Die Clique
Die Clique
(Kapitel 13)
"Also, dieser Zaubertränketest morgen wird garantiert der Hammer!", stöhnte James. "Im negativen Sinne natürlich!"
"So würde ich das nicht sagen."
Severus sah kurz von seinem Buch über Verteidigungszauber auf.
"Eigentlich ist der Stoff ziemlich dünn und ganz simpel."
"Das würde ich auch sagen, wenn ich in einem Fach alles wissen und sofort können würde.", bemerkte Sirius ironisch aus der Ecke.
"Das hat einfach nur mit Fleiß zu tun, werter Sirius.", gab Severus etwas herablassend zurück.
"Jetzt hört doch auf!", protestierte Emma. "Ihr sollt euch nicht streiten!"
"Lass nur, Emma!"
Lily hob beschwichtigend die Hand und zog die blonde Hufflepuff neben sich.
"Die beiden streiten sich nicht. Die brauchen diese kleinen Kabbeleien wie andere Leute Kaffee. Auch wenn es, zugegeben, etwas kindisch für Viertklässler ist."
"Ja, ja!"
Sirius zog eine Grimasse und äffte Lilys Haltung nach. Remus, James und das Team Five brach in schallendes Gelächter aus und auch Lydia und Severus konnten ein Grinsen nicht verbergen. James wandte sich nun um:
"Was ist, Peter? Sei doch keine Spaßbremse! Bist du irgendwie nervös?"
Der kleine Gryffindor stand in der Ecke und sah immer wieder hektisch zur Tür.
"Glaubt ihr wirklich, dass uns hier keiner findet?", fragte er mit unruhiger Stimme.
"Peter, ich hab es zwar schon x-mal gesagt, aber für dich wiederhole ich es gerne noch mal!", seufzte Gabrielle. "Den Gang unter der peitschenden Weide, den Remus entdeckt hat, kennt kein Schüler und augenscheinlich auch kein Lehrer. Außerdem ist die Tür zum Tunnel, der zu diesem Raum führt mit einem Passwort verriegelt, dass nur die hier Anwesenden kennen. Hier kommt so einfach keiner rein."
"Hast du's gehört?", fragte James. "Hier findet uns keiner, also setz' dich hin und entspann' dich."
Peter setzte sich zwar hin, aber Severus hatte nicht das Gefühl, dass Gabrielles plausible Erklärung ihn sonderlich beruhigt hätte. Außer ihm schien jedoch jeder, wie üblich, das Treffen zu genießen. Seit sie diesen Raum im Laufe des ersten Jahres gefunden hatten, trafen sie sich hier alle 2-3 Tage, um einfach nur Spaß zu haben.
James saß an dem langen Tisch und paukte Zaubertränke, Lily erklärte Emma das Muster aus Wahrsagen, Jenny, Melanie, Melissa, Gabrielle und Vicci spielten Billiard, Remus und Lydia spielten Zauberschach, Peter saß etwas teilnahmslos neben James, Sirius hatte es sich in einem der großen Sessel gemütlich gemacht, während Severus mit seinem Buch ebenfalls in einem Sessel saß. Neben dem verkrampft gedämpft gehaltenen Gelächter vom Billiardtisch hallten im Raum noch die leise eingestellten, gezauberten Instrumente wieder, als plötzlich die massive Tür zum Raum aufschlug.
"Ich wusste es!", kreischte Peter und sprang panisch auf.
"Was wusstest du?"
Verwirrt stand Kai in der Tür und sah den vor Schreck blass gewordenen Peter irritiert an.
"Nichts."
Lily winkte lässig ab.
"Ich glaube, Peter ist etwas hyperaktiv heute."
Tadelnd sah sie den Betroffenen an, der sich mittlerweile wieder gesetzt hatte.
"Was ist denn, Kai?", fragte Gabrielle nun. "Du siehst aus, als wolltest du uns irgendwas sagen."
"Ja, das wollte ich."
Kai schloss die Tür wieder hinter sich.
"Ihr werdet aus den Latschen kippen."
"Na, wie praktisch, dass ich schon sitze!", erklärte Sirius grinsend.
Ohne darauf weiter einzugehen, fuhr Kai fort:
"Ich war gerade als Begleitung unserer Vertrauensschülerin auf einer Versammlung, auf der unter anderem die neuen Aufstellungen der Quidditch-Mannschaften bekannt gegeben wurden."
Mit einem kurzen Spruch brachte James die Instrumente zum Schweigen, so dass eine angespannte Stille im Raum herrschte.
"Und?", fragte Melissa ungeduldig. "Spann' uns nicht auf die Folter, Kai!"
"Also," verkündete Kai, "Hufflepuff tauscht die Jäger aus und eine davon wird in Zukunft Melanie sein."
Mit einem überraschten Freudenschrei fiel die Benannte ihrer Freundin Jenny um den Hals und brauchte etwas Zeit, bis sie sich wieder gefangen hatte.
"Was ist mit uns?", fragte Gabrielle.
"Nun, ..."
Kai zögerte ein wenig, doch dann antwortete sie:
"Wir tauschen nur die Position des Hüters aus und das werde dieses Jahr ich sein."
"Glückwunsch!", bemerkte Severus. "Dann haben die Jäger ja jetzt wirklich eine Aufgabe."
"Danke, ich werde mir die größte Mühe geben.", erklärte Kai mit leicht geröteten Wangen.
Dann fuhr sie sicher fort:
"Gryffindor nimmt unter anderem einen neuen Jäger und einen neuen Sucher auf: Sirius Black und James Potter!"
Sirius war aus seiner entspannten Sitzposition hochgefahren und fiel James überglücklich in die Arme, der genauso aufgekratzt war wie er. Severus konnte über die Situation eigentlich nur lächeln. Sirius und James waren wohl die Quidditch verrücktesten Schüler, die er kannte. Für sie war es wahrscheinlich ein in Erfüllung gegangener Traum ihr Haus auf dem Platz vertreten zu dürfen. Schon als Zuschauer waren sie nicht zu halten gewesen. Kai klopfte ein paar mal auf den Tisch, um sich wieder Gehör zu verschaffen.
"Aber auch Slytherin hat seine Geheimwaffe für das kommende Jahr enthüllt. Als Jägerin geht dieses Jahr unter anderem Melissa an den Start und sie haben das perfekte Treiber-Duo kreiert: ihre Wunderzwillinge!"
"Das wird ja irre!"
Sirius hatte Severus aus dem Sessel gerissen, ehe der hatte reagieren können. Damit hatte er bei weitem nicht gerechnet. Er war eigentlich immer nur ein durchschnittlicher Flieger gewesen und auch niemand, den man als Quidditch begeistert hätte betiteln können. Doch eine gewisse Logik hatte es, Lydia und er verstanden sich ohne Worte, wussten immer, was der andere tun würde. Außerdem waren sie gute Strategen und waren damit den anderen Treibern, die sich erst verständigen mussten, im Voraus. James schüttelte ihn plötzlich an der Schulter und holte ihn in die Realität zurück.
"Hey, Sev, freust du dich nicht?"
"Doch, klar!"
Severus nickte.
"Ich war nur ziemlich überrascht. Habe ja schließlich nicht so eine offensichtliche Begabung dafür wie ihr."
"Ach, Sev, das hat nur was mit Fleiß zu tun!", grinste Sirius und duckte sich unter der nach ihm greifenden Hand weg.
Bevor jedoch eine Kabbelei entstehen konnte, fragte Victoria plötzlich:
"Remus? Geht es dir nicht gut? Du siehst ziemlich blass aus."
"Du wirst doch nicht schon wieder krank werden, oder?", fragte Lily nun besorgt und legte dem Freund die Hand auf die Stirn.
Severus musterte Remus misstrauisch. Irgendwas stimmte mit ihm nicht. Er sah oft kränklich aus und fehlte auch gelegentlich im Unterricht, jedoch ohne dass Severus je einen nachvollziehbaren Grund gehört hatte.
"Nein, nein!", wehrte Remus nun ab. "Ich bin nur müde, aber vielleicht lass ich mir von Madam Pomfrey besser doch noch was geben, nur zur Vorsicht."
Damit stand er auf und verließ den Raum.
"Wir gehen dann auch schon mal.", erklärte Lily und nacheinander verließen sie den Raum, bis nur noch Severus, Lydia, James, Sirius und Peter übrig waren.
"Sagt mal, findet ihr das normal?", fragte Severus nun und schloss die Tür wieder.
"Was?", fragte Sirius.
"Ich denke, er meint Remus' Krankheitsanfälle.", schloss Lydia. "Die finde ich nämlich auch merkwürdig."
"Was ist daran merkwürdig?", fragte Peter irritiert. "Er ist halt anfällig, aber dafür kann er ja nichts. Ich meine,..."
"Das sind keine ,Krankheitsanfälle'!", fuhr Severus dazwischen. "Dafür sind sie viel zu regelmäßig, da kannst du ja fast die Uhr nach stellen!"
Peter wollte wieder etwas einwenden, doch Sirius war schneller:
"Ja, und es ist immer das gleiche Spiel: es geht ihm schlecht, in der nächsten Nacht ist er nicht im Schlafsaal und dann fehlt er noch einen Tag, weil er total groggy ist."
"Vor allen Dingen," bemerkte James nun nachdenklich, "er ist auch nicht im Krankenflügel. Als ich einmal mitten in der Nacht aufgewacht bin, wollte ich mich zu ihm schleichen. Ich kam auch bis zum Krankenflügel, aber da war keiner."
"Und jetzt sag' mir einer, dass da alles in Ordnung ist!"
Lydia stand mit verschränkten Armen da.
"Aber," mischte sich Peter nun wieder ein, "Remus ist unser Freund, sollten wir nicht einfach warten, bis er es uns selber erzählt?"
"Du hast Recht."
James nickte.
"Remus hat das Recht auf eine Privatsphäre. Wenn er es uns nicht sagen will, sollten wir ihn auch nicht drängen. Irgendwann wird er schon von alleine kommen. Und wir sollten jetzt auch ins Bett gehen."
Damit ging er hinaus und Sirius und Peter folgten ihm. Severus löschte noch das Licht und schlich dann mit Lydia über eine Geheimtreppe zu den Slytherin-Räumen zurück. Lydia bemerkte, dass ihr Bruder geistig woanders zu sein schien, denn als sie sich an der Treppe zu ihren Schlafsälen trennten und sie ihm eine gute Nacht wünschte, murmelte er nur:
"Und ich finde es doch heraus!"
