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Leuchten

Dean hatte gar keine Zeit, nach einer Waffe zu greifen. Unvermittelt legte sich eine Hand auf seine Schulter und im nächsten Moment flog er durch die Luft. Erst das kleine Häuschen für die Parkgebühren stoppte den unwillkürlichen Stunt. Ihm wurde die Luft aus den Lungen gepresst, bevor er zu Boden fiel. Gerade wollte er nach seiner Engelsklinge greifen – ohne die ging er schon lange nicht mehr aus dem Haus – aber sein Gegenüber war schneller. Eine Geste und das Messer rutschte unter eines der parkenden Autos.
 

Dean blickte auf. Nicht zu fassen. Ein Engel. Der akkurate, marineblaue Anzug sagte alles. „Hallo, Winchester. Wir haben dich gesucht“, sprach der Kurzhaarige ihn an. Er sah überhaupt nicht amüsiert aus.

Ächzend stand Dean auf. „Was verschafft mir die Ehre?“, erkundigte er sich, während er überlegte, wie er an die Engelsklinge kommen sollte. Ohne sie würde er diesen dreckigen Engel nicht aus dem Weg räumen können.

Der Unbekannte lächelte ihn hochmütig an. „Castiel.“ Bei der Erwähnung dieses Namens horchte Dean auf. Was sollte das denn bedeuten? „Sozusagen“, fuhr der Engel fort und machte eine vage Geste, lächelte dabei süffisant.

„Wie-…?“, setzte Dean zur nächsten Frage an, doch der Engel hob die Hand und plötzlich konnte er nicht mehr weitersprechen. Verwirrt verstummte er also notgedrungen, griff sich instinktiv an die Kehle, aber natürlich brachte es nichts.

„Ah ah ah. Sendepause. Ihr Winchesters redet immer so viel.“ Der Engel verdrehte die Augen, dann wurden sie schmal. „Ihr und Castiel, ihr wart Verbündete. Und wir werden jeden kläglichen Rest dieser Anhängerschaft auch noch auslöschen. Schließlich soll sich dieses Unglück nicht wiederholen.“

Deans Lippen verzogen sich zu einer schmalen Linie. Dieser elende Mistkerl! Wie gern hätte er ihm jetzt ein paar schöne Schnitzereien mit seiner Engelsklinge verpasst, aber das Ding lag weit weg unter einem SUV. Da er nicht reden konnte, um den Engel abzulenken, blieb ihm nur eines, auch wenn es dumm und von Anfang an zum Scheitern verurteilt war.
 

Entgegen des gesunden Menschenverstandes setzte Dean sich in Bewegung, rannte so schnell es ging in Richtung des SUV, aber lange bevor er ihn erreichen konnte, wurde er unvermittelt durch die Luft gewirbelt. Er knallte gegen einen Kleinwagen zwei Reihen weiter. Gequält stöhnte er auf, schmeckte Blut im Mund. So ein verdammter Mist! Wo war Sam? Hörte dieser den Lärm nicht? Oder…steckte er selbst in Schwierigkeiten?

Langsam kam der Engel auf ihn zu, blickte höhnisch auf ihn hinab. „Lass das sein.“ Wieder eine Geste und Dean wurde von einer unsichtbaren Kraft fest auf den Boden gedrückt. „Normalerweise würde ich es begrüßen, dass du dich wehrst. Das macht einfach mehr Spaß. Und viel zu gern würde ich dich langsam mit meinen eigenen Händen erwürgen und dabei zusehen, wie du blau anläufst und erstickst.“ Der Mann hob einen Fuß und presste ihn schmerzhaft gegen Deans Kehle. „Aber an dir mache ich mir nicht die Finger schmutzig. Genug Engel hatten mit euch Probleme.“

Dean gab nur ein röchelndes Geräusch von sich und versuchte, die Hände zu heben, um diesen grässlichen Fuß auf seiner Kehle loszuwerden, aber noch immer hielt ihn die Engelskraft gefangen. Wie sollte er aus dieser Nummer herauskommen? Sprechen konnte er ebenfalls nicht mehr. Ein splitterndes Geräusch ließ ihn zusammenzucken. Das kam vom Motel! Bestimmt ein anderer Engel, der mit Sam kämpfte.

Langsam drehte der Unbekannte über ihm den Kopf in Richtung der Zimmer, dann grinste er leicht. „Endlich haben wir euch.“ Er blickte wieder zu Dean und hob die Hand, woraufhin sich alles in seinem Inneren zu verknoten schien. Ihm wurde siedend heiß und er musste würgen. „Castiel zu unterstützen war so töricht. Mit seinen Taten kam er nicht so einfach davon, und ihr werdet es auch nicht.“ Dean presste nur die Lippen fest aufeinander. Was der Engel über Castiel dachte, wollte er gar nicht wissen. Die Engel waren für ihn alle nur Abschaum – bis auf Castiel. „Ich frage mich wirklich, was in diesem gefallenen Engel vorging. Er kann doch nicht wirklich geglaubt haben, dass er so einfach den Himmel unterwerfen kann? Dass Menschen ihm helfen können?“ Der Engel schnaubte. „Castiel ist wohl schon immer aus der Reihe getanzt, seit er geschaffen wurde. Aber seit er euch begegnet war, ging es für ihn und den Himmel, den er angeblich retten wollte, nur noch bergab. Die Welt…der Himmel…Wir sind alle besser ohne ihn dran.“ Der Engel beugte sich etwas zu ihm hinab, der Schuh drückte immer härter gegen Deans Kehle, weswegen er nur noch röchelnd einatmen konnte. Er erstickte hier langsam. Am Rande seines Blickfelds begannen bereits schwarze Punkte umher zu tanzen. „Weißt du was? Der Tag, an dem Castiel das einzig Richtige tat und sich endlich umbrachte, das ist mittlerweile ein Feiertag im Himmel“, zischte der Engel, während Dean ihn finster anstarrte. Seine Blicke waren das einzige, was dem Engel noch mitteilen konnte, wie er von dessen Meinung dachte. „Und der Tod der Winchesters, euer Tod, wird ebenfalls ein großer Tag zum Feiern werden. Ich werde ein Held sein.“

Dean knurrte nur, während er langsam das Leben aus seinem Körper weichen spürte. Verdammt, Sammy… Hatte sein Bruder ebenfalls so ein Pech? Sollte es das hier wirklich schon gewesen sein? Und dann auch noch besiegt von einem miesen Engel?! Wie so viele seiner Kollegen gab auch dieser hier nur Bullshit von sich. Keiner wusste, was wirklich passiert war – keiner wollte es wissen. Castiel hatte Unruhe gestiftet, ja, aber er hatte immer versucht, das Richtige zu tun. Er hatte die Engel befreien wollen. Leider hatten viele das gar nicht gewollt. Aber das war eine andere Geschichte und die konnte er mit diesem gefiederten Arschloch nicht diskutieren. Der glaubte eh nur das, was ihn am besten in den Kram passte.

Langsam fielen Dean die Augen zu. Er hatte einfach keinen Sauerstoff mehr. „Ich hoffe für dich, dass du über Durchhaltevermögen verfügst. Denn du wirst nicht im Himmel landen, das verspreche ich dir“, murrte der Engel, starrte mit kalten Augen auf ihn herab. Zu gern hätte Dean ihm die Meinung gegeigt, aber mehr als einige unverständliche Laute kamen ihm nicht mehr über die Lippen.

Nun hob der Kerl interessiert tuend die Augenbrauen. „Irgendwelche letzten Worte?“

Dean spürte, wie sich der Druck um seinen Hals etwas lockerte. Zornig starrte er hoch in die kalten Augen seines Gegenübers, holte röchelnd Luft. „Selbst, wenn ich in der Hölle lande, werde ich dich und deine verrückten Kumpels finden. Ich werde euch jede Feder einzeln ausreißen, ich werde jeden töten, der Cas in den Tod getrieben hat“, fauchte er, woraufhin ein amüsiertes Funkeln in die Augen des Engels trat.

„Aber natürlich. Ich fürchte mich jetzt schon.“ Und schon presste sein Gegenüber ihm mit aller Macht den Schuh gegen die Kehle, sodass es Dean direkt jegliche Luftzufuhr abschnürte.

„Ugh!“ Er konnte nichts tun, sich weder bewegen noch atmen, gar nichts. Gerade, als ihm erneut die Augen zufallen wollten, hörte er am Rande seiner Wahrnehmung ein vertrautes Geräusch: Flügelschlagen.

Im nächsten Moment begann der Engel über ihm zu leuchten, zu schreien. Weißes Licht strahlte Dean entgegen, ließ ihn die Augen zukneifen. Er spürte, wie die unsichtbare Kraft des Engels sofort nachließ, weswegen er sich den Arm vor das Gesicht hielt, um sich vor der Helligkeit zu schützen. Als er die Augen wieder öffnete, lag der Engel reglos auf dem Boden. Verwirrt sah er auf, sah jedoch nichts und niemanden. Lediglich ein weiteres Flügelschlagen hatte er wahrgenommen. Es konnte sich nur um einen weiteren Engel handeln. Ein Engel, der ihnen half? Das hielt Dean für so ziemlich unmöglich.

Ein Scheppern lenkte ihn ab. „Sam!“ Ächzend rappelte er sich auf und lief zu ihrem gemeinsamen Motelzimmer, dass er nur wenige Minuten zuvor verlassen hatte.
 

„Sam?!“ Ohne Waffe war er hinein gestürmt, hatte gar nicht daran gedacht, da seine Sorge um den Anderen zu groß war. Was er dann sah, ließ ihn an sich selbst zweifeln.

Sein Bruder kniete blutend am Boden, vor ihm stand ein leuchtender, ein sterbender Engel – und daneben stand Castiel, den Arm erhoben, die blauen Augen funkelten unnatürlich. Der Anblick lähmte Dean. Castiel war tot, mausetot. Die Hülle lag unter der Erde. Einen Engel konnte man nicht so einfach wieder zurückholen.

Auch Sam schien es ähnlich zu gehen. Sie beide starrten Castiel schweigend an, auch nachdem der fremde Engel, den er getötet hatte, leblos zur Seite gesackt war.

„C-Cas…?“, raunte Dean schließlich ungläubig, woraufhin dieser ihm langsam den Kopf zuwandte. Seine blauen Augen hörten auf, in diesem überspitzten Blau zu leuchten. Die Hände des Engels zitterten.

„Dean…“, setzte Castiel an, wollte auf ihn zugehen, doch dann begann er zu taumeln und brach auf dem Boden zusammen.

„Cas?!“ Verständnislos kniete er sich zu seinem Engel auf den Boden, warf Sam einen kurzen Blick zu. „Alles klar mit dir?“

Sein Bruder strich sich etwas Blut vom Mundwinkel und nickte. „Ja, schätze schon.“ Sam runzelte die Stirn und kniete sich ebenfalls zu Castiel. „Ist das…ist das wirklich Cas?“

Dean blickte den Körper verwirrt an. Er wusste es nicht. Unmöglich war in ihrer Welt natürlich nichts, aber Engel wurden nicht einfach zurückgeholt. Castiel war bisher die einzige Ausnahme gewesen – und es war jedes Mal fast sofort geschehen. Doch dieses Mal war er eine Weile tot gewesen. Und gerade weil Castiel bereits zwei Mal zurückgeholt worden war, schmälerte das doch die Chance, oder? Wie hoch war sie, dass Gott ein drittes Mal Lust hatte, ihn wiederauferstehen zu lassen? Oder war es diesmal jemand oder etwas anderes gewesen? Was war passiert?

„Cas?“ Er klopfte ihm gegen die Wange, rüttelte ihn an den Schultern. Er wagte es nicht zu glauben.

Der Engel stöhnte leise und öffnete wieder die Augen.

„Cas, bist du das wirklich?“, wollte Dean wissen, woraufhin sich ein Mundwinkel des Engels sachte hob, die Augen glitzerten, die Brauen zogen sich leicht zusammen. Beinahe wirkte er ebenso verunsichert wie Dean.

„Ich denke schon…“



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