Zum Inhalt der Seite

A Sky full of Stars

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

09


 

Kurz überlegte sie, wo sie hinfahren könnten und dann fiel es ihr plötzlich ein.

„Die alte Scheune“, sagte sie und sah ihm tief in die Augen.

Sie waren ewig nicht mehr in der Scheune am Stadtrand gewesen. Sie hatten sie entdeckt, als sie beide 14 Jahre alt waren, und es war viele Jahre ihr geheimer Treffpunkt gewesen.

Sebastian kannte den Weg im Schlaf. In weniger als zwanzig Minuten waren sie vor dem alten Holzgebäude angekommen. Er parkte das Motorrad unter einem Baum, während Elena die Scheune aufschloss. Innen hatte sich nichts verändert. Überall lagen noch die verwaschenen Teppiche auf dem Boden und selbst das alte Sofa stand noch an derselben Stelle. Elena ließ sich auf das Sofa fallen und sah sich um.

Die Scheune war nicht sonderlich groß. Der untere Teil war in gleich große Abteilungen unterteilt gewesen, aber irgendwann hatte Sebastian die Holzverschläge einfach eingerissen. Der obere Teil der Scheune war voller Strohballen, weshalb sie dort nichts anfangen konnten. Irgendwann hatten sie auch einen Schrank hier rein gestellt.

In dem Schrank fand Elena nun eine ihrer Decken, die sie vor Jahren vergessen hatte. Sie wickelte sich darin ein und setzte sich wieder zurück auf die Couch.

 

Der junge Mann beobachtete das Treiben von seiner Freundin und auf einmal bemerkte er, dass sein Herz deutlich schneller schlug, als es eigentlich sollte. Er ließ sich langsam neben Elena auf das Sofa sinken und sah sie weiter an.

„Wir waren wirklich ewig nicht mehr hier...“, murmelte er leise, blickte in der Scheune umher und spielte nebenbei nervös mit seinen Fingern.

So unruhig war er noch nie gewesen. Zumindest nicht so sehr, dass er es nach außen zeigte.

„Wir könnten im Stroh schlafen“, überlegte Sebastian leise. „Wir könnten aber auch einfach wach bleiben und reden, sowie wir es damals schon gemacht hatten...“

Er wollte ihre Nähe wieder spüren, doch offen sagen würde er es nicht. Dafür war ihm die Freundschaft mit ihr viel zu wichtig.

Allerdings stellte er fest, dass es wirklich der Wahrheit entsprach: Freundschaft zwischen Mann und Frau kann nicht lange halten, denn irgendwann kamen Gefühle oder etwas in der Art dazu. Es sei denn, einer von den beiden bevorzugte das gleiche Geschlecht. Bei diesem Gedanken spiegelte sich ein kurzes Lächeln auf seinen Lippen.

Er stand auf und holte aus dem Schrank noch ein paar Kerzen, damit es nicht all zu dunkel war und entzündete diese mit einem Feuerzeug. Genau in diesem Moment war er glücklich, dass er mit Elena hier war. Er war das erste Mal seit Wochen, wenn nicht sogar Monaten, wieder glücklich und zufrieden.

 

„Ich weiß nicht...“, sagte Elena und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. „Weißt du noch damals, als wir uns hier vor unseren Eltern versteckt haben? Sie haben uns nie gefunden, bis wir irgendwann von selbst nach Hause gegangen sind. Wir hätten auch damals das Radio mit herbringen sollen, dann wäre ich sicher viel öfter hier.“

Elena sah an die Wand, die sie als Jugendliche bemalt hatten. Sie nahm eine seiner Hände und verschränkte ihre Finger mit seinen. Seine Hand war warm und schon gleich fühlte sie sich wieder wie vierzehn.

„Mit 8 dachte ich, ich würde dich irgendwann heiraten. Außerdem würde meine Mutter ausrasten“, kicherte sie leise.

Sebastian hob seinen Arm, so dass Elena sich richtig an ihn kuscheln konnte.

Nirgendwo sonst, weder auf irgendeiner Party noch zu Hause, wäre sie in diesem Moment lieber. Mit ihrem Daumen zeichnete sie kleine Kreise in seine Handinnenfläche, während er seinen Kopf an ihren lehnte.

„Was denkst du gerade?“, fragte er leise.

„An nichts besonderes. Einfach nur wie glücklich ich gerade bin“, antwortete Elena seufzend. Aber das entsprach nicht ganz der Wahrheit. Der Alkohol veränderte ihre Gedanken, brachte sie dazu, sich Dinge vorzustellen, die sie im nüchternen Zustand nicht mal aussprechen konnte.

„Ich möchte wissen, was dieses 'nichts besonderes' ist“, murmelte er weiter und genoss die Berührungen Elenas. „Aber davon abgesehen, wieso dachtest du, du würdest mich irgendwann heiraten?“

Bei dieser Vorstellung schlug sein Herz auf einmal deutlich schneller und er schluckte, denn er stellte sich diese Hochzeit vor seinem inneren Auge vor. Elena trug ein wunderschönes Kleid und er stand da, mit schweißnassen Händen, und wartete auf sie, bis sie durch die Halle zu ihm gelaufen kam. Nachdem sie bei ihm angekommen war, hauchte er ihr kurz einen Kuss auf die Wangen, denn küssen durfte er sie erst, wenn beide „Ja“ gesagt hatten.

Sebastian schüttelte den Kopf, denn er musste diese Gedanken wieder los werden. Seine Freundin sah zu ihm auf und legte den Kopf fragend zur Seite.

„Was ist los?“, fragte sie besorgt.

„Ach nichts. Alles gut“, lächelte er ihr entgegen. „Ich dachte nur, ich hatte irgendetwas im Haar, was ich so entfernen könnte.“

Er schluckte, denn er konnte ihr nicht sagen, was er sich gerade vorgestellt hatte. Er konnte ihr nicht von seinen Gedanken erzählen.

 

„Na ja, früher gab es halt nie einen anderen Jungen für mich, der in Frage gekommen wäre. Immerhin hast du mich ja damals schon immer beschützt, warum sollte das dann Jahre später als Ehemann nicht auch funktionieren?“, sagte sie und lachte über ihre kindliche Unschuld.

Und sie hatte es sich wirklich oft vorgestellt. Wie er am Altar auf sie wartete, während sie den langen Gang zu ihm entlang schritt und sich zurückhalten musste nicht zu rennen. In einem Szenario war er es gewesen, der ihr den Weg zum Altar entgegen rannte, um sie vor dem Fehler ihres Lebens zu bewahren.

Sie seufzte selig und ließ sich tiefer in seine Arme sinken.

Wenn wir jetzt wegliefen, wären wir in weniger als fünf Stunden in Las Vegas, dachte sie grinsend.

„Wir sollten uns was versprechen“, sagte sie und setzte sich auf, um ihn ansehen zu können.

Sebastian sah sie misstrauisch an, aber Elena lächelte ihm nur zuversichtlich entgegen.

„Wenn wir in 10 Jahren noch niemanden haben, dann heiraten wir. Und dann bauen wir die Scheune um und wohnen hier.“

Sie war sich nicht sicher, ob es der Alkohol war, der aus ihr sprach, aber sie fand die Idee, hier mit ihm zu wohnen, wahnsinnig spannend.

„Vorausgesetzt du bekommst das mit dem Alkohol in den Griff“, flüsterte sie besorgt und musterte seinen Gesichtsausdruck, der ihm einen Augenblick zu entgleiten schien.

 

„Ich trinke gern, aber ich denke, ich kann meinen Verbrauch einschränken“, antwortete Sebastian ruhig. „Aber das Versprechen kann ich dir geben. Da muss ich niemanden neu kennenlernen, weil ich dich ja bereits kenne.“

Auf seinen Lippen legte sich ein kurzes Grinsen.

„Nur das mit dem Kuss bei der Hochzeit... Das stelle ich mir ... merkwürdig vor. Ich weiß nicht, was ich davon halten sollte, wenn wir uns küssen würden. Wie würdest du nach der Heirat mit den ... intimen Geschichten umgehen...?“

Der Alkohol lockerte auch seine Zunge und er musste bei den Gedanken grinsen.

 

Elena spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss.

„Ich glaube nicht, dass das ein Problem ist. Sofern du mich nicht wie eine kleine Schwester betrachtest.“

Sie sah verlegen zur Seite. Bei dem Gedanken daran ihn zu küssen, kribbelte ihre ganze Haut. Dabei sollte sie so etwas gar nicht für ihren besten Freund empfinden.

Sie konnte nicht anders und starrte auf seine Lippen, riss sich aber davon los, als ihr Sarah in den Sinn kam.

„Aber vielleicht lernen wir ja beide noch jemanden kennen, jemanden für den wir mehr empfinden“, sagte sie leise und schmiegte sich wieder an seine Brust.

Ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen, als sie daran dachte, wie Sebastian mit jemand anderem so dasitzen könnte.

Irgendwann war sie eingeschlafen. Das Letzte, was sie bemerkte, waren seine Finger, die ihr sanft die Haare aus dem Gesicht strichen. Elena träumte von besseren Zeiten. Zeiten ohne Eltern, weit weg von zu Hause, wo sie einfach glücklich sein konnten. Sie träumte von einem Leben, das sie sich immer gewünscht hatte. Tränen liefen ihr über die Wangen, ohne dass sie es wollte.

 

Sebastian bemerkte, dass Elena eingeschlafen war und sah sie dabei an. Sie atmete ruhig und doch liefen ihr einige Tränen die Wange hinab. Er wischte diese, ebenso ein paar Strähnen, aus ihrem Gesicht. Was träumte sie wohl, wenn sie sogar im Schlaf weinte?

Es zerriss ihm das Herz, wenn er daran dachte, dass er ihr nicht helfen konnte. Seine Kiefer presste er schmerzhaft zusammen und versuchte ruhig zu bleiben, damit er sie nicht weckte.

Allerdings ließen ihre Worte ihm keine Ruhe: „Sofern du mich nicht wie eine kleine Schwester betrachtest.“

Was war sie für ihn? War sie wie eine Schwester? Oder sah er sie als Frau? Als jemanden, für den er Gefühle entwickeln konnte? Doch würde er diese Gefühle zulassen, wenn er damit Gefahr lief, dass damit die Freundschaft zerstört werden würde?

Als auch er ins Reich der Träume hinüber gewandelt war, kamen ihm wieder die Bilder in den Kopf, wie er vor dem Altar stand und Elena in einem wunderschönen, weißen Kleid auf ihn zukam. Doch als der Standesbeamte die alles entscheidende Frage stellte, wurde er aus seinem Schlaf gerissen, als er bemerkte, dass Elena von ihm herunter gegangen war. Zum einen merkte er es, da die Wärmequelle verschwunden war und weil der sanfte Druck auf seinem Brustkorb fehlte.

„Wo gehst du hin?“, fragte er verschlafen und wollte schon nach ihrem Handgelenk greifen, damit sie bei ihm blieb, aber sie war zu schnell verschwunden und er konnte sie nicht mehr erreichen.
 



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück