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3 Engelchen für Crowley

von

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Die Bibliothek des Himmels

Die nächsten Tage verliefen ein wenig holprig, aber mehr oder minder nett. Vielleicht wollte man sich dazu hinreißen lassen, die ersten Momente im Himmel als nicht sonderlich Taktvoll zu beschreiben und jetzt war alles gut? Nun das wäre auch nur die halbe Wahrheit, denn es war halt nur nett. Crowley würde sich sicherlich beschweren a la 'Nett ist die kleine Schwester von Scheiße' aber Aziraphale versuchte den Gedanken an den Rothaarigen so gut es ging zu verdrängen. Erfolgreich? Mitnichten! Aber zumindest lenkte die Arbeit ab, in dessen Systeme er sich erst einmal einarbeiten musste.

Aus ein paar Tagen, wurden ein paar Wochen.

Weiterhin gab es die strengen Blicke Michaels, in denen man beinahe so etwas wie Neid ausmachen konnte. Manch ein Engel nickte Aziraphale auf den Fluren sogar mehr oder minder Respektvoll zu, aber die meisten machten einfach lediglich, was man ihnen sagte. Es war sehr distanziert. Nett, aber distanziert.

Es verging abermals etwas Zeit und mittlerweile fühlte sich der oberste Erzengel an den Schreibtisch gekettet, denn man nahm ihm jeden Botengang, jedes Holen einer Akte oder jegliche kurze Konversation ab. Die Einsamkeit war beinahe greifbar. Innerlich zollte er Gabriel ziemlichen Respekt, falls dieser dies hier tatsächlich Jahrtausende so ausgehalten hatte. Aziraphale vermisste die Erde. Vermisste den Kuchen, Tee, Kaffee und vor allem die Crepês. Natürlich war da noch der gute Wein, aber auf Alkohol konnte er auch verzichten. Ein verträumtes Schmatzen lag auf seinen Lippen, als es der Blonde nicht mehr aushielt und schließlich aufstand.

Genau in diesem Moment kam Uriel zu seinem Schreibtisch und wollte irgendetwas. Dieser Erzengel versuchte auch mit ihrem eigenen Vorteil aus jeder Diskussion herauszukommen. Sollte es von Vorteil sein sich Michael anzuschließen, würde sie es tun, sollte Aziraphale mehr Siegeschancen haben so stand Uriel auf seiner Seite. Demnach ein sehr unbeständiges Erzengelchen.

Der Oberste Befehlshaber des Himmels lächelte freundlich, hob einen Zeigefinger und sagte:

„Nein, nicht jetzt, ich muss mir mal die Beine vertreten. Sollte es nur wieder irgend ein Formulierungsfehler sein, den Michael erhascht hat, dann bitte einen Zettel in die Vorschlagbox. Danke.“

„Aber“, versuchte sich Uriel zu Wort zu melden, wurde jedoch nur wieder auf die Box verwiesen, welche von innen deutlich größer war als von Außen.

Außerhalb tauchte plötzlich Sandolphon auf. Aziraphale legte vor Schreck eine Hand auf die Brust und musste sich einen grimmigen Blick gefallen lassen. Auf Nachfragen ging es wohl um irgendwelche Übungseinheiten. Immerhin war dieser Erzengel recht kriegerisch veranlagt. Aber auch hier schaffte es der Blonde sich aus der Affäre zu ziehen und sich an dem Kollegen vorbei zu mogeln.

Als wäre das noch nicht genug sah Aziraphale dann den strengen Blick von Michael den Gang hinunter kommen, allerdings hatte sie ihn noch nicht bemerkt und ein Ausweichen war ganz knapp möglich gewesen. Die Türe durch die Aziraphale geflüchtet war hatte über sich 'ARCHIV' stehen gehabt. Als er sich umblickte sah er lange Reihen an Regalen mit vielen Mappen, Papyrusrollen und sogar Büchern. Sein Herz ging auf, auch wenn das Lächeln auf seinen Lippen ein wenig Wehmut ausstrahlte. Ob Muriel klar kam mit seinem Buchladen? Ob noch alle Bücher da waren? Hatte sie vielleicht versehentlich sogar irgendetwas verschenkt? Waren Diebe da gewesen? Oh – so viele Fragen!

„Oberster.“, eine strenge Stimme von der Seite erhaschte dann doch noch die Aufmerksamkeit des Blonden und abermals zuckte er zusammen. Es war Saraqael, welche, nach ihrem Gesichtsausdruck zu Urteilen, bereits mehrfach versucht hatte Aziraphale anzusprechen. Sein Blick senkte sich entschuldigend.

„Ich... es tut mir Leid.“

„Kann ich irgendwie weiterhelfen?“

Aziraphale schaute zu der Türe hinter sich und dann wieder auf die Kollegin.

„Derzeit... nicht?“

Saraqael verengte den Blick, schien genau in den Obersten Hineinblicken zu können und meinte dann schließlich mit einem Seufzen.

„Bleiben Sie nicht zu lange, diese Bibliothek ist schier endlos, man kann sich leicht verlaufen, Oberster.“, riet sie ihm, als wenn er ein kleiner Babyangel wäre, was ihn doch ein wenig pikierte.

Wieso war ihm diese Räumlichkeit nicht aufgefallen? Nun gut, er war auch zu selten im Himmel gewesen, hatte die Modernisierungen hier halbwegs mitbekommen, aber diese Bibliothek? Es wäre schön gewesen früher davon zu wissen. Er wartete bis sich Saraqael entfernte und er sich ausnahmsweise mal sicher in der Einsamkeit fühlte um den ersten Gang entlang zu streifen. Es war einfach fantastisch! Vielleicht nicht so schnuckelig, schrullig und geschmückt, wie sein Buchladen aber durchaus angenehmer als der helle Büroraum, welcher keinerlei persönliche Note aufwies.

Zwischendrin war immer mal wieder ein Schreibtisch an welchem man Dinge ablegen oder eben herbei- und wieder wegwundern konnte. Das wäre natürlich sehr einfach für den Obersten Erzengel, jedoch holte ihn die Nostalgie ein und er kramte sich ein paar Akten stichprobenartig heraus. Es ging um Pflanzen in dem einen Gang und um Tierarten eine Ecke weiter. Ein Flur war komplett nur die Menschheitsgeschichte, was Aziraphale eher weniger interessierte, hatte er doch zusammen mit Crowley... mh... Ein tiefes Seufzen entkam seiner Kehle bei dem Gedanken an den Dämonen und er fragte sich ob es auch Aufzeichnungen über Dämonologie gab? Wäre sinnig, immerhin waren es einst Engel gewesen.

Somit machte sich Aziraphale auf die Suche nach der entsprechenden Reihe und kam bei der Astronomie vorbei. Vielleicht hinter der nächsten...

Mit einem ziemlichen Rums war er tatsächlich gegen etwas geknallt. War er so unaufmerksam gewesen, dass er gegen ein Regal gestolpert war? Das Stöhnen neben ihm ließ etwas anderes vermuten.

„Oh! Das tut mir Leid, kann ich Dir helfen?“, und er ergriff den Arm des Engels, den er gerade über den Haufen gerannt hatte und dessen ganzes Gesicht mit braunen Haaren bedeckt war.

„Mir war nicht klar, das sich noch jemand hier befindet, obwohl, wenn diese Bibliothek schier endlos ist, hätte ich andere Besucher erwarten sollen.“, nickte er mit einem zaghaften Lächeln und schaute auf den Boden, hob ein paar Sternenkarten und alte Baupläne für Weltraumsektionen auf.

„Interessante Thematik. Wer hat diese angefordert?“, wollte er wissen, immerhin war es altes Zeug. Vielleicht wollte jemand etwas überprüfen oder einen Vorschlag einreichen?

„Uhm... niemand, Sie standen nur falsch... das passiert beim wundern ab und an. Hallo, mein Name ist Yeliel. Eigentlich bin ich der Engel der Kommunikation und Freude, aber mittlerweile braucht man keine Engel mehr als Boten zwischen den einzelnen Abteilungen. Alles läuft recht flüssig... seit dem Personalabbau in diesem Bereich.“, teilte der junge weibliche Engel freimütig mit.

„Und Sie sind?“, erfragte Yeliel und Aziraphale wollte sich gerade höflich vorstellen, als er beim eigenen Namen ein wenig stockte. Würde sie sie zurückweichen, wenn sie hörte wer er war?

„Fürstentum Raphael.“, veränderte er geschwind seinen Namen und gab somit eine Halbwahrheit an die Brünette weiter, die irgendwie ein wenig zu erleichtert schien.

„und wohin wolltest Du die Dokumente bringen?“

„Zu dem Tisch dort?“, antwortete Yeliel zögerlich mit einer Gegenfrage und erhaschte das Interesse des Erzengels.

„Du wolltest sie Dir näher ansehen.“, schlussfolgerte er und fragte sich warum das offensichtlich ein Problem darstellte.

Yeliel nickte und wartete noch einen Moment bevor sie den Mut aufbrachte mit den Papieren an Raphael vorbei zu gehen. Dieser folgte ihr neugierig.

„Was hat denn ganz besonders Dein Interesse geweckt?“

„Ähm... uhm...“, etwas schüchtern sah sie zu dem anderen Engel und schien unsicher. Öffnete dann allerdings die Mappe und zog daran. Der Inhalt wurde in den Raum hinein projiziert. Es war ein wunderschöner Nebel mit vielen kleinen Punkten, welche angehende Sonnen darstellen. Aziraphale brauchte keine zwei Sekunden um zu erkennen wessen Schaffen sie sich hier ansahen. Er schluckte. Die Erinnerungen an das erste Treffen zwischen Crowley und ihm war so präsent, als ob es erst vor wenigen Minuten stattgefunden hatte. Nervös zog der Erzengel die Lippen ein und versuchte die Fassung zu behalten.

Es vergingen einige Minuten, vielleicht sogar beinahe eine Stunde, bis der Blonde schließlich doch nachfragte:

„Wieso ausgerechnet dieser Nebel?“, er bekam keine Antwort.

„Yeliel?“

„Hu?“, schrak die Engelsdame neben ihm zusammen.

„Wieso ausgerechnet dieser Nebel?“, wiederholte Raphael die Frage sanft.

„Der Engel der diesen gemacht hat, war einfach wundervoll kreativ, er wusste genau wie er die jeweiligen Elemente mischen musste, dass sie sich entsprechend ausdehnten, es war eine absolut perfekte Ordnung, bis das Chaos beigemischt wurde und das hier entstand. Eine hervorragende Formel. Auch an anderen Projekten habe ich seine Signatur gesehen und jedes davon war und ist wunderschön zu beobachten.“, schwärmte Yeliel von dem was Crowley als Engel einst geleistet hat, was eine gewisse Wärme in dem Blonden auslöste.

„Warum schaust Du Dir den Nebel nicht in der Realität an?“, fragte Raphael dann interessiert nach. Für einen Engel sollte es kein Problem sein. Sie waren Wesen, die nicht unbedingt atmen mussten und konnten demnach sich auch auf Planeten aufhalten, die keine Atmosphäre hatten. Wahlweise war das All auch sehr schön und vor allem ruhig.

Yeliel ließ abrupt den Kopf hängen, packte kurz darauf die Projektion wieder ein und nahm die Akten auf ihren Arm.

„Das geht nicht.“

„Warum nicht?“

„Ich kann nicht.“

„Aber ich habe doch Deine funkelnden Augen gesehen Yeliel, Du möchtest gerne...“

„Ja, aber es geht nicht, ich habe hier außerdem noch zu tun, bitte entschuldige.“, mit diesen Worten machte sich die junge Dame auf in die Regale und Aziraphale seufzte leicht. Er wollte gerne wissen was los ist und wenn sie hier war, dann unterstand sie möglicherweise Saraqael. Vielleicht sollte er also den entsprechenden Erzengel ausfragen? Nein, am Ende würde Yeliel wohl noch irgendwie Ärger bekommen. Oder schlimmer noch, sie würde nicht mehr mit ihm reden, weil rauskäme, dass er der Oberste Befehlshaber war. Vielleicht würde ein Besuch ein paar Tage später nochmal zu einem Gespräch führen? Denn dem Blonden wurde bewusst, dass er auch schon sehr lange fort von seinem Posten war.



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