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Vorwort zu diesem Kapitel:
Die FF kann man etwa in der 8. Staffel ansiedeln.

Kritik oder Hinweise sind gern gesehen.

Nun viel Spaß :) Komplett anzeigen

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Zu träge um aufzugeben.

Lange starrte Dean in die blauen Augen seines Gegenübers. Er wandte den Blick nicht ab, blinzelte nicht einmal, auch wenn die Wände um sie herum wackelten. „Cas! Lass es fallen! Ich sag es nicht noch mal.“

„Dean… Du weißt, es geht nicht anders. Es tut-…“

„Dir leid, schon klar“, beendete Dean den Satz kühl. Castiel trieb ihn mal wieder in den Wahnsinn. „Cas, du musst das nicht machen. Wir finden einen anderen Weg, wie immer.“ Er bemerkte das kurze, unsichere Flackern in Castiels Augen. Normalerweise strahlten sie indigoblau, aber heute erschienen sie ihm grau.

„Diesmal nicht, fürchte ich.“ Castiel senkte den Blick, sein Körper war nach wie vor angespannt. Die Hand klammerte sich fest an das Messer. Er würde es nicht los lassen. „Ich habe viele Fehler gemacht. Ich will keinen weiteren mehr machen. Und hiermit kann ich euch retten.“ Er blickte auf. „Dich retten.“

Dean öffnete den Mund, wollte weiter auf Castiel einreden. Ihn davon überzeugen, dass er das verdammte Messer endlich fallen lassen sollte. Doch der Engel stach zu.

„Nein nein nein!! Cas, nein!“

Hilflos musste Dean zusehen, wie die Klinge sich in Castiels Fleisch bohrte und der Engel aufleuchtete. Kein weiteres Wort kam diesem über die Lippen, kein Schrei, nichts.

Castiel starb.

Nach nur wenigen Sekunden verging das Leuchten, und die Hülle des Engels sackte zusammen. Schlagartig wurde es still, der Boden hörte auf zu beben.

Dean stürzte zu Castiel auf die Erde, griff nach dem leblosen Körper. Auch wenn ihm klar war, dass dies nur die Hülle des Engels war, zog er diese in seinen Arm. Er brauchte den Körper, um zu begreifen. Er brauchte das in seinen Armen, was von dem Engel übrig geblieben war.

„Cas…“

Er schloss kurz die Augen und versuchte, sich zusammenzureißen.
 

„Dean!“ Die Tür flog auf und Sam kam herein gestolpert. „Dean, bist du-…“ Sam hielt inne, als er Castiel in den Armen seines Bruders sah. Wie angewurzelt blieb er stehen, seine Augen weiteten sich. Er wechselte einen Blick mit Dean, starrte dann wieder auf den leblosen Körper.

Dean schluckte, dann ließ er die Hülle los und stand langsam auf. „Er hat uns gerettet“, erklärte er leise. „Uns alle. Nur nicht sich selbst.“

Sam hob den Blick. „Wir hätten doch einen Weg gefunden. Wie immer.“

„Das hab ich ihm auch gesagt. Aber dieses Mal wollte er nicht hören…“ Dean strich sich über das Gesicht und blickte wieder zu dem reglosen Körper am Boden. „Ich glaub das einfach nicht…“

Sam trat dichter an sie beide heran und seufzte. „Was machen wir mit ihm? Verbrennen?“

Dean schloss erneut die Augen, seine Lippen zitterten leicht. Es fiel ihm schwer, Sam jetzt nicht anzuschreien. Darüber, was sie nun mit dem Körper anstellen sollten, wollte er jetzt nicht nachdenken, aber das konnte er sich nicht erlauben. „Wir vergraben ihn“, meinte er schließlich.

Sam sah ihn lange an, sagte aber nichts, auch wenn er die Entscheidung offenbar anzweifelte.

„Hat sich draußen alles beruhigt?“, erkundigte sich Dean schließlich, woraufhin Sam eine Schulter hob.

„Es scheint so. Wir sollten uns umgucken, sobald wir… Sobald wir Castiel begraben haben…“

Ein kalte Hand schloss sich um Deans Herz, welches wild in seiner Brust schlug. Castiel begraben? Was für ein absurder Gedanke. Es war nicht das erste Mal, dass er glaubte, dass der Engel tot war – doch dieses Mal fühlte es sich endgültig an. Es war endgültig.

Auch wenn Sam direkt neben ihm stand, ließ er für einen Moment die Schwäche zu und vergrub das Gesicht in den Händen. „Oh Gott…“

Schon sehr lange schleppte er dieses Gefühl mit sich herum – Angst vor Verlust. Schon immer hatte er es gefühlt, wenn er an seinen Bruder dachte. Ständig hatte er Angst, dass dieser sterben würde. Irgendwann war es auch bei Castiel so gewesen. Mit der Zeit war der Engel ein Teil von ihnen geworden – und es war schnell klar geworden, dass auch Engel nicht unsterblich waren. Seitdem hatte er auch um ihn Angst gehabt. Es war manchmal kaum auszuhalten. Jetzt, wo Castiel sie tatsächlich verlassen hatte, überwältigte ihn das Gefühl. Es betäubte ihn beinahe, so sehr schmerzte es.

„Cas…“ Dean atmete tief durch, während er Sams warme Hand tröstend auf seiner Schulter spürte.

„Wo sollen wir ihn begraben?“, fragte sein Bruder leise, woraufhin Dean sich zu dem Engel hockte.

Für einen Moment ließ er den Blick über den toten Körper gleiten. „Direkt hier“, murmelte er und zog die Klinge aus dem Fleisch. Würde ihm je wieder ein Engel über den Weg laufen, würde er ihn damit erstechen. Ohne mit der Wimper zu zucken. Die Engel waren schuld an Castiels Tod. Am Ende waren es diese Biester, die ihnen das angetan hatten. Ihr Hass auf Cas ging sogar so weit, dass sie die halbe Erde vernichtet hätten, nur um ihn zu kriegen – ob tot oder lebendig. Und im Endeffekt hatten sie bekommen, was sie wollten. Während Dean und Sam verzweifelt versucht hatten, sowohl ihren Engel als auch den ganzen Kontinent vor der Gewalt der himmlischen Schar zu retten, hatte Castiel nur einen Ausweg gesehen: sich selbst zu opfern. Die Engel nicht weiter zu reizen und herauszufordern. Dean war kotzübel vor Zorn. Aber es war vorbei. Erstmal.
 

„Bist du soweit?“, fragte Sam nach einer Weile zögerlich und riss ihn somit aus seinen Gedanken.

„Nein“, erwiderte Dean, hob den leblosen Körper dennoch auf die Arme. „Lass uns das hinter uns bringen.“

Sam nickte und öffnete ihm die Türen. Castiels Hülle war schwerer als gedacht, aber Dean schaffte den Weg problemlos hinaus.

Sie befanden sich auf einem Fabrikgelände in Kansas. Hierher hatten jene Engel sie gelockt., die von Rafaels Anhängerschaft übrig geblieben waren. Sie hatten Castiel endgültig aus dem Weg schaffen wollen und dieser war letztendlich so unter Druck geraten, dass er sich selbst geopfert hatte. Sicher eine selbstlose Geste, und dennoch war Dean unzufrieden. Eine geliebte Person zu verlieren, hatte er schon immer schwer akzeptieren können. Er musste immer bis zum Ende kämpfen und alle Möglichkeiten ausschöpfen. Dieses Mal hatte Castiel ihn jedoch nicht gewähren lassen. Dieser dumme Engel…

Theoretisch war die Welt nun wieder in Ordnung. Sie drehte sich weiter – nur ohne Castiel. Daran würde er sich schon irgendwie gewöhnen. So wie bei Bobby. Es musste ohne die beiden weitergehen.
 

„Dean, lass mich helfen.“

Er hielt inne und blickte zu Sam, während er die Schaufel in die Erde stach. „Ich komm klar, Sam“, erwiderte er und stemmte die Hände in die Hüften. Mit einem Blick deutete er seinem Bruder an, zu verschwinden.

„Dean… Bitte. Cas‘ war auch mein Freund, okay? Ich will… Lass mich helfen.“

Leicht runzelte Dean die Stirn und sah Sam für einen langen Moment an. Ja, sein Bruder hatte Recht. Castiel hatten ihnen beiden immer wieder geholfen. Bedingungslos. Sie beide hatten ihn verloren. Dean war nicht der Einzige, der tiefe Trauer empfand.

„Schnapp dir ne Schaufel“, murmelte er daher schließlich, bevor er selbst wieder nach seiner griff und weiter das Grab aushob. Die Sonne ging bereits langsam unter. Castiels Hülle lag nur wenige Meter von ihnen entfernt, ein schmutzig-weißes Leinentuch bedeckte den toten Körper. Dean hätte den Blick sonst nicht abwenden können. Es fühlte sich falsch an. Surreal. Er erwartete, dass Castiel jeden Augenblick hinter ihm stand. Mit ihm redete. Wiederauferstand. Wie es schon das ein oder andere Mal geschehen war. Sie hatten ihn verloren geglaubt. Doch irgendwann war er zurückgekehrt.

Ob dies jedoch erneut passieren würde, daran zweifelte Dean. Es wäre zu schön, um wahr zu sein.
 

Es war dunkel, als sie Castiels Hülle begraben hatten. Schweigend saßen Dean und Sam vor dem improvisierten Grab und starrten hinauf in den Nachthimmel.

„Dann sind wir jetzt wohl auf uns allein gestellt“, murmelte Sam leise.

„Ja… Kein himmlischer Beistand mehr. Kein Bobby…“ Dean schluckte, rang sich dann ein mattes Lächeln ab. „Hey, wenn wir mal in Schwierigkeiten stecken, gibt es noch Garth.“

Sam schnaubte mit einem schwachen Grinsen auf den Lippen. „Ja… Na ja. Mal sehen.“ Er griff nach der Bierflasche zwischen seinen Beinen und hob sie in Deans Richtung.

Sie stießen an. „Auf Cas…“ Deans Blick wanderte wieder nach oben. „Ich hoffe, dir geht’s gut da oben. Und dass du deinen Frieden gefunden hast.“ Auch er nahm einen großen Schluck von dem Bier. Eigentlich hätte er etwas Stärkeres gebraucht, aber so etwas hatten sie nicht dabei.

„Danke, Cas“, fügte Sam leise hinzu. „Für alles.“ Langsam stand sein Bruder auf. „Ich warte am Auto auf dich.“

Dean nickte und leerte sein Bier, dann starrte er noch mal eine Weile auf das kleine Kreuz aus Holz, dass sie in Eile gebastelt hatten. „Du hast die Welt gerettet, Cas. Aber… Es fühlt sich immer noch wie das Ende an.“

Seufzend stand er auf, warf einen letzten Blick hinauf zu den funkelnden Sternen. Er fühlte sich wirklich verlassen von Castiel. Da war nicht mehr dieses unterschwellige Gefühl, bewacht zu werden. Er brauchte nicht mal versuchen, den Engel zu rufen. Auch ohne diesen verzweifelten Versuch wusste er, dass Castiel nicht erscheinen würde. Es ging nicht.

Dean atmete tief durch. Es war schwer, aber er würde mit der Tatsache umgehen können, keinen Engel mehr an seiner Seite zu haben. So viele Freunde hatte er bereits verloren. Nun auch Castiel. Verlust war er doch mittlerweile gewohnt. Oder nicht?
 

„Mach dir keine Sorgen, Cas. Wir kommen klar. Ich bin viel zu träge, um aufzugeben. Es wär‘ auch zu früh. Weil immer was geht…“, sagte Dean leise, während er das Grab betrachtete. „Mach’s gut.“ Er hob die Hand zum Abschied, dann folgte er Sam zu dem Impala. Es war Zeit, nach Hause zurückzukehren. Und sich dann wieder ihrem Auftrag zu widmen. Sie mussten schauen, was aus der Welt geworden war.
 

***

Ich kann nicht mehr sehen

Trau nicht mehr meinen Augen

Kann kaum noch glauben

Gefühle haben sich gedreht

Ich bin viel zu träge

Um aufzugeben

Es wär' auch zu früh

Weil immer was geht

- Herbert Grönemeyer. Der Weg.
 



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