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I´m in love with an angel

(FU**! I´m really in Love)
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
So...weiter geht´s mit Crowleys Abenteuern durch die Zeit. Komplett anzeigen

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Darfs ein paar Erinnerungen weniger sein?

Endlich wieder auf der Erde. Lange hatte ich mich nicht mehr so wohl gefühlt und tat einen tiefen Atemzug. Dann sah ich mich neugierig um. Einige Männer bauten an etwas großem, dass fast fertig war und ich fragte mich, was das wohl sollte. Vergnügt schlenderte ich in dieses Dorf und sah mich um. Auf der rechten Seite wuschen die Frauen ihre Wäsche, kochten oder unterhielten sich und auf der anderen Seite sah ich ein paar kleine Mädchen spielen. Die Männer hatten sich in der Nähe des großen...Dinges zusammen gefunden und redeten miteinander.

 

Dann zog mich etwas an meinem Gewand und sah nach unten. Ein wunderhübsches, etwa fünfjähriges weibliches Kind, dem ein paar Zähne fehlten, sah mich an.

„Hallo.“, begrüßte ich sie freudig und lächelte.

„Deine Haare bluten.“, meinte sie ernst und daraufhin musste ich laut lachen, erklärte ihr, dass ich mit dieser Haarfarbe geboren war und sie staunte mit großen Augen.

Dann kamen zwei andere Mädchen und ein Junge auf mich zu, sahen mich genauso staunend an.

„Willst du mit fangen spielen?“, fragte mich der Junge und ich tat, als ob ich fieberhaft überlegen musste.

„Hmmm...ich könnte.“, sagte ich und schnitt einige lustige Grimassen, bis die Kinder so sehr lachen mussten, dass sie kaum noch stehen konnten. Dann erschreckte ich sie, die Kinder kreischten vor Freude und liefen weg, während ich sie über den Dorfplatz jagte und versuchte, sie zu fangen, aber sie waren wendig und schnell und ich ließ sie absichtlich immer gewinnen. Andere Kinder kamen und spielten mit, während ihre Mütter uns lächelnd zusahen.

 

Am Abend waren wir erschöpft und setzten uns, nach Atem ringend, glücklich ins Gras. Eine zehnjährige begann mein Haar anzufassen, ehe sie mir einen Zopf hinein flechte und die anderen Mädchen das bei sich gegenseitig auch taten. Es fühlte sich an, als wären wir eine Familie und würden immer füreinander da sein. Dies wärmte mein Herz und als die Jungs uns etwas Wasser und frischgebackenes Brot brachten, fühlte ich mich willkommen und akzeptiert, wie ich war. Mit rotem Haar und gelben Schlangenaugen. Sie hatten keine Angst vor mir, sondern behandelten mich, wie ihresgleichen.

 

Die Nacht zog herein und die Kinder mussten zu ihren Eltern zurück.

„Bis Morgen Kinder.“, winkte ich und blieb sitzen, blickte in die Sternenklare Nacht. Die Erde war mein Zuhause geworden und fühlte mich so wohl bei den Menschen.

„Mein Herr...wollt ihr denn nicht auch nach Hause gehen und euch zur Ruhe begeben?“ Eine Frau mit warmen braunen Haaren und grünen Augen sah mich prüfend an und ich lächelte nur.

 

„Ich bin Zuhause.“, meinte ich, legte mich hin und verschränkte meine Hände hinter meinem Kopf.

„Aber...ihr seid im Freien. Habt ihr keine Unterkunft?“ Mein Lächeln verschwand, als ich an meine Unterkunft in der Hölle denken musste und schwieg.

Die Frau klatschte in ihre Hände und gab mir zu verstehen, dass ich aufstehen sollte.

„Hä?“

„Ich bin Freya, Frau von Shem und Mutter vierer Kinder, mit denen Ihr heute gespielt habt. Lasst mich euch zu uns einladen. Wir haben noch eine freie Stelle im Haus, wo ihr euch zur Ruhe begeben könnt.“ Tränen der Freude sammelten sich in meinen Augen, aber ich drängte sie vehement zurück. Sie hatte es trotzdem gesehen und schleifte mich, ohne auf meine Antwort zu warten, einfach mit.

 

In ihrem Heim angekommen, sah ein Mann, der gerade den Schweiß auf seiner Stirn abwischte, verwirrt zu uns. Er war groß und schlank, sein Gesicht behaart, sein Haar war mittellang und hatte die Farbe von Kohle. Seine Kleidung war verdreckt von seinem Tagewerk und vermutete, er bestellte das Feld.

„Freya...warum bringst du einen fremden Mann mit nach Hause? Und...“ Doch weiter kam er nicht, denn vier Kinder rannten auf mich zu und umarmten mich stürmisch, sodass ich dabei umfiel.

„Barabas, Jeta, Eyla und Tibelia, lasst den Mann in Ruhe.“ Sie hatte ihre Kinder dem Alter nach gerufen und grinsend gingen sie von mir runter. Dann erklärte sie ihrem Mann, warum ich hier war.

 

„Du bist einfach zu gut, mein Weib. Ich bin Shem. Kommt und setzt euch zu mir. Wollt ihr Wein? Wir hatten lange keinen Fremden mehr zu Gast.“ Ich nickte. Schnuppernd genoss ich den Duft und der erste Schluck blieb lange in meinem Mund. Die Menschen hatten es wahrlich perfektioniert.

„Was...macht ihr da?“, fragte Shem verwirrt. Also erklärte ich es ihm.

„Ich nehme den Wein mit allen Sinnen war und genieße die verschiedenen Nuancen des Geschmackes. Riecht mit geschlossenen Augen an ihm.“ Shem tat wie ihm geheißen und stutzte.

„Er riecht nach nach den Blüten eines Zitronenbaumes.“

„Richtig. Und nun nehmt einen kleinen Schluck, lasst ihn im Mund und schiebt ihn hin und her. Was schmeckt ihr?“

 

„Es ist...süß und holzig. Erinnert mich aber gleichzeitig an die Berge und das Gefühl das ich habe, wenn ich in dort oben bin. Die große Weite, der kühle Schnee und ein Hauch von Freiheit.“ Meine Augen hatte ich auch geschlossen gehabt und wir erschraken ein wenig, als wir sie wieder öffneten. Freya und die Kinder hatten uns fasziniert beobachtet.

„Ihr macht aus meinem Mann ja einen Dichter...äh...wie war euer Name doch gleich?“ Meinen wahren Namen wollte ich ihnen nicht sagen, auch nicht den, den ich am Anfang getragen hatte. Mir fiel nur ein einziger ein, den ich nehmen konnte.

 

„Jeremy. Mein Name ist Jeremy. Danke für das Kompliment. Wein ist einer meiner großen Leidenschaften. Sagt...was ist denn dieses große Ding, an dem gebaut wird? Wisst ihr etwas darüber?“, fragte ich neugierig und Freya schüttelte fassungslos ihren Kopf.

 

„Meine Güte, ihr seid ja so ahnungslos wie ein Kind. Vielleicht hätten wir euch eher adoptieren sollen.“, sagte Freya scherzend und ihre Kinder, die mich erwartungsvoll ansahen, lachten und stimmten ihr zu.

„Also wirklich, Freya. Nein das ist eine Arche. Der verrückte Noah und seine Familie bauen sie.“ Das war also die Arche, die ich, laut meinem Auftrag, zerstören sollte.

„Warum?“ Nun merkten sie, dass ich wirklich nichts darüber wusste, doch sie meinten nur, Noah erwartete eine Flut.

„Hier? Mitten in der Wüste?“ Sie lachten und meinten, er wäre eben verrückt.

Dann musste ich gähnen und Shem meinte, wir sollten uns nun zum schlafen hinlegen und stimmte ihm zu.

 

~

 

Am nächsten Tag aßen wir noch zusammen, ehe ich mich bedankte und ging, um mir diese Arche anzusehen. Dort angekommen, sah ich, dass die Arche gerade fertig geworden war und versuchte, unauffällig ein Loch hinein zu machen, doch ich konnte nicht. Dann versuchte ich es abzufackeln, aber auch das funktionierte nicht. Ein extrem starker himmlischer Schutz lag darüber und ich konnte nichts machen. Also wurde Noah von Gott persönlich beschützt? Das musste aber auch bedeuten, dass ein Engel hier war, um sicherzustellen, dass der Schutz aufrecht erhalten wurde.

 

Also schlich ich mich zu den anderen Männern, die schon wieder über Noah schimpften. Dieser stand in der Nähe und ignorierte das. Er war ein älterer Herr mit dickem Bauch und Halbglatze und stellte gerade einen Zoo von Tieren zusammen.

„Nein, nein....diese zwei sind ein Paar und nicht diese...meine Güte, ich bin von Stümpern umgeben. Entschuldige bitte Aziraphale, aber du hilfst mir damit nicht ein bisschen.“ Hatte ich gerade richtig gehört?

 

Beleidigt ging...der Engel weiter nach hinten, um Noah nicht mehr im Weg zu stehen.

Schnell ging ich ihm nach und ja...er war es. Doch ich kam kaum durch die Masse von Menschen, die mir auf einmal im Weg standen. Es vergingen vielleicht dreißig Minuten, ehe ich ihn erreicht hatte. Er hatte ziemlich viel Abstand zu Noah genommen. Freudestrahlend begrüßte ich ihn, er schreckte dabei etwas auf.

„Hallo Aziraphale.“

„Ah...Crawley...“ Intensiv sah ich ihn an und versuchte ein gutes Gespräch anzufangen.

„Und? Den Sterblichen ein Flammenschwert zu geben, wie ist das so gelaufen?“ Er wirkte verwirrt und nervös und das fand ich auffällig. War es abhanden gekommen?

 

„Ach weißt du...der Allmächtige hat es eigentlich nicht mehr erwähnt...“ Also hatte Adam es verbummelt...Aber das erwähnte ich nicht, sondern antwortete ihm auf seine Aussage.

„Aha...ist vielleicht auch gut so. Was soll das hier werden? Ich wundere mich über das Boot und diesen reisenden Zoo.“ Von ihm würde ich sicher mehr erfahren, als von den Menschen und ja, bereitwillig erzählte er mir alles, was ich wissen musste.

„Ich habe gehört, Gott sei etwas gereizt. Er wird die menschliche Rasse auslöschen. Großer Sturm.“

Mit offenem Mund sah ich mich um und machte große Augen, musste ihn fragen, denn gerade bekam ich deswegen ein schlechtes Gefühl.

 

„Alle?“

„Äh... ich...nur die Einheimischen. Ich glaube nicht, dass der Allmächtige wütend auf die Chinesen ist...oder die amerikanischen Ureinwohner, oder die Australier.“ So viel hatte er lange nicht mehr mit mir geredet und genoss einfach nur seine Gesellschaft.

„Noch nicht...“, meinte ich.

„Und Gott wird natürlich nicht alle Einheimischen auslöschen, nicht wahr?“ Sofort sah ich ihn wieder an. Wer durfte überleben?

 

„Ich meine...Noah da oben, seine Familie, seine Söhne, deren Frauen...sie alle werden es überstehen.“

„Aber alle anderen werden ertränkt?“ Der Engel nickte, ich sah mich um und mein Blick kam auf die lieben Kinder, die mit mir so wundervoll gespielt hatten...sie waren doch...unschuldig.

„Kinder...ihr könnt keine Kinder töten...“ Er nickte erneut und mir riss diese Neuigkeit den Boden unter den Füßen weg.

 

„Das würde man doch eher von meinen Leuten erwarten.“ Ich versuchte Haltung zu bewahren, aber es fiel mir zunehmend schwerer, nicht über den Allmächtigen zu schimpfen.

„Ja, aber wenn es getan ist, wird der Allmächtige...er wird etwas neues einrichten. Einen Regenbogen. Als Versprechen, dass er nicht nochmal alle ersäuft.“

„Wie nett...“, meinte ich ironisch. Trauerte jetzt schon um meine neuen Freunde, die für einen Tag wie eine Familie gewesen waren.

„Verurteile nicht den Allmächtigen, Crawley... Gottes Pläne...sind...“

„Wirst du jetzt sagen: Unerfindlich?“ Kühl sah ich ihn an. Wie konnte er in solch einer Situation noch versuchen, so ein Elend zu rechtfertigen.

„Äh...möglicherweise...“ In einiger Entfernung sah ich ein Einhorn aus der Reihe der Tiere ausbrechen. Es wäre das letzte Paar gewesen, welches in die Arche eingeladen werden sollte. Vielleicht konnte mein Freund helfen.

 

„Hey Shem! Das Einhorn da vorne...ich glaube es will abhauen....oh. Zu spät...Ist weg! Aber ihr habt ja noch eins davon.“ Dieser sah mich seltsam an, bis ein lauter Donner ertönte. Moment Mal...Wo war denn Noah und seine Familie? Waren sie schon auf der Arche? War...das alles? Mehr Menschen durften nicht mit? Aber diese Arche war gigantisch groß und es hätten noch viel mehr Menschen hineingepasst. Wind kam auf und die ersten Regentropfen begannen herabzufallen.

Ein Blick zu meinem Engel und ich erschrak. Auch er empfand Sympathie für die Menschen und weinte um sie, also kam ich noch etwas näher und berührte seine Schulter mit meiner. Auch mir kamen die Tränen von seiner Traurigkeit und als er mir in die Augen sah, überkam mich erneut Bedauern, dass wir nicht auf einer, sondern verschiedenen Seiten waren und entschied mich, meine eigene Seite zu wählen, die ich mit ihm teilen konnte.

 

Minutenlang konnte ich nur vor mich hinstarren, der Regen war schon ganz schön stark und hatte mich sofort durchnässt. Was sollte ich tun? Diese Menschen einfach sterben lassen? Das würde ich nicht zulassen.

„Kommt Leute, schnell. Ihr müsst euch in Sicherheit bringen. Er hatte Recht...Noah hatte Recht. Gott wird euch alle sterben lassen, wenn ihr nicht endlich um euer Leben lauft....LOS!“ Verzweifelt versuchte ich die Menschen zu überzeugen und es regnete immer stärker.

„Bitte Freya...Shem...denkt an die Kinder...wir müssen euch retten, bevor alles zu spät ist.“ Das donnernde Rauschen des Regens war so laut, dass ich kaum dagegen ankam und sehen konnte ich fast nichts.

 

„Seht doch, das Wasser steht schon Wadentief und es wird immer mehr.“ Ein Donnergrollen, laut und unbarmherzig rollte über uns und gefährliche Blitze zuckten durch den immer dunkler werdenden Himmel.

Die Menschen um uns herum erschraken fürchterlich, sahen dies als Gottes Bestätigung, dass sie heute hier sterben würden und erkannten plötzlich, dass Noah nicht verrückt war, sondern die Wahrheit erzählt hatte. Panisch rannten sie umher, einige versuchten die Arche zu erreichen und flehten um Gnade.

Das konnten sie sich sparen...Er war bereits überheblich geworden, weil Gott ihn bevorzugte und würde nicht mal unschuldigen Kindern Gnade gewähren.

 

„Bitte Noah...vergib uns und nimm uns mit...Noah BITTE!“ Sie schrien und bettelten, aber es nützte nichts, Noah ging unter Deck und ließ alle anderen im Stich.

 

„Kommt Kinder. Wir müssen fliehen.“, sagte Shem und sammelte seine Habseligkeiten ein.

„Shem! Lass alles liegen und stehen und lauft. Ein paar Kilometer in diese Richtung sind doch Berge. Ihr müsst dorthin.“, sagte ich hektisch, versuchte mich zu orientieren.

„Beruhigt euch, stellt euch paarweise auf und folgt mir. Wenn wir schnell genug sind, können wir entkommen.“ Aziraphale stand plötzlich wieder an meiner Seite und half mir, die Menschen in Richtung Berge zu bewegen.

Die Schleusen des Himmels öffneten sich noch mehr, ein ohrenbestäubender Donner folgte, so als wollte Gott nicht, dass auch nur einer dieser Menschen überlebte.

 

Auf einmal konnte ich den Engel nicht mehr finden, hörte nur leises weinen und das gewaltige Rauschen des Regens. Das Wasser stand mir schon bis zum Bauch.

„Aziraphale! Wo bist du?“ Er antwortete nicht, dafür hörte ich ein leises Wiehern und sah in meiner Nähe das Einhorn, welches geflüchtet war. Umständlich versuchte ich zu ihm zu gelangen, da hörte ich einen Schrei und Freya kam an mir vorbei, drohte unterzugehen, aber ich griff nach ihrer Hand, um sie zu retten, doch als ihre Tochter Tibelia an uns vorbei schwamm und nach Luft schnappte, damit um ihr Überleben kämpfte, ließ Freya meine Hand los und beide verschwanden aus meinem Sichtfeld.

Ein verzweifelter Schrei des Verlustes kam über meine Lippen und hatte Mühe, aufrecht stehen zu bleiben. Das Einhorn war zu mir gekommen und stupste mich an.

 

Ich krabbelte erschöpft auf seinen Rücken und wir versuchten, irgendwie vorwärts zu kommen. Doch der Regen war zu stark und der Wasserspiegel schon so hoch, dass das Einhorn nicht mehr stehen konnte und schwamm nur gegen den starken Sog des Wassers an. Das Einhorn wieherte verzweifelt und ich spürte, dass diese an seinen Partner gerichtet waren. Mein Herz schmerzte davon. Dann hörte der Regen plötzlich auf und eine unheimliche Stille war an seine Stelle getreten.

Sie waren alle ertrunken. Weg...einfach so. Kein Kinderlachen, kein aufgeregtes Schwatzen der Frauen und kein lautes Geschimpfe mehr von den Männern. Nur ein Schnaufendes Einhorn war zu hören, welches immer leiser wurde.

 

Dann gab das Einhorn den Kampf ums überleben auf und ich ebenso. Meine Augen schlossen sich, als wir untergingen. Mir war egal, ob dieser Körper starb, wenn es nur all diese Menschen wieder zurück brachte.

Eisige Kälte umgab mich, als wir hinab in die Tiefe sanken, betäubte jedoch nicht mein Entsetzen, oder den Schmerz. Eine wohlige Wärme umfing mich kurze Zeit später und spürte kurz Frieden in mir aufkeimen, ehe es wieder erstarb. Meine Augen öffneten sich und ich sah den Engel. Er hatte seine Arme um mich geschlungen und zog mich aus dem Wasser, rettete mich erneut. Aziraphale...er lebte...wenigstens er.

Er flog aus dem Wasser, immer höher und ich sah, dass das Wasser sich weit erstreckte, eben bis zu den Bergen und ich nur diese verdammte Arche sehen konnte, die ich eigentlich hatte zerstören sollen. Warum war so eine grausame Tat überhaupt nötig? Ein Blick in den Himmel offenbarte eine strahlende Sonne und einen Bogen aus vielen verschiedenen Farben...der Regenbogen?

 

Das hätte er sich auch sparen können. Es sah zwar wunderschön aus...aber Grausamkeit, blieb Grausamkeit, egal, wie man es drehte und wendete.

Es mussten Stunden vergangen sein, mein Zeitgefühl war mir irgendwo zwischen der Flut und meinen Verlusten abhanden gekommen, ehe er sanft landete und mich auf dem sandigen Boden ablegte, doch ich rührte mich nicht, hatte immer noch das Gefühl, den Halt verloren zu haben.

 

„Crawley? Ist alles in Ordnung?“, fragte er mich besorgt, doch ich konnte nicht antworten. Mein Entsetzen über Gottes Zorn und dass er gnadenlos alle hatte sterben lassen...selbst die unschuldigen Kinder, steckte mir tief in den Knochen.

Am liebsten würde ich so liegen bleiben und hoffen, sie alle würden mich vergessen. Das einzige, was mich davon abhielt aufzugeben...war er.

Ich hörte ihn weinen, wollte ihn trösten, aber ich fühlte mich immer noch so leer. Die Tage vergingen und er blieb bei mir. Irgendwann fing er an zu seufzen und ich roch Mutlosigkeit

 

Er stand auf und seufzte erneut. Vermutlich sah der Engel in den Himmel, als er zum dritten Mal seufzte und hatte dabei ein mulmiges Gefühl, aber ich schaffte es nicht, mich aufzuraffen.

„Es tut mir so unendlich leid, Crawley. Bitte denke nicht allzu schlecht vom Allmächtigen und...auch nicht von mir. Ich wünsche dir viel Glück...Leb Wohl...“

Er...was? Nein...nein das...das konnte er...konnte er doch nicht machen. Also zwang ich mich dazu, aufzustehen. Es hörte sich an, wie ein Abschied für immer, das war eine zu lange Zeit und ich konnte das nicht aushalten. Eine solche Qual...dann lieber starb ich. Er hätte mich nicht retten sollen vor der Tiefe des Wassers. Mein Herz schrie nach seinem, bat ihn zu bleiben. Mit letzter Kraft warf ich mich an seinen Rücken, schlang meine Arme um ihn und flehte ihn an, mich nicht zu verlassen. Er wehrte sich dagegen, doch ich krallte mich so fest es ging an ihn, machte es ihm unmöglich, mich aufzugeben. Meine Erschöpfung holte mich ein, er war stärker als ich und löste meine Umklammerung.

 

Arme schlangen sich um mich und merkte, dass er sich nur umdrehen hatte wollen, damit er mich auch umarmen konnte. Erneut krallte ich mich an ihn, er sich an mich und wir sanken, beide traurig und voll von Schmerz, zu Boden.

 

Wir kauerten lange dort und als ich mich löste, sah ich dem Engel ins Gesicht und...erschrak. Ungläubig starrte ich ihn an, sein ganzes Wesen war in einem unachtsamen Augenblick, ein offenes Buch für mich. Jeder dachte, Dämonen könnten keine Liebe fühlen. Das war nur bedingt die Wahrheit. Wenn jemand einen Ort oder eine andere Person liebte, spürte ich nichts. Doch das was der Engel MIR entgegen brachte... Dämon fühlten nur Liebe, wenn sie einem selbst galt, was eigentlich NIE vorkam. Aber bei ihm...Ich fühlte sie, sie schrie mir entgegen, dass er mich liebte, mich brauchte und nicht gehen wollte. Doch als er sich entschlossen hatte, mich zu verlassen, vermutlich um mich zu schützen, war dabei sein Herz gebrochen. Dies fühlte ich, als wäre es mein eigener Schmerz. Gnadenlos, wie ein Messerstich ins Herz und doch noch viel schlimmer als das. Sanft strich ich ihm eine Träne von seinem Gesicht.

 

„Engel...“ , flüsterte ich, bevor ich das tat, was ich tun musste. Ich wusste es. Er liebte mich genauso, wie ich ihn und das was wir taten half ihm, sodass sich die Schwere seines Herzens verflüchtigte. Mein Instinkt drängte mich zu mehr, spürte, dass nicht nur ich dabei war, die Kontrolle zu verlieren. Eine Veränderung stand kurz bevor, die ich einfach nicht benennen konnte...und auch gerade nicht wollte.

 

Beißender Gestank kam mir auf einmal in meine Nase und das Gefühl, von Dämonen umgeben zu sein, ließ mich inne halten. Also löste ich unsere Lippen voneinander und sah schockiert nach rechts. Wir waren hier nicht mehr sicher. Wenn man mich mit dem Engel so vor fand, würde es nicht angenehm für uns werden. Dann sah ich ihn an und schluckte.

Meine Güte...er war so wunderschön. Verwirrt, aber noch mit glühendem Blick und geröteten Wangen, sah er mich an, wusste nicht, warum ich auf einmal aufgehört hatte. Oh glaub mir mein Hübscher. Wenn es nicht gerade ernst wäre, würde ich weiter machen.

 

„Ich spüre Dämonen...und rieche Engel...Komm Aziraphale. Wir müssen von hier verschwinden.“

Ich war immer noch nicht ganz klar im Kopf, aber ich musste unbedingt was tun. Mühsam erhob ich mich und auch Aziraphale stand zittrig auf. Seine Beine knickten wieder weg und er sank erschöpft zu Boden.

„Was ist?“, fragte ich ihn erschrocken, doch er schüttelte nur seinen Kopf. Fürchterliche Sorge fraß sich in mich. Die anderen kamen immer näher und wir mussten uns beeilen...

 

„Ich kann nicht. Geh...ich...“ Niemals!

„Nein, nicht ohne dich.“, unterbrach ich ihn und half ihm auf, musste ihn irgendwie von hier weg schaffen. Aber lange würde ich es nicht aushalten. Hektisch sah ich mich um, bis mein Blick auf den Garten fiel.

„Crawley, ich bin zu schwer für dich.“ Zwinkernd lächelte ich ihn an und meinte, dass Eden in der Nähe wäre und wir uns dort verstecken konnten. Kaum zu glauben, aber so schwer, wie er tat, war er gar nicht. Vielleicht trug ich ihn aber auch einfach gerne auf meinem Rücken. Lieber hätte ich ihn auf Händen getragen, aber den Versuch wollte ich nicht riskieren. Nicht, wenn man uns so nah auf den Fersen war. Mein Engel kuschelte sich an mich und Stolz überkam mich. Er vertraute mir sein Leben an und ich würde ihn garantiert nicht enttäuschen.

 

Ich flog so schnell wie es mir nur möglich war. Als ich den Apfelbaum erspähte, ging ich langsam in den Sinkflug und legte meinen blonden Sonnenschein, auf einem dicken Ast ab. Hier roch es herrlich, nach Frucht und Blüten zugleich und ich war froh, dass es wenigstens hier immer blieb, wie es war. Mein Blick blieb auf Aziraphale hängen und ich konnte kaum meine Besorgnis verdrängen. Er war blass und wirkte angeschlagen. Leichte Beute für Dämonen...

 

„Alles in Ordnung Engel? Du siehst nicht gut aus. So...ausgelaugt.“ Er lächelte nur und hatte das Gefühl, dass es ihm egal war. Angst kroch mir in den Nacken, als ich merkte, dass es ihm tatsächlich gleichgültig war, ob er nun sterben würde, oder nicht... Ich machte schon den Mund auf, doch eine bekannte Stimmte ertönte und mir blieben meine Worte im Hals stecken.

„Bist du dir sicher Hastur?“ Meine Augen weiteten sich geschockt.

„Sei bitte still. Sie sind zwar nicht im Garten, sondern außerhalb, aber trotzdem. Sie dürfen uns nicht finden.“, flüsterte ich ihm zu, er nickte und suchte Schutz in meinen Armen. Natürlich gab ich ihm diesen. Niemand würde ihn anrühren.

 

„Ja...ich habe den Kriecher gerochen. Und irgendwas anderes noch. Es roch widerlich süß und...unschuldig.“

„Unschuldig?“, echote Ligur ungläubig. Oh ja...Perfekte Beschreibung vom dem Duft des Engels.

„Sieh einer an, wer ist denn hier?“ Gabriel. Oh nein auch das noch. Ich mochte diesen Kerl nicht.

„Hm...ein Engel...riecht der so, wie du meintest, Hastur?“ Wir hörten seine Antwort nicht, jedoch vermutete ich, dass er den Kopf schüttelte.

Dann ertönte ein Geräusch, welches mich innerlich frieren ließ. Es verstummte und auch die anderen Anwesenden sagten nichts. Gabriel lachte.

 

Ruhig belauschten wir das Gespräch zwischen Beelzebub und Gabriel, doch als er über uns hinweg flog, drückten wir uns enger an den Ast. Allerdings verschwendete ich nicht allzu viel Zeit damit, Gabriel zu betrachten, sondern sah lieber die Schönheit in meinen Armen an.

Er sah länger nach oben, sah mich aber dann direkt an und mein Bauch fing an, zu kribbeln. Dann musste ich an dieses Gespräch denken.

 

Also hatten sich Beelzebub und Gabriel gekannt? Ich fragte ihn und der Engel erzählte mir von der Zeit im Himmel, als es noch keine Dämonen gegeben hatte.

„Sieht sie denn wirklich nicht unansehnlich aus?“, fragte er mich nun und ich schüttelte den Kopf.

„Wahrscheinlich zeigt sie sich nur ihm gegenüber anders.“, meinte ich und seufzte. Dann widmete ich mich wieder dem Engel, welcher immer noch so erschöpft aussah und überlegte, was ich tun konnte, um ihm zu helfen. Ja natürlich.

 

Die Lösung dieses Problems war, dass er was essen musste und das schlug ich ihm sofort vor, pflückte einen Apfel und gab ihn ihm. Er saß langsam und bedächtig, doch sah ich sofort, dass ein Teil seiner Kraft wieder zurückkehrte und schrieb es der Wirkung des besonderen Apfels von Eden zu.

„Geht es dir besser?“, fragte ich besorgt und er nickte.

„Wir sollten noch etwas warten und dich weiter stärken, bevor wir gehen.“

„Wo...wo willst du denn noch hin?“, fragte er und ich meinte, dass ich nochmal zurück musste. Mich überzeugen, dass es real gewesen war, denn hier schien es, als wäre es nur ein Traum gewesen.

 

„Aber zuerst...bleib sitzen, ich komme gleich wieder.“ Damit flog ich durch den Garten, wunderte ein zweites Gewand, so wie ich es schon viele Male getan hatte und flog zum Pfirsichbaum. Diese sammelte ich als erstes, holte noch ein paar Trauben, frische Feigen und süße Himbeeren. Zurück am Apfelbaum wartete eine blonde, weiche Kostbarkeit auf mich und ich freute mich schon darauf ihn diese Leckereien essen zu sehen.

Auf dem Ast gelandet knotete ich das Gewand auf und präsentierte ihm meine Auswahl an Früchten. Seine Anmut überstrahlte alles, als er sich glücklich darüber hermachte.

 

Starrend betrachtete ich ihn dabei und genoss es in vollen Zügen. Nur viel zu schnell hatte er aufgegessen und sah endlich wieder besser aus. Erleichtert seufzte ich und half ihm hoch, als er fertig war. Danach breiteten wir unsere Flügel aus und machten uns auf den Weg.

 

~

 

Wir landeten auf einem Felsen und sahen uns um.

„Hier erinnert nichts mehr an eine große Stadt und das Menschen hier gelebt hatten. Nicht einen einzigen Menschen hatte ich retten können. Nicht mal das Einhorn. Es hat die ganze Zeit nach seinem Partner geschrien. Sie waren auch füreinander bestimmt, oder? Und jetzt wird das andere vor Einsamkeit und Trauer sterben und es wird nie wieder Einhörner geben...“ Er nickte.

Aber da war noch etwas anderes. Fast konnte ich es körperlich spüren.

 

„Kann sein, dass man meine versuchte gute Tat gespürt hat.“, erwähnte ich nebenbei. Schockiert erkannte der Engel, dass wir uns für eine längere Zeit nicht mehr sehen würden. Nickend stimmte ich dem zu.

„So sieht es aus. Wenn sie es mitbekommen haben...werden sie alles daran setzen, dass es nicht mehr passiert. Es könnte vieles ändern.“

„Also meinst du...wir sollten unsere...ich meine die Küsse...“ Ich nickte bedauernd.

„Ich verspreche dir, es wird nicht mehr vorkommen...zu deinem Schutz. Wir können uns dieses Risiko nicht leisten.“ Es fiel mir unendlich schwer, dies zu sagen. Schwüle breitete sich aus und machte mir eine Gänsehaut.

 

Etwas stimmte auf einmal nicht und konnte eine weitgreifende Veränderung spüren. Es ging vom Engel aus und ließ mich unruhig werden.

„Hey...alles in Ordnung?“, fragte ihn und zuerst konnte er mir nicht antworten, musste sich dazu förmlich zwingen. Was war nur los?

„Ja. Ich bin nur etwas...“ Seine Augen verdrehten sich auf einmal und er sank bewusstlos zu Boden.

„ENGEL!“, schrie ich und konnte ihn gerade so auffangen. Sanft streichelte ich seine Wange und hoffte, er würde wieder seine Augen aufschlagen.

„Komm schon...Engel...“, sagte ich mit Tränen in den Augen. Dann spürte ich sie. Die Dämonen, die ich dachte losgeworden zu sein.

 

Mit einer Handbewegung schützte ich den Engel vor den Augen der anderen. Sie würden ihn nicht bemerken und er würde nicht sehen, was sie mit mir taten, sollte er doch aufwachen, bevor man mich wieder nach unten zerrte. Noch eine weitere Handbewegung und er würde sich nur noch vage an dieses Ereignis erinnern können. Ich würde mich für ihn erinnern.

„Oh Crawley, Crawley, Crawley...du hast uns enttäuscht.“ Wenn Dagon mich persönlich holte, war es noch viel schlimmer, als ich dachte.

Ich straffte meine Schultern und machte ein ausdrucksloses Gesicht, ehe ich langsam aufstand, mich ihr zuwandte und mich hinab führen ließ. Es zu leugnen hatte keinen Zweck. Die Arche war nicht zerstört, damit mein Auftrag gescheitert und noch dazu hatte ich versucht, Menschen zu retten.

 

~

 

Für eine lange Zeit war ich eingesperrt. In einer ganz besonders schmerzlichen Qual und nur der Gedanken an den Engel half mir, diese zu ertragen. Ganze 504 Jahre lang schmorte ich dort unten, bis ich Besuch bekam. Dagon öffnete meine Zelle und gab mir ein Zeichen, dass ich heraus kommen sollte.

„Komm Crawley...du hast einen Auftrag.“, sagte sie und ich versuchte, mich aufzuraffen. Endlich wieder frei. Nie hätte ich gedacht jemals wieder den köstlichen Duft der eingeschränkten Freiheit riechen zu dürfen. Langsam folgte ich ihr den langen Gang entlang und versuchte die Schreie der anderen Sträflinge zu ignorieren, die einem durch Mark und Bein gingen. Dagon führte mich in Ligurs Büro, der mich lauernd anstarrte.

 

„Crawley...ich weiß nicht wieso...aber du hast so unverschämtes Glück...“, grollte er wütend.

„Glück? Ich weiß nicht was du meinst.“ Er zeigte auf eine große, edle Schriftrolle. So eine hatte ich schon oft selbst in der Hand gehabt. Es waren typische Anweisungen von Gott selbst. Aber was hatte das mit mir zu tun? Mit meinen Schultern zuckend sah ich Ligur an, er knurrte ungeduldig und zeigte auf die Schriftrolle.

 

„Sie ist an dich adressiert. Du bekommst eine Erlaubnis, dich zu beweisen.“ Eine was? Für mich? Vorsichtig nahm ich sie in die Hand und las auf dieser, meinen wahren Namen und den, den ich heute trug. Schon seltsam, dass er mich persönlich für diesen Auftrag haben wollte...warum auch immer. Niemand war davon besonders begeistert, außer mir, was ich mir nicht anmerken ließ.

Den Auftrag las ich mir ganz genau durch und konnte fast nicht glauben, was ich dort las.

 

Hiob, der Mensch, den der Allmächtige aktuell am Liebsten mochte, sollte alles genommen werden, um seine Loyalität und sein reines Herz zu prüfen. Die Idee dazu hatte, wie könnte es auch anders sein, mein Boss gehabt. Sollte Hiob die Prüfung bestehen, sollte sein Besitz, die Tiere und sogar seine Kinder, verdoppelt werden.

 

Wieso musste eigentlich immer mit den unschuldigen Leben von Kindern und Tieren gespielt werden? Die Erinnerungen an die Flut kamen in mir hoch und erwischte mich dabei, wie ich für den Engel betete, dass es ihm gut ging.

„Was hast du gesagt Crawley?“, fragte Dagon misstrauisch. Oh hatte ich das laut gesagt?

„Ähhh...ich meinte, egal wie viel die Menschen beten, die Engel werden ihnen nicht helfen können...hehe...“ Mit einem warnenden Blick entließen sie mich nach oben.

 

 

Ein längst vergessenes Gefühl breitete sich in mir aus, als ich wieder auf die Erde durfte. Nun würde ich so schnell niemanden mehr so offensichtlich helfen...und musste mich vom Engel distanzieren, so wie ich es ihm versprochen hatte...falls ich ihm überhaupt begegnen würde. Noch dazu würden die anderen Dämonen mich im Auge behalten, spürte wie sie mich beobachteten. Also los.

Mein Aussehen passte ich sofort der heutigen Zeit an, kürzte meine bodenlangen Haare bis zur Schulter, wunderte mir ein Stirnband und ließ mir einen buschigen Kinnbart wachsen. Doch irgendwas musste ich gegen meine Augen unternehmen. Sollte ich Aziraphale wieder sehen, musste ich sicherstellen, dass er meine Augen nicht sehen konnte, ich aber alles sehen konnte. Also wie ein Spiegel, durch das man sehen konnte, aber niemand mich sehen konnte, verdunkelt und angepasst auf mein Gesicht. Meine Augen schlossen sich von selbst, als ich es mir vorstellte und mit einem Schnippen hatte ich ein Ding auf meiner Nase, nannte es Sonnenbrille und nickte zufrieden.

 

Bereit, meinen Auftrag zu „erfüllen“, ging ich meines Weges, traf nach kurzer Zeit ein paar Ziegen und wusste, sie gehörten Hiob, denn der Allmächtige gab mir für diesen Auftrag den Blick dafür. Die Umrisse dieser Ziegen leuchteten in einem sanften Licht. Es war nicht fair, ihnen das anzutun, weswegen ich mit ihnen sprach. Einer der Ziegen sah ich dabei in die Augen und spürte Hastur, wie er durch meine Augen sah.

„Du solltest wissen, warum du jetzt stirbst. Gott hat dich im Stich gelassen. Der Gott der sagte, er würde dich lieben, der fordert ihn zu preisen...er lässt dir die vollkommene Vernichtung zuteil werden.“ Die Ziegen protestierten lautstark, aber ich konnte ihnen nur mitteilen, dass sie Pech gehabt hatten. Ich griff mir die eine, die auf einem Stein saß und stellte sie zu den anderen.

„Wollen wir anfangen?“, fragte ich unmotiviert und erschuf einen riesigen Feuerball, doch dann erschien das Licht eines Engels.

 

Ich war versucht, diesen genauso zu ignorieren, wie Hastur und einfach weiter zu machen, aber ich musste wissen, welcher Engel es war, also drehte ich mich um. Das Licht war hell und zum Glück hatte ich diese Brille erschaffen, sonst hätte es mich geblendet. Dann sah ich genauer hin und erkannte die kurzen blonden Locken und das runde Gesicht. Er war es. Aziraphale. Er sah gut aus, wirkte kein bisschen niedergeschlagen. Also war meine Anpassung seiner Erinnerungen ein voller Erfolg...

 

„Lass davon ab, Dämon! Verachtetes Werkzeug Satans. Im Namen des allmächtigen Gottes...HINFORT...“ Das blendende Licht hinter ihm erlosch, als er mich erkannte...nicht so wie wir uns das letzte Mal gesehen hatten, sondern, als hätten wir all diese Zeit nur als einfacher Dämon und einfacher Engel, die für ihre Seiten arbeiteten verbracht. Sah so aus, als hätte ich mit meiner Erinnerungslöschung übertrieben.

 

„Ah. Sieh einer an, du meine Güte...Hab dich nicht gesehen seit...der Sintflut?“ Ich bestätigte ihm dies und hätte enttäuschter nicht sein können, über sein Verhalten.

Er entschuldigte sich für die Unterbrechung und ich versicherte ihm, dass es nichts machen würde. Dann stellte er sich wieder auf sein Podest, wie ein Beschützer der Menschen und machte weiter...wollte weiter machen, aber er hatte vergessen, wo er aufgehört hatte und ich half ihm ein wenig.

„Hinfort...“ Übertrieben fuchtelte er mit seinen Händen in der Luft herum und ich fragte mich, ob er denn noch alles fühlen konnte, oder auch das vergessen hatte. Wenn ja, musste ich meine eigenen Gefühle für ihn auf ein Minimum runterdrehen.

 

„HINFORT widerlicher Dämon. Im Namen des Allmächtigen befehle ich dir....VERSCHWINDE!“ Ruhig sah ich mir seine Demonstration a la „Dramaqueen“ an und freute mich innerlich schon, ihn aus der Fassung zu bringen.

„Nein.“ Das Licht um ihn herum erlosch und er machte großen Augen.

„Nein?“

„Nein danke? Weißt du ich habe eine Genehmigung.“

„Genehmigung?“ War er jetzt ein Papagei geworden?

„Von wem?“, fragte er besorgt nach und kam wieder in meine Nähe.

„Von Gott.“ Er glaubte, dass ich einen schlechten Witz gemacht hatte, so wie er gerade herum stotterte und mich kaum dabei ansah.

 

„Oh nein, nein, nein, nein, nein...kein Witz. Diese Ziegen gehören Hiob, richtig?“, fragte ich und wunderte meine Genehmigung herbei, eine dicke Schriftrolle, die ungefähr zehn Kilometer lang war, wenn man sie ausrollte.

„Ja Hiob. Und ich würde gerne hinzufügen, einer der besonderen Lieblinge von Gott. Also...“ Ich drehte mich um, öffnete die Schriftrolle, die sich sogleich entfaltete und über Hügel und Berge, sich in einem großen Kreis um uns herum ausbreitete und das Ende bei ihm liegen blieb.

„Soll ich mal zusammen fassen? Satan und seine diabolischen Minister dürfen alles zerstören, was Hiob besitzt, ohne Rückfragen, Knutsch und Knuddel, Gott.“ Bestürzt sah er mich an.

 

„Nein...das ist auf gar keinen Fall echt. Hiob ist ein guter...ein rechtschaffender Mann. Ich meine er ist ein absoluter Schnuffel.“ Ich drehte ihm abermals den Rücken zu, rollte die Genehmigung wieder ein, löschte meinen wahren Namen von der Schriftrolle und ließ sie demonstrativ auf den Boden fallen. Er war ja so süß. Seine Liebe für die Menschen war so rein. Und nun sollten wieder die Guten darunter leiden und das würde ich auf gar keinen Fall zulassen, hatte ich gerade beschlossen. Es musste echt aussehen...sogar für den Engel, damit kein Verdacht aufkam.

 

„Naja. Ich bin ein Dämon. Vielleicht habe ich gelogen. Lass es uns rausfinden.“ Mit einer Armbewegung aktivierte sich der große Feuerball über uns und schoss kleinere in alle Richtungen ab, trafen die Ziegen und schon waren sie verschwunden. Amüsiert über seinen Gesichtsausdruck machte ich ein lachähnliches Geräusch.

„Alles sauber, wenn du mich fragst.“, meinte ich grinsend. Verstört sammelte er die Schriftrolle ein und machte sich auf in den Himmel. Ich winkte ihm, immer noch grinsend hinterher und als er verschwunden war, erlosch es. Von außen hin hatte es so ausgesehen, als ob ich die Ziegen vernichtet hatte, jeder glaubte es, dass konnte ich spüren und auch, wie Hastur wieder aus meinem Geist verschwand.

 

Nur eines war sicher, ich würde auf keinen Fall mehr Hand an Aziraphales Erinnerungen legen. Zu viel war verloren gegangen.

Er würde die Genehmigung sicher prüfen lassen und das konnte ein wenig dauern. Pfeifend machte ich mich auf, Hiobs Heim zu zerstören, was sich aber dann als Stall für die Schafe, mit Wohnraum für die Arbeiter herausstellte. Schade drum, sah richtig gemütlich aus...

Ich ließ es Feuer fangen und beobachtete, wie es bis auf die Grundmauern abbrannte, ehe von der anderen Seite ein älterer Herr angerannt kam, mich nicht sah und versuchte, noch irgendwas zu retten. Doch er musste einsehen, dass er das nicht konnte und setzte sich bekümmert auf den Boden, als das Feuer erlosch. Langsam schlenderte ich zu ihm und blieb vor ihm stehen.

 

„Ahhh hallo...Hiob, richtig?“ Er sah mich an und konnte nur nicken.

„Sag...wo sind denn deine Kinder? Sind sie da? Ich bräuchte sie für eine...Sache.“ Verwirrt über diese Frage stotterte er herum und erklärte, dass seine Frau es sicher wusste.

„Entschuldige...du wähltest den Zeitpunkt ungünstig.“ Das war mehr als untertrieben. Der Umstand, dass dieser Mann wütend und traurig zugleich war, brachte mich dazu, mich mit ihm unterhalten zu wollen. Also fragte ich, was passiert sei und er erzählte bekümmert, dass Gott ihn wohl verlassen hatte. Auf meine Frage, ob er wütend war, bejahte er.

„Natürlich...nach all deiner Hingabe für Gott...“ Er sah mich seltsam an und dies ließ mich verstummen, genauso wie die dämonischen, die mich gerade wieder überwachten. Er war nicht wütend auf Gott, nein. Sondern auf sich selbst. Er suchte nach einer erklärbaren Schuld, die er auf sich geladen hatte, konnte aber keine finden. Wahrlich ein Schnuffel.

 

Dann kam seine Frau herbei gerauscht, vertrauensselig wie Hiob war, erzählte er ihr, dass ich nach den Kindern suchte. Sie allerdings war sofort misstrauisch und fragte wer ich war.

„Nur ein alter Freund. Ich würde gern Trost spenden.“ Sie hörte nicht auf, mir zu misstrauen, was ich verstehen konnte. Doch für meinen Plan musste ich mich als Freund ausgeben.

„Sag du es mir.“, meinte ich, wirkte meine eigene Magie und schon sagte sie mir ich wäre...Bildad der Shuhite...seltsamer Name. Wiederholt fragte ich nach den Kindern, doch sie dankte mir, dass ich vorbeigeschaut hatte und sie leider zu viel damit zu tun hatten, den Zorn Gottes zu überstehen. Wie blauäugig...

 

„Wäre vielleicht ganz gut einen Blick auf die Kinder zu werfen?“ Erkenntnis kam in ihr auf.

„Nein...das würde Gott nicht tun...“

„Ganz sicher?“ Entsetzen breitete sich in ihrem Gesicht aus und stotterte, dass sie unschuldig seien. Auf meinen Einwand hin, dass das die Ziegen auch waren, sah sogar Hiob mich geschockt an.

„Also...wo sind sie, dann schau ich mal, ob es ihnen gut geht.“ Erleichtert sagten sie es mir und ich fragte mich, was ich getan hätte, wäre ich noch ein Engel. Natürlich hätte ich ein bisschen getrickst und dass...sollte ich auch jetzt machen. Ich machte mich auf, zu ihrem Heim, öffnete die Tür und sah die Ziegen, die ich in Raben verwandelt hatte, alle hier herum picken. Gut. Sie waren in Sicherheit. Das Haus war groß und versprühte Wärme und Geborgenheit. Konnte aber auch an dem Engel liegen, der sich hinter einer viel zu kleinen Pflanze versteckte und mir auflauerte. Ich tat, als würde ich ihn nicht bemerken und drehte mich einmal im Kreis.

„Schickes Örtchen...schade drum.“ Dann sprang er aus seinem Versteck und versperrte mir den Zugang. Sein Verhalten war ja so vorhersehbar.

 

„Crawley...du musst Hiobs Kinder doch nicht vernichten.“

„Letztes Mal als wir uns trafen, meintest du auch ich würde seine Ziegen nicht vernichten können.“

„Ich...hab mich geirrt. Technisch gesehen kannst du es.“, gab er zu.

„Oh gut, dann...technisch gesehen mach ich das.“, erwiderte ich.

„Aber du MUSST NICHT. Nur darum geht’s doch. Das tolle an deinem Dasein als Dämon ist doch dass du tun kannst was du willst.“ Haha, glaubte er das wirklich? Dämonen durften auch nur böses tun und nichts gutes, sonst würden sie bestraft. Aber irgendwie musste ich ihn doch ein bisschen ärgern.

 

„Du klingst neidisch, Engel.“ Er sah erschrocken immer wieder nach oben, als könnte der Allmächtige uns hören.

„Bin ich nicht. Ich darf tun, was Gott will.“ Heuchlerisch, einfach nur heuchlerisch.

„Wie unschuldige Kinder töten, um eine Wette mit Satan zu gewinnen?"

„Ich...äh...ich denke nicht, dass es das ist, was Gott will.“ Nicht gerade überzeugend, was ich ihm umgehend mitteilte.

 

Entschlossen kam er auf mich zu, aber ich rührte mich nicht ein bisschen von der Stelle. Seine Wärme und die Geborgenheit die nur allein sein Körper versprachen, machte mich unheimlich nervös und zum Glück hatte ich meine Augen vor ihm verborgen, sonst hätte ich mich verraten.

„Und ich denke...du willst es auch nicht.“, Dieser Ton...als ob er mir sagen wollte....“Wehe du sagst jetzt was falsches.“ Seine Aussage machte mich wütend. Wenn jemand merkte, dass ich nur so tat, musste ich wieder in mein Gefängnis und da wollte ich nie wieder hin.

 

„Woher willst du wissen was ich will?“ Er schien mit sich zu ringen und erklärte mir, dass er mich kennen würde. Woher denn? Hatten wir uns je vorher im Himmel gesehen? Unwahrscheinlich, auch wenn ich das mal gedacht hatte.

„Du kennst mich nicht.“ Er kam mir noch ein bisschen näher.

„Ich kenne den Engel, der du warst.“ Das war ja wohl ein Witz. Ich konnte mich nicht an ihn erinnern, also war er wohl damals nicht sehr einprägsam gewesen...oder meine Erinnerungen waren getrübt. Also wen auch immer er zu kennen glaubte...konnte nicht ich gewesen sein und das sagte ich ihm auch.

Er gab nicht auf, wirkte verstört, wütend auf mich und durcheinander und verlangte, dass ich ihm in die Augen sah und es ihm nochmal sagte. Shit. Jetzt war ich im Arsch, wenn ich mich nicht beherrschen konnte. Er schien irgendwie zu wissen, dass mein Herz nicht so böse war, wie ich tun musste. Aber ich spürte, dass die anderen Dämonen mir immer noch zuhörten und ich es sagen musste.

 

Wie er es wünschte nahm ich meine Brille ab und verbarg all meine zärtlichen Gefühle für ihn. Ihm in seine Augen starrend musste ich mich überwinden, ihn anzulügen.

„Ich will es tun. Die unschuldigen Kinder von Hiob vernichten. Danach sehne ich mich über alle Maßen. Und ganz genau so war es auch mit seinen harmlosen Ziegen.“ Ich spürte Zufriedenheit unter meinesgleichen und auch, wie sie sich abwanden, bis mein Kopf wieder mir gehörte. Endlos enttäuscht und bekümmert sah er mich an, als wäre sein Herz gebrochen... Verdammt. Wieso musste ich immer übertreiben?

„Möge Gott dir vergeben.“, sagte er erstickt und den Tränen nahe, sah mich ein letztes Mal an und machte mir Platz. Es war genehmigt und wenn er mich nicht überzeugen konnte, konnte er nichts mehr tun.

 

Damit ließ er mich stehen und ging, wollte nicht sehen, wie ich dieses Verbrechen begann. Ich sah ihm nach, versuchte seine Bestürzung zu ignorieren, doch als ich fast an der Tür angekommen war, hielt ich es nicht mehr aus, dass er glaubte, ich wäre zu sowas wirklich fähig und ließ die Raben, die nur als solche getarnt waren, meckern. Ich stoppte und sah nach hinten, wo er sich wunderte, ich saugte all seine Emotionen auf, die in seinem Gesicht zu sehen waren und mit einer Handbewegung seinerseits waren es keine Raben mehr, sondern die Ziegen. Die, die ich hätte töten sollen. Er versuchte sich zu beherrschen, musste dann aber doch grinsen. Damit hörte er nicht auf, bis wir bei den Kindern angekommen waren....jedenfalls wo sie sein sollten, aber der Raum war leer. Ich würde einfach warten, bis sie zurück kamen.

 

„Hör auf zu grinsen.“, meinte ich genervt.

„Ich grinse nicht...“, grinste er.

„Das heißt nicht, dass wir auf derselben Seite stehen.“, sagte ich aufgebracht.

„Nein...nein...“ Die Art, wie er es sagte...Er glaubte mir kein Wort.

„Wir stehen vorübergehend nicht auf unterschiedlichen Seiten.“ Es sollte eine Warnung sein, aber auch diesmal kam sie nicht bei ihm an.

„Ganz wie du sagst.“

 

Dann kamen die Kinder herein...äh nein nur zwei davon und erwarteten doch tatsächlich, dass wir ihnen Wein mitgebracht hätten. Das dritte kam hinzu und die älteren Kinder strahlten eine Arroganz und Selbstgefälligkeit aus, die kaum zu ertragen war. Aber ich zügelte mich und meinte in einem ironischen Unterton zum Engel, dass sie recht nett erschienen. Erbost von dieser Überheblichkeit wollte er die drei warnen, dass ein Dämon geschickt wurde, um die drei heute Nacht zu töten, doch die glaubten ihm nicht.

„So ein Blödsinn, dass würde er nicht wagen.“ Ging es noch herablassender? Er verhielt sich schlimmer, als ein Dämon und das musste der Engel auch spüren. Zum Glück wurde nur Hiob geprüft und nicht auch seine Kinder, sonst hätten sie alle verloren.

Doch da Gott sie alle derart beschützte, waren sie der Meinung sie stünden über allen anderen Menschen, stellten sich vor und die einzige, die nicht nervte, war Jemima, die jüngste der dreien, die auch sofort sah, dass ich kein Engel war und das sogar ansprach.

 

Sie war mir sympathisch und erinnerte mich an Tibelia, die bei der Sintflut ertrunken war.

„Oh sie ist gut.“

„Ähhh...nun ja...er...in gewisser Weise, technisch gesehen...ein Dämon.“ Die ganze Zeit über starrte ich ihn an, wie er zu erklären versuchte, dass wir hier zusammen standen. Doch ich musste trotzdem so tun, als würde ich meinen Auftrag erfüllen und das ging nur, wenn hier alles abbrannte.

„Ja stimmt. Haargenau. Hergeschickt zur Vernichtung von allen.“ Übertrieben sprach ich genauso, wie der Engel seine Warnung ausgesprochen hatte.

„Fertig?“, fragte ich und entzündete das Heim, die Kinder schrien erschrocken auf. Der Engel war fassungslos.

„Du...du wolltest nicht...“

„Ich bin ein Dämon, ich habe gelogen.“, sagte ich grinsend und entflammte die andere Seite.

„Kannst du uns nicht retten?“, fragte eines der Kinder und der Engel musste zugeben, dass ich eine Erlaubnis von Gott hatte. Solange er sich mit ihnen unterhielt, sollte ich die Decke und die andere Wand auch noch abfackeln.

„Doch habt keine Angst, ihr seid absolut sicher.“ Hatte er tatsächlich so viel Vertrauen in mich?

„Ganz sicher, Engel?“ Starrend sah er mir direkt in meine Augen.

„JA! Ziemlich sicher.“ In seinen Augen lag Gewissheit, er wusste, dass ich nur so tat. Ich starrte zurück und...ich konnte ihn nicht enttäuschen. Mit einem Feuerschlag auf den Boden fielen wir alle nach unten. Die Decke schloss sich über uns und ich versiegelte sie, damit kein Feuer hindurch kommen konnte.

 

„Was ist passiert? Wir sind im Keller....“, meinte der Junge und Aziraphale konnte sich nicht beherrschen mir zu sagen, dass er es gewusst hatte.

„Ich wusste es! Wind, schätze ich. Das hatte Satan nämlich geplant. Ein mächtiger Wind aus der Wüste, zerschlägt die Villa und sie stürzt über ihnen ein.“ Konnte er nicht damit aufhören?

„Ääähhhh du bist wohl ein ganz Schlauer.“ Strahlend sah er mich an und konnte nicht verhindern, dass es mir in meinem Herzen ganz warm wurde.

 

„Ich finde es war tatsächlich klug uns in den Keller zu bringen. Wahnsinnig clever.“ Irgendwie genoss ich sein Lob und sonnte mich darin, doch der Junge fing an zu nerven, dass wir es ihnen erklären sollten und machte mir diesen schönen Moment mit meinem Engel zunichte. Also schnippte ich einmal und er war ein kleiner Salamander. Das ältere Mädchen fragte was ich getan hatte und sofort war sie auch einer. Das kleine Mädchen jedoch lachte und fragte, ob sie eine blaue werden konnte, also erfüllte ich ihr den Wunsch. Der Engel sah mich mahnend an, aber es war unerlässlich, die Kinder zu verwandeln.

 

Während seines Starrens, sah ich mich um. Hier standen die köstlichsten Speisen und Karaffen voller Wein und wunderte mich, warum der Engel noch nichts davon gegessen hatte. Er wirkte so...verändert. Als hätten wir nie zusammen von den Äpfeln gegessen und den Pfirsichen, die seine liebsten Früchte gewesen waren. Keine Küsse und kein Essen...das war echt die lausigste Erinnerungslöschung aller Zeiten.

Aber vielleicht war das ja ganz gut so, wenn er sich nicht mehr an unsere Leidenschaft erinnern konnte. Was er nicht mehr wusste, konnte er nicht vermissen, so wie ich es tat.

Aber das mit dem Essen...ich liebte es ihm zuzusehen, wie er Genuss perfektionierte.

 

Ein lauter Donner schreckte mich aus meinen Gedanken.

„Oh oh...sie haben früh angefangen...tja dann. Können wir es uns auch gemütlich machen.“, meinte ich, roch am Wein, fand dass die Trauben noch ein bisschen mehr hätten reifen können und schenkte uns beiden ein.

„Trinkst du etwa...den Wein der Menschen? Das ist die Quelle der Trunkenheit.“ Hatte er das etwa auch vergessen? Das es meine Erfindung gewesen war und ich Kain damit betrunken gemacht hatte?

„Was du nicht sagst...“, meinte ich und trank demonstrativ einen großen Schluck aus meinem Kelch. Fruchtige Nuancen von Kirschen, Brombeeren und Vanille explodierten in meinem Mund, ich bewegte den Wein darin und schmeckte die volle Sonne, die sich in den Trauben entfalten hatte, den frischen Regenguss und spürte das glückliche Lachen von Kindern, die auf diesem kleinen Weinberg gespielt hatten. Noch einmal roch ich daran, das säuerliche hatte sich verflüchtigt und war einem weichen Aroma gewichen.

 

„Viel versprechender kleiner Weinberg.“, meinte ich und hielt ihm seinen Kelch hin, doch er machte wundervolle Geräusche des Abscheus und streckte dabei seine süße Zunge hinaus. Fast hätte ich ihn zärtlich angelächelt, konnte mich aber gerade noch zurückhalten.

„Alles klar...du trinkst nicht...aber probiere mal das Essen. Von Essen wird man nicht betrunken. Na los. Gönn dir ein Rippchen.“ Meine Hände griffen nach einer Platte Fleisch und hielt sie ihm hin. Wann hatten die Menschen eigentlich angefangen Fleisch zu essen? Das hatte ich wohl verpasst...vermutlich war das noch die Zeit, als Henoch gelebt hatte, die ich aber verschlafen hatte. Aziraphale sah abgemagert aus und hoffentlich konnte ich ihn überzeugen, etwas davon zu essen, denn ich war mir sicher, er müsste nur schmecken, dass es köstlich war und schon konnte ich ihm tagein, tagaus beim Essen zusehen.

 

Unsicher fragte er mich, ob ich ihn in Versuchung führen wollte, doch das war gar nicht nötig. Seine Leidenschaft für gutes Essen musste nur nochmal geweckt werden, also meinte ich, das Engel nicht in Versuchung geführt werden konnten. Er glaubte mir, nahm sich ein Stück und verzog voller Grauen sein Gesicht. Er roch dran, berührte das zarte Fleisch mit seiner Zunge und dann...aß er es. Angewidert verzog er sein Gesicht, bis er erstaunt zu mir sah.

„Oh...ich verstehe...“ Endlich. Gierig steckte er sich mehr davon in den Mund und ich genoss es, ihm dabei zuzusehen, wie er hastig ein Stück nachdem anderen verschlang. Als er damit fertig war, nahm er den Rest des Ochsens ins Visier und schleckte sich glücklich, mit irrem Blick, über seine weichen Lippen. Wie gerne würde ich ihn jetzt packen und meine Lippen auf seine pressen. Als wäre es gestern gewesen, schmeckte ich in meinem eigenen Mund, immer noch die unschuldige Süße die er verströmte.

 

Doch stattdessen setzte ich mich und genoss den fruchtigen Wein und die Geräusche die der Engel machte, wenn er aß. Von dem Ochsen war nach kurzer Zeit schon fast nichts mehr übrig und ich hatte bereits meine dritte Karaffe Wein geleert, als er mich glücklich lächelnd...und mit vollem Mund, ansah.

„Komm schon...du bist ein bisschen auf unserer Seite.“

„Nein...kein bisschen, auch nicht das kleinste..“ Wie konnte ich auf dieser Seite sein, wenn der Allmächtige verlangte Kindern Gewalt anzutun?

„Du bist jedenfalls nicht auf der Seite der Hölle.“ Das stimmte.

„Ich schließe mich der Hölle an, soweit ich das kann.“

 

„Auf welcher Seite dann?“, fragte er neugierig und auch ein bisschen enttäuscht.

„Auf meiner.“ Als er meinte, dass es einsam klang, versuchte ich es ins Lächerliche zu ziehen. Natürlich war ich einsam. Aber seine Gesellschaft machte diese Art der Existenz zumindest erträglicher. Um ihn davon abzulenken fragte ich ihn, auf welcher Seite er war und natürlich wählte er Gottes Seite. Gefühle, die ich besonders stark nach meinem Fall hatte, kamen für einen Moment auf, aber ich unterdrückte sie sofort wieder.

 

„Ach wirklich? Der will dass ich diese Kinder vernichte.“ Er stockte und ich musste ihm einfach sagen, dass es bei mir genauso angefangen hatte und meinte, dass wir uns in der Hölle sehen würden. Seine Antwort bestand aus einem strengen Blick, bevor er wütend in sein Stück Fleisch biss. Einen Moment später bereute ich, was ich gerade gesagt hatte. Nie würde ich es zulassen, dass er fallen würde. Er würde sich verändern, sein Wesen erkalten. Eine Sünde, die es zu vermeiden galt.

 

Langsam wurde es hell und wir begaben uns nach draußen, wo wir sahen, dass Gott tatsächlich mit Hiob sprach. Ich merkte mir alles, was gesprochen wurde und wünschte mir, ich hätte ihm damals all meine Fragen persönlich stellen können. Wurde aber von anderen Erzengeln davon abgehalten.

„Was machst du, wenn sie es nicht ertragen können, ihre Kinder zu verlieren? Sie könnten Gott verfluchen.“ Bestürtzt sah er mich an und meinte, dass wir einen Plan brauchten.

„Gabriel war bei Evas Geburt anscheinend auch anwesend...er weiß dass sie aus seiner Rippe entstanden ist. Vielleicht könnten wir das mit einfließen lassen.“ Grinsend flüsterte ich ihm meine Idee zu und er nickte. Hoffentlich kaufte man uns das ab.

 

Hiob ging wieder zu seiner Frau, als Gott fertig war und als wir sahen, dass andere Engel vom Himmel nach unten kamen, gab ich dem Engel Bescheid.

„Aziraphale, mach schneller, die anderen Engel sind schon da.“ Endlich kam er aus dem Keller, steckte sich die Rippen des Ochsen und die Schale mit den Salamander Kindern unter sein Gewand und lief zu ihnen. Langsam ging ich ihm nach und als ich vor dem zerstörten Haus ankam, hörte ich Hiobs Frau schimpfen, dass sie Gott verfluchen würde. Oh nein...So würde es vielleicht noch herauskommen, dass wir geschummelt hatten.

 

„Woooah, woah, woah, woh, woah, das geht nie gut aus.“, erwähnte ich grinsend, mit erhobenem Zeigefinger.

„Kennt ihr mich noch? Bildad der Shuhite?“ Fast hätte ich mein Gesicht verzogen und Gabriel vollgekotzt, doch wir mussten den Schein wahren. Wir redeten über Schuhe und das ich ein Schuhmacher wäre, doch der Engel meinte, es wäre nützlich, wenn ich ein Experte für die menschliche Geburt wäre. Begeistert erzählte ich, dass dies meine zweite Leidenschaft wäre und ob ich helfen könnte.

Der Engel erklärte es mir, als wäre ich vollkommen ahnungslos, sein Lächeln...das funkeln in seinen Augen, wenn er mich ansah...wovon redete er? Ach ja...

„Sitis hier...hat erfahren, dass sie noch viele weitere Kinder bekommen wird.“ Freudig meinte ich, dass wir am besten anfangen sollten und knetete begeistert meine Hände.

„Nur nicht schüchtern, Sitis. Ich bin eine professionelle Hebamme Schrägstrich Schuhmacher und ich bin mir sicher diese engelhaften Wesen haben das alle schonmal gesehen.“

Der Engel stimmte zu und erzählte, dass Gabriel ebenfalls in Garten Eden eine echte Geburt gesehen hatte.

 

„Hast du das? Na sowas. Dann muss ich wohl ein wenig auf Zack sein, unter den Augen eines Experten.“ Dieser fühlte sich geschmeichelt und fast hätte Aziraphale seinen Einsatz verpasst, wenn ich ihm nicht einen schiefen Blick zugeworfen und ein Geräusch gemacht hätte.

Zu Sitis flüsterte ich, dass sie tun sollte, was ich sagte und sie mir vertrauen sollte, während der Engel Hiob aufhalf und ihm die Ochsenrippen in sein Gewand steckte und die Salamander zwischen dessen Schuhe

.

„Also gute Frau...nun wende dich zu deinem Gatten und greif in sein Gewand.“ Sie tat es, doch war es viel zu weit unten und meinte, sie solle höher gehen, doch es war immer noch nicht genug. Der Engel war mir eine große Hilfe, zeigte mir mit seinen Blicken, wie weit sie hoch gehen sollte und als er den Daumen nach oben zeigte, machte ich weiter.

 

“So ist es gut. Und nun entferne drei Rippen aus seinem Leib.“ Gabriel, der uns die ganze Zeit skeptisch angesehen hatte, erinnerte sich, dass es genauso gewesen war und dies den Engeln versicherte, dass es genauso funktionierte.

Sie machten das fantastisch, die Ausdrücke in ihren Gesichtern und wie Sitis die Rippen in die Höhe hielt.

„Und um den Prozess abzuschließen, eine kleine Umarmung.“ Das war das Zeichen für den Engel, sein Wunder zu tun und die drei Kinder, die als Salamander zwischen den beiden versteckt waren, wieder in ihre wahre Form zu verwandeln. Die Familie freute sich, doch als Michael erwähnte, dass es keine Babys waren, erwähnte ich Eva, die auch keines gewesen war.

„Sie können in jeder Größe geliefert werden.“, meinte Gabriel zustimmend. Fast hätte Hiob sich verraten, als er seinen angeblich neuen Sohn mit dem alten Namen ansprach. Es ging hin und her und wir hofften, die Engel würden es uns endlich abkaufen und verschwinden.

 

„Aziraphale, sind das die neuen Kinder, die Gott Hiob versprochen hat?“ Jetzt lag es an ihm. Nur er konnte diese Familie noch retten.

„Das scheinen sie jedenfalls zu sein.“, meinte er als Gabriel ihm tief in die Augen sah. Eifersucht loderte kurz in mir auf.

„Das sollten sie sein. Aber sie scheinen für mich, die alten Kinder zu sein.", erwiderte Michael und Gabriel stimmte ihm mit einem Blick auf den Engel zu. Erneut fragte Gabriel nach, sein Blick wurde strenger und es schien, als hoffte er, dass es tatsächlich neue Kinder wären. Er sah hilfesuchend zu mir, doch ich hob nur eine Augenbraue. Es gab nur eine Möglichkeit. Er musste lügen. Und er enttäuschte mich nicht.

„Seine neuen Kinder. Du hast mein Wort als Engel.“ Zuerst noch skeptisch, fing Gabriel an zu grinsen, fragte, warum er das nicht gleich gesagt hatte und fing an zu klatschen. Die anderen Engel stimmten mit ein und ihm gab ich einen besonderen Applaus.

 

Sobald es ging verdrückte ich mich und nur ein paar Stunden später, sah ich den Engel ganz allein auf einem breiten Stein sitzen. Traurig starrte er aufs Meer und als er mich sah, meinte er, dass er gewusst hatte, dass sie mich schicken würden und stand auf.

„Nun denn...ich wär dann bereit zu gehen.“ Verwirrt fragte ich ihn, wohin er gehen wollte.

„In die Hölle.“ Mit dieser Antwort hatte ich nicht gerechnet und setzte mich nun auf die Bank aus Stein.

„Ich bringe dich nicht in die Hölle, Engel.“

„Wieso nicht?“

„Sie würde dir nicht gefallen.“

„Aber das musst du. Ich bin jetzt so wie du. Ein Dämon.“ Er fing an zu weinen, aber seine Aussage belustigte mich, sodass ich lachen musste. Ich entschuldigte mich, immer noch lachend und fragte ihn ob er das wirklich dachte.

 

„Mit deinen lockigen kleinen... und deinem hübschen weißen...“ Zeigte ich zuerst auf sein Haar und dann auf sein Gewand.

„Ich bin ein gefallener Engel. Ein Lügner, der den Willen Gottes vereiteln wollte.“, rief er verzweifelt und mir blieb mein Lachen und diese dämlichen Kommentare im Hals stecken.

„Ja schon richtig, aber...ich werde es keinem erzählen. Du etwa?“ Verwirrt schüttelte er den Kopf.

„Dann muss sich ja auch nichts ändern oder?“ fragte ich ihn und sah auf die Weite des großen Ozeans hinaus, der mich wieder einmal an die Flut erinnerte. Die Tränen des Engels zerrten an mir und versprach mir selbst, dass ich alles tun würde, damit er das nicht mehr durchmachen musste. Langsam setzte er sich wieder und fragte, was er denn dann sei.

 

„Nur ein Engel, der sich dem Himmel anschließt, soweit er das kann.“ Wir beide...auf unserer Seite.

„Das klingt...“

„Einsam? Ja.“

„Du sagtest das wäre es nicht.“

„Ich bin ein Dämon. War gelogen.“ Er sah mich lange an, bevor er darauf antwortete.

„Du wolltest also nicht...dass ich mir Sorgen um dich mache, weil...du einsam bist?“ Ich schwieg, bis ich meine Sonnenbrille abnahm und ihn ansah. Sofort war auch sein Blick erwartungsvoll auf mir.

 

„Du erwähntest, dass du mich kennen würdest...soweit ich weiß haben wir uns im Garten Eden kennen gelernt.“ Aziraphale war etwas enttäuscht, dass ich ihm nicht auf seine Frage geantwortet hatte, doch dass er mir wieder in die Augen sehen konnte, stimmte ihn milde, er sammelte sich kurz, ehe er es mir erzählte.

„Ich hatte gerade einen Auftrag für Gabriel erledigt gehabt...da hast du mich angesprochen. Du...du warst ein Sternenengel. Ich durfte dir helfen, als du sie geschaffen hast.“ Dann wich er meinem Blick aus und erzählte leiser, dass es wohl seine Schuld gewesen war, dass wir nun auf verschiedenen Seiten waren.

„Hä? Musst du so in Rätseln sprechen?“ Was redete er da? Ja ich war ein Sternenengel gewesen, richtig...aber...

 

„Ich hab dir erzählt, dass diese Sterne nur 6000 Jahre leuchten durften und danach wieder vergehen würden. Du warst so erschüttert...hast so viele Fragen gestellt...es...es tut mir so leid Crawley.“ Bilder eines hübschen Engels, mit kurzen blonden Locken und einem strahlenden Lachen kam in mir hoch. Damals hatte ich ihn nicht richtig wahrgenommen, konnte nur die Schönheit der Sterne bewundern und danach...die Fragen, die mich innerlich fast zerfressen hatten. Seine Sorge und...dass ich seine Warnung ignoriert hatte, bereute ich schon ein bisschen.

 

„Wirklich...es tut mir leid. Hätte ich es dir nicht gesagt...“ Seine Tränen zerrten immer noch an meiner Beherrschung, worauf ich ihn unterbrach.

„Dann hätte es ein anderer getan. Dich trifft keine Schuld. Es war meine eigene Entscheidung. Es war ein unglücklicher Tag und ich war zur falschen Zeit am falschen Ort.“ Erinnerungen brachen über mich ein. Auf einmal war ich zwischen anderen Rebellen gestanden, die gegen andere Engel kämpfen wollten und schon kurz drauf...lassen wir das.

 

„Du hast dein Bestes getan, mich von meinem Vorhaben abbringen zu wollen. Ich hätte trotzdem Fragen gestellt.“, sagte ich und sah ihm in seine Augen. Großer Fehler, denn immer noch kullerten dicke Tränen sein schönes Gesicht hinab und er fing an, laut zu schluchzen und sein Gesicht in seine Hände zu vergraben. Dann erst erkannte ich warum. Er weinte...um mich...es behagte mir nicht, dass ich der Auslöser seiner Traurigkeit war.

 

Unauffällig rutschte ich näher zu ihm und als meine Schulter seine berührte, sah er auf. Nur für eine Sekunde blitzte eine Erinnerung in ihm auf, bis er seine Arme um meinen Hals schlang und seinen Kopf an meiner Halsbeuge bettete. Vorsichtig hielt ich ihn, bis er sich beruhigt hatte und bemühte mich, nicht auf ihn zu reagieren. Dennoch konnte ich es nicht verhindern, dass ich seinen Duft tief in mir aufsog und es genoss, ihn so nah bei mir zu haben. Ein lautes Knurren durchbrach diese Stille und lachte kurz auf.

 

„Ich kann das Festmahl, welches Sitis zubereitet hat, bis hier her riechen. Wir sollten ihnen beim Essen Gesellschaft leisten, was meinst du?“, fragte ich ihn und er musste daraufhin lächeln, blieb aber an mich gekuschelt.

„Engel?“

„Können wir...nur noch ein bisschen so bleiben?“

„Natürlich.“, sagte ich leise und hielt ihn ein bisschen fester an mich gedrückt und streichelte ihm beruhigend über sein weiches Haar, bis sein Magen erneut knurrte. Er konnte den Braten ebenfalls bis hier her riechen, doch wir blieben noch, bis es dunkel wurde. Die Sterne leuchteten hell, genau wie das Licht des Engels, der mich immer wieder aus dieser finsteren Dunkelheit holte.

„Wenn wir so nah zusammen sitzen...fühle ich mich gleich weniger einsam.“, flüsterte er. Bittere Erkenntnis fuhr in meine Eingeweide. Nicht ich war derjenige, der hier gerade Trost spendete, sondern er. In dem der bei mir saß, wollte er meine Einsamkeit abmildern.

 

„Wir sollten jetzt was essen...meinst du nicht.“, fragte ich nervös, setzte umgehend meine Brille wieder auf und wollte schon aufstehen, aber er blieb wo er war und streichelte mir beruhigend über den Rücken.

„Wie lange ist es her, dass wir uns gesehen haben?“, fragte er mich auf einmal und ich nannte ihm die Jahre, Monate, Tage, Stunden, Minuten und Sekunden.

„So genau weißt du das, ja? Ich hab das Gefühl, ich hätte irgendwas wichtiges vergessen...Aber ich komme nicht drauf. Was hast du in all der Zeit so gemacht?“

„Gewartet, bis ich einen Auftrag bekomme.“, antwortete ich knapp.

„Du hast also was angestellt und wurdest bestraft?“ Verdammt.

„Wenn du es so nennen willst...“

„Was hast du getan?“ Darauf schwieg ich. Wenn er wissen würde, dass ich bisher noch nie den Menschen oder Tieren ernsthaften Schaden zugefügt hatte, würde er anfangen mir richtig zu vertrauen und dann...musste ich ihn irgendwann enttäuschen. Als ich nicht antwortete, stellte er mir eine andere Frage.

 

„Wie lange wurdest du bestraft?“ Diese Fragerei konnte nur dem Zweck dienen, mir Informationen über meine Taten zu liefern.

„Lang.“ Langsam wurde er ungeduldig.

„Crawley...sag es mir.“ Sein Ton war unerbittlich und duldete keinen Ungehorsam. Dachte er dass diese Art mit mir zu reden funktionierte? Tat es leider...

„504 Jahre lang. Zufrieden?“

„Aber...das war direkt nach der Flut...was...ist nur passiert?“

„Ich hatte den Auftrag die Arche zu zerstören. Aber es war ein mächtiger Schutz drauf und das hatte meinen Leuten gar nicht gefallen.“ Das war zwar nur die halbe Wahrheit...aber er fragte nicht weiter nach.

„Aber...da kannst du doch nichts dafür. Was...Crawley?“ Ich war aufgestanden und hielt ihm, mit Blick in eine andere Richtung, meine Hand entgegen.

„Ich muss unbedingt den Wein kosten, den Hiob gerade bekommen hat...“ Er nahm meine Hand an und ließ sich aufhelfen, sein Blick versprach mir, dass wir diese Unterhaltung weiterführen würden, bis er Antworten erhielt, die ihn zufrieden stellten, ehe wir, Seite an Seite zu den Menschen gingen und uns mit ihnen, an Speis und Trank zu labten.

 

Tbc...



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