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Dragonblood

Bound by fate, cursed by blood
von

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Just You and Me

Ich habe das Gefühl das ich die Hoffnung verliere.

In meinem Körper und in meiner Seele zugleich.

Und der Himmel, er sieht plötzlich so unbekannt aus.

Und wenn die Zeit stehen bleibt, das Schweigen beginnt alles zu übertönen, dann sind meine Schreie nicht mehr zu hören.

Sag mir Gott…bestrafst du mich?

Ist das der Preis den ich für meine vergangenen Fehler bezahlen muss?

Dies ist mein Lied der Erlösung.

Ich brauche dich jetzt mehr denn je.

Kannst du mich hören?

Denn ich schreie so laut.

Auch wenn meine Worte bedeutungslos erscheinen mögen.

Es fühlt sich an als würde ich die ganze Welt auf meinen Schultern tragen.

Ich wünsche mir dass ich irgendwie jeden von uns retten könnte.

Aber die Wahrheit ist: ich bin nur ein Junge.

Vielleicht wird mein Traum aber dennoch wahr, wenn ich weiter daran glaube.

Vielleicht erwacht er dann zum Leben.

Nach allem dem ich mich stellen musste, sind dennoch alle Lebenszeichen weggespült worden.

Aber ich kann immer noch eine sanfte Brise spüren.

Doch egal wie sehr ich auch betete…die Zeichen des Krieges sind noch geblieben.

Und Leben an sich…ist nun mein Feind geworden.
 

„Du musst durchhalten! Es ist nicht mehr sehr weit! Bitte! Bitte halte durch! Es wird alles wieder gut! Ich verspreche es dir! Wenn du nur noch etwas durchhältst wird alles gut! Ich kann da vorne schon den Ausgang sehen! Wir haben es gleich geschafft! Bitte geh nicht! Wenn ich dich verliere…dann habe ich keinen Grund mehr zu leben! Du bist alles für mich…Bitte verlass mich nicht…Lass die Augen auf…Bitte! Ich brauche dich! Bitte nicht…FURIAE!!“
 

Erschrocken wachte Caim aus seinem Traum auf.

Immer der gleiche. Und immer tat er aufs Neue weh. Dieser Traum…Erneut hatte er seine Schwester in seinen Armen sterben sehen…Sah sie leblos dort liegen und nach ihr schreien. Überall war Blut und das Geräusch von Schüssen hallte um ihn herum. Egal wie tief er diese Erinnerungen auch vergraben wollte, sie kamen immer wieder hoch. Jagten ihn. Warum verfolgte ihn dieser Traum so sehr? Und was noch komischer war: warum zog er Parallelen zu dem Bild mit Nier? Das Bild wo...Nier genauso blutig in seinen Armen lag. Was ebenfalls mal ein Traum gewesen war…Doch danach war noch etwas anderes gewesen. Er konnte sich nicht mehr genau daran erinnern. Wusste nur noch dass es schrecklich gewesen war.

So schüttete er den Kopf. Es wurde klarer. Verdrängte die Erinnerung dabei. So atmete er unglaublich schnell und jeder Atemzug verursachte ihm Schmerzen. Er fühlte sich mies. Als wäre ein verdammtes Auto über ihn gefahren und er konnte sich nicht mal das Nummernschild merken um zu wissen wer es gewesen war der ihn anfuhr. Jeder seiner Knochen schmerzte und er blieb einfach weiter liegen. Musste sich noch einige Minuten erholen. Zumindest bis er wieder das Gefühl hatte aufstehen zu können. Doch am schlimmsten brannte seine Schulter. Die Stichwunde. Die Wunde blutete nicht mehr unter dem Verband, aber sie machte immer noch klar dass sie da war. Kein Wunder denn sie war auch sehr tief. Auch seine Sicht war noch etwas verschwommen und er musste mehrfach blinzeln um sie zu klären. Bis es etwas geklappt hatte. Denn leicht verschwommen konnte er vor sich einen steinigen Boden sehen. Erde und ganz viel Moos, welches dazwischen wuchs und gedeihe. Das Plätschern eines Flusses war ebenfalls zu hören, wenn auch in der Ferne. Es war nicht dunkel. Etwas erhellte den Raum, aber er wusste nicht was es war. War noch zu schwach um es herauszufinden. Und je klarer er wurde, umso mehr konnte seinen Körper hören und spüren. Fühlte sie wie ein Wrack. So blinzelte erneut und sprach leise, noch immer liegend, weil sein Körper so schwer war:

„Wo…wo bin ich?“

Er hatte offenbar das Bewusstsein verloren gehabt und keine Ahnung wie er an diesen Ort gelang war. So lag er weiter seitlich da und sah sich nur mit dem Kopf um. Langsam hin und her. Und dann sah er links über seine Schulter etwas. Es versperrte die Sicht und schützte ihn wie ein Zelt über seinem Kopf. Kurz darauf nahm er etwas anderes deutlich wahr…Er hörte er ein Atmen. Es war sehr tief und es dröhnte hinter ihm nach vorne. So das er schließlich doch die Kraft fand sich wenigstens auf den Rücken zu drehen und nach links von sich zu blicken. Jeder Knochen schmerzte, aber es wurde auch mit jeder Minute besser. Was er allerdings dort sah…verschlug ihm die Sprache.

Im Nu war er wach gewesen und sah das Wesen neben sich leicht erschrocken an. Er fand peitschend wieder all seine Kräfte und raffte sich auf, wenn auch leicht unter Schmerzen. Kam auf die Knie und rutschte etwas weiter nach hinten. Sah es an…Es war ein Drache. Er lag neben einem Drachen, der ebenfalls bewusstlos zu sein schien. Sein tiefes Atmen dröhnte und vibrierte in Caim seiner Brust.

Wie kam er…? Und dann verstand er es. Die Erinnerung kam langsam zurück. Er hatte ihn gerettet. Sofort konnte er sich komplett an das erinnern was passiert war. Er war gefallen. Er war in diese verdammte Schlucht hinter sich gefallen und der Drache sprang ihm nach. Dieser schneeweiße Drache der dort lag hatte ihn gerettet. Nein…Nier hatte ihn gerettet.

Dieser Drache war Nier. Er muss ihn im Fallen aufgefangen und mit seinem Körper offenbar geschützt haben. Vor jeder Klippe und Felsen die er sonst bestimmt erwischt hätte. Das würde auch erklären warum er sich nicht regte. Er war auch durch den Aufprall bewusstlos geworden. Aber er schien keinerlei Verletzungen zu haben. Zumindest keine die er äußerlich sehen konnte. Und ihm wurde klar, dass er so die Chance hatte ihn genauer zu begutachten. Er war wunderschön. Noch nie hatte Caim ein anmutigeres und kräftigeres Wesen gesehen. Es strahlte Stärke und Anmut mit jeder Faser seines Körpers aus. In seinen Augen…war es ein perfektes Lebewesen. Und weil er sich nicht halten konnte, fasste er neugierig an die schuppige Haut neben dem langen Hals. Sie war an einigen Stellen rau, aber im Grunde eher weich. Wie bei einer Schlange. Und während er dort die Hand verweilen ließ, konnte er den starken Puls unter der Haut donnern hören. Er war ruhig und stark. Was ein gutes Zeichen war. Also muss es ihm gut gehen. Warum…erleichterte ihn das alles? Er war erleichtert zu wissen dass es Nier gut ging. Wann…war das denn passiert? Wann fing er an sich um ihn zu sorgen? Und als er ihn so berührte, zischte ihm nebenbei eine Erinnerung plötzlich durch den Kopf. Er erinnerte sich an die Sache in der Apotheke, kurz nach dem sie sich kennengelernt hatten. Sah es wieder vor sich…wie er den Jungen auf die Theke gedrückt hatte und ihm so nahe war. Ihre Körper sich so nahe gewesen waren dass…Sein Herz machte kurz einen Hüpfer und er riss sich wieder aus seinen Gedanken. Aufhören! Was sollte das?! Und dann ließ er mit der Hand von dem Drachen ab und sah zu dem Kopf. Sah wie die Augen geschlossen waren und er noch immer schlief. Er hatte ihn gerettet…Nier hatte ihn wirklich gerettet…

Was auch langsam mal Zeit wurde. Also das er sich für die ganzen Rettungsaktionen von Caim revanchierte. War ja wohl das Mindeste…

Und dann sah er sich um. Sah wie er auf dem rechten Flügel des Drachen saß und der Andere ihn wie ein Zelt über ihm in Schutz nahm. Okay, dann hatte er noch mehr getan als ihn zu retten. Er schien ihn noch zu schützen und zu wärmen. Denn von dem gewaltigen Drachen kam eine unglaubliche Wärme her. Er strahlte sie aus jeder Faser aus. Was Caim aber nicht ganz verstand: warum war er noch so? Warum lag noch immer ein Drache neben ihm? Sollte er durch Erschöpfung nicht wieder normal werden? War er noch nicht erschöpft?

Vorsichtig und vielleicht auch etwas verrückt sich einem Drachen zu nähern der ihn vorhin noch töten wollte, kam er näher an den Kopf des Drachen und sah ihn an. Strich sanft unter dem Auge die schuppige Haut entlang. Und dann fragte er lauter, aber nicht zu laut:

„Kannst du mich hören?...Nier? Hey Nier!“

Er konnte es. Denn kurz darauf regte sich der Drache auch schon. Ein lautes Grummeln entwich seiner Kehle und er schmatzte kurz mit dem Maul auf und zu. Seine müden Knochen kamen langsam in Fahrt, so dass sich auch sofort die Augen schwach öffneten und er mit diesen halb verschlossen vor sich ins Nichts sah. Caim allerdings war erstaunt. Seine Augen…sie waren nicht mehr rot. Sie waren in demselben Blau, was auch seine menschliche Gestalt hatte. Und man konnte in diesem Blau eine schlitzartige, schwarze Pupille sehen. Was zum Teufel ging hier vor? Das war nicht normal. Oder war DAS hier normaler als die roten Augen?

Und dann hob der Drache müde seinen Kopf vom Boden und sah zu Caim rüber. Ihre Blicke trafen sich und der Mensch konnte fühlen dass dies nicht mehr ein Unbekannter, oder Monster hinter den Augen war. Das was er sehen konnte war Nier. Er sah es ihm in den Augen an. Es waren die Selben treudoofen Augen wie immer. Mit denen er dann auch blinzelte und müde sprach:

„Caim…? Was ist passiert…? Geht es dir gut?“

Ob es ihm gut ging? Das war wirklich eine Frage die ihn sorgte? Interessant. Caim konnte die Stimme wieder in seinem Kopf hören. Es war nicht so als würde die Echse vor ihm dazu das Maul bewegen, vielleicht etwas den Kopf, aber aus seiner Kehle entwich kein einziges Wort. Es war alles in seinem Kopf zu hören. Telepathie. Langsam kam er von dem Flügel, auf dem er gelegen hatte, unter sich, runter. Stand auf und machte einige Schritte davon nach hinten. Er fühlte sich besser und konnte wieder stehen. Nur seine Schulter zickte noch etwas rum. Er hielt sich mit der einen Hand noch über die schmerzende und verbundene Wunde an der Schulter und sah den Drachen nun etwas weiter weg vor sich. Ihm fiel auf: er war schon ziemlich groß. Jetzt erkannte er erst mal das Ausmaß seiner Größe, vorher hatte er da nie so wirklich drauf geachtet. Nier sah ihn noch immer liegend an und bemerkte den abcheckenden Blick seines Gegenübers, so dass er den Kopf etwas seitlich legte und fragte:

„Was ist los? Stimmt etwas nicht?“

Ob was nicht stimmte? Er hatte es wohl noch nicht realisiert was los war. Und das sagte Caim ihm dann auch, wenn noch etwas erschöpft und verwundert:

„Ob etwas nicht stimmt? Mir geht’s gut, aber was ist mit dir?“

Nier sah ihn noch immer verwirrt an. Es war witzig, aber man konnte in dem schuppigen Gesicht wirklich Emotionen ablesen und sehen was er dachte oder fühlte. Komisch das ein Drache sowas hatte. Daher erkannte Caim auch die Verwirrung in der Fratze vor sich.

„Mit mir? Was soll mit mir sein?“

Und da erinnerte sich Nier schlagartig an das was passiert war! Bilder der Erinnerung rasten an ihm gedanklich vorbei. Es war wieder alles da von dem Sturz. Sofort fand er wieder all seine Lebensgeister und kam laut und schnell hoch. Er saß auf der Stelle, auf seinem Hintern und sprach laut:

„Ah! Ich erinnere mich! Wir sind gefallen! DU bist gefallen! Und ich bin dir dann gefolgt! Ich bin auch gesprungen! Und ich konnte dich gerade noch fangen! Aber ab dann weis ich nichts mehr! Geht es dir gut?! Bist du verletz?! Wie haben wir das eigentlich überlebt?! Wir sind so tief gefallen und..!“

So wie er da saß wirkte es irgendwie süß. Dieser große und gefährlich aussehende Drache saß da auf seinem Hintern wie ein kleines Kind. Sein Schwanz wedelte von links nach rechts wie der eines Hundes und er gestikulierte mit den Flügeln beim erklären. Er verhielt sich wie ein Mensch. Was wohl daran lag das der Kopf und das Herz eines Menschen da drin waren. Doch Caim war sehr schnell genervt von dem Riesenbaby das da vor ihm saß und nicht aufhörte Fragen zu stellen, so dass er tief einatmete und dann fauchte:

„Halt endlich mal die Klappe!“

Er zeigte dabei auf den Drachen vor sich. Und schlagartig machte das Nier auch und zuckte zusammen. Er sah den genervten Caim vor sich an und ihm fiel plötzlich auf…dass er so niedrig war. So klein. Also er musste zu ihm runter sehen und das verwirrte ihn. Doch sein Gegenüber sprach gleich weiter:

„Wie soll ich klar denken, wenn du die ganze Zeit rumheulst?!“

Und Nier sah ihn weiter an…

„Ähm…Caim?“

„Was?!“

„…Warum…bist du plötzlich so klein?“

Und der Mensch sah ihn etwas ungläubig und erschrocken dabei an. War das echt sein Ernst?! Offenbar hatte er nicht mehr realisiert dass er ein verdammter Drache war. So das Caim den Kopf schüttelte vor Entsetzten und dann sprach:

„Willst du mich verarschen? Schau mal an dir runter du Trottel!“

Etwas verdutzt sah ihn Nier an. An sich runter sehen? Nebenbei war er auch etwas beleidigt weil Caim wieder so böse mit ihm sprach. Dennoch tat er das was ihm gesagt wurde und sein Blick fuhr an sich herab…Es wurde sehr still für einige Sekunden. Man hörte nur noch das Plätschern von Wasser im Hintergrund. In seinem Gesicht zeichneten sich Angst und Schrecken ab und er atmete schneller. Es war laut und deutlich zu hören. Dann hob er seine Arme und sah die Klauen an der Stelle wo seine Finger sein sollten. Drei spitze Klauen und weiter hinab gingen sie schließlich in Flügel über. Sah seinen Bauch der grau und groß war. Seine Füße die ebenfalls aus drei einzelnen Klauen bestanden und seine Haut die dazu weiß und Schuppig war. In seinem Kopf ratterte es voller Schrecken hin und her und er stand Sekunden danach auf. Auch wenn sein linkes Bein etwas weh tat. Aber das realisierte er kaum durch die Panik. Er fasste sich mit den Klauen an den Flügeln überall hin und tastete sich ab. Fühlte wie sein Gesicht länger geworden war und er nun eine Schnauze besaß. Dabei sprach er immer wieder erschrocken:

„Nein…Nein nein nein, dass kann doch nicht…!“

Und dann sah er verwirrt hinter sich und sah seinen langen Schwanz von rechts nach links wedeln, wie als würde er sagen: Hallo hier bin ich! Und das gab ihm dann endgültig den Rest. Er brüllte auf:

„Whhhaaaaaaahhhhhhhhhhhhhhh!!!!“

Brüllte wie ein kleines Mädchen dass eine Spinne gesehen hatte und fing an voller Panik auf dem Platz vor sich und hinter Caim, im Kreis zu laufen. Er lief um Caim herum und schrie immer und immer wieder. Versuchte dabei die Haut von sich zu ziehen, als würde er nur ein Kostüm tragen und der Mensch sah ihm verstört und genervt dabei zu. Wow…was machte er da?! Nier lief immer weiter im Kreis und schrie: dass es aufhören soll. Oder: Was ist hier los? Wie ein Mantra. Obwohl ihm sein linkes Bein schrecklich wehtat machte er einfach weiter und hatte den Schmerz vergessen. Und Caim sah ihm nur zu, bis er schließlich laut sprach, ohne den Drachen aus dem Blick zu lassen:

„Hey jetzt komm mal wieder runter! Hey! Nier du musst…! Hey!!“

Aber der Drache hörte nicht zu und verfiel immer mehr in seine Panik. Rannte immer weiter und brüllte wie ein Baby. Caim ließ von seiner Wunde an der Schulter ab und faste sich mit der rechte Hand an die Stirn und unter sein Haar. Oh mann…Sprach leise zu sich selbst:

„Okay so wird das nichts.“

Er musste den Trottel zur Besinnung bringen. Also sah er sich um und fand auch schon was womit er vielleicht seine Aufmerksamkeit bekommen konnte. Und während Nier weiter schrie wie ein Baby und nicht klar denken konnte, spürte er dann plötzlich wie ihm von hinten ein großer Stein an den Kopf donnerte und er blieb stehen. Er verschluckte sich etwas an seinem Schrei dabei und musste dann husten. Sah danach aber zu Caim, der verdammt sauer aussah und dann ebenso wütend auf ihn zu stampfte. Da der Drache etwas gebückt dastand und den Kopf weiter nach unten hängen hatte, konnte Caim an diesen rankommen und fasste ihn fest mit beiden Händen, zog ihn näher an sich heran und fauchte den Drachen direkt ins Gesicht:

„JETZT HALT DIE KLAPPE! Reiß dich gefälligst zusammen!!“

Und kurz darauf donnerte der Drachen, wie aus Reflex, mit seinem Hintern auf den Boden und saß wieder da. Als hätte ihm Caim ein Kommando wie: SITZ gegeben. Er kam wirklich emotional etwas runter und Caim ließ den Kieferknochen der Bestie wieder los. Verschränkte die Arme vor sich und maulte weiter:

„Jetzt bist du endlich mal klar in deiner Drachengestalt und dann rennst du rum und heulst wie ein Riesenbaby!!“

Weil er so stinkig war holte er auch mit dem rechten Bein aus und trat gegen das linke große Bein von Nier. Dass das wehtat. Der jammerte darauf sofort auf und sprach:

„Auauauau! Das tut doch weh! Warum bist du so gemein zu mir?!“

Fasste sich mit den Flügelarmen an das Bein und pustete, als Caim sprach:

„Gegenfrage: warum gehst du mir so auf den Sack?!“

„Du bist gemein Caim! Du bist so ge…“

„Warte mal…Dir tut das Bein weh?“

Sprach Caim plötzlich viel entspannter und ernst. Er verschlug Nier damit erneut die Sprache und der sah zu ihm runter und beobachtete ihn genau. Sah wieder Mensch an das Bein des Drachen lief, dass ja wehtat und dann sanft daran fasste. Und obwohl Nier dicke Schuppen hatte, so konnte er die sanfte Berührung dennoch fühlen. Es tat sehr gut…So schwieg er und genoss das sanfte Streicheln über seine Haut. Zumindest bis Caim abließ und es nur ansah. Das Gesicht unwohl verzog. Er war also doch verletzt. So sah er wieder links zu dem Drachen hoch und fragte:

„Du kannst es aber noch bewegen, oder?“

Nier nickte.

„Hm hm. Aber es tut weh wenn ich das mache.“

Auch das noch. Hoffentlich hatte er sich nicht so schlimm verletzt. Was Caim nicht gebrauchen konnte war ein Riesenbaby mit einem verstauchten Bein. Tragen konnte er ihn nämlich definitiv nicht. Aber warum verwandelte er sich nicht mehr zurück? Noch mal: das letzte Mal passierte die Rückverwandlung als er zu erschöpft war. War er etwa noch nicht an seinem Limit? Oder konnte er es nun vielleicht doch kontrollieren? Es gab nur einen Weg das rauszufinden…

„Hey Caim? Meinst du es ist sehr schlimm?“

Fragte Nier unsicher und hob noch mal leicht sein Bein. Es tat weh. Wahrscheinlich noch mehr als vorher weil er eben so im Kreis gerannt war. Das war dumm. Aber er war halt komplett dem Panikmodus verfallen gewesen. Noch nie zuvor war er in seiner Drachengestalt klar bei Verstand. Nie konnte er sich daran erinnern was er zu der Zeit machte. Und seine Erinnerungen fingen auch erst ab da wieder an wo Caim fiel. Alles davor war nicht da. Was war nur alles passiert?

„Kannst du dich zurück verwandeln?“

Verwirrt sah der Drache zu ihm runter und legte den Kopf etwas schief als Caim das gefragt hatte.

„Ähm…naja wenn ich wüsste WIE hätte ich es schon längst getan…Oh nein! Was ist wenn ich mich nie mehr zurückverwandeln kann?!“

Caim seine Mine verzog sich schon wieder in das Genervte. Bitte nicht. Er fing wieder an panisch zu werden. Zumindest klang seine Stimme schon so, denn sie wurde am Ende wieder höher in ihrer Tonlage. Er trat ihm gleich wieder gegen das Bein wenn er so wieder anfing! Nier sah wieder über all an sich herum und sprach dabei:

„Wie soll ich mich denn mit der Größe verstecken?! Ich passe ja nicht mal mehr mit euch in ein Zimmer!...Ah! Was soll Yonah denken wenn sie mich so sieht?!“

„Sie wirds verkraften. Hat dich ja schon öfters so gesehen. Und da ihr eh nie Sex haben werdet ist das also eh egal.“

Kam es sehr locker von Caim, aber Nier fand das nicht witzig!

„Lass das! Das hat doch damit nicht zu tun! Ich will wieder normal sein! Was mache ich nur Caim?!“

„Das fragst du mich?! Ich bin der der mit einem Drachen im tiefsten Keller feststeckt! Und dann noch mit einem der keine Ahnung hat wie er eigentlich funktioniert! Denkt mal jemand an mich?!“

Nier sah ihn sauer an wegen den Sätzen.

„Du bist so ein Arschloch! Ich habe dir eben das Leben gerettet!“

„Wenn ich beim Sturz draufgegangen wäre müsste ich mir jetzt nicht dein Gejammer anhören! Da wäre ich lieber tot!“

Und sie stritten erneut. Es war egal wie Nier dabei aussah, ob Drache oder Mensch, Caim fand immer einen Grund um sich mit ihm zu streiten. Aber etwas war anders. Etwas hat sich sehr verändert, auch wenn der Drache es nicht bemerkte…Caim war anders zu ihm. Sicher hatte er noch immer den schroffen Ton und das Fiese an sich, aber er berührte den Drachen ganz anders. Seit dem was er oben an der Klippe zu Nier gesagt hatte, hat er sich verändert. Er sah den Knirps vor sich. Er hörte ihm zu. Und er sorgte sich sogar leicht um ihn. Und es sorgte ihn dass er einen Drachen mit einem angeknackten Bein vor sich sah der keine Ahnung hatte wie er sich wieder zurückverwandeln konnte. Er konnte ihm nicht helfen. Weder mit seiner Rückverwandlung noch mit dem Bein. Solange er in dieser Gestalt war erst recht nicht. Aber vielleicht konnten sie doch etwas Nützliches aus der Situation herausholen. Wenn Nier schon nicht laufen konnte, dann konnte er aber fliegen. Was bedeutete er könnte sie wieder hoch zu Inuart und…

„Ich möchte nicht für immer so bleiben! Ich möchte wieder ein Mensch sein!“

Heulte Nier schon fast zum Himmel hoch. Das war das Schlimmste was ihm passieren konnte. Er wollte nicht anders sein als der Rest. Nicht noch mehr anders sein, als er es eh schon war. Nie wollte er ausgeschlossen werden. Er hatte Angst davor. Und als er sich alle möglichen Horrorszenarien durch den Kopf donnern ließ…geschah es plötzlich: Er fing an zu leuchten und Caim machte einen Schritt zurück vor Schreck. Was zum..?! Das Licht hüllte den Drachen komplett ein. Erneut waren da wieder diese komischen Symbole. Engelssprache im hellen Licht. Und Nier sah zu dem Menschen dabei. Ob wohl er sich wunderte sprach er nichts und man sah wie er immer kleiner wurde. Wie sich seine Gestalt verformte und er sich veränderte. Und als das Licht wieder aufhörte zu schimmern und man Nier wieder sehen konnte, da saß da ein Junge. Nämlich der den man kannte.

Er saß wieder als Junge vor dem Braunhaarigen und blinzelte ihn verwirrt an. Sofort floh sein Blick auf seine Hände. Sie waren wieder da! Seine menschlichen Hände waren zurück! Er begutachtete sie von allen Seiten und sah wieder komplett auf sich hinab. Er war wieder normal! Doch etwas war anders. Und das fiel Caim auch sofort auf.

Da saß dasselbe Rotzgör wie immer vor ihm. Aber anstatt das er nackt war, wie beim letzten Mal nach der Rückverwandlung, saß er bekleidet dort. Er trug aber nicht das was er vorher angehabt hatte. Seine Haare waren wieder hochgesteckt und geflochten wie immer. Nichts war da anders. Aber seine Kleidung war interessant. Er trug offenbar ein weißes, langes Oberteil und eine kurze ebenso weiße Hose. Doch über das Oberteil hatte er sowas wie eine mittelalterliche, dunkelgraue Tunika, die an der linken und rechten Seite offen war und ihm nur bis knapp über den Bund der Hose ging. Sie war in einem schönen dunkelgrau und schöne Verzierungen waren am unteren Rand dieser zu erkennen die hellgräulich schimmerten. Auch trug er lange und graue Stiefel bis kurz unter die Knie, darüber sah man nackte Haut. Er sah aus wie aus einer anderen Zeit. Sowas hatte Caim noch nie gesehen. Aber es stand ihm verdammt gut. Und zum ersten Mal…fand Caim ihn hübsch. Etwas…hatte sich in ihm verändert. Er sah Nier plötzlich ganz anders…

Der Weißhaarige sah zu ihm und sprach laut und erfreut:

„Ich bin wieder ich! Es hat geklappt!“

Ja das sah er. Aber wie hatte er das gemacht?

„Weißt du woran das lag?“

Fragte Caim ihn und der Junge schüttelte den Kopf.

„Keine Ahnung! Aber ist doch egal! Ich bin wieder ein Mensch!“

„Du verdammter, blöder Idiot!!“

Fauchte ihn Caim plötzlich an und kam näher. Stellte sich genau vor ihn und sah runter während Nier verdammt erschrocken und verwirrt aufsah. Warum war er wieder so sauer?! Konnte dieser Mann auch mal nicht sauer sein?! Was hatte er denn jetzt wieder falsch gemacht?! Doch Caim erleuchtete ihn gleich mit lauter Stimme:

„Du hast wieder mal nicht dein Hirn benutzt! Wie sollen wir denn ohne deine Flügel wieder nach oben zu Inuart kommen! Hast du auch nur eine Sekunde mal darüber nachgedacht?!“

Oh…Nier sah sich an und realisierte das. Etwas unschuldig und hilflos grinste er Caim dann an und sprach danach:

„Das ist mir wohl entfallen, hehe…“

„Du machst mich noch verrück!“

Es machte es nicht gerade besser das Nier diesen Satz gesagt hatte. Im Gegenteil, es brachte Caim nur noch mehr auf die Palme! Dieser trottelige, dumme Anfängerdrache! Er lief einige Schritte von dem Jungen weg und fasste sich mit der rechten Hand an die Stirn. Das konnte doch einfach alles nicht wahr sein. Nicht nur das sie Inuart völlig alleine im Krankenhaus gelassen hatten, sie saßen auch noch hier im Nirgendwo fest und hatten keinen Drachen mehr der sie auf denselben Weg rausbringen könnte wie sie hier ankamen! Konnte es echt noch schlimmer werden?!

„AU!“

Hörte er dann plötzlich Nier hinter sich brüllen und sah erschrocken hin. Jap, es konnte schlimmer werden. Immer musste er den Teufel an die Wand malen…Er sah wie der Junge auf den Knien war und sich mit schmerzverzerrtem Gesichtsausdruck das linke Bein hielt. Dasselbe an dem Caim vorher gewesen war. Also doch. Er war verletzt und offenbar nicht gerade wenig. Er kam auf den Weißhaarigen zu und dann vor ihm in die Hocke, sah zu dem Bein und fragte neutral:

„So schlimm ja?“

Nier sah auf und zu ihm.

„Ich muss mir bei dem Sturz sehr wehgetan haben. Nicht nur das mein Bein noch schlimmer schmerzt als vorher und ich es kaum mehr bewegen kann, auch mein Körper fühlt sich so schlapp an und meine Knochen tun etwas weh.“

Dann hatte er sich bei dem Sturz doch einiges geprellt. Aber mehr innerlich. Mist. Caim hatte sich sowas schon gedacht, aber nicht gehofft. Gehofft das er sich irrte.

Er sah zu dem Bein und fasste es dann vorsichtig mit beiden Händen an. Tastete es ab und suchte den Grund für die Schmerzen. Er war darin nicht so gut wie Inuart, aber etwas konnte er schon. Nier verzog das Gesicht schmerhaft und ließ ihn einfach machen. Er war erstaunt dabei. Caim war so…sanft und vorsichtig. Es war wie damals mit den Haaren. Als er ihm diese geflochten hatte.

Sanft strich Caim mit der rechten Hand das Bein des Jungen entlang und tastete ab. Es tat schon weh. Aber wenn der Dunkelhaarige seine Haut berührte…war der Schmerz fast wie weggefegt. Es war schon komisch. Warum fühlte er so? Und warum schlug ihm das Herz wieder bis zum Hals? Er lief leicht rot an und sah ihm einfach nur weiter zu. Behielt den Älteren genau im Auge. Jede seiner Bewegungen…Doch als Caim an eine Stelle weiter unten am Knöchel fasste, zuckte Nier stark auf, selbst durch die Stiefel. Es tat weh! Und er jammerte kurz:

„Aua! Nicht da!“

Caim hörte auf und sah an die Stelle am Knöchel. Seufzte. Das hatte er sich schon gedacht. Wahrscheinlich war der Knöchel verstaucht. Solange es aber nur DAS war dann war es einigermaßen okay. Man konnte sagen: mit einem blauen Auge noch mal davon gekommen. Das hätte wesentlich schlimmer sein können bei dem Sturz aus der Höhe. Also musste seine Drachenhaut sehr robust sein. Hatte vielleicht das Schlimmste dabei abgefangen. Glück im Unglück. Er sah dem Jungen ins Gesicht und der zurück.

„Du hast dir offenbar etwas angeknackst, oder so. Hast noch mal Schwein gehabt, dass hätte schlimmer ausgehen können.“

„Es tut aber dennoch weh.“

„Sei nicht so ne Memme.“

Nier verzog das Gesicht muffig. Wie gemein…Caim stand wieder auf und sah sich um. Da konnte man erst mal nichts machen. Das Bein brauchte Ruhe um sich zu heilen. Musste eigentlich noch gestützt werden. Am besten mit einem Verband, aber er hatte nichts dabei. Das hatten alles Inuart und Nier eingepackt. Konnte man nichts machen. Da musste Nier jetzt vorerst durch.

Und endlich machte er sich mal genauer ein Bild von der Umgebung.

Es war interessant. Sie waren in einen Spalt unter dem Krankenhausparkplatz gefallen, aber dennoch waren sie unten in einer Art Höhle gelandet. Wie kam die hier her? Sie konnte eigentlich nur früher schon hier gewesen sein und der Spalt hatte den Weg zu ihr eröffnet. So sah er einen großen Raum und viele scharfe Klippen und Steine um sich herum. Und nicht weit hinter Nier floss sogar ein kleiner Fluss, leise und sanft. Er floss nach rechts von ihnen. Da sie aber unter der Erde waren konnte er nicht wissen in welche Himmelsrichtung dieser floss. Das machte er immer oben an Gebäuden in Tokyo fest um sich zu orientieren. Auch sah er um sich Moos und Pflanzen wachsen. Keine Blumen, nur Sachen die in der Dunkelheit wuchsen. Aber ehrlich gesagt war es nicht mal wirklich dunkel. Und als er hoch sah wusste er auch warum: Er sah Gestein das leuchtete. Es erhellte den Raum über ihnen und schien bis nach unten. Deswegen also, deswegen wuchs hier unten auch etwas. Es war geradezu magisch und leuchtete in einem weißen Licht. Er wusste nicht mal dass es sowas gab. Dann sah er wieder zu dem Fluss. Sie könnten versuchen diesem zu folgen. Das wäre ne Möglichkeit. Doch nicht mehr heute. Es wurde sicherlich bald dunkel draußen und dann wollte er nicht auf den Straßen sein wegen der Legion. Und Nier brauchte Ruhe. Nicht nur wegen seinem Bein, auch weil er sich oben gegen dieses Monster sehr verausgabt hatte. Caim sah ihm das an. Selbst jetzt, wenn er wieder zu ihm hinter sah, konnte er es sehen. Konnte sehen wie er schwach atmete und kaputt aussah. Was bedeutet: Sie müssten hier übernachten.

Er seufzte und sprach:

„Wir bleiben erst mal hier. Morgen suchen wir dann einen Weg hier raus.“

Als er das sagte sah ihn Nier erschrocken an. Was?! Hier übernachten!? Und das bis morgen?! Das passte ihm überhaupt nicht. So schüttelte er energisch den Kopf und stützte sich mit den Armen vor sich am Boden ab. Er saß aber noch immer und sprach laut zu Caim vor:

„Erst morgen?! Das können wir nicht machen Caim! Ich habe Yonah versprochen das wir heute wieder zurückkommen! Sie wird schreckliche Angst bekommen! Wir müssen gehen!“

Der Ältere drehte sich zu ihm um. Seine Stimme mit einem ersten Ton erfüllt:

„Wir gehen nirgends hin. Du bist verletzt und musst dich ausruhen. Inuart wird schon wieder zu ihr gehen und dort einige Tage warten ob wir wieder kommen. Ich kenne ihn. Er geht immer nach dem Schema vor.“

„Und was ist mit Yonah!? Sie weis nicht dass wir noch leben! Sie wird sich schreckliche Sorgen um mich machen! Ich muss sie wissen lassen dass es mir gut geht!“

„Du kannst ja nicht mal stehen.“

„Doch kann ich!“

Und da versuchte sich der Junge aufzurappeln. Er kam wieder auf die Beine aber verzog auch schon wieder das Gesicht vor Schmerz. Und kurz darauf klappte er wieder zusammen. Sein Bein konnte sein Gewicht nicht mehr halten. Es brannte wie Feuer und tat weh. Also lag er auf dem Bauch und schnaufte müde. Nein. Er musste aufstehen. Er musste zu Yonah. Verzweifelt versuchte er es wieder erneut und Caim drehte sich komplett zu ihm um. Verschränkte die Arme und ließ ihn machen. Er musste sich selbst in die Realität holen. Da konnte er Nier nicht helfen. Also ließ er ihn weiter machen bis er aufgeben würde. Die Einsicht musste von selbst einsetzten. Doch Nier schaffte es nicht mal mehr bis auf die Beine. Bereits auf den Knien tat ihm alles schon weh und er fiel wieder nach vorne auf den Boden. Wurde mit jeder Sekunde schwächer. Er schrie kurz auf vor Schmerz und blieb dann einfach liegen. Sein Körper vibrierte vor Wut über sich selbst. Er zitterte. Nein. Nein er durfte nicht aufgeben! Und so sprach er zu sich selbst und raffte sich mit dem Oberkörper leicht auf:

„Steh auf…Du musst aufstehen…Yonah…Ich muss zu Yonah! Steh auf verdammt!“

Er fauchte sich selbst an. Gab sich selber die Sporn. Aber es brachte nichts. Er klappte wieder erschöpft zusammen und atmete schwer am Boden entlang. Fühlte nun endlich was Caim ihm schon angesehen hatte…er war erledig. Er war so geschafft und ihm tat alles weh. Noch nie war er so erschöpft und verletzt gewesen. Und es kotzte ihn an. Er sah verzweifelt und wütend einfach nach vorn und sprach dann:

„Bitte…Ich muss zu Yonah…“

Caim sah nur weiter zu ihm und erblickte das Elend. Normalerweise würde er sich an sowas erfreuen, aber dieser Anblick löste nichts der gleichen in ihm aus. Er sah ihn an und fühlte…Mitleid. Dieser Junge versuchte echt alles für das Mädchen, dass er als seine Schwester ansah, zu erreichen. Rührend. Er schüttelte dann den Kopf und sprach:

„Du bist fertig für heute. Akzeptier das einfach.“

Doch das war nicht so leicht. Nier sprach laut und verzweifelt zu ihm rüber:

„Du verstehst das nicht! Bitte! Ich muss zu ihr! Ich muss zu meiner Schwester!“

„Ich verstehe das sehr gut du Blödmann!“

Er konnte das wirklich verstehen. Er hatte auch mal eine kleine Schwester gehabt…

Und als er das zu Nier lauter und sichtlich sauer gesprochen hatte, sah der Weißhaarige vom Boden aus zu ihm und schien verwundert. Caim sah ihn noch etwas ernst an, aber lief dann plötzlich los und kam direkt auf ihn zu. Kaum als er bei ihm war kam er neben ihn und half ihm hoch. Nein…er half nicht nur, er hob ihn sogar hoch und trug ihn plötzlich weg. Trug ihn wie eine Prinzessin in den Armen und lief hinter in eine Ecke. Nier sah ihn dabei nur erstarrt an und wurde leicht rot. Warum…machte er das? Er brachte damit nur wieder sein Herz dazu schneller zu schlagen. Er sollte das nicht tun. Bitte nicht…Es war ihm unangenehm.

Caim empfand aber nichts dabei und setzte ihn dann vorsichtig in einer Ecke auf weiches Moos. Und Nier sah ihn nur weiter errötet dabei an. Er war wie erstarrt und Caim schien etwas verdutzt wegen diesem Blick der ihm zugeworfen wurde. Es war ein…leicht anhimmelnder Blick. Was sollte der Blödsinn? Ihm wurde unwohl und er hielt dem nicht mehr stand. So das er wegsah und nach Steinen suchte. Kleine Steine mit denen er ein Lagerfeuer bauen konnte. Moos zum Brennen hatte er genug. Und etwas Holz lag auch um sie herum. Wo kam denn Holz her? Aber war auch egal. Er sprach:

„Du bleibst hier mit deinem Arsch hocken und schonst dich. Ich mache uns ein Lagerfeuer.“

Und als er dann weg ging und Steine sammelte kam Nier auch schlagartig wieder zu sich. Er sah verwirrt auf den Boden und schüttelte den Kopf. Haute sich mental selber ins Gesicht und trat sich in den Arsch dabei. Was war nur los mit ihm? Wieso himmelte er ihn eben so an? Und warum schlug sein Herz immer noch als wäre er einen Marathon gerannt? Er war doch nicht etwa…? Sofort schüttelte er wieder den Kopf. Nein. Nicht darüber nachdenken! So sah er ablenkend zu seinem verletzten Bein und verzog das Gesicht traurig. Das hatte er wieder mal toll hinbekommen. Hatte sich verletzt obwohl er Caim helfen wollte. Und nun saßen sie hier fest und konnten nicht zu Inuart und Yonah zurück…Er hasste sich gerade etwas. Aber auch andere Gedanken kam ihm, als er auf das Bein sah und dann an sich herab: woher…kannte er die Kleidung? Sie kam ihm bekannt vor? Aber er erinnerte sich nicht woher. Und warum konnte er sich zurückverwandeln und trug Kleidung? War dass Magie gewesen? Gab es sowas?

Caim kam wieder bei ihm an und fing an das Lagerfeuer zu bauen. Er zog vorher seinen Rucksack aus und wühlte darin rum. Zog etwas Essen in Dosen hervor und eine Wasserflasche. Beides stellte er rüber zu Nier und sprach:

„Fang du schon mal an. Ich bringe erst das Holz zum brennen.“

So legte er die Steine in einen Kreis und machte Moos und Holz in die Mitte.

Nier sah derweil das Essen vor sich an. Er…teilte mit ihm? Inuart hatte noch den Rucksack des Weißhaarigen, also auch alles an Proviant was er dabei hatte. Und so nahm er vorsichtig die Wasserflasche in die Hände und sah dann Caim zu. Er sah wie der Ältere Moos und Holz zwischen viele größere Steine gelegt hatte und mit zwei Steinen in seinen Händen aneinander schlug. Da er kein Feuerzeug mehr hatte musste er es auf die altmodische Art versuchen. Und er hatte sogar Glück. Er schlug einige Funken und brachte das alte Holz und Moos zum brennen. Im Nu hatten sie auch ein ordentliches Lagerfeuer. Und man sah Caim auch an dass er sehr stolz auf sich war. Er hatte ein leichtes Schmunzeln im Gesicht. Kam sich aber auch vor wie ein Urzeitmensch der zum ersten Mal Feuer gemacht hatte. Nier dagegen gefiel das Schmunzeln.

Sofort setzte sich sein Gegenüber auch vor das Lagerfeuer und seufzte aus. Griff dann vorbei und nahm sich eine Dose, die vor Nier seinen Körper lag, weg. Machte bei dieser den Deckel auf und holte sich zwei Gabeln aus dem Rucksack. Einen warf er Nier vor die Beine und mit dem Anderen fing er an das Dosenfleisch aus der Dose zu essen. Sah kurz zu dem Weißhaarigen rüber der noch die Flasche in seinen Händen anstarrte. Okay…

„Willst du was trinken, oder lieber nur das Wasser anstarren? Und ess gefälligst was.“

Sprach er dann zu Nier und der sah wieder zu ihm. Fühlte sich kurz ertappt und fing dann an die Flasche aufzuschrauben und trank einen Schluck. Das Wasser tat seiner Kehle gut und er seufzte danach sehr laut. Drehte die Flasche wieder zu und sah vor sich in das Feuer. Er sah nicht gut dabei aus. Man sah ihm Trauer an. Das er in Gedanken war. Caim sah das. Nier sprach plötzlich tatsächlich in Gedanken versunken zu ihm:

„Du hattest recht.“

Caim schluckte runter und sah zu ihm. Er schmunzelte kurz frech und antwortete:

„Das habe ich sehr oft. Und immer wieder sind alle überrascht deswegen.“

Doch Nier reagierte darauf nicht, sah ihn weiterhin nicht an und fuhr fort:

„Ich bin wirklich erbärmlich…Ich habe Yonah versprochen am Abend wieder da zu sein und das kann ich nicht halten…Und ich habe mich von diesem Japaner herum schupsen lassen wie ein kleines Mädchen. Er hätte mich vergewaltigt wenn du nicht gekommen wärst. Und das Schlimme ist…ich hätte ihn locker erledigen können. Aber ich konnte es nicht. Ich war so voller Angst gewesen und ich kann nicht mal sagen warum. Es war als…als hätte ich mich an was erinnert. Und es lähmte mich…“

Caim aß noch einen Happen und sah ihn weiter an. Das alles zu hören…das war schon mal ein guter Schritt. Er sah ein dass er Fehler gemacht hatte. Aber die Art wie er das sagte gefiel ihm nicht. Und so sprach er zu dem Kleinen rüber:

„Einsicht ist der erste Weg zu Besserung. Aber ich denke du gehst selbst zu hart mit dir ins Gericht. Du wirkst immer wie ein aufgescheuchtes Reh. Versuchst immer alles richtig zu machen und zu helfen. Und ich denke dass genau DAS dich fertig macht und für deine Fehler sorgt. Du tust ja gerade so als dürftest du keine Fehler machen…Jeder macht Fehler. Doch damit muss man klar kommen. Es gibt leider nicht den einen richtigen Weg. Also hau nicht selber so auf dich ein Nier.“

Und er aß weiter. Das waren sehr schlaue Worte gewesen und Nier sah erstaunt zu ihm rüber. Aber er sah nicht wegen der weisen Worte so zu ihm…sondern wegen was anderem. Und als sein Blick auf dem Älteren ruhte, merkte dieser das und sah wieder zurück. Schluckte sein Essen runter und sprach:

„Was? Was ist?“

Nier lächelte plötzlich sehr sanft zu ihm und sprach:

„Du…du hast mich bei meinem Namen genannt.“

Ja…Und? Caim zuckte mit den Schultern.

„Und?“

„Das hast du noch nie in solch einer Situation gemacht.“

Da hatte der Junge recht. Und obwohl er es nicht zugab wusste Caim genau warum er das tat…Nier hatte es sich verdient. Er hatte dem Menschen das Leben gerettet, obwohl er es nicht hätte tun müssen. Noch nicht mal Inuart hatte das geschafft. Und deswegen…hatte Nier seinen Respekt gewonnen. Wenn auch nur solange wie er es verdiente. Er würde ihm das aber nie sagen und sah wieder auf seine Dose und aß einfach stumm weiter. Der Drachenjunge verstand und lächelte noch etwas zu ihm rüber. Das war ihm Antwort genug. So war er halt. Er war nicht so offen mit Gefühlen. Aber das war ok. Nier war das sehr viel wert gewesen. Und es machte ihn froh. Sowas simples das ihn froh machte…

„Danke. Du kannst ja doch sehr nett sein, wenn du magst.“

Sprach er noch leise und etwas frech zu Caim rüber, so dass der plötzlich schnaubte, leicht rot anlief und etwas beschämt zu ihm rüber sprach:

„Hör auf mir Honig ums Maul zu schmieren und ess endlich was!“

Und der Weißhaarige nickte und fing ebenfalls an aus der Dose vor sich zu essen. Es war okay. Das war halt Caim. Und es reichte ihm dass er offensichtlich etwas beschämt deswegen gewesen war. Und während sie da still saßen und ihr essen aßen…fühlte sich Nier sehr wohl. Es war komisch. Er dachte sie würden sich an die Gurgel gehen, wenn sie lange allein sein würden. Aber seit sie allein waren…fühlte er sich plötzlich auch wohler. Er machte sich Sorgen um Inuart und Yonah. Sehr sogar. Aber allein mit Caim zu sein…das gefiel ihm gerade auch sehr. Es gab nur: dich und mich in dem Moment…

Und so saßen sie beide weiterhin einfach da und aßen.

Die Helligkeit in der Höhle veränderte sich nicht, also konnte man schwer feststellen wann es draußen dunkel war oder nicht. Man musste auf das Gefühl vertrauen. Keiner wusste auch wie lange sie ohnmächtig gewesen waren. Es könnten Stunden gewesen sein. Also im Grunde: keiner hatte einen Überblick über die Zeit. Aber Caim war sich noch immer sicher dass es noch nicht der nächste Tag sein konnte. Hatte das im Gefühl.

Er legte die Dose neben sich auf den Boden und streckte sich kurz. Seine Knochen taten nicht mehr ganz so weh und seine Wunde verheilte auch weiterhin gut. Nur noch Stechen und Schmerzen an der Stelle, aber wesentlich besser als vorher. Und ohne Jacke merkte er nun auch langsam die Kälte. Er besaß ja keine mehr, weil Inuart ihm die ausgezogen hatte um ihn zu verarzten. Zumindest wenn er sich von Lagerfeuer entfernte bemerkte er die Kälte deutlicher. Er war wer weis wie tief unter der Erde und das nur mit einem T-Shirt oberhalb bekleidet. War schon nervig. So rieb er sich über die Oberarme und bekam dadurch wieder Aufmerksamkeit von Nier, der das gesehen hatte. Der Junge schluckte runter und sprach dann etwas besorgt:

„Alles okay? Frierst du?“

Caim konnte nichts mit solch einer Freundlichkeit anfangen. Ehrlich gesagt irritierte sie ihn sogar sehr. So sehr das er nur plump nickte und zu ihm sprach, während er weiter das Feuer vor sich im Auge behielt:

„Geht schon. Es könnte schlimmer sein.“

Nier war verwundert über die Sache. War er wirklich so taff, oder machte er das als Selbstschutz? Wollte sich mal wieder keine Blöße geben, oder? Sah deshalb nachdenklich und leicht traurig von ihm weg.

Sowas…kannte er nicht. Seit er sich erinnern konnte, war ihm nie kalt gewesen. Als Drache hatte er wohl eine höhere Körpertemperatur als Menschen. Zumindest ergab das Sinn durch das Feuer in ihm. Und ihm wurde in der Sekunde wieder bewusst wie anders er doch war. Und er fragte sich immer wieder: warum das so war. Warum war er ein Hybrid? Er hoffte das mal herauszufinden. Wollte wissen woher er kam und warum er so war. Es ließ ihn einfach nicht locker. Und was ihn auch nicht locker ließ…war die Sehnsucht nach Yonah. Er fühlte sich nicht wohl dabei. Einfach zu wissen dass sie keine Ahnung hatte das es ihm einigermaßen gut ging und er lebte. Das sie allein in diesem dunklen Gebäude saß und auf ihn wartete. Es nagte sehr an ihm. Und Caim sah ihm das erneut an. Sah diesen nachdenklichen Blick. Es konnte nur um Yonah oder seine Drachengestalt gehen, was anderes gab es nicht. Mann war das nervig. Aber verstehen konnte er das schon irgendwo.

Und dann tat Nier etwas Ungewöhnliches. Er wusste selber nicht woher das kam, aber er hatte plötzlich das Bedürfnis dazu. So sah er weiter zu dem Lagerfeuer vor sich und fing an zu reden:

„Sjool paran moy'hi. Ar jar'ruk noy' sin. Dha gya'left tal fooyryuu. Malich fuide aslaat erensboiye. Yool ta tiera hareiku hare. Falan leiu hoo. Yool migietta ya krokran. No hai khai'meri kara. Yool ta tiera hareiku hare. Falan leiu hoo. Yool migietta ya krokran no hai yama. Tei khai'meri kara. Dhai iirah jyou.“

Nur das es kein Reden war. Er sprach nicht…er sang. Ganz leise und mehr für sich selbst, so dass man es schwer über das Knistern des Feuers hören konnte. Und dennoch sah Caim zu ihm. Denn er konnte es dennoch hören. Es war komisch. Verwunderte ihn. Es klang wie Latein, aber dann doch wieder nicht. Wie eine Art von Chaossprache. Und als der Junge sein Lied verstummen ließ, sprach Caim neugierig zu ihm rüber, sah ihn auch dabei an:

„Was war das denn?“

Nier kam zu sich und sah leicht erschrocken zu ihm rüber. Hatte er…so laut gesungen dass es Caim gehört hatte?! Ihm wurde das schlagartig peinlich und er sah schnell weg und neben sich auf den Boden. Oh mann wie unangenehm. Und dann auch noch vor Caim. Dennoch gab er ihm eine Antwort. Eine ehrliche Antwort:

„…Das habe ich zu Yonah immer gesungen. Also wenn sie schlecht einschlafen konnte. Es schien sie zu beruhigen, also habe ich mir das angewöhnt.“

Für die Kleine also wieder…

„…Weist du was es bedeutet?“

Und der Braunhaarige war ehrlich und sichtlich interessiert daran. Doch Nier schüttelte nur den Kopf.

„Ich weis es nicht. Ich weis auch nicht woher ich das habe. Ich wusste es einfach. Es war einfach eines Abends da und ich sang es Yonah vor.“

Für Caim hörte es sich nach der Engelssprache von vorhin an. Nach derselben Sprache was dieses Monster gesprochen hatte und Nier offenbar verstand. Doch wenn es so war…warum verstand er die Worte nicht die er sang? Sichtlich irritiert und neugierig kam er vor, wärmte er etwas seine Hände am Feuer und sprach:

„Es klingt wie dieselbe Sprache die dieses Monster vorhin zu dir gesprochen hatte. Nur eines wundert mich: da hast du sie offenbar verstanden. Und hier verstehst du dein eigenes Wort nicht. Schon komisch, oder?“

Nier sah wieder zu ihm. Wirklich? Er hatte auf eine andere Sprache reagiert und geantwortet? Das hatte er überhaupt nicht gemerkt. Für ihn klang es als würde Louise normal sprechen. Aber offenbar war das bei Außenstehenden nicht so gewesen. Louise…Was war nur passiert? Er konnte sich nicht erinnern. Aber er würde fragen. Definitiv. Aber nicht in dem Moment. Denn dass er sie verstand warf noch mehr Fragen auf. Warum verstand er eine andere Sprache ohne zu wissen dass er sie kann? Er entdeckte so viele Dinge an sich…von denen er nichts wusste. Und dennoch gelang er dadurch keinerlei Erkenntnis wer er nun eigentlich war. Oder woher er das alles konnte. Es war zum verrückt werden.

So nickte er dem Braunhaarigen nur zögernd zu und sah wieder vor sich ins Feuer. Er hatte noch viel zu lernen und herauszufinden. Vor allem über sich selbst.

Caim sah noch kurz zu ihm rüber. Sah wie der Weißhaarige wieder ins Feuer starrte. Und konnte sich denken was abging. Dann wand er sich wieder mit dem Blick ab und stocherte mit einem Stock im Feuer vor sich herum. Entfachte es etwas mehr dabei.

„…Ein großer Bruder zu sein ist nicht leicht, was?“

Sprach er dabei an die Flammen gerichtet und Nier sah erstaunt zu ihm. Ein großer Bruder zu sein? Woher kam das denn nun wieder? Und Caim fuhr fort, spannte ihn nicht lange auf die Folter:

„Mann muss sich immer um die kleine Schwester sorgen und sie vor allem beschützen…Es hängt wie ein Damoklesschwert über dir und du kannst nichts dagegen tun. Denkst immer wieder über sie nach. Und wenn du es nicht schaffst dich um sie zu kümmern…dann zischt es auf dich herab und zerstört alles an was du geglaubt hast.“

Da klingelte es plötzlich in ihm. Nier wusste sofort was er damit meinte…So war es ihm wohl bei seiner Schwester ergangen. Also als sie noch lebte…Und dann als er sie verlor. Es war erstaunlich zu sehen wie er noch immer an dieser Vergangenheit klammerte. Doch Nier konnte das nicht so einfach. Wie musste das sein wenn man keine Vergangenheit hatte an die man sich klammern konnte? Nichts zu haben. Keine Erinnerungen zu haben die man des Nachts besuchen konnte. Er wusste es nicht. Das blieb ihm verwehrt. Auf der anderen Seite: wie war es wenn man eine hatte? Abends einzuschlafen und über sein Leben nachzudenken das schon lange vergangen war. Wenn er Caim so ansah dann tat es Nier weh das zu sehen. Zu sehen wie sich jemand bewusst selber zerstörte. Wer litt also schlimmer? Caim wegen seiner Vergangenheit oder Nier wegen keiner Vergangenheit? Und er konnte es sich einfach nicht mehr unterdrücken. Er musste ihn einfach fragen:

„Was ist eigentlich passiert Caim? Also…mit deiner Schwester?..Ich weis dass es mich nichts angeht! Aber ich möchte es dennoch gerne verstehen lernen.“

Er möchte den Menschen vor sich verstehen und kennenlernen. Das wünschte er sich sehr. Warum auch immer. Und Caim schwieg auch nur und stocherte weiter im Feuer herum. Einige Minuten lang ohne sich zu regen. Da wurde Nier schon klar dass er nicht mit ihm darüber sprechen würde.

„…Es ist meine Schuld dass sie gestorben ist.“

Kam es dann plötzlich aus ihm. Caim sprach dies in Gedanken versunken und hörte auf im Feuer zu stochern. Er starrte nur noch hinein und Nier lauschte ihm einfach still und ruhig, denn der Ältere sprach weiter. Erzählte ihm was passiert war. Was aus seiner Sicht passiert war. Sah seine Vergangenheit im Feuer aufflackern. Und es fiel ihm unglaublich schwer. Das hörte man in seiner Stimme:

„…Furiae war für mich das was Yonah für dich ist. Sie war nicht nur meine kleine Schwester, sie war auch meine Verantwortung. Mein persönliches Zentrum für mein Gleichgewicht…Ich habe mich immer für sie verantwortlich gefühlt, schon als kleiner Junge. Sie war meist die Stille und hat nicht viel gesprochen. Aber wenn sie dann mal was sagte, waren es immer Worte der Hoffnung. Sie war das was mich am Leben erhielt. Was mir einen Sinn gab weiter zu machen. Und als unsere Eltern bei der Seuche umkamen, da wusste ich dass ich sie noch mehr beschützen musste. Als Menschen anfingen andere Menschen zu bombardieren für das Wohl anderer Menschen. Nie sollte ihr etwas passieren. Ich tat alles dafür…Aber auch ich habe Fehler gemacht. Und einer dieser Fehler…führte zu ihrem Tod. ICH hatte mich dafür entschlossen mich mit einer Gruppe von Fanatikern einzulassen. Auch wenn ich das da noch nicht wusste. Ich dachte es wäre das Beste für Inuart, Furiae und mich. Doch dann kam diese Razzia in unserem Versteck. Das Militär fiel über uns her wie eine Heuschreckenplage. Und es wurde nur noch geschossen und geschrien. Ich konnte es hören, obwohl ich nicht im Lager war. In der Kanalisation schallte das noch mehr. Ich war unterwegs gewesen und kam erst zu spät an. Als ich ankam donnerten noch immer Schüsse umher und ich sah das Militär das einfach überall war und nicht aufhörte den Abzug zu drücken. Ich kam an als…Inuart sie bereits in den Armen hielt und ich die Schusswunden sah. Ich nahm sie ihm ab und sah sie vor mir…Fünf Löcher. Sie wurde fünfmal angeschossen und ich dagegen hatte keinen einzigen verdammten Kratzer! Das war der widerlichste Scherz den ich jemals erleben durfte. Sie hatte das nicht verdient! Ich sollte der sein der angeschossen wurde und nicht sie! Sie war das netteste Mädchen das ich kannte. Sie wollte nie was Böses. Und ich Mistkerl war fit und munter, der es doch so viel mehr verdient hatte. Kurz darauf trug ich sie in meinen Armen dort weg. Ich wollte sie in ein Krankenhaus bringen, aber wir schafften es nicht mal aus der Kanalisation heraus bevor sie…Sie starb in meinen Armen. Und wie immer hatte sie nichts Großes gesagt. Sie hatte mich nur angelächelt und war froh dass es mir gut ging. Sagte: Pass auf dich auf…Das waren ihre letzten Worte die sie zu mir sagte. Und als sie starb, brach für mich auch eine Welt zusammen. So wie es bei dir wahrscheinlich auch der Fall sein könnte, wenn Yonah was passieren würde. Und ich wollte nicht mehr leben. Ich wollte es beenden. Ich sah keinen Sinn mehr in meinem Leben. Aber Furiae wollte das ich weiter mache. Auf mich aufpasse. Also habe ich mich daran festgehalten und machte weiter. Es war mein einziger Weg von da an gewesen.“

Es war unglaublich wie stark er dabei war. Er weinte nicht und verzog nicht mal die Mine vor Trauer. Er hatte das wohl abgelegt in all den Jahren. Dennoch konnte man in seiner Stimme ein leichtes Zittern hören. Es machte ihm irgendwo zu schaffen darüber zu reden und in die Vergangenheit einzutauchen. Und Nier sah ihn nur an und…und wurde traurig. Endlich konnte er etwas verstehen was in diesem Mann vor ging. Und wie er das gesagt hatte, zeigte auch schon dass er mehr war als er von sich preis gab. Ihre Liebe zu ihren Schwestern war das was sie verband. Worin sie sich besonders ähnlich waren. Und nun gab es auch Sinn warum er so sehr auf sich achtete und lieber andere über die Klippe springen lassen wollte als sich selbst. Er wollte die letzten Worte seiner Schwester ehren…

Und als Caim dann wieder schwieg, sich nach hinten setzte und einfach weiter auf das Feuer sah…da konnte Nier nicht anders.

Etwas trieb ihn dazu das zu tun. Etwas tief in seiner Seele. So stellte er die Dose mit dem Essen vor sich ab und legte die Gabel daneben. Vorsichtig und mit einem noch schmerzenden Bein kam er um das Lagerfeuer herumgekrochen, auf allen Vieren wohl gemerkt, und setzte sich links neben Caim. Der hatte das natürlich bemerkt und ihn beobachtet. Sah den Jungen nun neben sich und verstand nicht was das sollte. Der Trottel sollte sich doch schonen. Doch bevor er fragen konnte was los war, machte der Weißhaarige etwas was ihn zum stocken brachte und erstarren ließ. Seine Worte im Hals stecken blieben…Nier lehnte sich nach rechts an ihn dran. Er war so nah dass er sich einfach nach rechts an den Älteren dran lehnen konnte und dann die Augen schloss. Es war als würde er sich an ihn schmusen. Und Caim verwirrte und schockierte das zugleich. So konnte er irgendwie nichts sagen oder machen und sah nur zu dem Jungen neben sich runter, der seinen Kopf auf die eine Hälfte seiner Brust gelegt hatte und nun dort ruhte. Und ehrlich gesagt…wollte er das nicht. Etwas stimmte nicht mit ihm, dass fühlte er sofort. Sein Herz fing an schneller zu schlagen und Unwohlsein machte sich in ihm breit. Nein. Er wurde nervös. Warum wurde er nervös? Und auch Nier, obwohl er das von sich aus getan hatte, wurde nervös. Noch nie war er jemanden so nahe gewesen. Also niemanden außer Yonah. Er schluckte und hörte dann etwas was ihn seltsamerweise beruhigte…es war Caim sein Herzschlag. Und er wusste nicht warum, aber er hörte dass es auch schneller und stärker schlug. Es war so ein angenehmes Geräusch. Er verlor sich darin…

Caim riss sich dann aber zusammen und sprach zu dem Jungen runter:

„Hey. Ich bin kein Teddybär! Mach dich vom…!“

Doch Caim verstummte als ihm auffiel das der Junge neben ihm offenbar eingeschlafen war. Das gab’s doch nicht. Das war echt schnell gewesen. Innerhalb von Sekunden. Als hätte man ihn bewusstlos geschlagen. Allein daran sah man dass er sehr erschöpft war von diesem Tag.

Caim seufzte. Na toll. Was sollte er jetzt machen? Eigentlich wäre ihm das egal und er würde ihn einfach wachrütteln, oder wegschupsen. Aber der Junge brauchte seinen Schlaf. Er hatte heute genug getan und sich diesen verdient. Und so ließ er es ihm mal durchgehen…Seufzte wieder lauter und sah vor sich zum Feuer.

Merkwürdig…Er war etwas weiter davon entfernt und dennoch war ihm plötzlich nicht mehr kalt. Weswegen er wieder zu Nier sah, der tief und fest an ihm schlief. War das wegen ihm? Er strahlte noch immer so viel Wärme aus. Genau wie in seiner Drachengestalt. Heh. Er war seine eigene kleine Heizung, was? Deshalb machte es ihm wohl auch nichts aus in kurzen Klamotten herumzurennen. Naja, dann hielt er ihn die Nacht über noch zusätzlich etwas warm. Konnte ihm nur recht sein.

Er sah den Jungen weiter an und sein Blick verharrte auf ihm. Warum sah er ihn so? So anders. Er wirkte so…wunderschön wie er da schlief. So zart und unschuldig. Obwohl er wusste dass er es faustdick hinter den Ohren haben konnte. Und er konnte sich auch nicht erklären woher das kam, aber wenn er Nier sah…war es fast wie bei Furiae. Er bekam das wage Bedürfnis ihn zu beschützen.

Schließlich schüttelte er leicht den Kopf und sah wieder zum Feuer vor sich. Verbannte die Gedanken erneut. Es brannte noch immer, aber die Flamme wurde schon schwächer. Er musste also nachlegen. Und irgendwie hatte er das Gefühl…es würde eine lange Nacht werden.
 

Ein lauter Schlag weckte den weißen Drachen aus seinem Schlaf und er sah verwirrt links neben sich.

Obwohl er immer schwächer wurde, konnte er sich noch aufraffen. Auch hierfür. Weshalb er sich setzte und sich schüttelte. Die Müdigkeit loswerden wollte. Danach sah er den Jungen mit dem weißen Haar wie er voller Wut einen Sack auf den Boden donnerte und dann noch mal dagegen trat. Wütend, was sehr ungewöhnlich für ihn war. Normalerweise hatte der Knabe eine Seele so sanft wie ein Lamm. Wie eine undschuldige Jungfrau. Sichtlich verwirrt sah er ihm weiter zu. Immer und immer wieder trat er gegen den Sack, bis er endlich mal aufhörte und sich dann sauer daneben auf einen Stein setzte. Er schien plötzlich weniger wütend, mehr verzweifelt. Und da ihm der Junge nicht mehr egal war, fragte der Drache:

„Was soll all der Radau mein Junge? Was ist passiert?“

Der weißhaarige Junge sah zu ihm rüber und sprach sehr aufgebracht:

„Das ist einfach nicht fair!“

„Das Leben an sich ist nicht fair.“

„Ich meine das ernst Michael! Ich gebe mir immer so viel Mühe! Ich tu und mache was mir gesagt wird und arbeite hart für mein Gold! Und ich schaffe meine Aufträge! Aber dieser…! Dieser Mistkerl! Ich sollte für eine Elfe einen Auftrag ausführen in dem ich einen wilden Eber erlegen sollte um seine Hauer zu besorgen. Und plötzlich kommt da von der Seite so ein Kerl mit einer Fee als Paktpartner und nahm ihn mir weg! Sie hat ihn dann dafür genommen weil er durch den Pakt stärker ist als ich! Das ist nicht fair! Das war mein Auftrag!“

Michael sah ihn nur an. Daher wehte also der Wind. Gebrochener Stolz und Ehrgeiz. Dummheiten der Menschen. Aber auch Drachen kannten diesen Stolz, dass war leider auch in ihnen tief verwurzelt. So schnaubte er und antwortete:

„Vielleicht war es besser so. Ein großer Eber ist nicht gerade ein Gegner den man leicht auf die Schulter nehmen sollte. Besonders als Mensch. Von deiner Statue und deiner Kraft her wäre er dir Meilen überlegen. Es wäre töricht sich diesem Tier zu stellen. Kein Gold der Welt kann dein Leben ersetzten, oder ist das wert.“

„Aber ich wollte diesen Job so sehr! Sie wollte nur die Hauer! Wir hätten das Fleisch also behalten können und was zu essen gehabt! Aber weil ich so ein Schwächling bin habe ich ihn nicht bekommen!“

Er klang erneut sehr verletzt und sauer. Dieses Kind war ein guter Junge. Doch auch er neigte oft dazu zu übertreiben und nicht zu sehen was wichtig war. Für Michael persönlich riskierte er sein Leben zu sehr. Und das manchmal auch ohne Rücksicht auf Verluste. Es war als würde er nicht erkennen und akzeptieren wollen wo seine Grenzen lagen. Das konnte gefährlich werden mit der Zeit. Je öfter er weiter machte ohne Rücksicht.

Etwas schwach erhob sich der Drache und kam näher. Der Junge sah ihm an dass er schwächer wurde und bald sterben würde. Es machte ihn traurig das zu sehen und zu wissen. Und dann legte sich Michael um ihn herum und sah rechts neben ihm zu ihm runter. Es war ihm wichtig das zu sagen:

„Du gehst mit dir viel zu hart ins Gericht. Du bist ehrgeizig und hast das Herz am rechten Fleck. Aber du musst auch lernen wo deine Grenzen sind. Das ist sehr wichtig. Wenn du das nicht lernst, dann riskierst du es dich zu verletzten, oder vielleicht sogar zu sterben. Du wächst noch. Und wenn du älter bist kannst du besser kämpfen. Dann bist du stärker und schlauer…Ich wünschte ich könnte sehen was für ein prachtvoller Krieger aus dir werden wird.“

Das mit dem Verletzten stimmte. Er hatte sich schon mal bei einer Jagt verletzt und dann musste er das Gold für Medizin ausgeben um diese zu behandeln. Da hatte der Drache leider recht und das fand er blöd. Etwas beschämt kratze sich der Junge dann am Hinterkopf. Aber wegen dem was Michael zu letzt gesagt hatte: Er und prachtvoll? So hatte er sich nie gesehen. Mehr in das andere Extrem. Er sprach:

„Ich bin nichts von dem was du denkst Michael. Ich bin nicht prachtvoll.“

„Hm? Ist das so? Ich sehe einen hübschen jungen Menschen vor mir. Und dieses Küken wird irgendwann ein großer und anmutiger Schwan werden. Jemand wie du wird garantiert jemanden finden der dich so liebt wie du bist und auch akzeptiert. Aber du bist ein Dickkopf und zu hilfsbereit, dass du dadurch deine Grenzen nicht erkennst. Jemand der dich etwas an die Leine nimmt und zügelt wäre nicht schlecht. Du hast manchmal zu viel Feuer in dir. Und das obwohl du kein Drache bist.“

Er lachte dabei kurz und tief durch die Kehle und der Junge schubste ihn an. Beschämt und etwas motzig.

„Lass das!“

Aber dennoch war er froh das zu hören. Er war dankbar mit Michael befreundet zu sein. Und der Gedanke dass er sterben wird…machte ihm sehr zu schaffen. Er vermisste ihn schon jetzt, obwohl er noch da war. Inzwischen konnte er sich ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen. Er war die letzte Zeit immer da. Es war wie wenn man nachhause kam und wusste dass einer auf jemanden wartet. Er…war nicht mehr einsam. Und dann sank seine Stimmung und der Drache merkte das. Legte den Kopf schief und wartete ob der Junge was dazu sagte. Und WAS er sagte. Was dann auch darauf geschah. Er klang traurig und leicht bettelnd dabei, als er die Worte sprach:

„Bitte lass dich wiederbeleben Michael…Ich…ich möchte nicht mehr allein sein. Ich möchte…dich nicht verlieren…“

Michael sah ihn weiter stumm an.

„Wenn ich mich wiederbelebe wirst du das aber. Ich bin dann jemand anderes…Ihr Menschen seit von Natur aus egoistische Lebewesen. Ich kann dich verstehen. Aber du musst akzeptieren dass ich gehen möchte. Ein Leben an deiner Seite, ohne mich zu erinnern dass du es bist, dass möchte ich nicht. Kind…Ich habe lange genug gelebt. Und ich möchte meinen letzten Wunsch dafür einsetzten etwas Gutes für dich zu tun.“

Erstaunt sah ihn der Junge an.

„Wirklich? Aber…aber ich möchte nur dich behalten. Das ist alles was ich mir wünsche.“

Alles was er sich wünschte…

„Hab Geduld. Du wirst es erleben. Ich habe lange darüber nachgedachte und mein Entschluss steht fest. Ich weis was ich mir wünschen werde.“

Doch das war eine Lüge. Eine Lüge um das Kind zu beruhigen. Er stupste danach das Kind mit der Nase an und der lachte darauf. Dann fasste er die Nase an der Schnauze mit beiden Händen und legte seinen Kopf darüber drauf. Schloss die Augen dabei und lauschte. Lauschte dem Atmen des Drachen. Und dem kräftigen Herzschlag. Es beruhigte ihn. Und auch Michael machte die Augen zu und entspannte sich. Nie hätte er gedachte dass er einen Menschen wertschätzen lernen würde. Und wie immer auch die Zukunft aussehen würde…er wollte dass es für diesen Menschen eine glückliche war. Er wollte ihn beschützen.

Kurz darauf ließ der Junge ihn auch wieder los und sprach:

„Ich muss mich langsam mal fertig machen.“

„Wie kommt es? Du bist doch gerade erst zurück gekommen. Überanstrenge dich nicht mit so viel Arbeit.“

Aber der Weißhaarige stand auf und streckte sich genüsslich. Er war noch fit. Hatte den Tag über noch nicht viel gemacht außer Pflücken und Eskortierten, was mehr Spaziergänge waren. Erstaunlich das in der Zeit des Krieges dieser noch nicht ganz bei ihnen angekommen war. Das war gut…Und als er fertig war sah er den Drachen nett an und sprach auch endlich wieder etwas froher:

„Alles halb so wild! Ich habe noch den Auftrag einige Dämmerknospen zu sammeln und sie dem Heiler in der Stadt zu bringen. Sie wachsen hier ganz in der Nähe, aber erst wenn es dämmert. Ich komme also etwas später heute zurück. Aber mach dir keine Sorgen.“

Michael sah ihn weiter stumm an…

„Des Nachts ist es gefährlich in diesem Wald. Besonders da immer mehr Menschen gewalttätig werden und das Böse sich langsam erhebt. Das Böse…was so alt ist wie wir Drachen es sind. Ich kann dich hier in der Nacht beschützen. Aber nicht wenn du alleine da draußen bist.“

Er machte sich Sorgen. Aber der Junge beschwichtige ihn gleich und sprach:

„Es wird mir nichts passieren Michael! Ich komme locker mit Banditen klar. Also mach dir keine Gedanken…Ich muss jetzt aber auch los. Wir sehen uns nachher!“

Er rannte ohne den schweren Sack los und winkte dem Drachen noch mal zu bevor er im Wald verschwand. Doch Michael war nicht wohl dabei. Er mochte diesen Menschen wirklich sehr. Er war wie ein kleiner Bruder um den man sich sorgen musste. Und den man beschützen wollte. Doch das Böse erhob sich immer mehr und zwang ihn dazu noch mehr auf den Jungen aufzupassen. Doch er starb. Wie konnte er ihn noch danach schützen? Es musste eine Lösung her denn…leider hatte das Böse die Fähigkeit die Menschen zu beeinflussen. Es machte sie aggressiv und schmerzlos. Und die ganz schlimmen Fälle…hatten rote Augen wie Dämonen aus der Hölle.
 

„Hilf mir! Lasst mich los! Fasst mich nicht an!! Nein! Nicht!! Bitte nicht! Hilfe!! Hilfe!! MICHAEL!!“
 

Zittrig und mit leichten Tränen in den Augenwinkeln wachte Nier auf.

Ein Alptraum hatte ihn aus seinem Schlaf gerissen und geplagt. So sah er sich hektisch und zittrig um. Er lag auf dem Bauch und realisierte wo er war. Der Traum, an den er sich nicht mal mehr erinnern konnte, hatte ihn durcheinander gebracht. Er hörte sich selbst im Schlaf schreien. Konnte sich aber nicht mehr ganz an die Worte erinnern. Nur das er nach Hilfe schrie…

So lag er da und atmete schnell, sah das erloschene Lagerfeuer vor sich und konzentrierte sich darauf seine Atmung zu beruhigen. Er war am Lager. Stimmt. Er war schlagartig neben Caim eingeschlafen. Und so rollte er sich auf die rechte Seite und kam dann so langsam auf seinen Hintern und blieb sitzen. Verzog noch mal das Gesicht vor Schmerz. Er wusste woher dieser kam und sah zu seinem verletzten Bein. Es tat immer noch etwas weh. Verdammt. Er hatte gehofft dass es heute besser sein würde. Und so sah er sich wieder um.

Er war verwirrt. Nirgends in der Höhle war Caim zu sehen. Er lag nicht mal ums Lager. Was dafür sorgte dass er etwas unruhig wurde und sich weiter hektisch umsah. Er fühlte sich plötzlich so…allein. Er bekam Panik und wollte nach ihm brüllen, aber konnte sich dass dann verkneifen, denn er sah ihn endlich. Der Braunhaarige kam nicht weniger Meter vor ihm rechts auf ihn zugelaufen. Er trug nicht mal seinen Rucksack mit sich. Wo war er nur gewesen?

„Endlich wach? Wurde auch langsam mal zeit.“

Sprach Caim und beäugte Nier etwas genervt. Er fuhr wieder seine normale Schiene. Er hatte ihm am Lagerfeuer zu viel gesagt und inzwischen wusste er nicht ob das die richtige Entscheidung gewesen war. Warum hatte er sich überhaupt diesem Bengel geöffnet? Das nervte ihn leicht und so kam er neben dem Jungen in die Hocke und sah zu dem verletzten Bein. Nier folgte seinem Blick kurz und sah dann wieder zu ihm auf.

„Was macht dein Bein?“

Fragte Caim ernst. Er meinte das nicht mal böse, auch wenn das so klag, aber er musste halt wissen was los war und wie er damit umgehen musste. So das der Weißhaarige etwas den Kopf schüttelte und taff sprach:

„Es geht wieder. Ich kann laufen.“

Aber so wirklich glaubte ihm das sein gegenüber nicht und er stellte sich wieder auf. Sah mit verschränkten Armen zu ihm runter und sprach:

„Ach echt? Na dann komm hoch und wir können los.“

Nier verzog etwas die Mundwinkel nervös. Natürlich hatte er etwas gelogen. Es war nicht mehr ganz so schlimm wie vorher, aber ob er wirklich wieder einwandfrei laufen könnte, dass wusste er nicht. Dennoch ließ er sich nicht aus der Fassung bringen und schnaubte. Vorsichtig erhob er sich mit den Armen und kam auf alle Viere. Atmete noch mal aus und stellte erst das rechte Bein auf und gab sich einen Ruck um hoch zu kommen. Trat auch mit dem Linken auf und stand da. Er riss sich zusammen nicht zu schreien. Es tat höllisch weh. Ein furchtbarer Schmerz zischte durch sein ganzes Bein und ließ es sogar leicht zittern dabei. Er fühlte wie seine Kräfte in diesem Bein ihn langsam verließen. Also würde er nicht mehr lange stehen bleiben.

Caim sah ihn nur weiter stumm an und wartete. Er roch doch schon was los war und es nervte ihn noch mehr. Man musste kein Arzt sein um zu sehen dass dieser Junge sich gegen den Schmerz verbissen auf den Beinen hielt. Er schnaubte. So ein verdammter Dickschädel. Mutete sich mehr zu als er konnte. Aber dann schmunzelte er etwas frech und sprach:

„Na dann können wir ja los, was?“

Und legte er seine rechte Hand kraftvoll auf die linke Schulter des Jungen und drückte ihn bewusst etwas nach unten. Ließ sie dort verweilen und baute Druck auf. Und Nier schrie innerlich. Sein Bein tat so höllisch weh, aber er verkniff sich wirklich zu schreien und zog die Luft scharf ein. Hielt sie in seiner Brust gefangen und atmete nicht mehr aus. Es tat weh. Es tat weh. Es tat weh! Und da Caim ihm das ablesen konnte, legte er noch mal ne Schippe drauf und schlug mit der Hand auf die Schulter dabei. Drückte bewusst nach unten. So das es passieren musste: der Junge brüllte auf vor Schmerz und klappte zusammen! Krachte auf die Knie vor dem Älteren und fing sich mit den Händen am Boden vor sich ab. War wieder auf allen Vieren. Derweil sah ihn Caim einfach nur stumm an. Sah wie der Kleine schnell atmete und dazu musste er einfach schnauben, weil er so genervt war. Er verschränkte wieder die Arme vor sich und platze endlich nach unten:

„Dachtest du echt: du kannst mich verarschen?! Wow. Ich wusste ja dass du blöd bist. Aber dass du SO saublöd bist hätte ich nicht gedacht! Welchen Teil von: Was macht dein Bein? hast du nicht verstanden?! Wie kann man so dickköpfig sein?!“

„Was sollte ich denn machen?!“

Fauchte Nier von unten hoch, obwohl er noch immer auf den Boden vor sich sah. Und Caim schwieg. Ließ ihn einfach sprechen. Der Junge klang furchtbar verzweifelt und schniefte auch kurz. Es kotzte ihn an. Er wollte wieder normal laufen können. Er hasste es auf andere angewiesen zu sein. Und er wusste nicht mal warum das so war. Er hasste es einfach. So sprach er weiter:

„Ich musste doch wieder fit sein! Wenn ich es nicht bin, dann sehen wir Yonah noch länger nicht! Ich kann sie nicht noch länger im Stich lassen! Ich muss zu ihr zurück!“

Das war nicht sein verschissener Ernst, oder? Caim schüttelte einfach nur den Kopf.

„Du hast es echt nicht verstanden, oder?“

Nier sah endlich verwirrt zu ihm hoch und setzte sich seitlich dabei hin, um den schmerzenden Druck aus seinem Bein zu nehmen.

„Was?“

„Du hast nicht verstanden was Sache ist! Du reißt dir für die Kleine wieder ein Bein aus, obwohl das unnötig ist! Inuart wird wieder bei ihr sein und es geht ihr gut! Denk doch verdammt noch mal an dich und nicht immer erst an die Anderen! Du kennst deine Grenzen wohl nicht, was?! Du bist so lächerlich!“

Nier verzog den Mund muffig und fauchte dann leicht entblößt zu ihm:

„U-Und du bist ein Arschloch! Ich kann nicht einfach…!“

Doch dann musste er verstummen. Verschluckte die Worte wegen dem was er vor sich sah. Was Caim tat. Der Ältere hatte den Rucksack wütend neben Nier abgestellt und sich dann plötzlich vor ihm in die Hocke begeben. Aber nicht wie immer…sonder mit dem Rücken zu ihm. Sah über seine linke Schulter hinter und sprach genervt, aber ehrlich:

„Zieh den Rucksack da auf. Und dann kommst du auf meinen Rücken. Ich muss dich wohl oder übel tragen.“

Er wollte ihn tragen? Nier sein Herz machte einen unbekannten Hüpfer, denn er nicht deuten konnte. Was war nur in ihn gefahren? Erst erzählte er von seiner Schwester und dann wollte er ihn tragen? So fiel Vertrauen und Hilfsbereitschaft war Nier gar nicht von ihm gewohnt. Er sah diesen starken Rücken vor sich und wollte wirklich drauf klettern, aber etwas hielt ihn davon ab und er schüttete leicht den Kopf. Wusste schließlich auch was es war. Der Grund war die Wunde des Älteren die ihn zögern ließ. Er sprach dabei:

„Ich kann nicht. Deine Schulter…Du bist auch noch immer verletzt.“

Oh mann nicht das schon wieder. Wollte er nun seine Schwester sehen oder nicht?! Dieser Bengel…Caim war nur verwundet und kein verdammter Krüppel! Er schien nicht so erfreut und antwortete ernst:

„Meiner Schulter geht es gut! Im Gegensatz zu dir kenne ich meine Grenzen. Und jetzt pack dir den Rucksack auf und schwing deinen Hintern auf meinen Rücken, bevor ich es mir anders überlege und dich hinter mir her schleife!“

Nier sah ihm noch einige Sekunden und in das wunderschöne blaue Auge vor sich, was er sehen konnte und nickte dann stumm. Wenn er es so wollte. So zog er sich schnell den Rucksack von Caim über den Rücken, zog ihn zurecht und krabbelte dann auf den Rücken vor sich. Umschlag mit seinen Armen den Hals und Nacken und fühlte wie Caim ihn dann erst an den Hintern fasste und hoch kam. Schließlich aber seine Griffe von dort zu den Beinen glitten und dort Halt fanden. Das linke Bein tat kurz etwas weh, aber Nier hatte das so schnell vergessen, einfach weil ihn der Ältere trug und ihm unwohl wurde durch diese Nähe. Aber mehr wohlig unwohl, wie als wäre er ein verliebtes, kleines Mädchen. Und er konnte ihn riechen. Er war mit seinem Kopf neben Caim seinen links und konnte ihn gut riechen. Er roch so gut…Es war ein anderer Duft als bei Yonah und bei Inuart. Doch er wusste nicht genau was es war was ihm so gefiel.

Der Ältere rüttelte und wand sich noch mal zurecht, so das er den Kleinen gut tragen konnte und lief dann los. Sprach dabei noch leicht genervt:

„Und ich würde an deiner Stelle nicht viel reden. Es könnte sonst sein das mich meine Kräfte verlassen.“

Und er ihn fallen lassen würde. Alles klar, schon verstanden.

So ging die Reise ins Ungewisse auch schon los. Sie hatten wirklich beide keine Ahnung wo sie nun genau waren, aber im Gegensatz zu Nier hatte Caim einen Plan. Er war nämlich vorher, als der Kleine noch schlief, etwas auskundschaften gewesen. Wenn auch nicht weit entfernt, aber so konnte er rausfinden dass der kleine Fluss, der nach rechts floss, in einen langen Tunnel mündete und der noch weiter ging. Es war vielleicht ein Weg nach draußen. Also würden sie dem erst mal folgen. Eine bessere Option gab es noch nicht. So folgte er rechts neben dem Fluss dem Weg und kam in einen Tunnel. Er war nichts sonderlich hoch aber hoch genug das man keine Klaustrophobie bekommen konnte. Und dank den leuchtenden Steinen war er auch hell genug.

Nier schwieg und sah sich nur um während er so getragen wurde. Die Steine faszinierten ihn wirklich sehr und es gefiel ihm. Brachte ihn auch leicht zum Lächeln. Er wünschte das Yonah das sehen könnte. Sowas hat sie bestimmt auch noch nie gesehen. Und er wollte ihr deswegen gerne einen mitbringen. So fasste er rechts neben sich an die Wand und zog im Vorbeigehen einen kleinen Stein heraus der locker gewesen war. Sah ihn erstaunt in seiner Hand an und lächelte. Caim hatte das natürlich gemerkt, indem kurz leichter Wiederstand da gewesen war und sprach dann:

„Was willst du mit dem Stein? Unnötigen Ballast kann ich nicht gebrauchen. Wer ihn weg.“

„Der ist für Yonah. Er wird ihr sicherlich gefallen.“

„Und ich sagte: werf ihn weg.“

Caim schüttelte etwas genervt den Kopf. Mal abgesehen von diesen kindlichen Steine sammeln war es etwas anderes was ihn mehr nervte als dieses Verhalten. Es drehte sich wieder alles nur um dieses Mädchen. Um Yonah. Mann wie konnte man nur so eingenommen sein? Es nervte ihn immer mehr, je mehr er davon mitbekam. Auch wenn er verstand woher das kam. Immerhin war das bei ihm und Furiae auch so gewesen. Und dennoch nervte es ihn. Yonah nervte ihn. Warum auch immer. Nier hatte nur Augen für dieses Mädchen. Schnell steckte der Weißhaarige den Stein in seine rechte Hosentasche und sprach:

„Mir egal was du denkst. Ich möchte ihn mitnehmen.“

„Und laufen möchtest du auch gleich, oder?“

Drohte ihm Caim genervt aber lief einfach weiter in die Dunkelheit vor sich. Instinktiv krallte sich Nier vorsichtshalber etwas mehr an den Schultern seines Trägers fest. Man konnte ja nie wissen. Caim aber hatte keine Zeit für diesen Kram. Ihn besorgte mehr ihre allgemeine Schutzlosigkeit. Der Drachenjunge war nicht mehr in der Lage zu kämpfen. Erstmals wegen seinem Bein, weil es hier zu eng war für seine Größe und zu guter letzt: weil er nicht wusste wie er sich verwandeln sollte. Die gleiche Leier. Und Caim selbst hatte sich vorhin vor Nier freiwillig entwaffnet, war demnach also auch waffenlos. Das waren keine guten Aussichten und deswegen musste er lauschen und sich auf Legion konzentrieren, falls welche an dem Ort lauerten. Noch dazu sah er nicht sonderlich weit. Die ganze Situation war schlecht und zu unsicher. Aber sie mussten da durch, denn kein anderer Weg führte von der Höhle hinter ihnen weg oder vielleicht raus. Je weiter die leuchtenden Steine vor ihm in der Ferne lagen, umso weniger leuchteten sie und es wurde dunkler. Erst wenn er näher kam wurden sie heller. Als würden sie auf ihre Wärme reagieren und dann anfangen richtig zu leuchten. Aber wahrscheinlich bildete er sich das nur ein. Und so liefen sie einige Minuten und sagten einfach beide nichts. Und Nier fiel es dann auf wie schwer es ihm fiel nichts zu sagen. Er hatte noch einige Fragen an den Älteren und eine davon brannte besonders. So verging die Zeit immer mehr und er platzte schließlich doch. Frage leise in dem Tunnel vor sich:

„Caim?...Was ist als Louise geworden? Was ist passiert bevor du gefallen bist?“

Der Ältere sah einfach weiter vor sich und antwortete erst mal nicht. Er wusste es wirklich nicht mehr? Aber das war nicht ungewöhnlich, denn als Drache war er noch nie bei Bewusstsein gewesen. Aber das er sich so an GARNICHTS erinnerte, nicht mal an ein Gefühl, war echt seltsam. So langsam kam es rüber, als würde ein anderer als Drache übernehmen. Als wären da zwei Personen in ihm. Oder einfach ein Monster ohne Verstand das übernahm…Bis auf vorhin. Da war das nichts mehr so und er fragte sich warum. Was hatte dafür gesorgt dass der Junge plötzlich die Kontrolle hatte. So über alles was seine Gestalt betraf.

Nier rüttelte kurz an seiner Schulter und riss ihn aus seinen Gedanken dabei, so dass er über seine Schulter zu dem Jungen hinter sah und der besorgt fragte:

„Können wir darüber reden?“

Uffff…Hatte er ne andere Wahl? Er würde eh weiter nerven wenn er es nicht tat, er kannte den Jungen inzwischen, er war Profi im nerven. Dann sah er wieder vor sich und sprach:

„Wie war das noch mal mit dem: die Klappe halten?“

Er wollte ihn einfach fallen lassen. Aber bei seinem Glück krallte der Junge sich dabei um seinen Hals und würde ihn somit erwürgen! Also ließ er das und schnaubte. Und dann sprach ehrlich:

„Was soll passiert sein? Wie immer: Du bist ausgerastet und hast sie getötet. Und nicht mal schäbig wenn ich das so sagen darf. Du hast den verdammten Boden mit ihr aufgewischt. Ich war beeindruckt von deiner Kraft...“

Also doch. Das hatte Nier sich schon gedacht und seufzte. Er hoffte aber dass es nicht so gewesen war. Aber was hätte auch anderes dabei rauskommen sollen? Sie wussten nicht wie man ihr helfen könnte und der Tod war…war unvermeidbar gewesen. So sehr er es auch nicht wollte. Und Caim hatte mal wieder Recht gehabt. Wenn Nier nicht wieder versucht hätte zu helfen, dann wäre Caim nicht verletzt worden und alles wäre nicht eskaliert. ER hatte den Mist gebaut und deswegen waren sie hier. Das wusste er und musste es nicht mal gesagt bekommen. Er fühlte sich mies. Er hatte echt die Angewohnheit andere in Gefahr zu bringen. Das war ihm schon öfter aufgefallen, aber er wollte es nie glauben. Wenn man bei ihm war…war man in Gefahr.

„…Aber zugleich war ich besorgt wegen deinem Hass.“

Vollendete Caim und Nier sah erstaunt zu ihm. Was? Er war…besorgt?

„Wie meinst du das?“

„Ich habe schon viele Menschen mit Hass in den Augen gesehen. Aber der Hass in deinen Augen war bodenlos. Erschreckend bodenlos. Und je länger du auf dieses Monster eingeschlagen hast, umso mehr fühlte und SAH ich wie du dabei warst dich selber zu zerstören. Du kanntest kein Ende mehr. Und nachdem du dieses Monster getötet hattest, hättest du uns als nächstes getötet. So aufgebracht warst du gewesen. Also habe ich das einzige Dumme getan was ich tun konnte…“

„Und das…wäre?“

Er war erschrocken über das was er hörte, aber er war noch mehr interessiert was als nächstes kommen würde. Caim sprach:

„…Ich hab mich dir entgegen gestellt und deinen Hass auf mich konzentriert. Ich wollte Inuart keiner Gefahr aussetzten, also habe ich dein Feuer zu mir gelenkt und deine Aufmerksamkeit gleich mit. Du hast auch versucht mich zu verbrennen. War ne knappe Kiste. Aber dennoch…ich weis nicht wie, aber irgendwie bin ich zu dir durchgedrungen und habe dich wachgerüttelt…Ach ja und du mich gleichzeitig von der verfluchten Klippe!“

Nier sah ihn nur weiter an. Still und in Gedanken. Er…er hatte ihn…Dann musste er sanft lächeln. Er erinnerte sich an einige Dinge verschwommen. Wie Caim zu ihm gesprochen hatte und ihn damit an Yonah und alle anderen erinnerte. Und wie er sagte…er würde ihm zuhören. Es war wieder da. Und es machte ihn froh.

„…Du hast mir geholfen. Du wusstest nicht mal ob es funktionieren würde und hast dich dennoch der Gefahr ausgesetzt um mir zu helfen. Um mich vor mir selber zu beschützen.“

Ja das war wohl die Intension dahinter gewesen aber…Caim lief leicht rot an und sah grimmig vor sich. Sprach verteidigend:

„Naja SO war das nicht genau gewesen! Du spinnst dir da wieder Mädchenträume zusammen! Mein Prinz hat mich mit der Kraft der Liebe gerettet und so! Bah! Zum kotzen. Ich habe doch gesagt dass es auch für Inuart war! Eigentlich sogar mehr für ihn! Weil der Trottel kann sich ja nicht richtig schützen!“

Nier schmunzelte. Okay das war schon etwas süß. Caim war das peinlich und er versuchte sich mit Ausflüchten zu retten. Aber der Weißhaarige hatte ihn durchschaut und war…glücklich darüber. Caim war…netter als er selber wahrscheinlich wusste. Das hatte er schon öfters gesagt und bemerkt. Aber damit wollte er es auch erst mal belassen. Noch mehr Nettigkeit würde Caim sicherlich überfordern.

Und so liefen sie weiter den Tunnel hinab. In der Hoffnung das es dort wieder nach oben ging. Und keiner sagte mehr ein Wort.
 

Und es war ein sehr langer Marsch durch die Dunkelheit des Tunnels vor ihnen gewesen.

Keiner wusste wie lange sie inzwischen von dem Lagerplatz weg waren oder wie viel Uhr es war, aber das hatte auch vorerst keine Bedeutung mehr. Weder für Nier und noch weniger für Caim. Und noch mehr als der Weißhaarige wollte sein Träger ihre Ärsche aus dieser Dunkelheit bringen. Doch als dies endlich in Sicht war…konnte keiner glauben was sie gefunden hatten.

Caim sah das Ende des Tunnels und war überrascht das er dort Licht sehen konnte. Licht? Grelles und kaltes Licht? Sie waren so viele Meter unter der Erde, woher kam das Licht? Es war ja nicht so als hätte er gespürt dass sie aufwärts gegangen wären, denn das hätte man gemerkt. Selbst ein großer Spalt über ihnen, durch eine Schlucht, dürfte nicht so intensives Licht erzeugen. Es verwirrte ihn sichtlich. Aber er hatte auch gleich seine Antwort. Sobald er aus dem Tunnel treten würde…

Und dadurch dass sie lange durch schwaches Licht von den Steinen in der Dunkelheit umhergewandert waren, mussten beide erst mal blinzeln und sich an das grelle Licht vor ihnen gewöhnen, dass auf sie niederschlug. Nier schloss komplett die Augen und Caim hatte sie halb zusammengekniffen. Konnte kaum was sehen, aber viel wichtiger: Er konnte nichts hören. Weder einen Legion noch etwas anderes lebendes. Was er aber hörte war der Wind der durch die Höhle vor ihnen pfiff wie das Heulen eines Geistes und den Fluss links neben sich. Laut dem Heulen musste es eine engere Höhle sein, denn der Wind pfiff durch die Spalten. Doch als sich der Nebel lichtete, der noch auf ihren geblendeten Augen lag, konnten beide vor sich etwas sehen womit sie nicht gerechnet hätten, besonders Caim. Natürlich verstand Nier am wenigsten was sie vor sich sahen, aber Caim wusste es…und konnte es nicht glauben.

Etwas verwirrt und extrem vorsichtig lief er einige Schritte nach rechts vom Fluss weg und sah sich genau um.

„Was ist das?“

Fragte der Weißhaarige über die rechte Schulter seines Trägers, der aber nicht antwortete. Das…wüsste er selber gerne. Oder sagen wir mal so: Er WUSSTE was er da sah…aber das ergab keinen Sinn. Aber mal wieder: Was ergab überhaupt noch Sinn? So schritt er einfach weiter und blieb dann einige Meter davor stehen. Sah es sich um und Nier ebenfalls. Was Caim dort sah…war eine Forschungsstation unter einem großen Zelt. Sie standen auf einem leeren Platz, zwischen dem Fluss hinter ihnen und der Station vor ihnen, die offenbar mit einem Tunnel, an der Wand dahinter, nach oben verbunden war. Vielleicht verbunden zu einem anderem Gebäude? Was zum Geier was los? Das Licht, welches sie geblendet hatte, entstand durch einen Strahler der noch immer Strom hatte und noch mehr waren im Raum verteilt und erhellten diesen. Das war wie Inuart es gesagt hatte: Einige spezielle Gebäude hatten sowas wie Notstrom und der konnte sich Jahre lang halten. So sah er die vielen Tische und Geräte mit denen man offenbar an etwas geforscht hatte. Und da Nier lange keine Antwort auf seine Frage bekommen und er von den Dingen vor sich keine wirkliche Ahnung hatte, rüttelte er leicht an den Schultern von Caim und fragte noch mal besorgt:

„Weist du was das alles ist?“

Endlich sah der Ältere auch kurz zu ihm hinter und dann wieder vor. Hatte seine Aufmerksamkeit. So das dieser antwortete:

„Das ist eine Forschungsstation. Die haben hier offenbar an etwas geforscht.“

„Okay…an was nur?“

„Werden wir gleich heraus finden.“

Und das sagte er nicht aus Interesse, sondern weil er nicht wieder in etwas rein rennen wollte was ihn umbringen könnte! Er wollte vorbereitet sein. Was auch immer die an diesem Ort in der Tiefe erforscht haben, es war weit aus den Augen der Öffentlichkeit und somit konnte es nichts Gutes gewesen sein. Auch als er bereits darauf zuschritt, links und rechts neben sie allerlei Sachen sah wie: leere Waffen, Kabel, Generatoren und zerstreute Unterlagen, fiel ihm noch etwas auf: Er sah ein Logo das er nicht kannte. Es war auf den Kisten, den Utensilien und sogar auf den Flaggen oben am Zelt, die schlaff hingen und selten im Wind wehten. Es sah aus wie ein dünnes Tier auf einer Blume und einem Schriftzeichen dahinter. Ihm sagte das alles nichts. Er kannte dieses Logo nicht. Und so kam er unter das aufgebaute Zelt und blieb stehen. Sah sich um. Es waren Überall unterlagen zerstreut und ehrlich gesagt hatte er kein Bock zu lesen was an dem Ort passiert war, doch Vorsicht war besser als Nachsicht. Auch hatte er dafür eigentlich keine Zeit, denn Nier sein Bein musste behandelt werden, noch bevor es auf die Idee kam schlimmer zu werden, oder sich zu entzünden. Dennoch wollte er etwas haben um später Inuart davon zu erzählen. Vielleicht sogar noch mal her zu kommen wenn ihn der Wahnsinn ritt. So sah er rechts neben sich und lief an einen Tisch, drehte sich um, so das Nier sich absetzten konnte und sprach:

„Lass los. Du kannst dich hier hinsetzten.“

Es war hoch genug das der Junge nicht mit den Beinen aufkam und sie einfach locker hängenbleiben könnten. Aber das hatte Caim nicht vor. Das wäre nämlich nicht gut. Und zuerst nickte der Weißhaarige und ließ los. Kam auf dem Tisch mit dem Hintern an und blieb dort sitzen, so das Caim endlich wieder eine Last von den Schultern und dem Rücken hatte und sich kurz einrenkte vom vielen Tragen. Danach wand er sich um und kam näher an Nier. Er hob mit dem linken Arm beide zarten Beine gleichzeitig an und drehte mit dem Rechten Nier von sich weg. Drehte ihn so auf dem Tisch, dass der Junge komplett drauf saß und beide Beine auf dem Tisch hatte. Das verletzte Bein musste entlastet werden und im Hängen würde das nicht passieren, also drehte er ihn so und der Weißhaarige sah ihn verwirrt dabei an. Ließ es einfach mit sich machen. Dann zeigte Caim auf das linke Bein des Kleinen und sprach:

„Lass es still da liegen. Es sollte nicht mehr belastet werden. Du bleibst so hocken und ich sehe mich hier kurz um.“

Er meinte damit den Platz unter dem großen Zelt. Zumindest deutete er das so mit seinem Kopf an. Und ohne sich groß zu wehren stimmte ihm der Junge nickend zu. Er wusste das Caim ihm helfen wollte und er wollte das auch zu seinem Interesse nicht in Gefahr bringen, also gehorchte er. Dennoch sah er sich kurz unsicher um und fragte Caim hinterher, da er schon einige Schritte neben ihm an einen anderen Tisch gelaufen war:

„Und was soll ich machen wenn wir von jemanden angegriffen werden?“

Berechtigte Frage. Caim nahm sich einen Ordner und ließ ihn schnell in den Händen durchblättern. Antwortete darauf neutral:

„Fang an zu jammern, oder sei nett zu ihm. Das kannst du doch gut. Wenn er schlau ist gibt er bei beiden Optionen sofort auf.“

Nier warf ihm einen genervten Blick rüber und sprach dann auch so:

„Ha ha sehr witzig.“

Doch das Problem löste der Ältere schnell, als er den Order wieder ablegte und darunter einen etwas längeren Viehtreibapparat sah. Sah ihn verdutzt an und hob ihn mit der rechten Hand hoch vor sich. Interessant. Es war etwas was man nutzte um Tiere mit einem Schock zu erschrecken und anzutreiben, oder still zu sein. Also auch gern was zum foltern, wenn man so wollte. Er sah aus wie ein langer Stab mit einem Doppelharken an der Spitze durch den die Elektrizität ausgesendet wurde. Vorsichtig hielt er ihn in der rechten Hand und drückte ihn am Knopf rechts an…er hatte wirklich noch Saft. So das er kurz zurrte und aufblitzte an der Spitze. Würde funktionieren. Dann machte er ihn wieder aus und warf ihn zu Nier rüber auf den Tisch. Der erschrak natürlich weil es unvorbereitet kam. Der Stab kam gerade so auf dem Tisch an, dass der Weißhaarige ihn hinter sich erreichen konnte und ihn verwirrt in der Hand hielt. Ihn ansah und dann verwirrt rüber zu Caim.

„Was soll ich damit?“

Sein Gegenüber sah über seine rechte Schulter zu ihm hinter und sprach:

„Das ist ein Stock dem man gewöhnlich zum Viehtreiben benutzt. Damit kannst du dir die Legion vom Hals halten wenn du den Kopf triffst.“

Erneut verwirrt sah der Weißhaarige den Stab an und legte den Kopf schief. Sowas gab es? Was für ein komisches Gerät. Doch gerade noch, bevor er an die Spitze fassen konnte, schaltete sich Caim ein und sprach:

„Das würde ich lassen. Der erzeugt an der Spitze einen Elektroschock. Stark genug um Schmerzen zu verursachen und zu lähmen wenn man das länger macht.“

Und sofort zuckte Nier mit der Hand zurück und sah zu Caim. Gerade noch mal rechtzeitig. Caim hätte das zulassen können, einfach aus Spaß und Bosheit, aber er hatte es nicht getan…Also war es eine Art von Folterinstrument? Warum lag das hier rum? Und nicht nur Nier stellte sich diese Frage, auch Caim war die bereits gekommen. Vielleicht wäre es aber besser das nie zu erfahren und einfach so schnell wie möglich zu verschwinden. Caim ging nicht weiter darauf ein und sprach nur abschließend:

„Mit dem Knopf an der Seite machst du ihn an. Wenn dir ein Legion zu nahe kommt einfach an den Kopf halten. Sie spüren keinen Schmerz, aber zucken können sie noch ganz gut. Es wird ihn kurz außer Gefecht setzten.“

Und mehr gab’s da nicht zu sagen. Damit ließ er den Drachenjungen dann allein. Er selbst hatte aber noch nichts gefunden um sich zu wehren wenn es drauf ankommen würde. Darüber konnte er sich aber Gedanken machen wenn sie gehen wollten. Sicherlich fand er dann noch etwas was er gebrauchen könnte zur Verteidigung.

Was war das nur für ein Ort? Er war definitiv älter und verlassen worden als es anscheinend zu heiß wurde mit den Legion, aber er schien nicht so alt und noch mehr benutzt worden zu sein als das Krankenhaus vorher. Zumindest sahen die Sachen wesentlich weniger gebraucht aus. Also es war schwer auszumachen, aber es wirkte so, wenn auch nur minimal. Das machte er, wie gesagt, an den Zuständen des Lagers und seiner Sachen die dort zu sehen waren aus. Was ihm aber besonders nicht gefiel…waren die Risse im Zelt. Es waren definitiv Kratzspuren. Aber nicht so groß das er sich wieder Gedanken um ein Monster machen musste. Das könnten definitiv Legion gewesen sein. Mussten es gewesen sein. Dennoch beunruhigte es ihn erneut. Diese Spuren konnten nur entstanden sein, weil Legion und Menschen hier gekämpft hatten. Aber warum nur? So suchte er weiter in den Berichten und Haufen von Blättern vor sich nach etwas was logisch klang und womit er was anfangen könnte. Oder Inuart vielleicht später etwas anfangen könnte. Und vielleicht sogar noch mehr in Erfahrung brachte. Inzwischen war Caim schon so weit das er es für wichtig hielt sowas, wie diesen Ort, ernst zu nehmen. Nachdem was mit diesem Monster im Krankenhaus passiert war gang er nicht wieder ein Risiko ein. Er war nun offen für alle Szenarien, so krank sie auch sein mochten. Menschen hatten für ihn mal wieder gezeigt dass sie schlimmer waren als die Legion. Das was sie mit dieser Louise gemacht hatten war der beste Beweis dafür gewesen dass die Grausamkeit und die Neugier der Menschen keine Grenzen kannten. Wer war die eigentliche Plage auf der Welt? Der Mensch oder die Seuche?

Und dann fiel ihm etwas in die Hände. Etwas in einem Klemmhefter, was einen komischen Titel hatte. So das er die Stirn runzelte und es genauer ansah. Ein Dokument war in dem Hefter. Er las sich selber sehr leise den Titel vor:

„Projekt: Göttin…Was zum Teufel?“

Schnell blätterte er durch das Dokument durch, aber sah nichts an Bildern die er interessant fand, oder verstand. Inuart wäre nun echt nützlich gewesen. Aber der Titel klang komisch. Es jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Und obwohl es ihm nicht gefiel klang es nach etwas was er besser mitnehmen sollte. Also klappte er den Hefter zu und wollte wieder zu Nier, doch dann sprang noch etwas anderes ihm ins Visier, noch bevor er sich komplett zu Nier gewandt hatte. Weshalb er den hefter wieder ablegte. Und das was er danach fand…sagte ihm sogar etwas. So wischte er einige Blätter, auf dem Tisch vor sich, über dem Logo weg, was er vor sich sah und konnte den Namen daneben lesen. Den Name der Organisation lesen, der offenbar die Station gehört hatte. Das gab es doch nicht. Und nun erinnerte er sich auch wieder an das Logo. Er hatte es doch schon mal gesehen, aber es war so lange her, dass er sich nicht mehr bewusst daran erinnerte. Er sprach laut genug, so das Nier es auch hören konnte und zu ihm sah:

„Da kann nicht sein…Hermelin?“

Er schien sichtlich erschrocken darüber, aber warum nur?

„Was ist? Kennst du dieses Wort?“

Aber was komisch war…Nier kam es auch bekannt vor. Er dachte das auch mal gehört zu haben. Oder verwechselte er das?

„Kein Wort, ein Name. Es ist der Name einer Organisation die damals die Regierung Japans ins Leben gerufen hatte als die Seuche los ging. Zumindest hab ich von da an von ihnen im Fernsehen gehört.“

Nier wusste nicht was ein Fernseher war, aber lauschte dennoch weiter gespannt. Caim fuhr fort:

„Die sind damals in der Glotze auf und ab gelaufen. Die Regierung hatte sie eingestellt um sich dem Problem mit der Krankheit anzunehmen. Sie waren offenbar sowas wie eine Seuchenkontrolle und ein Gesundheitsamt zu gleich. Nur aus Wissenschaftlern bestehend. Was haben die hier gemacht?“

„Was ist aus ihnen geworden?“

Fragte Nier neugierig und etwas beunruhigt. Es gefiel ihm nicht wie Caim über sie sprach, als wären sie gefährlich gewesen. Der Ältere sah zu ihm.

„Das weis keiner so genau. Inuart und ich haben gehört dass sie offenbar aufgegeben haben nach einem Heilmittel zu suchen und kurz darauf hat man nie mehr etwas von ihnen gehört.“

Aber konnte es sein? Nur weil man nichts mehr von ihnen gehört hatte, heiß dass ja nicht das sie alle tot waren. Diese Station bewies es eigentlich perfekt. Waren die abgetaucht? Und wenn ja…warum? Doch sein Blick fuhr neben diesen Gedanken rechts an Nier vorbei und ihm fiel etwas auf. Etwas was ihm erst nicht bewusst gewesen war…Da war ein Vorhang.

Es war ein Vorhang hinten in der Ecke aus hellem Plastik, der nicht mal im Wind wehte wegen dem Gewicht und woran er…Blut sehen konnte. Den Blick weiter fest darauf gelegt und an Nier vorbei laufend kam er dem Vorhang näher. Nier verstand nicht was los war und sah ihm nach. Und dann realisierte er auch erst diesen Vorhang und sah ihn erschrocken an, als er das Blut darauf sah. Besonders erschrocken war er aber, als er sah wie Caim sich dem näherte ohne eine Waffe! So das er sprach:

„Caim du bist nicht bewaffnet!“

Der blieb stehen und sah zu ihm hinter.

„Wenn ein Legion hier wäre, dann hätte er uns schon längst angegriffen, oder wir hätten ihn gehört.“

Das war Fakt. Und damit lief er weiter und Nier drehte sich mit Schmerzen auf dem Tisch um, so dass er zu ihm sehen konnte ohne sich den Nacken zu verrenken. Und als Caim leise und vorsichtig an dem Vorhang ankam war es offensichtlich: das Blut war getrocknet und sehr alt. Es konnte sich durch das Plastik des Vorhangs nicht natürlich auflösen und klebte an diesem wie Rost fest. Was auch immer passiert war, es war lange her gewesen. So das er ihn erleichtert zur Seite schob und einen Blick hinein riskierte. Doch was er da vor sich sah, war selbst für ihn ein Bild des Grauens.

Er sah Leichen die schrecklich entstellt auf Tischen festgeschnallt und noch immer an Apparaturen verkabelt waren. Medizinische Geräte wie Puls und Blutdruckmesser ect. Diese waren auch noch an, zeigten alle an das die Leichen logischerweise tot waren, aber das ohne das schrille und nervende Piepen. Hatten sie hier an Menschen geforscht die krank gewesen waren? Doch viel schlimmer waren…die Käfige am Ende des Raumes. Er sah drei große Käfige, wo locker ein großes Pferd reinpassen konnte. Nicht nur in der Höhe sondern auch in der Breite könnte es sich locker darin umdrehen und bewegen. Warum…waren dort Käfige? Sie waren alle natürlich leer und nur von einem führte trockenes Blut am Boden weg. Führte zu einer Leiche eines Wissenschaftlers die links mit einem Klippboard im Arm an dem Zelt lag. Es sah aus als…wäre dort etwas ausgebrochen und hatte randaliert. Ein Legion? Nein. Dann würde der Wissenschaftler nicht mehr dort liegen. War es schon wieder etwas anderes gewesen? So wie…

Wie aus dem Nichts sprang ihn plötzlich von rechts etwas an! Und da Caim nur halb in dem Raum gewesen war, riss ihn das Wesen nach hinten zurück in das Zelt von Nier und der erschrak auf dem Tisch. Ein lautes Krachen von Caim seinem Aufschlag auf den Boden vermischte sich mit dem Geräusch von Knochen die knackten und dann sah der Weißhaarige wie etwas über Caim saß und der es mit beiden Händen von sich drücken und es gerade so noch halten konnte. Er dagegen tapfer und mir aller Kraft ankämpfe. Es war ein Legion der nach ihm biss und krallte. Das Knacken kam von dem Kiefer der Kreatur, als es immer wieder zuschnappte, weil der sich offenbar ein und ausrenkte dabei. Wie konnte das sein?! Wo kam der Legion her?! Caim hatte ihn nicht gehört und der Legion hatte auch nicht auf sie reagiert! Warum also war er plötzlich…?! Doch dann sah er es genauer über sich, während er das Biest weiter von sich hielt. Es lag auf der Hand warum der Überraschungsangriff kam: Es war blind. Das Monster besaß keine Augen mehr. Noch dazu schrie es nicht, weil ihm offenbar die Stimmbänder entfernt wurden, was er an einer Narbe am Hals erkennen konnte. Und die Ohren waren weg und verschlossen. Es hatte ihn offenbar nur realisiert wegen dem Luftzug des Vorhangs, als er nach drinnen sah. Aber auch ein blindes und taubes Huhn findet mal ein Korn. Das war da leider der Fall.

Es biss weiter verwirrt um sich und Caim musste echt aufpassen das es ihn nicht in die Hände oder so biss, eben weil es so unkontrolliert war. Ein Biss und es war aus.

Nier derweil schrie nach ihm und wollte sofort hin. Sein Bein aber machte ihm einen Strich durch die Rechnung weil es so schrecklich weh tat. Dann sah er sauer hin. Nicht jetzt! Er musste helfen! So dass er wieder verzweifelt und erschrocken zu Caim vor sah. Er musste ihm die Waffe zuwerfen! Realisierte aber dann: Er war zu weit weg. Wenn er Caim den Stab einfach zuwarf, dann könnte er ihn verfehlen oder zu weit weg werfen! Und dann war er weiterhin aufgeschmissen! Also machte er das Einzige was er für richtig hielt in dieser Sekunde: Er musste hin. So biss er die Zähne zusammen und kroch etwas über den großen Tisch. Es fiel ihm nicht leicht und er zerrte das eine Bein mehr hinter sich her, während er mit dem anderen sich bewegte. Als er an der Kante angekommen war fasste er sich noch mal ans verwundete Bein und brüllte zu Caim, der kaum mehr weit weg von ihm war:

„Caim! Hier! Der Stab!“

Streckte ihm diesen nach vorne dabei. Caim sah zu ihm auf und wusste nicht wie er danach fassen sollte. Es war gut gemeint, aber so völlig nutzlos. Ließ er auch nur eine Sekunde den Legion mit einer Hand los, dann biss dieser sich in ihm fest. Es wäre unvermeidbar ab dem Punkt. So das er den Kopf schüttelte und laut sprach:

„Vergiss es! Das bringt nichts!“

Und Nier sah ihm das auch am Blick an. Aber durfte nicht aufgeben! Er musste es weiter versuchen! Er musste! Und so hielt er weiter den Stab vor und wedelte etwas damit, streckte sich noch weiter über die Tischkante nach vorne dabei. Erneut rief er:

„Versuch es noch mal! Bitte!“

Caim aber musste mit beiden Händen kämpfen um sich das Monster vom Leib zu halten, also machte er nicht was Nier sagte und versuchte erneut den Legion wegzudrücken. Es war fast unmöglich. Der hatte sich an ihm festgezapft wie ein Blutegel! Aber zum Glück noch nicht wortwörtlich. Nier dagegen sah das Caim es nicht versuchte und bekam Angst. Angst dass er gebissen werden würde! Was sollte er nur tun?! Er rief wieder nach dem Älteren und lehnte sich dabei endgültig zu weit nach vorne, so dass es passieren musste…Nier verlor den Halt und krachte nach vorne vom Tisch herunter.

Es gab ein lautes Scheppern wegen der Sachen die er mit sich riss und er landete sehr schmerzhaft am Boden. Doch nicht nur das, etwas Schweres fiel zugleich auf sein verletztes Bein und er schrie deswegen kurz auf, hielt sich dann das linke Bein mit beiden Händen. Der Stab dagegen lag vor ihm am Boden. Es tat weh! Es tat höllisch weh! Er war so ungünstig mit seinem Bein auf eine Stange des Tischbeins, die horizontal war, auf geknallt, dass sein Bein noch mehr schmerzte als vorher. Und dann fiel auch noch das Gewicht von etwas was er nicht kannte voll auf das Bein und machte es schlimmer. Ihm wurde auch etwas schwindelig vor Schmerz und warm. Caim sah das mit Schrecken und schrie den Namen des Jungen:

„Nier!“

Dieser Idiot! Er sollte sich doch nicht…!

Der Schmerz überrannte Nier förmlich. Er stieg von seinem Bein aus überall in den Körper und haftete sich dort fest. Es wurde unerträglich. Doch er ließ das nicht noch weiter ausarten. So schlug er sich selbst kurz auf die rechte Wange und holte sich zu Besinnung. Mit verbissener Mine sah er vor sich, fasste den Stab und machte ihn an. Reichte mit diesem vor zu Caim und traf, dank der Länge des Stabs, den Legion am Kopf und der zuckte augenblicklich auf. Saß über Caim und zuckte wild und spastisch. Was die Sekunde war, dass der Ältere ihn von sich trat und aufatmen konnte. Und ohne zu zögern kam er auf die Beine, dann an das Monster dran und trat immer wieder mit dem rechten Bein auf den Kopf des Legion ein. So lange bis der nachgelassen hatte und der Legion sich als Resultat nicht mehr bewegte. Es vorbei war.

Caim atmete schwer. Das war verdammt knapp gewesen und ein gewaltiger Schreck noch dazu. So nah war er der Gefahr eine Ansteckung noch nie gewesen. So knapp wollte er es nie kommen lassen. Er sah das Vieh vor sich an…Dieser Legion war offenbar ein Überbleibsel von einem Versuch der Organisation gewesen. Was auch immer die damit erreichen wollten, offenbar mussten sie viele seiner Sinne dafür abschalten, zeigte sich an den Verstümmelungen. Aber das war erst mal egal.

Er wand sich sofort wieder um zu Nier und sah diesen auch schwer atmend, vor Schmerz, am Boden liegen. Er hatte auch den Stab nicht mehr in der Hand und schien zu zittern. Hielt sich auch das linke Bein mit einer Hand. Der Ältere sprang schnell zu ihm hin und kam auf die Knie neben ihn. Fasste den Jungen an der oberen Schulter, weil er seitlich lag und fragte doch tatsächlich laut und besorgt:

„Nier!! Du Trottel du solltest doch…!! Was ist los!?“

Der sah zu ihm hoch und zitterte noch immer leicht. Es tat ihm weh, dass konnte auch Caim spüren. Er hatte gesehen wie unglücklich der Kleine mit dem Bein aufgekommen war und befürchtete das Schlimmste. Nier war nicht mal mehr richtig in der Lage ihm zu antworten und sprach nur mit Schmerzen:

„E-es…es tu weh! Es tut s-so weh!“

Und als er das hörte, zog Caim sofort vorsichtig den Stiefel etwas nach unten und sah auch schon das Problem. Mist. Verdammter Mist! Es war nicht mehr zu übersehen. Man konnte sehen wie der Knochen im Unterschenkel etwas ab stand und die Haut nach außen wölbte. Verdammt! Er hatte sich den Unterschenkel gebrochen. Definitiv. Also war offenbar, durch den Sturz vorhin in die Schucht, da eine Fraktur gewesen und die war nun endgültig gebrochen. Erstaunlich das er überhaupt vorher stehen konnte, aber das Thema war nun offiziell vom Tisch. Das war mit dass Schlimmste was passieren konnte für sein Bein. Er wusste das Nier als Drachenjunge eine schnellere Regeneration hatte. Das hatte man gesehen wie die Verletzungen als Drache schnell verheilten. Deswegen sollte er eigentlich sein Bein schonen so gut es ging. Das könnte nun aber auch ein Problem werden. Wenn der Knochen im Bein falsch zusammenwuchs dann würde es schief enden und dann konnte er vielleicht wirklich nie mehr laufen! Es musste gerichtet werden, aber er kannte sich damit nicht aus! Verdammt! Wo war Inuart nur wenn man ihn brauchte?! Meckern brachte aber nichts. Nun lag es aber an ihm etwas zu tun. Und das Erste was er tun musste…war zu verschwinden.

Er hob den Jungen sanft in seine Arme und trug ihn samt Rucksack zu dem Gang der nach oben in ein Gebäude zu führen schien. Es musste einfach so sein, wo kam denn sonst der Strom her? Aber was sollte er dann tun?! Er konnte Nier nicht lange mit solchen Schmerzen durch die Gegend tragen! Jede Sekunde zählte!

„Scheiße!“

Sprach er laut. Dieser dumme Bengel! Er hatte ihm das Leben gerettet, obwohl er auf sich hätte achten sollen! Warum war er immer so verdammt hilfsbereit?! Warum achtete er nie auf sich selbst!? Caim war voller Wut auf den Jungen in seinen Armen. Aber zugleich…fürchtete er um ihn. Wenn er besser aufgepasst hätte dann wäre Nier…Er stockte. Was…war das? Er machte sich selber Vorwürfe deshalb? Er kritisierte sich selbst? Was war mit ihm los…?

Und während diese Einsicht sank hörte er plötzlich Schritte. Er hörte schnelle und laute Schritte die aus dem Gang heraus kamen, den er gerade rein wollte und die immer lauter wurden, also näher kamen. Erschrocken sah er dort hin. Das würde noch fehlen. Es durften nicht noch mehr Legion kommen! Er konnte weder sich noch Nier gerade effektiv beschützen! Dennoch kam er schnell in die Knie, fasste den Stab zu seinen Füßen und hielt den etwas nach vorne, obwohl er Nier noch dabei hielt. Kampflos würde er nicht aufgeben. Niemals! So machte er sich bereit.

Die Schritte kamen immer näher und es war schließlich unglaublich was da aus der Dunkelheit des Gangs vor ihm auf der Fläche erschien. Jemand hart abbremste und sich umsah. Er konnte es nicht glauben und sah die Person vor sich erschrocken an. Ja genau, es war ein Mensch. Kein Legion, aber vielleicht auch nicht besser. Und es war nicht Inuart oder jemand den er kannte. Dort stand ein etwas ärmlich gekleideter Mann. Er trug einen alten und langen hellbraunen Mantel mit Kapuze und sah dann zu ihnen. Sicherlich war er gerade so im Alter ab Anfang 30 angekommen, also etwas älter als Caim. Seine Haare waren kurz und Blond und er sah sie erschrocken an, als er sie erspäht hatte. Instinktiv machte Caim einige Schritte zurück und sprach bedrohlich:

„Wer bist du! Mach dich vom Acker!!“

Nier lag weiter zittrig in seinen Armen und schien etwas weg zu sein. Der Schmerz hatte ihn inzwischen überrannt und vernebelte seine anderen Sinne. Es gab nur noch diesen Schmerz in seinem Bein, der inzwischen weit aus schlimmer überall in seinen Körper ausgestrahlt war. Der Fremde vor ihnen machte aber eine sehr ungewöhnliche Bewegung. Anstatt nach einer Waffe oder etwas anderem zu greifen…nahm er die Hände hoch, als wollte er beschwichtigen und sich ergeben. Als wollte er ihnen nichts Böses. Was er dann auch sprach und in einer ruhigen Stimme:

„Ihr müsst keine Angst haben! Ich möchte euch nichts tun! Ich habe den Lärm gehört und dachte jemand braucht Hilfe!“

Doch Caim glaubte ihm kein Wort und fauchte:

„Was bist du: Ein verfluchter Rettungsdienst!? Verarsch mich nicht und verschwinde!!“

Er war unglaublich aggressiv und beschützend in der Sekunde. Was ihm selber aber gar nicht auffiel. Aber nicht bei seinem Gegenüber. So kam das zumindest bei dem Fremden an, der weiter ruhig blieb und dann auch sah weshalb der Braunhaarige vor ihm so aufgebracht war. Es war wegen dem Jungen den er in den Armen hielt. Er sah den Weißhaarigen schwach und mit Schmerzen im Gesicht auf den Armen des Mannes liegen. Jung und gebrechlich. Vielleicht gerade mal 15 Jahre oder so. Er war sehr blass und sah nicht gut aus. Musste schreckliche Schmerzen haben, laut dem Gesichtsausdruck den er hatte. Es war ein schmerzendes Bild. Selbst für den Fremden, der schon immer ein Herz für Kinder hatte. Caim sah diesen fixierten Blick auf Nier und wurde noch lauter und aggressiver. Als hätte er den Instinkt sofort noch mehr hochzufahren. Es machte ihn unruhig zu sehen wie er den Kleinen ansah. Und wäre Nier nicht so verletzt, dann wäre der Fremde schon längst tot! Er fauchte:

„Ich sagte: VERSCHWINDE!!“

Alles rieb sich auf und eskalierte. Und Caim machte es nicht gerade besser mit seiner Art. Doch der Fremde blieb erstaunlich ruhig und sprach dann wieder an Caim gewandt:

„Er ist schwer verletzt, oder? Ich kann euch hier raus bringen! Ich habe mein Lager in der Nähe und hier ist es nicht sicher! Dort kann ich ihn verarzten! Es wird bald dunkel und dann kommen die Unheiligen wieder in die Tiefe zurück! Und vielleicht noch schlimmeres!“

Doch Caim ließ nicht locker:

„Ja genau! Und kaum sind wir da töten uns deine Kumpel! Denkst du ernsthaft ich renne einfach so blind in ein Nest voller Schlangen?!“

Da hatte er ein sehr gutes Argument. Caim hatte keinen Grund dem Mann vor sich zu vertrauen. Er konnte lieb und nett wirken, aber dann die schlimmste Sorte von Mensch sein. Einer der sich an Kindern vergriff, oder andere im Schlaf ermordete. Und das sah sein Gegenüber offenbar ein. Vorsicht war sehr gut. Er verstand das und sprach beschwichtigend:

„Ich verstehe dass Ihr kein Vertrauen in mich habt. In dieser Welt wäre es dumm das nicht zu tun. Doch ich möchte euch wirklich nur helfen. Ihr müsst versuchen mir zu vertrauen. Dein kleiner Freund sieht überhaupt nicht gut aus und wenn die Unheiligen kommen, dann kannst du dich nicht wehren, wenn du ihn noch dabei beschützen musst. Ihr SOLLTET mir einfach vertrauen. Ich bitte euch. Ich möchte nicht noch mehr verlieren, weil ich nicht helfen konnte.“

Er klang so ehrlich dabei. Und Caim wusste nicht warum, aber er fühlte sich plötzlich hin und her gerissen. Sein innerer Schweinehund befahl ihm nicht zu vertrauen und ihn zu töten. Aber sein Herz sagte ihm was anderes. Und das lag nur wieder an Nier. Sein Blick fuhr zu ihm runter. Er lag schwach und zittrig in seinen Armen. Und ohne Hilfe würde es ihm bald noch schlechter gehen. Je länger er wartet umso schlimmer wurde es. Es war schwer. Also traf er mit dem Herzen eine Entscheidung und hoffte sie nicht bereuen zu müssen. Es fiel ihm unglaublich schwer. Aber er tat es für Nier. So sah er wieder zu dem Fremden auf und sprach entschlossen:

„Führt mich hier raus. Aber wenn du mir auch nur das Gefühl gibst, dass etwas nicht stimmt, dann leg ich dich ohne zu zögern um! Verstanden?!“

Natürlich hatte sein Gegenüber das verstanden und nickte dankbar. Was er auch wirklich war. Es machte ihn froh wieder helfen zu können. Und sie hatten Hilfe sehr nötig. Vor allem der Jüngere in den Armen des Braunhaarigen. Dann winkte er sie zum dem Gang hervor und lief zuerst rein, sprach dabei:

„Schnell! Es geht hier lang! Wir müssen raus sein bevor die Schwingen des Todes erwachen!“

Alter verrückter Kauz. Er sprach echt komisch, aber Caim war das egal gewesen. Er folgte dem Fremden und war froh diesen vor sich zu haben, denn im Notfall kam er zuerst zum Zug um ihn zu töten. Dennoch hoffte er irgendwo das nicht tun zu müssen. Wenn er ihnen wirklich helfen könnte, dann war er ein gesendetes Geschenk. Nicht für Caim. Aber für Nier. Dann konnte alles besser ausgehen als vorher. So rannten sie die Stufen in der halben Dunkelheit hinauf. Während es draußen immer dunkler wurde und die Nacht herein brach. Und in der Finsternis des Untergrunds hinter ihnen etwas drohte zu erwachen. Böser als sie es nur erahnen konnten. Und verdammt hungrig. Es spreizte seine hellen Schwingen und machte sich bereit die Nacht zu terrorisieren...
 

Soweit ich zurückdenken kann, habe ich mich immer wieder auf dem Schlachtfeld wiedergefunden. Ich habe wirklich sehr lange gekämpft. Schon bevor es den Menschen gab. Egal ob ich wach war oder geschlafen habe, sogar in meinen Träumen kämpfte ich. Wie viele unzählige Jahre war es her? Ich erinnere mich nicht mal mehr an die genaue Anzahl der Feinde, die ich besiegt habe. Was es für Feinde waren. Oder die eigentlichen Gründe warum ich zu kämpfen begann. Die Zeit blieb nie stehen und hat alles verdunkelt. Seitdem hatte ich bei zahlreichen Gelegenheiten mit anderen zusammen gekämpft. Genauer gesagt: gab es auch welche die es auf sich genommen hatten auf mich aufzupassen. Nicht das ich Hilfe gebraucht hätte! Auch anderen Drachen gegenüber war ich so abwesend und kalt, obwohl das Feuer hell in mir, zu der Zeit, brannte. Ich traf mal einen Artgenossen im strahlenden Rot. Und obwohl Sie für einen Drachen ein furchtbarer Wichtigtuer war und ich ihr aus Höflichkeit von Anfang an meinen Namen gegeben hatte, schwieg sie und erzählte mir nie den Ihren. Um fair zu sein: alle alten Drachen neigten dazu, verschlossen zu sein. Als ich sie mal direkt danach fragte, sagte sie mir: es liege nicht in der Natur eines wahren Drachen, seinen Namen preiszugeben. Aber was genau soll das bedeuten? War ich unnormal? Ich habe es nie erfahren. Und ich habe sie nie wieder gesehen. Und damit verschwand auch dessen Bedeutung. Es gab nur noch mich, den Kampf und die Macht. Das Gefühl, stärker zu werden, ist angenehm. Diese Stärke zu zeigen ist tapfer. Es ist berauschend Feinde zu besiegen. Von ihnen verletzt zu werden, ist ärgerlich und zu sehen, wie ein Verbündeter verletzt wird, erfüllt einen mit Trauer. Sind das nicht alles natürliche Arten zu fühlen? Bedeutet altern, schwerfällig und gebrechlich zu werden? Und ich wurde alt und merkte es. Und am Ende meines Lebens lernte ich ihn kennen. Dieser Junge war anders. Er war ein gutherziger Narr. Entschuldigte sich bis zu seinem letzten Atemzug. Welchen Grund gab es für ihn, mich um Vergebung zu bitten? Ich habe ihm immer gesagt dass ich aus diesem Kreis raus wollte. Aus diesem Kreis in dem sich Dinge wiederholen…So stand ich eine Zeitlang da und betrachtete ihn in einer Art Benommenheit. Ich wusste ganz genau, wie zerbrechlich Menschen waren, wie schnell sie sterben würden, und doch … fand ich am Ende den größten Hass gegen mich selbst. Gegen den der am Schluss immer ein Gefühl des Verlustes bekam und zurück blieb. Ich erinnerte mich in der Sekunde an seine Augen. In ihnen sah ich Freude dass ich Menschen in mein Herz gelassen habe. Ob sie gewinnen oder verlieren einfach alles, was den Menschen erwartet, ist der Tod. Selbst wenn sie kurz nach Ruhm greifen, ist es nur ein Wimpernschlag. Wie bedeutungslos ist dann menschlicher Konflikt an sich? Aber ist es das wirklich? Gilt das, was ich gesagt habe, nur für Menschen? Welchen Sinn hatte der Kampf, den wir Drachen führten? Rückblickend kamen mir selbst die Alten, die ich so aufregend fand, nostalgisch vor. Aber am Ende war es das Gleiche. Egal wie sehr ich auch kämpfte…nichts blieb mir. Es wurde nichts gewonnen. Doch ich wollte das ändern. Ich wollte dem eine neue Chance geben. Das Rad neu erfinden. Und somit tat ich etwas…was noch nie jemand zuvor getan hatte…und stieß mich dabei freiwillig in die Hölle. Für einen Menschen, dessen sterbliches Leben doch so unbedeutend war im Rad der Zeit.



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