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Sieben Jahre Freiheit

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Sieben Jahre Freiheit

Unsicher hob Frisk die kleine, bunte Kette an ihrem Hals, betrachtete sich im Spiegel und kaute auf ihrer Unterlippe. Versuchte, sich aus verschiedenen Blickrichtungen zu betrachten, nahm die Kette weg, nur um sie wenige Sekunden später wieder an die gleiche Stelle hinzuhalten. So ging es mehrere Male und erst, als Frisk hinter sich ein leises Räuspern hörte, wurde ihr bewusst, dass sie nicht mehr alleine im Raum war.

„Mein Kind, das Kleid steht dir wirklich ausgezeichnet“, sagte Toriel glücklich, während sie Frisks Spiegelbild betrachtete. „Ich bin sehr froh, dass ich dir beim Heraussuchen helfen durfte. Es betont deine blauen Augen sehr, sie leuchten damit so schön.“

Frisk betrachtete nun ebenfalls ihre Augen und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Dann drehte sie sich zu Toriel um.

„Mama, kannst du mir bitte nochmal helfen? Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich diese Kette hier anziehen soll… sie sieht schön aus, aber ich bin mir nicht sicher. Es könnte auch ein wenig protzig sein. Ein bisschen zu übertrieben“, sprach Frisk ihre Unsicherheit aus. Mit einem sanften Griff nahm Toriel die Kette an sich, betrachtete sie und schüttelte mit dem Kopf.

„Frisk, ich bin mir sicher, dass du mit dieser Kette fantastisch aussehen wirst. Es wird dein kleines Highlight deines gesamten Outfits sein. Sie passt so gut zu deiner weiblichen Seite und genau diese möchtest du doch heute betonen, nicht wahr? Sieh doch mal, wenn du sie dir erst einmal umgehängt hast, dann kannst du dir ein viel besseres Bild machen.“

Toriel öffnete den Verschluss der Kette, legte diese Frisk um und verschloss sie wieder. Kaum war sie mit ihrem Werk fertig, ging sie ein paar Schritte zurück.

„Ach Mama, du musst nicht gleich zu weinen anfangen, bitte“, sagte Frisk peinlich berührt, doch da wischte Toriel bereits mit ihrer Pfote über ihren Augen.

„Verzeih mir, mein Kind, aber du siehst wirklich unglaublich schön aus. Heute bist du eine edle Schönheit! Wobei der Anzug vor drei Wochen auch nicht schlecht war… halte still, mein Kind, ich muss das unbedingt festhalten!“

Sofort rannte Toriel aus Frisks Zimmer heraus, nur um wenige Augenblicke mit ihrem Handy zurückzukehren. Frisk gab sich die größte Mühe, ein Lächeln für die Kamera hinzubekommen, während Toriel Probleme damit hatte, ein Foto zu schießen.

„Moment, ich muss nur versuchen, diesen Knopf zu treffen. Mit so großen Fingern ist das alles andere als einfach. Aber ich denke… ja, ich denke, ich habe es hinbekommen. Das kommt sofort in meine Sammlung. Sobald mir Alphys wieder damit geholfen hat“, fügte sie schnell hinzu und steckte das Handy in ihre kleine Handtasche ein.

„Vergiss nicht, deine Sandalen anzuziehen und wenn du möchtest, kannst du dir von mir den großen, hellen Strohhut borgen, der würde sicherlich gut zu deinem blauen Kleid passen. Zumal laut Wetterbericht die UV-Strahlen derzeit aggressiver sein sollen als üblich, damit würdest du dir keinen Sonnenbrand oder Hitzestich holen.“

Frisk warf einen letzten Blick auf den Spiegel, bevor sie ihre Kette betrachtete.

„Danke, Mama, das werde ich machen“, sagte sie, ging in den Flur und holte sich die besagten Gegenstände. Kaum hatte sie sich die Sandalen über die nackten Füße gestreift und sich den Sonnenhut aufgesetzt, darauf achtend, das ihre Frisur nach wie vor saß, als es an der Tür klingelte.

„Das werden Undyne und Papyrus sein, pünktlich auf die Minute“, sagte Toriel, bevor sie ihren Freunden die Tür öffnete. Sofort wurden die beiden von einem breiten Grinsen begrüßt.

„Hey, Toriel, starkes Kleid, das muss man dir schon lassen! Und hey, Frisk, deins erst, das haut mich richtig um. Aber du kannst anziehen, was du möchtest, du rockst jedes Outfit“, rief Undyne den Dreemurrs zu, welche beide leicht erröteten.

„NUN, ICH MUSS UNDYNE ZUSTIMMEN, DIE BEIDEN HABEN SICH WIRKLICH SEHR HERAUSGEPUTZT. HIER WAREN WAHRE EXPERTEN AM WERK. ICH KANN VOLLER STOLZ VON MIR BEHAUPTEN, AN DER ERFOLGREICHEN SUCHE NACH EINEM PASSENDEN KLEID FÜR FRISK BETEILIGT GEWESEN ZU SEIN!“, sagte Papyrus voller Überzeugung und mit Stolz geschwelltem Brustkorb.

„Oh, vielen Dank euch beiden, eure Komplimente ehren uns. Und wir können sie nur zurückgeben, euch beiden stehen die Anzüge ausgezeichnet!“, gab Toriel zurück. Woraufhin Papyrus‘ Augen zu strahlen begannen und Undyne stolz zu grinsen.

„UNDYNE, VERGISS NICHT, DASS DU UNSEREM FREUND EIN GESCHENK MITGEBRACHT HAST!“, sagte Papyrus, bevor er halbsanft von Undynes Ellenbogen angerempelt wurde. Anschließend sah sie auf Frisks pinkes Armband hinab, Papyrus folgte ihrem Blick und erstarrte auf der Stelle.

„OH; ICH BITTE AUFRICHTIG UM VERZEIHUNG, FRISK, ABER ICH HABE NICHT BEMERKT, DASS DU DAS ARMBAND IN DER ZWISCHENZEIT GEWECHSELT HAST. DABEI SOLLTEN DEM GROSSARTIGEN PAPYRUS DERARTIGE DETAILS NIEMALS ENTGEHEN! ICH GELOBE BESSERUNG UND WERDE VON NUN AN DARAUF ACHTEN, STETS DIE RICHTIGE ANREDE FÜR DICH ZU VERWENDEN!“

„Danke, Papyrus, ich weiß es sehr zu schätzen. Es ist schon wieder drei Wochen lang her, dass wir uns gesehen haben, bei meiner Abschlussfeier an der Schule. Daher ist es kein Wunder, dass du dachtest, ich wäre immer noch ein Junge. Ich weiß, du meinst es nicht böse, daher ist es auch kein großes Thema für mich“, sagte Frisk lächelnd, während Papyrus sein eigenes langsam wiederfand.

„Nachdem wir das geklärt haben“, sagte Undyne und holte etwas aus ihrer Hosentasche hervor.

„Ich hab letztens eher zufällig mit Toriel telefoniert und da hatte sie erwähnt, dass du derzeit wieder vermehrt deine feminine Seite zeigst. Auch hat sie mir dein Outfit verraten – naja, eigentlich eher Alphys, sie hat es mir erzählt. Und als wir neulich dabei waren, einen schönen Lippenstift für Alphys herauszusuchen, ist mir der hier aufgefallen. Hier, Punk, ist ein Geschenk für dich“, sagte Undyne und reichte Frisk den kleinen Stift.

Mitternachtsblau stand auf dem Deckel und als Frisk ihn ein kleines Stück herausdrehte, kam ein dunkelblauer Stift zum Vorschein. Daraufhin sah Frisk sie mehr als dankbar an.

„Vielen lieben Dank, er sieht sehr schön aus. Soll ich … soll ich ihn gleich auftragen?“, fragte sie Toriel unsicher, doch diese nickte nur.

„Ich bin mir sicher, dass er sehr gut an dir aussehen würde, mein Kind. Wenn du möchtest, kann ich das für dich übernehmen“, bot Toriel ihr an, ein Angebot, dass Frisk nicht ablehnen konnte. Sanft fuhr Toriel mit dem Stift über Frisks Unterlippe und betrachtete ihr Werk.

„In Ordnung, Frisk, jetzt musst du nur noch die Lippen aneinanderreiben lassen … genau, so ist es richtig. Die Farbe steht dir in der Tat sehr gut. Blau ist einfach deins“, sagte sie, während sie den Lippenstift in ihrer Handtasche verschwinden ließ. Neugierig drehte sich Frisk um und ging zum Spiegel zurück, um sich erneut zu betrachten. Vor ihr stand nun eine junge Frau, mit blauem Kleid, blauen Lippen und einem hellbraunen Sonnenhut. Zufrieden begann Frisk zu lächeln.

„Wärt ihr beiden dann soweit? Wir würden uns dann sofort auf den Weg zum Labor machen, Alphys und Paps Bruder abholen. Ich hoffe, Alphys hat daran gedacht, dass sie sich noch umziehen muss… sie hatte noch etwas im Labor zu erledigen und deshalb ihr Outfit heute Morgen mitgenommen“, sagte Undyne und blickte zur Straße hinüber. Papyrus rieb sich an der Stirn.

„ICH KANN ES EBENFALLS NUR HOFFEN, NUR, SO WIE ICH MEINEN BRUDER KENNE, LIEGT SEINE KLEIDUNG IMMER NOCH AN DER STELLE, AN WELCHER SIE ICH SIE IHM BEREITGELEGT HABE. VERMUTLICH WERDE ICH MEINEN BRUDER AUCH PERSÖNLICH ZU DEN FESTLICHKEITEN MÜSSEN“, begann Papyrus zu klagen und seufzte so laut er konnte. Als er eine Hand auf der seinen spürte, sah er zu Frisk hinüber.

„Vertrau deinem Bruder, ich bin mir sicher, dass er an das Fest heute gedacht hat“, sagte Frisk so zuversichtlich wie möglich. Zwar kannte sie Sans mittlerweile halbwegs so gut wie es Papyrus tat, dennoch gab sie nie auf, an ihre Monsterfreunde zu glauben. Und dazu gehörte auch ein kleines, bequemes Skelett mit Motivationsproblemen dazu. Er wirkte, als wollte er noch das eine oder andere sagen, ließ es jedoch bleiben.

„DU HAST ABSOLUT RECHT, ES WÄRE FALSCH VON MIR, NICHT AN MEINEN BRUDER ZU GLAUBEN. AM ENDE HAT ER ES MÖGLICHERWEISE DOCH HINBEKOMMEN UND DANN TÄTE ICH IHM NUR UNRECHT“, sagte Papyrus, was Frisk mit einem freundlichen Nicken beantwortete.

„Nun, ich muss nur noch meine Schlüssel holen, dann dürften Frisk und Ich bereit sein“, ging Toriel dagegen auf Undynes noch offene Frage ein, welche entschlossen die Faust ballte.

„Gut, dann lasst uns mal lieber keine Zeit mehr verlieren. Alphys wartet sicher schon auf uns und ich will lieber nicht zu spät kommen!“

 

~

 

„Sag mal, Frisk, in welches Schuljahr kommst du eigentlich nochmal?“, wollte Undyne von ihr wissen, während sie die Straßen der Stadt abliefen. Unterwegs trafen sie vereinzelten Menschen und Monster, welche sie beide gleichermaßen höflich begrüßten. Frisk überlegte für ein paar Sekunden, bevor sie ihre Antwort gab.

„Wenn die Sommerferien vorbei sind, beginnt mein Senior Year an der High School. Das heißt, das hier sind dann meine letzten Sommerferien…“, sagte Frisk mit gemischten Gefühlen. Undyne sah ihre Freundin an und klopfte Frisk auf die Schulter, stärker als von ihr beabsichtigt. Ein Keuchen wurde aus Frisks Lungen gedrückt, woraufhin Undyne ihre Hand wieder zurückzog.

„Entschuldigung, da hatte ich jetzt zu viel Schwung. Aber hey, sieh es doch mal so: Du bist dann endlich fertig damit und kannst dann tun, was du möchtest. Welchen Abschluss hast du danach dann nochmal?“, wollte sie von Frisk wissen.

„Den Bachelor of Social Work“, antwortete Frisk. Undyne verschränkte die Arme vor ihrer Brust.

„Verstehe“, sagte sie und sah immer wieder zu Frisk hinüber. „Also wirst du den gleichen Abschluss wie ich damals erhalten. Wenn du also irgendwelche Fragen hast, vielleicht kann ich dir ja helfen, für den einen oder anderen Test zu lernen. Glaub mir, besonders die Abschlussprüfungen hatten es in sich. Hätte mir Alphys nicht dabei geholfen… ich würde vermutlich heute noch da drinnen sitzen und büffeln.“

Stolz lag in ihrem Auge, und ihr Lächeln wurde immer breiter, bis man ihre spitzen Zähne erkennen konnte.

„Du packst das schon, immerhin bist du ja nicht gerade auf den Kopf gefallen. Wenn sogar ich das geschafft habe, dann wirst du es auch packen!“, sagte Undyne und ballte ihre Faust, bis einzelne Adern heraustraten.

Peinlich berührt versuchte Frisk, die Aufmerksamkeit von sich zu lenken und das Thema zu wechseln.

„Sag mal, Undyne, wie geht es eigentlich dir und deinem Job? Macht er dir immer noch Spaß? Ich meine, du bist jetzt nicht mehr die Kapitänin der royalen Wache, aber eine Polizistin zu sein, stelle ich mir aufregend vor.“

Undynes Grinsen wurde noch breiter, als Frisk den letzten Satz aussprach.

„Darauf kannst du wetten! Mein Alltag ist abwechslungsreich, auch wenn nicht alle Aufgaben davon großartig aufregend sind. Aber damals in der Wache war das nicht anders, da gehörten auch die Wachdienste am Hof und der ganze Papierkram dazu. Mit viel Glück wird der Teil dann allerdings der Vergangenheit angehören. Hab gehört, dass sie mich jetzt nach den drei Jahren Dienst vielleicht zum Corporal Deputy aufsteigen lassen wollen. Offenbar waren sie mit meiner Arbeit bisher ganz zufrieden. Das würde bedeuten, ich kann ich dann wieder die Hundemannschaft ausbilden, ganz so wie früher. Außerdem würde ich mehr Geld verdienen, was auch nicht schlecht ist. Dann können Alphys und ich uns mehr Anime-Blu-rays kaufen“, eine Aussage, mit der Frisk fast schon gerechnet hatte.

„Gratulation, Undyne! Das freut mich wirklich zu hören. Zwar weiß ich nicht, wie gut du in den Diensten von Asgore warst, aber von dir als Polizistin hört man nur Gutes. Auch sind dank dir wohl die Straßen nachts sicherer und die Menschen haben viel weniger Angst vor uns.“

Undynes Brust schwoll an und sie hob den Daumen in Toriels Richtung.

„Das ist auch meine Aufgabe, für die Sicherheit von Monstern und Menschen zu sorgen. Dafür stehe ich jeden Morgen auf. Dafür habe ich extra vier Jahre lang diese Schule durchgebüffelt, und ich habe es gerne getan. Naja, es wäre schöner gewesen, hätte ich darauf verzichten können, aber den Menschen war es nun mal wichtig, dass ich ihnen einen Abschluss vorzeigen konnte.“

Undyne zuckte mit den Schultern, bevor sie damit begann, sich wieder mehr auf den Weg vor ihr zu konzentrieren.

„Und du bist immer noch bei dieser Grundschule eingestellt?“, wollte Undyne nun von ihr wissen, während sie sich ein paar Schritte zurückfallen ließ, um neben Toriel laufen zu können.

„Danke der Nachfrage, das bin ich in der Tat noch. Damals, als Frisk alt genug war, um auch mal alleine zu Hause bleiben zu können, habe ich von einer Teilzeit auf eine Vollzeitstelle aufstocken können. Momentan haben auch wir Ferien, die eine oder andere Arbeit für die Schule werde ich dennoch tun müssen“, sagte sie und faltete verträumt ihre Hände zusammen.

„Aber die Feier heute ist wichtiger, man hatte mich auch um meine Mithilfe bei den einen oder anderen Vorbereitungen gebeten. Wenigstens lief ich Asgore nicht so oft über den Weg… die Feier ist für alle Bewohner von Harmony ein sehr wichtiges Ereignis und ich bin dankbar, dass ich helfen durfte, es mit aufzubauen.“

Undynes Blick wurde mit Toriels letzten Worten wärmer, sie brach den Blickkontakt ab und sah zur Seite.

„Das stimmt. Seit wir hier angekommen sind und uns den Menschen angeschlossen haben, ist eine Menge passiert. Wir alle hatten Hoffnungen, Wünsche und Träume, aber auch Möglichkeiten. Es ist anders als damals, aber hey, ich würde sagen, wir haben es ziemlich gut getroffen. Also ich kann mit meiner Berufswahl jederzeit angeben!“, sagte Undyne voller Stolz und wieder trug sie ein breites Grinsen im Gesicht.

„DA KANN ICH DIR NUR ZUSTIMMEN, UNDYNE! AUCH MEIN BERUF IST DIE ERFÜLLUNG MEINER TRÄUME UND PLÄNE, DIE ICH FÜR DIE OBERFLÄCHE HATTE! WAS MICH NICHT DARAN HINDERT, NEUE TRÄUME UND PLÄNE ZU SCHMIEDEN!“, mischte sich Papyrus nun wortstark in das Gespräch ein. Undyne streckte ihm dafür den rechten Daumen aus.

„Das ist die richtige Einstellung, Papyrus. Und ich habe dich bei dem letzten Spiel der Harmony Warriors gesehen, ich muss sagen, du hast die Mannschaft bis zum letzten Mann motivieren können! Kann es sein, dass du ein bisschen was an deinem Kostüm geändert hast?“, fragte sie und Papyrus Augen leuchteten hell auf.

„WOWIE! KEIN WUNDER, DASS ES DIR AUFGEFALLEN IST, IMMERHIN WARST DU JAHRELANG SELBST IN EINER DERARTIGEN RÜSTUNG UNTERWEGS! NATÜRLICH MUSSTE ICH DAS AUSSEHEN MEINES KOSTÜMS AN WENIG AN DIE MANNSCHAFT ANPASSEN, ABER AUCH DIE TEAMMITGLIEDER WAREN MIT DER NEUERUNG MEHR ALS ZUFRIEDEN! ICH MUSS ALLERDINGS ZUGEBEN, DIE WUNDERVOLLE IDEE STAMMTE NICHT VON MIR, SONDERN VON DER TRAINERIN. DIE NEUEN SCHULTERPLATTEN SIND AUF DAUER GESEHEN JEDOCH VIEL BEQUEMER UND LEICHTER ZU REINIGEN, BESONDERS; WENN MAN DIE MANNSCHAFT WIE ICH BEI JEGLICHER WETTERLAGE ANFEUERN MÖCHTE!“

Aufmerksam lauschten die anderen Papyrus, wie er von dem einen oder anderen Spiel seiner Mannschaft berichtete, wie knapp mancher Sieg gewesen war oder wie spannend die Runden einzelner Spieler. Auch hielt er sich mit dem Lob nicht zurück, weder was die Spieler noch seine eigenen Leistungen betraft. Obwohl sie den meisten Spielen selbst beigewohnt hatten, so fanden sie es dennoch interessant, sie aus Papyrus Sicht ein weiteres Mal zu erleben.

 

Kaum hatte Papyrus seine letzte Erzählung über ein Spiel mit einem klaren Unentschieden als Ausgang beendet, hatten sie das Gebäude des lokalen Chemielabors erreicht.

„Da sind wir. Und wie erwartet, sind die Türen noch zu. Wenigstens haben sie die Tore offengelassen“, sagte Undyne, als die Vier das Gelände des Labors erreichten. Zwar war es durch einen hohen Zaun und einem elektrischen Tor von der Außenwelt abgeschnitten, dennoch war das Tor am Tag ständig offen aufzufinden. Dafür war das Gebäude selbst mit elektrisch gesicherten Türen und Kartenscans ausgestattet, was ein weiteres Vordringen einer unbeteiligten Person ausschloss.

Mit flotten Schritten näherte Undyne sich der Videokamera, die direkt auf das Eingangstür des Labors gerichtet war, hob ihren linken Arm und begann, wie wild zu winken.

„Hey, Alphys, wir sind jetzt da und würden euch abholen! Also schnapp dir den faulen Knochen von einem Bruder und komm heraus!“, sagte sie mit einem breiten Grinsen. Als Antwort darauf ertönte ein elektronisches Klicken und die Tür glitt zur Seite. Kühle, frische Luft kam ihnen entgegen, kälter als die Außentemperatur. Neugierig blickte Undyne hinein, sah sich im Empfangsraum um, welcher jedoch bis auf die Mitarbeiterin am Empfang verlassen wirkte.  

„Gut, Alphys weiß, dass wir hier sind, schätze, wir werden einfach auf die beiden warten müssen. Ich hoffe jedoch, nicht zu lange, sonst gehe ich da rein und hole sie persönlich raus!“, sagte Undyne und verschränkte sich die Arme vor der Brust. Frisk und Toriel dagegen setzten sich auf die kleinen Würfel, die sich im Eingangsbereich befanden und sahen sich neugierig um. Papyrus gestellte sich zu ihnen.

„Wow, hier arbeitet also dein Bruder? Ich muss sagen, das ist wirklich sehr beeindruckend“, sagte Toriel nach ein paar Minuten bewundernd. Doch bevor Papyrus etwas entgegen konnte, kam ihm jemand anderes zuvor.

„Sans ist wirklich ein beeindruckender Mitarbeiter. Nun, wenn er etwas macht, was zugebenermaßen nicht sehr oft ist. Man könnte sagen, er nutzt seine wenigen Ressourcen weise? “, sprach Alphys ihre Überlegungen laut aus, als sie zu der kleinen Gruppe stieß.

„Verzeih, ich wollte mich nicht einmischen, aber ich denke, ein Wort des Lobes sollte man für Sans doch übrighaben.“

Mit den letzten Worten sah sie zu Papyrus hinüber, welcher Alphys für einen Moment erst fragend, dann lächelnd ansah.

„ICH WUSSTE ES! WENN ICH NUR LANGE GENUG AN MEINEN BRUDER GLAUBE, DANN IST SOGAR ER IN DER LAGE, ETWAS ZU ERREICHEN. ER KANN ES, ER HAT DEN NÖTIGEN VERSTAND WIE AUCH DAS UMFASSENDE WISSEN UND INTERESSE AN WISSENSCHAFTLICHEN THEMEN. MAN MUSS IHN NUR IMMER WIEDER DAZU MOTIVIEREN! ICH KANN WIRKLICH FROH SEIN; DASS ICH IN DIR JEMANDEN GEFUNDEN HABE, DIE DAS VORZÜGLICH ÜBERNEHMEN KANN! DURCH MEINEN BERUF ALS VOLLBLUTMASKOTTCHEN DER ÖRTLICHEN BASEBALLMANNSCHAFT KANN ICH DAS LEIDER NICHT MEHR SO OFT AUSÜBEN WIE FRÜHER. DAHER: VIELEN DANK, ALPHYS!“, sagte er mit überschwänglicher Freude und bedeutete eine Verbeugung an.

Alphys, der die ganze positive Aufmerksamkeit zu viel wurde, lief der gesamte Kopf feuerrot an. Sofort verbarg sie ihr Gesicht hinter ihren Händen.

„Bitte, hör auf damit, das ist mir unangenehm“, stammelte Alphys leise, doch Papyrus konnte sie nicht hören. Er machte gerade den Mund auf, um etwas zu sagen, doch Undyne kam ihm zuvor.

„Hey, Alphys verlegen zu machen ist immer noch meine Aufgabe, ja?“, sagte sie und zwinkerte dem Skelett lachend zu. Dieses wandte seine Aufmerksamkeit nun von Alphys ab und begann, den Raum nach seinem Bruder abzusuchen, wurde jedoch nicht fündig.

„Alphys, es ist alles in Ordnung, du kannst die Hände jetzt wieder herunternehmen“, versuchte Undyne ihre Freundin zu ermutigen, fasste dabei vorsichtig Alphys‘ Unterarme an. Nur ganz langsam ließ sie sich die Finger von ihrem Kopf nehmen.

„Siehst du, das geht doch. Es gibt wirklich nichts, wofür du dich schämen musst. Wir wissen, was damals passiert ist, aber wir alle haben dir verziehen, besonders die Angehören der Amalgamates.“

Sie begann, an ihrer Freundin hinabzusehen und diese genauer unter die Lupe zu nehmen. Bewundernd gab Undyne einen kurzen Pfeifton von sich.

„Und ich bin ehrlich gesagt auch stolz auf dich, du hast tatsächlich das neue Kleid angezogen, dass wir dir neulich gekauft haben. Hatte schon damit gerechnet, dass du noch deinen Laborkittel tragen würdest und ich dir erst noch beim Umziehen helfen müsste. Nicht, dass ich damit ein Problem gehabt hätte“, sagte Undyne, zwinkerte nun Alphys erst zu, bevor ihre Zunge langsam über ihre Unterlippe fuhr.

Alphys, deren Kopf sich wenige Minuten zuvor tomatenrot gefärbt hatte, war nun so rot wie eine Habanero. Undyne begann zu kichern und gab ihr keinen kurzen Kuss auf die Stirn. Leise Geräusche von sich gebend, ließ sich Alphys in die Arme ihrer Freundin fallen, was diese ein weiteres Mal zum Grinsen brachte.

„Ich mache doch nur Spaß, abgesehen davon sind wir hier nicht alleine. Und es freut mich wirklich, dass du dich getraut hast, das neue Kleid anzuprobieren. Es steht dir gut, du siehst darin sehr niedlich aus. Dein neuer Lippenstift übrigens auch“, lobte Undyne ihre Freundin weiter, die nichts weiter machen konnte als ihr Gesicht zu versticken und stumm vor sich hinzunicken. Es dauerte ein paar Minuten, bis die junge Wissenschaftlerin sich wieder beruhigt hatte und sich von Undyne lösen konnte. Lediglich ein leichter, rosafarbener Hauch lag noch auf ihrem Gesicht.

„In Ordnung, wir müssen nur noch auf Sans warten, dann können wir loslegen. Von hier ab an werden Kollegen von uns die Arbeit abnehmen, es ist nichts kompliziertes, nur die eine oder andere Formel, an der wir ein wenig herumexperimentieren“, erklärte Alphys und rückte ihr Kleid zurecht.

„ES IST VORBILDLICH VON DIR, DASS DU OFFENBAR BEREIT ZUM AUFBRECHEN BIST. UND AUCH ICH MÖCHTE MEIN HERZLICHES LOB AUSSPRECHEN, DIE WAHL DES KLEIDS IST DIR VORTREFFLICH GELUNGEN. ES WÄRE NUR SCHÖN ZU SEHEN, WENN SICH MEIN BRUDER SEHEN LASSEN WÜRDE, DAMIT WIR NICHT ALL ZU LANGE AUF IHN WARTEN MÜSSTEN…“

Bei seinen letzten Worten hatte Papyrus sich auf den Weg gemacht, blieb neben Alphys stehen und versuchte durch die Tür zu spähen, durch welche diese wenige Minuten zuvor herausgekommen war. Doch außer einem fast leeren Gang konnte er auch hier nicht erkennen. Ungeduldig tippte Papyrus die Fingerspitzen aneinander, sah weiterhin den Flur entlang, in der Hoffnung, sein Bruder würde dort in ein paar Sekunden erscheinen.

Stattdessen gab es eine Bewegung an seiner Seite, eine, die er bereits sehr oft in seinem Leben gesehen hatte. Sofort drehte sich Papyrus um und sah seinem Bruder direkt in die Augenhöhlen.

„hey, bro. hoffe, ich habe dich nicht zu lange warten lassen“, sagte Sans wie üblich gelassen, während seine Hände in einer Jackentasche steckten. Doch sehr zu Papyrus‘ Freude und Überraschung, waren es nicht die Taschen seiner blauen Jacke, welche er tagein, tagaus an sich trug.

„SANS! DU KANNST DIR NICHT VORSTELLEN, WIE UNGLAUBLICH STOLZ DU MICH MACHST! IMMERHIN HAST DU ES NICHT NUR GESCHAFFT, EINIGERMASSEN PÜNKTLICH ZU SEIN, SONDERN DICH AUCH BEREITS UMZUZIEHEN! WOWIE! HM, …“

Misstrauisch betrachtete Papyrus seinen Bruder von allen Seiten, schien jedoch nicht fündig zu werden und entspannte sich wieder.

„ZUMINDEST KANN ICH MIT SICHERHEIT SAGEN, DASS DU SANS BIST. SCHÄTZE MAL, ALPHYS HAT SICH DIESER KLEINEN BITTE MEINERSEITS ANGENOMMEN UND SICH DARUM GEKÜMMERT.“

Sans zuckte nur mit den Schultern und begann seinen Bruder anzuzwinkern.

„ich schätze mal, ich wollte uns nicht in eine anzügliche situation bringen, bro“, sagte er kichernd, woraufhin sich Papyrus große Mühe gab, ein Lächeln zu unterdrücken.

„WIR HABEN IM AUGENBLICK KEINE ZEIT FÜR DEINE WITZE, SANS, ZUMINDEST NICHT SO VIEL DAVON. WIR SOLLTEN UNS LIEBER AUF DEN WEG MACHEN ODER WIR WERDEN DIE ANSPRACHE VON KÖNIG ASGORE VERPASSEN!“, sagte Papyrus, während er auf seine Freunde zuging.

Erneut zuckte Sans mit den Schultern.

„wenn du möchtest, kann ich uns auch alle auf einen schnelleren weg dorthin bringen. ich kenne da nämlich eine abkürzung, musst du wissen…“

Sofort drehte sich Papyrus‘ Kopf zurück zu Sans und sah ihn mit weit geöffneten Augenhöhlen an.

„DEIN VORSCHLAG IST ABSOLUT INAKZEPTABEL! ZUM EINEN WÜRDE DIR EIN WENIG MEHR BEWEGUNG GUT TUN; SOWOHL HIER ALS AUCH ZUHAUSE VERBRINGST DU DIE MEISTE ZEIT SITZEND, ICH KENNE DICH. UND ZUM ANDEREN SIND WIR VIEL ZU VIELE LEUTE, ERINNERE DICH DOCH DARAN; WAS BEIM LETZTEN MAL PASSIERT IST, ALS DU VERSUCHT HAST, MEHR ALS ZWEI PERSONEN AUF EINMAL MITZUNEHMEN!“, sagte Papyrus energisch, aber auch besorgt. Die Hände in die Hüfte gestemmt, versuchte er Blickkontakt mit seinem Bruder aufzubauen.

Es dauerte ein paar Sekunden, bevor Sans ihn ansah, erneut zwinkernd und mit seinem üblichen Lächeln.

„ich weiß, ich weiß, du nutzt wirklich jede gelegenheit, um mich daran zu erinnern. aber so schlimm war es am ende doch gar nicht… ich war einfach nur sehr müde an diesem tag und hatte zu wenig getrunken. man könnte sagen, ich war ganz und gar knochentrocken“, sagte Sans um die Stimmung wieder ein wenig aufzulockern. Papyrus dagegen sah seinen Bruder für mehrere Augenblicke mit zusammengekniffenen Augenhöhlen an. Er seufzte und drehte sich wieder von ihm weg.

„ach, komm schon, ich weiß, dass du lächelst“, sagte Sans gut gelaunt.

„JA, ICH LÄCHLE UND DAS GEFÄLLT MIR ÜBERHAUPT NICHT!“

Undyne, Toriel, Frisk und Alphys sahen sich an, sie waren die üblichen Kabbeleien zwischen den Brüdern gewohnt und mischten sich schon lange nicht mehr darin ein. Dennoch sah Undyne sich dazu gezwungen, dem Ganzen ein Ende zu bereiten.

„Gut, wenn ich das richtig sehe, sind wir alle nun fein angezogen, sogar dieser faule Knochen dort drüben“, sagte sie und deutete auf Sans, woraufhin er mit einem Kichern reagierte.

„Und wie Papyrus meinte, wir sollten keine Zeit mehr verlieren. Sobald Asgore seine Ansprache gehalten hat, wird er das Jubiläum eröffnen und damit das Buffet. Ich kenne meine Hunde, Lesser Dog, Greater Dog und den Rest, wenn die das Essen erst für sich beansprucht haben, gibt es kein Halten mehr. Also auf, oder wollt ihr heute Nacht etwa hungrig ins Bett gehen?“

Alle sahen sich kurz an, Worte mussten nicht ausgetauscht werden, sie wussten, was jeder dachte. Und mit diesem gemeinsamen Gedankengut machten sie sich daran, das Laborgebäude hinter sich zu lassen.

 

~

 

„KOMM SCHON, SANS, DU BIST VIEL ZU LANGSAM! WENN WIR UNS NICHT EINEN KLEINEN TICKEN SCHNELLER BEWEGEN, WERDEN UNDYNES BEFÜRCHTUNGEN NOCH WAHR!“, sagte Papyrus, als sie langsam die Straße entlangschritten. Sans blickte sich um, sah seine Freunde einen nach dem anderen an und zwinkerte in die Richtung seines Bruders.

„nun, die anderen gehen auch nicht besonders schneller als ich. abgesehen davon, du kennst mich, ich bin ein sehr langsames skelett. oder willst du mich etwa auf dem rest des weges tragen?“

Papyrus‘ Miene wurde mit einem Schlag sehr nachdenklich. Dann drehte er sich zur Seite, und streckte seine Arme nach hinten aus.

„VORSCHLAG AKZEPTIERT! DU WIRST NUN FÜR DEN REST DER STRECKE VON DEINEM GROSSARTIGEN BRUDER GETRAGEN WERDEN UND MUSST DIR ABSOLUT KEINE SORGEN MACHEN, DASS DU UNS AUFHALTEN KÖNNTEST. AUSSERDEM BIN ICH EIN EXPERTE DARIN, WENN ES DARUM GEHT, DICH KORREKT ZU TRAGEN. ALSO AUF; BRUDER, UND LASS MICH NICHT WARTEN.“

Sans gab keine Widerworte von sich, kaum war auf den Rücken seines Bruders geklettert, machte sich Papyrus bereit zum Weitergehen. Es dauerte nur ein paar wenige Minuten, bevor man leise Schlafgeräusche von ihm hören konnte.

„DENKT EUCH NICHTS, DAS IST VOLLKOMMEN NORMAL, SANS SCHLÄFT AUTOMATISCH EIN, WENN ICH IHN TRAGE. ABER SOBALD ICH IHN WIEDER ABSETZE, IST ER HELLWACH. AUCH ICH KANN NICHT GENAU SAGEN, WIE ES FUNKTIONIERT, ABER ES WAR SCHON OFT SEHR HILFREICH, DAHER HINTERFRAGE ICH ES AUCH NICHT.“

Nun war es Toriel, die zu lächeln begann.

„Je mehr ich euch beiden kennenlerne, desto mehr kann ich verstehen, warum er mir damals an der Ruinentür so viel von dir erzählt hat. Er hat immer in den größten Tönen von dir gesprochen, ich habe sogar das Gefühl, dass ich mehr über dich als über ihn weiß“, sagte Toriel freundlich, woraufhin sich ein warmes Lächeln auf Papyrus‘ Gesicht bildete.  

„Es stimmt, auch auf der Arbeit redet er viel von dir. Überhaupt bist du sein Gesprächsthema Nummer eins, wenn wir nicht gerade über die Arbeit selbst reden“, mischte sich nun Alphys ein.

Sämtliche Aufmerksamkeit lag nun auf der jungen Wissenschaftlerin, welche versuchte, das so gut es ging zu ignorieren.

„Was ich vorhin schon sagen wollte, Sans mag zwar wirklich, nun ja, nicht gerade sehr fleißig sein, dennoch ist er einer unserer besten Mitarbeiter, wenn es nach den Leistungen geht. Er macht sehr viele Nickerchen und macht oft eher einfache Arbeiten, aber hin und wieder hilft er uns mit einem Geistesblitz aus, wenn wir mal wieder hoffnungslos an einer Formel oder ähnlichem scheitern. Wen er wollte, könnte er so viel mehr erreichen, vielleicht sogar die eine oder andere Beförderung bekommen, aber … er tut es nicht. Dennoch, gerade weil unsere Vorgesetzte um sein Wissen und sein Talent weiß, feuerte sie ihn nicht. Er tut gerade mal das, was nötig ist und ist doch sehr erfolgreich. Das ist schon fast bewundernswert.“

Undyne gab ein amüsiertes Schnauben von sich.

„Das kannst du laut sagen, so war er auch, als er noch seinen Job als Wachposten hatte. Er hatte mehrere Stände und wenn die Gerüchte stimmen, sogar noch einen Hotdog-Stand. Oft genug habe ich ihn schlafend aufgefunden und wieder wecken müssen.“

Lachend schüttelte Undyne den Kopf.

„Aber am Ende war es egal. Er war gerade mal so wenig faul, dass es genug war, um nicht gefeuert zu werden. Irgendwie hatte er die Balance dafür recht schnell raus und sich seitdem darauf ausgeruht. So betrachtet, denke ich nicht, dass das sonst noch jemand schaffen könnte.“

Papyrus‘ Lächeln war nun so breit, wie es ihm sein Schädel erlaubte.

„GENAU DAS SAGE ICH IHM, IMMER WIEDER UND WIEDER UND WIE ES AUSSIEHT, SCHEINT ES WOHL LANGSAM FRÜCHTE ZU TRAGEN. ICH MUSS EINFACH IMMER WEITER AN IHN GLAUBEN, DANN SIND IRGENDWANN NOCH GRÖSSERE WUNDER MÖGLICH! EVENTUELL KÖNNEN WIR SOGAR SO WEIT GEHEN UND AN SEINEN SCHWACHEN STATUSWERTEN ARBEITEN!“

 

Niemand wollte Papyrus widersprechen, noch etwas erwidern und so blieb jeder für sich in seinen eigenen Gedanken hängen. Gingen Erinnerungen nach oder freuten sich bereits auf das, was noch vor ihnen lag. Stumm, jeweils in Zweiergruppen, gingen sie Straße für Straße entlang, ohne ein Wort zu verlieren. Bis dann schließlich Toriel das Schweigen unterbrach.

„Es ist wirklich schön zu sehen, wie sich der neue Stadtteil entwickelt hat. Dass uns die Menschen so schnell akzeptiert haben und bereit waren, uns in ihre Mitte aufzunehmen. Das war nicht selbstverständlich, aber sehr schön“, sagte sie und schob ihre rechte Hand unter ihr Ohr.

„Und ich bin ehrlich gesagt froh, dass Asgore dieses Mal nicht den Namen allein entschieden hat, wer weiß, auf welche Ideen er gekommen wäre. Vermutlich sowas wie Hometown, da bin ich mir sicherHom“, sprach Undyne einen Gedanken aus, den die meisten Monster mindestens einmal gedacht hatten.

Es dauerte ein paar Sekunden, bevor Toriel eine Antwort darauf gab.

„Ja, wir können uns wirklich glücklich schätzen. Harmony ist ein schönes Symbolbild dafür, dass wir nun endlich den Frieden und die Freiheit haben, nach denen wir uns so lange gesehnt haben. Dass wir uns wieder mit den Menschen anfreunden konnten, ist eine große Errungenschaft und dass wir nun ein Teil ihrer Stadt sein dürfen, sehe ich nach wie vor nicht als selbstverständlich an.“

Sie blickte sich um, sah ein Haus nach dem anderen an, an welchen sie vorbeiliefen. Die meisten von ihnen waren bereits voller Leben, andere dagegen waren noch so neu wie aus dem Katalog und warteten darauf, einen oder mehrere Bewohner zu bekommen.

„Und es ist auch schön zu sehen, dass nun die letzten Bauarbeiten beendet zu sein scheinen, trotz all der Probleme, die es anfangs gegeben hat. Es ist schön zu sehen, wie Menschen und Monster auf einer Seite stehen, um zusammen nach einer Lösung zu suchen. Endlich bekommt jeder, der ein Haus möchte, auch eins. Ich persönlich freue mich schon auf die Eröffnung der neuen Bibliothek, ich bin wirklich gespannt, wie sich die Literatur der Menschen über die letzten Jahre verändert hat.“

Einstimmiges Nicken, doch auch dieses Mal hatte keiner von ihnen das Bedürfnis, etwas dazu zu sagen. Den Rest des Weges verbrachten sie wieder mit angenehmem Schweigen.

 

Drei Straßen später hatten sie ihr Ziel, die neue Stadtmitte von Harmony, endlich erreichen können. Viele Monster, aber auch Menschen hatten sich schöne Kleidungen anzogen und waren zur Stadtmitte gekommen, um gemeinsam das große Fest zu feiern. Eine große Bühne, Girlanden, Luftballons, diverse Stände mit Getränken, Nahrungsmittel und gar eine vollständige Big Band; alles schien bereit zum Feiern zu sein.

„Seht doch mal, da vorne an dem Tisch, wenn wir uns noch zwei weitere Stühle holen, können wir uns alle gemeinsam zusammensetzen“, schlug Toriel vor, während sie auf einen der freien Tische deutete. Ein Vorschlag, der sofort Zustimmung fand. Während sich Toriel und Papyrus um die zusätzlichen Stühle kümmerten, setzten sich Frisk, Undyne, Alphys und Sans bereits hin und sahen sich um.

„Ich… ich bin beeindruckt. Die Leute haben sich wirklich viel Mühe gegeben, es sieht sogar noch schöner aus als im letzten Jahr“, sagte Alphys schwer beeindruckt.

„Vielen Dank, es lag uns wirklich am Herzen, das Fest in diesem Jahr zu etwas ganz Besonderem zu machen. Was uns auch dank der vereinigten Kreativität gelungen ist.“

Toriel stellte ihren Stuhl zwischen dem von Undyne und Frisk ab und setzte sich ebenfalls. Papyrus fand seinen Platz zwischen Alphys und seinem Bruder. Doch kaum saßen alle, stand Undyne ruckartig wieder auf.

„Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich brauche dringend was zum Trinken! Soll ich euch was mitbringen? Und ja, ich werde es schon tragen können“, sagte sie und streckte den Daumen nach oben. Nachdem ihr diverse Getränkewünsche genannt worden waren, stürmte die junge Polizistin von der Gruppe weg zum nächstbesten Getränkestand. Es dauerte nicht lange, bis sie mit sieben Flaschen im Arm zurückkehrte.

„Gut, hier ist das Wasser für fast alle und hier ist deine Limo, Sans“, sagte Undyne, während sie die Getränke verteilte. „Sorry, Alphys, sie hatten keinen weißen Tee hier, aber ich glaube, grünen magst du auch, oder nicht?“

Alphys betrachtete die eckige Flasche, die ihr Undyne gereicht hatte und nickte ein wenig.

„Ja, grüner Tee ist auch in Ordnung, danke dir!“

Der Rest der Gruppe fiel in die Danksagung ein, was Undyne mittlerweile doch leicht unangenehm wurde. Ihre Wangen färben sich rot und obwohl sie grinste, sah sie sich um und vermied jeglichen Blickkontakt. Lediglich Papyrus sagte nichts, stattdessen blickte er Sans mit zusammengekniffenen Augenhöhlen an.

„LIMONADE? DIESES ZUCKERHALTIGE ZEUGS? ACH, SANS, MAL WIEDER HABE ICH DAS GEFÜHL, DASS DU DAS NUR GENOMMEN HAST, WEIL ES KEINEN KETCHUP GIBT, DEN DU TRINKEN KÖNNTEST, NICHT WAHR?“, wollte er von ihm wissen, doch Sans lächelte ihn nur an.

„ach, sieh das doch nicht so eng. und so ungesund ist es auch nicht, immerhin wurden hierfür zitronen verwendet“, entgegnete Sans und deutete mit dem Finger auf die Zutatenliste. „wenn obst drin ist, ist es gesund.“

Papyrus rieb sich die geschlossenen Augenhöhlen, stand auf und ging forschen Schrittes auf den Getränkestand zu, welchen Undyne erst wenige Minuten zuvor aufgesucht hatte. Dann kehrte er mit einer weiteren Flasche zurück, die er seinem Bruder reichte.

„HIER; BRUDER, TRINK WENIGSTENS DAS HIER. DAS IST AUCH STARK VOM GESCHMACK HER, ABER NICHT SO SÜSS UND UNGESUND WIE DAS ZEUG DORT IN DEINER HAND“, sagte Papyrus, während er Sans weiterhin die Flasche hinhielt. Zwar hatte sie die gleiche Form wie die von Alphys, dennoch war der Inhalt viel dunkler. Sans nahm die Flasche entgegen und blickte sie skeptisch an.

„was hast du mir da mitgebracht? Ist das etwa bier? verstehe, anstelle von meinen zähnen soll jetzt also lieber meine leber dran glauben – etwas, was ich sagen würde, wenn ich eine hätte“, sagte er und zwinkerte dabei. Papyrus ignorierte den Witz und setzte sich wieder auf seinen Stuhl.

„NEIN, MEIN UNGESUND LEBENDER BRUDER MIT STARKEM HANG ZUM ZUCKERKONSUM, DAS IST ZWAR GERSTENTEE, ABER KOMPLETT ALKOHOLFREI UND GESUND! UNDYNE HAT MIR DAVON EINMAL ERZÄHLT UND AUCH ZU TRINKEN GEGEBEN, ICH BIN MIR SICHER, DASS ES DEN… ‚STRENGEN‘ KRITERIEN DEINER EINFACHEN GESCHMACKSNERVEN ENTSPRECHEN WIRD.“

Sans blickte erst seinen Bruder, dann die Flasche an und probierte einen Schluck. Sofort weiteten sich seine Augenhöhlen und er blickte das Getränk überrascht an.

„SIEHST DU? DAS IST DOCH VIEL BESSER ALS DIE ZUCKERBOMBE, DIE DU DIR EBEN ZU GEMÜTE FÜHREN WOLLTEST, NICHT WAHR?“, sagte Papyrus und lächelte seinen Bruder an. Dieser erwiderte das Lächeln, bevor er sagte: „danke, bro. schmeckt wirklich gut.“

 Papyrus hätte nur zu gerne etwas dazu gesagt, doch er kam nicht dazu. Ein Tippgeräusch aus den Lautsprechern unterbrach ihn und wie alle anderen Anwesenden richtete er seine Aufmerksamkeit der Bühne, welche nun nicht mehr leer war. Asgore und mehrere Menschen befanden sich darauf, hinter einem Mikrofon, bereit, die diesjährige Ansprache zu halten. Dieser sah sich in der Menge um, wartete, bis sämtliche Augenpaar auf ihm lagen und räusperte sich, bevor er mit seiner Ansprache loslegte.

„Liebe Monster, liebe Menschen, es freut mich, dass wir auch heute hier wieder gemeinsam zusammengefunden haben, um unser Fest des Friedens und der Freiheit zu feiern. Und um die damalige Neugründung unserer gemeinsamen Stadt Harmony zu zelebrieren“, sagte Asgore mit gelegentlichen Blicken auf seine Notizen.

„Heute vor sieben Jahren war es soweit, das Leid der Monster hatte endlich ein Ende gefunden. Ein ganz besonderes Kind hatte uns die Freiheit geschenkt, unsere Hoffnungen, unsere Träume wurden wahr oder konnten in Erfüllung gehen. Dass wir anschließend so friedlich von den Menschen aufgenommen wurden, dafür sind wir Monster noch immer dankbar.“

Er blickte erst auf die Menschen neben sich, dann auf ein paar vereinzelte im Publikum, bevor er seine Rede fortsetzte.

„Es ist sieben Jahre her, eine lange Zeit und doch so kurz, ich kann gar nicht glauben, dass nun schon wieder ein Jahr vergangen ist, seit ich hier oben stand und eine ähnliche Rede gehalten habe. Und ich möchte euch auch gar nicht mehr so lang aufhalten. Auf weitere sieben Jahre und noch mehr, die wir gemeinsam in Harmony verbringen werden!“, schloss Asgore seine Rede ab, winkte der jubelnden Menge zu und trat zur Seite, damit einer der Menschen an das Mikrofon herantreten konnte.

Dieser wartete, bis der Applaus abgeflaut war, bevor er sich nun an die Menge richtete.

„Auch wir möchten uns für Ihr zahlreiches Erscheinen bedanken und hoffen, dass Ihnen unsere Programmpunkte, die wir für heute zurechtgelegt haben, gefallen werden. Wir, der Stadtrat, sind unseren beiden Monster-Mensch-Botschaftern dankbar für die vielen Gespräche, die wir damals vor sieben Jahren geführt haben. Heute blüht unsere Stadt auf wie noch nie; nicht nur die Bewohnerzahl ist gestiegen, nein, auch dem lokalen Zusammengehörigkeitsgefühl und auch der Wirtschaft geht es gut. Zusammen konnten wir ein zusätzliches Schwimmbad erreichen, eine weitere Bibliothek und auch eine neue Grundschule. Doch ich bin nicht hier, um über politische Themen zu sprechen, sondern um auch unsere Dankbarkeit auszusprechen. Ihr Monster habt mit eurer freundlichen, offenen und erfrischenden Art neuen Wind in unsere Gesellschaft gebracht und ich bedauere es zutiefst, dass es nicht bereits früher dazu gekommen ist.“

Er blickte sich ebenfalls um, wie Asgore wenige Minuten zuvor und wartete darauf, ob irgendeine Reaktion zu sehen war. Doch bis auf ein paar vereinzelte Gäste, die sich mehr oder weniger Tränchen aus den Augen wischten, war nichts zu sehen.

„Jetzt möchte ich sie auch nicht allzu lange aufhalten, immerhin sind wir hier, um zu feiern, nicht wahr? Damit erkläre ich das siebte Jubiläum für eröffnet“, sagte er, was in einem lauten Jubel der Zuschauermenge unterging. Einer Menge, die bereit war, sieben Jahre Freundschaft zwischen den Monstern und Menschen ausgiebig wie möglich zu feiern.



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