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Zweisamkeit 2.0

remastered von DeahtAngel
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
In der Fortsetzung geht es um die Verdrängung echter Gefühle und dessen Verschleierung.

Kann das alles zu etwas werden, wenn beide sich weigern direkt zu sein?
Kann das alles zu etwas werden, wenn beide sich weigern die Wahrheit zu verdrängen?

Beide geben subtile Hinweise der Interesse aber keiner der beiden will oder kann sie verstehen. Komplett anzeigen

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Stolz, Chaos, Metaphern und Verleugnung

Zweisamkeit Kapitel 2

 

 

Erholung

 

 

 

 

Das Mondlicht sickerte in die dunkle Bibliothek der Sunny und spendete gerade genug Licht, dass Law die Wörter auf einem der vielen Medizinbücher noch erkennen konnte. Wortlos glitten seine rauen Finger durch die Seiten. Allerdings verschwammen ab und zu die Buchstaben und die anatomischen Abbildungen der Nierenfunktionen vor seinen Augen. War es aus Müdigkeit oder Langweile?

 

Lautlos holte der Heartpirat Luft und lehnte sich im Sitz erschöpft zurück. Das Buch, das er soeben fast beendet hatte, platzierte er achtlos neben sich. Eine ganze Woche war seit dem Vorfall mit der Kiste vergangen, aber Law konnte immer noch eine seltsam anhaltende Kälte spüren. Seine Beine blieben bandagiert. Das eine heilte den Bruch und hielt die gelben bis violetten Flecken versteckt. Die Schmerzen wurden dank dem kleinen Schiffsarzt erfolgreich gelindert. Law musste dem sprechenden Tier seine stille Anerkennung zollen, denn er war ordentlich und all das, was Law von einem helfenden Arzt erwartete. Chopper sah es als seine Pflicht, jedem zu helfen, der ärztliche Versorgung benötigte. Etwas, das Law nicht kalt ließ.

 

Der Schwarzkopf lehnte entschieden eine Krücke ab. Stattdessen benutzte er seine Teufelskräfte zur Fortbewegung oder Beschaffungen auf dem Schiff. Dabei beschränkte er sich auf die Bibliothek, dem Bad, der Kombüse und ab und an aufs Deck. Chopper bot ihm trotz allem noch das Krankenbett zur Erholung an und Law wäre dumm gewesen die Ruhe vor den männlichen Besatzungsmitgliedern abzulehnen.

Der Grund für die häufigere Benutzung seiner Kräfte bestand nicht nur allein darin, dass er momentan Schwierigkeiten beim Laufen hatte, sondern viel mehr an der vergangenen Hilflosigkeit, dem er während der Gefangenschaft in der Kiste ausgeliefert war. Wenn er daran zurückdachte, spürte er immer wieder diese dunkle Kälte und ein bedrückendes Gefühl. Beinahe wäre er gestorben ohne davor seine Ziele und Pläne erreicht und verwirklicht zu haben.

 

Unter dem Licht des Mondes betrachtet er seine tätowierten Knöchel. So was wollte er nicht wieder fühlen müssen. Erneut entwich ihm ein leises Schnauben, nachdem er sich auf das Krankenzimmerbett teleporierte. Schlaf würde er jedenfalls keinen mehr finden, das wusste er. Zu lange lag er schon dort und suchte körperliche Bewegung oder zumindest Zeit seine Beine vertreten zu können. Doch wann immer er das Bett verließ, scheuchten ihn die Strohhüte wieder zurück oder mahnten ihn zurecht. Bettruhe langweilte ihn. Sein Schlafrhythmus war ohnehin schon nicht sonderlich gesund, doch nun verlor er immer wieder die Zeit aus den Augen. Zeit, die ihm kurz vor seinen Plänen wichtiger war als jemals zuvor.

Wie lange sie wohl noch für Dressrosa brauchten?

 

Erst vor drei Tagen setzte die Sunny seit dem Vorfall die Segel. Die Navigatorin der Strohhüte war also seit drei Tagen wieder auf den Beinen. In diesen ausgesprochen langweiligen drei Tagen waren sich beide nicht ein einziges Mal begegnet. Law musste sich eingestehen, dass er es war, der sie die letzten Tage über mied. Weder beim Essen wollte er sie sehen - weshalb er dankbar war, dass der Smutje ihm seine Portion ins Zimmer brachte, weil sie alle wohl noch der Meinung waren, dass er sich auszuruhen hätte - noch wollte er sie irgendwo anders sehen.

Dies schrieb er den chaotischen Begebenheiten und dem beinahe Tod zu. Allerdings war Law keineswegs sentimental, dafür begegnete er dem Tod zu oft. Zudem verspürte er eine gewisse Enge und Bedrückung in seiner Magengegend, wenn er nur an sie dachte. Allein der Gedanke daran, sie zu sehen, löste in ihm eine Unruhe aus. Fast so, als wollte er alles, was in dieser Kiste zwischen ihnen vorgefallen war, vergessen und weiter wie bisher machen. Genau. Was sprach dagegen? Es sollte eine einmalige Sache werden. Mehr nicht. Das sollte sie wissen.

Das sollte ER am besten wissen.

 

 

 

 

X—X—X

 

 

 

»Lysop! Schau! Dieser Fisch sieht so köstlich aus!«

»R-Ruffy! Das ist kein Fisch!«

 

Lautes Gekicher vermischte sich mit der schrillen Hysterie der Langnase. Brooks Lachen ertöne ebenfalls aus dem Hintergrund.

 

»Es hat Flossen. Es muss ein Fisch sein!«

»Aber warum hat es Hasenohren? . . . Nein, Ruffy!!! . . . HALT!«

 

Keinen Augenblick später, traf ein heftiger Ruck die Sunny und wiegte sie gefährlich zur Seite. Aber niemanden außer Lysop brauchte dies aus der Ruhe. Auch nicht Law, als seine Kaffeetasse fast von der Tischplatte glitt, aber er ihn noch mühelos auffing, bevor dieser Bekanntschaft mit dem Boden machte.

Ein Brummen verließ seine Lippen, als er die Anwesenheit vieler Arme um ihn herum bemerkte, die die vielen Bücher vor dem Fall aus ihren Regalen bewahrten und ordentlich wieder zurückschoben. Die Arme verschwanden zwar, aber die Besitzerin dieser blieb weiterhin totenstill auf ihrem Platz in der Ecke sitzen und lass ungestört weiter. Law wusste nicht so recht, ob er sich jemals an ihre Anwesenheit gewöhnen konnte, jedoch zog er ihren, den ihrer lauten und dämlichen Besatzungsmitgliedern vor.

Mürrisch blätterte er zur nächsten Seite und griff nebenbei draußen einige Wortfetzen der Männer auf. Der Smutje erkundigte sich nach dem seltsamen Fang und überlegte, wie er aus diesem ein Daumenschmaus zaubern konnte. Doch es fehlte bei dem Wirrwarr der diskutierenden Stimmen eine besondere. Eine, die sofort nach dem Tumult auf dem ganzen Deck zu hören wäre, nur um sich über die Lautstärke oder dem Chaos zu beschweren, den die Crew verursachte. Laut, aber unverkennbar. Doch sie war nicht zu hören. Seit nun zwei Wochen nicht mehr. Ihre Crew (besonders dieser sprechende Dachs und der Smutje) zwangen ihr Bettruhe auf, aber er wusste genauso gut wie die anderen, dass nicht einmal Ruffy sie für ewig ans Bett fesseln konnte. Hinsichtlich dieser Tatsache konnte er nicht anders, als sich über ihre Fehlende Anwesenheit zu wundern. Sein Stolz redete ihm ein, dass ihm nichts anderes übrigblieb, als zu warten.

Zwei. Ganze. Wochen.

Und noch immer täuschte er seinem Gewissen und seiner wachsenden Bestürzung über ihr Fehlen vor, dass sie irgendwann ihr Zimmer verlassen würde. Dass sie eines Morgens mit einer Tasse Tee durch die Tür zur Bibliothek schreiten und ihn mit einem Lächeln begrüßen würde.

 

Warum tat sie es dann nicht?

 

Träge lehnte er sich auf dem Sitz zurück und schob seine Mütze tiefer ins Gesicht.

 

Warum wartete er?

 

Was erhoffte er sich nur?

 

 

 

X—X—X

 

 

 

Law blinzelte sich die Müdigkeit aus den Augen, als er bemerkte, dass er eingenickt war. Murrend erhob er sein fahles Gesicht aus den zerknitterten Buchseiten, bevor er sich ausgiebig streckte. Leise klappte er das Buch über Nordblue zu und schaute prüfend aus dem Fenster ins Meer hinaus. Es war kurz vor Dämmerung.

Der Mann vergaß die Schmerzen, die zu seiner unbequemen Schlafposition zurückzuführen waren, als sich Schritte die Treppen hinaufbewegten. Seine goldenen Augen, die vor Müdigkeit und Melancholie glänzten, hafteten erwartungsvoll an der Tür.

 

Diese öffnete sich zögernd, und Law schloss sie wieder, als er die unverkennbaren schwarzen Locken und die lange Nase des Schützen erkannte.

 

Die Langnase schien trotzt Laws Verletzungen großen, respektablen Abstand vor ihm zu halten. Fast hätte der Heartpirat verschmitzt und zufrieden gegrinst, aber ihm fehlte die nötige Energie. Oder er war zu mies gelaunt.

 

»Äh, . . . S-Sanji sagt, dass das Abendessen f-fertig ist.«

 

Der Mann vermied nicht nur Augenkontakt, sondern versuchte nebenbei verzweifelt das Beben seiner Beine zu verstecken. Nun, vielleicht konnte Law sein Grinsen doch nicht verbergen. Jedenfalls nickte er dem armen Kerl zu und gab ihm damit zu erkennen, dass er verstanden hätte. Lysop blieb natürlich nicht länger als nötig mit ihm im selben Raum und verschwand augenblicklich auf sonderbarster Weise. Law verschränkte daraufhin die Arme vor der Brust und überlegte derweil, ob er wirklich unten mit diesen Affen speisen sollte, oder ob er es vorzog, in seinem Zimmer zu essen. Gleichzeitig schien sich hinter ihm jemand zu rühren und geradewegs auf ihn zuzulaufen. Die Schritte waren so leise, dass selbst Law diese durch den Schleier seiner Müdigkeit kaum wahrnahm. Kaum hielten sie direkt neben ihm an, trat eine Hand und die Person in sein Blickfeld, die das Buch, aus dem er eben zuvor gelesen hatte, erhob und die von ihm zerknitterten Seiten missbilligend flach strich.

 

»Dass man Bücher nicht ordentlich und sorgfältig behandelt, schätzte ich gar nicht.«

 

Law drehte sich nicht um. Ihre kalte und doch intensive Präsens hatte er völlig vergessen. So nachsichtig durfte er in Zukunft nicht sein . . .

 

»Hm. Nordblue. Besonders dieses Buch solltest du mit Respekt behandeln.«

 

Robin fuhr vorsichtig und beinahe ehrfürchtig mit ihren schlanken Fingern über den Einband, bevor sie diesen zurück in seinen ursprünglichen Platz im Regal verstaute. Seine Augen verengten sich kurz und er schielte zu ihr hinüber. Es war bekannt und offensichtlich, dass er aus dem Nordblue kam, aber irgendwie hatte er den Verdacht, dass sie auf etwas anderes anspielte . . .

 

Sein Verdacht bestätigte sich, als sie erneut das Wort ergriff: »Dort stehen alte Geschichten. Tragische als auch schöne. Auch von Orten, die es längst nicht mehr gibt.«

 

Langsam drehte er sich nun vollends zu ihr und entgegnete einem wissenden Blick. Undurchdringbare Augen bohrten sich in seine. Trotz seiner Nachlässigkeit und mangelnder Konzentration, war er sich sicher, dass sie in dieselben blickte.

 

»Du hast die Langnase gehört, es ist Zeit. Hast du nicht lange genug gewartet

 

Ihre Mundwinkel erhoben sich zu einem zufriedenen und diesmal wärmeren Schmunzeln, als sie ihn dann mit ihren Worten allein ließ.

 

Diese Frau war erschreckend. Erschreckend intelligent. Passiv hatte sie ihm verständlich gemacht, dass Geheimnisse vor ihr nicht sicher waren. Waren Menschen wie er und sie nur weitere Bücher aus ihrer Sammlung, die sie so einfach lesen konnte?

 

 

 

X—X—X

 

 

 

Am darauffolgenden Tag saß der Heartpirat neben dem sprechenden Skelett am Mast und sah den jungen Strohhüten dabei zu, wie sie einige Schneemänner und Schneefrauen zusammenbauten. Die Langnase war besonders begabt und baute ganze Kunstwerke aus bloßem Schnee, wie zum Beispiel sich selbst als einen großen und heiligen Ritter in Rüstung und Schwert. Sogar Meerjungfrauen und riesige Burgen zauberte er aus dem nichts. Im Kontrast zu seinen Werken, sahen die unebenen Klumpen des Strohhuts wirklich jämmerlich aus. Sollte dies etwa einen Affen oder ein Schiff darstellen? Law konnte nicht anders, als bei diesem Anblick die Nase zu rümpfen. Als er seinen Blick schweifen ließ, entdeckte er den sprechenden Arzt tief im Schnee vergnügt kichernd einen Schneeengel machen. Das sprechende Tier sah sorglos und völlig heiter aus. Wie ein staunendes Kind, dass vom Anblick des herab schneienden Schnees jedes Mal aufs Neue verzaubert wurde.

 

Als er gen weißen Himmel blickte, spürte er etwas spitzes in seine Seite piksen. Es war Brook, der ihn aus leeren Augen an kicherte und ihm eine heiße Tasse Tee vor die Nase hielt.

 

»Yohoho! Nimm einen Schluck! Es wird dich nicht nur aufwärmen, sondern auch zur wunderschönen Atmosphäre beitragen! Mein Körper fühlt sich so warm an, wobei ich [. . .]«

 

Law ignorierte seinen darauffolgenden Knochenwitz und nahm ihm, ohne aufzublicken, die Tasse aus der Hand. Obwohl er Kaffee bei weitem bevorzugte, sprach nichts dagegen, sich der Entspannung hinzugeben und die Knochen zu wärmen. Das stechende Gefühl von eiskaltem Meereswasser saß ihm noch immer tief im Gemüt und jagte ihm eine unwillkommene Gänsehaut.

 

Das Skelett schien zufrieden zu sein und widmete seine Aufmerksamkeit seinen im Schnee tobenden Freunden zu. Während Law an der Tasse nippte und den Geschmack nicht wirklich einer ihm bekannten Teesorte einordnen konnte, erinnerte er sich an seine eigene Kindheit. Ähnlich wie der kleine Chopper, liebte er es, im Schnee zu toben und zu lachen. Aber sie liebte ihn noch mehr . . .

 

Je wurde Law gewaltsam aus seinen Gedanken gerissen, als er das Skelett neben sich erschrocken auf Keuchen hörte. Die Langnase oder der Strohhut hatten ihn mit einem Schneeball getroffen und nun saß das Skelett vor Kälte zitternd in sich gebeugt. Während Chopper erstaunt fragte, wie es möglich sei, dass Brook Kälte empfinden konnte, griff Ruffy währenddessen Lysops kunstvolle Bauwerke an. Dieser kreischte erbost auf, als sein Ebenbild aus Schnee enthauptet wurde und reagierte auf dieses Vergehen mit schnellen und treffsicheren kleinen Schneekugeln, die er mit seiner Schleuder in die Augen des Strohhuts feuerte. Keine Sekunde später beobachtete Law mürrisch brummend eine Schneeballschlacht, in die sich Chopper heiter mit angeschlossen hatte.

 

Mit verschränkten Armen zog Law seinen Mantel bis hoch zur Nase. Den Tee hatte er beiseitegelegt, nachdem ihm der Geschmack nicht mundete. Als er aus dem Augenwinkel den Smutje mit einem vollen Tablett heißer Schokolade aus der Kombüse treten sah, beobachtete er zu seiner Freude, dass der Smutje von einem besonders harten Schneeball am Hinterkopf getroffen wurde. Obwohl der Wurf stark gewesen sein musste, schaukelte das Tablett mit den vielen Tassen nicht ein einziges Mal. Law blickte in die Richtung, aus der dieser vermeintliche Attentat auf den Smutje herkam und entdeckte einen schadenfrohen Schwertkämpfer, der sich auf dem oberen Deck zum Steuerrad befand. Nachdem es völlig still in der Gruppe wurde (abgesehen von Zorros selbstgefälligem Grunzen) und Sanji das Tablett mit völliger Ruhe und Sorgsamkeit sicher abstellte, richtete er sich seine Krawatte zurecht und kickte in einem Moment zum anderem die enthauptete Statue der Langnase direkt in Zorros Richtung.

 

Volltreffer.

 

Nach dieser Aktion löste sich die Starre der anderen und erneut brach eine laute Schneeballschlacht aus. Das Letzte, was Law im Chaos noch mitbekam, (bevor er murrend die Augen schloss und überlegte, sich in sein warmes Zimmer zu verziehen,) war Franky, der die Treppenstufen zu ihnen hinunter stampfte, aber in der Hälfte ausrutschte und sich wie ein Sack Kartoffeln überschlug. Daraufhin erhalte schallendes Gelächter und Wehklagen über dem ganzen Deck, sogar das leise Kichern von Robin konnte er von der Seite vernehmen.

 

 

 

X—X—X

 

 

 

Am nächsten Abend entschloss sich der Heartpirat dem Warten ein Ende zu setzten.

 

Selbst, als Law am Mast saß und von dort über dem leeren Deck hinweg starrte, hörte er das Gelächter und Gebrülle der Strohhüte aus der Kombüse hallen. Doch unter ihnen lachte nicht ihre Navigatorin. Sie verweilte weiterhin in ihrem Mädchenschlafzimmer. Ihm war klar, dass die Strohhüte nicht ansatzweise so laut und heiter waren, wenn einer ihrer Freunde unter ihnen fehlte. Auch heute konnte er den Unterschied deutlich vernehmen und spüren, obwohl er nicht wirklich so lange mit ihnen gesegelt war. Doch es war so offensichtlich, dass selbst ein Außenstehender dies erkannt hätte.

 

Geistesabwesend fuhr sich der Mann über die Tätowierungen seiner Knöchel und verfluchte seinen Stolz. (Oder war es die Angst?) Nicht ein einziges Mal hatte er nach ihr geschaut oder nach ihr gefragt. Wieso? Erschöpft legte er den Kopf in den Nacken und blickte hinauf in den bewölkten Himmel. Es war bald so weit. Sie sollten Dressrosa in wenigen Tagen erreichen. Die Anspannung in seinem Körper nahm bei jedem neuen Tag zu. Es gab kein Zurück mehr.

 

Vielleicht war die Tatsache, dass ihm eben nur noch paar Tage blieben, der Anlass dafür, dass er einige Dinge mit einer gewissen Navigatorin all für allemal geklärt haben wollte. Nach dem Ausführen seines Planes war ihm alles andere eh egal.

 

 

 

X—X—X

 

 

Es verging zwar einige Zeit, aber bis jetzt hatte keiner der Strohhüte die Kombüse verlassen. Nach seinem Wissen, die er sich ihm Laufe der Zeit auf diesem Schiff angeeignet hatte, würden sie es auch so bald nicht verlassen.

Law nutzte diese Gelegenheit aus und teleporierte sich zum zweiten Stockwerk der Sunny. Mittlerweile hatte er keine Probleme mehr beim Stehen, weshalb er leise vor der Tür zum Mädchenzimmer verweilte. Natürlich hätte er auch einfach durch die Bullaugen ins Zimmer spähen können, aber selbst er hatte noch einen Anschein für Würde.

Nichts konnte er von der anderen Seite der Tür vernehmen, doch er klopfte leise und geduldig an. Schnell und ohne Vorwarnung legte sich eine Schwere in seinen Magen. Vielleicht hätte er einfach weiter warten sollen . . .

 

Aber als er den Klang ihrer Stimme hinter der Tür hörte, nach der er sich die ganze Zeit unweigerlich gesehnt hatte, verflog dieses Gefühl sofort und ein aufregendes und wohliges Schaudern durchfuhr ihn. Ohne weiteres schloss er die Tür auf, nachdem sie ihn hereingebeten hatte und fand sie Tee trinkend auf einem Sessel wieder. Vor ihr auf dem niedrigen Kaffeetisch lagen verteilt einige alte Dokumente und Bücher, in denen sie scheinbar herumgestöbert hatte. Wenn er sich recht erinnerte, mussten diese aus dem gefrorenen Schiff sein. Doch seine Gedanken und all seine Konzentration galten der Frau, die weiterhin ungestört in einem Dokument las. Sie sah erst auf, als er sich zu ruhigen Atmung und kühlem Kopf zwang.

 

Ihre rehbraunen Augen glitzerten im Schein der Kerze wie flüssiger Honig und ihre Haut wirkte trotz unter warmen Kerzenschein blass. Zudem erkannte er Andeutungen von Augenringen. Ihr Haar band sie zu einer Hochsteckfrisur und saß in dicken Klamotten bequem im Schneidersitz. Sie hatte an Gewicht verloren . . .

 

»Traf-Typ?«, hauchte sie leise fragend in den Raum und hob verwirrt über seinen Besuch die Brauen. Die darauffolgende Enttäuschung ließ er sich nicht anmerken, als sie ihn beim Vornamen nicht ansprach.

 

»Du hast dich lange nicht mehr blicken lassen, Nami-ya«, fing er bei dem Versuch an, eine passende Einleitung zum Gespräch zu finden. Scheinbar erfolglos.

 

»Du auch nicht.«

 

». . . Pardon?«

 

Sie wischte nur mit der Hand und schüttelte sachte, kaum merklich mit dem orangenen Schopf.

 

»Wie geht es eigentlich deinen Beinen?«, erkundigte sie sich und nippte beiläufig an ihrem Tee, während sie aus dem Bullauge spähte. Es schneite noch immer, allerdings war es zu dunkel.

 

Law weigerte sich, neben ihr Platz zu nehmen und entschied, sich lässig gegen die Tür zu lehnen. Er folgte ihrem Blick, bis er ihr nach einer Weile wieder direkt in die Augen sah.

 

»Sicht- und Spürbar besser,« erwiderte er nüchtern, »und was ist mir dir, Nami-ya?« Der letzte Teil verließ leise und seltsam sanft seine Lippen. Er beobachtete jeder ihrer Bewegungen und ihre Mimik. Meistens bewundernswert sorgfältig und achtsam subtil.

 

Nami strich sich eine verwirrte Locke hinters Ohr und lehnte sich müde seufzend zurück. Wehleidig verzog sie ihren Mund und sah zur Decke auf.

 

»Müde und völlig kraftlos!«

 

Law hob die Brauen und erkannte erst viel später, dass er sich ihr genähert und ihr schräg gegenüber Platz genommen hatte. Obwohl ihm die Navigatorin im Moment wahrlich kindlich erschien, erklärten ihre Worte nicht ihre zweiwöchige Abwesenheit. Natürlich war die Mattheit nur zu deutlich auf ihrem und seinem Gesicht zu erkennen.

Dennoch.

Auch wenn es sein Hauptgrund für diesen Besuch war, hakte er nicht weiter darauf herum. Was ihn aber störte war, dass sie ihn keine weitere Aufmerksamkeit zollte und weiter in ihren Dokumenten stöberte. Erst nach einigen Minuten völligen Schweigens sah sie auf und blinzelte ihn unschuldig an. Seine stechenden Augen verengten sich, er wusste nicht, ober er sich gekränkt oder völlig verarscht fühlen sollte. Es folgte kein Gespräch, nichts. Sie sah wieder in ihre Zettel, als sei er Luft. Knurrend erhob er sich vom Sitz, zog seine Mütze tief ins Gesicht und bewegte sich zur Tür.

 

»Ich wünsche noch eine gute Nacht, Nami-ya.«

 

Er hörte sie leise dasselbe sagen, als er die Tür hinter sich schloss und sich wieder zum Mast teleporierte.

 

 

 

 

 X—X—X

 

 

 

Es vergingen drei weitere Tage und Nami seufzte, als sie sich vom Bullauge entfernte und sich mit schmerzenden Gelenken zum Bett quälte. Als sie sich unter die Decke kuschelte und laut seufzte, schloss sie nachdenklich und völlig gelangweilt die Augen. Sie hatten die Winterzone vorgestern verlassen und segelten in wärmere Gewässer. Die Tage waren endlich wieder länger und deutlich angenehm wärmer. Sie liebte den Sommer und konnte es kaum erwarten, sich wieder unter dessen Sonnenstrahlen zu aalen.

Apropos hinauswagen, sie hatte gestern zum ersten Mal ihre Kajüte verlassen und aß endlich wieder mit ihren Freunden gemeinsam am Tisch. Wie sehr hatte sie ihre Nähe vermisst? Ihre Stimmen konnte sie zwar fairer weise durchs ganze Schiff hören und besucht haben ihre Freunde sie auch täglich, dennoch; es war endlich wieder schön draußen zu sein.

 

Nami warf einen Blick auf ihre Arme und auf ihre Brust. Die violetten Flecken waren endlich verschwunden, die sie so sehr bemüht war zu verstecken. Obwohl ihre Muskeln noch leicht schmerzten, war sie nun viel besser in der Lage sie zu bewegen und zu strecken. Jeden Tag halfen ihr Chopper und Robin mit leichter Gymnastik, um ihre Muskeln und Sehnen wieder auf Vordermann zu bringen. Mit großem Erfolg.

 

Träge schielte sie zum Nachttisch mit einem großen Stapel voll Büchern. Sie hatte genug vom Lesen. Nami wollte endlich wieder in eine belebte Stadt und beim Shoppen ihre Beine vertreten. Aber Dressrosa stand vor der Tür. Law erwähnte irgendwas von einem Plan, den er bald mit den Strohhüten besprechen wollte. Nami runzelte die Stirn. Der Kapitän der Heartpirat wirkte kurz vor dem Ziel angespannt und viel stiller als sonst. Seine Miene war ernst, fast hart und die ganze Zeit nachdenklich. Was auch immer dieser Mann auf Dressrosa vor hatte, es musste etwas Wichtiges sein.

 

Jedoch hielt ihn das wohl nicht davon ab, sie seit ihrem Treffen vor drei Tagen jeden Abend zu besuchen. Nami hatte insgeheim gehofft, dass sie ihn mit ihrer kalten Schulter verscheucht hätte. Doch dem war nicht so. Zumindest nicht seinen inneren Arzt. Denn dieser hatte bemerkt, dass sie ihn abwies, um nicht gestehen zu müssen, dass sie aufgrund ihres Kälteschlages es unfassbar schwer hatte, sogar gerade zu sitzen. Generell wollte sie seit diesem intimen Vorfall mit der Kiste so wenig wie möglich mit diesem Mann zu tun haben. In diesem Unachtsamen Moment hatte Nami Schwäche gezeigt; sie hatte sich verwundbar gemacht. Und nun musste sie es ausbaden. Doch statt sie und Law das Vorgefallene verdrängen wollten, schien der Arzt in ihm nur darauf bedacht, eben dies zu verhindern. Oder zumindest zu ergründen.

 

Jedenfalls stattete der rivalisierte Kapitän ihr Vorgestern einen Besuch ab. Zur selben Zeit am Abend, als ihre Besatzung in der Kombüse ausgelassen zusammen aß und die Gesellschaft des jeweils anderen genoss. Er klopfte dieses Mal nicht an, sondern benutzte seine Teufelskräfte, um sich Zugang in ihr Zimmer zu beschaffen. Er nahm mit völliger Selbstsicherheit und Bestimmtheit platzt auf ihrem Sessel und reichte ihr eine Salbe und seltsam geriebene Kräuter, die sie sich in den Tee geben sollte. Natürlich fand Nami sein unhöfliches Auftreten gar nicht großartig und verweigerte die Einnahme skeptisch. Achtlos warf sie die Salbe und die Kräuter auf ihren Nachttisch. Ihr Vertrauen gehörte diesbezüglich nur Chopper. Zuerst erwiderte Law darauf nichts und beobachtete sie still auf seinem Platz. Die Augen kühl und unergründbar. Doch von einem Moment zum anderem stand er auf, ging mit großen und Raubtier ähnlichen Schritten auf sie zu und griff sanft, aber eisern nach ihrem Arm. Erschrocken quiekte sie auf dessen plötzliche Handlung auf und entzog sich defensiv aus seinem Griff. Zunächst ließ er von ihr ab und wirkte diesmal in seinem Tun zögernd, als ob er überlegte, ob er vielleicht seine Grenzen überschritten hatte. Der Schwarzkopf korrigierte seine grobe aber ihm passende Handlung, indem er diesmal seine Hand einladend ihr entgegenhielt. Nachdem Nami ihn argwöhnisch und zynisch anfunkelte, gab sie seiner Aufforderung nach und hielt ihm widerwillig den Arm hin. Law krempelte ihren dicken Ärmel hoch und besah sich fachmännisch ihre Flecken und starren Muskeln. Nami beobachtete fast interessiert, wie sich sein Blick von sadistischer Kälte zur professionellen Nüchternheit änderte.

 

»Wie ich es mir schon dachte, deine Muskeln sind starr, Nami-ya,« hauchte der Chirurg des Todes leise in die Dunkelheit, ohne seinen strikten Blick von ihrem Gewebe zu nehmen.

Nur eine Kerze beleuchtete das Mädchenschlafzimmer. Nami spürte seinen warmen Atem auf ihrer Nasenspitze und seine warmen Finger auf ihrem Arm, die jeden Zentimeter ihrer Haut abtasteten. Sie hasste es zuzugeben, aber seine Berührungen taten höllisch gut. Wütend zwang sie sich zur Kontrolle und versuchte so gut wie möglich ihren zittrigen Atem zu regulieren. Law indessen kontrollierte, ob sich ihre Sehnen noch problemlos bewegen ließen und knickte ihre Hand ein und aus. Er nahm sich außerordentlich viel Zeit und bewegte danach jeden ihrer schmalen Finger. Nami wusste nicht, was sie mit sich machen sollte und griff mit der freien Hand einfach in die kuschelige Decke. Erst als er anfing mit seinen Fingerkuppeln hauchzart über ihre Handfläche zu streichen, wechselte sein Blick vom Fachmann zum sadistischen Kapitän der Heartpiraten.

 

Im Licht des Kerzenscheins nahm sie wahr, wie er sich ihr nährte. Nami brachte instinktiv mehr Abstand zwischen ihnen und lehnte sich zurück. Der Chirurg entfernte sich daraufhin von ihr, nur damit Nami die Salbe in seinen Händen erkennen konnte, die er vom Nachttisch hinter ihr aufgehoben hatte. Bevor sie auf irgendeiner Weise darauf reagieren konnte, richtete sie lieber stattdessen ihre gesamte Aufmerksamkeit auf seine Hände. Denn der Kerl fing an die Salbe aufzuschrauben und den grau-grünen Inhalt auf seine großen Hände zu verteilen. Langsam und sorgsam knetete er den Inhalt auf seinen Händen weich und erwärmte diesen mit seiner eigenen Körpertemperatur. Die Creme verlor dadurch an Zähigkeit und bekam stattdessen eine besser schmierende Konsistenz. Diesmal richtete er seine Augen auf die ihren und schien nach etwas zu suchen. Nami wusste nur noch nicht nach was. Als Law anfing ihr die Salbe mit solch größter Sorgfalt und Zärtlichkeit in ihren Arm zu massieren, zweifelte Nami daran, dass dieser Mann vor ihr der Chirurg des Todes war.

Schwer widerstand sie dem Drang die Augen zu schließen und sich dieser besinnlichen Berührung völlig hinzugeben. Zudem wusste sie nicht, ob die darauffolgende Hitze in ihren Muskeln der Creme oder zu Laws Händen zuzuordnen war. Aber zur Hölle tat das gut! Law hörte nicht einen Augenblick auf und knetete nach und nach ihren gesamten Arm auf, bis er kurz vor ihren Schultern aufhörte und von ihr abließ. Bei dem plötzlichen Verlust seiner warmen Hände hätte Nami beinahe enttäuscht miaut. Umso fröhlicher war sie, als er dieselbe Massage mit dem anderen Arm wiederholte. Beide waren sich diesmal viel näher und Nami schelte sich innerlich, dass ihr heiß und kalt zugleich wurde. Ihr Atem ging zögernd und ihre Augen hielten die seinen stand. Dennoch besaß sie noch genug Selbstkontrolle, um ihre freie Hand von ihm fern zu halten. Dennoch. Dieser Mann war ihr gefährlich nah und Nami wusste nur zu deutlich, dass sich Law seinen Taten uns seiner intensiven Nähe nur allzu bewusst war. Er wusste genau, was er tat und wie effektiv er dabei war. Ihre Reaktionen auf seine Berührungen waren für ihn Zeichen und Befriedigung genug.

Adrenalin und Gänsehaut vermischten sich mit dem Gefühl von Wärme und Nervenkitzel. Als der Mann gegenüber Nami endlich auch mit diesem Arm fertig war, drückte der Kerl sie dreist ins Kissen. Nami runzelte die Stirn und setzte zum Reden an, aber er legte sich selbst demonstrativ einen Finger auf die Lippen und deutete mit dem Daumen zum Bullauge; draußen hörte man die Strohhüte die Kombüse verlassen und sich in ihre Schlafgemächer bewegen. Als Nami dann wieder zu ihm Blicke, grinste der Chirurg schelmisch und zufrieden mit sich selbst, bevor er seine Fähigkeiten einsetzte und aus ihrem Zimmer verschwand.

 

Nami fand an diesem Abend weder innere Ruhe noch Schlaf.

Das Ganze hatte sich Vorgestern abgespielt.

 

 

 

 

X—X—X

 

 

 

 

Gestern hatte der Kapitän der Heartpiraten ihr erneut einen Besuch abgestattet. Zur selben Zeit am selben Ort.

 

»Trafalgar-Typ, wieso bist du wieder da?«, konfrontierte sie ihn diesmal direkt, während sie auf ihrem Sessel saß und an ihrem Tee nippte.

 

Der Mann bewegte sich aus dem Schatten und blieb einen Meter vor ihr stehen. Die Augen glühten raubtierartig. Verärgert über seinen Spitznamen?

 

»Mich um einen Patienten kümmern. Das ist doch offensichtlich, oder Nami-ya?«

 

»Offensichtlich habe ich schon einen wunderbaren, süßen Arzt, der sich um mich kümmert und nach deiner Hilfe habe ich nicht gebeten.«

Ihr war völlig klar, dass sie direkt auf seinem Ego kratzte. Aber es interessierte sie trotzdem. Vielleicht fühlte sich dieser kalte Mörder schuldig für ihren beinahe Tod in der Kiste? Nein, Nami glaubte nicht mal am Traum daran.

 

»Dein kleiner Arzt ist nicht halb so erfahren, wie ich. Zudem sehe ich ihn nicht dieselben Methoden an dir anwenden, die ich benutzte,« er schmunzelte süffisant und dunkel, »meine Methoden sind meist die Besten. Besonders dir müssten sie doch gefallen, habe ich recht Nami-ya?«

 

Während er sprach, kam er ihr näher, seine Augen spuckten regelrecht vor kalter Genugtuung und Herausforderung. Das Glühen geriet ins Stocken, als Nami völlig ruhig und gefasst weiter an ihrem Tee schlürfte und sogar zweifelnd den Kopf zur Seite neigte.

 

»Hmpf«, war alles, was aus ihren Lippen kam. Chopper war absolut hervorragend in seinem Fachgebiet, besonders wenn man das junge Alter und die offenkundige Tatsache betrachtete, dass Chopper Hufen und keine fünf präzisen Finger besaß. Allerding gab es für den kleinen Elch Grenzen, die es für den Chirurgen des Todes aufgrund seiner Teufelskäfte nicht gab.

 

Laws Augenbrauen zuckten und Nami ahnte, dass sie wohlmöglich seinen Stolz angegriffen hatte. Ironisch musste sie die Augen verdrehen, denn viele Männer waren empfindlich, wenn es um ihr Ego ging. Oh Law, Nami würde zwar bei deinem Spiel mitmachen, aber mit ihren eigenen Regeln.

 

Der Heartpirat überbrückte den Meter Abstand in sekundenschnelle und riss Nami samt Sessel mit aggressiver Kraft nach hinten. Die Besagte keuchte scharf auf und versuchte den Inhalt der Tasse nicht zu verschütten. Erfolglos; der noch heiße Orangentee mit Honig befleckte ihre Hose. Sofort keimte Wut und Verständnislosigkeit in ihrem Magen auf und brannte sich ihren Hals hoch.
 

»Zur Hölle Law! Was soll das?!«

 

Mit vor Zorn zitternden Händen konnte sie die Tasse neben sich auf den Tisch abstellen, während der Kerl vor ihr den Sessel weiterhin runterdrückte. Der Mann murmelte irgendwas von „plötzlich kennt sie meinen Namen“ und massierte sich mürrisch die Nasenflügel. Gleich danach bohrte er seinen harten Blick in ihre Augen, Diesmal folgte kein sadistisches Grinsen, sondern steinige Kälte.

»Oh, die diebische Elster hinterfragt meine medizinischen Kenntnisse?«

»Du Mistkerl weißt genau, dass ich das nicht gesagt-«

Er ließ sie nicht ausreden, als er ebenso eisern wie sein kühler Blick die Hand auf ihren Mund presste und ihren Kopf tiefer in den Sessel drückte.

»Dann muss ich dir wohl mein Fachwissen unterbeweis stellen. Vielleicht wirst du dann den Unterschied zwischen einem Chirurgen und einem Schiffsarzt kennen«, raunte er ihr heiser ins Gesicht und bildete mit seiner freien Hand eine kleine blaue Kuppel. Das brachte den Fass zum überlaufen und Nami trat so fest sie konnte ihm gegen den Magen. In seinem Wahn schien er auf Gegenwehr nicht vorbereitet worden zu sein, oder aber dieser Tritt brachte ihn erst ins hier und jetzt zurück, jedenfalls ließ er sofort von ihr ab und trat einige große Schritte zurück. Natürlich war Nami klar, dass so ein Tritt diesem Kerl nichts anhaben konnte, weshalb sie vom Sessel sprang und auf Abstand ging, bereit sich zu verteildigen. Obwohl sie noch unsicher auf ihren Beinen war, waren die Angst und das Adrenalin stärker.

 

»Nami-y-«

 

»Verschwinde aus meiner Kabine!«

 

» . . . «

 

»Sofort!«

 

In seinen Augen war ein undefinierbarer Chaos, der so unüblich war, wie die ganzen letzten Tage. Einen kurzen Augenblick später, teleportierte sich der Kerl aus ihrem Zimmer. Nachdem Nami sicher war, dass er wirklich fort war, sackte sie erschöpft auf ihre Knie und beruhigte ihre panische Atmung.

 

 

 

 

 

X—X—X

 

 

 

 

Es war der letzte Tag vor Dressrosa. Morgen sollten sie an der Insel anlegen. Die Spannung auf dem Schiff hatte seinen Höhepunkt erreicht:

Zorro fand man häufiger als sonst oben im Krähennest zwischen seinen Handeln wieder, Chopper prüfte die medizinischen Vorräte und stellte, wenn erforderlich, neues her. Sanji und Robin wirkten im Gegensatz zu den anderen recht gefasst und ruhig, wobei ersteres häufiger zum Tabak griff. Lysop und Franky hatten seit Tagen nur zum gemeinsamen Essen ihre „Garagen“ verlassen, wo beide an irgendwelchen Erfindungen saßen oder einfach an ihren eigenen auf tunten. Ruffy hüpfte aufgeregt und ungeduldig hin und her und suchte nach irgendeiner Ablenkung oder störte die anderen. Brook machte ihm nach, während vom Trafalgar Law jede Spur fehlte und Nami die größte Zeit in ihrem Zimmer oder auf dem Deck verbrachte.

 

Der wolkenlose Himmel dämmerte und färbte sich in herbstliche gelb und rot Töne.

Nami saß unter ihren Orangenbäumen und späte nachdenklich aufs Meer. Es war ruhig. Allerdings spürte sie im inneren als auch außen eine Spannung. Ähnlich wie die Luftspannung, die kurz vor einem Sturm zunahm und diesen vorankündigte. Dieses Gefühl erdrückte sie förmlich und Nami kam nicht umhin, sich vor dem morgigen Tag zu fürchten. Was würde sie dort auf Dressrosa erwarten? Was wird alles passieren?

 

Benommen schüttelte der Rotschopf die schweren Gedanken vom Kopf, aber sie lagen noch immer schwer im Magen. Wieso zur Hölle gesellte sie sich nicht zu ihren Freunden und lachte mit ihnen ihre Sorgen fort? Wenn sie jetzt so darüber nachdachte, war sie drauf und dran in die Kombüse zu gehen, aus dessen Richtung sie Ruffys Gelächter war nehmen konnte.

Ruffy.

Sie schmunzelte bei dem Anblick seines breiten Grinsens, dass sich in ihrem Kopf manifestierte. Wärme bereitete sich schlagartig aus und sie wusste, dass ihr Kapitän für die Sicherheit aller sorgen würde. Auch morgen. Übermorgen, die Tage darauf auch.

Immer.

 

Warmer Wind zog über dem Schiff, dem Deck und den Blättern der Orangenbäume. Kitzelte an ihnen und an den Haaren der Navigatorin. Diesem Klang lauschend schloss die Rothaarige die Augen. Auch ohne Haki bemerkte sie die Anwesenheit des Heartpiraten, der etwas weiter vor ihr an der Reling lehnte. Sein Blick galt dem Meer, aber Nami wusste, dass er das zwischen ihnen ein für alle Mal klären wollte. Ihr war außerdem bewusst, dass der morgige Tag für ihn sehr bedeutend war. Auch wenn ihr die nötigen Informationen nach seinen Gründen fehlten, reichte sein Verhalten aus.

 

Law sagte die ganze Zeit über nichts. Auch dann nicht, als die Sonne am Horizont verschwand und der Himmel in tiefe Schwärze getaucht wurde. Sie ließ ihm Zeit. Oder besser sich beiden. Aber auch dann schien er sich nicht bewegen zu wollen.

Als ihr die Stille zu lange dauerte, entschloss sie sich, das ganze selbst in die Hand zu nehmen.

 

»Morgen ist es so weit . . . «, fing sie an und suchte vergebens nach einer Überleitung zu einem gescheitem Gespräch, »alle sind schon gespannt.«

 

Seine Augen lagen noch immer auf der See. Trotzdem entging ihr nicht, wie sich sein Körper kaum merklich anspannte. Nami stand von ihrem Platz auf und nährte sich der Reling, ihr Blick auf seinem Rücken. Ungeduldig kaute sie an ihren Lippen. Suchte angestrengt nach passenden Worten. Wie sollte sie das handhaben? Was wollte sie eigentlich nochmal sagen? Sie atmete tief ein und aus. Langsam kamen ihr Selbstvertrauen und ihr Ehrgeiz zu ihr zurück.

 

»Morgen wird bestimmt ein chaotischer und harter Tag und . . . und ich muss dementsprechend bei Kräften sein,« obwohl dies nicht wirklich einer Entschuldigung glich, fuhr sie die nächsten Worte mit ihrer aufgesetzten Selbstsicherheit und Frechheit fort, »Dazu benötige ich deine Hilfe. Chopper mag ein hervorragender und wunderbarer Arzt sein, aber er wendet nicht die Methoden an, die ich so sehr brauche.«

 

Als sie verwundert, als auch zufrieden beobachtete, wie die Spannung in seinem Körper sich verdoppelte und die tätowierten Knöchel weiß wurden, als er sich krampfhaft ins Holz der Reling krallte, näherte sie sich ihm weiter und blieb mit einem halben Meter Abstand neben ihm stehen. Gleichzeitig gab sie acht, nicht von den anderen Strohhüten entdeckt zu werden.

 

»Hörst du Law? Ich brauche jemanden, mit deinen Fähigkeiten. Ich brauche deine Methoden.«

Unruhig folgte sie seinem Blick und war sich immer noch unsicher, ob sie gerade das richtige tat. Nami spielte mit dem Gedanken, sich an ihn zu schmiegen oder ihre Hand auf die seine zu legen, nur um ihm die Spannung zu nehmen. Das Verlangen war groß, aber sie wollte sie für später aufhaben. Aber er musste nur wollen. Doch er war eisern.

Obwohl es dunkel war und er seine Mütze noch auftrug, erkannte sie die ernsten und harten Falten auf seinem Gesicht. Trotz allem glühten seine Augen, aber nicht mehr fokussiert und ruhig. Nein, sie waren aufgewühlt, zornig und gestresst. Nami runzelte die Stirn, was war auf dieser Insel, dass ihn so mitnahm? Oder lag es an ihr? Nein, er wirkte so erschöpft, so in sich gekehrt.

 

Sie nahm Abstand. Vielleicht war es besser zu warten. Das zwischen ihnen hatte auch nach Dressrosa Zeit. Es war nicht fair ihn kurz vor all dem mehr aufzubürden als ohnehin schon.  Gerade als sie sich von der Reling abwand, drehte er sich halb in ihre Richtung.

Er zögerte. 

 

»Nami-ya.« Die Navigatorin erwiderte seinen ausdruckslosen, harten Blick.

 

»Morgen benötige ich jeden von euch Strohhüten. Es wäre von Interesse aller, dass du morgen nicht einfach umkippst.«

 

Seine Mundwinkel erhoben sich leicht und Nami fühlte, wie sich ihr Körper seltsamerweise entspannte. Aber wie war es möglich, dass sie gleichzeitig aufgeregt war?

 

»Na dann kümmere dich bitte gut um mich, Herr Doktor«, sprach sie das erstbeste aus, was ihr in den Sinn kam. Um Gottes Willen . . . Was tat ihr dieser Mann an? Die Richtung, in die sie gingen, fühlte sie richtig als auch falsch an.

 

Der Mann nickte subtil und die Falten auf seinem Gesicht glätteten sich leicht. Statt Unruhe, sah sie etwas anderes. Ehe sie sich versah, umhüllte seine blaue Kuppel die beiden, bis sie auf dem Schiff nicht mehr zu sehen waren. Die einzigen Geräusche auf dem Deck waren die leisen Wellen und das Gelächter der Strohhüte, das aus der Kombüse schallte. 

 

Und wieder trafen sich beide zur selben Zeit am selben Ort.

 

 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Es folgt hiernach der Epilog. Einmal zensiert und einmal nicht x)
Das Warten soll sich am Ende immerhin lohnen, auch für unser schwieriges Paar, das es schwer mit der Kommunikation zu tun hat.

Ich hatte die Absicht, die Bindung und die Kommunikation der beiden schwerfällig zu schreiben. Beide sind stur und zu stolz. Keiner will so richtig über die wahren Gefühle reden, sich eingestehen und geschweige denn einem Rivalen vor die Nase halten. Beide Parteien ziehen ihren Stolz oder ihre Mauer vor, statt sich jemand anderem verletzlich zu machen.
Beide verstecken diese hinter dem Schein der Lust, wie nach dem Motto; "Das ist nichts zwischen ihnen". Während Law weiß, dass er weit mehr empfindet, weiß Nami andererseits nicht. Sie weiß nicht, ob es nur das Verlangen ist, das zwischen ihnen herrscht oder nicht. Zumindest gibt ihr fälschlicherweise Law dieses Gefühl.

Offensichtlich steckt hier aber mehr dahinter.

Vielen Dank fürs Lesen und ich hoffe wir sehen uns in den nächsten Kapitel wieder :D Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Nari
2021-03-10T09:43:30+00:00 10.03.2021 10:43
Ich habe deine Geschichte erst vor kurzem entdeckt, schade eigentlich, denn sie ist unheimlich fesselnd geschrieben. Man kann sich perfekt in die Charaktere und Szenen hineinversetzen. Ich freue mich schon sehr darauf wenn es weiter geht! :)
Antwort von:  Weatheria
02.04.2021 01:15
Vielen Dank <3
Es freut mich unheimlich, dass dir das gefällt! Ehrlich gesagt war mir das immer sehr wichtig, dass man sich in eine Geschichte vertiefen und sich in die Szenen und Charaktere hineinversetzten kann. Ich selbst liebe es, wenn eine Story angenehm und schön geschrieben wird, sodass man wirklich auch Spaß beim lesen hat xD

Mit den nächsten Kapiteln wird es wahrscheinlich noch dauern, aber ich bemühe mich!
Lg, Weatheria


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