zum fixieren gefunden hatte. Stan.
Fieberhaft redete er weiter, jeder Schwachsinn der ihm einfiel, nur damit Kyle ihn weiter ansah und die Konzentration nicht verlor.
"Du musst einfach nur einen Fuß vor den anderen setzen, hörst du? Das ist praktisch wie ... im Ballet! Und das ist immerhin blöder Mädchenkram - also, wenn die das schaffen, dann schaffst du das erst recht. Okay, eventuell wäre dir das hier leichter gefallen, wenn du einen rosa Tüllrock tragen würdest oder diese komischen Balletschlappen. Du wirst es nicht glauben, aber meine hässliche Schwester hat sogar mal Ballet getanzt - kannst du dir vorstellen, wie abartig sie in diesem rosa Zeug ausgesehen hat?"
Allmählich ließ das gefährliche Kippeln nach und Kyle schwankte nur noch leicht. Gerade so vertretbar, dass er langsam weiter balancieren konnte. Seine Augen waren starr auf Stan fixiert, von dem ihn inzwischen nur noch wenige Meter trennten. Unendlich behutsam und langsam schob er sich weiter nach vorne.
"Guck auf den Balken, Kyle ... aber nicht tiefer, klar? Nur auf deine Füße und den Balken." Sein Herz hämmerte so laut, dass er im ersten Augenblick glaubte eine der Bohrmaschinen weiter unten sei unerwartet angesprungen. Seine Kehle war wie zugeschnürt und er brachte einfach kein weiteres Wort heraus. Stattdessen hört nicht auf, dass wirre Gedankenfetzen in seinem Kopf Karussell fuhren.
//Nicht fallen, Kyle ... bitte ... es sind doch nur noch ein paar Meter ... gleich hast du es geschafft ... einen Schritt nach dem anderen und nur nicht darüber nachdenken, wo du dich grade befindest ... nur nicht zu tief nach unten sehen ... immer nur auf deine Turnschuhe ... hey, die haben wir zusammen gekauft ... an deinem letzten Geburtstag, weiß du noch ...? Und wir sind durch die ganze Stadt gelaufen und haben jedes verdammte Geschäft abgeklappert ... nur weil du unbedingt die mit der neonfarbenen Schrift haben wolltest, die "Fuck You" sagen konnten, wenn man damit gegen irgendwas getreten hat. Und du musstest natürlich als allererstes Cartman treten ... vielleicht ist es im Nachhinein kein Wunder, dass er dich hasst ... wir waren beide nicht grade nett zu ihm, aber ... aber ... wenn du jetzt fällst ... wenn du fällst, Kyle, dann werde ich ihn einfach umbringen.//
Einen Schritt nach dem anderen machten die Turnschuhe, trugen Kyle Schritt für Schritt immer näher zum sicheren Rand. Und wenn er erstmal hier war, dann ... dann würde man ihn verprügeln, weil er so ein Idiot war und danach würde man ihn an sich ketten, wenn es sein musste, damit er das nie wieder machte.
"Hey ... wow ..." ein ehrfürchtiges Hauchen ließ seinen Blick von Kyles Schuhe hoch zu seinem Gesicht wandern.
Er war nur noch gut einen Schritt von der sicheren Plattform entfernt. So dicht, dass er schon beinah greifbar nah war. Sein roter Lockenkopf flog nach oben und ein breites, absolut erstauntes Lächeln zog plötzlich über sein Gesicht. Er sah aus, als konnte er es selbst nicht fassen, dass er es bis hier hin geschafft hatte. "Stan, ich hab es ...!"
Und dann stolperte er.
Kyles Gesicht nahm einen geschockten Ausdruck an und er ruderte mit den Armen, versuchte sein Gleichgewicht wieder zu finden und kippte doch unaufhaltsam zur Seite.
"KYLE!! NEIN ...!"
Es war ein Alptraum.
Stan stürzte vor und packte zu und für grauenhafte Sekunden lang bekam er nichts als Luft zu fassen, obwohl der Rothaarige ihm praktisch entgegen getaumelt kam. Endlose Wimpernschläge lang sah Stan ihn fallen und fallen, immer tiefer und tiefer, auf dem Boden aufkommend, haltlos, rettungslos verloren ...
In letzter Sekunde erwischte er seine Hand. Stan riss ihn mit soviel Schwung zu sich, dass sie sich beinah rückwärts auf der Plattform gelandet wären. Aber stattdessen flog ihm Kyle praktisch in die Arme, während er zurückstolperte und sich grade noch abfangen konnte.
Atemlos schlang er die Arme um ihn und zog ihn zu sich, nur weg von dem gefährlichen Abgrund.
Alles an dem Rothaarigen zitterte, während er die Arme um Stan warf und sich an ihn klammerte. Stan hielt ihn fest, nicht gewillt ihn in nächster Zeit noch einmal loszulassen. Ihm war so schlecht, als ob er grade fünf Stunden lang versucht hätte seine Ex-Freundin Wendy zu küssen und so flau im Magen, als ob er einmal zu oft in der Schulkantine gegessen hatte. Scheiße ... seine Knie fühlten sich an wie Knetgummi, weich, als würden sie jeden Moment unter ihm nachgeben und er konnte nur erahnen wie sich Kyles Knie in diesem Augenblick anfühlen mussten.
"Du Idiot ...", hauchte er atemlos und seine Finger gruben sich in den Stoff von Kyles Pullover. "Du blöder, hirnloser Idiot! Mach das ja nie wieder!"
Kyles schmaler Jungenkörper fühlte sich überraschend warm und angenehm an und man konnte nicht aufhören mit den Händen über seinen Rücken zu fahren, immer wieder zu spüren, dass er wirklich noch da war. Weiche Locken streiften seine Wange als Kyle das Gesicht an seiner Schulter vergrub, wortlos und immer noch so sehr am zittern, dass er fast vibrierte.
"Man, ihr seid dermaßen abartige Schwuchtel", hörte man Cartman irgendwo aus dem Hintergrund maulen, der vermutlich seiner Niere hinterher trauerte. Aber keiner von Beiden war in diesem Moment bereit ihm auch nur einen Funken Aufmerksamkeit zu schenken.
Kyle atmete ein paar Mal tief durch, man konnte seinen Brustkorb spüren, der sich hastig hob und senkte. Dann murmelte er etwas, die Stimme immer noch gedämpft dadurch, dass er sein Gesicht in Stans Halsbeuge geschmiegt hatte. Man spürte warmen Atem auf der Haut und die sachte Bewegung der Lippen direkt über der eigenen pochenden Halsschlagader.
"Was hast du gesagt?" Stan schluckte heftig, Hitze in gleichförmigen Wellen durch den ganzen Körper pulsierend. "Ich habe das nicht ganz verstanden ..."
Langsam wurde der Kopf gehoben und der Blick auf einen gerichtet. Grüne Augen leuchteten.
"Ich habe es geschafft ... Ich bin drüben!" hauchte Kyle fassungslos. Dann breitete sich ein ungläubiges, breites Grinsen auf seinem Gesicht aus. "Waaaaaahahaha!! Ich hab es geschafft!"
"Ja toll ... und du wärst fast du dabei draufgegangen!" Schon wieder hatte man das plötzliche Verlangen die schmalen Schultern vor sich zu packen und ihn gründlich durchzuschütteln. Nur, dass es dieses Mal noch um einiges intensiver und nachdrücklicher war, als vorhin. "Mach so was ja nie wieder!"
"Stan ... ich ... d-danke!" stammelte er mit glühenden Wangen, seine Hände hielten sich immer noch an einem fest.
"Ja, ja ..." Der Dunkelhaarige wurde rot, nicht sicher, ob es gesellschaftlich vertretbar war Kyle noch ein wenig länger festzuhalten. Immerhin war das grade eine ernsthafte "Beinah-Tod" Erfahrung gewesen ... da war es sicher entschuldbar sich noch eine Weile davon zu überzeugen, dass er wirklich noch da war.
"Ich ... du ... die ganze Zeit wollte ich es dir sagen ...irgendwie ..." fuhr Kyle hastig fort. "Und nie habe ich mich getraut. Weil ich so ein Feigling bin! Ich hatte so viel Schiss ... Und ich dachte, wenn ich es einmal schaffe etwas zu machen, wovor ich richtige Angst habe, dann ...schaffe ich das auch ... dann ist dagegen alles nur noch ein Kinderspiel ...und ich ..."
Perplex und ohne Plan starrte Stan ihn an. "Was? Wovon redest ...?"
Er schafft es nicht mehr diesen Satz zu beenden, denn ein Paar warme, weiche Lippen wurden hastig auf seine gepresst und unterbrachen so jede Form der verbalen Kommunikation. Schlanke Arme wurden um seinen Nacken geschlungen und dann schmiegte sich Kyle so dicht an ihn, dass nicht einmal mehr ein Blatt Papier dazwischen gepasst hätte. Und küsste ihn. Kurz und ungeschickt, aber dafür umso leidenschaftlicher und heftiger.
Stan riss die Augen auf, als sich die weichen Lippen langsam wieder von seinen entfernten. Er hatte nicht einmal mitbekommen, dass er sie geschlossen hatte. In seinen Ohren rauschte es und irgendwie brauchte er einige Sekunden wieder klar denken zu können. Kyle sah ihm ängstlich abwartend dabei zu.
"Boah, lasst das! Ihr seid ja widerlich! Das ist ja wohl noch tausendmal ekelhafter als Kyles zermatschte Organe vom Boden abzukratzen ... wääh!" Cartman gab im Hintergrund Geräusche von sich, als würde er sich jeden Moment übergeben.
"Moment mal ..." fragte Stan langsam. "Heißt das, der ganze Aufwand und alles, war nur um mir DAS zu sagen?" Kyle nickte.
"Du meinst, du hast dich fast umgebracht und mich Todesängste ausstehen lassen, Cartman zu allem Überfluss auch noch ein kostenloses Schauspiel geboten - nur um den Mut zu finden MIR DAS ZU SAGEN?!"
Erneut wurde genickt und nach einigen Moment Nachdenken hinzugefügt: "Na ja, der Gedanke lebenslang Cartmans persönlicher Sklave zu sein, wenn ich mich nicht traue, spielte vielleicht auch eine gewisse Rolle."
Stan starrte ihn fassungslos an. "Kyle ...", knurrte er schließlich und diesmal musste er dem Impuls ihn zu packen und zu schütteln einfach nachgeben, "manchmal mache ich mir ernsthaft Gedanken, ob du statt eines Gehirns vielleicht nur Käsetoast im Kopf hast ..."
"Tut mir leid ..." Kyle sah geknickt aus.
"Mach das gefälligst nie wieder!"
"Ich wollte doch nur ..."
"Spinner." Und irgendwie erschien es in diesem Moment eine unglaubliche passende Idee ihn endlich zum schweigen zu bringen, indem man den Kuss von eben einfach erwiderte.
Heute habe ich etwas gelernt. Tatsächlich ist es manchmal auch eine sehr gute Idee das Risiko einzugehen gewisse Grenzen zu überschreiten. Selbst dann wenn man kurzzeitig in Gefahr ist, seine Niere und sonstige wichtige Organe an Cartman zu verlieren.
^fin^
