Veränderung
Schwer schluckend steht der junge Earl inmitten der Zirkusleute. Alle starren ihn erwartungsvoll an, abwartend, teilweise auch abfällig. Was soll er schon machen? Er, der so mickrig ist. Er, der so... untalentiert ist. Er, der nichts ohne seinen Butler kann... Doch hier kann ihm jener nicht helfen. Hier ist er auf sich gestellt. Doch – was kann er schon? Er, ein Junge aus reichem Hause, der sich seine Hände nie schmutzig machen musste. Wozu hat er schließlich einen Teufel als Butler? Und wozu hat er Bedienstete?
Ciel atmet tief durch und strafft seine Gestalt.
Und doch.. gibt es etwas, was er beherrscht. Was er früher gern tat, was seine Eltern förderten...
Bevor sein Leben sich grundlegend änderte.
Langsam schließt der junge Earl sein unverdecktes Auge, eine Melodie erklingt in seinem Kopf.
Und dann erhebt er die Stimme, zart, zerbrechlich gleitet sie durch die Manege, umwickelt die Herzen der Menschen.
„There's a place I go to
where no one knows me
It's not lonely
It's a necessary thing
It's a place i made up
Find out what I'm made of
The nights are stayed up
counting stars and fighting sleep."
Unbemerkt schleicht sich ein leichtes Lächeln auf die schmalen Lippen.
Ja, das Leben ist nicht leicht. Nicht seit sich sein Leben so grundlegend änderte. Schmerzen, Einsamkeit und Rache, das sind seine Begleiter. Tagein, Tagaus. Immer bei ihm. Und doch... hat er diesen Ort... Diesen...
Ciel breitet die Arme aus, als wolle er ihn umschließen.
„Let it wash over me
Ready to lose my feet
Take me on to the place whre one reviews life's mistery
Steady on down the line
Lose every sense of time
Take it all in and wake up that small part of me
Day to day I'm blind to see
And find how far
to go"
Ja, Zeit ist eine unbeständige Konstante, verwirrt ihn, lässt ihn schweben, reißt den Boden unter ihm hinfort. Stets und ständig hält ihn nur eines...
Langsam dreht er sich im Kreis, die Arme ausgebreitet. Schon längst hat er alle um sich herum ausgeblendet, für ihn gibt es nur noch die stillstehende Welt... Und... IHN.
Fast wie ein leichter Lufthauch, umwirbelt ihn die Anwesenheit, stärkt sein Selbstbewusstsein, gibt ihm Halt in dieser sich immer schneller drehenden Welt.
Ciel öffnet die Augen, lässt sie über die versammelten Menschen schweifen.
„Everybody got their reason
everybody got their way
we're just catching and releasing
what buils up throughout the day"
Er dreht sich langsam, betrachtet die verschiedenen Menschen... Und stellt einmal mehr fest, dass sie sich alle kaum voneinander unterscheiden.
Sie alle... verfolgen Ziele... verfolgen Träume... verfolgen ihre eigenen Gedanken.
Sein Blick gleitet über die Menschen und bleibt an der großgewachsenen, schwarzen Gestalt hängen, die ein wenig abseits steht.
Ciel ganzer Körper vibriert, als er ihn erblickt. Als ihm bewusst wird... Wie sehr sie zueinandergehören. Er fängt den Blick aus den rotleuchtenden Augen ein, sieht das Erstaunen darin.
„It gets into your body
And it flows right through your blood
We can tell eachother secrets
and remember how to love"
Sebastian beobachtet den jungen Earl, wie er dort steht, die samtweiche Stimme umschmeichelt seine Sinne, sein Körper entspannt sich gegen seinen Willen völlig und langsam blendet er jegliches anderes Leben in ihrer Nähe aus. Sein ewig nagende Gier nach der jungen, wundervollen Seele wird immer geringer, jede einzelne Silbe scheint seine inneren Gelüste wie einen Mantel zuzudecken und einzuschläfern. Fast unmerklich schleicht sich ein Lächeln auf seine Lippen, als er den Blick seines jungen Lords auffängt, festhält und erwiedert.
„There's a place I'm going
no one knows me
If I breathe real slowly
let it out and let it in
They can be terrifying
to be slowly dying
Also clarifying
We end where we begin"
Der Teufel sieht, wie der Jüngere mit sich Frieden schließt. Er sieht, wie er vollends sein Leben wie es ist akzeptiert. Er sieht wie die von ihm begehrte Seele hell aufstrahlt, wie sie der Vollkommenheit einen Schritt näher kommt... Und doch... interessiert es ihn nicht mehr...
Das erste Mal in seinem Leben verspürt er keinen Hunger nach Seelen... und er weiß... es wird nie wieder so sein, denn er hat Frieden gefunden.
Sein Hunger weicht einem völlig neuem Gefühl. Es ist kein Pflichtgefühl... sondern...
„So let it wash over me
I'm ready to lose my feet
Take me on to the place where one reviews life's mistery
Steady on down the line
Lose every sense of time
Take it all in and wake up that small part of me
Day to day I'm blind to see
And find how far
to go"
... es ist... Liebe?
Sebastian erstarrt, während der junge Earl die letzten Silben ausklingen lässt. Das Vertragsmal pulsiert, doch sein Inneres schnurrt behaglich.
Die blauen Augen fangen seine ein, tauchen tief in seine Seele.
Und ohne es zu merken, schleicht auf ihrer beider Lippen ein Lächeln, verändert sich das Siegel, dass ihre Leben miteinander verknüpft, bindet einen neuen Schwur, den beide, ohne es laut zu sagen, miteinander schließen.
/Bleib bei mir, Sebastian Michaelis, bis meine Zeit vorbei ist. Sei mein Ort, an dem mich niemand kennt, an dem ich herausfinde, wer ich bin. Wo ich Ruhe und Geborgenheit finde, bis mich das Alter schwächt und mein Leben aus mir weicht./
/Ich werde stets an Eurer Seite sein, Earl Ciel Phantomhive. Bis Ihr Euren letzten Atemzug tätigt, nach einem Leben das Eurer würdig ist, werde ich Euer Butler, Freund, Partner, Geliebter und Vater sein./
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