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Je kälter der Winter,...

...desto näher der Frühling.
von

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Einblicke

14. Einblicke
 

,Für meinen großen Bruder Seto, den besten Bruder der Welt.', stand in großen Buchstaben auf der ersten Seiten in einer Schrift, die eindeutig von einem Kind stammte, das sich bemüht hatte äußert ordentlich zu schreiben. Kerry musste schmunzeln. Also ein Geschenk von Mokuba an Seto. Kurz bekam sie doch ein schlechtes Gewissen, in den Privatsachen von den beiden Kaiba Brüdern herumzuschnüffeln, aber ihre Neugier siegte darüber und nach kurzem Zögern schlug sie die beschriebene Seite um. Doch statt eine weitere mit Wörtern gefüllte Seite vorzufinden, prangte ihr ein großes Foto entgegen. Es zeigte Mokuba und seinen Bruder als Kinder, wie man unschwer erkennen konnte. Der kleine Seto saß auf einer Backsteinmauer, aus deren Ritzen bunte Wildblumen sprossen und sein kleiner Bruder hatte von hinten die Arme um seinen Hals geschlungen und balancierte auf dem Steinbau. Die Farben waren schon etwas verblasst, aber das kräftige Blau Setos Augen war noch immer erkennbar, umso erstaunlicher war es, dass seine Augen eine nie geahnte Fröhlichkeit ausstrahlten, die von der Mokubas allerdings noch übertroffen wurden. Noch eine Überraschung war das beinahe schüchterne Lächeln, dass auf den Lippen des älteren Jungen lag und frei von jeglichen negativen Interpretationsmöglichkeiten war.
 

Unvermittelt strich Kerry über das Foto und ihr vormals neugieriger Blick milderte sich. Dieses Lächeln hatte sie an Kaiba noch nie gesehen, selbst in Anwesenheit seines Bruders nicht. Warum hatte er es wohl abgelegt und seine Augen aller Fröhlichkeit beraubt? Eine Art Melancholie drohte sich über die Stimmung der Rothaarigen zu legen, entsann sie sich kurz ihrer Kindheit und so schlug sie schnell die Seite herum um auf der nächsten Seite einige weitere Fotos zu entdecken, die jedoch ein kleineres Format hatten. Langsam begriff Kerry, dies war ein Fotoalbum, das Mokuba anscheinend für seinen Bruder angefertigt hatte.

Ihre Neugier war wieder geweckt und mit glitzernden Augen blätterte sie durch die Ansammlung von Bildern, die die beiden Kaiba Brüder allein oder zusammen zeigten. Sogar die wichtigsten Karten von Seto hatte der kleiner Bruder abgelichtet, darunter eine selbstgemalte Karte die den weißen Drachen mit eiskaltem Blick zeigten. Von wem sie wohl gemalt worden war? Lächelnd blätterte Kerry weiter.
 

Die ersten Bilder waren wohl nicht hier oder in der Kaiba Corporation entstanden, sondern in einem anderen Haus, das Kerry nicht kannte. Doch sobald ihr die Hintergründe der Fotos bekannter vorkamen, erschien ihr Setos Haltung und Mimik ebenfalls vertrauter, was nicht unbedingt etwas Positives war. Kaum mehr lächelte er und seine Posen waren meist steif und er schien immer unwillig. Die anfängliche Euphorie der Rothaarigen nahm langsam ab und es schien ihr immer schwerer zu fallen die Seiten umzublättern, bis sie schließlich die Vorletzte erreicht hatte. Auf dieser war wiederum ein Foto, das über die ganze Seite reichte, geklebt. Darauf zu sehen war ein anscheinend ziemlich aktuelles Bild, dessen Farben annähernd wirklichkeitsgetreu leuchteten. Es war wohl im Garten hinter dem Haus gemacht worden und ähnelte auf gewisse Weise dem aller ersten Bild. Seto saß, Kerry glaubte es kaum, ohne Mantel und mit entspannten Gliedern im niedrigen Gras und schaute verwirrt von ein paar Karten auf, die er in der Hand hielt. Offensichtlich war das Foto überraschend für ihn entstanden, kein Wunder, so würde er sich sicher nicht freiwillig verewigen lassen. Mokuba kniete hinter ihm und hatte seinen Kopf auf Setos Schulter geschoben um ihm auf die Finger zu schauen, grinste aber jetzt wissend direkt ins Auge des Betrachters.
 

Vermutlich von ihm selbst inszeniert, dachte sich die junge Frau und hatte auf einmal ein merkwürdiges Gefühl in der Magengegend. Einer spontanen Eingebung folgend legte sie sacht zwei Finger auf das mit Folie geschützte Bild und strich dem verwundert dreinblickenden Kaiba über die Haare. Das Lächeln hatte ihr noch besser gefallen, aber alles war besser als dieser Frostblick oder dieses selbstgefällige Grinsen. So gefiel er ihr richtig gut und wer wusste schon was hinter seiner rauen Schale für eine Person steckte. Ein angenehmer Schauer lief über ihren Rücken, als sie sich diesen Gedanken hingab und löste auf ihren Lippen ein sanftes Lächeln aus.

Beinahe über sich selbst erschrocken zog sie blitzartig die Hand wieder zurück und schüttelte sich, in der Hoffnung etwas von ihrer Vernunft wieder zu erlangen.

"Das will ich dir auch geraten haben, Kleine.", kommentierte eine kalte Stimme direkt hinter ihr, ihre plötzliche Reaktion. Ruckartig zuckte Kerry zurück, klappte gleichzeitig das Buch zu und warf ihren Kopf herum. Mit dem Oberkörper lässig über die Rückenlehne des Sessels gelehnt stand Seto Kaiba ein Stück nach vorn gebeugt da und starrte sie unverwandt mit seinen frostig blauen Augen an.
 

Wie lange er da wohl schon herumstand? Kerry wagte es nicht, sich eine Zeitspanne vorzustellen, denn sie war momentan zu sehr damit beschäftigt ihre Augen weit aufgerissen auf ihn zu richten und erschrocken zurückzustarren. Sofort schoss ihr das Blut in den Kopf und rötliche Flecken zeichneten schon bald ihre Wangen. "W...was meinst du?", brachte sie schließlich zögerlich hervor und fragte sich noch während sie dies aussprach wie man so eine blöde Frage stellen konnte. Nun schlich sich ein altbekanntes selbstgefälliges Grinsen auf Kaibas schmale Lippen, dass in Kerry stets den Wunsch weckte ihm eine schallende Ohrfeige zu verpassen. Offensichtlich setzte Hochwohlgeboren gerade zu einer hochmütigen Antwort an, da hatte sich die Rothaarige wieder etwas gefasst und sprach mit etwas selbstsicherem Tonfall weiter: "Im Übrigen bin ich keine ,Kleine' und du solltest dir deine soeben gekommenen Gedanken ganz schnell wieder aus dem Gedächtnis streichen." Ihre Stimme war überraschend beherrscht, was allerdings in ihrer momentanen Situation gar nicht so verwunderlich war, schließlich konnte sie von Glück reden, wenn er sie nicht sofort aus dem Zimmer warf und sie zusammenschrie. Trotzig schob sie ihr Kinn vor und sah ihn abwartend an.
 

Blitzschnell griff der braunhaarige Mann nach dem in ihrem Schoß ruhenden Buch und riss es an sich, um sich auf dem Absatz umzudrehen und quer durch den Raum davon zu marschieren. Sofort setzte sich Kerry auf und versuchte aus dem tiefen Sessel herauszukrabbeln, was ihr aber erst beim zweiten Versuch gelang. "Woher willst du wissen, was ich gerade gedacht habe?", hallte die emotionslose Stimme des Geschäftsmannes von den Wänden wider, als er gerade zu einem Regal ging und das Buch an seinen angestammten Platz zurückstellte. Kerry hatte sich derweil aufgestellt um nicht noch kleiner zu wirken und zog etwas verwirrt eine Augenbraue nach oben. Wie schon so oft hatte sie es wieder einmal mit Setos Rücken zutun und während sie noch überlegte, ob sie dazu überhaupt etwas sagen sollte, drehte sich der Mann vor dem Regal abrupt um und fixierte sie kalt, was sie selbst aus dieser Distanz spüren konnte. "Du solltest dir nicht angewöhnen in meinen privaten Unterlagen herumzuschnüffeln.", fügte er nun in einem keinen Widerspruch duldenden Befehlston hinzu. "Und außerdem hast du in diesen Räumlichkeiten nichts zu suchen!"

Kerry war sprachlos. Dieser Kerl konnte wohl nur andere Leute herumkommandieren, sonst fehlte ihm anscheinend etwas.
 

"Oh, ich habe wohl das Schild mit der Aufschrift ,Privat' übersehen.", erwiderte sie leicht sarkastisch und bewegte sich damit schon wieder auf gefährlichem Boden. Langsam kam der junge Mann wieder auf sie zu und seine Schritte hallten auf dem blanken Boden beinahe unnatürlich laut wider. "Wenn du jemand Fremdes in dein Haus lässt, solltest du vielleicht die Räumlichkeiten unzugänglich halten, die er nicht betreten soll.", spöttelte sie weiter, während er Schritt für Schritt auf die kleinere Frau zukam und dabei keinen einzigen Gesichtsmuskel regte. Kerry unterdrückte den Drang sich blitzartig umzudrehen und davonzueilen, nur weg von diesem offensichtlichen Psychopathen, der bedrohlich auf sie zukam. Noch im Gehen fragte dieser plötzlich völlig aus dem Rahmen gerissen: "Wo ist Mokuba?" und blickte dabei mit einem eindeutig vorwurfsvollem Blick auf sein Gegenüber, als wollte er schnellstmöglichst einen Vorwand finden sie wieder einmal als unfähig oder Schlimmeres hinzustellen. "Mit ein paar Freunden unterwegs.", erwiderte die Rothaarige sachlich und strich sich eine lästige Haarsträhne aus der Stirn, die jedoch gleich darauf wieder zurückfiel. Warum war sie auf einmal so hypernervös, es schien, als würde ihr Herz gleich vor Überlastung platzen.
 

Seto blieb stehen. Vielleicht 20 cm vor ihr hielt er inne und musterte sie kühl von oben herab. Jemand nur mit Blicken herabwürdigen konnte er nur allzu gut, er hatte sich lange genug darin geübt, aber daran hatte Kerry sich mittlerweile gewöhnt und beachtete es wenig bis gar nicht. Als er direkt vor ihr stand und sie nur schweigend anblickte mit einem Blick, der ihr nicht ganz geheuer war, stichelte Kerry vorwitzig weiter: "Wenn es dich überhaupt wirklich interessiert.", eigentlich nur um die sich ausbreitende Stille zu überbrücken. Sofort blitzten die saphirblauen Augen Kaibas auf, er hatte ihren versteckten Vorwurf durchaus herausgehört und verstanden. Dennoch tat er leicht unwissend und fragte mit scharfem Unterton: "Was willst du damit wieder sagen?"

Beinahe wäre Kerry eine eindeutig zu aufrichtige Antwort herausgerutscht. Sie hätte diesem unsensiblen Kerl am liebsten alles erzählt, was Mokuba ihr in den letzten Tagen anvertraut hatte, wie er sich fühlte, vernachlässigt und von seinem Bruder allein gelassen. Ihre Miene trübte sich kurz, als ihr das Gesicht Mokubas wieder in den Sinn kam, in dessen Tränen geglitzert hatten, als er versuchte möglichst tapfer zu wirken. Die Rothaarige setzte schon zu einer Standpauke an, als sie ein Gefühl davon abhielt. Sie biss sich auf die Lippe und schwieg. Sie sollte sich nicht in diese Familienangelegenheit einmischen, so konnte sie nur noch mehr zwischen die Fronten geraden und am Ende noch mit hineingezogen werden, was sie unter allen Umständen zu vermeiden suchte. Irgendwann würde Mokuba schon den Mut aufbringen und seinem Bruder selbst eröffnen, was er dachte und fühlte, obwohl, wenn sie sich vorstellte, dass der kleinere Kaiba Bruder wie sie jetzt vor Seto stehen würde, glaubte sie nicht, dass man da noch viel sagen konnte.
 

"Ach weißt du, wenn du das nicht selber weißt, ist es auch nicht wichtig.", redete sie sich schließlich heraus und bemühte sich um einen gleichgültigen Blick, doch ihre klaren grünen Augen, in denen sich unzählige Emotionen spiegelten, straften ihre Worte Lügen. Über Setos Blick schien sich eine weitere Schicht Frost zu ziehen, als er bemerkte, dass sie ihn anlog, obwohl er von der Wahrheit sicher auch nicht begeistert gewesen wäre. Bevor der junge Mann jedoch reagieren oder etwas antworten konnte, drehte sich Kerry auf dem Absatz um und eilte auf die Tür zu. Sie wollte nur weg von diesem wandelnden Eisklotz, der ihr jeden Moment an die Gurgel springen könnte, weg von diesen kalten Augen, die ihr das Blut in den Adern gefrieren ließen und ihr einen kalten Schauer über den Rücken jagten. Hals über Kopf floh sie in Richtung Tür, achtete aber dabei noch darauf, dass man nicht erkennen konnte, dass sie flüchtete. Doch trotz aller Bemühungen war schon allein ihrem hastigen Gang ihr Unbehagen anzusehen. Schnell zog sie einen Türflügel ein Stück nach innen auf und schlüpfte durch den Türspalt um draußen den Flur entlang zu eilen.
 

Endlich außer Sichtweite rannte sie um die nächste Ecke und verlief sich prompt in dem verwirrenden Netz aus Fluren. Irgendwann blieb sie schwer atmend stehen und ließ sich gegen eine Wand sinken. Dagegen gelehnt wartete Kerry darauf, dass sich ihr Herzschlag wieder verlangsamen und ihr Puls zurückgehen würde. Sie wusste noch immer nicht genau, was eben geschehen war. Erst diese peinliche Beobachtung von Kaiba, nach der sie nur noch weg wollte und dann noch dieser Mörderblick. Wütend auf sich selbst lief sie langsam wieder rot an und ärgerte sich darüber, solche Angst verspürt zu haben. Aber es war nicht allein die Angst gewesen, die sie veranlasst hatte zu flüchten, sie hatte etwas verspürt, was ihr noch unheimlicher und abwegiger erschien, als Furcht. Es hatte gar nichts mit der Situation zutun gehabt, doch als sie dort stand und Seto einfach nur in die Augen blickte, hatte sich ihr Herzschlag schon beschleunigt und, so idiotisch es sich anhörte, sie hatte auf einmal den unglaublichen Drang verspürt sich nach vorne zu beugen und den geringen Abstand zwischen ihren Körpern zu überwinden um sacht ihre Lippen auf die seinen zu legen.

Kerry hätte am liebsten ärgerlich aufgeschrieen, als sie diesen Gedankengang noch einmal durchdachte und schüttelte wütend den Kopf, wobei ihre roten Haare der Bewegung folgten und als sie wieder zur Ruhe kam noch wilder als gewöhnlich in ihr Gesicht fielen. "Ich bringe ihn um und wenn ich schon dabei bin, begehe ich gleich noch Selbstmord.", fluchte sie mit zischender, aber gedämpfter Stimme vor sich hin, während sie auf der Stelle auf und ab ging. "Ich bin so ein Idiot, so völlig verblödet, ich übertreffe ja sogar IHN noch." Wutschnaubend marschierte sie noch immer auf und ab und konnte sich ihre eigenen Gedanken und Gefühle einfach nicht logisch erklären.
 

Schließlich nahm sie sich zusammen und atmete ein paar Mal tief durch um sich selbst zu beruhigen. Gleichzeitig verlangsamte Kerry ihre Schritte und blieb dann ganz stehen. Noch während sie versuchte einen klaren Kopf zu kriegen wurde sie von einer altvertrauten Stimme unterbrochen: "Hat sich da etwa jemand verlaufen?"

Die Rothaarige kniff die Augen zusammen und stieß einen lautlosen Fluch aus, bevor sie ihre Lider wieder hob und den Kopf zur Seite drehte. Ziemlich schräg und von unten hinauf gewahrte sie ihren überaus höflichen Gastgeber, auf dessen Lippen sich ein höhnisches Lächeln gebildet hatte, das man sich allein beim Klang seiner Stimme schon hatte vorstellen können. "Nein, ich wollte unbedingt noch in deiner Nähe bleiben.", blaffte Kerry sarkastisch und verzog dabei die Lippen kurz zu einem abfälligen Grinsen, um Sekunden darauf jedoch wieder zu ihrer genervten Mimik zurückzukehren, den Blick wachsam auf den jungen Mann gerichtet. Im Gegensatz zu ihren Worten konnte sie es kaum ertragen ohne Gefühlswirrwarr in der Gegenwart Kaibas zu verweilen und suchte deshalb beständig nach einer Fluchtmöglichkeit. "Wenn du darauf so viel Wert legst, kannst du ja noch bleiben und mit uns zu Abend essen. Es sei denn, du willst wieder einmal wegrennen.", intonierte Seto plötzlich und klang dabei äußerst beherrscht und routiniert, als hätte er den Satz schon hundert mal gesprochen und als ob es ein ganz alltäglicher Satz wie "Wenn sie das nicht erledigen, sind sie gefeuert.", wäre. Trotz des noch immer kühlen Tonfalls zog Kerry unvermittelt eine Augenbraue hoch und starrte ihr Gegenüber verwirrt an. Sie musste sich gerade verhört haben, oder sie hatte schon Halluzinationen. Eins von beidem würde es sein.
 

Um bloß nicht auf dieses Angebot einzugehen widmete sich die Rothaarige dem zweiten Satzteil, der wieder ganz nach Seto Kaiba klang und konterte leicht vorwurfsvoll: "Wenn du meinen Fragen ständig ausweichst und dich in Thema Wechsel flüchtest, werde ich ja auch einmal flüchten dürfen." So, nun hatte er erst einmal sein Fett weg, dachte sich Kerry. Trotzig schob sie ihre Unterlippe ein Stück vor und verschränkte ihre Mimik verstärkend die Arme vor der Brust, während sie sich komplett zu dem Braunhaarigen umdrehte. Sie hatte in seiner Gegenwart schon oft unüberlegt oder impulsiv gehandelt oder etwas Unbegründetes gesagt, aber diesmal waren ihre Worte sorgsam ausgewählt worden. Ihr Vorwurf beinhaltete genau das, was sie momentan am meisten an ihm störte, wenn man von seinem Grundverhalten einmal absah. Jedes Mal, wenn sie versuchte ernsthaft, höflich oder freundlich zu sein, bekam sie es mit Kälte und Überheblichkeit gedankt. Schon von Anfang hat ging das so und nie hatte sie bisher auf einfache, aber ernste Fragen eine Antwort erhalten. Das hatte schon bei der Nachfrage über ihre Adresse angefangen, ging dann weiter als sie versuchte herauszufinden warum Seto beinahe ausgetickt war und kam schließlich dahin, dass sie nicht einmal genau über die Umstände ihrer Entführung und Geiselnahme informiert wurde. Nicht zu vergessen, dass sie natürlich auch keine Entschuldigung für die Zerstörung ihrer Lieblingskarte erhalten hatte, aber das konnte man anscheinend wirklich nicht erwarten. Schön, die einzige Frage auf die er eine anscheinend ehrliche Frage gegeben hatte war die nach seinem Problem, aber diese Antwort konnte man nun wirklich nicht als aufklärend oder eindeutig bezeichnen. Es widerte sie dermaßen an, dass ein halbwegs vernünftiger Wortwechsel anscheinend unmöglich war und jedes Mal wenn sie es versuchte, wurde sie doch nur wieder enttäuscht, wozu sich also noch die Mühe machen.
 

Abwartend blickte Kerry Seto an und hoffte inständig, dass er zur Abwechslung einmal etwas weniger Abweisendes erwidern würde, als sie es von ihm gewohnt war. Eigentlich war dies regelrechtes Wunschdenken, denn seit wann ging Seto Kaiba auf so hochpsychologische Gesprächsthemen ein, aber sie musste hoffnungsvoll einen weiteren Versuch wagen. Selbst wusste sie auch nicht, warum sie dachte er hätte noch eine Chance verdient, aber eine kleine Stimme flüsterte ihr ständig zu, dass er es Wert wäre, eine Stimme allerdings, die sie manchmal einfach gerne mundtot gemacht hätte.

Doch eine wirklich nennenswerte Reaktion blieb wieder aus. Das einzig Erkennbare war das Zusammenziehen seiner Augenbrauen, als der hochgewachsene, junge Mann über die Worte seines Gegenübers nachdachte. Nach Außen hin war zwar nicht mehr zu erkennen, doch in Wahrheit hatte Kerry mal wieder den Nagel auf den Kopf getroffen. Natürlich wich er ihr aus, schließlich war er diesem abgebrochenen Zwerg keine Rechenschaft und erst recht keine Antworten schuldig.
 

Es schien eine Ewigkeit zu vergehen, in der sich die beiden wortlos anstarrten und keiner wusste, was er jetzt sagen oder tun wollte, als plötzlich die Hausklingel ertönte. Kerry musste ein Zusammenzucken unterdrücken und Seto wandte nur langsam den Kopf, drehte sich auf dem Absatz herum und verschwand hinter den nächsten Ecke. Augenrollend schlug sich Kerry mit der flachen Hand vor den Kopf und eilte mit genervtem Blick hinter Kaiba her um aus dem Gewirr von Gängen und Fluren herauszufinden. Und wieder einmal hatte er es geschafft sich elegant aus der Situation herauszuwinden. Schon allein dafür konnte sie ihn hassen. Irgendwann trat sie dann sogar tatsächlich wieder auf den Flur hinaus, von dem sich die breite Treppe elegant hinabwand. Seto war bereits die halbe Treppe hinuntergestiegen und musste plötzlich innehalten, als Mokuba die Tür hineingestürmt kam, seinen Bruder erblickte und mit einem Affentempo die Treppe hinaufschoss. Bevor der größere von beiden es verhindern konnte, hatte der Schwarzhaarige ihn erreicht und schlang die Arme unbeholfen um seine Hüfte. Sich der Tatsache, das Kerry zuschaute anscheinend nicht bewusst kniete sich der schlanke junge Mann auf die Treppe und erwiderte die Umarmung seines Bruders, wenn auch weitaus zaghafter als der kleine Kaiba.
 

Eigentlich hätte die Rothaarige sofort ein bissiges Kommentar parat gehabt, biss sich jedoch auf die Zunge und genoss den Anblick eines beinahe zärtlichen Seto Kaibas, der sich ihr bisher nur auf den Fotos geboten hatte. Doch auch ohne eine Unterbrechung ihrerseits löste sich Seto bald wieder aus der Umarmung und richtete sich etwas steif auf. Nun konnte die junge Frau sich nicht mehr zurückhalten und begann betont lässig und mit einem provokativen Grinsen auf den Lippen die Treppe hinabzuschlendern. "Hallo Kerry!", quiekte Mokuba vergnügt und raste nun auf sie zu. Damit hatte die Irin nun wiederum gar nicht gerechnet und sah sich dieser Attacke schutzlos ausgeliefert. Also tat sie es ihrem Arbeitgeber gleich und ging in die Knie um den Jungen möglichst sanft abzufangen. Jedoch hatte dieser bei ihr angekommen ein enormes Tempo erreicht und schmiss die sportliche Frau nach hinten um. Mit einem unterdrückten Kichern verlor Kerry das Gleichgewicht und sah sich halb auf dem Rücken liegend, Mokuba über sich auf der Treppe wieder und versuchte krampfhaft wieder auf die Beine zu kommen und gleichzeitig einen Lachanfall zu verbergen. Es war einfach unglaublich wie dieser kleine Junge es schaffte ihre Stimmung von einer Sekunde auf die andere total umschlagen zu lassen, aber offensichtlich versprühte er geradezu gute Laune und jeder in nächster Nähe wurde unweigerlich davon angesteckt. Eine wirklich Ausnahme war da nach Außen hin sein Bruder, doch in Wirklichkeit ging es ihm sicher ähnlich.
 

"Langsam mit den jungen Pferden, willst du mich umbringen?", fragte sie scherzhaft und kam ächzend wieder auf die Beine. Grinsend schüttelte Mokuba seine Mähne aus dem Gesicht und erwiderte übermütig: "Ich wusste ja nicht, dass du so empfindlich bist." Kerry zog eine Augenbraue empor und erhaschte aus den Augenwinkeln einen Blick auf Seto, der anscheinend unbeteiligt danebenstand. Doch selbst die Rothaarige konnte ihm in diesem Moment ansehen, dass er ganz und gar nicht begeistert über diese Szenerie war. "Seto hat es auch locker ausgehalten.", fuhr der Junge unbekümmert fort und trippelte wieder auf seinen Bruder zu. Kerry straffte sich und wandte sich ebenfalls zu Seto, unterließ die Feststellung: "Ich bin aber nicht Seto." und konnte sich ein schiefes Grinsen nicht verkneifen. Der Geschäftsmann fand das offensichtlich alles gar nicht so komisch und war sicherlich froh gewesen, als Mokuba einen ungewollten Thema Wechsel herbeiführte, indem er ausrief: "Boa, ich habe einen Kohldampf. Ist das Essen schon fertig?" In dem Moment trat der Butler näher, der zuvor die Tür geöffnet hatte und klinkte sich ungefragt, aber mit zurückhaltender Höflichkeit ein: "In der Tat, Master Mokuba, es ist bereits angerichtet. Wenn ihr euch dann zu Tisch begeben wollt?" Der kleiner Junge machte einen halben Luftsprung, warf seinen Rucksack dem Angestellten zu und rannte schon durch die Eingangshalle in einen angrenzenden Raum.
 

Seto folgte ihm angemesseneren Schrittes und ging an Kerry vorbei, die sich jedoch parallel zu ihm in Bewegung setzte und mit einem amüsierten Lächeln neben ihm herlief, was sie allerdings für sie ungewöhnlich weite Schritte kostete. Abrupt blieb der Braunhaarige stehen und fixierte den Störenfried mit eiskaltem Blick. Unschuldig dreinblickend blieb auch die Rothaarige stehen und behielt ihr sanftes Lächeln bei, was ihr unter diesem Blick allerdings äußerst schwer fiel, da es eher dazu verlockte sich schnellstens zu entfernen und sich eine dicke Jacke überzuwerfen. Kerry hielt jedoch tapfer stand und murmelte dann freundlich: "Ich hoffe deine Einladung zum Essen steht noch?"

Noch währen sie diese Worte sprach wurde ihr allerdings klar, dass sie mit Freundlichkeit nicht weit kommen würde. Gleich würde Seto ein unterkühltes "Nein" von sich geben und sie stehen lassen. Dem zuvorkommend wartete sie einfach gar nicht auf eine Erwiderung, sondern setzte sich wieder in Bewegung und schritt an ihm vorbei in die Richtung in der Mokuba verschwunden war. Ohne zurückzuschauen rief sie provokant: "Kommst du?", und stieß die vermeintliche Esszimmertür auf.
 

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Hätte ich doch beinahe mein dummes Gelaber zum Ende des Kapitels vergessen ;)

Also es hat ne ganze Weile gedauert, aber hier ist es dann doch, Kapitel 14. Ich hoffe es gibt noch Leute, die das überhaupt interessiert, die nicht angenommen haben, ich wäre verschollen ;)

Sorry nochmal für die lange Pause, aber ich hatte eine spontane Eingebung für den Schluss und musste das erst einmal schriftlich verfassen, zumindest so wie es ungefähr mal aussehen soll, bevor mir diese kreative Eingebung wieder flöten geht.

Ok genug gequakt... ich wünsche euch eine schöne Adventszeit

Tschauserle

Dolefulness, vormals Creditor



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Kommentare zu diesem Kapitel (11)
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Von: abgemeldet
2005-11-12T10:32:04+00:00 12.11.2005 11:32
Hi...ich nerve dich mal aber sag mal...dieses hammer süße Photo war auf der VORLETZTEn Seite...erfahren wir auch noch, was auf der letzten Seite für ein Bild wartet? *g*

Darksid
Von: abgemeldet
2004-12-08T11:33:58+00:00 08.12.2004 12:33
Hi!!!
Wer hat den gedacht du bist verschollen. Ich nicht. Obwohl man von mir behaupten könnte ich wäre verschollen, da ich mich in letzter Zeit ziemlich wenig sehen lasse. Aber was will ich machen.
Ich finde das Kapi wirklich gelungen. Besonders dein Satzstellung. Einfach der hammer. Warum bekomm ich das nie so hin. *Schnief* Besonders gut gefallen, hat mir die Stelle wo Kerry sich eingestehen muss, dass sie Steo am liebsten geküsst hätte. Die Stelle ist wirklich gut geweorden. Ich freu mich schon aufs nächste Kapi.
Bye Jess
Von: abgemeldet
2004-12-08T11:16:18+00:00 08.12.2004 12:16
Hey ^^ war ein gutes Kapitel...ich möchte die Szene wo Kerry bemerkt das Seto hinter ihr steht die war ziemlich lustig!!!
War ja klar das Kerry bemerkt was sie für ihn fühlt genauso wie jede andere Frau es bemerken würde....^^''' also wird Seto bald auftauen? So wie es imma ist ne???
Naja wer wünscht sich das nicht?!!!!

Achja XD kann sich Seto mit Lichtigeschwindigkeit durch sein Haus bewegen???*lach*
Von:  Wingsy
2004-12-07T21:31:17+00:00 07.12.2004 22:31
hi^^
das war gut, seto wie er leibt und lebt XD
der ändert sich auch gar nicht XD
bin mal gespannt, was weiter passiert ^^
schreib schnell weiter
bye

An-san
Von:  MissVictoria
2004-12-07T08:39:38+00:00 07.12.2004 09:39
Jaaaaaaaaa, es geht endlich weiter. Seto bekommts bei dir ja ganz schön ab. Da geht doch bestimmt bald seine Eismaske (Selbstbeherrschung) flöten.
Von:  dreamer_chan
2004-12-06T20:09:16+00:00 06.12.2004 21:09
Yes a neus Kapitel^^
Ist toll geworden.. nur was soll das Wort "vermeindlich" im letzten Satz o.O?
Wir sind gespannt und warten auf das nächste Kapitel^^
Warum ich immer in der Mehrzahl rede darfst mich net fragen *g* aber ich fand das Kapitel toll und die Bilder welche du von klein Seto beschrieben hast einfach nur *kaiwaiiiii*!!!

See you
dreamer_chan
Von:  grincat
2004-12-06T17:42:50+00:00 06.12.2004 18:42
wirklich ein klasse kapi!!!!!!!!! *freu das es weiter geht*
deine story ist echt supie-spitze!!!!!!
mach weiter so!!!!!!!!!
grincat
Von: abgemeldet
2004-12-05T15:57:16+00:00 05.12.2004 16:57
tach^^
das Kapi war mal wieder Gold wert!!!^-^
du schreibst einfach umwerfend gut *g*
Hach, was würde ich doch dafür geben auch nur ein einziges Mal die verdutzten, wütenden oder erstaunten (und natürlioch unterkühlten-.-) Blicke zu sehen *lach*
das wär bestimmt irre komisch, man kann es sich richtig vorstellen *lol*

Mensch, wo hast du eigentlich gelernt so zu schreiben? Du erstaunst mich immer wieder.
Deine Story ist so wahnsinnig lebendig, dass man fast meint man wäre mit von der Partie *g*

ich hoffe, es geht bald weiter, und schöne Weihnachten
in freudiger Erwartung XD
deine Mija *knuddel*
Von:  Yusuka_Chan
2004-12-05T10:38:09+00:00 05.12.2004 11:38
vermeintliche esszimmertür? Oh oh ich ahne schlimmes^^ ein echt cooles kapi muss ich sagen. hast den nagel auf den kopf getroffen.
Von:  DarkEye
2004-12-04T18:04:30+00:00 04.12.2004 19:04
ich kann mir die bilder lebhaft vorstellen!

dark


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