Zum Inhalt der Seite

Je kälter der Winter,...

...desto näher der Frühling.
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Austeilen und Einstecken

13. Austeilen und Einstecken
 

Ihre Blicke trafen sich. Ohne es unterdrücken zu können begann Kerry beim Anblick der tödlich funkelnden blauen Augen zu frösteln. Eine klirrende Kälte ging von ihnen aus, die wohl jedem halbwegs interpretationsfähigen Menschen Angst eingeflößt hätte. Stumm presste die Rothaarige ihre Lippen zusammen und unterdrückte den Drang sofort eine um Gnade flehende Entschuldigung auszusprechen. Kaibas Züge waren ebenso wie sein Blick völlig erstarrt und seine markanten Gesichtszüge wirkten noch härter als üblich. Auch er sagte kein Wort und regte sich nicht, obwohl auch er seine gesamte Körpermuskulatur angespannt hatte.

Mit allem Mut, den sie noch aufzubringen wusste, meinte Kerry plötzlich möglichst gelassen: "Hab' ich schon erwähnt, dass dir Weiß nicht steht?" und machte sich darauf gefasst schnell eine gesalzene Standpauke zu erhalten. Doch zu ihrem Erstaunen änderte sich weder die Mimik ihres Gegenübers, noch reagierte dieser irgendwie. Mittlerweile hatten einige nahestehende Personen den Zwischenfall bemerkt und schauten immer wieder neugierig hinüber, natürlich auf eine sehr dezente Art und Weise, denn als Gaffer sollte man sie ja nicht abstempeln können.
 

Nachdem keine Reaktion kam wagte sich Kerry noch ein Stück weiter: "Warum rennst du auch in der Gegend herum, die Nase so hoch erhoben? Klar, dass man da andere nicht mehr wahrnimmt und in sein Unglück rennt." Ihr Tonfall verriet deutlich die Zweideutigkeit ihrer Worte und ihre Augen glitzerten herausfordernd. Sie hatte es auf eine Konfrontation angelegt und ihr angestauter Ärger über diesen Kerl drohte sich jeden Moment zu entladen, tödlicher Blick oder nicht. Nun traten schon zwei, drei Leute näher zu ihnen heran und machten deutlich, dass sie mehr als neugierig waren. Dies war wohl Seto Kaiba auch nicht entgangen, denn plötzlich packte er die rothaarige Frau ihm gegenüber hart am rechten Handgelenk, in der sie noch immer das nun leere Glas hielt und zerrte sie ruckartig herum, um mit ihr im Schlepptau den Raum zu verlassen. Kerry, völlig überrascht von dieser Handlung verschüttete nun auch noch den Weißwein in ihrer anderen Hand und hätte beinahe das Glas verloren, während sie einen Aufschrei unterdrückte, denn es war nicht gerade das angenehmste Gefühl, wenn man das Handgelenk abgedrückt bekam. "Lass mich los!", zischte sie möglichst leise, damit nur er es hören konnte, doch auch darauf folgte keine Reaktion und so versuchte sie sich aus seinem eisernen Griff zu winden, ohne Erfolg. Kerry hatte keine Ahnung wo sie hingezerrt wurde, oder was ihr dort angekommen blühen würde, aber sie bereitete sich vor ebenso hart zu sein wie Seto, sie würde sich als ebenbürtig erweisen, soviel stand fest.
 

Ein Ruck von dem vorher Genannten, der sie straucheln ließ, brachte sie wieder in die Wirklichkeit zurück und ließ ihre Vorsätze lächerlich erscheinen. Mit dieser Mischung aus professioneller Brutalität und kalter Arroganz konnte sie im Leben nicht mithalten. Eine Tür wurde aufgerissen und sie mit hineingezogen. Das nächste was die junge Frau spürte war die Kälte von hellgrünen Fließen an ihrem Rücken, gegen die sie gepresst wurde. Kaiba hatte sie unsanft herumgedreht und gegen die Wand des offensichtlichen Bades gedrückt. Seine Hand umfasste noch immer ihr Handgelenk, die Gläser in ihren Händen waren verschwunden, anscheinend hatte sie sie doch fallen lassen. Die andere seiner Hände hatte er neben ihr an die Wand gestützt und sein Blick war direkt auf sie fixiert. Wenn er sie erniedrigen wollte, hätte er sich kaum eine beengendere Position ausdenken können, denn am liebsten wäre Kerry sofort geflohen, aber der unnachgiebige Griff um ihren Arm ließ jeden Gedanken an ein Entkommen zerspringen.
 

"Was soll das?", entsprang es ihrem vorlauten Mundwerk, noch bevor sie sich selbst daran hindern konnte. "Das frage ich dich. Was sollte das eben? Hast du sie nicht mehr alle, oder legst du es darauf an mich dir zum Feind zu machen?", konterte der Geschäftsmann kalt. Es war das erste Mal an diesem Abend, dass sie ihn etwas sagen hörte und augenblicklich zuckte sie zurück. Der sonst so beherrschte und kalte Ausdruck in seiner Stimme war verschwunden und unterdrückter, aber gefährlich brodelnder Zorn schlug ihr aus seinen Worten entgegen. Kaiba war hochgradig wütend und wohl kurz davor seine Beherrschung zu verlieren. Zuvor noch so darauf bedacht diesen Zustand bei ihm herbeizuführen, wünschte sich die Rothaarige nun, sie hätte diesen Wunsch niemals ausgesprochen oder sich nur vorgestellt. Kurz wandte sie ihr Gesicht nach rechts um seinem Blick auszuweichen, sog scharf die Luft ein und wagte erst dann wieder sich ihm zuzuwenden. "Was ist dein Problem? Du hast mit diesen Kämpfchen angefangen!", erwiderte sie mit bebenden Lippen. Trotz ihrer Angst, die sich langsam in ihrer Magengrube ausbreitete, würde sie keinen Schritt zurückweichen, sie würde ihre Stellung verteidigen, niemals würde sie freiwillig auch nur einen Zentimeter an ihn abgeben. Kaiba schien einen Moment zu überlegen, bis er begriff, dass sie auf die Angelegenheit mit der Karte anspielte. Anscheinend wusste er darauf nichts zu erwidern und kurz lockerte sich der Griff um ihr Handgelenk, so dass sie sich blitzschnell aus seinem Griff winden konnte und unter seinem Arm wegtauchte. Möglichst beherrscht um überlegen zu wirken schritt sie auf die Tür zu, als sie zurückgerissen und gegen ein Waschbecken gedrückt wurde.
 

Ein gedämpfter Aufschrei entfuhr ihren Lippen und sie wollte schon zu einem wütenden Kommentar ansetzen, als Kaiba ihr entgegenbellte: "Du bist mein Problem!" Perplex hielt Kerry inne. Irgendwie war ihr das ja schon klar gewesen, aber andererseits klangen seine Worte merkwürdig, als sollten sie als allumfassende Erklärung für sein Handeln gelten, was sie nicht ganz nachvollziehen konnte. Der Braunhaarige hatte sich mittlerweile über sie gebeugt und der Rand des moosgrünen Waschbeckens bohrte sich unangenehm und kühl in ihren Rücken, während sie ihren Oberkörper ein Stück zurückbog um seinem Gesicht auszuweichen, hielt dann jedoch in der Bewegung inne und hielt stand. Aufgrund ihres Unverständnisses bezüglich seiner letzten Worte, war der Gesichtsausdruck der jungen Frau nun hauptsächlich von Verwirrung gezeichnet, obwohl die kristallgrünen Augen noch immer zornig blitzten. "Ach? Ich bin dein Problem? Das ich nicht lache! Und wie komme ich zu der zweifelhaften Ehre eine Rolle im Leben Seto Kaibas des Großartigen zu spielen?", gab Kerry schließlich wutschnaubend zurück, während sie sich nun etwas nach vorne drückte und so gefährlich nahe an sein Gesicht kam, so dass sie seinen warmen Atem auf ihren Wangen spüren konnte. "Auch wenn es nur die Rolle eines Problems ist.", schloss sie etwas unsicherer und presste sofort wieder die Lippen aufeinander.
 

Sofort erwiderte er sichtlich gereizt: "Du bildest dir ganz schön was ein, Kleine. Du bist nichts weiter als ein Störfaktor, den ich nur wegen meinem Bruder ertrage, aber ich warne dich, wenn du dich mit mir anlegen willst, kannst du das gerne haben, aber ich schwöre dir, du wirst es bereuen." Damit ließ er sie los und stieß sie von sich weg. Kerry blinzelte kurz, als ihr Kreuz gegen den Beckenrand gestoßen wurde und stolperte dann sofort nach vorne um von dem Auslöser der Schmerzen Abstand zu gewinnen. Mit grimmiger Miene hielt sie sich den Rücken, konnte aber nicht anders, als dieses Gespräch weiterzuführen: "Um es noch mal zu betonen, du hast damit angefangen, vergiss das nicht." "Ich habe gar nichts, du warst diejenige, die...", begann der Geschäftsmann abweisend und mit einer abfälligen Geste in ihre Richtung. Patzig schlug Kerry seine Hand beiseite und unterbrach ihn scharf: "Ach komm, hör schon auf, das ist so lächerlich. Wir wissen beide, dass das mit der Karte volle Absicht war, deine Absicht und ich weiß immer noch nicht was es sollte, aber du hast mindestens die gleiche Schuld wie ich. Gib es endlich zu, du bist doch sonst immer so stolz darauf, so direkt zu sein!" Die Rothaarige hatte zwei Schritte zu ihm hin gemacht und die Hände in die Hüften gestemmt, während sie ihn auffordernd ansah. Seto zögerte. "Wenn du die Karte nicht festgehalten hättest, wäre das nicht passiert!", fügte sie stur hinzu. "Und wenn du nicht so daran herumgerissen hättest, wäre es ebenfalls nicht passiert!", konterte Kaiba mit lauter Stimme und baute sich nun ihr gegenüber mit festem Blick auf die kleinere Person auf.
 

"Du hättest dir die Karte gar nicht erst nehmen dürfen!", verteidigte sich Kerry nun und streckte sich ein Stück um größer zu wirken, sich kaum bewusst wie kindisch die Situation zu werden schien. Innerlich musste sie Kaiba in diesem Punkt allerdings Recht geben. Dieser antwortete beinahe sofort: "Und du hattest in meinem Zimmer nichts zu suchen!" Kerry senkte nicht den Blick oder wich ihm aus, aber das Grün ihrer Augen und die darin befindliche Härte milderte sich augenblicklich. Er hatte genauso recht wie sie, beide hatten sie Fehler gemacht und sie würde ihre auch eingestehen. Noch einmal atmete sie langsam ein und aus und lenkte dann ein: "Ok, du hast recht..." Ein triumphierendes Glitzern trat in das Saphirblau der Augen Setos, doch Kerry sprach unbeirrt weiter: "...aber ich ebenso." Sofort verdunkelte sich sein Blick wieder und die altbekannte arrogante Kälte strahlte wieder aus ihnen. Kerry verdrehte die Augen, sie wusste schon jetzt, dass er es nicht zugeben würde, dass auch er Schuld an der ganzen Angelegenheit hatte. Dennoch wollte sie noch nicht aufgeben und sprach weiter: "Wir haben beide nicht gerade sehr vorbildlich gehandelt und es tut mir leid, dass ich deinen Anzug ruiniert habe." Dabei deutete sie auf den mittlerweile angetrockneten rötlichen Fleck auf seiner Kleidung.
 

Natürlich kam keine Zustimmung oder gar eine Entschuldigung von dem jungen Mann, doch seine Haltung lockerte sich etwas. "Das ist nicht weiter schlimm, ich ziehe dir das Geld von deinem Gehalt ab.", war die unterkühlte Antwort. Mr. Seto Kaiba hatte sich anscheinend wieder völlig im Griff. Im Inneren noch selbst darüber verwundert, dass dieses Mädchen es geschafft hatte, dass er fast die Fassung verlor und dass er ihr beinahe mitgeteilt hätte, was sie in ihm auslöste, ließ er nach Außen hin keinen seiner Gedanken durchblicken. "Sehr großzügig und so einsichtig.", spottete Kerry halblaut und wandte sich von dem hochgewachsenen Mann ab und sich gleichzeitig einem Spiegel, der über einem Waschbecken hing, zu. Ohne sich weiter um Seto zu kümmern blickte sie grimmig ihr Spiegelbild an und versuchte ihre Enttäuschung zu verbergen. Erst als Kaibas schwere Schritte zu hören waren und das Zuschlagen der Badtür, die er hinter sich zuzog, entspannte sich die Rothaarige ein wenig und ein Seufzen entfuhr ihren Lippen. Ein fantastischer Abend war dies nun gewesen und abgesehen davon, dass sie nun erst mal ohne Bezahlung für diesen Sturkopf arbeiten durfte, war nichts dabei herausgekommen. Doch natürlich, sie hatte sich in seinen Augen als schwächlich gezeigt, da sie sich entschuldigt hatte, aber in ihren Augen war es das ganz und gar nicht. Es hatte sie einige Überwindung gekostet, gerade bei Kaiba und er hingegen hatte es nicht zustande gebracht, obwohl er sicherlich eigentlich auch wusste, dass er mitschuldig war, hoffte sie wenigstens. Irgendwie beruhigte sie das ansatzweise und so verließ sie mit gemischten Gefühlen das Bad um zu Aneko zurückzukehren. Auf einmal war die Aussicht auf ein langweiliges Gespräch über die Vorzüge asiatischer Seidenstoffe weitaus angenehmer als jeder weitere Gedanke, der sich mit diesem verwirrenden Mann mit den meerblauen Augen beschäftigte.
 

Seto Kaiba verließ ohne ein weiteres Wort mit irgendjemand zu wechseln, das Gebäude und lief vor dem Wolkenkratzer ein paar Mal auf und ab, bevor er sich seiner Limousine auf dem Parkplatz zuwandte und sich nach Hause fahren ließ. Die Fahrt über starrte er durch die getönten Scheiben nach draußen in die neblig düsteren Straßen der Stadt und nahm doch nichts von alledem wahr. Er hatte tatsächlich die Fassung verloren und beinahe wäre die Situation eskaliert, hatte er doch den unbeschreiblichen Drang verspürt Kerry die Luft abzudrücken oder ihr eine Ohrfeige zu verpassen, nur damit sie endlich schwieg. Jedes ihrer Worte traf immer genau ins Schwarze, so wahr wirkten sie auf ihn. Immer hatte er das Gefühl vor ihr ein offenes Buch zu sein und das quälte ihn, machte ihn aggressiv und ließ ihn seine jahrelang trainierte Fassade vergessen. Außerdem musste er zugeben, dass er über die Angelegenheit mit seinem Anzug eher überrascht war, als wirklich zornig. Es hatte ihn geschockt, dass sich irgendjemand so etwas erlaubte, aber dann hatte die Rothaarige auch noch die Frechheit gehabt statt einer Entschuldigung ihn schnippisch zu beleidigen. Warum nur regte er sich darüber so auf? Sonst brachte ihn nichts und niemand zur Weißglut, weil ihm eigentlich alles und jeder egal war. Aber dann hätte es ja bedeutet, dass Kerry ihm etwas bedeutete. Unvermittelt zuckte Seto zusammen, als ihm dieser Gedanke kam und er die Worte der Frau wieder hörte: "Und wie komme ich zu der zweifelhaften Ehre eine Rolle im Leben Seto Kaibas des Großartigen zu spielen?"

Wie ein lästiges Insekt schüttelte der kühle Geschäftsmann all diese Gedanken ab und richtete seinen starren Blick von der Straße auf den Sitz vor ihm. Äußerlich keine enorme Veränderung, doch innerlich richtete er auch seine Gedanken anders aus und beschäftigte sich mit den vor ihm liegenden Arbeiten, die er noch zu erledigen hatte, wenn er nach Hause käme. Vermutlich würde es wieder eine schlaflose Nacht werden.
 

Die Zeit blieb nicht stehen. Immer weiter drehte sich das Rad der Jahreszeiten und aus den größtenteils sonnigen Spätsommertagen wurden langsam typisch bewölkte und windige Herbsttage. Einige Wochen vergingen und die Blätter der wenigen in der Stadt befindlichen Bäume und der Wälder auf dem Land begannen sich von saftigem Grün in warme braun-, rot- und Goldtöne zu färben. Die kälteempfindlicheren Leute begannen mit Jacken und Regenschirmen auf die Straßen zu gehen und auch Fahrradfahrer wurden weniger gesichtet.

Für Kerry waren die Tage gefüllt mit einem langsam als normal zu bezeichnenden Alltagstrott. Sie arbeitete in der Musikschule, traf sich mit Aneko, ärgerte sich mit ihrem PC herum, führte lange Gespräche mit Jason und unternahm natürlich ihrem Vertrag gemäß vier Mal in der Woche etwas mit Mokuba. Seto Kaiba traf sie in diesen Wochen kaum bis gar nicht und wenn, dann beschränkten sich ihre Treffen auf düstere Blicke oder patzige Kommentare von beiden Seiten. Mokuba beobachtete dies mit wachsendem Unbehagen und bat schließlich Kerry doch etwas freundlicher zu seinem heißgeliebten Bruder zu sein. Ob er dies eben jenem ebenfalls vorschlug, wusste sie nicht, aber bei beiden hatte dies wenig Einfluss auf ihr Verhalten.
 

Mitte September war die junge Frau gerade auf dem Weg um Mokuba abzuholen als ihr Handy klingelte und der schwarzhaarige Junge am Apparat war. Er erklärte, er wolle mit ein paar Freunden etwas unternehmen und sich später mit Kerry bei Kaibas zu Hause treffen. Seufzend ging die Rothaarige auf den Vorschlag ein, legte auf und wendete ihre Maschine um zum Anwesen der Kaibas zu fahren. Doch als sie plötzlich um eine Straßenecke bog, fiel ihr ein vor einem kleinen Laden aufgestelltes Schild auf. In leuchtend roter Schrift waren auf gelben Untergrund die Worte "Neue Duel Monster Karten!" aufgedruckt. Einer Eingebung folgend legte Kerry eine Vollbremsung hin und parkte sachgemäß ihr Verkehrsmittel an der Straßenseite, bevor sie die Tür des Ladens aufdrückte und das Gebäude betrat.
 

Eine kleine Türglocke ertönte, als die Tür dagegen geschoben wurde und kündigte das Eintreten eines Kunden an. Kerry kam nach zwei Schritten sofort wieder zum Stehen, da sie selbst erst einmal nicht wusste, was sie hier eigentlich wollte. Sicher, sie wollte sich nach einem neuen "Tyrant Dragon" umschauen, aber finanziell würde sie ihn sich ohnehin nicht leisten können. Schulterzuckend trat sie dann jedoch weiter auf die Theke zu und schaute sich um. Niemand war zu sehen und die Rothaarige setzte schon dazu an nach jemand zu rufen, als die Türglocke sich abermals bemerkbar machte und kurz darauf die Stimmen zweier Jungs ertönte, die sich gerade fröhlich unterhielten. Neugierig drehte sich Kerry herum und musterte die beiden vermeintlichen Kunden. Beide hatten blonde Haare, doch trug der größere von beiden sie fransig ins Gesicht fallend, während die Strähnen des anderen das Gesicht eher einrahmten. Der Kleinere der beiden, der ungefähr so groß war wie Kerry, bemerkte sie plötzlich und trat mit einem höflichen Lächeln, das beinahe schüchtern wirkte, auf sie zu.

"Entschuldige, mein Name ist Yugi Mutou, der Laden gehört meinem Großvater, kann ich dir helfen?", fragte er etwas zögerlich, was seinem Gegenüber ein warmes Lächeln auf die Lippen zauberte. "Ich wollte nur wissen, ob ihr eine bestimmte Duel Monsters Karte zum Verkauf anbietet, aber dein Großvater scheint nicht hier zu sein.", erwiderte Kerry leichthin und zuckte mit den Schultern. Nun schaltete sich plötzlich auch der größere Junge von ca. 18 oder 19 Jahren ein und versicherte mit lässigem Tonfall: "Kein Problem, Yugi kennt den Laden hier so gut wie seine eigene Westentasche, stimmt's Alter?" Yugis Wangen nahmen sofort einen rötlichen Schimmer an, als er abwinkte und erst einmal seinen Begleiter vorstellte: "Das ist mein Freund, Joey Wheeler." Kerry reichte ihm grinsend die Hand und nickte leicht, bevor Yugi von Neuem das Wort ergriff. "Um was für eine Karte handelt es sich denn?" Die Rothaarige nannte den beiden den Namen und stieß bei Joey auf Unwissen, Yugi jedoch hatte von der Drachenkarte gehört, meinte jedoch, dass sie diese hier nicht zum Verkauf anböten. Trotz des Misserfolges dankte Kerry den beiden und unterhielt sich noch eine Weile mit ihnen, bevor sie den Laden wieder verließ und sich etwas enttäuscht auf den Weg zum Anwesen der Kaibas machte.
 

Nach einer eigentlich überflüssigen Diskussion mit den Wächtern am Tor, in der es darum ging, wo Mokuba war, von wem sie die Genehmigung hatte hereingelassen zu werden und weiteren Nichtigkeiten, erreichte Kerry endlich die Villa, schwang sich von ihrem Motorrad und stieg die Stufen zu der riesigen Haustür empor. Viel einfacher als auf den Hof, kam sie in das Gebäude selbst hinein, denn die Angestellten kannten sie mittlerweile alle ganz gut und machten nicht jedes Mal so ein Theater wie die Sicherheitsleute in ihren obercoolen schwarzen Anzügen. Scheinbar dachten sie, darin sähen sie annähernd gut aus, wie Will Smith in Men in Black.
 

Ziellos schlenderte Kerry nun erst einmal die gewundene Treppe hinauf und blieb am oberen Treppenansatz stehen und überlegte was sie jetzt tun könnte. Eine Hausdurchsuchung bot sich ja geradezu an. Mokuba würde erst in einigen Stunden heimkommen, Seto Kaiba noch später, wenn überhaupt. In letzter Zeit hatte er, wie Mokuba es ihr erzählt hatte, die Angewohnheit bekommen in der Firma durchzuarbeiten und wenn er nach Hause kam, hing er ebenfalls nur an seinem Laptop oder PC und machte keine Pause. So etwas konnte nicht gesund sein, aber die Rothaarige hielt sich dezent mit dieser Meinung zurück. Schließlich ging sie ziellos weiter und die ähnlichen Flure entlang. Nachdem sie schon dreimal wieder an der Treppe angekommen war, entschied sie sich doch dazu einmal eine der Türen zu öffnen und einen Raum zu betreten. Auszählen, welche es sein sollte, wäre eine Möglichkeit gewesen, doch eine hohe Holztür mit zwei Flügeln am Ende eines Ganges stach ihr so sehr in die Augen, dass sie einfach nicht widerstehen konnte und ihre Hände auf die Griffe legte. Vorsichtig zog sie an einem Flügel, der sich ohne Knarren oder ein anderes Geräusch langsam nach außen ziehen ließ. Mit einem verstohlenen Blick hinter sich schob sich Kerry durch den kleinen Spalt und drehte sich dann sofort dem Rauminneren zu.
 

Vor Überraschung wäre der jungen Frau beinahe die Kinnlade heruntergeklappt und ihre Augen weiteten sich ein Stück als die den vor ihr liegenden Raum gewahrte. Sie hatte Seto Kaibas Schlafgemach ja schon für überaus interessant gehalten, doch dieses Zimmer übertraf alles was sie sich in diesem Haus hätte vorstellen können. Allem Anschein nach war dies die Hausbibliothek, denn soweit das Auge reichte gab es nur Bücher zu sehen. Die Wände waren mit riesigen Regalen aus dunklem Holz bestückt, zwischen denen ab und an ein großes, beinahe bis zur Decke reichendes Fenster mit milchigen Scheiben eingelassen war um den Raum in ein dämmriges Licht zu tauchen. Offensichtlich lag der Raum an einem Ende der Längsseite des Hauses und so war diese Front von vorne nicht zu sehen. Zwei verschiebbare Leitern reckten sich elegant an den Regalen empor und ermöglichten so auch zu den höchsten positionierten Schriften einfachen Zugang.
 

Langsam schweifte Kerrys Blick von den Wänden ab und glitt über den Boden und das untere Viertel des Raumes. Sie stand auf hölzern gemustertem Parkettboden, der sich offensichtlich durch den ganzen Raum zog. Dieser war eigentlich nicht gerade groß, es war eher die Höhe die ihn imposant erscheinen ließ. Die verbleibende Raummitte war mit einem dunklen Sofa und zwei Sesseln gefüllt und an einer Seite stand noch ein länglicher Tisch mit einigen bequemen Stühlen dahinter. Hier sollte wohl sowohl gelesen als auch gearbeitet werden.

Kerry jedenfalls fühlte sich in dem hohen Raum, der geradezu nach bedruckten Seiten voller Wörter und Sätze roch, auf Anhieb wohl. Es war beinahe eine magische Anziehungskraft, die von den hohen Regalen voller Schriften ausging und Kerry weiter in den Raum hineinzogen, so dass sie sich schließlich auf einer Leiter balancierend wiederfand und die unzähligen Titel durchging. Ab und an war ihr der ein oder andere Autor oder Buchtitel bekannt, doch das Meiste war nicht halb so interessant wie sie gedacht hatte. Enttäuscht stieg sie langsam die erste Leiter herab und durchforstete dabei mit ihrem Blick die weiter unten gelegenen Buchrücken nach etwas Interessantem.

Mit diesem mehr oder weniger sinnlosem System durchsuchte sie die Ganze Bibliothek und entdeckte schließlich, dass es eine gewisse Ordnung gab, nach der die Bücher sortiert und aneinandergereiht waren. Historisches, Romane, Sachbücher und schließlich entdeckte sie sogar eine ziemlich kleine Abteilung: Privates. Doch so spannend dies zuerst aussah, entpuppte es sich doch nicht als interessant, denn auf Dinge wie Tagebücher oder ähnliches stieß Kerry bei ihrer Suche nicht. Nicht, dass sie diese gelesen hätte, doch das Gefühl ein Tagebuch Seto Kaibas in den Händen zu halten jagte ihr doch einen angenehmen Schauer über den Rücken.
 

Gerade als die Rothaarige aufgeben wollte fiel ihr Blick auf ein dickes Buch, dass sich von den anderen durch den roten Ledereinband abhob, der im Gegensatz zu anderen alten Büchern hier vergleichsweise abgenutzt aussah. Doch das allein zog ihren Blick nicht darauf, es war eher ein Gefühl, dass dies vielleicht die erhoffte Abwechslung bringen könnte. Ein verstohlener Blick nach links, dann ein weiterer rechts über die Schulter und Kerry streckte ihre Hand nach dem Band aus. Ihre Hand schloss sich um den dunklen Ledereinband und mit erstaunlicher Leichtigkeit zog sie das schwere Buch heraus. Bevor sie es jedoch öffnete schlenderte sie wie zufällig und bemüht dabei lässig zu wirken zu einem Sessel hinüber. Am Liebsten jedoch wäre sie in Windeseile dorthin gerast hätte vor Freude gequietscht und sofort voller Neugier die erste Seite aufgerissen, aber solches Verhalten hatte sie seit ihrem 14ten Lebensjahr abgelegt.

Die Vorderseite des Schriftstückes war blank und unbeschriftet, so dass die Neugier der jungen Frau nur noch wuchs und sie beinahe geplatzt wäre, als sie dann die erste Seite des geheimnisvollen Buches öffnete.
 

---------------------------------
 

Zur Feier des Tages gibt es mal wieder ein Kapitel von mir. Wer nicht weiß was es zu feiern gibt: FERIEEEEN!!! *Konfetti herumschmeiß* Zwei Wochen ausspannen, bevor es dann langsam auf den Abistress zugeht. Ihr merkt, ich versuche mich schon im Voraus zu entschuldigen, falls ich nicht allzu oft dazu komme ein komplett geschrieben und überarbeites Kapitel zu veröffentlichen. Aber es gibt hier ja viel zu lesen. *Gar keine Ironie in ihre Worte legt* *pfeif*
 

Apropos... danke an das Verständnis für meine lange Schreibpause ;) Danke für alles Lob und die Toleranz dafür, dass Seto die Hälfte des Kapitels nicht dabei war, aber eigentlich finde ich das selbstverständlich, dass er nicht immer und überall sein muss. Noch ist er ja kein Gott *lol*
 

Tschauserle

Dolefulness, vormals Creditor



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (9)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2004-10-20T15:53:35+00:00 20.10.2004 17:53
Hallo *grins* also wie schon alle anderen fand ich die Szene im Raum richtig gut ^^ und ich muss sagen als Seto Kerry auf das Waschbecken gedrückt hat *schmeeeellllzzz* ich fands toll ich liebe es wenn Seto so brutal wird nur um seine wahren Gefühle zu verbergen! Die Kleine ist ihm einfach viel zu ähnlich XD und zu dem Buch naja ein Fotoalbum ein Tagebuch (wobei ich nicht glaube das Seto sowas führt) aber ich könnte mir auch vorstellen das Seto reinkommt bevor sie anfängt es zu lesen oder gerade als sie dabei ist...was ihre Sizuation Seto gegenüber nicht gerdae verbessern würde..oder zu ihrem rausschmiss führt!!XD naja egal ich höre jetzt mal auf zu raten bringt ja eh nix mach schnell weiter und viel Glück beim Abi (versuch trotzdem zu schreiben XD ich weiss ich bin aufdringlich)!!Ach und vielen dank für deinen langenn Kommi hat mich sehr gefreut ^^
Von: abgemeldet
2004-10-17T20:23:38+00:00 17.10.2004 22:23
Hi!!!
Sorry, dass ich dir erst jetzt nen Kommi schreib. Aber irgendwie hab ich es beim letzten Kapi verpennt. Echt sorry.
Nun zum Kapi. Es ist echt der Hammer. Bei dem Streit hab ich gedacht, jeden Moment würde Seto Kerry küssen oder sie ihn. Doch, nada. Na ja egal. Das sie das Buch gefunden hat ist auch bestimmt very importent, ich denk es is ein Fotoalbum. Mal sehen.
Bye bis zum nächsten Kapi.
Jess
Von: abgemeldet
2004-10-17T14:41:32+00:00 17.10.2004 16:41
woaah, das Kapi war echt ne Sensation^^
*g* Seto hatte ja ein komisches Verhalten, an was das wohl lag?^^
hach, hoffentlich geht es bald weiter, es ist doch mal wieder sooooooo schön spannend^^
deine Mija
Von:  DarkEye
2004-10-16T19:52:32+00:00 16.10.2004 21:52
an so einer stelle aufzuhören schmerzt!!
wie sie Seto aus der fassung gebracht hast war einfach genail!!
aber mach trotdem schnell weiter!!

bussal dark
Von:  Wingsy
2004-10-16T18:22:35+00:00 16.10.2004 20:22
hi^^
das war toll, man wie das da abging *gg* XD
was wohl in diesem buch steht??? >.> bin mal gespannt, schreib schnell weiter
bye

An-san
Von:  dreamer_chan
2004-10-16T10:32:00+00:00 16.10.2004 12:32
Also die Rangelei bei der Party ist ja verhältnissmäßig fast .. glimpflich abgelaufen oder *g*
Ich würde mal FinalFreak zustimmen, der Raum ist tabu oder?
Und was ist das für ein geheimnissvollens Buch *neugierigsei* Der Part hat mir ansonsten super gefallen, mal sehen wies weitergeht^^

dreamer_chan
Von:  MissVictoria
2004-10-16T10:11:49+00:00 16.10.2004 12:11
Klasse Kapi. Man hat richtig Ngst vor Kaiba bekommen, aber tolle Reaktion von Kerry!!!
Von: abgemeldet
2004-10-16T10:03:20+00:00 16.10.2004 12:03
Hi!
Ich feier mit! 2 Wochen Ferien und danach kommen die Zentralen Lernstandserhebungen, ich kann überhaupt nicht sagen wie ich mich darauf freu... (Wer nicht gerafft hat, dass war sarkasmus!)
Zum Kapitel:
Ich schätze mal Kerry hätte dieses Zimmer nie betreten sollen, oder? Das kann nicht gut enden... Ich fands trotzdem klasse! Besonders gut gelungen ist dir, Kaibas verhalten klar zustellen, also warum er dies und jenes tut. Ist echt gut geworden.
Also man sieht/liest sich!
Bye Jenny
Von:  grincat
2004-10-15T22:56:57+00:00 16.10.2004 00:56
das ist ein klasse kapi muss ich schon sagen schreib schnell weiter!!!!!!!!!!!!!!
grincat


Zurück