"Ein Abschied"
Close Distance (Teil 31)
Titel: Close Distance
Teil: 31/x
Autor: cu123
Email: mail-cu@freenet.de
Fanfiction: Weiß Kreuz
Kommentar: Zur besseren Orientierung ^^ Dieses Mal geht es mit Ran weiter und zwar am Freitag. Das letzte Mal hatte er einen Auftritt am Mittwochabend, als Crawford ihn darüber informierte, woher das Geld für Ayas Behandlung kommt.
Disclaimer: not my boys, no money make...
Greetings:
@all: Ein herzliches Dankeschön an alle fleißigen Commischreiber. Denn wie Furia ganz richtig bemerkt hat, wurde jetzt die 200er Schwelle durchbrochen ^______________^ *zur Abwechslung mal Schokolinsen verteil* ^^
@Furia: *lol* Warum nur bin ich von dieser Klassensprecherwahl nicht überrascht?! ^^ Die Sache mit den 30 Kapiteln war mir gar nicht aufgefallen und irgendwie befürchte ich, dass es wirklich noch mal so viele werden könnten ^^°°° *es noch nicht sicher weiß* Übrigens ist dieser eine Satz, den du da am besten findest, auch mein Lieblingssatz im letzten Kapitel gewesen *knuffel* ^-^ Bei Ken werde ich versuchen das Image zu halten - mal schauen wie das wird, wenn _sein_ Kapitel dran ist o.O
@Arigata: Wie ich sehe, biste auch gut zu Hause angekommen ^^ Was Yotan betrifft geht es mir kaum anders als dir und hier haben sicher noch ein paar andere Leute aufgeatmet *gg* Mehr Schu? Nu ja, ,mehr' ist relativ... ^^# Natürlich wird er weiterhin auftauchen, aber in diesem Teil beispielsweise nur sehr kurz. Und natürlich habe ich den Anime auch ein bissl geändert, ist ja schon allein deswegen nötig gewesen, weil Aya fehlt *grins*
@nai-chan: Nun, beim letzten Kapitel konnte man in der Regel nach dem Ausschlussprinzip vorgehen um herauszufinden, aus wessen Sicht ich schreibe ^.~ Beim ersten Abschnitt war beispielsweise Yotan nicht anwesend (über den haben sie geredet) und Ken wurde gleich als Mithelfer im Laden erwähnt - somit bleibt nur noch Omi übrig... im zweiten Abschnitt wurde Yohji sogar gleich als Balinese angesprochen *gg* Möglich ist es also drauf zu kommen ^^ Ich geb mir wirklich Mühe ^^°
@Maike: Wahrscheinlich haste wieder mehr Zeit, wenn dein Studium weitergeht - jedenfalls bekomme ich allmählich das Gefühl *lach* Jupp, Maki wurde von den bösen Männern aus dem Club geschnappt, wo dann später ganz zufällig auch Farf und Schu einen kleinen Auftrag zu erledigen hatten. Die beiden waren an der Geschichte um Maki aber nicht beteiligt, sondern standen vor einer ganz anderen Aufgabe ^^ *grins*
@Xell: Letztes Mal war Mexx wirklich nicht schuld gewesen, aber verspäteten Erscheinen der FF. Ich hatte sie nämlich erst abends nach zwanzig Uhr hochgeladen ^^y Heute mache ich es mal vor sechs morgens und da wird sie bestimmt schneller freigeschaltet ^^ Viel Spaß in der Schule, ich muss in einer Woche auch wieder zur Uni o.o'' Übrigens taucht in diesem Chappi auch Ran wieder auf *grins* *ihn auch vermisst hab* *lach*
@kohaku_san: Kannst aufhören rumzuhüpfen *gg* Jupp, es waren Farf und Schu, die im Club für ein wenig Unordnung gesorgt haben, haste richtig herausgefunden ^^ Biste bei ,Blinded' wieder ein paar Kapitel weiter gekommen? Ich hab zwar noch ein paar andere FFs, die ich bis zur Fortsetzung lesen kann, aber trotzdem...
Wie versprochen, ist Brad dieses Mal wieder mit von der Partie *grins* Mir würde ja sonst selbst etwas fehlen ^.~
@Kizuna01: Heute gehen die Gummibärchen wieder an dich *grins* *rüberreich* ^^ Nicht jedermanns Liebling ist gut *lach* Hier gibt es wirklich sehr viele Leute, die diese Ansicht bezüglich Yotan teilen ^^ Meine Einstellung zu Ken ist übrigens nicht dauerhaft, ich denke mal, ich würde es gar nicht durchhalten, ihn immer so darzustellen - ist halt ein Versuch *nod* Wenn ich mich nicht verzählt habe, hast du mir den 200. Commi geschrieben - thx dafür, auch wenn noch ein paar andere mitgeholfen haben *lach*
Teil 31 "Ein Abschied"
Er wachte auf und wünschte sich, er hätte es nicht getan. Wie oft hatte er in den letzten Tagen die Augen aufgeschlagen, bloß damit das Wissen zu ihm zurückkehren konnte, dass er alles verloren hatte?
Eine Woche war vergangen, viel zu wenig Tage, um die klaffende Lücke aus Ewigkeit zu füllen, die zwischen letzten Freitag und heute zu liegen schien. Die Einäscherung... Ihm wurde schlecht als er daran dachte, welche Pflicht auf ihn wartete. Kein Wunder, dass sein Onkel ihm das nicht hatte sagen wollen, alles andere verlief daneben zur Nebensächlichkeit. Wie betäubt war er gewesen, als Crawford-san ihn am Mittwoch zum Haus seiner Tante gefahren hatte. Dabei hatte er ihn soviel fragen wollen, über seine Arbeit, über Schuldig, die Anderen. Aber jeder Gedanke daran war wie ausgelöscht, nie gedacht, gewesen. In diesem Moment hätte er gerne geweint, doch diese Fähigkeit schien er sich selbst genommen zu haben. Die Tränen blieben verschlossen in seinem Inneren, gefroren zu Eis, Teil seines Panzers.
Er konnte sich kaum erinnern, wie er den gestrigen Tag überstanden hatte. Zu seinem Glück war Yunshiro selbst völlig abgelenkt gewesen. Hatte ihm von jemandem erzählt, den er im Computer-Club kennen gelernt hatte. Anscheinend hatte sein Freund endlich jemand gefunden, der ihn verstand. Er war noch nie mitgekommen, wenn dieser ihm von irgendwelchen technischen Spielereien oder Programmen erzählt hatte. Das lag einfach jenseits seiner Interessen - und Fähigkeiten, wenn er ehrlich war.
Langsam setzte er sich auf, ruhiger geworden. Er würde es überstehen. So dumm es sich anhören mochte, dieser Spruch behielt dennoch seine Gültigkeit: Heute Abend würde es hinter ihm liegen, egal wie viel Angst er jetzt auch hatte. Die Zeit würde ganz einfach vergehen.
******
Routine. Hilfreich, wenn jedes Abweichen dazu führen konnte, dass zu viele Alternativen wachgerufen wurden. Zu viele Möglichkeiten, zu viel Wissen, das sein Kopf manchmal bis zum Bersten anfüllte. Erinnerungen, denen er nicht immer trauen durfte, die ihn aber ständig begleiteten, ein Teil seiner selbst waren.
Braune Augen begegneten ihm im Spiegel, während er die kühle Klinge sicher wie immer über seine Haut führt. Diese ruhigen Minuten am Morgen gehörten ihm, er nutzte sie dafür die Wirklichkeit von der Möglichkeit zu trennen. Es erforderte viel Konzentration, doch sie hatten es ihm früh beigebracht, so dass es ihm scheinen wollte, er hätte es schon immer gekonnt. Das stimmte nicht, da machte er sich nichts vor.
Seine Lippen wollten sich zu etwas verziehen, das einem spöttischen Lächeln nahe kam.
Damals war sein Talent nicht so ausgebildet gewesen, er hatte es instinktiv benutzt, ohne wirklich darüber nachzudenken. Es war ausreichend gewesen - beim Boxen. Jedoch nicht um zu verhindern, dass er _ihn_ verlor. Immer noch war eine Lücke in ihm, die früher mit Stille gefüllt war, die ihn an seinen Verlust erinnerte, seinen Wunsch nach endgültiger Rache nährte. Vielleicht hätte er ohne dieses eine aufschlussreiche Gespräch auf seine Freiheit verzichtet. Er musste zugeben, dass es sich so wie es war nicht schlecht lebte, aber seit er wusste, was damals wirklich geschehen war, hatte er niemals zu wirklicher Ruhe zurück gefunden. Sie hatten ihn manipuliert, als er glaubte endlich vollständige Kontrolle über sein Leben gewonnen zu haben, hatten ihn gelenkt wie eine Marionette. Doch sie selbst hatten ihm beigebracht seine Fähigkeiten bis zum Äußersten zu nutzen und er gedachte sie das bereuen zu lassen.
Seine Augen zeigten nicht mehr Ausdruck als kalte Kieselsteine, als seine Zunge kurz über seine Lippen fuhr. Die Rache würde süßer sein als der Geschmack des Blutes, das ihn damals zum ersten Mal befleckt hatte.
Er spülte sein Rasiermesser unter fließendem Wasser ab und seine Mundwinkel zuckten leicht, als er sich bei diesen Gedanken ertappte. Es war ineffizient ihnen nachzuhängen, eine Verschwendung von Energie. Normalerweise hatte er sich selbst zu sehr im Griff um das zuzulassen, doch heute Nacht hatte ihn wieder dieser Traum heimgesucht, der stets an seiner Fassung nagte. Er hasste ihn, die Unabänderlichkeit der Vergangenheit, die ihm da vor Augen geführt wurde. Als würde etwas in ihm ihn damit verspotten wollen.
Das Braun wurde zu heißem Stahl, bevor er den Blick abwandte. Genug davon.
"Schlechte Laune?"
Schuldig schon wieder. Hatte der eigentlich nichts Besseres zu tun, als seinen Kaffee wegzutrinken? Sein Blick kehrte von der Tasse in den Händen des Orangehaarigen zurück zu dessen Gesicht. Und seit wann fiel er eigentlich so früh aus Bett? Ob es Probleme mit Farfarello gab? Er hatte nichts in der Richtung gesehen.
Der Telepath lehnte wie gestern am Türrahmen, grinste ihn an und etwas, das ihm überhaupt nicht gefiel, glitzerte in den grünen Augen.
"Das geht dich nichts an." Abrupt kehrte er ihm den Rücken zu, in der Hoffnung, dass Schuldig sich jemand anderen zum Zeitvertreib suchen würde.
"Ich dachte nur, dass ich dich vielleicht ein bisschen aufheitern könnte." Auch wenn er es nicht sah, konnte er regelrecht spüren, wie sich das Grinsen vertiefte. "Ich habe diese andere Sache erledigt. Keine Probleme."
"Gut." Was anderes gab es dazu nicht zu sagen. Er hörte, wie Schuldig sich bewegte, plötzlich direkt hinter ihm stand.
"Gehst du heute zur Trauerfeier? Ran-chan würde dich sonst bestimmt vermissen."
Seine Schultermuskulatur verkrampfte sich, er mochte es nicht, wenn ihm jemand zu nahe kam. Wenigstens vermied Schuldig es ihn direkt zu berühren - eher zu seiner eigenen Sicherheit als aus anderen Erwägungen heraus. Er trat zur Seite und griff nach dem Bügel, über dem sein Hemd hing. "Als Vertreter von Takatori werde ich dort sein, ja." Den Rotschopf ließ er unerwähnt. Er hatte dem Telepathen nicht gesagt, welche Rolle der Junge spielte und er hatte auch nicht vor das in absehbarer Zukunft zu tun.
"Er hat gerade an dich gedacht." Schuldig ließ nicht locker.
Worauf war er bloß aus? "Wirklich?" Eine Augenbraue wanderte nach oben, als er in der Muttersprache des Deutschen antwortete. Inzwischen hatte er sich wieder dem Orangehaarigen zugewandt, sein Hemd zuknöpfend.
Dieser schien kurz irritiert, wischte das aber augenblicklich beiseite. "Nun, um genau zu sein, warst du es nicht exklusiv. Mich und den Rest unserer WG hat er mit eingeschlossen." Das Grinsen wurde selbstgefällig. "Ran scheint sich nicht mehr nur für das was ihm und seiner Familie zugestoßen ist zu interessieren, sondern blickt inzwischen etwas weiter."
Woran Schuldig garantiert nicht ganz unschuldig war. Bei dem unbeabsichtigten Wortspiel geisterte flüchtiges Amüsement durch den Hintergrund seiner Augen.
Der Andere bemerkte es nicht oder beschloss diese Reaktion zu ignorieren. "Glaubst du nicht, dass er etwas zu neugierig werden könnte?"
Sein Verstand verarbeitete das Gehörte, brachte es mit seinen eigenen Beobachtungen in Einklang. Ran war dabei das Geschehene zu überwinden, gut es auch von anderer Seite bestätigt zu bekommen. Schließlich durfte der Junge nicht zerbrechen, das würde Aya wertlos machen. "Nein", beantwortete er danach knapp die Frage, band sich dann die Krawatte um.
Schuldig verdrehte die Augen. "Du könntest ruhig mal informativer werden. Und sei nicht immer so steif. Vielleicht würde etwas Entspannung helfen."
Der Unterton ließ ihn aufhorchen, aber der Andere sagte nichts weiter sondern verließ endlich das Bad.
******
Sein Zimmer. Er saß tatsächlich in seinem Zimmer. Der schwarze Anzug schmiegte sich sanft an ihn, konnte ihm aber keinen Trost bieten. Er hatte ihn als er aus der Schule kam von seiner Tante bekommen und im ersten Moment gedacht, dass es derselbe wäre, den er schon am Montag getragen hatte. Dann aber hatte er gemerkt, dass das Schwarz diesmal echt war, das Licht verschluckend, ohne einen Schimmer von Violett. Nur der Schnitt ließ ihn vermuten, dass Crawford-san wieder seine Finger im Spiel hatte.
So wie er war ließ er sich zurückfallen, spürte wie das Bettzeug nachgab. Seine Tante war unten und kümmerte sich um die Trauergäste und eigentlich sollte er auch da sein. Eigentlich, aber er schaffte es nicht. Die Bilder des Nachmittags zogen an ihm vorbei, ließen ihn alles erneut erleben.
Sein Onkel, seine Tante und er selbst, wie sie die Knochen aus der Asche nahmen, sie von Stäbchen zu Stäbchen weiterreichten. Der Geruch der grauen Flocken - nicht nur Asche, sondern mehr. Ihm wurde schlecht und er rollte sich auf seinem Bett zusammen, hoffte, dass sich sein Magen wieder beruhigen würde. Der schwere Duft von Räucherstäbchen zog jetzt durch das Haus, vertrieb die Erinnerung nicht ganz, drängte sie aber zurück.
Das konnten sie nicht gewesen sein. Es war unmöglich, dass nichts anderes mehr von seinen Eltern übrig war, als das, was sich unten in den Urnen befand. Er sah sie vor sich, genauso wie die Fotos, deren Rahmen mit einem schwarzen Band verziert waren.
Jemand klopfte, aber er antwortete nicht. Sicher sein Onkel oder seine Tante, die ihn holen wollten. Er wollte aber nicht.
Die Tür wurde geöffnet, dann hörte er, wie sich jemand näherte, sich zu ihm aufs Bett setzte.
******
Er betrachtete den Jungen, der mit keiner Regung zu verstehen gab, dass er sich seiner Anwesenheit bewusst war. In dieser Haltung wirkte er wie ein Kind, zerbrechlich und zu jung für das, was er gerade durchstehen musste. Verwundert bemerkte er den Anflug von Mitleid, das ihm sonst vollkommen fremd war. Er verspürte den Impuls ihn zu trösten, dachte einen Moment darüber nach und strich ihm dann kurz übers Haar.
Rans Trauer war seiner eigenen zu fremd, als dass er sie wirklich nachvollziehen konnte. Der einzige Mensch, um den er selbst je getrauert hatte, war nie wirklich am Leben gewesen. Er hatte gemerkt wohin ihn das geführt hatte und er wusste, wohin es Ran führen konnte. Dieses Mal war er es, der die Fäden in der Hand hielt und ihm missfiel die Vorstellung, dass er ihnen dadurch viel zu ähnlich war.
Seine Hand hatte sich bei der Schlussfolgerung in Rans Schulter verkrampft, nur kurz, doch der Jüngere fuhr herum, starrte ihn aus geweiteten Augen an. Ran hatte jemand anderen erwartet und lief rot an als er sah, wen er wirklich vor sich hatte.
"Crawford-san..." Das Violett schien sich aufzuhellen und er musste an Schuldigs Worte heute Morgen denken. Es verlief alles wie er es geplant hatte, doch zum ersten Mal fühlte es sich falsch an. Er verdrängte das Gefühl. Für ihn gab es nur ein Ziel und alles andere - jeden anderen - würde er dem unterordnen. Er hatte sich doch noch nie darum gekümmert, welche Folgen sein Handeln für andere haben könnte.
Ran hatte den Blick zur Seite gewandt, die Wangen immer noch gerötet. Es war ihm sichtlich peinlich so von ihm gefunden zu werden, auch wenn er diesmal nicht weinte.
"Ich wusste nicht, dass Sie auch hier sind..." Der zögerliche Anfang eines Gesprächs.
"Takatori-san hatte keine Zeit herzukommen."
Das brachte ihm ungeteilte Aufmerksamkeit, unterlegt mit Verwirrung. "Er wäre es? Nachdem mein Vater..." Ran brach ab, jetzt blass werdend.
Eltern waren nicht immer das, was man von ihnen erwartete. Er hatte das schon früh gelernt, doch für den Rothaarigen war es eine späte und umso härtere Erfahrung gewesen.
"Dein Vater war viele Jahre lang ein zuverlässiger Mitarbeiter." Das war allerdings nicht der Grund, warum Takatori ihn hier haben wollte, dem ging es nur um sein Prestige. Und er selbst hatte noch mal einen völlig anderen Grund. Sich innerlich distanzierend konnte er beobachten, wie der Andere sich anspannte, Wut auszustrahlen begann.
"Warum konnte das nicht so bleiben? Weshalb hat er diese Sachen gemacht? Ich verstehe es einfach nicht!" Es hätte ein Schrei sein sollen, blieb aber ein heiseres Flüstern, das den Jungen fast erstickte.
"Er muss dir viel bedeutet haben." Ansonsten hätte er ihm nicht so wehtun können. Vor diesem Schmerz war er gefeit gewesen. Sein trockenes Lächeln erreichte nie die Lippen.
"Er war mein Vater." Als würde das alles sagen - und das sollte es wohl auch. Ran lehnte sich gegen die Wand, den Kopf nach hinten gelegt sah er zur Decke hinauf. "Er war alles was er sein sollte... Und dann macht er illegale Geschäfte, tötet meine Mutter, versucht es bei meiner Schwester. Es ist, als hätte ich ihn nie gekannt. Woher soll ich wissen, dass nicht alles nur eine einzige große Lüge war - mein ganzes Leben? Und ich kann ihn nicht einmal fragen." Die Wut war zu Verzweiflung geworden. Nach dem Ausbruch schwiegen sie beide.
Immerhin konnte Ran darüber sprechen, statt alles weiter in sich hineinzufressen, er hatte das Schlimmste überstanden. Ob er es nun selbst bemerkte oder nicht. Sein Mitleid hinderte ihn nicht daran, die Situation zu analysieren. Ran war stark genug das Geschehene zu verkraften und er würde Aya am Leben halten. Es reichte, aber er würde ihm trotzdem weiter helfen. Damit er später der Wahrheit ins Gesicht sehen und Rache nehmen konnte - wenn er es wollte. Er wusste, dass er das nicht wirklich für Ran tat, sondern für sich selbst. Und denjenigen, den er verloren hatte.
Ran strich sich durch die Haare, rief sich selbst zur Ordnung. "Entschuldigung..." Ein schmales Lächeln, Eis schimmerte jetzt durch das Violett hindurch.
Seine Mundwinkel rutschten unwillkürlich nach oben. Der Junge war wirklich gut, auch wenn er ab und zu die Selbstbeherrschung verlor. "Möchtest du jetzt mit nach unten kommen?"
"Ja. Ich muss wohl." Der Rotschopf setzte sich ganz auf, rutschte vor zur Bettkante. "Was bringt das alles? Egal wie viele Räucherstäbchen wir anzünden, sie bekommen es sowieso nicht mit. Sie sind weg, für immer."
"Vielleicht hilft es den Leuten richtig Abschied nehmen zu können", bot er als Antwort an, auch wenn er Rans Ansicht war.
Dieser lächelte, etwas verschmitzt diesmal. "Sie klingen, als würden Sie es selbst nicht glauben.
Er lachte beinahe, aber da er sich das nicht erlaubte, blitzte nur etwas in seinen braunen Augen auf. Menschen waren bedeutungslos, wenn sie nicht seinen Zwecken dienten. Es brachte nur Ärger sich zu sehr an jemanden zu binden. Verwandtschaft durch Blut bedeutete ihm grundsätzlich nichts, die des Geistes war wichtiger. Aber er selbst war auch nur ein Mensch und hatte schon Schwäche gezeigt. Weswegen er in dieser Situation gelandet war, Lakai einer Organisation, die genauso wenig Skrupel hätte ihn zu töten, wie er selbst andere. Er verscheuchte die in ihm neu entflammte Wut. Es musste an dem Traum liegen, dass seine Gedanken sich weigerten in geordneten Bahnen zu laufen. Zurück zu Ran. "Darauf werde ich nicht antworten."
Ran hielt sein Lachen nicht zurück und trotz des Ortes und des Zeitpunktes kam es ihnen beiden nicht falsch vor.
"Aber so solltest du dich nicht blicken lassen", kehrte er zum ursprünglichen Thema zurück. Eine Hand legte sich unter Rans Kinn, hob es durch leichten Druck an, so dass Ran gezwungen war ihm voll ins Gesicht zu blicken. "Zeig ihnen, was du kannst."
Ran nickte nur. Er strich ihm einige Strähnen zurück, band ihm die Krawatte neu. Anschließend ordnete er den Kragen und zog das Jackett zurecht. Ran wurde schon wieder rot.
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Als wäre er ein kleines Kind, das sich nicht allein richtig anziehen konnte. Mit dem Gedanken fühlte er erneut Blut in seine Wangen steigen. Trotzdem hielt er still, ließ den Anderen sein Werk beenden. Ja, er würde es ihnen zeigen. Er wollte nicht, dass sie merkten, wie er sich fühlte. Die Übelkeit war verschwunden, die Wut verraucht. Der Nachmittag war um so vieles schlimmer gewesen, dass er auch jetzt alles durchstehen konnte. Seine Miene würde nicht verrutschen, er nicht noch einmal die Flucht ergreifen. Seine Tante und sein Onkel waren ihm nicht nah genug, als dass er sie sehen lassen wollte, was in ihm vorging. Er verstand es noch nicht, aber er begann andere wegzustoßen, aus Angst, wieder verletzt zu werden.
Crawford-san schien auf irgendetwas zu warten, zog ihn dann hoch. Wieder wurde ihm bewusst, wie groß der Ältere war. Es war einschüchternd. Der Gedanke an seinen Vater war wieder da, ehe er es verhindern konnte. Sein Blick tastete die linke Seite des Amerikaners ab. "Sie tragen sie heute nicht, oder?"
Der Andere folgte seinem Blick und zeigte wieder dieses Beinahe-Lächeln. "Nein, hier brauche ich sie nicht." Keinen Moment bestand ein Zweifel, worüber sie redeten.
Er hätte die Waffe gerne einmal gesehen, im Hinterkopf das nagende Wissen darum, wie seine Eltern gestorben war. Es stieß ihn ab und faszinierte ihn nichtsdestotrotz. Nicht heute, aber ganz gewiss an einem anderen Tag würde er Crawford-san fragen.
~TBC~
Aufgrund der Hauptpersonen kann ich gar nicht anders, als dieses Kapitel zu mögen. ^^ Ich hoffe es finden sich ein paar Leute, die sich meiner Meinung anschließen *zwinka* Da ich keine ausführlichen Infos über so eine Zeremonie gefunden habe, wurde nur ein kurzer Rückblick auf die Einäscherung eingebaut... das mit den Knochen, die aus der Asche geholt werden, scheint dort wirklich so abzulaufen *schauder*
cya, cu ^-^ *winkz*