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Neue (und alte) Abenteuer

Szenen, die es nicht in die Hauptfic geschafft haben
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Einen schönen Sonntagabend euch allen,

ich glaube, dass letzte Update ist schon ein bisschen her... aber das heißt nicht, dass nicht noch viele Kapitel kommen, denn es werden immer nur mehr, obwohl ich gefühlt gar keine Zeit zum Schreiben habe^^' (Dem Handy und euren genialen Ideen sei Dank ;-))

Daher viel Spaß mit dem nächsten Kapitel und ganz liebe Grüße Komplett anzeigen

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Extrakapitel 12 - Der Anfang einer Ära

Nach dem ersten Kampf

 

-Mihawk-

„Zorro, was tust du hier? Du bist schwer verletzt und solltest dich…“

„Wie geht es ihm, Chopper?“

„… Den Umständen entsprechend. Er schläft momentan. Nein, du darfst da jetzt nicht… sei wenigstens leise, okay?“

Beinahe lautlos ging die Türe zum Krankenzimmer auf und im Dunkeln des Zimmers trat der andere herein, schloss die Türe bedächtig hinter sich.

„Welch eine Ehre“, flüsterte Dulacre müde, „der beste Schwertkämpfer der Welt.“

Die Gestalt in den Schatten erstarrte einen Moment.

„Du bist wach“, murmelte Lorenor dann nur, ehe er zum Schreibtisch hinüberging und die kleine Tischlampe anschaltete anstelle des grellen Deckenlichts. Nun konnte Dulacre die sanfte Röte auf den ansonsten bleichen Wangen des Jüngeren sehen. „Wie geht es dir?“

„Gespalten“, entgegnete er mit einem leisen Schmunzeln.

„Soll das etwa ein Wortwitz sein?“, murrte Lorenor und ließ sich mit einem schwerfälligen Grunzen auf den Bürostuhl fallen. „Mann, ich werde mich wohl nie daran gewöhnen, dich hier liegen zu sehen.“

„Sagte er, nachdem er mich eigenhändig beinahe zweigeteilt hat.“

„Hör auf damit.“ Der andere trat leicht gegen den Bettkasten, doch obwohl er die Arme verschränkte, konnte er das Zucken der Mundwinkel nicht verstecken. „Ist ja nicht so, als ob du nicht auch ordentlich ausgeteilt hättest. Als du mir beide Schwerter aus den Händen gerissen hast, war ich schon bereit, abzudanken.“

„Ja, da warst du unaufmerksam. So etwas sollte dir nicht nochmal passieren. Das nächste Mal könnte dich ein solcher Fehler den Sieg kosten, zumindest, wenn du gegen mich kämpfst.“ Er zögerte kurz. „Jedenfalls hoffe ich, dass du noch einmal gegen mich kämpfen wirst?“

Noch einmal?“, wiederholte Lorenor schroff. „Willst du mich verarschen? Das war gerade mal unser erster richtiger Kampf und ich beabsichtige, dich noch 999 weitere Male zu…“

Er erstarrte und senkte den Blick, versteckte unbewusst sein Gesicht in den Schatten, nicht dass es Dulacre störte; er konnte seine Mimik auch so gut genug erkennen. Er konnte sehen, wie es in Lorenor arbeitete, als er wohl verstand, was geschehen war. Doch nach Sekunden schwieg er immer noch und Dulacre entschied, dass er das Grübeln des anderen unterbrechen musste.

„Nun Lorenor, warum bist du hergekommen? Doktor Chopper hat Recht, wir beide brauchen Ruhe, es war ein harter Kampf, und normalerweise würdest du mit solchen Verletzungen tagelang durchschlafen. Es scheint also sehr wichtig zu sein, oder?“

Lorenor nickte, betrachtete immer noch seine bandagierten Hände, überhaupt nicht in der Stimmung, die Dulacre erwartet hatte. Er hatte einen überglücklichen, vielleicht sogar einen übermütigen Lorenor erwartet, geprägt von Stolz und vielleicht sogar etwas hart erarbeiteter Überheblichkeit, aber was ihm begegnete, waren Demut und Zurückhaltung. Es war doch immer wieder besonders, wie dieser junge Mann seine Erwartungen Lügen strafen konnte.

„Bist du glücklich?“

Überrascht sah er den anderen an. Was für eine naive, ja fast schon törichte Frage. Er wollte auflachen, besah sich jedoch eines Besseren, wusste, dass Lorenor dies falsch verstehen würde, als ein Auslachen verstehen würde, und gerade schien er viel zu ernst für jegliche Neckerei.

„Lorenor, diese Frage sollte wohl eher ich dir stellen, schließlich hast du…“

„Ja, ich habe dich besiegt“, sprach er, nicht mit Stolz in der Stimme, sondern mit einer Anspannung, als ob der wahre Kampf noch bevorstehen würde, „und es ist alles, was ich… Aber ich kann nicht - noch nicht - vorher… Was ist denn jetzt mit dir? Dir sind Titel doch so viel wichtiger als mir und du…“

„Lorenor“, unterbrach er den anderen und versuchte sich aufzurichten, aber sein Körper wollte ihm nicht gehorchen und er grunzte schmerzerfüllt auf.

„Hey, hey, beweg dich nicht“, kam es von Lorenor selten alarmiert, lehnte sich nach vorne, nah genug, dass Dulacre seinen Unterarm greifen konnte, während Lorenor ihn an der Schulter sanft ins Bett drückte.

„Hör mir zu“, sagte er, merkte die unangenehmen Schmerzen in seinem ganzen Oberkörper, und zog den anderen mehr zu sich, da er wirklich nicht in der Lage war, sich aufzurichten, „hör mir zu, Lorenor, bitte.“

Der Jüngere nickte und umschloss nun ebenfalls Dulacres Unterarm.

„Lass es mich dir ganz deutlich sagen, damit du mich auf keinen Fall missverstehst: Deine Frage ist blanker Unsinn, denn wie könnte ich gerade nicht glücklich sein?“

Die misstrauischen Furchen auf Lorenors Stirn vertieften sich, aber ansonsten blickte er stoisch drein, wie so oft, wenn er seine Emotionen unter Kontrolle hielt. Dulacre wunderte sich, was wohl in diesem Kopf vorging.

„Ja, ich habe verloren“, sprach er weiter, „diesen Kampf und meinen Titel, aber glaube mir, dass es das wert gewesen ist. Zu sehen, was für ein Schwertmeister du geworden bist. Übertroffen von meinem Schüler, besiegt von meinem Sozius, ich bin unglaublich glücklich, Lorenor. Und zwar nicht nur, weil ich dabei war, wie du deinen Traum verwirklichen konntest, sondern auch, weil der meine Wirklichkeit geworden ist.“

„Zu verlieren?“, fragte Lorenor mit ungläubiger Heiserkeit. „Ach, komm schon, das soll ich dir abkaufen?“

„Mach dich nicht lächerlich, verlieren wollte ich natürlich nicht, aber dieser Kampf…, er war mir das Risiko wert, zu verlieren.“

Er konnte nicht verhindern zu lächeln, obwohl Lorenor ihn zweifelnd ansah und dabei den Kopf schüttelte. Wie sollte er auch wissen, was Dulacre gerade fühlte, schließlich hatte er es nie erleben müssen. Vermutlich glaubte er, dass Dulacre sich seinetwegen zurücknahm. Was für ein kindlicher, naiver Gedanke, und oh, so falsch.

„Mein kleiner, naiver Wildfang, du musst verstehen, wie lange ich auf diesen Tag hier gewartet habe, auf den Tag, an dem ich endlich einem Schwertkämpfer gegenüberstehe, der es mir erlaubt, so zu kämpfen, wie ich es mir immer erträumt habe. Bis heute war diese Art des Kampfes nicht mehr als ein Wunsch, den jeder andere als realitätsfern und absurd abgetan hat, den selbst meine Schwester nie mehr als erahnen aber nie erleben konnte.“ Er griff den anderen fester, um ihm die Bedeutung so klar wie möglich zu machen, die Dringlichkeit so deutlich wie möglich zu zeigen. „Lorenor, ich wurde nur aus einem einzigen Grund Schwertkämpfer. Nicht wegen meiner Familie, nicht mal wegen meiner Schwester, sondern nur wegen dieser Vorstellung eines Kampfes, die nicht mehr war als reine Fantasie. Ich wurde nur Schwertkämpfer, weil ich diese Art des Kampfes – und zwar nur diese Art des Kampfes! - die bis heute nicht mal existiert hat, immer schon geliebt habe. Endlich konnte ich das tun, was ich liebe, so kämpfen, wie ich es liebe. Du bist der Beweis und der Grund dafür, dass der Weg meines Lebens, den ich eingeschlagen habe, meine Entscheidung ein Schwertkämpfer zu werden, keine Zeitverschwendung war. Ja, ich habe verloren, und ich hasse es zu verlieren, aber für diesen Kampf heute… ich habe die letzten dreißig Jahre nur überlebt, um heute gegen dich kämpfen zu können.“

Lorenor schüttelte den Kopf, senkte den Blick, verbarg sein Gesicht in den Schatten, dennoch konnte Dulacre problemlos sehen, wie er um seinen stoischen Ausdruck kämpfte. Doch diesen Kampf würde er früher oder später wohl verlieren.

„Okay, heute bist du also glücklich, weil du kämpfen konntest wie noch nie zuvor“, entgegnete er, fast schon kühl, fast schon ablehnend, als ob Dulacres Worte eher bedrohlich als besänftigend wirkten. „Aber was ist mit morgen? Ich kenne dich doch, heute mag es dir den Preis wert gewesen sein, aber was ist, sobald die Euphorie nachlässt, das Adrenalin? Wirst du morgen noch glücklich darüber sein, verloren zu haben, deinen Titel verloren zu haben? Du hasst es zu verlieren, du liebst deine Titel und ich… Jemand, der es so sehr hasst zu verlieren wie du… wirst du es mir nicht ewig übelnehmen?“

Für einen Moment wusste er nicht, was er sagen sollte, und er verfluchte seinen Körper, dass er ihm nicht gehorchen wollte. Es war beinahe lächerlich, dass Lorenor ihn trotz all seiner deutlichen Worte immer noch nicht verstand. Oh nein, es war nicht, dass er nicht verstand, er glaubte Dulacre schlicht nicht, zweifelte seine Worte an, begegnete ihm mit Misstrauen.

Und dennoch hatten Lorenors Worte auch etwas Rührendes, der sich in genau diesem Moment, wo er doch einfach nur Glück und Freude empfinden sollte, solche Gedanken machte, wieder einmal hatte Dulacre ihn unterschätzt.

„Lorenor“, sprach er sanft aus und rieb mit seinem Daumen über den Unterarm des anderen in Ermangelung anderer Gesten der Zuneigung, die sein Körper ihm derzeit versagte, „sag, liebst du mich noch?“

„Ja“, antwortete der andere, ohne jedwedes Zögern, ohne jedwede Zweifel, aber mit einer Absolution, die Dulacre fast schon verunsicherte.

„Dann brauchst du dir keine Gedanken zu machen, weder vor morgen noch vor jeden darauffolgenden Tag. Es stimmt, vielleicht werde ich mich darüber ärgern, nicht mehr den Respekt, den ich zweifelsohne verdiene, als bester Schwertkämpfer der Welt zu erhalten. Vielleicht werde ich ein schlechter Verlierer sein, wenn deine Crew oder Rothaar dumme Scherze machen, das möchte ich alles nicht abstreiten. Mit Sicherheit wird meine Eitelkeit es meinem Kampfeswillen an manchen Tagen übelnehmen, dass ich mir meinen eigenen Untergang kultiviert habe.“

„Musst du es so dramatisch ausdrücken?“, entgegnete der andere schroff.

„Aber trotz allem möchte ich, dass du dir einer Sache ganz gewiss sein kannst.“ Vorsichtig tastete er den bandagierten Arm des anderen hinauf und hielt Lorenors Schulter, ein simpler Akt, aber zu mehr war er bei seinen derzeitigen Kräften nicht im Stande. „Ganz gleich, was die Zukunft bringt, sei dir gewiss, dass solange du mich liebst, solange ist mir egal, was ich verliere, was ich hergeben muss, meine Titel, meinen Namen, mein Vermögen, es ist mir einerlei. Solange du mich liebst, könnte ich durch die Hölle gehen und mich immer noch glücklich schätzen. Ich bin lieber ein Niemand an deiner Seite, als der Mann, der ich war, bevor ich dich kennengelernt habe.“

Er konnte sehen, dass Lorenor nicht wusste, wie er mit diesen Worten umzugehen hatte, doch noch seltsamer war, dass er es nicht schaffte, Dulacres Blick standzuhalten, sondern den Kopf senkte. Ob er Dulacres Worten wirklich keinen Glauben schenken konnte? Verwunderlich wäre es wohl nicht, schließlich hatte Dulacre ihn ja schon so oft manipuliert, aber vielleicht irrte er auch. Wie so oft, viel es ihm schwer, Lorenor zu lesen. Dulacre wusste schlicht nicht, was der andere dachte, aber mittlerweile wusste er, dass er selbst in diesen Momenten klare Worte finden musste.

„Ich hasse es zu verlieren, aber was sagt das über meine Gefühle für denjenigen aus, gegen den ich verloren habe, fragst du? Ich liebe ihn, vielleicht noch mehr als zuvor, und wäre mein Körper dazu in der Lage, würde ich mich nun vor ihm verneigen und ihm den Respekt zollen, den er verdient. Ich mag die Niederlage hassen, aber oh, wie sehr liebe ich den Gewinner. Ich könnte dir nie übelnehmen, dass du das wurdest, was ich schon immer in dir gesehen habe. Und solange du mich liebst, werde ich jede Niederlage, die noch kommen mag, überwinden.“

Lorenor sah auf, sah ihn viel zu ernsthaft an, für die Sanftheit in Dulacres Worten, dann griff er Dulacres Hand auf seiner Schulter, beugte sich weiter vor, hielt sich mit einer Hand seine zweifellos schmerzende Seite, und sah ihn einfach nur an.

„Ich hab’s dir doch gesagt, ich liebe dich“, flüsterte er beinahe schon drohend, „also wehe, du vergisst das.“

Dulacre betrachtete sein Handgelenk, das der andere im Rhythmus zu seinen Worten feste drückte. Mit einem Mal fiel es ihm überraschend schwer, die Contenance zu wahren. Einst hatte er sich diese Worte ersehnt, hatte aber nie geglaubt, sie je zu hören. Einst war es ein hoffnungsloser Wunsch gewesen, doch selbst danach hatte er darin nicht mehr als einen kindischen Tagtraum gesehen. War zufrieden gewesen mit dem, was er gehabt hatte, war es doch so viel mehr gewesen, als er sich je hatte erhoffen können. Doch nun sagte Lorenor diese Worte, nun erfüllte Lorenor ihm diese zwei nie erhofften Sehnsüchte an nur einem Tag.

Es war fast zu schön, um wahr zu sein und genau dies ließ Dualcre zweifeln. Wenn er ehrlich war, waren die vergangenen Stunden nicht nur für ihn emotional gewesen, schließlich hatte Lorenor sein ganzes Leben auf jenen Tag hingearbietet und die Euphorie der vergangenen Stunden trübte möglicherweise seine Wahrnehmung.

„Nun ja, das musstest du ja jetzt auch sagen“, entgegnete Dulacre also zurückhaltend, „nachdem ich dich so in die Pflicht ge…“

„Halt die Klappe!“ Wütend starrte Lorenor ihn an, die Unsicherheit von vorher in Luft aufgelöst. „Dreh mir meine Worte nicht im Mund herum, nur weil du nicht mit ihnen umgehen kannst, verstanden?“

„Vergib mir“, gab er nach, entschied, nicht die Diskussion zu suchen, dass Lorenor zuvor genau dasselbe getan hatte. „Aber jetzt, da wir meine Gefühle zu genüge erörtert und unnötige Zweifel zerstreut haben, lass uns über dich reden. Lorenor, sag mir, was fühlst du?“

Die Augen des anderen wurden groß, als ob ihm erst jetzt wieder bewusstwurde, warum sie dieses Gespräch führten. Vermutlich war es genau das und dieser Blick der Überraschung brachte Dulacre zum Schmunzeln.

„Sag mir, bist du glücklich, oh bester Schwertkämpfer der Welt?“

Ein Beben schien durch Lorenors Körper zu gehen und einen Moment glitt sein Blick hinab auf Dulacres zerschundene Brust und dann auf seine eigene freie Hand, während er mit der anderen Dulacres immer noch festdrückte, vielleicht sogar noch fester als zuvor. Es schien, als würde er doch jetzt erst begreifen, was geschehen war. Dulacre konnte ihm regelrecht ansehen, wie der Kampf, der erst vor wenigen Stunden geendet hatte, vor seinem inneren Augen Revue passierte.

„Ja“, flüsterte er, aber seine Stimme war kraftvoll und selbstsicher, so wie Dulacre es erwartet hatte, „ja, ich denke… ich denke, ich bin glücklich, wirklich glücklich.“

Und dann brachen die Dämme, die er bisher noch so stoisch gehalten hatte, als er Dulacre dieses seltene breite Lächeln schenkte und Tränen seine Wangen hinunterliefen.

„Ich… ich habe es geschafft!“, lachte er so verwundert auf, als ob er selbst es gerade erst erfahren hätte, als ob Dulacre es nicht längst wüsste, als ob nicht jeder an Bord dieses kleinen Schiffes es wüsste. „Ich habe dich endlich besiegt! Ich bin… ich bin…“

Er fuhr sich durchs Haar und presste dann seine freie Hand auf den Mund, als ihm die Stimme versagte und die Tränen weiter ungehindert liefen.

„Sprich es ruhig aus.“

Für einen Moment sah Lorenor ihn einfach nur an, dann straffe er seine Schulter und rieb die Tränen aus seinem Gesicht.

„Ich bin Lorenor Zorro“, sprach er so klar, dass sich Dulacres Nackenhaare aufstellten, „bester Schwertkämpfer… der Welt.“

Eine einzelne Träne stahl sich aus Dulacres Auge, als er die Wärme in seiner Brust nicht mehr einsperren konnte. Immer noch hielt Lorenor Dulacres Hand an Ort und Stelle, und so konnte er diesen beständigen, starken Puls spüren, den seine noch stumpfen Sinne sonst überhört hätten.

Sie sahen einander einfach nur an, Worte unnötig, während Lorenor seine Hand hielt und er nicht mal mehr versuchte, seine Mimik zu kontrollieren, Augen und Wangen gerötet und Dulacre wusste, dass er selbst kaum besser aussehen konnte, blass und geschwächt von ihrem Kampf.

In Stille waren sie da, wer weiß für wie lange, und erlaubten einander Einlass, erlaubten einander wahrzunehmen, in Stille wahrzunehmen.

„Du solltest dich etwas ausruhen“, murmelte Dulacre nach einer Weile, als er bemerkte, wie Lorenor sich leicht verkrampfte, „geh schlafen. Wir können morgen über heute reden, aber wir sind beide verletzt und auch, wenn du nun der Stärkere bist, so solltest du es nicht übertreiben, in Ordnung?“

Der andere lachte leise auf.

„Um ehrlich zu sein, habe ich keine Ahnung, wie ich es eben überhaupt bis nach hier geschafft habe“, gestand er mit einem schiefen Grinsen ein. „Ich bin so kaputt, ich kann mich kaum auf diesem Stuhl hier halten. Keine Ahnung, wie ich es in meine Koje oder zurück in Lysops Werkstatt schaffen soll.“

„So töricht“, seufzte Dulacre und rollte mit den Augen. „Ich würde dir ja anbieten, mein Bett mit dir zu teilen, aber selbst für mich alleine ist es kaum ausreichend und ich kann mich nicht wirklich rühren. Ich glaube nicht, dass ich es schaffe, mich groß zu bewegen.“

Er beobachtete, wie Lorenor ihn musterte.

„Ich kann mich einfach nicht daran gewöhnen, dich so zu sehen“, wiederholte dieser seine Worte vom Beginn ihres Gespräches.

„Solltest du aber, mein lieber Lorenor, schließlich bin auch ich nur ein Mensch, und sollten wir noch öfters die Klingen kreuzen, werde ich auch noch öfters in diesem bedauernswerten Zustand sein, so sehr es uns beiden missfallen mag.“ Er zögerte für einen Moment, ehe er entschied, eine weitere Unsicherheit zu äußern. „Außerdem bin ich deutlich älter als du und sollte ich nicht im Kampf fallen, so wird irgendwann der Tag kommen, dass du mich öfters so – und vielleicht sogar in noch viel erbärmlicheren Situationen – erleben wirst. Außer natürlich, wenn du…“

„Dann werde ich mich dran gewöhnen“, unterbrach Lorenor ihn und er packte Dulacres Hand noch fester, zog sie scheinbar unbewusst auf seine Brust. „Denn ich will noch ganz oft gegen dich kämpfen, aber ob Kampf oder kein Kampf, so schnell wirst du mich nicht mehr los, ganz gleich wie erbärmlich dein Zustand.“

Lorenor schloss seine Augen und senkte seinen Kopf, streifte dabei Dulacres Finger. Ob ihm bewusst war, wie innig diese Geste war? Vermutlich nicht. So wie er vermutlich nicht mal ahnte, wie sprachlos diese Worte Dulacre machten, wie fassungslos, wie wehrlos.

„Du sagtest mir einst, dass du dir manchmal wünschen würdest, dass ich egoistischer wäre, weil es deine Gefühle für mich erträglicher machen würde“, sprach Lorenor dann weiter, aber nun nicht mehr so hart und unumstößlich, sondern eher nachdenklich und ruhig.

„Aber, Lorenor, was ich damals meinte, war…“

„Darf ich dich um eine sehr egoistische Sache bitten?“ Lorenors Augen funkelten im Licht der Tischlampe, als er Dulacres Hand leicht sinken ließ. „Kannst du für mich den Weg eines ehrenwerten Schwertkämpfers verlassen?“

Ernst sahen sie einander an.

„Kannst du für mich, wenn der Tag gekommen ist, dem Kampf auf Leben und Tod abdanken und zurücktreten? Ich weiß, ich verlange viel, wenn ich dir das würdevolle Ende eines Schwertkämpfers verwehre, aber ich…“

„Ja“, antwortete er, als dem anderen die Worte begannen schwerzufallen, „ich kann.“

Ungläubig starrte Lorenor ihn an, da dieser Weg für ihn selbst unvorstellbar war, so wie diese Vorstellung vor zwanzig Jahren für Dulacre noch unvorstellbar gewesen wäre.

„Aber…“

„Lorenor.“ Er drückte die Hand, die seine so fest hielt, „ich werde nichts tun, was mir Zeit mit dir nehmen könnte, und wenn du es ertragen kannst, dass ich irgendwann alt und schwach werde, wenn du mich selbst dann noch lieben kannst, wenn ich kein Schwert mehr halten können sollte, dann…“

„Werde ich“, flüsterte Lorenor mit einer Kraft, die Dulacre nicht begreifen konnte. Schmunzelnd zuckte er mit den Schultern.

„Dann brauche ich keine Ehre, Lorenor, dann brauche ich keine Würde, dann werde ich wohl irgendwann zufrieden und an Altersschwäche sterben. Ist das in Ordnung für dich?“

Lorenor nickte, obwohl es doch eigentlich eine rhetorische Frage gewesen war.

„Gut, dennoch solltest du jetzt wirklich etwas schlafen, du siehst…“

Er unterbrach sich, als es an der Türe zum Deck hin klopfte. Obwohl es schon späte Nacht war, steckte plötzlich der Kapitän der Strohhüte den Kopf hinein, ein selten moderates Lächeln auf den Lippen.

„Ruffy, was machst du noch hier?“, flüsterte Lorenor ganz überrascht. „Du wolltest doch schlafen gehen.“

Nun grinste der Strohhut breit.

„Nah, schon gut, ich hatte Nachtwache.“

„Du hattest…? Du hast nie Nachtwache“, entgegnete Lorenor misstrauisch.

Der Strohhut zuckte daraufhin nur mit den Schultern.

„Sanji ist gerade aufgestanden und wenn Chopper erfährt, dass ihr die ganze Nacht durch geredet habt…“ Er grinste nun noch breiter. „Daher hab ich mir gedacht, ich hol dich ab, Zorro.“

Einen Moment musterte Dulacre den Strohhut, der dann seinem Blick begegnete, ohne dass sich an seiner Mimik irgendetwas veränderte.

„Du solltest tun, was dein Kapitän sagt, Lorenor“, entschied er, ehe Lorenor reagieren konnte. „Wir können später reden.“

Für einen Moment sah Lorenor zwischen ihm und seinem Kapitän hin und her, dann schien er sich geschlagen zu geben, denn er nickte mit einem leisen Seufzen.

„Meinetwegen“, murmelte er, ehe er Dulacres Hand noch einmal drückte und sie dann vorsichtig zurück aufs Bett legte. „Dann reden wir später weiter.“

„Mhm, und Lorenor, wie wäre es mit einem Kuss für den Verlierer?“ Er zwinkerte dem Jüngeren zu, der überrascht den Mund öffnete.

„Du bist so komisch“, murrte er dann, erhob sich schwerfällig unter einem Grunzen, ehe er sich auf den Bettkasten abstützte und zu Dulacre hinabbeugte. Für einen feinen Moment verweilten diese rauen Lippen auf den seinen und er genoss die Wärme des anderen, genoss die Nähe des anderen. Als er die Augen öffnete, konnte er sehen, wie Lorenor ihn beobachtete, noch einen Moment, ehe er den Kontakt unterbrach. „Versprich mir, dass mein Sieg nichts ändern wird.“

„Natürlich wird er einiges verändern, Lorenor“, entgegnete er schmunzelnd und hob erschöpft beide Hände an, um das Gesicht des anderen einzurahmen, was Lorenor geschehen ließ, „und das ist gut so. Du bist jetzt der beste Schwertkämpfer der Welt, es wäre traurig, wenn sich nichts dadurch ändern würde.“

Lorenor wandte den Blick ab.

„Aber diese Veränderung solltest du nicht fürchten, schließlich hast du so hart auf diesen Traum hingearbeitet. Dieser Sieg wird dich nichts kosten, weder deinen Kapitän noch deine Crew und auch nicht mich. Die Dinge mögen sich jetzt etwas verändern, aber vertrau mir, darauf solltest du dich freuen.“ Vorsichtig zog er Lorenor zu sich hinab und gab ihn einen Kuss auf die Stirn. „Und jetzt geh schlafen, mein kleiner Wildfang, ehe Doktor Chopper noch einen Herzinfarkt erleidet.“

Der andere gehorchte, doch als er sich erhob, gaben seine Beine unter ihm nach. Im nächsten Moment stand der Strohhut neben ihm, einen Arm über seine Schulter gezogen, und hielt Lorenor fest im Griff, sein breites Grinsen auf den Lippen.

„Nacht Falki“, lachte er leise.

„Gute Nacht, Strohhut.“

Einen Moment noch begegnete er dem Blick seines Sozius, dann knipste der Strohhut die Nachttischlampe aus und nahm Lorenor mit sich.

Als sie durch die Tür gingen, konnte Dulacre noch deutlich die Worte des Strohhutes hören.

„Und?“

„Ja“, kam es von Lorenor ruhig. „Jetzt bin ich bereit.“

„Shishishi, sehr schön“, lachte der Strohhut beim Türe zuziehen. „Dann feiern wir heute Abend. Wir müssen doch anstoßen! Nicht wahr, bester Schwertkämpfer der Welt?“

„Aye, zukünftiger König der Piraten.“

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: RuffysKreationen
2023-02-13T15:32:33+00:00 13.02.2023 16:32
Vielleicht etwas schnulzig, aber ich habe gelernt, dass Mihawk bei dir so ist XD und immer etwas überdramatisierend und ausschweifend %)
Aber ein schönes Ende! :)
Antwort von:  Sharry
12.03.2023 16:49
Hallihallö^^
freut mich, ddass dir zumindest das Ende gefällt. Ich muss gestehen, dass er mir selbst auch etwas sehr... kitschig wurde (aber meine Betaleserin hat mich überzeugt, dass es noch okay ist^^'). Und auch, wenn ich manchmal davon ähnlich genervt bin wie Zorro, macht mir diese überdramatische Ader manchmal auch richtig Spaß (und ich bin immer noch sehr gespannt darauf, mehr von Mihawk im Canon zu sehen)
Ganz liebe Grüße^^


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